Beruflich Dokumente
Kultur Dokumente
Nebenwirkungen (Infektionen, Diabetes mellitus, Ge- (GWAS) konnten eine Vielzahl definierter IgAN-Sus-
wichtszunahme) beobachtet. zeptibilitätsgene identifizieren, u. a. in Genloci für
● Die 2012 publizierten KDIGO (Kidney Disease: Impro- Wachstumsfaktoren, Zytokine, Moleküle des alterna-
ving Global Outcome)-Leitlinien fassen die aktuellen tiven Komplementwegs, der Antigenpräsentation und
Behandlungsempfehlungen für IgAN-Patienten zusam- der intestinalen Mukosaabwehr.
men [1]. ● Immunologische Veränderungen:
○ Produktion von untergalaktosylierten IgA1-Molekü-
254 Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
6.1 IgA-Nephropathie
a b
Abb. 6.1 IgA-Nephropathie. Zytologischer Befund; sämtliche Abb. in 40-facher Vergrößerung. (Die Bilder wurden freundlicherweise
von Prof. K. Amann, Erlangen zur Verfügung gestellt)
a PAS-Färbung mit Nachweis der mesangio-proliferativen Hyperzellularität. (Quelle: Prof. K. Amann, Erlangen)
b Immunhistologie mit Nachweis IgA-haltiger Immundeposits. (Quelle: Prof. K. Amann, Erlangen)
c Immunhistologie mit Nachweis von C 3-Ablagerungen. (Quelle: Prof. K. Amann, Erlangen)
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 255
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
Erkrankungen mit Befall der Glomerula
Körperliche Untersuchung
6.1.9 Differenzialdiagnosen
● Arterielle Hypertonie.
● Lupusnephritis (hierbei in aller Regel „Full House“-
Nachweis von IgA, IgG, IgM, C 3 und C 1q im Biopsat),
● Purpura Schoenlein-Henoch (vaskulitische Verlaufs-
form mit extra-renalen Manifestationen, Kap. 6.13),
● Poststreptokokken-Glomerulonephritis (wobei die Hä-
Hinweise auf eine IgA-Nephropathie
maturie hierbei etwas später, 6–21 Tage, nach dem
• Mikrohämaturie
• rezidivierende Makrohämaturie(n), Streptokokkeninfekt auftritt).
z.B. nach Atemwegsinfekten ● Verschiedene Autoimmun- und Infektionserkrankun-
• Proteinurie gen können mit der IgAN assoziiert sein, z. B.:
• reduzierte Nierenfunktion ○ Rheumatoide Arthritis,
• neue arterielle Hypertonie ○ Ankylosierende Spondylitis,
○ Zöliakie,
○ HIV-Infektion,
6.1.10 Therapie
Ausschluss von sekundären IgAN-Formen
(primär anamnestisch, invasiv nur bei begründetem Verdacht): Therapeutisches Vorgehen
• Zöliakie, chron. entzündliche Darmerkrankungen
• Leberzirrhose, alkohol. Lebererkrankung, NASH ● Zum Zeitpunkt der Diagnosestellung sollte eine Stratifi-
• chronische Infektionen, insbes. Tbc oder Hepatitis zierung nach dem Risiko für einen progredienten
• monoklonale IgA-Gammopathie Krankheitsverlauf vorgenommen werden. Diese sollten
• Autoimmunerkrankungen (rheumatoide Arthritis/ sich vorrangig an der Nierenfunktion, dem Ausmaß der
ankylosierende Spondylitis, Lupus, Schilddrüse etc.)
Proteinurie, dem Vorliegen einer arteriellen Hypertonie
• Sarkoidose
und der Histologie (v. a. T-Wert entsprechend der Ox-
• Brucellose
ford-MEST-C-Klassifikation, ▶ Tab. 6.1) orientieren.
● ▶ Abb. 6.3 gibt neben der Risikostratifizierung auch ei-
Abb. 6.2 IgA-Nephropathie. Diagnostisches Vorgehen.
nen Therapiealgorithmus für IgAN-Patienten.
256 Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
6.1 IgA-Nephropathie
Mikrohämaturie und/oder geringe Proteinurie >0,5–1 g/Tag und/oder akuter oder schneller
Proteinurie, normale GFR, Normotonus GFR↓ und/oder Hypertonie GFR-Verlust
GFR >50 ml/min GFR 30–50 ml/min GFR ≤30 ml/min nephrotisches AKI (Makro-
Syndrom hämaturie oder
oder RPGN andere Ätiologie)
Protein- Protein- supportive supportive
urie urie Therapie Therapie
<1 g/Tag ≥1 g/Tag Immunsuppression keine Immunsuppr.
supportive supportive
+ GFR n. ± GFR↓ kritisch abwägen (Ausnahme RPGN)
Therapie Therapie
+ Immun-
sup- sup- evtl. suppression
portiv portiv
6 Monate 6
Steroide
Abb. 6.3 IgA-Nephropathie. Algorithmus zur Risikostratifizierung und Therapie der IgA-Nephropathie (AKI: acute kidney injury,
RPGN: rapid progrediente Glomerulonephritis).
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 257
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
Erkrankungen mit Befall der Glomerula
258 Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
Erkrankungen mit Befall der Glomerula
258 Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
6.2 Minimal-Change-Glomerulopathie
● Pathogenetisch vermutlich Störung der T-Zellen mit mit Komplikationen steht im Vordergrund.
○ Zum Diagnosezeitpunkt ist bei bis zu 60 % der betrof-
Bildung nephrotoxischer Zytokine, die eine Schädigung
der Podozyten bewirken. fenen erwachsenen Patienten eine geringgradige
Kreatininerhöhung nachweisbar, die sich unter Thera-
pie rasch normalisiert.
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 259
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
Erkrankungen mit Befall der Glomerula
● Akutes Nierenversagen:
○ Gelegentlich wird bei der MCG ein akutes oligurisches
Relevante Proteinurie bzw. nephrotisches Syndrom
Nierenversagen beobachtet, das auf eine durch Hyp-
albuminämie bedingte intrarenale Ödembildung und/ Nierenbiopsie
oder auf eine akute Tubulusnekrose zurückgeführt
wird. Histologie:
○ Das akute Nierenversagen tritt üblicherweise inner- LM: unauffällig (gelegentlich findet sich eine geringe
halb der ersten 4 Wochen nach Diagnose des NS auf, mesangiale Zellvermehrung)
kann über mehrere Wochen anhalten und zur vorü- IH: keine oder nur geringgradige IgG- und IgM-Ablagerungen
bergehenden Dialysebehandlung führen. nachweisbar
EM: Verschmelzung der Epithelzellfußfortsätze in
○ Risikofaktoren für die Entwicklung eines akuten Nie-
breite Zytoplasmaplatten
renversagens sind:
IV – ausgeprägte Proteinurie und Hypalbuminämie,
– Alter > 50 Jahre, Minimal-Change-Glomerulopathie
– Einnahme von nichtsteroidalen Antirheumatika.
○ Meistens erholt sich die Nierenfunktion unter der Abb. 6.5 Minimal-change-Glomerulopathie. Diagnostik der
Minimal-Change-Glomerulopathie beim Erwachsenen
Therapie mit Steroiden und Diuretika.
(LM: Lichtmikroskopie, IH: Immunhistochemie, EM: Elektronen-
mikroskopie).
6.2.8 Diagnostik
Diagnostisches Vorgehen
Histologie, Zytologie und klinische
● Erwachsene:
○ Im Erwachsenenalter kann die Diagnose ausschließ-
Pathologie
lich anhand der typischen Biopsiebefunde gestellt Nierenbiopsie
werden (▶ Abb. 6.5). ● Im Erwachsenenalter kann die Diagnose ausschließlich
○ Klinisch und laborchemisch ist keine sichere Abgren-
anhand der typischen Biopsiebefunde gestellt werden
zung gegenüber anderen Ursachen eines NS, ins-
(▶ Abb. 6.5).
besondere der fokal-segmentalen Glomerulosklerose
und der membranösen Glomerulopathie, möglich.
● Kinder: 6.2.9 Differenzialdiagnosen
○ Bei Kindern < 10 Jahren mit NS wird auf die Durch-
● Auslöser einer sekundären MCG sind bei ca. 10 % der
führung einer Nierenbiopsie häufig verzichtet, da mit
Patienten Einnahme von Medikamenten oder andere
90 %iger Wahrscheinlichkeit eine MCG vorliegt.
Grunderkrankungen:
○ Erst bei Nichtansprechen auf eine Steroidtherapie
○ T-Zell-assoziierte lymphoproliferative Erkrankungen,
(Steroidresistenz) wird eine Nierenbiopsie angestrebt, ○ Thymome,
insbesondere zum Ausschluss einer fokal-segmenta- ○ systemischer Lupus erythematodes und
len Glomerulosklerose. ○ atopische/allergische Diathese.
Labor
6.2.10 Therapie
● Laborchemisch finden sich die Kardinalsymptome eines
NS mit Therapeutisches Vorgehen
○ Proteinurie,
● Evidenzbasierte Empfehlungen zur Therapie der MCG
○ Hypalbuminämie und
sind in den KDIGO-Leitlinien 2012 ausführlich dar-
○ Hyperlipidämie.
gestellt.
● Das Urinsediment ist meistens normal, eine Mikrohä- ● Das therapeutische Vorgehen beim Erwachsenen ist in
maturie findet sich bei 10–30 % der Patienten. ▶ Abb. 6.6 zusammengefasst.
● Die Komplementfaktoren sind normal, immunologische
Messgrößen (ANA, Antistreptolysintiter, Hepatitissero-
logie usw.) unauffällig. Allgemeinmaßnahmen
● Nephroprotektion durch Verminderung der Proteinurie
und Behandlung der renalen Hypertonie mit ACE-Hem-
mern oder AT-II1-Rezeptorblockern,
● Zielblutdruck < 125/75 mmHg,
● Therapie der Ödeme (Senkung der Proteinurie, Salzres-
triktion, Diuretika),
260 Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
6.2 Minimal-Change-Glomerulopathie
Minimal-Change-Glomerulopathie
Initialtherapie
Prednisolon 1 mg/kg KG/Tag (max. 80 mg)
→ über mind. 4 und max. 16 Wochen
Ansprechen
ja nein
– adäquate Dosis?
Dosisreduktion über 24 Wochen
– ausreichende Therapiedauer?
Bestätigung Minimal-Change-
häufige Rezidive Glomerulopathie
Steroidabhängigkeit
orales Cyclophosphamid
2 – 2,5 mg/kg KG/Tag
über 8 – 12 Wochen
Calcineurininhibitoren
Cyclosporin 3 – 5 mg/kg KG/Tag oder Tacrolimus 0,05 – 0,1 mg/kg KG/Tag
jeweils verteilt auf 2 Gaben;
Nach 3-monatiger stabiler Remission → Dosisreduktion und Fortsetzung über 1 – 2 Jahre
Abb. 6.6 Minimal-Change-Glomerulopathie. Therapie der Minimal-Change-Glomerulopathie beim Erwachsenen. (Verändert nach
Quelle: Kimmel M, Kuhlmann U. Glomerulonephritis. In: Alscher M, Böhler J, Kuhlmann U et al., Hrsg. Nephrologie. 6., vollständig
überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Thieme; 2015)
●
Behandlung der Hyperlipoproteinämie,
Vermeidung von Thromboembolien,
Nikotinverzicht.
Merke ●
H
Die MCG ist die einzige glomeruläre Läsion, bei der durch
Verabreichung von Steroiden mit großer Regelmäßigkeit
Pharmakotherapie (ca. 90 %) eine Remission des NS erzielt wird.
Steroidtherapie
● Während die Behandlung der MCG im Kindesalter ● Die Dosierung der Steroide und die Therapiedauer für
durch zahlreiche Studien abgesichert ist, ist die Daten- die MCG des Erwachsenen (▶ Abb. 6.6):
lage für Erwachsene äußerst spärlich. ○ zu Beginn orales Prednisolon 1 mg/kg KG täglich über
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 261
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
Erkrankungen mit Befall der Glomerula
● Bei Kindern mit nephrotischem Syndrom und hoher Tab. 6.2 Ansprechen auf Steroide bei Minimal-Change-Glomeru-
Wahrscheinlichkeit auf eine MCG wird die Therapie be- lopathie: Definition von häufigen Rezidiven, Steroidabhängigkeit
gonnen mit: und Steroidresistenz.
○ oralem Prednisolon (60 mg/m2 pro Tag (max. 60 mg/ Begriff Definition
Tag) über 4–6 Wochen, Häufige Rezidive ≥ 2 Rezidive/6 Monate
○ danach Dosisreduktion über 2–5 Monate, beginnend ≥ 4 Rezidive/Jahr
mit 40 mg/m2 pro Tag oder 1,5 mg/kg/KG jeden zwei- Steroidabhängig- 2 konsekutive Rezidive bei Steroidreduktion
ten Tag (Maximum 40 mg jeden zweiten Tag) für 2–5 keit oder innerhalb von 14 Tagen nach
Monate. Beendigung der Steroidtherapie
Steroidresistenz Unter der Therapie mit Steroiden keine
Verlauf unter Steroidtherapie Abnahme der Proteinurie nach 8 (Kinder)
bzw. 16 Wochen (Erwachsene)
● Steroidunverträglichkeit:
IV
○ Bei relativen Kontraindikationen oder Intoleranz ge- – Ca. 30 % der primär ansprechenden Kinder haben
genüber Steroiden (unkontrollierter Diabetes melli- nie ein Rezidiv, 10–20 % sind nach 1–4 Therapie-
tus, psychische Erkrankungen, schwere Osteoporose) zyklen mit Steroiden geheilt und die verbleibenden
können die folgenden Medikamente mit einer Remis- Kinder zeigen weiterhin Rezidive oder entwickeln
sionsrate von ca. 75 % eingesetzt werden (spärliche eine Steroidabhängigkeit.
Datenbasis): ○ Erwachsene Patienten:
– Cyclophosphamid (2–2,5 mg/Kg pro Tag über 8 Wo- – Erwachsene mit MCG entwickeln zu 65–80 % Rezi-
chen), dive überwiegend in den ersten 3 Monaten nach
– Calcineurin-Inhibitoren: Cyclosporin (3–5 mg/kg Kg Eintreten einer Remission.
pro Tag aufgeteilt in 2 Einzeldosen über 1–2 Jahre) – Ein 2. Steroidtherapiezyklus führt bei > 95 % der Pa-
oder Tacrolimus (0,05–0,1 mg/kg KG pro Tag auf- tienten zur erneuten Remission.
geteilt in 2 Einzeldosen über 1–2 Jahre). – Häufige Rezidive entwickeln sich bei ca. 15 % der er-
● Komplette Remission: wachsenen Patienten, bei 10–50 % wird eine Ste-
○ Eine komplette Remission ist erkennbar an einem Ab- roidabhängigkeit beobachtet (▶ Tab. 6.2).
fall des Protein/Kreatinin-Quotienten im Urin ● Steroidresistenz:
auf ≤ 0,2. ○ Eine primäre Steroidresistenz (▶ Tab. 6.2) wird bei
○ > 90 % der Kinder sprechen auf die Therapie inner- Kindern und Erwachsenen selten beobachtet (< 10 %).
halb von 8 Wochen an, bei 80 % sistiert die Eiweißaus- ○ Inadäquate Steroiddosis und/oder zu kurze Therapie-
scheidung bereits in den ersten 4 Wochen. dauer (< 8 [Kinder] bzw. 16 [Erwachsene] Wochen)
○ Bei Erwachsenen wird eine komplette Remission bei sollten als Ursache ausgeschlossen sein.
80–90 % der Patienten mit MCG registriert, die Zeit- ○ Eine Steroidresistenz zwingt zum Ausschluss anderer
spanne bis zum Ansprechen ist allerdings länger: glomerulärer Läsionen, insbesondere der fokal-seg-
– 50 % sprechen innerhalb von 4 Wochen an und mentalen Glomerulosklerose durch erneute histologi-
– 10–25 % benötigen dafür 12–16 Wochen. sche Beurteilung des Nierengewebes.
Merke ●
H
Bei Erwachsenen kann daher erst nach Ablauf des Zeit-
Therapie bei Rezidiven, Steroidabhängig-
keit und Steroidresistenz
fensters von 16 Wochen von einer Steroidresistenz ge- ● Das erste Rezidiv wird analog der Initialtheapie mit
sprochen werden (▶ Tab. 6.2). einer Steroidmonotherapie behandelt.
● Bei häufigen Rezidiven des NS bzw. bei Entwicklung
einer Steroidabhängigkeit führen wiederholte Thera-
● Rezidive: piezyklen mit Kortison durch die steigende kumulative
○ Kinder: Dosis zu erheblichen Nebenwirkungen wie Osteoporo-
– Rezidive bei Kindern sind häufig und werden bei ca. se, aseptische Knochennekrose, Wachstumsstörungen
80 % der behandelten Patienten innerhalb von 12 im Kindesalter, Hypertonie und Kataraktentstehung.
Monaten beobachtet, wenn die Steroidtherapie be- ● Für Patienten mit häufigen Rezidiven, Steroidabhängig-
reits nach 4 Wochen beendet wurde. keit, und Steroidresistenz bieten sich folgende thera-
– Bei einer Therapiedauer von 12 Wochen kommt es peutische Optionen an:
nur bei ungefähr 35 % der Kinder zu Rezidiven in- ○ Kurzzeittherapie mit alkylierenden Zytostatika wie
ten Pädiater eine Therapiedauer von 8–12 Wochen ○ Rituximab (?), Mycophenolatmofetil (?).
(„long course“).
262 Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
6.3 Fokal-segmentale Glomerulosklerose
○ Bewährt hat sich v. a. die Gabe von Cyclosporin in den ersten 8 Wochen,
einer Dosis von 3–5 mg/kg KG/Tag über einen Zeit- ○ häufig auftretende Rezidive.
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 263
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
6.3 Fokal-segmentale Glomerulosklerose
○ Bewährt hat sich v. a. die Gabe von Cyclosporin in den ersten 8 Wochen,
einer Dosis von 3–5 mg/kg KG/Tag über einen Zeit- ○ häufig auftretende Rezidive.
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 263
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
Erkrankungen mit Befall der Glomerula
● Histologisch finden sich fokal- und segmental-sklero- – Eine Abgrenzung der genetischen Formen einer
sierende glomeruläre Veränderungen mit kollabierten FSGS gegenüber der primären, idiopathischen FSGS
Kapillaren und Adhäsionen zwischen den Kapillar- ist oftmals schwierig.
schlingen und der Bowman-Kapsel. ● Sekundäre FSGS:
○ Hämodynamisch bei glomerulärer Hyperfiltration:
●
– Heroin, hoch dosierte Pamidronattherapie.
Merke
H ○ Virusbedingt:
6.3.6 Klassifikation
● Für einen zirkulierenden, den Podozyten schädigenden
„Permeabilitätsfaktor“ spricht u. a. die Rezidivneigung ● Nach Ätiologie (Kap. 6.3.5):
der primären FSGS im Transplantat bei ca. 30 % der ○ Primäre (idiopathische) FSGS,
(suPAR), sich bei 55 % der pädiatrischen Patienten und ● Es sind 5 histologische Varianten der FSGS beschrieben:
bei 75 % der Erwachsenen findet. Dieser wird als mögli- ○ die zellreiche FSGS mit endokapillärer Hyperzellulari-
1“ (CLZ1), ein Mitglied der Interleukin-6-Familie, und am vaskulären Pol der Glomeruli (= klassische FSGS),
TNF-α. ○ die TIP-Läsion mit Adhäsionen und segmentaler Skle-
● Genetisch bedingte Defekte (familiäre und kongenita- rose am tubulären Pol der Glomeruli,
le Formen): ○ die kollabierende FSGS („collapsing“ FSGS) mit kolla-
○ In den letzten Jahren wurden bei seltenen familiären bierten und sklerosierten glomerulären Kapillaren
oder kongenitalen Formen der FSGS mit nephroti- und Podozytenhypertrophie (diese Variante hat eine
schem Syndrom zahlreiche genetisch bedingte Defek- schlechte Prognose, Therapieresistenz auf Steroide
te mit Synthesestörungen der für die Podozytenfunk- und rasche Entwicklung einer Niereninsuffizienz sind
tion wichtigen Proteine beschrieben: die Regel),
– Schlitzmembranproteine: NPHS1 (Nephrin), NPHS2 ○ FSGS ohne klare Zuordnung zu den o. g. Formen.
(Podocin), CD2AP,
– Zellmembran-assoziierte Proteine: TRPC6, PTPRO,
LAMB2, ITGB4, CD151, ITGA3,
– Zytosolische oder zytoskelettale Proteine: ACTN4,
Praxistipp ●
Z
Die klinische Bedeutung dieser Einteilung ist umstritten.
PLCE1, MYH9, INF2, MYO1E, ARHGAP24, Es gibt Hinweise, dass bei TIP-Läsion das Ansprechen auf
– Nukleäre Proteine: WT1, SMARCAL1, Steroide besser ist.
– Mitochondriale Komponenten: mtDNA-A3242G,
COQ 2, COQ 6,
– Lysosomales Protein: SCARB2.
– Die erhöhte Inzidenz der FSGS bei Afro-Amerika-
nern kann teilweise durch einen genetischen Faktor,
das Apolipoprotein L1 erklärt werden
264 Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
6.3 Fokal-segmentale Glomerulosklerose
Anamnese
● Familienanamnese: Nierenerkrankungen in der Familie
bekannt?
● Hypertonie? 6
● Ödeme?
● Schäumender Urin?
Körperliche Untersuchung
● komplette körperliche Untersuchung
● Volumenhaushalt (Ödeme)
● Blutdruck
Labor
● Eine primäre FSGS manifestiert sich bei 70–80 % der Pa-
tienten durch ein nephrotisches Syndrom, bei ca. 20–30 % Abb. 6.8 Fokal-segmentale Glomerulosklerose (FSGS). Glo-
ist eine asymptomatische Proteinurie nachweisbar. merulus mit segmentaler Vermehrung der mesangialen Matrix.
PAS, Vergößerung x 40. (Quelle: Frau Prof. Dr. K. Amann,
● Zum Zeitpunkt der Diagnose findet sich bei etwa 20–25 %
Abteilung für Nephropathologie, Universität Erlangen)
der Patienten eine Kreatininerhöhung.
Histologie, Zytologie und klinische vergleichbares klinisches Bild wird selten auch bei
Pathologie der sekundären kollabierenden FSGS infolge HIV- und
Parvovirus-B19-Infektion, Heroinabusus und nach
Nierenbiopsie hochdosierter Pamidronattherapie beobachtet.
○ Es empfiehlt sich Plasmazellerkrankungen (Multiples
● Es finden sich histologisch fokal- und segmental-sklero-
sierende glomeruläre Veränderungen mit Vermehrung Myelom oder monoklonaler Gammopathie unklarer
der extrazellulären Matrix und Adhäsionen zwischen Signifikanz [MGUS]) bei > 55 Jahre alten Patienten
den Kapillarschlingen (▶ Abb. 6.8) und der Bowman- mit FSGS und nephrotischem Syndrom durch eine Se-
Kapsel. rumelektrophorese, Immunfixation und Bestimmung
der freien Leichtketten auszuschließen.
● Genetische Formen:
6.3.9 Differenzialdiagnosen ○ Auch seltene hereditäre Formen der FSGS führen zu
● Die klinische und histologische Unterscheidung zwischen einem steroidresistenten NS, sodass bei familiär auf-
primärer und sekundärer FSGS ist wegen unterschiedli- tretender FSGS oder kongenitalem NS eine Gendiag-
cher therapeutischer Konsequenzen bedeutsam (wich- nostik eingeleitet werden sollte.
tigste Ursachen einer sekundären FSGS in Kap. 6.3.5).
● Primäre FSGS:
○ Die primäre FSGS beginnt typischerweise abrupt mit
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 265
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
Erkrankungen mit Befall der Glomerula
Tab. 6.3 Differenzialdiagnose zwischen primärer und sekundärer FSGS infolge glomerulärer Hyperfiltration.
Parameter Primäre FSGS Sekundäre FSGS bei glomerulärer Hyperfiltration
Ursache Podozytenschädigung Glomeruläre Hyperfiltration bei verschiedenen Grunderkrankungen
Klinik nephrotisches Syndrom Mäßiggradige bis nephrotische Proteinurie ohne Entwicklung einer
Hypalbuminämie
Verschmelzung der Fußfortsätze > 50 % < 50 %
der Podozyten
Glomerulomegalie Variabel Konstant nachweisbar
Abhängigkeit von der Grundkrankheit: Meistens fin- ○ Versuch einer Remissionsinduktion durch eine Ste-
den sich eine asymptomatische Proteinurie ohne Hy- roidmonotherapie (s. u.).
poproteinämie und eine langsam progrediente Ab- ○ Gabe von Cyclosporin bei Steroidresistenz, Auftreten
häufig progrediente Nierenfunktionsverlust zwingen über mind. 4 Wochen bis zum Erreichen einer kom-
zu therapeutischen Maßnahmen, die nicht immer pletten Remission, allerdings nicht länger als 16 Wo-
durch prospektive Studien gesichert sind (▶ Abb. 6.9). chen,
○ danach schrittweise Reduktion über einen Zeitraum
roidresistenz).
Pharmakotherapie
● Patienten mit guter Prognose (Proteinurie < 3,5 g/Tag)
○ alleinige symptomatische Therapie mit ACE-Hem-
Merke ●
H
Von den steroidsensitiven Patienten mit primärer FSGS
mern/Angiotensin-II1-RB zur Verminderung der Pro-
mit NS erreichen nur etwa 16 % innerhalb der ersten 4
teinurie und Progressionshemmung der Niereninsuf-
Therapiemonate eine Remission. Die Gesamtherapiedau-
fizienz,
er muss daher ausreichend lang sein.
○ weitere symptomatische Maßnahmen;
266 Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
6.3 Fokal-segmentale Glomerulosklerose
Kontra- Calcineurininhibitor
– Prednisolon 1 mg/kg KG/Tag für indikation oder
mind. 4 Wochen, max. 16 Wochen
MMF + Prednisolon
– supportive Therapie
(0,5 mg/kg KG /Tag für 2 – 3 Monate)
Rituximab Rituximab
Abb. 6.9 Fokal segmentale Glomerulosklerose (FSGS). Therapie der primären FSGS mit nephrotischem Syndrom. (MMF = Myophenolat
Mofetil). (Verändert nach Quelle: Kimmel M, Kuhlmann U. Therapie. In: Alscher M, Böhler J, Kuhlmann U et al., Hrsg. Nephrologie. 6.,
vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Thieme; 2015. doi:10.1055/b-003-124668)
● Leider gibt es keine klinischen oder histologischen Therapie von häufigen Rezidiven,
Kriterien zur Vorhersage einer Steroidsensitivität oder
Steroidabhängigkeit und Steroidresistenz
Steroidresistenz.
● Die Gabe hoher Steroiddosen und die zur Ermittlung ● Häufige Rezidive und Steroidabhängigkeit:
von Steroidsensitivität/-resistenz geforderte lange The- ○ Bei häufigen Rezidiven und Steroidabhängigkeit wer-
rapiedauer stellen Patienten und Therapeuten auf eine den vor dem Hintergrund einer spärlichen Datenbasis
harte Probe. empfohlen:
○ Insbesondere tolerieren Frauen aus kosmetischen – Calcineurin-Inhibitoren/Steroide: Cyclosporin A
Gründen, Diabetiker und adipöse Patienten diese Kor- (Vorgehen s. Praxistipp) oder Tacrolimus
tisontherapie häufig schlecht. (0,05–0,1 mg/kg KG pro Tag in zwei verteilten Ein-
○ In diesen Fällen kann auf der Basis einer propsektiven zeldosen) plus Prednison 0,15 mg/kg KG/Tag über
randomisierten Studie eine primär kombinierte The- 4–6 Monate, anschließend über 4–8 Wochen redu-
rapie empfohlen werden mit zieren,
– niedrig dosierten Steroiden (Prednison 0,5 mg/kg – alternativ Mycophenolat Mofetil
KG pro Tag) über 2–3 Monate und (2-mal 750–1000 mg/Tag), wenn die Patienten kei-
– Mycophenolat Mofetil in einer Dosis von 2-mal 1 g. ne Calcineurin-Inhibiotren erhalten dürfen.
○ Bei gelegentlichem Relaps sollte eine wiederholte Ste-
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 267
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
Erkrankungen mit Befall der Glomerula
Praxistipp
Cyclosporintherapie bei FSGS:
●
Z 6.3.11 Nachsorge
Kontrollen
● der Nierenfunktion
● Indikationen:
● der Proteinurie
○ häufige Rezidive unter Steroidtherapie,
● des Blutdrucks
○ Steroidabhängigkeit,
○ Steroidresistenz.
● Anwendung nur bei GFR > 40 ml/min, 6.3.12 Verlauf und Prognose
● Dosierung:
268 Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
6.4 Membranöse Glomerulopathie
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 269
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
6.4 Membranöse Glomerulopathie
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 269
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
Erkrankungen mit Befall der Glomerula
Bowman'scher
Kapselraum
Antigen
(z. B. Anti-
Phospholipase-
A2-Rezeptor)
Podozyt
IV
Antigen
kapilläres „In-situ“-
Lumen Immunkomplex
glomeruläre
Immun- Basalmembran
komplex
Antikörper
Antikörper
nicht native Endothel-
Antigene zellen
zirkulierende
Antikörper
Abb. 6.10 Membranöse Glomerulopathie. Mögliche Pathogenese der subepithelialen Ablagerungen bei der membranösen
Glomerulopathie: (a) Subepitheliale Ablagerung zirkulierender Immunkomplexe (blau). (b) “In-situ“-Formation von Immunkomplexen
(rot) durch zirkulierende Autoantikörper mit einem podozytären Antigen, z. B. Anti-PLA2R-AK (Phospholipase-A2-Rezeptor). (c)
Formation von Immunkomplexen eines extrinsischen Antigens (lila) mit zirkulierenden Antikörpern (lila) [2].
●
H
seltener Mamma-, Uterus-, Ovarial- und Pha-
rynxkarzinome, malignes Melanom, Lymphome.
– Studien belegen eindrücklich die Assoziation zwi- Merke
schen Karzinomerkrankungen und sekundärer MG Bei jeder neu diagnostizierten MG müssen anamnestisch,
bei älteren Menschen: Bei 10 % der > 65 Jahre alten klinisch und laborchemisch zahlreiche Grundkrankheiten
Patienten mit MG konnte zum Diagnosezeitpunkt ausgeschlossen werden, bevor die Diagnose einer idio-
bzw. innerhalb eines Jahres nach Diagnosestellung pathischen membranösen Glomerulopathie gestellt wer-
ein Tumorleiden diagnostiziert werden. Zahlen- den kann (s. oben: Ursachen der sekundären membranö-
mäßig dominierten Bronchus- und Prostatakarzino- sen Glomerulopathie.
me, gefolgt von Magen- und Kolonkarzinomen.
270 Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
6.4 Membranöse Glomerulopathie
6.4.7 Klassifikation
● Es muss bei histologisch gesicherter MG unterschieden
werden zwischen
○ einer primären, idiopathischen (70–80 %) und
lopathie.
● Das Ausmaß der Immunkomplexablagerungen ermög-
licht eine histopathologische Stadieneinteilung I–IV.
6.4.8 Klinik
● Ca. 80 % der Patienten mit MG entwickeln ein nephroti-
sches Syndrom:
○ Bei ca. 20 % der Patienten liegt der renale Eiweißver-
nachweisbar. 6
Abb. 6.11 Membranöse Glomerulopathie. Glomeruläre Kapil-
lare mit verdickter Basalmembran und perlschnurartig abge-
6.4.9 Diagnostik lagerten elektronendichten Depots. Elektronenmikroskopie,
Vergrößerung x 5000. (Quelle: Frau Prof. Dr. K. Amann,
Diagnostisches Vorgehen Abteilung für Nephropathologie, Universität Erlangen)
● Üblicherweise wird die Diagnose im Rahmen der Nie-
renbiopsie (▶ Abb. 6.11) zur Abklärung einer nephroti-
schen Proteinurie gestellt. ● Nierenfunktion:
● Die für Prognose und Therapie entscheidende Unter- ○ Die Nierenfunktion ist zum Diagnosezeitpunkt meis-
PLA2R und der serologische Nachweis von zirkulieren- 15 Jahren eine terminale Niereninsuffizienz.
den Anti-PLA2R-AK. ○ Einzelne Patienten mit ausgeprägtem nephrotischem
○ dem Therapiemonitoring.
● komplette körperliche Untersuchung ● Bei der Differenzierung zwischen idiopathischer und
● Hinweise auf Tumorerkrankung?
sekundärer MG kann der Anti-PLA2R-AK-Titer im Se-
● Blutdruck
rum und die immunhistologische Färbung des PLA2 R
weiterhelfen:
Labor ○ Meist sind bei der idiopathischen MG sowohl die An-
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 271
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
Erkrankungen mit Befall der Glomerula
Histologie, Zytologie und klinische – dies ist auch bei schon vorhandener Einschränkung
der Nierenfunktion möglich.
Pathologie ● Ein Abfall der Proteinurie um > 50 % innerhalb des ers-
Nierenbiopsie ten Jahres ist ein guter Prädiktor für eine Spontanre-
mission.
●
● Die typischen histologischen Veränderungen sind:
○ eine lichtmikroskopisch sichtbare Verdickung der glo-
272 Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
6.4 Membranöse Glomerulopathie
primäre idiopathische
membranöse Glomerulopathie
Serumkreatinin > 3,5 – 4,0 mg/dl bzw. GFR < 30 ml/min dialysevorbereitende
ja
+ sonografisch echoreiche kleine Nieren (< 8 cm) Maßnahmen
nein
Risikostratifizierung
optimale Basistherapie
über 6 Monate (nach Erstdiagnose)
initial
Basistherapie 6 Monate Cyclophosphamid + Steroide
regelmäßige Kontrollen Alternative
mind. 6 – 12 Monate CNI + niedrigdosiert Steroide
Remission Therapie-
Proteinurie versagen
anhaltende
Relaps
Remission
Abb. 6.12 Idiopathische membranöse Glomerulopathie. Therapeutisches Vorgehen. Patienten können im Laufe der 3-6-monatigen
Beobachtungsperiode durchaus die Risikogruppe wechseln (RR: Blutdruck; ACE-Hemmer: Angiotensin-Konversionsenzym-Hemmer,
AT-II1-RB: Angiotensin-II1-Rezeptorblocker, MMF: Mycophenolat Mofetil, CNI = Calcineurin-Inhibitor) [3].
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 273
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
Erkrankungen mit Befall der Glomerula
274 Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
6.4 Membranöse Glomerulopathie
Tab. 6.5 Vor- und Nachteile einer Therapie einem Calcineurin-Inhibitor gegenüber Cyclophosphamid bei der idiopathischen MG.
Vorteile der Therapie mit Calcineurin-Inhibitor Nachteile der Therapie mit Calcineurin-Inhibitor
Hinweise auf schnellere Reduktion der Proteinurie Hohe Relaps-Raten → längere Therapie notwendig
Geringere Steroiddosen Studien mit nur kurzer Beobachtungszeit → keine Daten zum
Langzeiterhalt der GFR
Keine Fertilitätsbedenken Nephrotoxizität und Hypertonie
Keine Langzeitbedenken bzgl. Cyclophosphamid-assoziierten Hyperglykämie
Malignomen Verschlechterung vorbestehender Hyperlipidämie
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 275
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
Erkrankungen mit Befall der Glomerula
6.5.3 Synonyme
● C 3-Glomerulopathie (C 3G); Orpha.net: ORPHA329918
● Nicht-Immunglobulin-vermittelte MPGN
● Immunglobulin-vermittelte MPGN; ORPHA329903
276 Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
Erkrankungen mit Befall der Glomerula
6.5.3 Synonyme
● C 3-Glomerulopathie (C 3G); Orpha.net: ORPHA329918
● Nicht-Immunglobulin-vermittelte MPGN
● Immunglobulin-vermittelte MPGN; ORPHA329903
276 Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
6.5 MPGN
● Immunkomplex-vermittelte MPGN (IC-MPGN) zu. Diese wird kontrolliert bzw. reguliert über inhibito-
● Immunglobulin-assoziierte MPGN rische Proteine wie
○ Faktor H,
○ Faktor I,
6.5.4 Definition ○ „membrane cofactor protein“ (MCP, CD46) und
○ entsprechend der Histologie weiter zu beschreiben ○ Interaktionen mit dem Gerinnungs- und Kininsystem.
– membranoproliferativ, iC 3b, C 3a und C 5a auf vielen Zellen sorgen für die Sig-
– mesangial, nalübertragung des aktivierten Komplementsystems. 6
– endokapillär,
– exsudativ, Pathogenese der C 3-Glomerulopathie
– nekrotisierend,
– mit Halbmonden, ● Bei der C 3G besteht nach heutigem Verständnis eine
– sklerosierend. Dysregulation und Überaktivierung des alternativen
● Immunkomplex-vermittelte membranoproliferative Komplementwegs.
Glomerulonephritis (IC-MPGN): ● Infolgedessen kommt es zur vermehrten Bildung und
○ Alle Formen der MPGN, bei denen sich überwiegend Aktivierung der C 3-Konvertase oder/und der C 5-Kon-
IgG bzw. Ablagerungen von IgG und C 3-Fragmenten vertase.
in etwa gleichem Verhältnis finden (Achtung: dies ● Sowohl der Ausfall einzelner oder mehrerer regulatori-
kann auch bei länger laufenden C 3G-Formen der Fall scher Komponenten wie auch eine Stabilisierung der
sein). aktivierten C 3- oder C 5-Konvertase können initiieren-
de Mechanismen sein (▶ Abb. 6.13).
● Pathogenetisch können dafür Mutationen einzelner
6.5.5 Epidemiologie Komponenten und Autoantikörper verantwortlich sein,
● Die C 3G ist sehr selten. Die Inzidenz der elektronenmi- welche zur Dysregulation führen [1], [9], [12], [18].
kroskopisch schon immer gut charakterisierbaren Den- ● Im Gegensatz zum atypischen hämolytisch-urämischen
se Deposit Disease liegt bei ca. 2–3/Mio. Einwohner pro Syndrom (aHUS) handelt es sich aber nicht um eine Stö-
Jahr [26]. rung auf der Zelloberfläche, sondern in der Flüssigpha-
● Häufig sind jüngeren Patienten betroffen, M:F ca. 1:1. se des Serums [23].
● Bei bis zu 15 % der Fälle besteht eine positive Familien- ● Eine neuere Arbeit zeigt, dass bei der C 3G die Bildung
anamnese [8]. monoklonaler Ig im Hinblick auf die Entstehung von
● In Form einer IC-MPGN finden sich diese Krankheitsbil- C 3NeF im Sinne einer monoklonalen Gammopathie re-
der in Zentraleuropa bei ca. 4–7 % der Patienten mit naler Signifikanz (MGRS) bedeutsam sein könnte
nephrotischem Syndrom [19]. ● Die Dysregulation des Komplementsystems führt letzt-
● In Regionen mit hoher Inzidenz für chronische Infekti- lich
○ zu einem vermehrten Anfall biologisch aktiver C 3-
onserkrankungen (z. B. Hepatitis C): 10 % aller Nieren-
biopsiebefunde und mehr [3], [16]. und C 5-Fragmente (z. B. C 3a, iC 3b, C 5a) sowie
○ zu einer vermehrten Aktivierung des terminalen
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 277
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
Erkrankungen mit Befall der Glomerula
C3bBbC3b C5-Konvertase
DAF (CD55)
CFHR1
C5b C5a
C5b-9 Membrane-
Attack-
Complex
C3-Glomerulopathie
durch direkte Zellschädigung
identifiziert [1], [9], [27], [28]. nen im Bereich des RCA (Regulators of Complement
● Autoantikörper können bei 50–80 % der Fälle nach- Activation)-Genclusters [25], auf dem sich die Gene
gewiesen werden [20]. für Faktor H und die nahezu homologen Gene für die
● Neu ist der Nachweis von sog. C 4Nef und C 5NeF Anti- „Complement Factor H related Proteins 1–5“ (CFHR1
körpern [13] und [30] bis CFHR5) befinden.
● Es sind Fälle mit gleichzeitigem Auftreten von Antikör- ○ Als familiäre Formen der C 3G wurden die CFHR5-
per und Mutationen beschrieben [1]. Nephropathie, sowie ein CFHR2-CFHR5 Hybridprotein
beschrieben [2], [4].
● Anlageträger in Familien, welche nicht erkrankt sind, le-
gen eine komplexe, multifaktorielle Pathogenese nahe.
● Zu einem „single hit“ ist daher in der Regel ein „second“
oder „additional hit“ notwendig, um die Krankheit zu
manifestieren (sog. Schwellenwert-Modell).
278 Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
6.5 MPGN
Tab. 6.7 Häufig mutierte Gene bei C 3-Glomerulopathie. Glomerulonephritis mit dominanten C3-Ablagerungen
Bezeichnung Akronym
C3 Glomerulopathie
Complement Faktor C 3 C3
postinfektiöse
Complement Faktor H CFH Glomerulo-
Complement Faktor I CFI nephritis
Membrane-bound cofaktor protein MCP/CD46 (PIGN?)
6.5.7 Klassifikation
6.5.9 Diagnostik
● Aufgrund jüngerer Daten erscheinen die Übergänge
zwischen C 3G und IC-MPGN hinsichtlich der Pathoge- Diagnostisches Vorgehen
nese fließend (▶ Abb. 6.14) [8]. ● Die Diagnose beruht auf der Zusammenschau histologi-
scher, serologischer und humangenetischer Befunde.
6.5.8 Klinik ● Basis ist der Befund der Nierenbiopsie, auf den eine ent-
sprechende weitere serologisch-funktionelle und ggf.
● Vorrangige paraklinische Symptomatik sind Proteinurie auch humangenetische Diagnostik folgen muss.
und Mikrohämaturie. ● In Anbetracht des Verlaufs sollte auch eine geringgradige
● In etwa 30–50 % der Fälle besteht ein nephrotisches Proteinurie bei erniedrigtem Komplement C 3 frühzeitig
Syndrom. einer weiteren Abklärung unterzogen werden: Ernied-
● Bis zu ein Drittel der Patienten haben eine relevante rigte C 3-Spiegel finden sich bei 60–90 % der Fälle [8].
Hämaturie [8].
● Klinisch sind damit Ödeme/Anasarka und eine sekun-
däre Hypertonie vorrangig.
Anamnese
● Ein nephritisches Syndrom ist selten [15], [26]. ● Nicht spezifisch für die Erkrankung.
● Bei IC-MPGN können sich auch Symptome der aus- ● Eine Reihe von Patienten berichtet unspezifische Be-
lösenden Grunderkrankung finden. schwerden, wie sie bei rheumatologischen Erkrankun-
gen zu finden sind (Gelenkbeschwerden, Abgeschlagen-
heit, muskuläre Symptome).
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 279
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
Erkrankungen mit Befall der Glomerula
Tab. 6.8 Notwendige Komplementanalytik [5]. Tab. 6.9 Ursachen einer Ig-MPGN.
Komplementfunktion Antikörper Krankheitsgrup- Krankheiten
CH50 C 3-Nephritisfaktor (C 3NeF) pe
APH50 Anti-Faktor B Infektiöse Hepatitis C (mit und ohne Kryoglobulinämie)
C3 Anti-C 3-Konvertase Erkrankungen Hepatitis B, HIV, EBV
C4 Anti-Faktor H Endokarditis/viszerale Abszesse
C 3d C 4-Nephritisfaktor (C 4NeF) Infizierte ventrikulo-atriale oder ventrikulo-
sC 5b-9 C 5-Nephritisfaktor (C 5NeF) peritoneale Shunts
Faktor H Mykoplasmen
Faktor I Tuberkulose
Faktor B Brucellose
Malaria
Schistosomiasis
IV Körperliche Untersuchung Lepra
Immunologische Kryoglobulinämie
● Häufig Ödeme oder Anasarka.
Krankheitsbilder Systemischer Lupus Erythematodes
Sjögren Syndrom
Labor Rheumatoide Arthritis
Hereditäre Komplementdefekte
Komplementanalytik X-chromosomale Agammaglobulinämie
Neoplasien Plasmazelldyskrasie
● Bei Neudiagnose einer C 3G sollte eine vollständige
Fibrilläre und immunotaktoide Glomerulo-
Analyse folgender Parameter erfolgen nephritis
○ Komplementfunktion,
Leichtketten- und/oder Schwerketten-Abla-
○ wichtige Komplementproteine, gerungen
○ Aktivierungsfragmente, Leukämien, Lymphome
○ spezifische Faktoren, welche an der Entstehung der Makroglobulinämie Waldenström
C 3G beteiligt (▶ Tab. 6.8). Karzinome, Wilms-Tumor, maligne Melano-
me
● Bei einer C 3G sollte gezielt nach Antikörpern gegen
Faktor B, gegen die C 3-Konvertase (über C 3NeF hinaus) Andere Alpha-1-Antitrypsin-Mangel
Sichelzellerkrankung
und gegen Faktor H gesucht werden (▶ Tab. 6.8).
Thrombotische Mikroangiopathie
● Bei idiopathischen Formen der IC-MPGN sollte ebenfalls Transplantat-Glomerulopathie
eine Analyse des Komplementsystems erfolgen.
●
Niemann-Pick-Erkrankung (Typ C)
Cave
G ● Solitäre oder dominante Ablagerungen von Komple-
ment C 3 sollten dabei in einen Kontext mit der über
Komponenten des Komplementsystems sind teilweise
die Lichtmikroskopie und Elektronenmikroskopie defi-
sehr instabil sind. Prozessabläufe der Probengewinnung,
nierten Erscheinungsform, z. B. einer membranoprolife-
die sachgerechte Lagerung und der Versand sollten stets
rativen Glomerulonephritis als häufigste Manifestation,
mit dem messenden Labor abgestimmt werden.
gestellt werden.
280 Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
6.5 MPGN
○ Halbmonde,
Klinischer Verlauf ○ initiales nephrotisches Syndrom.
remission
Therapie der
C3 Glomerulopathie
Grunderkrankung
Therapie
Ig-MPGN
notwendig
primäre Form
Komplementanalyse
Autoanti-
körper Genetik
funktionell
– + – +
GFR↓, nephrotisches Syndrom
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 281
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
Erkrankungen mit Befall der Glomerula
Deutsche Gesellschaft für Nephrologie, geführt an der [20] Pickering MC, D'Agati VD, Nester CM et al. C 3 glomerulopathy: con-
sensus report. Kidney Int 2013; 84: 1079–1089
Technischen Universität Dresden
[21] Riedl M, Thorner P, Licht C. C 3 Glomerulopathy. Pediatr Nephrol
○ Patienten-Register für Kinder mit membranoprolife- 2017; 32(1): 43–57
rativer Glomerulonephritis; Gesellschaft für pädiatri- [22] Sethi S, Fervenza FC, Zhang Y et al. Atypical postinfectious glomerulo-
sche Nephrologie, betreut vom Universitätsklinikum nephritis is associated with abnormalities in the alternative pathway
Bonn. of complement. Kidney Int 2013; 83: 293–299
[23] Sethi S, Gamez JD, Vrana JA et al. Glomeruli of Dense Deposit Disease
contain components of the alternative and terminalcomplement
282 Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
Erkrankungen mit Befall der Glomerula
Deutsche Gesellschaft für Nephrologie, geführt an der [20] Pickering MC, D'Agati VD, Nester CM et al. C 3 glomerulopathy: con-
sensus report. Kidney Int 2013; 84: 1079–1089
Technischen Universität Dresden
[21] Riedl M, Thorner P, Licht C. C 3 Glomerulopathy. Pediatr Nephrol
○ Patienten-Register für Kinder mit membranoprolife- 2017; 32(1): 43–57
rativer Glomerulonephritis; Gesellschaft für pädiatri- [22] Sethi S, Fervenza FC, Zhang Y et al. Atypical postinfectious glomerulo-
sche Nephrologie, betreut vom Universitätsklinikum nephritis is associated with abnormalities in the alternative pathway
Bonn. of complement. Kidney Int 2013; 83: 293–299
[23] Sethi S, Gamez JD, Vrana JA et al. Glomeruli of Dense Deposit Disease
contain components of the alternative and terminalcomplement
282 Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
6.6 Infektiöse Glomerulonephritis
● Infektassoziierte Glomerulonephritis
● Postinfektiöse Glomerulonephritis
6.6.7 Klassifikation
6.6.4 Definition ● „post-“ = zeitlich nach
● „para-“ = zeitlich während
● Immunkomplex-vermittelte Glomerulonephritis, die ● Bei Kindern häufiger Streptokokken-assoziierte Glome-
als Folge einer (zumeist bakteriellen) Infektionserkran- rulonephritis:
kung auftritt. ○ 1–3 Wochen nach Infekt im oberer Respirationstrakt,
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 283
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
Erkrankungen mit Befall der Glomerula
Labor:
• BB, CRP, Kreatinin, Harnstoff,
Elektrolyte, Leberwerte, Gerinnung
• Komplementerniedrigung
• ggf. ANA/ANCA, HepB/C, HIV
• ggf. Antistreptolysintiter
postinfektiöse GN parainfektiöse GN
symptomatische Infektsanierung
Therapie + symptomatische
(Flüssigkeitsrestriktion, Therapie
Diuretika, ACE-Hemmer)
Verlaufskontrolle Verlaufskontrolle
284 Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
6.6 Infektiöse Glomerulonephritis
○ Laborchemisch zeigt sich klassischerweise ein ernied- re Hyperzellularität als Folge der Infiltration von neu-
rigtes Komplement C 3, C 4 und CH50. Teilweise sind trophilen Granulozyten (Exsudation) sowie der Pro-
auch Kryoglobuline und RF leicht erhöht. liferation von Mesangial- und Endothelzellen.
●
G
○ In der Immunhistochemie bzw. Immunfluoreszenz
○ IgA-Nephritis,
○ kryoglobulinämische Glomerulonephritis,
○ membranöse Glomerulonephritis,
○ ANCA-GN.
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 285
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
Erkrankungen mit Befall der Glomerula
6.6.11 Therapie
Therapeutisches Vorgehen
● Poststreptokokken-Glomerulonephritis:
○ Aufgrund des zumeist selbstlimitierenden Verlaufs
Pharmakologische Therapie
● Poststreptokokken-Glomerulonephritis:
○ Bei kompliziertem Verlauf mit histologischem Nach-
6.6.12 Prävention
● Bei auftretenden Epidemien und direkten Haushalts-
kontakten kann eine Antibiotika-Prophylaxe durch-
geführt werden.
6.6.13 Nachsorge
● Nephrologische Verlaufsuntersuchungen sind auch
nach primärer Ausheilung der Erkrankung langfristig
sinnvoll, da es teilweise noch Jahrzehnte nach der Er-
krankung zum Auftreten von Niereninsuffizienz und
Hypertonie kommen kann.
c
6.6.14 Verlauf und Prognose
Abb. 6.17 Infektiöse Glomerulonephritis. Nierenbiopsie der ● Die Prognose der klassischen Poststreptokokken-GN,
postinfektiösen Glomerulonephritis: In der PAS-Färbung zeigen
sich die typische endokapilläre Hyperzellularität im Glomerulum
speziell bei Kindern ist gut.
und die Infiltration von neutrophilen Granulozyten (a). Die C 3- ● Bei Erwachsenen ist die Prognose etwas ungünstiger,
Färbung zeigt ein Girlanden-Muster (garland pattern). In der insbesondere bei Auftreten von schwerer Nierenfunk-
Elektronenmikroskopie sieht man humps * (c) (Mit freundlicher tionseinschränkung, histologisch Halbmondbildung
Genehmigung von Prof. Dr. T. Wiech, Nephropathologie und ausgeprägter endokapilliärer Proliferation mit gro-
Hamburg). ßer Proteinurie.
286 Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
6.7 Granulomatose mit Polyangiitis
● Bei der infektiösen Glomerulonephritis bei infiziertem ● Nach der Chapell-Hill-Klassifikation ist sie definiert als
ventrikuloatrialem Shunt und bakterieller Endokarditis ○ nekrotisierende Vaskulitis der kleinen und mittelgro-
ist die Prognose deutlich schlechter und insgesamt ßen Gefäße und
stark abhängig vom Gesamtverlauf der Erkrankung. ○ zusätzliche granulomatöse Entzündung im oberen
Entzündung,
6.7.2 Aktuelles ○ klinische Besonderheiten (z. B. bevorzugter Organbe-
fall),
● Im Herbst 2016 wurde die gemeinsame europäische ○ Vorhandensein von ANCAs.
Leitlinie der rheumatologischen und nephrologischen
Gesellschaften zum Management der Kleingefäßvasku-
litiden publiziert [2]. 6.7.8 Klinik
● Vaskulitiden der kleinen Gefäße führen zu schwer ver-
6.7.3 Synonyme laufender nekrotisierender intra- und extrakapillär
proliferativer GN.
● Granulomatose mit Polyangiitis ● Dies kann unter dem klinischen Bild einer rasch progre-
● GPA dienten GN (RPGN) mit einem dramatischen Verlust
● Wegener-Granulomatose der glomerulären Filtrationsrate einhergehen.
● Morbus Wegener ● Die GN ist erkennbar am Auftreten einer Proteinurie
und eines aktiven Sediments mit dysmorphen Erythro-
6.7.4 Definition zyten und Erythrozytenzylindern.
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 287
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
6.7 Granulomatose mit Polyangiitis
● Bei der infektiösen Glomerulonephritis bei infiziertem ● Nach der Chapell-Hill-Klassifikation ist sie definiert als
ventrikuloatrialem Shunt und bakterieller Endokarditis ○ nekrotisierende Vaskulitis der kleinen und mittelgro-
ist die Prognose deutlich schlechter und insgesamt ßen Gefäße und
stark abhängig vom Gesamtverlauf der Erkrankung. ○ zusätzliche granulomatöse Entzündung im oberen
Entzündung,
6.7.2 Aktuelles ○ klinische Besonderheiten (z. B. bevorzugter Organbe-
fall),
● Im Herbst 2016 wurde die gemeinsame europäische ○ Vorhandensein von ANCAs.
Leitlinie der rheumatologischen und nephrologischen
Gesellschaften zum Management der Kleingefäßvasku-
litiden publiziert [2]. 6.7.8 Klinik
● Vaskulitiden der kleinen Gefäße führen zu schwer ver-
6.7.3 Synonyme laufender nekrotisierender intra- und extrakapillär
proliferativer GN.
● Granulomatose mit Polyangiitis ● Dies kann unter dem klinischen Bild einer rasch progre-
● GPA dienten GN (RPGN) mit einem dramatischen Verlust
● Wegener-Granulomatose der glomerulären Filtrationsrate einhergehen.
● Morbus Wegener ● Die GN ist erkennbar am Auftreten einer Proteinurie
und eines aktiven Sediments mit dysmorphen Erythro-
6.7.4 Definition zyten und Erythrozytenzylindern.
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 287
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
IV
288
Aorta Nierenarterie A. interlobularis
A. arcuata A. lobularis
Thieme; 2015)
Arteriole
Glomerulus
Kawasaki-
Riesenzellarteriitis* Takayasu-Arteriitis* Polyarteriitis nodosa* Erkrankung*
andere Ursachen für primäre und sekundäre IgA1-Immun- SLE oder rheumatoide kein Asthma, Granulome, Eosinophilie,
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Immunkomplexvaskulitis Kryoglobulinämie ablagerungen Arthritis keine Granulome aber kein Asthma Asthma und Granulome
Immunkomplex- eosinophile
Purpura Schoenlein- mikroskopische Granulomatose mit Granulomatose mit
vaskulitiden kryoglobulinämische Vaskulitis bei SLE oder
Henoch Polyangiitis* Polyangiitis Polyangiitis
unterschiedlicher Vaskulitis rheumatoider Arthritis
Genese
(IgA-Vaskulitis)* (MPA) (Wegener) (GPA)* (Churg-Strauss)
(EGPA)*
Abb. 6.18 Vaskulitiden. Einteilung der Vaskulitiden nach Größe des Gefäßbefalls unter Berücksichtigung der Chapel Hill Consensus
Kuhlmann U. Klassifikation der systemischen Vaskulitiden. In: Alscher M, Böhler J, Kuhlmann U et al., Hrsg. Nephrologie. 6. Auflage.
Conference und serologisch-immunologischer Messgrößen. Die primären Vaskulitiden sind mit (*) gekennzeichnet. (Quelle: Kimmel M,
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
6.7 Granulomatose mit Polyangiitis
Merke
Glomeruläre Hämaturie, Proteinurie und/oder rascher
●
H 6.7.9 Diagnostik
Diagnostisches Vorgehen
Nierenfunktionsverlust sind die klassische Indikation zur ● Weiterführende laborchemische, radiologische und
Nierenbiopsie, bei der sich häufig eine nekrotisierende in- bioptische Untersuchungen sind wichtig
tra- und extrakapilläre GN (RPGN) mit halbmondförmi- ○ zum Nachweis von c- oder p-ANCA (Pr3- oder MPO-
gen Kapselproliferaten ohne immunhistologisch nach- Antikörper),
weisbaren Immunglobulinablagerungen (pauci-immune- ○ zur histologischen Sicherung der Diagnose durch
GN) zeigt. Haut-/Organbiopsie.
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 289
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
Erkrankungen mit Befall der Glomerula
●
○ i. v. Methylprednisolon-Boli
Merke
H ○ Stellenwert der Plasmapherese bei rasch progredien-
Induktionstherapie
Bildgebende Diagnostik Cyclophosphamid (CP)
Röntgen bzw. Schnittbildgebung
● Thorax mit der Frage nach Infiltraten oder Zeichen
einer Hämorrhagie,
Merke ●
H
Die Bevorzugung von Cyclophosphamid-Boli im Vergleich
● ggf. Nasennebenhöhlen, zu einer oralen Cyclophosphamidtherapie beruht auf den
● Abdomensonographie. Ergebnissen der CYCLOPS-Studie. Bei geringerer Kumula-
tivdosis führt die i. v.-CP-Bolustherapie im Vergleich zur
Histologie, Zytologie und klinischen oralen CP-Therapie zu:
● identischen Remissionsraten,
Pathologie
● identischer Mortalität,
290 Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
6.7 Granulomatose mit Polyangiitis
Tab. 6.11 Differenzialdiagnose der Vaskulitiden der kleinen Gefäße. (Quelle: Kimmel M, Kuhlmann U. Klassifikation der systemischen Vas-
kulitiden. In: Alscher M, Böhler J, Kuhlmann U et al., Hrsg. Nephrologie. 6. Auflage. Stuttgart: Thieme; 2015.)
Parameter ANCA-assoziierte Vaskulitiden Immunkomplex-bedingte
Vaskulitiden
GPA MPA EGPA PSH KV
Klinische Besonderheiten
Vaskulitische Allgemeinsymptome + + + + +
Granulomatöse Entzündung im oberen Respirationstrakt + – + – –
Augensymptome (Skleritis, Episkleritis, Konjunktivitis) + (+) (+) – –
Rezidivierendes Asthma bronchiale – – + – –
Pulmorenales Syndrom bei schwerem Verlauf möglich + + (+) – (+)
Hautsymptome (Purpura, Nekrosen) + + + + +
Gastrointestinale Symptome (+) (+) (+) + (+)
Labordiagnostik
ANCA-Nachweis 80–90 % 70 % 40–60 % – –
Pr3-Antikörper ca. 75 % ca. 10 % ca. 10 % – –
MPO-Antikörper ca. 15 % ca. 60 % ca. 40 % – –
Eosinophilie – – + – – 6
Komplementverbrauch – – – – +
Histologie/Immunhistologie
Leukozytoklastische Vaskulitis + + + + +
Granulomatöse Entzündung + – + – –
Eosinophile granulomatöse Entzündung – – + – –
Histologie Nieren
Lichtmikroskopie Nekrotisierende intra-und extrakapilläre Mesangioproli- Membranopro-
proliferative GN ferative GN liferative GN
Immunhistologie Pauci-immune GN ohne Immunkom- IK-Ablagerun- IK-Ablagerun-
plex-Ablagerungen gen (IgA) gen
GPA: Granulomatose mit Polyangiitis (Wegener), MPA: mikroskopische Polyangiitis, EGPA: Eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis
(Churg-Strauss), PSH: Purpura Schoenlein-Henoch (IgA-Vaskulitis), KV: kryoglobulinämische Vaskulitis, ANCA: antineutrophile
zytoplasmatische Antikörper, PR-3: Proteinase-3, MPO: Myeloperoxidase, IK: Immunkomplex
● CYCLOPS-Protokoll:
○ Cyclophosphamid-Boli von i. v. 15 mg/kg KG (max.
die bei 70–80 % innerhalb der ersten 3 Therapiemonate – Rituximab (375 mg/m2) einmal wöchentlich über
und bei 10–20 % nach 3–6 Monaten eintritt. 4 Wochen in Kombination mit 1–2 i. v. CP-Boli und
oralem Prednison in absteigender Dosierung, eine
Erhaltungstherapie wurde nicht durchgeführt.
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 291
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
Erkrankungen mit Befall der Glomerula
Pneumocystis-jirovecii-Prophylaxe
mit Co-Trimoxazol bei CP und RTX
Abb. 6.19 Granulomatose mit Polyangiitis. Therapie der AAV mit Organbeteiligung und schlechten Prognosekriterien. (?) signalisieren
das Fehlen prospektiver Studien. Dosisangaben der aufgeführten Medikamente ▶ Tab. 6.12. Vorgehen bei häufigen Rezidiven und
Therapieresistenz s. Text. (CP: Cyclophosphamid, RTX: Rituximab, GnRH-Agonist: Gonadotropin-„Releasing“-Hormon-Agonist).
(Verändert nach Quelle: Kimmel M, Kuhlmann U. Remissionsinduktion bei schwer verlaufender generalisierter Vaskulitis. In: Alscher M,
Böhler J, Kuhlmann U et al., Hrsg. Nephrologie. 6. Auflage. Stuttgart: Thieme; 2015)
●
Z
> 70 10 7,5
Praxistipp
○ RAVE-Protokoll: Rituximab-Therapie
– Rituximab (375 mg/m2) über einen Zeitraum von ● Vor Einleitung muss vorliegen: Hepatitisserologie und
○ Rituximab ist in USA und Europa bei der Induktions- ○ Es kann es zu einem Immunglobulinmangel kom-
therapie zugelassen und eröffnet mit einem einmali- men. Es empfiehlt sich IgG insbesondere bei einem
gen 4-wöchigen Zyklus neue Möglichkeiten in der In- Infektereignis zu messen, da dann i. v. Immunglobu-
duktionstherapie der AAV, mit einem besonderen line gegeben werden können.
Stellenwert bei Rezidiven. ○ Pneumozystis-Infektionen kommen vor, sodass an
292 Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
6.7 Granulomatose mit Polyangiitis
Ausweitung der Basistherapie bei lebens- Rezidiv aufgrund der o. g. Ergebnisse der RAVE-Studie
einen besonderen Stellenwert hat.
●
bedrohlicher vaskulitischer Organbeteiligung
● Bei lebensbedrohlicher vaskulitischer Organbeteiligung
wie Auftreten eines dialysepflichtigen akuten Nieren- Merke
H
versagens oder pulmonalen Blutungen empfiehlt sich Bei einer Initialtherapie mit CP sollte Rituximab aufgrund
eine Intensivierung der Remissionsinduktion: der Ergebnisse der RAVE-Studie beim Rezidiv zum Einsatz
○ i. v. Methylprednisolon-Boli an 3 aufeinander folgen-
kommen.
den Tagen.
○ Plasmaaustauch? – bei Drucklegung des Buches ist
nach Beendigung der immunsuppressiven Therapie in dung eines Leukozytennadirs von < 3,5 GIGA/l,
Abhängigkeit von den zur Remissionsinduktion ver- ○ additive i. v.-Gabe von Immunglobulinen (2 g/kg KG)
wendeten Medikamenten und der Therapiedauer auf. als Einmaldosis oder 0,5 g/kg KG/Tag über 4 Tage. Diese
● Speziell hohe Rezidivraten finden sich bei Therapie ist effektiv und hat ein gutes Nebenwirkungs-
○ persistierend nachweisbaren ANCA-Titern, insbeson- profil; der Effekt hält aber meist nicht über 3 Monate
dere anti-Proteinase-3-Antikörpern, an, sodass eine Wiederholung notwendig wird.
○ ausgeprägter vaskulitisch/granulomatöser Lungenbe- ○ Mycophenolat Mofetil (2 g täglich)
Tab. 6.13 Kriterien zur Beurteilung des Therapieerfolgs bei ANCA-assoziierter Vaskulitis mit Glomerulonephritis. (Quelle: Kimmel M, Kuhl-
mann U. Nierenbeteiligung bei systemischer Vaskulitis. In: Alscher M, Böhler J, Kuhlmann U et al., Hrsg. Nephrologie. 6., vollständig über-
arbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Thieme; 2015.)
Parameter Beschreibung/Definition
Remission ● Stabilisierung oder Besserung der Nierenfunktion (Serumkreatinin), der Hämaturie und der extrarenalen
Manifestationen der systemischen Vaskulitis; eine persistierende Proteinurie wird nicht als Zeichen von
Krankheitsaktivität gewertet
Therapieresistenz ● Zunehmende Nierenfunktionsverschlechterung und ausbleibende Rückbildung eines hoch aktiven
Urinsediments
● Weiterbestehen oder Neuauftreten von extrarenalen Manifestationen der Vaskulitis unter immun-
suppressiver Therapie
Rezidiv: Auftreten eines ● Anstieg des Serumkreatininwerts bei aktivem Urinsediment
der genannten Symptome ● Nekrose und extrakapilläre Proliferation in der Nierenbiopsie
● Hämoptoe oder Zunahme der pulmonalen Befunde (nach Ausschluss einer Infektion)
● aktive Vaskulitis des Respirations- und Gastrointenstinaltraktes, nachgewiesen durch Endoskopie/
Bronchoskopie und Biopsie
● Iritis oder Uveitis
● Neu auftretende Mononeuritis multiplex
● Nekrotisierende Vaskulitis in Gewebebiopsien
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 293
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
Erkrankungen mit Befall der Glomerula
Merke ●
H
Nach einer Remissionsinduktionstherapie mit CP ist Aza-
6.7.12 Nachsorge
Kontrollen:
IV ● der Nierenfunktion
thioprin (AZA) (Dosis von 2 mg/kg KG/Tag) kombiniert
● des Urin (Sediment, Proteinurie)
mit niedrig dosierten Steroiden der Standard in der RET
● körperliche Untersuchung
der AAV.
zwei mal täglich oder ○ Besserung der vaskulitischen Symptome bei etwa
Monaten).
● Die beste Datenbasis existiert aktuell für eine Erhal- 6.7.14 Literatur
tungstherapie mit RTX nach CP (Cyclophosphamid) mit [1] Jennette JC, Falk RJ, Bacon PA et al. 2012 revised International Chapel
einer Rituximab-Wiederholung in festen Zeitabstän- Hill Consensus Conference Nomenclature of Vasculitides. Arthritis
Rheum 2013; 65(1): 1–11
den:
[2] Yates M et al. EULAR/ERA-EDTA recommendations for the manage-
○ Ergebnisse der MAINRITSAN-Studie zeigen, dass feste
ment of ANCA-associated vasculitis. Ann Rheum Dis 2016; 75(9):
Rituximab-Gaben (jeweils 500 mg: zu Beginn zwei- 1583–94
mal im Abstand von 2 Wochen und dann im Monat 6, [3] Alscher M, Böhler J, Kuhlmann U et al., Hrsg. Nephrologie. 6., voll-
12 und 18) gegenüber Azathioprin Vorteile haben: ständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Thieme;
2015
Rezidivrate nach 28 Monaten unter RTX 5 % versus
29 % unter AZA.
Weiterführende Literatur
[4] Kidney Disease: Improving Global Outcomes (KDIGO) Glomerulo-
nephritis Work Group. KDIGO Clinical Practice Guideline for Glome-
rulonephritis. Kidney Int 2012; 2: 139–274.
294 Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
6.8 Mikroskopische Polyangiitis
[5] Kimmel M, Kuhlmann U. Nierenbeteiligung bei Systemerkrankungen. ● Bedrohliche Nierenbeteiligung in Form einer nekroti-
In: Alscher M, Böhler J, Kuhlmann U et al., Hrsg. Nephrologie. 6., voll-
sierenden intra- und extrakapillär proliferativen GN
ständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Thieme;
2015: 136–235
findet sich bei Vaskulitiden der kleinen und mittelgro-
[6] Kimmel M, Kuhlmann U. Remissionsinduktion bei schwer verlaufen- ßen Gefäße.
der generalisierter Vaskulitis. In: Alscher M, Böhler J, Kuhlmann U et
al., Hrsg. Nephrologie. 6., vollständig überarbeitete und erweiterte
Auflage. Stuttgart: Thieme; 2015 6.8.6 Klassifikation
● Die Einteilung der Vaskulitiden erfolgt nach ätiologischen,
6.8 Mikroskopische Polyangiitis ●
morphologischen und immunologischen Kriterien.
Die Vaskulitiden wurden in den Chapel-Hill-Consensus-
Martin Kimmel Konferenzen weiter definiert nach
○ Größe der betroffenen Gefäße (▶ Abb. 6.20),
len Remission wird eine Erhaltungstherapie mit Azathio- gredienten GN (RPGN) mit einem dramatischen Ver-
prin über meist 12–24 Monate durchgeführt. lust der glomerulären Filtrationsrate einher,
○ typische Befunde sind eine Proteinurie und ein akti-
● Die mikroskopische Polyangiitis (MPA) ist eine ANCA- gen (Infiltrate, Hämoptoe), Nieren (nekrotisierende
assoziierte Vaskulitis (AAV). und proliferative GN), Haut (Purpura) und weiteren
● Nach der Chapell-Hill-Klassifikation ist sie definiert als Organen bestimmen das Krankheitsgeschehen.
○ nekrotisierende Vaskulitis der kleinen und mittelgro- ○ Klassisch ist die Entwicklung eines pulmorenalen Syn-
ßen Gefäße mit vorwiegendem Befall der glomerulä- droms mit Hämoptoe und rasch progredienten GN.
ren und pulmonalen Kapillaren, ● Je nach Aktivität und Ausdehnung der Vaskulitis vari-
○ Fehlen granulomatöser entzündlicher Veränderun- iert das klinische Bild vom harmlosen Hautbefall bis hin
gen. zu lebensbedrohlichen Funktionsstörungen verschiede-
ner Organe (▶ Tab. 6.14).
● 2 Scores zur Erfassung der klinischen Aktivität der AAV
6.8.4 Epidemiologie und des Ausmaßes an nicht reversiblen Vaskulitis-Schä-
● Die MPA ist die zweithäufigte Kleingefäßvaskulitis. digungen (zu empfehlen sind Online-Versionen):
● In Europa liegt die jährlich Inzidenzrate im Bereich von ○ BVAS („Birmingham Vaskulitis Aktivitäts Score“): er-
Schädigungen.
6.8.5 Ätiologie und Pathogenese ● MPA und GPA zeigen vergleichbare vaskulitische Organ-
● Der entzündlich-obstruierenden Gefäßprozess führt zu beteiligung:
○ Blutungen in das Gewebe (Hämoptoe, Hämaturie, ○ Bei beiden Krankheitsbildern wird die Entwicklung
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 295
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
6.8 Mikroskopische Polyangiitis
[5] Kimmel M, Kuhlmann U. Nierenbeteiligung bei Systemerkrankungen. ● Bedrohliche Nierenbeteiligung in Form einer nekroti-
In: Alscher M, Böhler J, Kuhlmann U et al., Hrsg. Nephrologie. 6., voll-
sierenden intra- und extrakapillär proliferativen GN
ständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Thieme;
2015: 136–235
findet sich bei Vaskulitiden der kleinen und mittelgro-
[6] Kimmel M, Kuhlmann U. Remissionsinduktion bei schwer verlaufen- ßen Gefäße.
der generalisierter Vaskulitis. In: Alscher M, Böhler J, Kuhlmann U et
al., Hrsg. Nephrologie. 6., vollständig überarbeitete und erweiterte
Auflage. Stuttgart: Thieme; 2015 6.8.6 Klassifikation
● Die Einteilung der Vaskulitiden erfolgt nach ätiologischen,
6.8 Mikroskopische Polyangiitis ●
morphologischen und immunologischen Kriterien.
Die Vaskulitiden wurden in den Chapel-Hill-Consensus-
Martin Kimmel Konferenzen weiter definiert nach
○ Größe der betroffenen Gefäße (▶ Abb. 6.20),
len Remission wird eine Erhaltungstherapie mit Azathio- gredienten GN (RPGN) mit einem dramatischen Ver-
prin über meist 12–24 Monate durchgeführt. lust der glomerulären Filtrationsrate einher,
○ typische Befunde sind eine Proteinurie und ein akti-
● Die mikroskopische Polyangiitis (MPA) ist eine ANCA- gen (Infiltrate, Hämoptoe), Nieren (nekrotisierende
assoziierte Vaskulitis (AAV). und proliferative GN), Haut (Purpura) und weiteren
● Nach der Chapell-Hill-Klassifikation ist sie definiert als Organen bestimmen das Krankheitsgeschehen.
○ nekrotisierende Vaskulitis der kleinen und mittelgro- ○ Klassisch ist die Entwicklung eines pulmorenalen Syn-
ßen Gefäße mit vorwiegendem Befall der glomerulä- droms mit Hämoptoe und rasch progredienten GN.
ren und pulmonalen Kapillaren, ● Je nach Aktivität und Ausdehnung der Vaskulitis vari-
○ Fehlen granulomatöser entzündlicher Veränderun- iert das klinische Bild vom harmlosen Hautbefall bis hin
gen. zu lebensbedrohlichen Funktionsstörungen verschiede-
ner Organe (▶ Tab. 6.14).
● 2 Scores zur Erfassung der klinischen Aktivität der AAV
6.8.4 Epidemiologie und des Ausmaßes an nicht reversiblen Vaskulitis-Schä-
● Die MPA ist die zweithäufigte Kleingefäßvaskulitis. digungen (zu empfehlen sind Online-Versionen):
● In Europa liegt die jährlich Inzidenzrate im Bereich von ○ BVAS („Birmingham Vaskulitis Aktivitäts Score“): er-
Schädigungen.
6.8.5 Ätiologie und Pathogenese ● MPA und GPA zeigen vergleichbare vaskulitische Organ-
● Der entzündlich-obstruierenden Gefäßprozess führt zu beteiligung:
○ Blutungen in das Gewebe (Hämoptoe, Hämaturie, ○ Bei beiden Krankheitsbildern wird die Entwicklung
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 295
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
IV
296
Aorta Nierenarterie A. interlobularis
A. arcuata A. lobularis
Thieme; 2015)
Arteriole
Glomerulus
Kawasaki-
Riesenzellarteriitis* Takayasu-Arteriitis* Polyarteriitis nodosa* Erkrankung*
andere Ursachen für primäre und sekundäre IgA1-Immun- SLE oder rheumatoide kein Asthma, Granulome, Eosinophilie,
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Immunkomplexvaskulitis Kryoglobulinämie ablagerungen Arthritis keine Granulome aber kein Asthma Asthma und Granulome
Immunkomplex- eosinophile
Purpura Schoenlein- mikroskopische Granulomatose mit Granulomatose mit
vaskulitiden kryoglobulinämische Vaskulitis bei SLE oder
Henoch Polyangiitis* Polyangiitis Polyangiitis
unterschiedlicher Vaskulitis rheumatoider Arthritis
Genese
(IgA-Vaskulitis)* (MPA) (Wegener) (GPA)* (Churg-Strauss)
(EGPA)*
Abb. 6.20 Vaskulitiden. Einteilung der Vaskulitiden nach Größe des Gefäßbefalls unter Berücksichtigung der Chapel Hill Consensus
Kuhlmann U. Klassifikation der systemischen Vaskulitiden. In: Alscher M, Böhler J, Kuhlmann U et al., Hrsg. Nephrologie. 6. Auflage.
Conference und serologisch-immunologischer Messgrößen. Die primären Vaskulitiden sind mit (*) gekennzeichnet. (Quelle: Kimmel M,
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
6.8 Mikroskopische Polyangiitis
●
an Vaskulitis denken
Merke
H
Vaskulitisdiagnose sichern
Die renalen Symptome liefern die klassische Indikation
zur Nierenbiopsie, bei der sich häufig eine nekrotisieren- Labor-ANCA-Diagnostik: Nierenbiopsie:
de intra- und extrakapilläre GN mit halbmondförmigen •häufig anti-MPO- • Pauci-immune nekrotisierende
Kapselproliferaten ohne immunhistologisch nachweisba- AK positiv + intra- und extrakapillär
re Immunglobulinablagerungen (pauci-immune GN) bzw. pANCA positiv proliferative GN
zeigt.
differenzialdiagnostische Abgrenzung
der anderen Vaskulitiden
Antikörper), Labor
○ zur histologischen Sicherung der Diagnose durch
● ANCA-Sensitivität bei Mikroskopischer Polyangiitis:
Haut-/Organbiopsie (▶ Abb. 6.21). ○ Bei ca. 60 % der Patienten mit MPA finden sich MPO-
Antikörper (p-ANCA),
Anamnese ○ bei 10 % finden sich Pr3-Antikörper (c-ANCA),
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 297
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
Erkrankungen mit Befall der Glomerula
– Im Rahmen der Vaskulitisdiagnostik interessieren ● Diese Basistherapie wird ggf. ergänzt um:
die gegen Myeloperoxidase (MPO) gerichteten Anti- ○ i. v. Methylprednisolon-Boli
körper, die sich auch seltener bei GPA nachweisen ○ Stellenwert der Plasmapherese bei rasch progredien-
IV
Röntgen bzw. Schnittbildgebung
● Thorax mit der Frage nach Infiltraten oder Zeichen
einer Hämorrhagie
Merke ●
H
Die Bevorzugung von Cyclophosphamid-Boli im Vergleich
● Abdomen-Sonographie
zu einer oralen Cyclophosphamidtherapie beruht auf den
Ergebnissen der CYCLOPS-Studie. Bei geringerer Kumula-
Histologie, Zytologie und klinische tivdosis führt die i. v. CP-Bolustherapie im Vergleich zur
Pathologie oralen CP-Therapie zu:
● identischen Remissionsraten,
Hautbiopsie ● identischer Mortalität,
● Hautbiopsie bei Purpura mit der Frage nach vaskuliti- ● weniger infektiösen Komplikationen,
Nierenbiopsie
● CYCLOPS-Protokoll:
● bei Zeichen einer GN. Häufig nekrotisierende intra- und ○ Cyclophosphamid-Boli von i. v. 15 mg/kg KG (max.
extrakapilläre GN mit halbmondförmigen Kapselpro- 1,2 g) (alternativ auch p. o. 5 mg/kg KG über 3 Tage).
liferaten ohne immunhistologisch nachweisbare Im- ○ Die ersten 3 Gaben erfolgen in 2-wöchigem Abstand,
munglobulinablagerungen (pauci-immune-GN).
●
dann in 3-wöchigen Intervallen bis zur Remissionsin-
Merke
H duktion (BAVS-Score = 0).
○ Danach Fortsetzung über 3 weitere Monate (ins-
sierung verabreicht.
○ 3 Monate nach Eintreten einer Remission erfolgte
6.8.9 Differenzialdiagnosen eine Umstellung auf eine Erhaltungstherapie mit Aza-
● Abgrenzung der Vaskulitiden der kleinen Gefäße in thioprin und Prednison.
▶ Tab. 6.15. ● Unter kombinierter CP-Steroid-Behandlung erreichen
etwa 90 % der behandelten Patienten eine Remission,
die bei 70–80 % innerhalb der ersten 3 Therapiemonate
6.8.10 Therapie und bei 10–20 % nach 3–6 Monaten eintritt.
Therapeutisches Vorgehen
● Eine schwer verlaufende generalisierte Vaskulitis ist
prognostisch ungünstig und definiert durch:
Praxistipp ●
Z
Bei anhaltender Dialysepflichtigkeit ohne extrarenale
○ renale Beteiligung mit Niereninsuffizienz,
Manifestation schlägt die KDIGO-Leitlinie von 2012 vor,
○ vaskulitischen Befall eines oder mehrerer anderer Or-
Cyclophosphamid nach 3 Monaten abzusetzen.
gane,
○ Nachweis von ANCA.
298 Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
6.8 Mikroskopische Polyangiitis
Tab. 6.15 Differenzialdiagnose der Vaskulitiden der kleinen Gefäße (Quelle: Kimmel M, Kuhlmann U. Nierenbeteiligung bei systemischer
Vaskulitis. In: Alscher M, Böhler J, Kuhlmann U et al., Hrsg. Nephrologie. 6., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart:
Thieme; 2015.)
Parameter ANCA-assoziierte Vaskulitiden Immunkomplex-bedingte
Vaskulitiden
GPA MPA EGPA PSH KV
Klinische Besonderheiten
Vaskulitische Allgemeinsymptome + + + + +
Granulomatöse Entzündung im oberen Respirationstrakt + – + – –
Augensymptome (Skleritis, Episkleritis, Konjunktivitis) + (+) (+) – –
Rezidivierendes Asthma bronchiale – – + – –
Pulmorenales Syndrom bei schwerem Verlauf möglich + + (+) – (+)
Hautsymptome (Purpura, Nekrosen) + + + + +
Gastrointestinale Symptome (+) (+) (+) + (+)
Labordiagnostik
ANCA-Nachweis 80–90 % 70 % 40–60 % – –
Pr3-Antikörper ca. 75 % ca. 10 % ca. 10 % – –
MPO-Antikörper ca. 15 % ca. 60 % ca. 40 % – –
6
Eosinophilie – – + – –
Komplementverbrauch – – – – +
Histologie/Immunhistologie
Leukozytoklastische Vaskulitis + + + + +
Granulomatöse Entzündung + – + – –
Eosinophile granulomatöse Entzündung – – + – –
Histologie Nieren
Lichtmikroskopie Nekrotisierende intra-und extrakapilläre Mesangio- Membrano-
proliferative GN proliferative proliferative
GN GN
Immunhistologie Pauci-immune GN ohne Immunkomplex- IK-Ablage- IK-Ablage-
Ablagerungen rungen rungen
(IgA)
GPA: Granulomatose mit Polyangiitis (Wegener‘s), MPA: mikroskopische Polyangiitis, EGPA: Eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis
(Churg-Strauss), PSH: Purpura Schoenlein-Henoch (IgA-Vaskulitis), KV: kryoglobulinämische Vaskulitis, ANCA: antineutrophile
zytoplasmatische Antikörper, PR-3: Proteinase-3, MPO: Myeloperoxidase, IK: Immunkomplex
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 299
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
Erkrankungen mit Befall der Glomerula
IV
refraktär Wechsel auf CP bzw. RTX
Pneumocystis-jirovecii-Prophylaxe
mit Co-Trimoxazol bei CP und RTX
Abb. 6.22 Mikroskopische Polyangiitis. Therapie der MPA mit Organbeteiligung und schlechten Prognosekriterien. (?) signalisieren das
Fehlen prospektiver Studien. Dosisangaben der aufgeführten Medikamente ▶ Tab. 6.16. Vorgehen bei häufigen Rezidiven und
Therapieresistenz s. Text. (CP: Cyclophosphamid, RTX: Rituximab, GnRH-Agonist: Gonadotropin-„Releasing“-Hormon-Agonist). (Quelle:
Kimmel M, Kuhlmann U. Remissionsinduktion bei schwer verlaufender generalisierter Vaskulitis. In: Alscher M, Böhler J, Kuhlmann U et
al., Hrsg. Nephrologie. 6., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Thieme; 2015)
300 Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
6.8 Mikroskopische Polyangiitis
Beendigung der immunsuppressiven Therapie in Ab- Einmaldosis oder 0,5 g/kg KG/Tag über 4 Tage. (Diese
hängigkeit von den zur Remissionsinduktion verwen- Therapie ist effektiv und hat ein gutes Nebenwirkungs-
deten Medikamenten und der Therapiedauer auf. profil - der Effekt hält aber meist nicht über 3 Monate
● Speziell hohe Rezidivraten finden sich bei an, sodass eine Wiederholung notwendig wird),
○ persistierend nachweisbaren ANCA-Titern, insbeson- ○ Mycophenolat Mofetil (2 g täglich)
Tab. 6.17 Kriterien zur Beurteilung des Therapieerfolgs bei ANCA-assoziierter Vaskulitis mit Glomerulonephritis. (Quelle: Kimmel M, Kuhl-
mann U. Nierenbeteiligung bei systemischer Vaskulitis. In: Alscher M, Böhler J, Kuhlmann U et al., Hrsg. Nephrologie. 6., vollständig über-
arbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Thieme; 2015.)
Parameter Beschreibung/Definition
Remission ● Stabilisierung oder Besserung der Nierenfunktion (Serumkreatinin), der Hämaturie und der extrarenalen
Manifestationen der systemischen Vaskulitis; eine persistierende Proteinurie wird nicht als Zeichen von
Krankheitsaktivität gewertet
Therapieresistenz ● Zunehmende Nierenfunktionsverschlechterung und ausbleibende Rückbildung eines hoch aktiven
Urinsediments
● Weiterbestehen oder Neuauftreten von extrarenalen Manifestationen der Vaskulitis unter immun-
suppressiver Therapie
Rezidiv: Auftreten eines ● Anstieg des Serumkreatininwertes bei aktivem Urinsediment
der genannten Symptome ● Nekrose und extrakapilläre Proliferation in der Nierenbiopsie
● Hämoptoe oder Zunahme der pulmonalen Befunde (nach Ausschluss einer Infektion)
● aktive Vaskulitis des Respirations- und Gastrointenstinaltraktes, nachgewiesen durch Endoskopie/
Bronchoskopie und Biopsie
● Iritis oder Uveitis
● Neu auftretende Mononeuritis multiplex
● Nekrotisierende Vaskulitis in Gewebebiopsien
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 301
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
Erkrankungen mit Befall der Glomerula
6.9.1 Steckbrief
Dauer der RET
Die Eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA)
● Daten zur optimalen Dauer der RET liegen nicht vor.
(ehemals Churg-Strauss) ist eine ANCA-assoziierte Klein-
● Angestrebt wird eine Therapiedauer von 12–24 Mona-
gefäßvaskulitis. Sie führt an den Nieren zu einer intra-
ten, wobei häufig die Steroidgabe bei geringer Krank-
und extrakapillär proliferierenden Vaskulitis, die unter
heitsaktivität vorzeitig beendet werden kann.
dem klinischen Bild einer rapid progressiven Glomerulo-
IV ● Bei Patienten mit hohem Rezidivrisiko empfiehlt sich
nephritis mit einem dramatischen Verlust der GFR ein-
eine länger dauernde Behandlung mit Azathioprin.
hergehen kann. Die EGPA lässt sich klinisch und laborche-
misch recht gut von der Granulomatose mit Polyangiitis/
6.8.11 Nachsorge Mikroskopischen Polyangiitis abgrenzen. Die Therapie
besteht aus einer Induktionstherapie mit Cyclophospha-
Kontrollen: mid. Nach Erreichen einer stabilen Remission wird eine
● der Nierenfunktion
Erhaltungstherapie mit Azathioprin über mindestens 12–
● des Urin (Sediment, Porteinurie)
24 Monate durchgeführt.
● körperliche Untersuchung
6.9.2 Synonyme
6.8.12 Verlauf und Prognose
● Eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (ehemals
● Unbehandelt ist die Prognose der MPA schlecht. Churg-Strauss)
● Bereits die Einführung der kombinierten oralen Steroid- ● EGPA
Cyclophosphamid-(CP-)Behandlung am National Insti- ● Churg-Strauss-Syndrom
tute of Health (NIH) hat die Prognose der betroffenen
Patienten erheblich verbessert.
6.9.3 Definition
6.8.13 Literatur ● Die Eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA)
ist eine ANCA-assoziierte Vaskulitis (AAV).
[1] Jennette JC, Falk RJ, Bacon PA et al. 2012 revised International Chapel
Hill Consensus Conference Nomenclature of Vasculitides. Arthritis
● Nach der Chapell-Hill-Klassifikation ist sie definiert als
Rheum 2013; 65(1): 1–11 nekrotisierende Vaskulitis der kleinen und mittelgro-
[2] Alscher M, Böhler J, Kuhlmann U et al., Hrsg. Nephrologie. 6., voll- ßen Gefäße mit vorwiegendem Befall der glomerulären
ständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Thieme; und pulmonalen Kapillaren.
2015. doi:10.1055/b-003-124668
● Charakterisiert durch:
○ das Auftreten rezidivierender Asthmaanfälle und/
Weiterführende Literatur
[3] Kidney Disease: Improving Global Outcomes (KDIGO) Glomerulo- oder einer Rhinitis (Prodromalphase),
nephritis Work Group. KDIGO Clinical Practice Guideline for Glome- ○ eine intermittierend oder dauernd nachweisbare Eo-
rulonephritis. Kidney Int 2012; 2 : 139–274 sinophilie > 1500/mm3 (eosinophile Phase),
[4] Kimmel M, Kuhlmann U. Nierenbeteiligung bei Systemerkrankungen. ○ granulomatöse Entzündungsvorgänge im oberen Re-
In: Alscher M, Böhler J, Kuhlmann U et al., Hrsg. Nephrologie. 6., voll-
spirationstrakt ähnlich wie bei GPA,
ständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Thieme;
○ eine nekrotisierende Vaskulitis mit einem der GPA
2015
[5] Kimmel M, Kuhlmann U. Remissionsinduktion bei schwer verlaufen- ähnlichen Organbefall (vaskulitische Phase).
der generalisierter Vaskulitis. In: Alscher M, Böhler J, Kuhlmann U et
al., Hrsg. Nephrologie. 6., vollständig überarbeitete und erweiterte
Auflage. Stuttgart: Thieme; 2015 6.9.4 Epidemiologie
Die genaue Epidemiologie ist letztlich unklar – aus Asien
liegen Schätzungen mit einer Prävalenz von 17,8/
1000000 vor. Der EGPA-Anteil an den Vaskulitiden be-
trägt ca. 10 %. Das durchschnittliche Alter bei Diagnosstel-
lung beträgt 40 Jahre.
302 Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
Erkrankungen mit Befall der Glomerula
6.9.1 Steckbrief
Dauer der RET
Die Eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA)
● Daten zur optimalen Dauer der RET liegen nicht vor.
(ehemals Churg-Strauss) ist eine ANCA-assoziierte Klein-
● Angestrebt wird eine Therapiedauer von 12–24 Mona-
gefäßvaskulitis. Sie führt an den Nieren zu einer intra-
ten, wobei häufig die Steroidgabe bei geringer Krank-
und extrakapillär proliferierenden Vaskulitis, die unter
heitsaktivität vorzeitig beendet werden kann.
dem klinischen Bild einer rapid progressiven Glomerulo-
IV ● Bei Patienten mit hohem Rezidivrisiko empfiehlt sich
nephritis mit einem dramatischen Verlust der GFR ein-
eine länger dauernde Behandlung mit Azathioprin.
hergehen kann. Die EGPA lässt sich klinisch und laborche-
misch recht gut von der Granulomatose mit Polyangiitis/
6.8.11 Nachsorge Mikroskopischen Polyangiitis abgrenzen. Die Therapie
besteht aus einer Induktionstherapie mit Cyclophospha-
Kontrollen: mid. Nach Erreichen einer stabilen Remission wird eine
● der Nierenfunktion
Erhaltungstherapie mit Azathioprin über mindestens 12–
● des Urin (Sediment, Porteinurie)
24 Monate durchgeführt.
● körperliche Untersuchung
6.9.2 Synonyme
6.8.12 Verlauf und Prognose
● Eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (ehemals
● Unbehandelt ist die Prognose der MPA schlecht. Churg-Strauss)
● Bereits die Einführung der kombinierten oralen Steroid- ● EGPA
Cyclophosphamid-(CP-)Behandlung am National Insti- ● Churg-Strauss-Syndrom
tute of Health (NIH) hat die Prognose der betroffenen
Patienten erheblich verbessert.
6.9.3 Definition
6.8.13 Literatur ● Die Eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA)
ist eine ANCA-assoziierte Vaskulitis (AAV).
[1] Jennette JC, Falk RJ, Bacon PA et al. 2012 revised International Chapel
Hill Consensus Conference Nomenclature of Vasculitides. Arthritis
● Nach der Chapell-Hill-Klassifikation ist sie definiert als
Rheum 2013; 65(1): 1–11 nekrotisierende Vaskulitis der kleinen und mittelgro-
[2] Alscher M, Böhler J, Kuhlmann U et al., Hrsg. Nephrologie. 6., voll- ßen Gefäße mit vorwiegendem Befall der glomerulären
ständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Thieme; und pulmonalen Kapillaren.
2015. doi:10.1055/b-003-124668
● Charakterisiert durch:
○ das Auftreten rezidivierender Asthmaanfälle und/
Weiterführende Literatur
[3] Kidney Disease: Improving Global Outcomes (KDIGO) Glomerulo- oder einer Rhinitis (Prodromalphase),
nephritis Work Group. KDIGO Clinical Practice Guideline for Glome- ○ eine intermittierend oder dauernd nachweisbare Eo-
rulonephritis. Kidney Int 2012; 2 : 139–274 sinophilie > 1500/mm3 (eosinophile Phase),
[4] Kimmel M, Kuhlmann U. Nierenbeteiligung bei Systemerkrankungen. ○ granulomatöse Entzündungsvorgänge im oberen Re-
In: Alscher M, Böhler J, Kuhlmann U et al., Hrsg. Nephrologie. 6., voll-
spirationstrakt ähnlich wie bei GPA,
ständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Thieme;
○ eine nekrotisierende Vaskulitis mit einem der GPA
2015
[5] Kimmel M, Kuhlmann U. Remissionsinduktion bei schwer verlaufen- ähnlichen Organbefall (vaskulitische Phase).
der generalisierter Vaskulitis. In: Alscher M, Böhler J, Kuhlmann U et
al., Hrsg. Nephrologie. 6., vollständig überarbeitete und erweiterte
Auflage. Stuttgart: Thieme; 2015 6.9.4 Epidemiologie
Die genaue Epidemiologie ist letztlich unklar – aus Asien
liegen Schätzungen mit einer Prävalenz von 17,8/
1000000 vor. Der EGPA-Anteil an den Vaskulitiden be-
trägt ca. 10 %. Das durchschnittliche Alter bei Diagnosstel-
lung beträgt 40 Jahre.
302 Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
6.9 Eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis
Entzündung,
○ klinischen Besonderheiten (z. B. bevorzugter Organ- ● Das gleichzeitige oder zeitlich versetzte Auftreten einer 6
befall), RPGN mit Lungenblutungen wird als pulmorenales Syn-
○ Vorhandensein von ANCA‘s.
drom bezeichnet. Dieses schwer verlaufende Krank-
heitsbild wird zu ca. 50 % durch ANCA-assoziierte Klein-
gefäßvaskulitis verursacht.
6.9.7 Klinik ● ANCA-assoziierte Symptome:
● Vaskulitiden der kleinen Gefäße führten zu schwer ver- ○ ANCA-positive Patienten entwickeln gehäuft eine GN
laufender nekrotisierender intra- und extrakapillär und periphere Neuropathie,
proliferativer GN, die unter dem klinischen Bild einer ○ ANCA-negative Patienten zeigen häufiger einen fie-
rasch progredienten GN (RPGN) mit einem dramati- berhaften Krankheitsverlauf mit Herzbeteiligung.
schen Verlust der glomerulären Filtrationsrate einher- ● Granulomatöse destruierende entzündliche Organschä-
gehen kann. den, die sich bevorzugt im oberen Respirationstrakt
● Dies ist zu erkennen am Auftreten entwickeln (blutiger Schnupfen, rezidivierende Sinusi-
○ einer Proteinurie und tis, Otitis).
○ eines aktiven Sediments mit dysmorphen Erythrozy- ● Bei Auftreten einer vaskulitischen Generalisationspha-
ten und Erythrozytenzylindern. se ändert sich das Krankheitsbild: Das Krankheitsbild
● Je nach Aktivität und Ausdehnung der Vaskulitis vari- bestimmen dann:
iert das klinische Bild vom harmlosen Hautbefall bis hin ○ schwere Allgemeinsymptome wie Fieber, Gewichts-
zu lebensbedrohlichen Funktionsstörungen verschiede- verlust, Arthralgien und Myalgien und
ner Organe (▶ Tab. 6.18). ○ Zeichen der vaskulitischen Organbeteiligung an Lun-
● Die EGPA ist charakterisiert durch: gen (Infiltrate, Hämoptoe), Nieren (nekrotisierende
○ das Auftreten rezidivierender Asthmaanfälle und/ und proliferative GN), Haut (Purpura) und weiteren
oder einer Rhinitis (Prodromalphase), Organen.
○ eine intermittierend oder dauernd nachweisbare Eo- ● Klassisch ist die Entwicklung eines pulmorenalen Syn-
sinophilie > 1500/mm3 (eosinophile Phase), droms mit Hämoptoe und rasch progredienten GN.
○ granulomatöse Entzündungsvorgänge im oberen Re- ● 2 Scores zur Erfassung der klinischen Aktivität der AAV
spirationstrakt ähnlich wie bei WG, und des Ausmaßes an nicht reversiblen Vaskulitis-Schä-
○ eine nekrotisierende Vaskulitis mit einem der GPA digungen (zu empfehlen sind Online-Versionen):
ähnlichen Organbefall (vaskulitische Phase). ○ BVAS („Birmingham Vaskulitis Aktivitäts Score“): er-
● Diagnosekriterien. fasst die aktive Erkrankung und
○ Das American College of Rheumatology (ACR) nennt 6 ○ VDI („Vaskulitis Damage Index“): erfasst irreversible
Symptome und Befunde. Schädigungen.
○ Das Vorliegen von 4 Kriterien ermöglicht die Diagnose
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 303
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
IV
304
Aorta Nierenarterie A. interlobularis
A. arcuata A. lobularis
Thieme; 2015.)
Arteriole
Glomerulus
Kawasaki-
Riesenzellarteriitis* Takayasu-Arteriitis* Polyarteriitis nodosa* Erkrankung*
andere Ursachen für primäre und sekundäre IgA1-Immun- SLE oder rheumatoide kein Asthma, Granulome, Eosinophilie,
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Immunkomplexvaskulitis Kryoglobulinämie ablagerungen Arthritis keine Granulome aber kein Asthma Asthma und Granulome
Immunkomplex- eosinophile
Purpura Schoenlein- mikroskopische Granulomatose mit Granulomatose mit
vaskulitiden kryoglobulinämische Vaskulitis bei SLE oder
Henoch Polyangiitis* Polyangiitis Polyangiitis
unterschiedlicher Vaskulitis rheumatoider Arthritis
Genese
(IgA-Vaskulitis)* (MPA) (Wegener) (GPA)* (Churg-Strauss)
(EGPA)*
Kuhlmann U. Klassifikation der systemischen Vaskulitiden. In: Alscher M, Böhler J, Kuhlmann U et al., Hrsg. Nephrologie. 6. Auflage.
Abb. 6.23 Vaskulitiden. Einteilung der Vaskulitiden nach Größe des Gefäßbefalls unter Berücksichtigung der Chapel-Hill-Consensus-
Conference und serologisch-immunologischer Messgrößen. Die primären Vaskulitiden sind mit (*) gekennzeichnet. (Quelle: Kimmel M,
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
6.9 Eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis
Tab. 6.18 Klinische Besonderheiten der Eosinophilen Granulomatose mit Polyangiitis (Churg-Strauss). (Quelle: Alscher M, Böhler J, Kuhl-
mann U et al., Hrsg. Nephrologie. 6. Auflage. Stuttgart: Thieme; 2015.)
Eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (Churg-Strauss)
Klassische Histologie (Haut, Nase, Nasen- Eosinophile Vaskulitis und Granulome mit eosinophiler Nekrose
nebenhöhlen, Lungen)
Histologie Nieren Segmentale nekrotisierende proliferative GN
Organbefall von Ohren, Nase, Trachea Allergische Rhinitis
Bildung von Polypen
Seröse Otitis/granulomatöse Mittelohrinfiltration mit Hörverlust/-verschlechterung
Haut Palpable Purpura
Augen Selten Skleritis, Episkleritis, Uveitis
Lungen Rezidivierendes Asthma bronchiale
Wechselnde Infiltrate
Alveoläre Blutungen mit Hämoptoe
Nieren s. oben
Herz Herzinsuffizienz, Perikarditis, Rhythmusstörungen
Periphere Nerven Asymmetrische Polyneuropathie
Gastrointestinaltrakt Kolitis/Darmischämie
Gastrointestinale Blutungen
6
Vaskulitisdiagnose sichern
Labor: Nierenbiopsie:
• ANCA-Diagnostik (gel. • Pauci-immune nekrotisierende intra- und
anti-MPO-AK pos. bzw. pANCA pos.) + extrakapillär proliferative GN
• häufig Eosinophilie + IgE-Erhöhung • ggf. Nachweis granulomatöser Entzündung
Haut-/Organbiopsie. Labor
● Nachweis antineutrophiler zytoplasmatischer Antikör-
Anamnese per (ANCA) bei klinischem Verdacht einer eosinophilen
Granulomatose mit Polyangiitis.
● Asthmaanamnese?
● gründliche komplette Anamnese
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 305
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
Erkrankungen mit Befall der Glomerula
Tab. 6.20 Differenzialdiagnose der Vaskulitiden der kleinen Gefäße. (Quelle: Kimmel M, Kuhlmann U. Nierenbeteiligung bei systemischer
Vaskulitis. In: Alscher M, Böhler J, Kuhlmann U et al., Hrsg. Nephrologie. 6., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart:
Thieme; 2015.)
Parameter ANCA-assoziierte Vaskulitiden Immunkomplex-bedingte Vaskulitiden
GPA MPA EGPA PSH KV
Klinische Besonderheiten
Vaskulitische Allgemeinsymptome + + + + +
Granulomatöse Entzündung im oberen Respirationstrakt + – + – –
Augensymptome (Skleritis, Episkleritis, Konjunktivitis) + (+) (+) – –
Rezidivierendes Asthma bronchiale – – + – –
Pulmorenales Syndrom bei schwerem Verlauf möglich + + (+) – (+)
Hautsymptome (Purpura, Nekrosen) + + + + +
Gastrointestinale Symptome (+) (+) (+) + (+)
Labordiagnostik
ANCA-Nachweis 80–90 % 70 % 40–60 % – –
Pr3-Antikörper ca. 75 % ca. 10 % ca. 10 % – –
MPO-Antikörper ca. 15 % ca. 60 % ca. 40 % – –
Eosinophilie – – + – –
Komplementverbrauch – – – – +
Histologie/Immunhistologie
Leukozytoklastische Vaskulitis + + + + +
Granulomatöse Entzündung + – + – –
Eosinophile granulomatöse Entzündung – – + – –
Histologie Nieren
Lichtmikroskopie Nekrotisierende intra-und extraka- Mesangioprolife- Membranoprolife-
pilläre proliferative GN rative GN rative GN
Immunhistologie Pauci-immune GN ohne Immun- IK-Ablagerungen IK-Ablagerungen
komplex-Ablagerungen (IgA)
GPA: Granulomatose mit Polyangiitis (Wegener‘s), MPA: mikroskopische Polyangiitis, EGPA: Eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis
(Churg-Strauss), PSH: Purpura Schoenlein-Henoch (IgA-Vaskulitis), KV: kryoglobulinämische Vaskulitis, ANCA: antineutrophile
zytoplasmatische Antikörper, PR-3: Proteinase-3, MPO: Myeloperoxidase, IK: Immunkomplex
306 Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
6.9 Eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis
Pneumocystis-jirovecii-Prophylaxe
mit Co-Trimoxazol bei CP
6
Abb. 6.25 EGPA. Therapeutisches Vorgehen bei EGPA mit Organbeteiligung und schlechten Prognosekriterien. (?) signalisieren das
Fehlen prospektiver Studien (CP: Cyclophosphamid, GnRH-Agonist: Gonadotropin-„Releasing“-Hormon-Agonist). (Verändert nach
Quelle: Kimmel M, Kuhlmann U. Remissionsinduktion bei schwer verlaufender generalisierter Vaskulitis. In: Alscher M, Böhler J,
Kuhlmann U et al., Hrsg. Nephrologie. 6., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Thieme; 2015)
sierung verabreicht.
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 307
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
Erkrankungen mit Befall der Glomerula
Tab. 6.21 Anpassung der i. v. CP-Bolus-Therapie bei höherem Al- ● Rezidive treten überwiegend innerhalb eines Jahres
ter oder eingeschränkter Nierenfunktion (Quelle: Kimmel M, nach Beendigung der immunsuppressiven Therapie in
Kuhlmann U. Nierenbeteiligung bei systemischer Vaskulitis. In: Al- Abhängigkeit von den zur Remissionsinduktion ver-
scher M, Böhler J, Kuhlmann U et al., Hrsg. Nephrologie. 6., voll- wendeten Medikamenten und der Therapiedauer auf.
ständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Thieme;
2015.).
Alter Anpassung der CP-Dosis Anpassung der CP-Dosis Erhaltungstherapie
(Jahre) (pro Bolus in mg/kg KG): (pro Bolus in mg/kg KG): ● Nach Erreichen einer stabilen Remission erfolgen die
Kreatinin < 300 µmol/l Kreatinin 300–500 µmol/l
Beendigung der Remissionsinduktionstherapie und die
(< 3,4 mg/dl) (3,4–5,7 mg/dl)
Einleitung einer Remissions-Erhaltungstherapie (RET).
< 60 15 12,5 ● Ziel dieser Behandlung ist die Vermeidung von Krank-
60–70 12,5 10 heitsrezidiven mit Medikamenten geringerer Toxizität.
> 70 10 7,5
IV
Azathioprin
○ 3 Monate nach Eintreten einer Remission (BVAS-
Score = 0) erfolgte eine Umstellung auf eine Erhal-
tungstherapie mit Azathioprin und Prednison.
Merke ●
H
●
Z
Nach einer Remissionsinduktionstherapie mit CP ist Aza-
thioprin (AZA) (Dosis von 2 mg/kg KG/Tag) kombiniert
Praxistipp mit niedrig dosierten Steroiden der Standard in der RET
der EGPA.
Bei anhaltender Dialysepflichtigkeit ohne extrarenale
Manifestation schlägt die KDIGO-Leitlinie von 2012 vor
Cyclophosphamid nach 3 Monaten abzusetzen.
Dauer der RET
● Daten zur optimalen Dauer der RET liegen nicht vor.
Ausweitung der Basistherapie bei lebens- ● Angestrebt wird eine Therapiedauer von mindestens
bedrohlicher vaskulitischer Organbeteiligung 12–18 Monaten, wobei häufig die Steroidgabe bei ge-
ringer Krankheitsaktivität vorzeitig beendet werden
● Bei lebensbedrohlicher vaskulitischer Organbeteiligung
kann.
wie Auftreten eines dialysepflichtigen akuten Nieren- ● Bei Patienten mit hohem Rezidivrisiko empfiehlt sich
versagens oder pulmonalen Blutungen empfiehlt sich
eine länger dauernde Behandlung mit Azathioprin.
eine Intensivierung der Remissionsinduktion:
○ Bewährt hat sich die Gabe von i. v. Methylpredni-
308 Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
6.10 Glomeruläre Beteiligung
T-Zellen
Zytokine
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 309
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
6.10 Glomeruläre Beteiligung
T-Zellen
Zytokine
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 309
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
Erkrankungen mit Befall der Glomerula
●
– neurologische Beteiligung,
– hämolytische Anämie,
– Leukopenie oder Lymphopenie, Cave
G
– Thrombopenie.
○ 6 immunologische: Treten die o. g. angegebenen Zeichen der Nierenmit-
– ANA, beteiligung der SLE auf, ist eine Nierenbiopsie zur Siche-
– anti-ds-DNA-Ak, rung der Diagnose und histologischen Klassifikation der
– anti-Sm-Ak, Lupusnephritis indiziert, da laborchemische und serologi-
– anti-Phospholipid-Ak, sche Messgrößen (Kreatininwert, GFR, ANA-Titer und
– Komplementfaktoren, Komplementfaktoren) und auch die Urindiagnostik nur
– direkter Coombs-Test. begrenzt Rückschlüsse auf die zugrunde liegende His-
●
tologie erlauben.
Merke
H
Es gibt mehrere Klassifikationssysteme für den SLE. Kli-
nisch breit etabliert sind die ACR-Kriterien. Die neueren
SLICC-Kriterien erlauben die Diagnose eines SLE bei allei-
nigem Vorliegen einer bioptisch gesicherten Lupus-
Nephritis.
310 Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
6.10 Glomeruläre Beteiligung
Tab. 6.22 Morphologische Klassifikation der Lupusnephritis nach der International Society of Nephrology (ISN) von 2003 und mögliche
klinische Manifestationen [7], [8].
ISN-Klasse Glomeruläre Läsionen Mögliche klinische Manifestationen
I Minimale mesangiale Lupusnephritis Mikrohämaturie ± Proteinurie
- Normale Lichtmikroskopie
- Immunhistologie: mesangiale Immunkomplexablagerungen
II Mesangial proliferative Glomerulonephritis Mikrohämaturie ± Proteinurie
- Lichtmikroskopisch mesangiale Hyperzellularität
- Immunhistologie/Elektronenmikroskopie: mesangiale und ggf. geringe
subepitheliale oder subendotheliale Immunkomplexablagerungen
III Fokal proliferative Lupusnephritis Nephritisches Sediment
- Befall < 50 % der Glomeruli Variable Proteinurie
- Fokal segmentale Glomerulonephritis GFR-Verminderung möglich
- Subendotheliale Immunkomplexablagerungen
- Subgruppen (A, A/C und C)*
IV Diffus proliferative Lupusnephritis Nephritisches Sediment
- Proliferative Veränderungen > 50 % der Glomeruli Variable Proteinurie
- Subklassen (A, A/C und C)* GFR-Verminderung möglich
- Segmental oder global
V Membranöse Lupusnephritis Asymptomatische Proteinurie
- Subepitheliale Immunkomplexablagerungen Nephrotisches Syndrom 6
- Kann in Kombination mit ISN-Klasse III oder IV auftreten GFR-Verminderung im Langzeitverlauf
VI Fortgeschrittene sklerosierende Lupusnephritis GFR-Verminderung
- Globale Sklerose = 90 % der Glomeruli
* A = aktive Läsionen
C = chronisch inaktive Läsionen mit glomerulärer Sklerose
A/C = aktive und chronische Läsionen
klinisches und eine immunologisches Kriterium vor- Abb. 6.27 Systemischer Lupus erythematodes. Diagnostisches
liegen muss oder Vorgehen.
○ wenn eine biotische gesicherte Lupusnephritis vor-
Anamnese
Lupusnephritis
● gründliche komplette Anamnese
● Die histologische Untersuchung des Nierengewebes ● gezielte Erhebung der ACR und SLICC-Kriterien (siehe
dient
Kap. 6.10.7)
○ der Bestätigung einer renalen Beteiligung bei SLE,
(▶ Tab. 6.22),
○ der Erfassung von Aktivitäts- und Chronizitätsindex,
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 311
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
Erkrankungen mit Befall der Glomerula
der typischen Manifestationen (siehe Kap. 6.10.7) ● Treten die o. g. angegebenen Zeichen der Nierenmit-
○ chronische Hautbeteiligung, beteiligung der SLE auf, ist eine Nierenbiopsie zur Si-
○ Haarausfall, cherung der Diagnose und histologischen Klassifikation
○ orale oder nasale Ulzera, der Lupusnephritis indiziert.
● Untersuchung der Gelenke:
○ Gelenkbeteiligung,
6.10.10 Differenzialdiagnosen
○ Serositis.
●
H
● Immunologische Hinweise auf einen SLE sind:
○ hämatologische Veränderungen (hämolytische Anä-
ISN-Klassifikation
(Tab. 6.28)
Therapie
312 Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
6.10 Glomeruläre Beteiligung
Allgemeintherapie Remissionsinduktion
● Optimale Blutdruckeinstellung (RR < 130/80 mmHg) un- ● Zur Remissionsinduktion kommen in Kombination mit
ter Einbeziehung von ACE-Hemmern/AT-II1-Rezeptor- Steroiden alternativ zur Anwendung
blockern. ○ Cyclophosphamid (CP) in verschiedenen Dosierungen
● Alle SLE-Patienten sollten bei fehlenden Kontraindika- („high-dose“ und „low-dose“ und Verabreichungsfor-
tionen Hydroxychloroquin (1- bis 2-mal 200 mg/Tag) men (oral/i. v.-Boli) oder
erhalten, denn hinsichtlich einer Lupus-Nephritis wird ○ Mycophenolat Mofetil (MMF).
eine Reduktion der renalen Schübe und damit eine ● Dauer der Remissionsinduktionstherapie:
Prognoseverbesserung erreicht. ○ Die Remissionsinduktionstherapie wird insbesondere
● Meidung von nephrotoxischen Medikamenten (z. B. durch die Verwendung von Cyclophosphamid/Steroi-
Kontrastmittel), den wegen der erheblichen Nebenwirkungen zeitlich
● Nikotinabstinenz, begrenzt bis zum Eintreten einer partiellen oder kom-
● Kontrolle der kardiovaskulären Risikofaktoren, pletten Remission.
● Impfprophylaxe (Cave: keine Lebendimpfstoffe unter ○ Diese tritt üblicherweise nach 2–6 Monaten ein und
●
A oder A/C) und
○ der fokal proliferativen Lupusnephritis (ISN-Klasse III
●
lonephritis (ISN-Klasse VI) ist eine immunsuppressive
Therapie wegen der ungünstigen Nutzen-Risiko-Rela-
tion nicht indiziert. Merke
H
In der Erhaltungstherpapie werden bei der Lupusnephritis
Therapie der diffus proliferativen AZA und MMF empfohlen. Laut Studienlage ist MMF dem
(ISN-Klasse IV) und fokal proliferativen AZA sogar etwas überlegen – MMF ist in Deutschland bei
dieser Indikation allerdings eine „off-label“-Therapie.
Lupusnephritis (ISN-Klasse III) mit
schlechten Prognosekriterien
● Folgende therapeutische Maßnahmen werden einge-
setzt (▶ Abb. 6.29):
○ Remissionsinduktion,
○ remissionserhaltende Therapie,
○ Basis-/Begleittherapien.
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 313
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
Erkrankungen mit Befall der Glomerula
Remissions-
induktion
bei Therapieresistenz
– Wechsel der Therapie von CP → MMF
bzw. von MMF → CP
– zusätzlich Rituximab (?)
– zusätzlich i. v. Immunglobuline (?)
– ggf. bei MMF-Resistenz → MMF + Tacrolimus
Remissions-
erhalt
Begleit-
therapien
Antikoagulation
renoprotektive Therapie Vermeidung von CP/ bei Nachweis von Anti-
Behandlung
– ACE-Hemmer/AT-II1- Steroid-Nebenwirkungen: phospholipid-Antikörpern
kardio- Impf-
Rezeptorblocker – Osteoporoseprophylaxe und thromboembolischen
vaskulärer prophylaxe
– optimale Blutdruck- – GnRH-Agonisten bei Ereignissen oder
Risikofaktoren
einstellung jungen Frauen nephrotischem Syndrom
– Nikotinverzicht mit deutlich erniedrigtem
Serum-Albumin
Abb. 6.29 Systemische Lupusnephritis. Therapie der proliferativen Lupusnephritiden (ISN-Klasse III und IV). CP-Boli als remissionser-
haltende Therapie wurden wegen der erheblichen Nebenwirkungen steigender kumulativer CP-Dosen nicht in die Abbildung
aufgenommen (AZA: Azathioprin, CP: Cyclophosphamid, CS: Cyclosporin, ELNT: Euro Lupus Nephritis Trial, MMF: Mycophenolat-Mofetil,
MP: Methylprednisolon, KO: Körperoberfläche, NIH: National Institute of Health, (?): unsichere Datenlage. (Verändert nach Quelle:
Kimmel M, Kuhlmann U. Therapie der diffus proliferativen (ISN-Klasse IV) und fokal proliferativen Lupusnephritis (ISN-Klasse III) mit
schlechten Prognosekriterien. In: Alscher M, Böhler J, Kuhlmann U et al., Hrsg. Nephrologie. 6., vollständig überarbeitete und erweiterte
Auflage. Thieme; 2015)
314 Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
6.10 Glomeruläre Beteiligung
membranöse Lupusnephritis
Basistherapie mit
Hydroxychloroquin
zusätzlich endokapilläre
ja s. systemische Lupusnephritis
proliferative Veränderungen
nein
– nephrotisches Syndrom
– Kreatininerhöhung
nein ja
6
konservative Therapie mit
ACE-Hemmern/AT-II- Cyclosporin oder CP-Boli
Rezeptorblockern + +
ggf. Diuretika Steroide Steroide
Abb. 6.30 Lupusnephritis. Therapie der membranösen Lupusnephritis (ISN-Klasse V). (Quelle: Kimmel M, Kuhlmann U. Therapie der
rein membranösen Lupusnephritis (ISN/RPN-Klasse V). In: Alscher M, Böhler J, Kuhlmann U et al., Hrsg. Nephrologie. 6., vollständig
überarbeitete und erweiterte Auflage. Thieme; 2015)
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 315
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
Erkrankungen mit Befall der Glomerula
und gen,
○ histologisch durch eine extrakapilläre Proliferation ○ RPGN ohne immunhistologische glomeruläre Befunde
6.11.4 Epidemiologie
Die Epidemiologie des Syndroms der RPGN kann nicht
angegeben werden, da es stark von der zugrundeliegen-
den Erkrankung abhängt.
316 Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
Erkrankungen mit Befall der Glomerula
und gen,
○ histologisch durch eine extrakapilläre Proliferation ○ RPGN ohne immunhistologische glomeruläre Befunde
6.11.4 Epidemiologie
Die Epidemiologie des Syndroms der RPGN kann nicht
angegeben werden, da es stark von der zugrundeliegen-
den Erkrankung abhängt.
316 Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
6.11 Rasch progrediente Glomerulonephritis
Tab. 6.23 Immunpathogenetische Klassifikation der rasch progredienten Glomerulonephritis [3]: Typen der RPGN.
Typ Weitere Unterteilung
RPGN durch anti Glomeruläre-Basalmembran-Antikörper Mit Lungenblutungen (Goodpasture-Syndrom)
(anti-GBM-AK) mit glomerulär linearen IgG-Ablagerun- Ohne Lungenblutungen
gen
RPGN mit immunhistologischem Nachweis von Immun- Infektiöse und postinfektiöse Glomerulonephritiden:
komplexen - Poststreptokokken-Glomerulonephritis
- GN bei Endokarditis und Weichteilabszessen
- Shuntnephritis
Autoimmunerkrankungen:
- Lupusnephritis
- gemischte essenzielle Kryoglobulinämie
- Purpura Schoenlein-Henoch
Primäre Glomerulonephritiden:
- IgA-Nephropathie
- membranoproliferative Glomerulonephritis
- „idiopathische“ RPGN
RPGN ohne immunhistologische glomeruläre Befunde ANCA-assoziierte systemische Vaskulitiden
(pauci-immune GN) Pauci-immune GN → auf die Nieren beschränkte ANCA-assoziierte Vaskulitis
6
6.11.7 Klinik Anamnese
● Glomeruläre Hämaturie ± Proteinurie, ● Hämoptysen?
● nephritisches Syndrom, ● Extrarenale Manifestationen sind bei systemischen Vas-
● einen raschen Nierenfunktionsverlust mit Kreatinin- kulitiden oder Autoimmunerkrankungen häufig:
anstieg innerhalb von Wochen/Monaten. ○ Gewichtsverlust,
●
○ Fieber,
Merke
H ○ Arthralgien,
○ rezidivierende Nasennebenhöhlenentzündungen,
○ blutiger Schnupfen,
Gewichtsverlust, Fieber, Arthralgien, rezidivierende Na-
○ Augensymptome,
sennebenhöhlenentzündungen, blutiger Schnupfen, Au-
○ palpable Purpura usw.
gensymptome, palpable Purpura usw. sind häufig geklag-
te Symptome bei systemischen Vaskulitiden oder Auto- ● Mögliche Hinweise auf ein akutes Nierenversagen: Öde-
immunerkrankungen. me? Blutdruckwerte? Diurese? Urämiezeichen?
Körperliche Untersuchung
6.11.8 Diagnostik Ganzkörperuntersuchung mit besonderer Beachtung des
Blutdrucks, Volumenhaushaltes und Urämiezeichen.
Diagnostisches Vorgehen
● Die Zeichen einer aktiven glomerulären Entzündung Labor
sind unspezifisch und bei allen in ▶ Tab. 6.23 genannten
Formen mit RPGN fassbar. ● Der Nachweis von anti-glomerulären Basalmembran-
● Bei Verdacht auf RPGN mit raschem GFR-Abfall und ak- Antikörpern (GBM-Antikörpern) ist spezifisch für das
tivem Urinsediment führen zur Diagnose (▶ Abb. 6.32): Vorliegen eines Goodpasture-Syndroms bzw. einer
○ laborchemische und serologische Messgrößen, durch GBM-Antikörper ausgelösten RPGN.
○ das Ergebnis der Nierenbiopsie.
● Nachweis von c-/p-ANCA (Proteinase-3-/Myeloperoxi-
● Eine diagnostische Einengung ist möglich durch Beach- dase (MPO)-Antikörper) sprechen für das Vorliegen
tung extrarenaler Manifestationen der häufigsten Ur- einer der verschiedenen Formen der ANCA-assoziierten
sache einer RPGN, der ANCA-assoziierten systemischen systemischen Vaskulitiden.
Vaskulitiden. ● Bei bis zu 30 % der Patienten mit GBM-Antikörper-ver-
mittelter RPGN lassen sich gleichzeitig MPO-ANCA
nachweisen.
● Komplementfaktoren sind bei ANCA-assoziierten sys-
temischen Vaskulitiden und bei ABM-Antikörper-ver-
mittelter RPGN normal.
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 317
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
Erkrankungen mit Befall der Glomerula
rascher GFR-Abfall
Labor und technische Untersuchungen Klinik
und
(zum Ausschluss diverser Erkrankungen) extrarenale Manifestationen
aktives Urinsediment
diverser Erkrankungen ?
– antineutrophile zytoplasmatische
Antikörper (gegen Proteinase 3 – Arthralgien und Myalgien
und Myeloperoxidase) – Purpura
– Anti-Basalmembran-Antikörper Nierenbiopsie – Rhinitis bzw. Sinusitis
– Antistreptolysintiter – pulmonale Symptome
– antinukleäre Antikörper – Augensymptome
– Hepatitisserologie extrakapilläre Proliferation – Mononeuritis, Polyneuropathie
– Kryoglobuline bzw. nekrotisierende – kardialer Auskultationsbefund
– Blutkulturen und transösophageale Glomerulonephritis – Schüttelfrost, Fieber
Echokardiografie (TEE) bei Endo- – (Endokarditis?)
karditisverdacht
IV – Komplementfaktoren
– Röntgen/CT der Lungen und
immunhistologische
Nasennebenhöhlen
Befunde
Abb. 6.32 RPGN. Diagnostisches Vorgehen bei Verdacht auf rasch progrediente Glomerulonephritis (RPGN). (Quelle: Kimmel M,
Kuhlmann U. Rasch progrediente Glomerulonephritis. In: Alscher M, Böhler J, Kuhlmann U et al., Hrsg. Nephrologie. 6., vollständig
überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Thieme; 2015)
brinablagerungen.
● Nierenbiopsie zur Sicherung der Diagnose.
●
○ ▶ Abb. 6.31 zeigt, dass sich zelluläre Halbmonde bei
Merke
H rechtzeitig einsetzender Therapie zurückbilden kön-
nen.
○ Bei verzögerter Behandlung der RPGN kommt es
Die Diagnose einer RPGN wird schließlich gesichert durch durch zunehmende Kollagenbildung zu fibrozellulä-
eine Nierenbiopsie und die typischen lichtmikroskopi- ren und schließlich fibrösen Verödungen der glome-
schen, immunhistologischen und elektronenmikroskopi- rulären Kapillaren.
schen Befunde. ● Immunhistologische und elektronenmikroskopische
Befunde.
○ Sie tragen ganz wesentlich zur Klassifikation der
318 Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
6.11 Rasch progrediente Glomerulonephritis
a b
Abb. 6.33 Rapid progressive Glomerulonephritis. Nekrotisierende extrakapilläre proliferative Glomerulonephritis bei
a ANCA-assoziierter Kleingefäßvaskulitis. PAS, Vergrößerung x 10: (Quelle: Frau Prof. Dr. K. Amann, Abteilung für Nephropathologie,
Universität Erlangen)
b anti-GBM-AK (glomeruläre Basalmembran AK) Glomerulonephritis mit linearen IgG-Ablagerungen entlang der Basalmembran.
Immunhistochemie, Vergrößerung x 40. (Quelle: Frau Prof. Dr. K. Amann, Abteilung für Nephropathologie, Universität Erlangen)
6
●
H
zu betrachten und eine zügig durchzuführende Diag-
nostik hat folgende Ziele:
○ Abgrenzung nichtglomerulärer Erkrankungen mit ra-
Merke
schem GFR-Verlust, Ein frühzeitiger Therapiebeginn ist entscheidend, da der
○ differenzialdiagnostische Abgrenzung ähnlich verlau- Verlauf der RPGN durch Umwandlung der zellulären
fender proliferativer GN-Formen. Halbmonde in fibrozelluläre und schließlich fibröse Halb-
● Verdacht auf pulmorenales Syndrom bei gleichzeiti- monde gekennzeichnet ist (▶ Abb. 6.31).
gem oder zeitlich versetztem Auftreten einer akuten
Glomerulonephritis und Lungeninfiltraten/Hämoptoe.
● Rasche Abnahme der GFR in Verbindung mit einem ● Eine Verbesserung der Nierenfunktion unter immun-
nephritischen Sediment deutet auf das Vorliegen einer suppressiver Therapie ist insbesondere im Stadium der
aktiven GN hin, wobei differenzialdiagnostisch ins- zellulären Halbmondbildung zu erwarten, zunehmende
besondere voneinander abzugrenzen sind: Vernarbungsvorgänge senken die Chancen der Nieren-
○ alle in ▶ Tab. 6.23 genannten Formen der RPGN, funktionsverbesserung.
○ die akute Poststreptokokken-GN,
Komplementfaktoren usw.) bei. Basis fast aller Formen RPGN (▶ Tab. 6.24).
● Meist ist jedoch die Durchführung einer Nierenbiopsie ○ Zusätzliche Gabe von Cyclophosphamid (CP) als Bo-
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 319
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
Erkrankungen mit Befall der Glomerula
Serologie/ Krankheits- Therapie/Querverweise Abb. 6.34 RPGN. Therapie der RPGN und
Immunhistologie bilder des Goodpasture-Syndroms. (GN: Glomeru-
lonephritis, MP: Methylprednisolon, CP: Cy-
~ 10 % RPGN MP-Boli clophosphamid, GBM-Antikörper:
Goodpasture- Glomeruläre-Antibasalmembran-Antikörper,
– GBM-Antikörper Syndrom SLE: systemischer Lupus erythematodes,
– subendotheliale CP oral
ANCA: antineutrophile zytoplasmatische
lineare IgG- Antikörper). (Verändert nach Quelle: Kim-
Ablagerungen Plasmapherese mel M, Kuhlmann U. Rasch progrediente
Glomerulonephritis. In: Alscher M, Böhler J,
primäre GN MP-Boli Kuhlmann U et al., Hrsg. Nephrologie. 6.,
~ 20 % RPGN bei vollständig überarbeitete und erweiterte
± CP-Boli
primären
Auflage. Stuttgart: Thieme; 2015)
Immunkomplex- und MP-Boli
IV RPGN ablagerungen SLE
sekundären GN CP-Boli
post- Antibiotika
infektiös ggf. MP-Boli
MP-Boli
~ 70 % RPGN bei ANCA-
assoziierten oral
– ANCA Vaskulitiden CP
Boli
– pauci-immune
GN alternativ RTX
zusätzliche Plasma-
pherese bei
– Lungenblutungen
– und/oder akutem
dialysepflichtigem
Nierenversagen
Tab. 6.24 Therapie der GBM-Antikörper vermittelten RPGN und des Goodpasture-Syndroms nach KDIGO 2012: Kombinationstherapie.
Medikament Bemerkungen
Methylprednisolon-Boli 500–1000 mg MP i. v. über 20 min an 3 aufeinander folgenden Tagen
(MP) Begleittherapie:
- Ausgleich von Elektrolytstörungen (Hypokaliämie) vor MP-Gabe
- RR- und Blutzuckerkontrollen
Prednison oral 1 mg/kg pro Tag bis zu einem Maximum von 60–80 mg/Tag
Nach Erreichen einer Remission (gewöhnlich nach 3 Wochen) kann die Dosis schrittweise auf 20 mg/Tag
reduziert werden. Beibehaltung der Dosis über ca. 6 Wochen.
Anschließend langsame, weitere Dosisreduktion bis zu einer Erhaltungstherapie von 7,5–10 mg/Tag
Beendigung nach einer Gesamtherapiedauer von 6 Monaten
Orales Cyclophosphamid 2–3 mg/kg/Tag über 3 Monate
(CP) Fortsetzung über einen weiteren Monat, falls Anti-GBM-Ak positiv bleibt
Dosisreduktion um 50 % bei Kreatinin-Clearance < 10 ml/ min,
Unterbrechung der Therapie bei Leukozyten < 3500/mm3 oder Thrombozyten < 100000/mm3
Plasmapherese 4 l Austausch
Möglichst täglich
Dauer: minimal 14 Tage bzw. bis Anti-GBM-Ak negativ sind
Ersatz: 5 %igem Humanalbumin bzw. kombiniert mit Frischplasma bei Blutungsproblemen (s. Text)
Grundsätzlich kombiniert mit Cyclophosphamid-Therapie (s. oben)
○ Alternativ zu CP stellt Rituximab eine Option dar bei – ANCA-assoziierten systemischen Vaskulitiden mit
– ANCA-assoziierter Vaskulitis, Lungenblutungen und/oder akutem Nierenver-
– GBM-Antikörper-vermittelter RPGN und Good- sagen.
pasture-Syndrom bei Unverträglichkeit von CP. ● Zur Therapie der immunkomplexbedingten RPGN bei
○ Zusätzliche Plasmapherese bei primären und sekundären Glomerulonephritiden und
– GBM-Antikörper-vermittelter RPGN und Goodpas- der RPGN bei ANCA-assoziierten systemischen Vaskuli-
ture-Syndrom und tiden der kleinen Gefäße Kap. 6.7, Kap. 6.8, Kap. 6.9.
320 Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
6.12 Polyarteriitis nodosa
100
≥ 50 % sklerotische ja sklerotisch fokal
Glomeruli
80
nein ≥ 50 Halbmonde
renales Überleben
60
≥ 50 % normale gemischt
ja fokal
Glomeruli
40
nein
sklerosiert
20
≥ 50 % extrazelluläre
Proliferate ja ≥ 50 Halbmonde 0
(„Halbmonde“)
0 2 4 6 8 10 12
nein Jahre
gemischt
a b
Abb. 6.35 AAV assoziierte RPGN. a, b Einteilung der AAV assoziierten RPGN in 4 Gruppen nach Ausmaß der Sklerosierungen und der
extrazellulären Proliferate. a Diagnostisches Flussdiagramm. b Renales Überleben der einzelnen Gruppen nach bis zu 5 Jahren. (Quelle: 6
Kimmel M, Kuhlmann U. Diagnostikschritt 1: an Vaskulitis denken. In: Alscher M, Böhler J, Kuhlmann U et al., Hrsg. Nephrologie. 6.,
vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Thieme; 2015.)
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 321
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
6.12 Polyarteriitis nodosa
100
≥ 50 % sklerotische ja sklerotisch fokal
Glomeruli
80
nein ≥ 50 Halbmonde
renales Überleben
60
≥ 50 % normale gemischt
ja fokal
Glomeruli
40
nein
sklerosiert
20
≥ 50 % extrazelluläre
Proliferate ja ≥ 50 Halbmonde 0
(„Halbmonde“)
0 2 4 6 8 10 12
nein Jahre
gemischt
a b
Abb. 6.35 AAV assoziierte RPGN. a, b Einteilung der AAV assoziierten RPGN in 4 Gruppen nach Ausmaß der Sklerosierungen und der
extrazellulären Proliferate. a Diagnostisches Flussdiagramm. b Renales Überleben der einzelnen Gruppen nach bis zu 5 Jahren. (Quelle: 6
Kimmel M, Kuhlmann U. Diagnostikschritt 1: an Vaskulitis denken. In: Alscher M, Böhler J, Kuhlmann U et al., Hrsg. Nephrologie. 6.,
vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Thieme; 2015.)
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 321
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
Erkrankungen mit Befall der Glomerula
○ positive Hepatitis-B-Serologie,
322 Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
6.12 Polyarteriitis nodosa
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 323
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
Erkrankungen mit Befall der Glomerula
Hill-Nomenklatur der Vaskulitiden von 2012) und be- Patienten mit PSH-Nephritis auftreten.
trifft primär ○ Sehr selten (2–3 %) sind Verläufe mit akutem Nieren-
○ Haut, Nieren, Gastrointestinaltrakt und Gelenke. versagen als Ausdruck einer Halbmond-Glomerulo-
● Diagnosesicherung nur durch Nierenbiopsie: mesangio- nephritis.
proliferative Glomerulonephritis mit mesangialen IgA- ● Nach den ACR-Empfehlungen von 1990 sollten mindes-
Ablagerungen wie bei IgA-Nephropathie. tens zwei der folgenden Kriterien erfüllt sein, um die
Diagnose einer PSH stellen zu können (Sensitivität und
Spezifität etwa 90 % [1]):
6.13.4 Epidemiologie ○ Palpable Purpura,
gen nicht vor, da die vermutete Diagnose nur selten mit kleiner Arteriolen oder Venolen.
einer Nierenbiopsie gesichert wird. ● Bei Erwachsenen verläuft die PSH prinzipiell mit einer
● Vermehrtes Auftreten im Herbst, Winter und Frühjahr sehr ähnlichen Symptomatik wie bei Kindern, wobei
(selten in den Sommermonaten), in 50 % der Fälle lässt Darminvaginationen seltener und eine renale Betei-
sich ein vorangegangener Infekt der oberen Atemwege ligung jedoch etwas häufiger bei Erwachsenen vorkom-
(oft Streptokokken) eruieren. men.
324 Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
Erkrankungen mit Befall der Glomerula
Hill-Nomenklatur der Vaskulitiden von 2012) und be- Patienten mit PSH-Nephritis auftreten.
trifft primär ○ Sehr selten (2–3 %) sind Verläufe mit akutem Nieren-
○ Haut, Nieren, Gastrointestinaltrakt und Gelenke. versagen als Ausdruck einer Halbmond-Glomerulo-
● Diagnosesicherung nur durch Nierenbiopsie: mesangio- nephritis.
proliferative Glomerulonephritis mit mesangialen IgA- ● Nach den ACR-Empfehlungen von 1990 sollten mindes-
Ablagerungen wie bei IgA-Nephropathie. tens zwei der folgenden Kriterien erfüllt sein, um die
Diagnose einer PSH stellen zu können (Sensitivität und
Spezifität etwa 90 % [1]):
6.13.4 Epidemiologie ○ Palpable Purpura,
gen nicht vor, da die vermutete Diagnose nur selten mit kleiner Arteriolen oder Venolen.
einer Nierenbiopsie gesichert wird. ● Bei Erwachsenen verläuft die PSH prinzipiell mit einer
● Vermehrtes Auftreten im Herbst, Winter und Frühjahr sehr ähnlichen Symptomatik wie bei Kindern, wobei
(selten in den Sommermonaten), in 50 % der Fälle lässt Darminvaginationen seltener und eine renale Betei-
sich ein vorangegangener Infekt der oberen Atemwege ligung jedoch etwas häufiger bei Erwachsenen vorkom-
(oft Streptokokken) eruieren. men.
324 Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
6.13 Purpura Schoenlein-Henoch
dern mit florider PSH in bis zu 50 % (Daten aus retro- (z. B. Granulomatose mit Polyangiitis, mikroskopische
spektiven Analysen). Polyangiitis, kryoglobulinämische Vaskulitis, Hyper-
sensitivitätsvaskulitis, Lupusvaskulitis), Appendizitis.
● Die Abgrenzung der PSH gegenüber der IgA-Nephro-
Histologie, Zytologie und klinische pathie gelingt über den Nachweis extrarenaler Sympto-
Pathologie me.
Nierenbiopsie
● In der Nierenbiopsie lassen sich nachweisen:
○ eine mesangiale Zellproliferation,
○ mesangiale Matrixvermehrung,
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 325
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
Erkrankungen mit Befall der Glomerula
IV
a b
Abb. 6.37 Purpura Schoenlein-Henoch. 10-jähriges Kind mit Makrohämaturie, Proteinurie (1,5 g/Tag) und Kreatininanstieg (2,0 mg/dl).
12 Monate zuvor Episode mit PSH und Bauchschmerzen. (Die Bilder wurden freundlicherweise von Prof. K. Amann, Erlangen zur
Verfügung gestellt.)
a PAS-Färbung. (Frau Prof. Dr. K. Amann, Abteilung für Nephropathologie, Universität Erlangen.)
b Immunhistologie mit Nachweis IgA-haltiger Immundeposits. (Frau Prof. Dr. K. Amann, Abteilung für Nephropathologie, Universität
Erlangen.)
c Immunhistologie mit Nachweis von C 3-Ablagerungen. (Frau Prof. Dr. K. Amann, Abteilung für Nephropathologie, Universität Erlangen.)
326 Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
6.14 Kryoglobulinämie
Arthralgien/Arthritis/
PSH-Nephritis
6.14 Kryoglobulinämie
Bauchschmerzen
Bernd Hohenstein
Glukokortikoide
(6 Monate;
6.14.2 Aktuelles
0,5–1 mg/kg KG, ● Antigenspezifisches IgG1 mediiert protektive Effekte in
Tapering) der Mausniere [8].
● Eine große Kohorte von Patienten aus Frankreich mit
Abb. 6.38 Purpura Schoenlein-Henoch. Mögliches therapeuti- Typ1 KG wurde im Jahr 2014 publiziert [4].
sches Vorgehen.
6.14.3 Synonyme
● In Analogie zur IgA-Nephropathie können etwa 15 % ● Keine Synonyme ohne den Begriff Kryoglobulinämie
der erwachsenen PSH-Patienten eine terminale Nieren- bekannt.
insuffizienz innerhalb von 10 Jahren entwickeln; bei
Kindern mit PSH liegt dieses Risiko bei 7 %.
● Bei Erwachsenen und Kindern mit PSH gelten – ebenso 6.14.4 Definition
wie bei der IgA-Nephropathie – als negative Prog- ● Eigentliche Definition: Vorhandensein von Immunglo-
nosefaktoren: bulinen und Komplementfaktoren, die in kühler Umge-
○ arterielle Hypertonie,
bung präzipitieren.
○ eingeschränkte Nierenfunktion, ● Im klinischen Gebrauch wird der Begriff gleichgesetzt
○ Proteinurie > 1,5 g/Tag und
mit dem Vorhandensein der durch die Kryoglobuline
○ Nachweis fibrinoider Halbmond-Nekrosen in der
bedingten Entzündungsreaktion.
Biopsie.
6.14.5 Epidemiologie
6.13.13 Literatur
● Selten: Prävalenz ca. 1:100000.
[1] Kidney Disease: Improving Global Outcomes. Chapter 11: Henoch-
● Deutlich häufiger bei Patienten mit
Schonlein purpura nephritis. Kidney Int Suppl (2011) 2012; 2:218
○ Bindegewebserkrankungen (15–25 %),
[2] Mills JA et al, The American College of Rheumatology 1990 criteria
for the classification of Henoch-Schönlein purpura. Arthritis Rheum. ○ HIV (15–20 %),
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 327
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
6.14 Kryoglobulinämie
Arthralgien/Arthritis/
PSH-Nephritis
6.14 Kryoglobulinämie
Bauchschmerzen
Bernd Hohenstein
Glukokortikoide
(6 Monate;
6.14.2 Aktuelles
0,5–1 mg/kg KG, ● Antigenspezifisches IgG1 mediiert protektive Effekte in
Tapering) der Mausniere [8].
● Eine große Kohorte von Patienten aus Frankreich mit
Abb. 6.38 Purpura Schoenlein-Henoch. Mögliches therapeuti- Typ1 KG wurde im Jahr 2014 publiziert [4].
sches Vorgehen.
6.14.3 Synonyme
● In Analogie zur IgA-Nephropathie können etwa 15 % ● Keine Synonyme ohne den Begriff Kryoglobulinämie
der erwachsenen PSH-Patienten eine terminale Nieren- bekannt.
insuffizienz innerhalb von 10 Jahren entwickeln; bei
Kindern mit PSH liegt dieses Risiko bei 7 %.
● Bei Erwachsenen und Kindern mit PSH gelten – ebenso 6.14.4 Definition
wie bei der IgA-Nephropathie – als negative Prog- ● Eigentliche Definition: Vorhandensein von Immunglo-
nosefaktoren: bulinen und Komplementfaktoren, die in kühler Umge-
○ arterielle Hypertonie,
bung präzipitieren.
○ eingeschränkte Nierenfunktion, ● Im klinischen Gebrauch wird der Begriff gleichgesetzt
○ Proteinurie > 1,5 g/Tag und
mit dem Vorhandensein der durch die Kryoglobuline
○ Nachweis fibrinoider Halbmond-Nekrosen in der
bedingten Entzündungsreaktion.
Biopsie.
6.14.5 Epidemiologie
6.13.13 Literatur
● Selten: Prävalenz ca. 1:100000.
[1] Kidney Disease: Improving Global Outcomes. Chapter 11: Henoch-
● Deutlich häufiger bei Patienten mit
Schonlein purpura nephritis. Kidney Int Suppl (2011) 2012; 2:218
○ Bindegewebserkrankungen (15–25 %),
[2] Mills JA et al, The American College of Rheumatology 1990 criteria
for the classification of Henoch-Schönlein purpura. Arthritis Rheum. ○ HIV (15–20 %),
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 327
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
Erkrankungen mit Befall der Glomerula
○ Nierenbeteiligung.
6.14.7 Klassifikation
● Typ 1 ist selten, die Typen 2 und 3 stellten zusammen
6.14.9 Diagnostik
80–95 % der Fälle dar. Diagnostisches Vorgehen
● Merkmale zur Einteilung der Kryoglobulinämie nach
● Generell ist die Diagnose der KG aufgrund der unspezi-
Brouet ▶ Tab. 6.26.
fischen Symptome und der analytischen Probleme hin-
sichtlich des Nachweises von Kryoglobulinen oftmals
schwierig (▶ Abb. 6.39).
● Von einer KG-induzierten Erkrankung sollte dann aus-
gegangen werden, wenn
○ über 3–6 Monate ein erhöhter Kryokrit nachweisbar
Tab. 6.26 Klassifikation der Kryoglobulinämie nach Brouet, typische klinische Symptome und Ursachen.
Typ 1: Monoklonale Immun- Typ 2: Gemischtes Vorliegen Typ 3: Gemischtes Vorliegen
globuline (Ig) von mono- und polyklonalen Ig von polyklonalen Ig
Klinische Symptome
Purpura + +++ +++
Gangrän und Akrozyanose +++ + bis + + ±
Arthralgien und Myalgien + ++ +++
Nierenbeteiligung (Proteinurie, + ++ +
selten nephrotisch/nephritisch)
Neuropathie + ++ ++
Lungenbeteiligung (subklinisch, ± ++ ++
40–50 %)
Leberbeteiligung ± ++ +++
Assoziierte Krankheitsbilder
Lymphoproliferative oder Hepatitis C Hepatitis C
Plasmazellerkrankung
MGUS Bindegewebserkrankung Bindegewebserkrankung
idiopathisch idiopathisch idiopathisch
Lymphoproliferative Erkrankung, Infektionen
Infektionen
MGUS: Monoklonale Gammopathie unklarer Signifikanz
328 Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
6.14 Kryoglobulinämie
●
der Kryoglobuline dar. Insbesondere die korrekte Abnah-
Merke
H me der Kryoglobuline unter Vermeidung von Tempera-
turabfällen im Probenmaterial, welche häufig schon bei
6
der Blutentnahme eintreten und damit zur Präzipitation
Häufig kommt der entscheidende Hinweis aus dem Be-
der KG führen, ist dabei entscheidend. Auch das Blutent-
fund der Nierenhistologie.
nahmematerial sollte daher auf 37 °C gewärmt sein und
die Entnahme in einer gut temperierten Umgebung
stattfinden.
Anamnese
● Vorwiegende klinische Präsentation des Typ 1:
○ oft asymptomatisch,
Histologie, Zytologie und klinische
○ typische Symptome entstehen durch Hyperviskosität
Pathologie
oder Thrombosen:
– Raynaud-Phänomen, Stanzbiopsie
– Ischämie der Extremitäten, ● Die Biopsie bringt meist den Nachweis einer leukozyto-
– Livedo reticularis,
klastischen Vaskulitis.
– palpable Purpura, ● Die Biopsie bringt weniger häufig aber auch Nachweis
– etwa ein Drittel mit Nierenbeteiligung.
hyaliner Thrombosen der Hautgefäße.
● Vorwiegende klinische Präsentation der Typen 2/3: ● Akute Läsionen zeigen oft Ablagerungen von IgM, IgG
○ oft unspezifische Symptome,
und/oder Komplement C 3.
○ Arthralgien, Müdigkeit, Myalgien,
○ Purpura (Vaskulitis),
○ periphere Neuropathie,
Nierenbiopsie
○ Nierenbeteiligung, ● Die KG manifestiert sich entweder
○ Meltzer-Triade: Arthralgien, Purpura, Schwäche bei ○ als Immunglobulin-mediierte membranoproliferative
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 329
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
Erkrankungen mit Befall der Glomerula
● Für die zusätzliche Therapie mit Rituximab bei Nieren- ○ schwere Beteiligung des zentralen Nervensystems
berichte mit Rituximab [1] (günstige Effekte auf den ○ hohe Kryoglobulinmengen (hoher sog. Kryokrit), da
Verlauf und die renale Beteiligung). hier ein Hyperviskositätssyndrom auftreten kann.
○ In einer Kohortenstudie führte Rituximab plus PEG-
330 Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
6.15 Diabetische Glomerulopathie
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 331
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
6.15 Diabetische Glomerulopathie
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 331
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
Erkrankungen mit Befall der Glomerula
Albuminurie
systemische
Entwicklung einer Glomerulosklerose Hypertonie
Nephronverlust
terminale Niereninsuffizienz
332 Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
6.15 Diabetische Glomerulopathie
Bestätigung*
Screening
Retinopathie?
Albumin-Kreatinin-Quotient 1 ×/Jahr
(Spoturin) > 30 mg/g
6
ja nein
Ausschluss anderer
Therapie Ursachen der Nephropathie Therapie
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 333
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
Erkrankungen mit Befall der Glomerula
Tab. 6.28 Definitionen von Mikroalbuminurie und Makroalbuminurie im 24-Stunden-Urin und im Spoturin.
24-Stunden-Urin Albumin-Kreatinin-Quotient
Normale Albuminausscheidung < 30 mg/24 h < 30 mg/g
Mikroalbuminurie 30–300 mg/24 h 30–300 mg/g
Makroalbuminurie (mit Teststreifen fassbar) > 300 mg/24 h > 300 mg/g
Allerdings ist zu berücksichtigen, dass körperliche An- ● Aber der Verlauf dieser Veränderungen ist variabler
strengungen, Harnwegsinfekte, schlecht eingestellte Hy- und weist einige Unterschiede zur Nephropathie bei
pertonie, Herzinsuffizienz und Fieber mit einer transien- Typ-1-Diabetikern auf:
ten Mikroalbuminurie einhergehen können und der ○ Mikro- bzw. Makroalbuminurie und eine Hypertonie
Nachweis kleiner Albuminmengen im Rahmen der ge- bei ca. 50 % der Typ-2-Diabetiker bereits zum Zeit-
IV
nannten Zustände nicht als Zeichen einer beginnenden punkt der Diagnose.
Nephropathie gewertet werden kann. ○ Makrovaskuläre Komplikationen, insbesondere die
334 Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
6.15 Diabetische Glomerulopathie
○ asymmetrischer Nierengröße mit raschem Abfall der ○ diätetische Eiweißrestriktion (?): Eine proteinarme
GFR nach Therapiebeginn mit ACE-Hemmern bei Typ- Kost mit 0,6–0,8 g Eiweiß/kg Körpergewicht scheint
2-Diabetikern (Nierenarterienstenose?), dem Nierenfunktionsverlust bei diabetischer Nephro-
○ auf Vaskulitis hinweisende systemische Symptome, pathie entgegenzuwirken.
○ Fehlen einer Retinopathie bei Typ-1-Diabetikern.
Pharmakotherapie
6.15.11 Therapie Optimale Stoffwechselkontrolle
Therapeutisches Vorgehen
● Der Maßnahmenkatalog zur Progressionshemmung
einer diabetischen Nephropathie bei Typ-2-Diabetikern
Merke ●
H
Wichtig ist die Festlegung von individuellen Stoffwechsel-
umfasst im Wesentlichen 6 Punkte (▶ Tab. 6.29, zielen:
▶ Abb. 6.43): ● Es wird bei Typ-1- und Typ-2-Diabetiker zur Primärprä-
○ Optimale Stoffwechselkontrolle,
vention oder verzögerten Progression mikrovaskulärer
○ Frühzeitige Erfassung und Behandlung einer Hyper-
Komplikationen ein niedriger HbA1c-Wert empfohlen.
tonie unter Einbeziehung von ACE-Hemmern oder ● Beim älteren Typ-2-Diabetiker sollten bei manifesten
AT-II1-Rezeptorblockern, makrovaskulären Komplikationen Hypoglykämien ver-
○ RAAS-Blockade mit ACE-Hemmern oder AT-II1-Rezep-
mieden und höhere HbA1c-Werte akzeptiert werden.
torblockern auch bei normotensiven Patienten mit Mi-
kroalbuminurie oder fortgeschrittener Nephropathie
6
(Albuminurie > 300 mg/Tag, GFR-Verminderung),
○ Vermeidung nephrotoxischer Medikamente, Kon- Tab. 6.29 Maßnahmen zur Progressionshemmung einer diabeti-
trastmittelgabe nur bei strenger Indikationsstellung, schen Nephropathie bei Typ-2-Diabetikern*.
○ medikamentöse Senkung erhöhter LDL-Cholesterin- Interventionen Therapieziele
spiegel. Blutdruckkontrolle < 130/80 mmHg
Hemmung des Renin-Angio- Proteinurie < 0,3 g/24 h
Allgemeinmaßnahmen tensin-Aldosteron-Systems
Korrektur der Hyperlipidämie LDL-Cholesterin < 100 mg/dl
● Lifestyle-Modifikation:
(< 2,6 mmol/l)
○ Gewichtsabnahme,
Gute Diabeteseinstellung HbA1c ≤ 7 %
○ Natriumrestriktion bei Hypertonie,
○ körperliche Aktivität,
* Zusätzlich sind Gewichtsabnahme, körperliche Aktivität und
Einstellung des Nikotinkonsums zu empfehlen.
○ Einstellung des Nikotinkonsums,
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 335
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
Erkrankungen mit Befall der Glomerula
● Der erste Schritt in der Stoffwechselkontrolle ist das ○ das Risiko einer Progression der diabetischen Nephro-
Festlegen eines individuellen Therapieziels für jeden pathie kann um 50 % gesenkt werden kann, wenn
Patienten. durch bessere Diabeteseinstellung eine Absenkung
● Typ-1-Diabetiker: des erhöhten HbA1c-Wertes um 1–1,5 % erzielt wird.
●
H
○ im DCCT (= Diabetes Control and Complication Trial)
●
H
behandelten Patieten nach 10,5 Jahren die Mikro-
albuminurieinzidenz um 50 % niedriger. Nach 22 Jah-
ren konnte das Risiko für die Entwicklung einer Nie- Merke
reninsuffizienz und eine Dialysepflichtigkeit um 50 % Die ACCORD-Studie (intensive Glukosekontrolle mit einem
bzw. 51 % gesenkt werden. Ziel-HbA1c von < 6 % versus Ziel-HbA1c von 7,0–7,9 %) hat
○ Eine gute Stoffwechselkontrolle ist beim Typ-1-Dia- gezeigt, dass eine strengere Stoffwechselkontrolle bei älte-
betiker wärend der ersten Behandlungsjahre zur Ver- ren Typ-2-Diabetikern mit manifesten makrovaskulären
hinderung renaler Langzeitkomplikationen wichtig - Komplikationen zu einer erhöhten Mortalität führt. Es er-
dieser Effekt wird als „Stoffwechselgedächtnis“ be- geben sich daher individuelle Therapieziele aufgrund der
zeichnet. in ▶ Tab. 6.30 angegeben Faktoren.
○ Auch bei bereits fassbarer Nephropathie führt eine in-
tensivierte Insulintherapie
○ zur Verminderung einer bereits bestehenden Mikro-
albuminurie und
○ zur Normalisierung der erhöhten GFR in der Initial-
336 Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
6.15 Diabetische Glomerulopathie
Tab. 6.31 Pharmakologische Möglichkeiten der Stoffwechselkontrolle bei Diabetes mellitus Typ 2.
Gruppe Wirkstoff HbA1c- Vorteile Nachteile
Reduktion
Biguanide Metformin 1,0–2,0 Umfangreiche klinische Erfahrung Gastrointestinale Nebenwirkungen
Hypogkykämie selten Renale Elimination
Verbessertes Lipidprofil Sehr selten Laktazidose
Verringerte kardiovaskuläre Ereig- Nur bei GFR > 60 ml/min zugelassen*
nisse 6
Gewichtsverlust bei einigen Patien-
ten
Sulfonylharnstoffe Glimepirid, 1,0–1,5 Umfangreiche klinische Erfahrung Hypoglykämie
Gliquidon Gewichtszunahme
Überwiegend renale Elimination (Aus-
nahme Gliquidon)
Nur bei GFR > 30 ml/min zugelassen
(Ausnahme Gliquidon GFR > 15 ml/min)
Meglitinide Repaglininde 0,5–1,0 Nur zu 10 % renal eliminiert Geringe Effektivität
Gelegentlich Hypoglykämie
Gewichtszunahme
Keine Langzeiterfahrungen
Thiazolidindione Pioglitazone 0,5–1,4 Bis zu einer GFR von 4 ml/min. Ödembildung
zugelassen Kontraindikationen: Herzinsuffizienz,
Ohne Dosisanpassung bei Nierenin- Volumenüberladung
suffizienz einsetzbar Erhöhtes Risiko für Blasenkrebs und
Hinweise auf positive Effekte bei Frakturen
kardiovaskulären Endpunkte Keine Langzeiterfahrungen
Dipeptidylpeptidase Sitagliptin, 0,5–0,8 Bei moderater bis schwerer Nieren- Keine Langzeiterfahrungen
(DPP) IV-Inhibitor Saxagliptine, funktionseinschränkung einsetzbar
Vildagliptin, (Zulassungsstatus beachten)
Linagliptin
Alpha-Glukosidase- Acarbose 0,5–0,9 Bei GFR > 25 ml/min. zugelassen Gastrointestinale Nebenwirkungen
Hemmer Geringe Effektivität
Wenig Erfahrungen bei Niereninsuffi-
zienz
Insulin Kurzwirksam: 1,0–2,5 Großer Effekt bei allen Patienten Hypoglykämie
Humaninsulin, Gewichtszunahme
Aspartat,
Glulisine, Lispro
Langwirksam:
Protamin,
Detemir,
Glargin,
Mischinsulin-
präperationen
* Metformin ist in Deutschland nur bis zu einer GFR von > 60 ml/min zugelassen. Die Literatur zeigt eine sehr niedrige Inzidenz der
Laktazidose unter Metformin bis zu einer GFR > 30 ml/min, sodass andere internationale Fachgesellschaften mittlerweile empfehlen
Neueinstellungen mit Metformin bis zu einer GFR von > 45 ml/min. vorzunehmen und Metformin erst bei einer GFR < 30 ml/min
abzusetzen.
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 337
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
Erkrankungen mit Befall der Glomerula
●
● Präventive Maßnahmen zur Vermeidung eines Typ-2-
Merke
H Diabetes:
○ Das Auftreten eines Typ-2-Diabetes ist Folge eines Zu-
sammenspiels
Aus Gründen der möglichst frühzeitigen Nephro- und
– genetischer Prädisposition und
Kardioprotektion wird heute bei allen hypertensiven Dia-
– modifizierbarer Risikofaktoren wie Adipositas und
betikern und auch bei normotensiven Diabetikern mit Mi-
körperliche Inaktivität.
●
kroalbuminurie eine Hemmung des RAAS mit ACE-Hem-
mern oder AT-II1-Rezeptoroblockern angestrebt.
Merke
H
IV ● ACE-Hemmer oder AT-II1-Rezeptorblocker senken
Überzeugende Studien haben gezeigt, dass adipöse Pa-
den systemischen Blutdruck, entfalten jedoch im Ver- tienten mit pathologischem Glukosetoleranztest durch
konsequente Änderung der Lebensgewohnheiten mit
gleich zu anderen Antihypertensiva überlegene reno-
Gewichtsabnahme von > 5 % und regelmäßiger körper-
protektive und antiproteinurische Effekte durch
○ Senkung des glomerulären Filtrationsdrucks infolge
licher Aktivität der Entwicklung eines Typ-2-Diabetes er-
folgreich vorbeugen können.
Vasodilatation der efferenten Arteriolen und
○ Abschwächung fibroproliferativer Effekte von Aldo-
338 Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
6.16 Nierenbeteiligung bei Tumorerkrankungen
6.16.6 Klinik 6
6.16.2 Synonyme
Das klinische Bild ist sehr variabel und ist stark von der zu-
● Onko-Nephrologie grundeliegenden Tumorerkrankung geprägt (▶ Abb. 6.44).
6.16.3 Definition
Unter Onko-Nephrologie versteht man die Interaktion
zwischen renalen und malignen Erkrankungen bzw. de-
ren Therapien.
tubulo-
glomerulär
interstitiell
Abb. 6.44 Renale Beteiligung bei Tumorerkrankungen und Chemotherapie. (verändert nach Quelle: Kimmel M, Kuhlmann U.
Nierenbeteiligung bei Systemerkrankungen. In: Alscher M, Böhler J, Kuhlmann U et al., Hrsg. Nephrologie. 6., vollständig überarbeitete
und erweiterte Auflage. Stuttgart: Thieme; 2015)
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 339
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
6.16 Nierenbeteiligung bei Tumorerkrankungen
6.16.6 Klinik 6
6.16.2 Synonyme
Das klinische Bild ist sehr variabel und ist stark von der zu-
● Onko-Nephrologie grundeliegenden Tumorerkrankung geprägt (▶ Abb. 6.44).
6.16.3 Definition
Unter Onko-Nephrologie versteht man die Interaktion
zwischen renalen und malignen Erkrankungen bzw. de-
ren Therapien.
tubulo-
glomerulär
interstitiell
Abb. 6.44 Renale Beteiligung bei Tumorerkrankungen und Chemotherapie. (verändert nach Quelle: Kimmel M, Kuhlmann U.
Nierenbeteiligung bei Systemerkrankungen. In: Alscher M, Böhler J, Kuhlmann U et al., Hrsg. Nephrologie. 6., vollständig überarbeitete
und erweiterte Auflage. Stuttgart: Thieme; 2015)
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 339
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
Erkrankungen mit Befall der Glomerula
Tab. 6.32 Die häufigsten Glomerulopathien bei malignen Erkran- 6.16.7 Diagnostik
kungen [2].
Maligne Erkrankung Häufigste Glomerulopathie Diagnostisches Vorgehen
Solide Tumoren Membranöse GN (am häufigsten) ● Erste diagnostische Schritte bei Tumorerkrankungen
Minimal-Change-Glomerulopathie mit neu auftretender Nierenfunktionsverschlechte-
(seltener) rung/Proteinurie sind in ▶ Tab. 6.34 dargestellt.
FSGS (sehr selten)
Hämatologische
Erkrankungen: 6.16.8 Therapie
- Morbus Hodgkin Minimal-Change-Glomerulopathie
- CLL Membranoproliferative GN Therapeutisches Vorgehen
- Stammzelltransplantation Membranöse GN
● Bei sekundären Glomerulopathien richtet sich die The-
IV rapie nach der Therapie der zugrunde liegenden Tumor-
erkrankung.
340 Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
6.17 Hereditäre Typ-IV-Kollagen-Erkrankungen
6.17.4 Definition
6.17 Hereditäre Typ-IV- ● Das Alport-Syndrom (AS) ist eine erbliche progressive
Kollagen-Erkrankungen: Nierenerkrankung einhergehend mit
○ Innenohrschwerhörigkeit,
●
geträger für Alport-Mutationen (früher „Thin Basement
Membrane Nephropathy“) und haben häufig keinen beni-
gnen Verlauf. Daher werden heterozygote Patienten mitt- Praxistipp
Z
lerweile auch unter der Diagnose „Alport-Syndrom“ zu-
sammengefasst [4]. Der Nephrologe sollte jeden Alport- Der Begriff „familiäre benigne Hämaturie“ wiegt den Arzt
Patienten, auch die heterozygoten, jährlich auf Protein- und Patienten fälschlicherweise in Sicherheit und hat
urie oder andere Risikofaktoren kontrollieren, um eine schon zu Gerichtsprozessen geführt. Die „Thin Basement
frühe nephroprotektive Therapie mit ACE-Hemmern zu Membrane Nephropathy“ ist nicht benigne. Das Dialyse-
ermöglichen. Daher sollte die Diagnose auch bei hetero- Risiko der heterozygoten Anlageträger beträgt bis zu
zygoten Anlageträgern molekulargenetisch früh gestellt 40 %. Daher fordern weltweit die Patientengruppen, dass
werden, oder ersatzweise durch Nierenbiopsie. jeder heterozygote Anlageträger von Alport-Mutationen
auf sein Risiko aufmerksam gemacht wird und zeitlebens
nephrologisch betreut und nephroprotektiv behandelt
wird.
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 341
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
6.17 Hereditäre Typ-IV-Kollagen-Erkrankungen
6.17.4 Definition
6.17 Hereditäre Typ-IV- ● Das Alport-Syndrom (AS) ist eine erbliche progressive
Kollagen-Erkrankungen: Nierenerkrankung einhergehend mit
○ Innenohrschwerhörigkeit,
●
geträger für Alport-Mutationen (früher „Thin Basement
Membrane Nephropathy“) und haben häufig keinen beni-
gnen Verlauf. Daher werden heterozygote Patienten mitt- Praxistipp
Z
lerweile auch unter der Diagnose „Alport-Syndrom“ zu-
sammengefasst [4]. Der Nephrologe sollte jeden Alport- Der Begriff „familiäre benigne Hämaturie“ wiegt den Arzt
Patienten, auch die heterozygoten, jährlich auf Protein- und Patienten fälschlicherweise in Sicherheit und hat
urie oder andere Risikofaktoren kontrollieren, um eine schon zu Gerichtsprozessen geführt. Die „Thin Basement
frühe nephroprotektive Therapie mit ACE-Hemmern zu Membrane Nephropathy“ ist nicht benigne. Das Dialyse-
ermöglichen. Daher sollte die Diagnose auch bei hetero- Risiko der heterozygoten Anlageträger beträgt bis zu
zygoten Anlageträgern molekulargenetisch früh gestellt 40 %. Daher fordern weltweit die Patientengruppen, dass
werden, oder ersatzweise durch Nierenbiopsie. jeder heterozygote Anlageträger von Alport-Mutationen
auf sein Risiko aufmerksam gemacht wird und zeitlebens
nephrologisch betreut und nephroprotektiv behandelt
wird.
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 341
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
Erkrankungen mit Befall der Glomerula
Tab. 6.35 Aktueller Stand der wichtigsten molekulargenetischen Erkenntnisse bei erblichen Typ-IV-Kollagen-Erkrankungen (Alport-Syn-
drom und familiäre benigne Hämaturie).
Krankheit Erbgang Symptomatik Genort Symbol, Genprodukt
Alport-Syndrom X-chrom.-dominant Nephritis, Innenohrschwerhörigkeit, Xq22 COL4A5, α5(IV)-Kollagen
autosomal-rezessiv Augenveränderungen 2q35–36 COL4A3/COL4A4, α3/4(IV)-Kol-
lagen (homozygot oder com-
pound heterozygot)
Alport-Syndrom mit X-chrom.-dominant Xq22 COL4A5und COL4A6
Leiomyomatose
Familiäre benigne autosomal-dominant Thin basement membrane disease mit 2q35–36 COL4A3/COL4A4, α3/4(IV)-Kol-
Hämaturie Hämaturie, selten Niereninsuffizienz lagen (heterozygot)
342 Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
6.17 Hereditäre Typ-IV-Kollagen-Erkrankungen
●
3. Innenohrschwerhörigkeit
Praxistipp
Z 4. Augenveränderungen
Kind Erwachsener 6
Bei Hämaturie immer an Alport-Syndrom denken, aus-
Kinder- Familie mit potenziell
führliche Anamnese machen und weitere Familienmit- Kind
nephrologe betroffenem Kind ?
glieder untersuchen! Viele junge Patienten werden trotz
jahrelanger Symptome nie kindernephrologisch vor- ja nein
gestellt. Die Diagnose „Alport-Syndrom“ ist daher oft
Molekulargenetik Nierenbiopsie
eine erwachsenen-nephrologische bei schon einge- ja
mit genet. Beratung zwingend mit EM
schränkter Nierenfunktion. Durch die späte Diagnose dünne oder
lässt sich dann das Nierenversagen kaum noch aufhalten. verdickte/aufgesplitterte GBM
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 343
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
Erkrankungen mit Befall der Glomerula
Abb. 6.46 Alport-Syndrom. Elektronenmikroskopische Veränderungen der glomerulären Basalmembran bei Alport-Syndrom und Thin
Basement Membrane Nephropathy.
344 Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
6.17 Hereditäre Typ-IV-Kollagen-Erkrankungen
●
X-chromosomalen (a5(IV)-Kette) und autosomalen
(a3/4(IV)-Kette) möglich.
○ Heterozygote Träger von Mutationen in den auto- Praxistipp
Z
somalen Alport-Genen haben häufig eine (familiäre)
Mit dem Beginn der nierenschützenden Therapie sollte
benigne Hämaturie bzw. „thin basement membrane
nicht zu lange gezögert werden; die Patienten sehen ge-
nephropathy“.
sünder aus, als sie sind. Kinder und junge Erwachsene
○ Diagnosesicherung über genetische Untersuchung.
●
mit Alport-Syndrom, insbesondere heterozygote Mutati-
Merke
H onsträger, sind lange oligosymptomatisch, obwohl sie
schon eine Proteinurie haben und nach internationalen
6
Expertenempfehlungen schon behandelt werden sollten.
Wenn die Diagnose gesichert ist, sollte eine umfassende
Familienuntersuchung erfolgen, insbesondere von
asymptomatischen oder oligosymptomatischen Kindern. ● Vor Beginn der Therapie sollte die Diagnose gesichert
werden:
○ bei Kindern meistens durch molekulargenetischen
●
Patella und Nägeln.
● Für die FSGS gibt es zahlreiche Differenzialdiagnosen
(Kap. 6.3), sowohl erworbene Ursachen, sekundäre Ur- Praxistipp
Z
sachen, idiopathische und genetische.
Der junge Patient mit Alport-Syndrom hat häufig bei der
● Glomeruläre Erkrankungen mit familiärer Disposition
Nierenbiopsie noch nicht das Vollbild der GBM-Verände-
wie z. B. IgA-Nephropathie.
rungen. Sobald der Nephropathologe von einer „dünnen
● Fechtner-/Epstein-Syndrom (Nephropathie, Schwerhö-
GBM“ schreibt, muss eine Familienuntersuchung erfol-
rigkeit, Makro-Thrombozytopenie).
gen und zeitlebens eine enge nephrologische Anbindung
aller Familienmitglieder. Statistisch gesehen hat jeder Al-
6.17.11 Therapie port-Patient mindestens zwei andere betroffene Famili-
enmitglieder.
Therapeutisches Vorgehen
● Für die hereditären Typ-IV-Kollagen-Erkrankungen gibt
es keine spezifische Therapie. Pharmakologische Therapie
● Unter Berücksichtigung der Pathogenese gibt es dennoch
● Das therapeutische Vorgehen in Bezug auf den Start der
sehr effektive Therapien, die das Nierenversagen um vie-
nephroprotektiven Therapie mit ACE-Hemmern ist in
le Jahre herauszögern können und die Gesamtprognose
▶ Abb. 6.47 dargestellt.
und die Lebenserwartung der Patienten verbessern.
● Bei einer Proteinurie > 0,3 g/Tag sollte frühzeitig eine
● Wesentliche therapeutische Ansatzpunkte in der Patho-
nephroprotektive Therapie mit ACE-Hemmern eingelei-
genese sind [6]:
○ die Mechanik (defekte, löchrige GBM),
tet werden.
○ die schädliche Hyperfiltration,
● Medikamentöse Therapie mit ACE-Hemmer wie Rami-
○ der Podozyt als primär erkrankte Zelle (die alpha3/4/
pril; Dosierung:
○ 1–6 mg/m2 bei Kindern,
5(IV) Ketten werden ausschließlich vom Podozyt ge-
○ 2,5–10 mg bei Erwachsenen.
bildet),
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 345
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
Erkrankungen mit Befall der Glomerula
Diagnose
Typ IV-Kollagen-Erkrankung: Alport-Syndrom oder Thin Basement Membrane Nephropathy
homozygot heterozygot
Evaluation Risikofaktoren (Genotyp, Familien- Evaluation zusätzlicher Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Rauchen,
anamnese, Polymorphismen/Modifier) zusätzliche Nierenerkrankungen, Diabetes, nephrotoxische Medikamente
IV
EARLY PRO-TECT Therapie Therapie Therapie erwäge jährliche Kontrolle
Alport-Studie RAAS RAAS RAAS Therapie Risikofaktoren und Proteinurie
oder
erwäge Therapie
erwäge add on erwäge
Add-on-Therapie Add-on-Therapie
Risiko für terminales Nierenversagen Risiko für terminales Nierenversagen
100% 40%–5% 1–5%
Abb. 6.47 Alport-Syndrom. Therapeutisches Vorgehen bei Alport-Syndrom und Thin Basement Membrane Nephropathy.
Antagonist wird in Deutschland bei gut 40 % der Alport- ne, additiv zum ACE-Hemmer, nierenschützende Wir-
Patienten durchgeführt. kung nachgewiesen werden.
● Zielblutdruck: ○ Mögliche Add-on-Therapie zum ACE-Hemmer beim
○ bei Kindern: < 50. Perzentile des Altersdurchschnitts, fortschreitenden Verlauf des Alport-Syndroms [3]:
○ bei Erwachsenen: < 125/75 mmHg in der 24-Stunden- – bei Anstieg der Proteinurie unter ACE-Hemmer zu-
Messung. sätzliche Gabe eines AT 1-Antagonisten (Ausnahme:
●
Z keine doppelte RAAS-Blockade bei kardiovaskulär
vorerkrankten Patienten),
Praxistipp – bei Anstieg der Proteinurie unter ACE-Hemmer zu-
Die EARLY PRO-TECT Alport-Studie prüft derzeit deutsch- sätzliche Gabe eines Aldosteron-Antagonisten,
landweit das Nutzen-Risiko Profil einer sehr frühen ACE- – bei weiterem Anstieg der Proteinurie oder des Blut-
Hemmer Gabe bei Kindern, die Ergebnisse werden 2019 drucks zusätzliche Gabe von langwirksamen Kalzi-
erwartet. Bis dahin muss der potenzielle Nutzen einer umantagonisten, Diuretika, anderen Antihyperten-
sehr frühen ACE-Hemmer-Therapie bei Kindern mit einer siva,
isolierten Hämaturie oder Mikroalbuminurie vom Kinder- – bei Hypercholesterinämie zusätzliche Gabe von Sta-
nephrologen und den Eltern gegen die potenziellen Risi- tinen,
ken abgewogen werden. – bei sekundärem Hyperparathyreoidismus zusätzli-
che Gabe von Paricalcitol.
●
Z
● Meiden von Steroiden und anderen Immunsuppressiva,
weil diese von der Pathogenese des Alport-Syndroms
Praxistipp her nicht wirken können und ggf. schaden.
Selbst bei einem normalen Blutdruck ist der Filtrations- ● Therapie aller Folgeerkrankungen einer chronischen
druck schädlich für die löchrige GBM des Alport-Patien- Niereninsuffizienz wie sekundärer Hyperparathyreoi-
ten. Daher sollte der Filtrationsdruck möglichst durch dismus, renale Anämie etc.
eine sehr strenge Blutdruckeinstellung gesenkt werden.
Auch wenn die GFR durch die strenge Blutdruckeinstel-
lung sinkt, bleiben dadurch die Nephrone des Alport-Pa-
tienten länger funktionsfähig.
346 Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
6.17 Hereditäre Typ-IV-Kollagen-Erkrankungen
●
● Im ersten Jahr nach Nierentransplantation: Monitoring
Praxistipp
Z auf Anti-GBM-Antikörper.
Unter studie@alport.de kann man Therapiestudien zum 6.17.14 Verlauf und Prognose
Alport-Syndrom erfragen. Aktuell laufen ab 2017 zwei ● Das Alport-Syndrom führt bei homozygoten bzw. hemi-
Phase-2- und -3-Interventionsstudien mit neuen Medika- zygoten Patienten immer zum terminalen Nierenver-
menten. sagen: Unbehandelt im Mittel in Europa mit 22 Jahren,
behandelt je nach Therapiebeginn um viele Jahre spä-
ter. 6
6.17.12 Prävention
● Genetische Beratung: Nach genetischer Diagnosesiche-
rung ist eine genetische Beratung der Familien möglich.
Praxistipp
Bei der nephroprotektiven Therapie mit ACE-Hemmern
●
Z
● Nephroprotektion: Das Fortschreiten der Nierenbetei- gibt es beim Alport-Syndrom eine deutliche Korrelation
ligung kann durch eine RAAS-Blockade, vorzugsweise zwischen frühen Therapiebeginn und Nutzen: Ist die Nie-
durch ACE-Hemmer, verlangsamt werden. renfunktion bei Therapiebeginn noch normal, kann die
● Nephroprotektion: Das Fortschreiten der Nierenbetei- Dialyse um über 10 Jahre herausgezögert werden. Faust-
ligung kann mutmaßlich negativ beeinflusst werden regel: 1 Jahr frühere Diagnose bedeutet 3 Jahre später
durch an die Dialyse [1].
○ nephrotoxische Medikamente, insbesondere NSAR,
●
○ rezidivierende bakterielle Infekte,
○ Übergewicht,
6.17.13 Nachsorge
● Die Lebenserwartung der Patienten lässt sich durch
● Regelmäßige nephrologische Nachsorge wie in frühzeitige Diagnose und Therapie verbessern.
▶ Abb. 6.47 beschrieben: ● Die Prognose der Alport-Patienten an Dialyse, insbeson-
● Alle betroffenen Familienmitglieder behandeln, auch dere an der Bauchfelldialyse ist besser als bei gleichalt-
die heterozygoten. rigen Patienten mit anderen Nierenerkrankungen.
● Screening bereits im Kleinkinderalter beginnen (ab ● Noch besser als an Dialyse ist natürlich die Prognose
2 Jahren). der Alport-Patienten nach Nierentransplantation. Hier
● Bei heteroygoten Anlageträgern lebenslange nephrolo- sind die Prognose und auch das Transplantatüberleben
gische Kontrolluntersuchungen (jährlich) auf besser als bei gleichaltrigen Patienten mit anderen Nie-
○ Mikroalbuminurie oder Proteinurie,
renerkrankungen [8].
○ Hypertonie,
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 347
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
Erkrankungen mit Befall der Glomerula
348 Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
Erkrankungen mit Befall der Glomerula
348 Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
6.18 Nagel-Patella-Syndrom
lichen Veränderungen an Fingern und Nägeln und ra- HNO: Auge: Darm: Orthopädie: Niere:
Innenohr- Glaukom, Reizdarm, Rücken- renale
diologischen Veränderungen an Ellenbogen und Knie.
schwer- Augen- Obsti- lordose, Hypertonie,
○ Die Diagnosesicherung erfolgt dann genetisch.
hörigkeit innendruck pation Hyperlordose nephrot.
Syndrom 6
Anamnese
Abb. 6.48 Hereditäre Onychoosteodysplasie. Diagnostisches
● Frage nach Rückenschmerzen, Augenveränderungen,
Vorgehen bzw. Diagnosesicherung bei Verdacht auf hereditäre
HNO-Beteiligung, Darmbeteiligung, Nierenbeteiligung.
Onychoosteodysplasie.
Körperliche Untersuchung
● Lichtmikroskopisch zeigt sich das Bild einer FSGS, bei
● Aplasie oder Dysplasie von Nägeln, Patella, Ellenbogen,
einem nephrotischen Syndrom sind selbst Komple-
iliakale Exostosen.
mentablagerungen möglich und sprechen nicht gegen
● Bei gesicherter Diagnose:
eine hereditäre Genese.
○ Orthopädisch insbesondere in Bezug auf Rückenpro-
● Elektronenmikroskopisch finden sich insbesondere Ver-
bleme,
änderungen in der Lamina densa der glomerulären Ba-
○ Gastroenterologisch in Bezug auf Reizdarm und Kon-
salmembran (GBM). Diese beinhalten eine Verdickung
stipation,
der GBM und fibrilläre Ablagerungen.
○ HNO-ärztlich in Bezug auf Innenohrschwerhörigkeit,
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 349
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
Erkrankungen mit Befall der Glomerula
●
behandeln, um weitere Schäden zu verhindern:
– renale Komplikationen (renale Hypertonie, nephro-
tisches Syndrom, Niereninsuffizienz),
Praxistipp
Z
– Augenkomplikationen (Augeninnendruck, Glau-
kom). Auch wenn die hereditäre Onychoosteodysplasie eine ge-
●
Z
netische Erkrankung ist: Der Nephrologe sollte dennoch
alle nephroprotektiven Therapien wie die RAAS-Blockade
Praxistipp ausschöpfen und Sekundärkomplikationen der Nierenin-
Wenn die genetische Diagnose Hereditäre Onychoosteo- suffizienz behandeln.
dysplasie steht, sind unsinnige, schädliche Therapien mit
Steroiden und anderen Immunsupressiva zu vermeiden.
Operative Therapie
● Bevorzugtes Nierenersatztherapieverfahren ist die zeit-
● Wurde eine Nierenbeteiligung festgestellt, sollte der
nahe Nierentransplantation, da die Nierenerkrankung
Nephrologe bei der Therapie folgende Punkte beachten
[2], [3]: im Transplantat nicht rekurriert.
○ Bei einer Proteinurie sollte frühzeitig eine nephropro-
● Nach Nierentransplantation gibt es bei der hereditären
Onychoosteodysplasie (im Gegensatz zum Alport-Syn-
tektive Therapie mit einer RAAS-Blockade (ACE-Hem-
mer oder AT 1-Antagonist) eingeleitet werden. drom, Kap. 6.17) nicht die Gefahr einer Anti-GBM-Er-
○ Medikamentöse Therapie mit ACE-Hemmer wie Ra-
krankung.
mipril; Dosierung:
– 1–6 mg/m2 bei Kindern, 6.18.10 Prävention
– 2,5–10 mg bei Erwachsenen.
● Duale RAAS-Blockade:
● Genetische Beratung: Nach genetischer Diagnosesiche-
○ Im Gegensatz zu Typ-2-Diabetikern mit chronischer rung ist eine genetische Beratung der Familien möglich.
Niereninsuffizienz und Makroangiopathie ist die dua-
● Meiden von Immunsuppressiva: Die Diagnose der gene-
le RAAS-Blockade mit ACE-Hemmer und AT 1-Anta- tischen Ursache der Hereditären Onychoosteodysplasie
gonist bei einer genetischen Nierenerkrankung nicht sollte jeden weiteren Therapieversuch mit Immunsup-
unüblich bzw. es liegen keine negativen Daten zur pressiva einschließlich Steroiden unterbinden.
dualen RAAS-Blockade vor. (Ausnahme: keine dop-
● Nephroprotektion:
○ Das Fortschreiten der Nierenbeteiligung kann mögli-
pelte RAAS-Blockade bei kardiovaskulär vorerkrank-
ten Patienten). cherweise durch eine RAAS-Blockade, vorzugsweise
● Meiden nephrotoxischer Medikamente wie NSAR. durch ACE-Hemmer, verlangsamt werden.
● Meiden von Steroiden und anderen Immunsuppressiva,
● Nephrotoxizität:
○ Das Fortschreiten der Nierenbeteiligung kann mut-
weil diese von der Pathogenese der hereditäre Ony-
choosteodysplasie her nicht wirken können und ggf. maßlich durch nephrotoxische Medikamente, ins-
schaden. besondere NSAR, negativ beeinflusst werden.
● Therapie aller Folgeerkrankungen einer chronischen
Niereninsuffizienz wie sekundärer Hyperparathyreoi-
dismus, renale Anämie etc.
350 Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
6.18 Nagel-Patella-Syndrom
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved. 351
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
7.1 Akute Tubulusnekrose 354
Kapitel 7 7.2 Medikamenteninduzierte akute
interstitielle Nephritis 357
Erkrankungen mit Befall der 7.3 Interstitielle Beteiligung bei
Tubuli systemischem Lupus
erythematodes 361
7.4 Interstitielle Nephritis bei
Sjögren-Syndrom 364
7.5 Interstitielle Nephritis bei
Sarkoidose 366
7.6 Granulomatöse interstitielle
Nephritis 370
7.7 Diabetische Tubulopathie 373
7.8 Systemische Sklerose 375
7.9 Multiples Myelom und MGUS 378
7.10 Infektionsbedingte interstitielle
Nephritis 387
7.11 Hantavirus-Infektion 390
7.12 IgG4-assoziierte
tubulointerstitielle Nephritis 394
7.13 Hypokaliämische Nephropathie 397
7.14 Sekundäre interstitielle Nephritis
bei onkologischen Patienten 400
7.15 Strahlennephropathie 403
7.16 Chronische Nierenerkrankung
bei Sichelzellanämie 406
7.17 Analgetika-Nephropathie 410
7.18 Endemische Balkan-
Nephropathie 413
7.19 Bardet-Biedl-Syndrom 416
7.20 Blei-Nephropathie 418
7.21 Cadmium-Nephropathie 420
7.22 Gold-Nephropathie 421
7.23 Lithium-Nephropathie 422
7.24 Nephropathie durch
chinesische Kräuter 425
7.25 Penicillamin-Nephropathie 427
7.26 Tubulointerstitielle-Nephritis-
und-Uveitis-Syndrom 428
Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.
Erkrankungen mit Befall der Tubuli
354 Alscher, Referenz Nephrologie (ISBN 978-3-13-240001-6), © 2019. Thieme. All rights reserved.
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!
Usage subject to terms and conditions of license.