Beruflich Dokumente
Kultur Dokumente
Racemat
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Racematspaltung)
Ein Racemat (auch Razemat; von lat.: acidum racemicum = Traubensäure, mit der die erste Racemat-Trennung
gelang; Aussprache Ra-ze-mát) ist ein äquimolares Gemisch von zwei Enantiomeren. Ein Racemat dreht die
Polarisationsebene von polarisiertem Licht nicht und ist nicht optisch aktiv.
Inhaltsverzeichnis
1 Eigenschaften
2 Geschichte
3 Kristallisation
3.1 Racemische Verbindung
3.2 Konglomerat
3.3 Pseudoracemat
4 Racematspaltung
5 Siehe auch
6 Quellen und Anmerkungen
7 Weblinks
Eigenschaften
Die Unterscheidung, ob eine Verbindung als Racemat oder als eines der reinen Enantiomere vorliegt, ist insofern
wichtig, als Enantiomere zwar gleiche physikalische[1], aber oft völlig unterschiedliche physiologische
Eigenschaften aufweisen. So riecht D-(+)-Carvon nach Kümmel, während L-(–)-Carvon nach Minze riecht. D-
(–)-Leucin schmeckt süß, während L-(+)-Leucin bitter schmeckt. Wichtig sind die Eigenschaften in der
Pharmakologie, wo zum Beispiel der (S)-konfigurierte β-Blocker (Betarezeptorenblocker) 100mal stärker als
das (R)-Enantiomer wirken kann.[2] Ein Enantiomer von Thalidomid, dem Wirkstoff in Contergan, ist ein
Teratogen (wirkt fruchtschädigend, siehe Contergan-Skandal). Hier ist eine Trennung der Enantiomere nutzlos,
da sich jedes einzelne der Enantiomere in vivo in eine Mischung aus (S)- und (R)-Enantiomer umwandelt [3] [4]
Den vollständigen oder anteiligen Abbau eines vorhandenen Enantiomerenüberschusses bezeichnet man als
Racemisierung. Die Auftrennung eines Racemats in die einzelnen Enantiomere erfolgt durch
Racematspaltung.[5]
Der Schmelzpunkt eines Racemats weicht in der Regel vom Schmelzpunkt der reinen Enantiomeren ab.[6] Dabei
kann der Schmelzpunkt das Racemates tiefer oder höher liegen als der der reinen Enantiomeren. Dieses auf den
ersten Blick unerwartete Phänomen kann erklärt werden: Wenn das Racemat als racemisches Gemisch
(Konglomerat) kristallisiert, liegen die Kristalle der (+)- und (−)-Form getrennt nebeneinander vor, d. h. das
(+)-Enantiomere hat eine höhere Affinität zu (+)-Molekülen und das (−)-Enantiomere hat eine höhere Affinität zu
(−)-Molekülen. Es entstehen also bei der Kristallisation nebeneinander reine (+)- und (−)-Kristalle. Der
Schmelzpunkt des racemischen Gemischs liegt deutlich unter dem Schmelzpunkt der reinen Enantiomeren.
Beispiel: Beide reinen (+)- und (−)-Enantiomere des Arzneistoffes Glutethimid schmelzen bei 102–103 °C.
de.wikipedia.org/wiki/Racematspaltung 1/4
31.08.2010 Racemat – Wikipedia
Hingegen hat (±)-Glutethimid, also das racemisches Gemisch, einen Schmelzpunkt von 84 °C.
Anders ist die Situation, wenn die (+)-Enantiomeren beim Kristallisieren bevorzugt mit den (−)-Enantiomeren
zusammenlagern. Dann enthält jeder Kristall gleich viele Moleküle beider Enantiomere. Man nennt diesen Fall
eine racemische Verbindung. Die racemische Verbindung unterscheidet sich in ihren physikalischen
Eigenschaften von den reinen Enantiomeren. Der Schmelzpunkt kann höher, gleich oder niedriger liegen, als der
der reinen Enantiomeren. Beispiel: Die reinen Enantiomeren des Arzneistoffes Ibuprofen haben einen
Schmelzpunkt von 50–52 °C, racemisches Ibuprofen hat einen Schmelzpunkt von 75–77,5 °C. Racemisches
Ibuprofen kristallisiert also als racemische Verbindung.
Geschichte
Pasteur ließ 1847, im Alter von 25 Jahren, eine wässrige Lösung von racemischem
Natrium-Ammonium-Tartrat auskristallisieren und trennte daraus einzelne Kristalle
aufgrund ihrer asymmetrischen Form („hemihedrale Flächen“). Eine Lösung der
Kristalle einer Sorte zeigte optische Aktivität in die eine, die andere in die
entgegengesetzte Richtung – das Racemat war in Enantiomeren getrennt. Man
zweifelte Pasteurs Arbeit an und er musste sie unter der Aufsicht von Jean-Baptiste
Biot wiederholen, was gelang. Pasteur hatte Glück: Wäre es im Labor kälter D- und L-
gewesen, wäre der Versuch misslungen. Bei Natrium-Ammonium-Tartrat tritt Tartratkristalle, die
spontane Spaltung nur oberhalb von etwa 18 °C auf (Kristallisation als sich wie Bild und
Konglomerat), darunter wäre nur eine Sorte Kristalle entstanden - die racemische Spiegelbild verhalten
Verbindung.
Kristallisation
Man unterscheidet drei verschiedene Arten, in denen ein Racemat kristallisieren kann, dies hat besonders
Auswirkungen auf Racematspaltungen durch Kristallisation. H. W. B. Roozeboom hat bereits 1899 klar
definiert, wie man zwischen diesen Arten unterscheiden kann.
Racemische Verbindung
Ein kristallines Racemat, das eine einzige Phase bildet, in welcher die zwei Enantiomere wohlgeordnet in einem
1:1 Verhältnis in der Elementarzelle vorkommen, wird racemische Verbindung genannt. Die Mehrheit aller
chiralen Verbindungen kristallisiert auf diese Weise.
Konglomerat
Ein Konglomerat (racemisches Gemisch) ist ein kristallines Racemat, das aus einer 1:1-Mischung aus separaten
Kristallen der reinen Enantiomere besteht. Die Elementarzellen jedes einzelnen Kristalls bestehen also entweder
ausschließlich aus dem (+)-Enantiomer oder aus dem (–)-Enantiomer. Dieser kristalline Typ kommt seltener vor
als die racemische Verbindung.[7]
Pseudoracemat
Dies ist ein kristallines Racemat, in dem die beiden Enantiomere Mischkristalle bilden[8], die Enantiomere im
Kristallgitter also statistisch verteilt sind. Ungleiche Mengen beider Enantiomere können in jedem Verhältnis
cokristallisieren. Nur sehr wenige chirale Verbindungen kristallisieren auf diese Weise.
Racematspaltung
de.wikipedia.org/wiki/Racematspaltung 2/4
31.08.2010 Racemat – Wikipedia
Als Racematspaltung werden Verfahren zur Trennung von Racematen in ihre Enantiomere bezeichnet.
Auftrennungsprinzipien sind:
Die klassische Methode nach Louis Pasteur, die allerdings praktisch unbedeutend ist, ist das manuelle
Aussortieren von Kristallen unter dem Mikroskop. Eine Voraussetzung dafür ist, dass das Racemat von sich aus
Kristalle bildet, die nur eines der Enantiomere enthalten (spontane Spaltung). Solche Kristalle unterscheiden sich
auch makroskopisch wie Bild und Spiegelbild.
Die im organisch-chemischen Labor übliche Methode ist das in Kontakt bringen mit chiralen Materialien.
Chromatographisch wählt man dazu entweder die mobile (Eluenz) oder die stationäre Phase optisch aktiv. Das
führt zur unterschiedlichen Retention zweier Enantiomere. Auch eine dünnschichtchromatographische
Enantiomerentrennung unter Verwendung einer enantioselektiven stationären Phase ist bekannt.
Eine weitere Methode ist die kinetische Racematspaltung. Dabei wird eine racemische Substanz mit einem
enantiomerenreinen Reagenz zusammen gebracht, wobei ein Enantiomer schneller reagiert als das andere. Ist der
Unterschied in der Reaktionsgeschwindigkeit groß genug, bleibt ein Enantiomer unverändert zurück, das andere
Enantiomer wird in eine neue (evtl. ebenfalls chirale) Verbindung überführt. Dieses Trennprizip macht man sich z.
B. bei der enzymatischen Racematspaltung mit Hydrolasen zu nutze. Die häufiger angewendete Art der
kinetischen Racematspaltung bedient sich der Katalyse, bei der anstelle eines Reagens ein enantiomerenreiner
Katalysator verwendet wird, der ein Enantiomer des Edukts schneller umsetzt als das andere. Erstmals
demonstriert wurde dieses Verfahren ebenfalls durch Pasteur 1858, der den Schimmelpilz Penicillium glaucum
mit racemischer Weinsäure als Nährstoff wachsen ließ. Während das eine Enantiomer vom Pilz verstoffwechselt
wurde, blieb das andere Enantiomer in der Lösung zurück.[12]
Siehe auch
Chiralität
Mischkristall
Weblinks
Quarks & Co.: Racematspaltung durch Pasteur (http://www.quarksundco.de/dyn/18882.phtml)
Von „http://de.wikipedia.org/wiki/Racemat“
Kategorien: Stoffgemisch | Chemische Bindung | Stereochemie
Diese Seite wurde zuletzt am 20. Mai 2010 um 09:55 Uhr geändert.
Der Text ist unter der Lizenz „Creative Commons Attribution/Share Alike“ verfügbar; zusätzliche
Bedingungen können anwendbar sein. Einzelheiten sind in den Nutzungsbedingungen beschrieben.
Wikipedia® ist eine eingetragene Marke der Wikimedia Foundation Inc.
Datenschutz
Über Wikipedia
Impressum
de.wikipedia.org/wiki/Racematspaltung 4/4