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Lehrstuhl für Gebäudetechnologie und klimagerechtes Bauen

Fakultät für Architektur, TUM


Prof. Dipl. -Ing. Thomas Auer

Vorlesung 4 – Thermische Behaglichkeit

28. November 2017


Lehrstuhl für Gebäudetechnologie und klimagerechtes Bauen
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Was brauchen wir, um uns in Gebäuden wohl zu fühlen?


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Was brauchen wir, um uns in Gebäuden wohl zu fühlen?


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Behaglichkeit ist ein Begriff für einen körperlichen und seelischen Zustand
subjektiven Wohlbefindens; er wird im heutigen Sprachgebrauch oft
synonym zu Gemütlichkeit oder auch zu Geborgenheit verwendet.
(Wikipedia zum Begriff Behaglichkeit)

„die dunkele, angenehme Empfindung, welche aus der Zufriedenheit mit


seinem gegenwärtigen Zustande entstehet“.
(Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 810)

„eine anhaltend angenehme Empfindung, besonders Zufriedenheit mit dem


gegenwärtigen, schmerz- u. sorgenlosen Zustande.“
(Pierer's Universal-Lexikon, Band 2. Altenburg 1857, S. 493 – Aussage 19. Jahrhundert)

Be·hag·lich·keit die (kein Plur.) (≈ Gemütlichkeit) gemütliche Atmosphäre


Bsp.: Der Kamin verleiht dem Wohnzimmer viel Behaglichkeit.“ (Free Dictionary)
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Vielfältiges Raumempfinden Rezeptoren der Behaglichkeit –


Warum empfinden wir Raum und wie
wird diese Empfindung beeinflusst?

Die fünf Sinne nach Aristoteles:


Sehen, Hören, Riechen, Tasten, Schmecken

Abb. Ausbauatlas s.43 Edition Detail


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Behaglichkeit

physikalische Bedingungen intermediäre Bedingungen physiologische Bedingungen

- Thermische Behaglichkeit - Art der Bekleidung - Alter

- Visuelle Behaglichkeit - psychische Faktoren - Geschlecht

- Olfaktorische Behaglichkeit - Art der körperlichen Tätigkeit - gesundheitlicher Zustand

- Akustische Behaglichkeit - Jahreszeiten - Nahrungsaufnahme

- Erwartungen an einen Raum -Herkunft


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Behaglichkeit

physikalische Bedingungen intermediäre Bedingungen physiologische Bedingungen

- Thermische Behaglichkeit - Art der Bekleidung - Alter

- Visuelle Behaglichkeit - psychische Faktoren - Geschlecht

- Olfaktorische Behaglichkeit - Art der körperlichen Tätigkeit - gesundheitlicher Zustand

- Akustische Behaglichkeit - Jahreszeiten - Nahrungsaufnahme

- Erwartungen an einen Raum -Herkunft


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Thermische Behaglichkeit
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Die thermische Behaglichkeit ist in Richtlinien wie folgt definiert:


Thermische Behaglichkeit nach DIN 1946-2:1994-01[4]

Thermische Behaglichkeit ist dann gegeben, wenn der Mensch Lufttemperatur,


Luftfeuchte, Luftbewegung und Wärmestrahlung in seiner Umgebung als optimal
empfindet und weder wärmere noch kältere, weder trockenere noch feuchtere Raumluft
wünscht.

Thermische Behaglichkeit nach DIN EN ISO 7730:2003 [5]

Dort wird die thermische Behaglichkeit als Gefühl, das Zufriedenheit mit dem
Umgebungsklima ausdrückt, definiert.

Mit der neuen DIN EN 15251 steht ein Werkzeug zur Verfügung, mit dem sich
Behaglichkeit umfassend bewerten lässt. Sie liefert Kriterien für den thermischen,
akustischen und visuellen Komfort und die Luftqualität. Außerdem fließt die
Erwartungshaltung der Nutzer mit ein und Gebäude mit maschineller Kühlung werden
anders bewertet als ohne.
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Einflussfaktoren auf thermische Behaglichkeit

- Lufttemperatur

- Temperatur der Umschließungsflächen

- Luftgeschwindigkeit /-bewegung

- Luftfeuchte

Mensch fühlt nur Wärmeströme


(empfundene Temperatur)
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Kausaler Zusammenhang

Raumklima Behaglichkeit

Objektiv, messbar Subjektives


psychologisches
Konstrukt

Bewertung
Umgebung

Wahrnehmung
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Wärmehaushalt
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Wärmehaushalt Mensch
Der Mensch produziert durch
seinen Stoffwechsel Wärme und
gibt diese wieder an die Umwelt
ab.

• 35,8 – 37,2 °C
innere Körpertemperatur

• 32 - 34 °C
Mittlere Hauttemperatur

• 1,7-1,9m2
Hautoberfläche

Thermische Behaglichkeit besteht, wenn: Wärmeabgabe = Wärmeerzeugung


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Wege der Wärmeübertragung

. T1  T2
Wärmeleitung
Q    A
d

Wärmeleitung, auch Wärmediffusion oder Konduktion genannt, ist Wärmetransport


innerhalb fester Körper. Die Wärme wird von Molekül zu Molekül weitergegeben.

Quelle: Hausladen, Tichelmann: Ausbau Atlas. Basel, 2010. S.38.


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Wege der Wärmeübertragung

.
Q      A  (1  2 )
Wärmestrahlung 4 4

Wärmestrahlung – Wärmetransport über elektromagnetische Wellen. Ein


Wärmeaustausch ist nur möglich, wenn keine Abschattung vorhanden ist.
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Wege der Wärmeübertragung

.
Konvektion
Q    A  

Konvektion – Wärmetransport mit Hilfe eines bewegten Mediums. Konvektion findet


deshalb nur innerhalb flüssiger oder gasförmiger Stoffe statt.

Quelle: Hausladen, Tichelmann: Ausbau Atlas. Basel, 2010. S.38.


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Wärmeabgabe Mensch

Wärmeabgabe bei 20°C


(sitzend, entspannt,
Verdunstung
normal bekleidet,
Atemluft keine Luftbewegung):

• Strahlung 46%

Konvektion • Konvektion 33%


• Verdunstung 19%
• Atmung 2%

Strahlung

Quelle: Hausladen, Saldanha, Liedl, Sager: ClimaDesign. München, 2004. S.33.


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Wärmeabgabe in Abhängigkeit zur Raumlufttemperatur


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Wärmeabgabe in Abhängigkeit zur Raumlufttemperatur

Anpassung im Fall von Unbehaglichkeit

Gesamt-
Wärmeabgabeleistung
Mensch:
80 W bis über 300 W
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Entwicklung der Bewertung


von thermischem Komfort
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Aktivitätsgrad met DIN 7730

1 met = 1 metabolism = 58 W/m²


(Hautoberfläche von 1,8 m²)
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Wärmeabgabe des Menschen


während einer Stunde leichter Arbeit
bei 20°C Umgebungstemperatur
180 Wh
= 155 kcal
= 650 kJ

~ 3 h Arbeit / Big Mäc


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Isolationswert „clo“ nach DIN 7730

1 clo = 1 clothing = 0,155 m²K/W

Nach DIN EN ISO 7730:

Winterkleidung: 1,0 clo

Sommerkleidung: 0,5 clo

Bekleidung = Wärmedämmung des Menschen


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Thermischer Isolationswert („clo”)


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Thermischer Isolationswert („clo”)


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Haut Schuhe Socken Unterwäsche Hemd Hose Bürostuhl


0 clo 0,02 clo 0,02-0,04 0,07 clo 0,2-0,25 0,2-0,25 0,1 clo

Quelle: Hausladen, Saldanha, Liedl, Sager: ClimaDesign. München, 2004. S.33.


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Operative Raumtemperatur nach DIN 7730

T Decke

T operativ
T Luft
T Wand

T Wand
T Boden

T operativ = 0,5 x (T Luft + T mittl. Strahlungstemp. )

Mittelwert aus Lufttemperatur


und den umschließenden Oberflächentemperaturen

Quelle: Hausladen, Saldanha, Liedl, Sager: ClimaDesign. München, 2004. S.33.


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Berechnung des thermischen Komforts


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Lokale Unbehaglichkeit
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Lokale Unbehaglichkeit

• Zugluft
• Abkühlen oder Erhitzen von Körperteilen durch Strahlung
• Große vertikale Temperaturunterschiede
• Warme oder kalte Füße auf Grund von unbehaglicher Fußbodentemperatur
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Temperaturschichtung nach DIN EN ISO 7730

Kopf (1,1m)

Temperatur-
gradient < 3K

Fuß (0,1m) TFußboden 19-29°C

Kopf, Hände und Füße besitzen die meisten Kälte- und Wärmerezeptoren.

Quelle: Hausladen, Saldanha, Liedl, Sager: ClimaDesign. München, 2004. S.33.


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Kategorie A
PPD < 6 %
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Herleitung der DIN 7730

Befragung von Personen und dem daraus resultierendem


Prozentsatz der Unzufriedenen
(PPD = percent persons discomfort)

Nach DIN 7730 :


Kategorie A PPD < 6 %
Kategorie B PPD < 10 %
Kategorie C PPD < 15 %
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Strahlungstemperaturasymmetrie nach DIN EN ISO

warme Decke < 5K

kalte Decke < 14K z.B. Kühldecke

warme Wand < 23K z.B. Kachelofen

z.B. kalte
kalte Wand < 10K
Fensterfläche

Quelle: Hausladen, Saldanha, Liedl, Sager: ClimaDesign. München, 2004. S.33.


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Adaptive Comfort Standard

The adaptive model is based on the idea that


outdoor climate influences indoor comfort because
humans can adapt to different temperatures during different times of the year.

The adaptive hypothesis predicts that contextual factors,


such as having access to environmental controls,
and past thermal history influence building occupants' thermal expectations and
preferences.
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Developing and Adaptive Model of Thermal Comfort and Preference


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Developing and Adaptive Model of Thermal Comfort and Preference


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DIN EN 15251: Thermal Comfort Standard

Room Minimum value Highest value


(Sedentary Category for the heating for the cooling
Activity 1.2 met) period (1 clo) period (0.5 clo)
Single room
I 21 25.5
office, Big room
office,
Conference II 20 26
room, Lecture
room,
Cafeteria, III 19 27
Restaurant
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DIN EN 15251: Adaptive Comfort Standard


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http://smap.cbe.berkeley.edu/comforttool/
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