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Peter Hakenesch
Version 3.0
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis ....................................................................................... 6
1 Einleitung ........................................................................................................ 11
1.1 Historische Entwicklung ........................................................................... 11
1.2 Arbeitsweise in der Strömungsmechanik ................................................. 12
1.3 Begriffsdefinitionen und physikalische Eigenschaften von Fluiden ........ 13
1.3.1 . Bahnkurve, Stromlinie, Stromfaden und Stromröhre ................... 14
1.3.2 . Stationäre- und instationäre Strömung ......................................... 18
1.3.3 . Reale und ideale Fluide ................................................................ 19
1.3.4 . Kompressible- und inkompressible Fluide ................................... 20
1.3.5 . Ein-, zwei- und drei-dimensionale Strömungen ........................... 22
1.3.6 . Zustandsgrößen und Aggregatszustände ...................................... 22
1.3.7 . Teilchenkräfte, Oberflächenspannung und Kapillarwirkung ....... 24
2 Hydrostatik ..................................................................................................... 31
2.1 Druck ........................................................................................................ 31
2.1.1 . Hydrostatischer Druck .................................................................. 33
2.1.2 . Pascalsches Paradoxon und virtuelles Volumen .......................... 34
2.1.3 . Kommunizierende Röhren oder verbundene Gefäße ................... 35
2.1.4 . Hydraulische Presse ..................................................................... 36
2.1.5 . Förderhöhe einer Saugpumpe ....................................................... 38
2.1.6 . Kavitation ..................................................................................... 39
2.2 Druckmessung .......................................................................................... 40
2.2.1 . Statische Größen und Totalgrößen ............................................... 40
2.2.2 . Einbau von Drucksonden ............................................................. 41
2.2.3 . U-Rohrmanometer und Schrägrohrmanometer ............................ 42
2.2.4 . Einfluss von Temperatur und Luftfeuchte auf die Druckmessung 44
2.3 Druckkräfte auf Begrenzungsflächen ....................................................... 45
2.3.1 . Kräfte auf ebene Flächen .............................................................. 46
2.3.2 . Druckkraft auf gekrümmte, abwickelbare Flächen ...................... 50
2.3.3 . Druckkraft auf nicht-abwickelbare Flächen ................................. 51
2.4 Statischer Auftrieb .................................................................................... 55
2.4.1 . Grenzen des archimedischen/statischen Auftriebs ....................... 58
2.5 Stabilität schwimmender Körper .............................................................. 59
2.6 Fluide unter Beschleunigung .................................................................... 60
2.6.1 . Fluide unter translatorischer Beschleunigung .............................. 61
2.6.2 . Fluide unter rotatorischer Beschleunigung ................................... 62
3 Aerostatik ........................................................................................................ 67
3.1 Aufbau der Erdatmosphäre ....................................................................... 67
3.1.1 . Dynamisches System Erdatmosphäre........................................... 67
3.1.2 . Höhenschichten der Atmosphäre .................................................. 69
3.1.3 . Chemische Zusammensetzung der Atmosphäre ........................... 70
3.1.4 . Abhängigkeit des Luftdrucks von der Höhe ................................. 71
3.2 Internationale Normatmosphäre (ISA) ..................................................... 75
3.3 Höhendefinitionen .................................................................................... 80
3.3.1 . Geometrische Höhe und absolute Höhe ....................................... 80
3.3.2 . Geopotentielle Höhe ..................................................................... 81
3.3.3 . Druckhöhe .................................................................................... 82
3.3.4 . Dichtehöhe.................................................................................... 85
3
Inhaltsverzeichnis
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Inhaltsverzeichnis
5
Abkürzungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Lateinische Abkürzungen
A [m²] Fläche
A [N] Auftrieb
a [m/s] Schallgeschwindigkeit
a [m²/s] Beschleunigung
a [m²/s] Temperaturleitfähigkeit
b [m] Spannweite
C [-] Durchflusskoeffizient
C [-] Dimensionsloser Beiwert
c [m/s] Geschwindigkeit
c [kJ/kgK] spezifische Wärme
d [m] Durchmesser
e [J/kg] spezifische Energie
e [-] Abminderungsfaktor
F [N] Kraft
g [m²/s] Erdbeschleunigung
f [-] Anzahl der Freiheitsgrade
g [m²/s] Erdbeschleunigung
H [-] Höhe
H [J] Enthalpie
h [m] Höhe
h [m] Höhe, kapillare Steighöhe
h [m] Höhe des Metazentrums
h [J/kg] spezifische Enthalpie
I [Ns] Impuls
J [kgm2] Massenträgheitsmoment
K [-] Anzahl der Komponenten
K [-] Kontrollraum
k [m] Rautiefe
L [m] Länge
L [Nms] Drall, Drehimpuls
l [m] Länge
M [- ] Metazentrum
M [Nm] Moment
6
Abkürzungsverzeichnis
m [kg] Masse
N [-] Flächenschwerpunkt
Nu [-] Nußelt
n [-] Polytropenexponent
O [m²] benetzte Oberfläche
P [-] Anzahl der Phasen
P [W] Leistung
Pr [-] Prandtl
p [Pa] Druck
Q [J] Wärme
q [J/kg] spezifische Wärme
R [J/kgK] Spezifische Gaskonstante
R [m] Radius
R [N] Kraft, resultierende
Re [-] Reynolds
r [m] Radius
r [-] recovery-Faktor
r [-] Ortsvektor
S [-] Stromlinie
S [J/K] Entropie
S [m²] Fläche
s [m] Strecke
s [J/kgK] spezifische Entropie
T [s] Umlaufzeit
T [K, °C] Temperatur
t [s] Zeit
U [m] Umfang
u, v, w [m/s] Geschwindigkeiten in x-, y-, z-Richtung
V [m³] Volumen
v [m³/kg] spezifisches Volumen
W [N] Widerstand
W [J] Arbeit
w [J/kg] spezifische Arbeit
Y [J/kg] spezifische Arbeit
x, y, z [m] Koordinaten
7
Abkürzungsverzeichnis
Griechische Abkürzungen
[°], [rad] Winkel
[-] Durchflussziffer
[W/m²K] Wärmeübergangskoeffizient
[°], [rad] Anstellwinkel
K [-] Kontraktionszahl
[°], [rad] Winkel
[-] Durchmesserverhältnis
[°], [rad] Schiebewinkel
[m2/s] Zirkulation
[m³/kgs²] Gravitationskonstante
[K/m] Temperaturgradient
[m] Dicke
[-] Verlustziffer
[-] Wirkungsgrad
[°C] Temperatur
[-] Isentropenexponent
[-] Streckung
[W/mK] Wärmeleitfähigkeit
[-] Rohrreibungszahl
[Pas] dynamische Viskosität
[m] Bezugslänge
[m²/s] kinematische Viskosität
[-] Kreiszahl
[kg/m³] Dichte
[N/m] Oberflächenspannung
[kJ/kg] Schmelzwärme
[ms²/kg] Kompressibilität
[N/m²] Schubspannung
[%] relative Luftfeuchte
[°], [rad] Winkel
[W/m²] Wärmestromdichte
[s-1] Winkelgeschwindigkeit
8
Abkürzungsverzeichnis
Indizes
0 Totalgröße
1 Verdrängungsdicke
2 Impulsverlustdicke
∞ freie, ungestörte Außenströmung
A Auftrieb
a außen
a absolut
a adiabat
a Grenzschichtrand
a axial
a aerodynamisch
D Druckwiderstand
diss dissipiert
e eigen (= adiabat)
g geometrisch
ges Totalgröße
hydr hydraulisch
i innen
i induziert
ind induzierter Widerstand
int Interferenzwiderstand
krit kritisch
lam laminar
M Moment
N Nase
N normal
p Druck
p konstanter Druck
Rest Restwiderstand
ref Bezugsgröße
S Strömungsgrenzschicht
Sys Systemenergien
T Temperaturgrenzschicht
Trans Transportenergien
T tangential
9
Abkürzungsverzeichnis
t Totalgröße
turb turbulent
U laminare Unterschicht
u Umfang
V Verlustdruck
v konstantes Volumen
W Wand
W Wellenwiderstand
W Widerstand
10
1 Einleitung
1 Einleitung
Strömungsmechanik oder auch Fluidmechanik bezeichnet die Wissenschaft von
den Gesetzen der Bewegung und des Kräftegleichgewichtes der ruhenden und be-
wegten Flüssigkeiten und Gase. Sie ist ein Teilgebiet der Technischen Mechanik
und somit Teil der angewandten Physik. Die genaue Bezeichnung dieser Wissen-
schaft lautet Mechanik flüssiger Körper oder Fluidmechanik, wobei unter dem Be-
griff "flüssige Körper" dünnflüssige, tropfbare Flüssigkeiten und Gase zu verstehen
sind. Da im Deutschen ein Oberbegriff für tropfbare Flüssigkeiten und Gase fehlt,
hat man dafür nach DIN 5492, inzwischen ersetzt durch DIN 1304, den Begriff
"Fluid" bzw. “Fluide“ vorgeschlagen: „Unter einem Fluid wird eine Flüssigkeit,
ein Gas oder ein Dampf , also ein nichtfestes Kontinuum verstanden, auf welches
die Gesetze der Strömungsmechanik anwendbar sind.“
Im Englischen wird die Bezeichnung "fluid" als Oberbegriff für Flüssigkeiten und
Gase, also ein nichtfestes Kontinuum in Abgrenzung zum Festkörper („solid“),
verwendet. Der Begriff "Strömungsmechanik" wird aus historischen Gründen im-
mer noch verwendet, umfasst jedoch streng genommen nicht die Wissenschaft von
den Gesetzmäßigkeiten ruhender Flüssigkeiten und Gase, das heißt der Hydrostatik
beziehungsweise Aerostatik.
Bis zum 17. Jahrhundert war die Strömungsmechanik durch eine ausschließlich
experimentelle Arbeitsweise gekennzeichnet. Angesichts der bereits in der Antike
erreichten Leistungen auf dem Gebiet der Strömungsmechanik erwies sich dieses
Vorgehen im Rahmen von Versuch und Irrtum als pragmatisch. Bereits um 3250 v.
Chr. wurden im alten Ägypten künstliche Bewässerungssysteme eingeführt, die
neben der Bewässerungsfunktion noch weitreichende gesellschaftliche Konsequen-
zen nach sich zogen. Wittvogel (1931) vertritt die Theorie, dass erst durch die Re-
gulierung und Verteilung von knappen Wasserressourcen die Basis zur Entstehung
von autokratischen Gesellschaftssystemen geschaffen wurde, wie beispielsweise in
Ägypten oder später in China. Auf ihn geht der Begriff der hydraulischen Gesell-
schaft zurück. Ähnlich erfolgreich waren auch Erfindungen, wie beispielsweise die
archimedische Schraube oder Schneckenpumpe zur Wasserförderung. Dieses
Pumpprinzip wurde in Holland zur Entwässerung der Polder bis ins 19. Jahrhundert
eingesetzt. Auch wenn sie im Wesentlichen dem Unterhaltungssektor zugeordnet
werden können, so stellen die ab dem 11. Jahrhundert in China gefertigten Raketen
das Ergebnis strömungsmechanischer Entwicklungen dar. Kleinigkeiten wie Form-
gebung der Düse, Ausströmgeschwindigkeit, Brennkammerdruck und –temperatur
wurden auch hier rein experimentell ermittelt.
Im 17.- 18. Jahrhundert setzte zeitgleich mit der Entwicklung der Differential- und
Integralrechnung die Entwicklung der theoretischen Strömungsmechanik ein. Nun
standen zwar die mathematischen Werkzeuge und Methoden zur Beschreibung
komplexer strömungsmechanischer Fragestellungen zur Verfügung, was noch lan-
ge nicht bedeutete, dass dadurch auch deren Beantwortung in allen Fällen möglich
war.
Erst seit ca. 1960, mit der Verfügbarkeit der ersten leistungsfähigen elektronischen
Rechner, als bisher einzig bekanntem sinnvolles Abfallprodukt der bemannten
11
1 Einleitung
Wodurch zeichnet sich nun die Arbeit eines Strömungsmechanikers aus? Vergli-
chen mit der Massenpunktdynamik, die häufig sehr gute Einblicke in reale Vor-
gänge gibt, ist die Strömungslehre wesentlich komplexer.
Mithilfe der Massenpunktdynamik lässt sich beispielsweise eine Planetenbewe-
gung vergleichsweise einfach darstellen, sofern die Koordinaten des Schwerpunk-
tes S, dessen Geschwindigkeit w und Beschleunigung a bekannt sind. Dazu fällt
Ihnen sicher das 3. Gesetz von Kepler zur Berechnung der Umlaufbahn eines Pla-
neten um die Sonne ein:
∙
. 3,36 ∙ 10 ⁄
4∙
mit
Gravitationskonstante 6,6710-11 m³/kgs²
mS Masse der Sonne, ca. 1,991030 kg
ergibt sich bei einer mittleren Umlaufzeit der Erde um die Sonne von T = 365 Ta-
gen = 3,1536107 s der mittlere Abstand der Erde zur Sonne von r = 1,4951011 m.
Da die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum ca. c = 3108 m/s beträgt, benötigt das
Licht für die Strecke von der Sonne zur Erde somit t = 498 s = 8,3 min.
Den Ansatz der Massenpunktdynamik, der bei der Bahnberechnung von Planeten
sehr gute Ergebnisse liefert, ließe sich theoretisch auch auf die Umströmung eines
Körpers anwenden. Im Falle von Luft sind die Molekül- bzw. Atommassen der
einzelnen Komponenten bekannt. Analog zur Bahnberechnung eines Planeten
könnte man nun für jedes einzelne Teilchen eine Bahnberechnung erstellen. Diese
Betrachtung hat jedoch einen kleinen Schönheitsfehler. Da die Bahnberechnung für
alle im Kontrollvolumen enthaltenen Teilchen zu erstellen ist, stößt man sehr
schnell an die Grenzen des Möglichen. Unter Normbedingungen (p = 1 bar, T =
0°C) entspricht dies bei Luft einem Volumen von V = 0,022414 m³. Darin sind NA
= 6,0221023 Teilchen enthalten. Das ergibt eine stattliche Anzahl von Gleichungen,
die hier zu lösen wären.
Daher nimmt das Versuchswesen in der Strömungsmechanik eine wichtigere Rolle
ein als in der Massenpunktdynamik. In der Strömungsmechanik stehen häufig nicht
die bewegten Teilchen als vielmehr die Rückwirkung der Strömung auf ruhende
oder gleichförmig bewegte Körper im Mittelpunkt des Interesses, beispielsweise
––––––––––
1
Raumfahrt, bemannte: In diesem Zusammenhang wird gerne auf die Teflon-Pfanne verwiesen.
Angesichts der Unsummen, die die bemannte Raumfahrt bis heute verschlungen hat, wäre eine Brat-
pfanne ohnehin ein sehr ärmliches Ergebnis. Die Wahrheit ist aber noch viel trauriger. Das Patent zur
Teflon-Beschichtung geht bereits auf das Jahr 1938 zurück.
12
1 Einleitung
Die in Abb. 1-1 skizierte Unterteilung der einzelnen Gebiete der Strömungsmecha-
nik folgt keiner stringenten Logik, hat sich aber im Lauf der Geschichte als prakti-
kabel erwiesen.
Im Gegensatz zum Festkörper, bei dem eine Streckgrenze (Beginn der plastischen
Verformung), gefolgt von einer Bruchgrenze (Materialversagen) vorliegen, ver-
formt sich ein Fluid unter dem Einfluss einer Schubspannung bis zum Erreichen
einer monomolekularen Schicht beständig weiter. Zusätzlich wird die Annahme der
Kontinuumshypothese erfüllt, das heißt die Masse ist stetig über das Kontrollvolu-
men verteilt. Die Mehrzahl der Fluide weisen, ähnlich wie Festkörper, ein nahezu
lineares Dehnverhalten auf und werden als Newton‘sche Fluide bezeichnet. Fluide,
die in ihrem Dehnverhalten markant von dieser linearen Näherung abweichen wer-
den dem Gebiet der Rheologie zugeordnet. Darunter fallen beispielsweise Honig,
flüssiger Beton, Zahnpasta, Farbdispersionen oder flüssiger Kuchenteig.
Die Unterteilung in Hydromechanik (Flüssigkeiten) und Mechanik der Gase ist
nicht so trennscharf, wie man glauben möchte. Bei kleinen Strömungs-
geschwindigkeiten verhalten sich Flüssigkeiten und Gase erfreulicherweise sehr
ähnlich. In beiden Fällen lassen sich ruhende und bewegte Systeme unterscheiden.
Aufgrund seiner besonderen Bedeutung wird die Hydraulik, eigentlich ein Teilge-
biet der Hydrodynamik, als eigenständiges Gebiet betrachtet. Zu Problemen, die
innerhalb der Hydrostatik betrachtet werden gehört beispielsweise die Berechnung
der Belastung auf eine Staumauer, während bei der Hydrodynamik die Strömungs-
verhältnisse im Fallrohr, das vom Stausee zur Turbine führt, betrachtet werden. Ei-
ne Fragestellung aus dem Bereich der Aerostatik wäre beispielsweise die Nutzlast-
berechnung eines Gasballons wohingegen die Berechnung des Ausströmvorgangs
aus dem Ventil in den Bereich der Aerodynamik beziehungsweise der Gasdynamik
fällt. Die Aerodynamik lässt sich in kompressible und inkompressible Strömungen
unterteilen. Bei niedrigen Geschwindigkeiten, die Grenze liegt hier bei einer Ge-
schwindigkeit, die 30% der Schallgeschwindigkeit entspricht, verhalten sich Gase
ähnlich wie eine Flüssigkeit und lassen sich dadurch recht einfach berechnen. Bei
höheren Geschwindigkeiten lässt sich diese schöne Vereinfachung leider nicht
mehr anwenden und Sie befinden sich im Bereich der kompressiblen Strömungen,
die auch als Gasdynamik bezeichnet wird. Die nächste magische Grenze, die Sie
bei einer weiteren Erhöhung der Geschwindigkeit passieren ist die sogenannte
Schallmauer, die den Unterschallbereich von dem Überschallbereich trennt. Die
Unterscheidung Unter- zu Überschallströmung ergibt sich ganz einfach aus dem
Vergleich ob die Flug- beziehungsweise Strömungsgeschwindigkeit kleiner oder
größer als die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Wellen, also der Schallgeschwin-
digkeit ist. Insbesondere für die Flugzeugaerodynamik ist der Übergangsbereich
von Unterschall zu Überschall, dem sogenannten Transschall (0,8 < Mach < 1,2)
von besonderem Interesse, da sich hier die Strömungsparameter besonders stark in
Abhängigkeit von der Mach-Zahl, also dem Verhältnis von Strömungsgeschwin-
digkeit zu Schallgeschwindigkeit, ändern. Handelt es sich bei der Grenze zwischen
Unterschall und Überschall noch um eine scharf definierte Grenze, so ist die Ab-
grenzung zum nächst höheren Geschwindigkeitsbereich, dem Hyperschall, nicht
13
1 Einleitung
Rheologie Strömungsmechanik
inkompressibel kompressibel
Unterschall
Transschall
Überschall
Hyperschall
verdünnte Gase
Die Bahnkurve beschreibt die Flugbahn, das heißt die Kurve auf der sich ein einzi-
ges Fluidteilchen bewegt. Optisch lässt sich die Bahnkurve zum Beispiel durch die
farbliche Markierung des zu beobachteten Teilchens und die Beobachtung über ei-
nen längeren Zeitraum t-2 < t < t2 bestimmen. Die Markierung kann durch die Zu-
gabe von Farbtropfen in einer Wasserströmung oder durch Rauch in einer Luft-
strömung erfolgen. Werden nur wenige oder auch nur ein einziges Teilchen
markiert und Sie stellen Ihre Kamera auf eine längere Belichtungszeit ein, so wird
die Bahnlinie des markierten Teilchens als durchgehende Kurve auf der photogra-
phischen Aufnahme erscheinen.
14
1 Einleitung
Stromlinie
t = t0 = const. t0
t0
t1
t2
Bahnlinie
t0
t-2 < t < t2
t0
t0
t-1
t-2
15
1 Einleitung
Analog verhält sich die Situation in einem Strömungsfeld, welches völlig unbeein-
flusst ist, von der Dichte der markierten Stromlinien, da diese das Strömungsfeld
lediglich beschreiben.
S1
S2
16
1 Einleitung
Druck steigt oder sinkt. Dazu benötigen Sie lediglich zwei sehr einfache Basisglei-
chungen der Strömungsmechanik, die Kontinuitätsgleichung und die Bernoulli-
Gleichung. Diese beiden Gleichungen werden Sie in Kapitel 4 (Strömung von Flu-
iden) noch näher kennenlernen.
Die Kontinuitätsgleichung besagt, dass bei einer stationären Strömung der Mas-
sestrom konstant ist, das heißt der Massestrom der am Querschnitt (1) in das
System eintritt ist identisch mit dem Massestrom, der am Querschnitt (2) wieder
aus dem System austritt. Einfacher gesagt: Das was am linken Ende in ein Rohr
einströmt, muss auch am rechten Ende wieder herauskommen. Der Massestrom
ist definiert als das Produkt aus Dichte , Geschwindigkeit c und Strömungsquer-
schnitt A, also ∙ ∙ const. Betrachten Sie die in Abb. 1-5 skizzierten
Stromlinien um ein Tragflügelprofil. An der Flügeloberseite liegen die Linien en-
ger zusammen als im Querschnitt (1) oder (2), das bedeutet, dass der Strömungs-
querschnitt zwischen zwei Stromlinien an der Flügeloberseite kleiner ist als in (1)
oder (2). Unter der Annahme, dass es sich hier um eine inkompressible Strömung
handelt, muss sich infolge des verkleinerten Querschnitts an der Oberseite die Ge-
schwindigkeit ebenfalls ändern. Zur Erfüllung der Forderung nach einem konstan-
ten Massestrom muss die Geschwindigkeit an dieser Stelle also größer werden. Sie
können somit ohne jegliche Berechnung die Aussage treffen, dass an der Flügelo-
berseite die Strömung beschleunigt wird.
(1) (2)
F
∙ const.
2
Im Fall unseres Tragflügels hatten Sie schon aus der Anordnung der Stromlinien
erkannt, dass die Strömung auf der Oberseite des Flügels beschleunigt. Die einzige
Möglichkeit um die Forderung nach einem konstanten Gesamtdruck bei einer Ge-
schwindigkeitserhöhung zu erfüllen, besteht in einer Absenkung des statischen
Drucks p, das heißt, dass im Strömungsfeld mit einer Geschwindigkeitserhöhung
immer eine Verringerung des statischen Drucks einhergeht. Sie erhalten also auf
der Flügeloberseite einen geringeren statischen Druck als auf der Flügelunterseite.
Diese Druckdifferenz zwischen Ober- und Unterseite resultiert in einer nach oben
gerichteten Kraft, dem Auftrieb.
In Abb. 1-6 verlaufen eine endliche Zahl von Stromlinien durch die Eintrittsfläche
A1, die durch die Hüllkurve K1 gebildet wird. Die gleiche Anzahl von Stromlinien
17
1 Einleitung
tritt durch die Austrittsfläche A2, die durch die Hüllkurve K2 gebildet wird wieder
aus. Die Gesamtheit all dieser Stromlinien wird als Stromfaden bezeichnet. In vie-
len Anwendungsfällen genügt jedoch bereits eine einzige Stromlinie, die die Mit-
telwerte aller Stromlinien auf sich vereinigt. Das entspricht dem eindimensionalen
Stromfaden. Insbesondere bei der Betrachtung von Rohrströmungen ist solch eine
Abbildung der Mittelwerte auf einem eindimensionalen Stromfaden völlig ausrei-
chend um beispielsweise den Massestrom in einer Leitung zu berechnen. Die ein-
hüllende Fläche eines Stromfadens wird als Stromröhre bezeichnet.
Stromfadenachse
Austrittsfläche A 2
Hüllkurve K2
Stromröhre
Hüllkurve K1
Eintrittsfläche A 1
Zur Beschreibung eines Strömungsfeldes ist auch die Betrachtung des Zeitverhal-
tens der Zustandsgrößen im Strömungsfeld, das heißt Geschwindigkeit, Druck,
Dichte und, Temperatur, erforderlich. Bleiben alle diese Zustandsgrößen über den
betrachteten Zeitraum konstant, so spricht man von einer stationären Strömung.
Die zeitlichen Derivativa verschwinden also:
∂
0
Ändert sich auch nur eine einzige Zustandsgröße über den betrachteten Zeitraum,
so spricht man von einer instationären Strömung. Die Berechnung instationärer
Strömung erfordert in aller Regel das Aufstellen und Lösen von partiellen Diffe-
rentialgleichungen.
Sehr langsam ablaufende oder auch sehr kleine Veränderungen werden als quasi-
stationär bezeichnet und die betrachtete Strömung kann wieder wie eine stationäre
Strömung behandelt werden.
18
1 Einleitung
Bei realen oder reibungsbehafteten Fluiden treten infolge der Reibung Schubspan-
nungen in Strömungsrichtung auf, es erfolgt eine Umwandlung mechanischer
Energie in Wärme, das heißt es wird Reibungsarbeit verrichtet. Dies führt zur Aus-
bildung einer sogenannten Grenzschicht in Wandnähe und kann zur Ablösungen
der Grenzschicht von der Wand des umströmten Körpers führen. Bei idealen oder
reibungsfreien Fluiden werden zwei wesentliche Vereinfachungen getroffen. Zum
einen wird die Reibung innerhalb des Fluides als auch, und das ist wesentlich be-
deutsamer, die Reibung zwischen dem Fluid und der Wand des umströmten Kör-
pers vernachlässigt. Es treten also keine Schubspannungen in Strömungsrichtung
auf, wodurch sich auch keine Grenzschicht im wandnahen Bereich ausbilden kann.
Mangels Grenzschicht kann natürlich auch keine Ablösung selbiger von der Wand
erfolgen. Zum anderen wird die Dichte im gesamten Strömungsfeld als konstant
angenommen. Solche Strömungen werden als Potentialströmungen bezeichnet.
Selbstverständlich existieren solche Potentialströmungen in der realen Welt nicht.
Allerdings haben sie den großen Vorteil, dass sie in vielen Fällen eine sehr gute
Näherung der realen Geschehnisse liefern und im Gegensatz zu realen, reibungsbe-
hafteten Strömungen vergleichsweise einfach zu berechnen sind. Die Grenzen der
Anwendbarkeit dieser schönen Vereinfachung liegen immer dort, wo die reale
Strömung nicht mehr der Kontur des umströmten Körpers folgen möchte und sich
Ablösegebiete einstellen.
Ein wesentliches Unterscheidungskriterium zwischen diesen beiden Arten von
Strömungen ergibt sich aus der Geschwindigkeitsverteilung in Wandnähe eines
umströmten Körpers. Bei einer reibungsfreien Strömung weiß ein Teilchen, das
sich in der Nähe des Körpers bewegt mangels Reibung nichts von Teilchen, die
sich auf benachbarten Bahnen bewegen. Das führt aber dazu, dass das Teilchen,
das sich direkt an der Körperoberfläche entlang bewegt von diesem Körper gar
nichts mitbekommt. Die Geschwindigkeit dieses Teilchens entspricht der Ge-
schwindigkeit der freien Außenströmung (Abb. 1-7a). Völlig anders liegen die
Verhältnisse bei einer reibungsbehafteten Strömung. Aufgrund der Reibung wird
die Strömung direkt an der Wand auf die Geschwindigkeit Null abgebremst. man
spricht hier von der sogenannten Haftungsbedingung. Ausgehend von der Körper-
oberfläche muss die Geschwindigkeit nun quer zur Körperoberfläche stetig zuneh-
men. es bildet sich eine Geschwindigkeitsgrenzschicht aus (Abb. 1-7b).
y c y c
c(y=0) = c c(y=0) = 0 x
19
1 Einleitung
Da die Berechnung von reibungsfreien Strömungen sehr viel einfacher ist als die
Berechnung von reibungsbehafteten Strömungen lässt sich für praktische Anwen-
dungen in vielen Fällen das Strömungsfeld in einen reibungsbehafteten Anteil in
der Nähe der Körperoberfläche und in einen reibungsfreien Anteil etwas außerhalb
der Grenzschicht aufteilen.
Ein weiteres charakteristisches Unterscheidungsmerkmal zwischen diesen beiden
Strömungsarten besteht in dem Phänomen der Ablösung. Eine Potentialströmung
(reibungsfrei) kennt keine Ablösung und folgt treuherzig der vorliegenden Körper-
kontur (Abb. 1-8a). Es bildet sich an der Vorder- als auch auf der Rückseite jeweils
ein Staupunkt. Das bedeutet, die Strömungsgeschwindigkeit wird auf null abge-
bremst. Im reibungsbehafteten Fall (Abb. 1-8b) sehen die Verhältnisse auf der
Luvseite (= Zuströmseite) ähnlich aus, wie im reibungsfreien Fall. Lediglich auf
der Leeseite (= Abströmseite) sieht das Bild völlig anders aus. Die Strömung ver-
mag der Kontur nicht mehr zu folgen und löst von der Körperoberfläche ab und
bildet auf der Leeseite keinen zweiten Staupunkt sondern ein Totwassergebiet.
Man spricht übrigens auch bei Gasen von einem „Totwassergebiet“. Dem Um-
stand, dass die Stromlinienverteilung auf der Luvseite sich zwischen reibungsfreier
und reibungsbehafteter Strömung kaum unterscheiden, ist es zu verdanken, das rei-
bungsfreie Rechenverfahren trotz ihrer Vereinfachungen vergleichsweise gute Er-
gebnisse liefern, sofern die Strömung noch an der Körperoberfläche anliegt. Das ist
in der Regel immer dann gegeben, wenn es sich um schlanke Körper (zum Beispiel
einem Tragflügelprofil) bei einem kleinen Anströmwinkel handelt.
Ablösegebiet oder
Totwassergebiet
Auch hier ist wieder eine Klarstellung erforderlich. Inkompressible Fluide, also
Fluide, deren Dichte bei jedem beliebigen Druck konstant bleibt, existieren in un-
serer Welt nicht. Ähnlich wie bei der Vereinfachung in Form der Reibungsfreiheit
stellt jedoch die Annahme einer inkompressiblen Strömung eine sehr schöne re-
chentechnische Vereinfachung bei Strömungsvorgängen dar. Die Kompressibilität
ist eine Stoffgröße, wie beispielsweise die elektrische Leitfähigkeit oder die Wär-
mekapazität eines Stoffes. Betrachten Sie ein Fluid mit dem Volumen V und dem
Druck p. Wird der Druck um den Betrag dp erhöht, so zieht dies eine Volumenver-
ringerung um den Betrag dV nach sich. Die Kompressibilität lässt sich nun be-
schreiben durch
1 d
∙
d
20
1 Einleitung
gilt
1 d
∙
d
oder
d ∙ ∙d
Das bedeutet, dass eine Änderung des Drucks dp in Abhängigkeit von der Kom-
pressibilität eine Änderung der Dichte um den Betrag d bewirkt. Üblicherweise
spricht man ab einer Dichteänderung von d/ > 0,05 von einer kompressiblen
Strömung. Sie denken vielleicht gerade an ein Hydrauliköl und stellen sich die
Frage, warum es in der Realität keine inkompressiblen Stoffe geben kann. Das lässt
sich leicht über die Schallgeschwindigkeit erläutern. Die Schallgeschwindigkeit a
bei idealen Gasen lässt sich entweder als Funktion der Temperatur als
√ ∙ ∙
schreiben, wobei
Isentropenexponent ( = 1,4 für Luft)
R Spezifische Gaskonstante (R = 287,05 J/kgK für Luft)
T Gastemperatur in K
gilt oder in Abhängigkeit von Druck und Dichte (Laplace-Gleichung)
d
d
Eingesetzt in die Gleichung für die Kompressibilität folgt
1 1
∙
also
1 1
∙
Aus dieser Gleichung ist ersichtlich, dass wenn für einen Stoff die Kompressibilität
auf den Wert null zurückginge, würde die Schallgeschwindigkeit den Wert unend-
lich annehmen. Nun sind in unserer Welt unendlich große Parameter eher unbe-
kannt, das heißt, dass ein inkompressibler Stoff ( = 0) nicht existieren kann. Wie
die Schallgeschwindigkeit von der Kompressibilität oder dem Aggregatszustand
abhängt, sehen Sie an folgenden Beispielen für die Schallgeschwindigkeit für Stof-
fe in unterschiedlichen Aggregatszuständen:
- Luft unter Normbedingungen (gasförmig) a = 343 m/s
- Wasser bei 20°C (flüssig): a = 1483 m/s
- Aluminium (fest): a = 5110 m/s
Rechnerisch liegt der große Vorteil der vereinfachenden Annahme einer inkom-
pressiblen Strömung darin, dass in diesem Fall die einfache Bernoulli-Gleichung
Anwendung findet. Die Grenze von d/ > 0,05 entspricht einer Strömungsge-
21
1 Einleitung
schwindigkeit von ungefähr c = 100 m/s also 360 km/h auf Meeresniveau. Bis zu
dieser Grenze verhalten sich Gase ähnlich wie Flüssigkeiten. Damit lässt sich die
Umströmung von bereits sehr vielen Landfahrzeugen als auch von kleineren Luft-
fahrzeugen berechnen.
Ebenso wie die Vernachlässigung von Reibung und Kompressibilität eine erhebli-
che Vereinfachung des Berechnungsaufwands darstellt, kann die Reduzierung der
zu berücksichtigten Dimensionen auf eine ein- oder zweidimensionale Betrachtung
eine deutliche Erleichterung bei der Berechnung eines Strömungsfeldes bedeuten.
Auch wenn die Strömung, beispielsweise in einer Rohrleitung einen großen Ge-
schwindigkeitsgradienten quer zur Hauptströmungsrichtung aufweist, so kann in
vielen Fällen dieses Geschwindigkeitsprofil durch den Mittelwert der Geschwin-
digkeit ersetzt werden. Denken Sie zum Beispiel an die Kraftstoffleitung in Ihrem
Fahrzeug, wo Sie den Kraftstoffdurchfluss bestimmen möchten. Hier könnte man
natürlich die räumliche Geschwindigkeitsverteilung in der Leitung berechnen. Für
die Aufgabe der Durchflussbestimmung ist die Kenntnis der mittleren Geschwin-
digkeit in der Leitung jedoch völlig ausreichend. Dieses Vorgehen entspricht der
Reduzierung einer dreidimensionalen Strömung auf eine eindimensionale Strö-
mung. Das heißt, die Zustandsgrößen der Strömung ändern sich nur entlang einer
einzigen Koordinatenrichtung.
Eine zweidimensionale Strömung würde beispielsweise bei der Umströmung eines
Profils in einem Windkanal vorliegen, sofern das Profil über die gesamte Messstre-
cke führt und sich keine Ausgleichsströmung an den Enden einstellen kann. Die
Zustandsgrößen können sich in Strömungsrichtung und infolge der Ablenkung
durch das Profil nach oben und unten ändern.
Eine ausgeprägte dreidimensionale Strömung liegt zum Beispiel am Tragflächen-
ende vor. Infolge des Überdrucks an der Flügelunterseite und des Unterdrucks an
der Flügeloberseite stellt sich eine Ausgleichsströmung am Tragflächenende ein.
Dadurch wird die Strömung auf der Oberseite nach innen und auf der Unterseite
nach außen abgelenkt. Am Tragflächenende bildet sich ein Wirbel, der für den so-
genannten induzierten Widerstand verantwortlich ist.
Übung 1-1
Schlank werden durch den massiven Konsum von Speiseeis!
Zur Bestätigung dieser Theorie gehen Sie von folgenden Stoffwerten aus: Sie ent-
nehmen einen Becher mit VEis = 200ml bei TEis = -18°C aus der Gefriertruhe und
erwärmen diese Eismenge durch den Verzehr auf Ihre Körpertemperatur von TK =
37,5°C. Auf dem Eisbecher findet sich die Nährwertangabe EEis = 150 kcal/100 ml.
Als Ingenieur wissen Sie natürlich, dass Sie die spezifische Wärme und Schmel-
zenthalpie von Milchspeiseeis näherungsweise durch die Werte von Wasser erset-
zen können, also
Dichte von Eis: Eis = 920 kg/m³
23
1 Einleitung
Aufgrund der hohen Energieanteile, die bei Erwärmung, Schmelzen und Verdamp-
fen erforderlich sind, steht die Wirksamkeit dieser Methode völlig außer Frage.
Grenzflächenspannung
Die Entstehung der Grenzflächenspannung oder auch Oberflächenspannung bei
Flüssigkeiten lässt sich am Beispiel von Wassermolekülen verdeutlichen. Wasser-
moleküle bilden Wasserstoffbrückenbindungen wodurch gegenseitige Anziehungs-
kräfte entstehen. Die intermolekularen Anziehungskräfte heben sich im Inneren des
––––––––––
2
Henry, William (12.12.1774 – 02.09.1836), engl. Mediziner und Chemiker
24
1 Einleitung
Fluids auf, da sie von allen Seiten gleichmäßig auf das Molekül einwirken. Befin-
det sich jedoch Teilchen an der Wasseroberfläche, so sind die von der Luft ausge-
übten Anziehungskräfte deutlich kleiner, als die Anziehungskräfte zwischen den
Wassermolekülen.
Daraus resultiert ein Spannungszustand an der Oberfläche und die freie Oberfläche
versucht einen Minimalwert anzunehmen um den Spannungszustand zu minimie-
ren. Dieser Zustand entspricht einer vorgespannten Membran (Abb. 1-9). Werden
die dafür erforderlichen Kräfte auf die Kantenlänge des Oberflächenelements be-
zogen, so ergibt sich die Grenzflächenspannung . Die Grenzflächenspannung ist
jedoch keine mechanische Spannung im klassischen Sinn mit der Einheit
Kraft/Fläche, wie eine Schub- oder Normalspannung, sondern hat die physikalische
Einheit Kraft pro Länge, also N/m.
dF
dy
dx
dx dy
dA rK1
rK2
dx
dy
dy dx
Der Krümmungsdruck pK wird von der Form der freien Oberfläche bestimmt.
- Ebene Oberfläche: ∞ 0.
- Kugelkalottenförmige Oberfläche: 2∙ ⁄
- Zylinderförmige Oberfläche: ., ∞ ⁄
25
1 Einleitung
der Wolke gen Erde, so wirken noch zusätzlich die Schwerkraft als auch Rei-
bungskräfte auf ihn. Aber auch hier können wir von der Natur lernen. Die charakte-
ristische Tropfenform stellt in der Strömungsmechanik die widerstandsminimale
Körperform dar.
Der sich an der Oberfläche einstellende Spannungszustand ist von der Stoffpaarung
sowie von der Temperatur abhängig. Als reines Gedankenexperiment - Sie selbst
würden so etwas natürlich nie tun - betrachten Sie einen Wasserläufer (lat.: Gerris
lacustris), der aufgrund seines geringen Eigengewichts unter Ausnutzung der
Grenzflächenspannung über die Oberfläche eines Gewässers läuft. Verringern Sie
die Oberflächenspannung durch die Zugabe von Tensiden (enthalten beispielsweise
in Waschpulver, Spülmittel oder Flüssigseife) oder durch Erhöhung der Wasser-
temperatur, so geht der Wasserläufer im wahrsten Sinne des Wortes baden. Das er-
klärt auch, warum Sie mit warmem Wasser eine deutlich bessere Reinigungswir-
kung erzielen als mit kaltem Wasser. Tab. 1-1 gibt eine Übersicht über die mit
zunehmender Temperatur abnehmende Oberflächenspannung von Wasser gegen
Luft.
0 0,07560
10 0,07422
20 0,07275
30 0,07118
40 0,06956
50 0,06791
60 0,06618
70 0,06440
80 0,06260
90 0,06082
100 0,05890
Sehr wahrscheinlich haben Sie einen Effekt der Oberflächenspannung bereits sehr
häufig angewendet ohne es zu bemerken. Die Oberflächenspannung ist eine stoff-
spezifische Größe und hängt zusätzlich von der Temperatur ab. Damit lässt sich
sehr einfach mittels einer Kalibrierung das Volumen beziehungsweise die Masse
eines Tröpfchens bestimmen. Das ist insbesondere für pharmazeutische Anwen-
dungen, also der Dosierung von flüssigen Medikamenten interessant. Nur die we-
nigsten wären in der Lage eine Mengenangabe in der Größenordnung von wenigen
Milligramm mit hinreichender Genauigkeit im Alltag zu bestimmen. Wird die
Mengenangabe jedoch mit einer bestimmten Anzahl von Tröpfchen angegeben, so
steigt die Wahrscheinlichkeit einer korrekten Dosierung des Hustensafts deutlich
26
1 Einleitung
an. Unter der Annahme, dass das Medikament bei Raumtemperatur verabreicht
wird, hängt die Größe des Tröpfchens nur noch von der Oberflächenspannung und
der Dichte ab.
Eine sehr gute Quelle für chemische und physikalische Stoffwerte, und zwar nicht
nur für die Oberflächenspannung, finden Sie in
Weast R.C., Astle M.J.: Handbook of Chemistry and Physics, CRC-Press, 60th edi-
tion
oder
Landold-Börnstein Database, Springer-Verlag. Berlin 2013
Benetzungsformen
Aus dem Verhältnis der beiden Kräfte Adhäsionskraft und Kohäsionskraft und dem
daraus resultierenden Randwinkel, ergeben sich unterschiedliche Benet-
zungsformen einer Oberfläche (Abb. 1-10). Überwiegen die Kohäsionskräfte ge-
genüber den Adhäsionskräften, so bildet sich ein Randwinkel > 90°. Dieser Zu-
stand entspricht einer hydrophoben Benetzung (griechisch: hydro: „Wasser“,
phóbos: „Furcht“). Der Flüssigkeitstropfen versucht die Kontaktfläche mit dem
Körper zu minimieren. Sind die Adhäsionskräfte gegenüber den Kohäsionskräften
dominant, so bildet sich nur ein sehr kleiner Randwinkel; im Extremfall gilt = 0°.
Das entspricht einer hydrophilen Benetzung (griechisch: phílos: „Freund“). Der
Flüssigkeitstropfen versucht die Kontaktfläche mit dem Körper zu maximieren.
a) Kohäsion > Adhäsion, Randwinkel > 90° b) Adhäsion > Kohäsion , Randwinkel < 90°
Für beide Benetzungsformen gibt es eine Vielzahl von sinnvollen technischen An-
wendungen. Hydrophobe Beschichtungen sind geeignet verschmutzungsresistente
Oberflächenbeschichtungen, zum Beispiel bei Badkeramik zu ermöglichen. Inte-
ressant, allerdings noch nicht unter Einsatzbedingen erfolgreich getestet, wären
solche Beschichtungen auch für Anwendungen an Tragflügeln um Verschmutzung
(Segelflugzeuge) oder Vereisung (Verkehrsflugzeuge) zu vermeiden.
Kapillarwirkung
In Abhängigkeit von der Stoffpaarung, das heißt welche Flüssigkeit trifft auf wel-
chen Festkörper tritt infolge der Oberflächenspannung entweder eine Kapil-
laraszension (Aufstieg) oder eine Kapillardepression (Absenkung) der Flüssigkeit
in einem Röhrchen auf. Dieses Phänomen hängt davon ab, welche der beiden Kräf-
te, also Kohäsionskraft oder Adhäsionskraft dominiert. In Abb. 1-11 ist das Verhal-
ten von Wasser und von Quecksilber in einem Glasröhrchen dargestellt. In beiden
Fällen stellt sich ein Gleichgewichtszustand zwischen der Gewichtskraft der aufge-
27
1 Einleitung
Glasrohr W= K rK
W
hH2O
hHg
H2O Hg
Wasser Quecksilber
Im Fall einer Flüssigkeit, die sich in einem Röhrchen befindet bildet sich eine ku-
gelkalottenförmige Oberfläche mit und damit den Krümmungs-
druck
2∙
π∙
Die Kapillarkraft FK ergibt sich aus dem Krümmungsdruck zu
2∙ ∙π∙
cos
Daraus folgt für die Kapillarkraft
2∙ ∙π∙ ∙ cos
Für die Gewichtskraft FG der um h aufgestiegenen oder abgesenkten Flüssig-
keitssäule gilt
π
∙ ∙ ∙ ∙
4
Aus der Gleichgewichtsbedingung dieser beiden Kräfte folgt für die kapillare
Steighöhe
2∙ ∙ cos
∙ ∙
Bei Röhrchen mit sehr kleinem Innendurchmesser nähert sich die Flüssigkeitsober-
fläche der Form einer Halbkugel und der Randwinkel W wird zu Null und damit
gilt für die kapillare Steighöhe
28
1 Einleitung
2∙
In Abb. 1-12 ist die Steighöhe von Wasser bei TW = 20°C in einem Glasröhrchen
skizziert. Bemerkenswert sind die relativ großen Steighöhen, die beispielsweise bei
Pflanzen erreicht werden, indem Adern mit kleinen Innendurchmessern ausgebildet
werden und somit die Versorgung auch in Höhe des Baumwipfels ermöglichen.
Steighöhe [mm]
Innenradius [mm]
Abb. 1-12: Kapillare Steighöhe von Wasser in einem Glasröhrchen bei einer
Wassertemperatur von 20°C
Kapillarmethode
Alles was Sie hierbei benötigen ist ein einfaches Kapillarröhrchen mit dem Innen-
durchmesser d, das Sie im Fachhandel erwerben können.
Das Röhrchen wird in die Flüssigkeit eingetaucht und Sie messen die Höhe h der
sich einstellende Kapillaraszension beziehungsweise –depression. Die Oberflä-
chenspannung x ergibt sich aus dem Kräftegleichgewicht zwischen Gewichtskraft
FG der aufgestiegenen oder abgesenkten Flüssigkeitssäule und der am Innenumfang
des Röhrchens angreifenden Kapillarkraft
∙π∙
π
∙ ∙ ∙ ∙ ∙π∙
4
1
∙ ∙ ∙ ∙
4
29
1 Einleitung
∙
∙
∙
Ringmethode
Diese Methode ist nur bedingt für das heimische Kellerlabor geeignet, da hierzu
eine Präzisionswaage zur Messung der sehr geringen Kräfte erforderlich ist. Das
Messprinzip besteht darin, dass Sie eine ringförmige Schneide in ein Fluid tauchen,
diese vorsichtig wieder herausziehen und im Moment des Abreißens des Flüssig-
keitsfilms die Kraft Fges. messen. Von dieser Kraft ist noch die Gewichtskraft FG
der Aufhängung und der Schneide abzuziehen und Sie erhalten die Kraft infolge
der Oberflächenspannung. Diese Kraft greift an der Schneide als auch an der Flüs-
sigkeitsoberfläche an, daher ist die Länge L der Schneide mit dem Faktor zwei zu
gewichten. Die Oberflächenspannung ergibt sich dann zu
.
2∙
30
Hydrostatik 2
2 Hydrostatik
Die Hydrostatik beschreibt die Verhältnisse in einem ruhenden (=statischen) Sys-
tem. Damit lassen sich die Kräfte, die auf die Begrenzungsflächen von Körpern
wirken, bestimmen. Daraus resultieren beispielsweise die Auftriebskräfte, die an
getauchten, schwimmenden oder schwebenden Körpern wirken. Wie Sie die
Druckverteilung in dem Fluid, also die physikalische Ursache für diese Kräfte be-
stimmen können, werden Sie in den folgenden Abschnitten kennenlernen.
2.1 Druck
Übung 2-1
Vor dem Antritt ihrer Fahrt in den Winterurlaub prüfen Sie an einer Tankstelle in
München (H = 500 m) den Reifendruck an ihrem Fahrzeug. Das Manometer zeigt
einen Druck von pR = 2,3 bar an. Das Fahrzeug war über Nacht am Straßenrand
geparkt und die Reifentemperatur entspricht der Umgebungstemperatur von
T = -2°C. An diesem Tag herrscht in München ein Luftdruck von pM = 954 hPa
(nicht umgerechnet auf Meeresniveau). Bei einem Tankstopp am Brennerpass (H =
1370 m) prüfen Sie erneut den Reifendruck. An der Tankstelle lesen Sie am dort
angebrachten Barometer einen Luftdruck von pH = 856 Pa ab. Die Reifen wurden
infolge der Fahrt auf der Autobahn bereits warm gefahren und haben eine Tempe-
ratur von TH = 30°C.
Welchen Druck zeigt das Manometer an der Tankstelle am Brennerpass an?
31
2 Hydrostatik
men etabliert, die regional sehr unterschiedlich sind und historisch interessante
Wurzeln haben können, wie beispielsweise die Längeneinheit „yard“, das 1101 in
England von König Heinrich I. als Abstand von seiner Nasenspitze bis zu seinem
Daumenende eingeführt wurde.
In den technischen Naturwissenschaften wird seit einigen Jahrzehnten das interna-
tional vereinbarte „Système International d’Unité“ oder auch kurz SI-System, ver-
wendet. Der Begriff „international“ ist jedoch mit gewissen Einschränkungen zu
sehen, da insbesondere im angelsächsischen Raum und in der Luftfahrt das engli-
sche und amerikanische Maßsystem beziehungsweise eine Mischung aus beiden
noch üblich sind. Obwohl in Deutschland mit der Verabschiedung des Gesetzes
über die Einheiten im Messwesen vom 02.07.1969 die Verwendung des SI-
Systems im geschäftlichen und amtlichen Verkehr vorgeschrieben ist, hat sich die-
se Erkenntnis im Luftfahrtbereich noch nicht durchgesetzt.
Das im weiteren Verlauf zu verwendende SI-System hat den Vorteil, dass ausge-
hend von sieben Basiseinheiten, sich alle weiteren physikalischen Größen durch
eine Kombination dieser Basiseinheiten darstellen, beziehungsweise ineinander
überführen lassen.
Masse Kilogramm kg „
Zeit Sekunde s „
Elektrische Stromstärke Ampère A „
Temperatur Kelvin K „
Lichtstärke Candela cd „
Stoffmenge Mol mol „
Obwohl für den Druck generell die SI-Einheit Pascal [Pa] zu verwenden ist, wer-
den Ihnen gelegentlich auch andere Bezeichnungen begegnen.
32
Hydrostatik 2
Einheit Multiplikationsfaktor
Pa = N/m² 1
hPa = mbar 10²
MPa 106
bar 105
atm 1,01325105
mm WS = mm Wassersäule 9,80665
mm Hg = mm Quecksilbersäule = Torr 133,32
760 mm Hg = 1 atm
psi = lb/in² 6894,757
lb = engl. pound force, 1 lb = 4,448 N
in = engl. inch = Zoll = 25,4 mm
psf = lb/ft² 47,88
f = engl. foot = 12 inch = 0,3048 m
Tab. 2-3: Druckeinheiten
Druck, ähnlich wie Temperatur oder Dichte, ist eine ungerichtete, also skalare
Größe. Im Gegensatz dazu ist die Geschwindigkeit eine gerichtete, also vektorielle
Größe. Wirkt Druck auf eine Fläche so ergibt sich eine Druckkraft, die immer
senkrecht auf dem belasteten Flächenelement steht. Zur Bestimmung des Drucks,
der in einer bestimmten Tiefe h einer Flüssigkeit vorliegt, betrachten Sie die Kräf-
teverhältnisse der in Abb. 2-1 skizzierten freigeschnitten Flüssigkeitssäule. Der
Behälter ist an der Oberseite zur Umgebung hin offen, somit liegt am Flüssigkeits-
spiegel der Umgebungsluftdruck p0 an. Zusätzlich wirken auf die Flüssigkeitssäule
die Gewichtskraft FG und der Druck p(h) in der Tiefe h. Da sich das System in ei-
nem statischen Gleichgewicht befindet, muss folgendes Kräftegleichgewicht gelten
∙d ∙d 0
mit
∙d ∙ ∙
folgt für den Druck in der Tiefe h
∙ ∙
z p0 dA z p0
p0
FG
z0 h
p0 g h
p( h ) dA p0 g z0 p( z )
33
2 Hydrostatik
Unter der Annahme, dass die Kompressibilität der Flüssigkeit vernachlässigt wer-
den kann, beschreibt diese Gleichung den sogenannten hydrostatischen Druck. Aus
dieser Gleichung ist ersichtlich, dass die Druckzunahme in einer Flüssigkeit einem
linearen Verlauf folgt. Bei Wasser gilt der einfache Zusammenhang, dass pro 10 m
Tauchtiefe der Wasserdruck um ein bar zunimmt.
Ein weiterer interessanter Aspekt liegt in der Eigenschaft des Drucks, dass er eine
ungerichtete Größe ist und lediglich von der Tiefe aber nicht von der lateralen
Ausdehnung des Gefäßes abhängt. Das würde auch zu höchst unerfreulichen Kon-
sequenzen führen, da Sie dann nicht mehr in der Lage wären in einem See oder
Schwimmbad, geschweige denn im offenen Meer zu baden.
Der nach dem Franzosen Blaise Pascal3 benannte und auf den ersten Blick wirklich
kuriose Effekt beruht ebenfalls auf dem hydrostatischen Druck. Betrachten Sie die
vier unterschiedlich geformten Behälter in Abb. 2-2, die alle bis zum gleichen Pe-
gelstand h mit einer Flüssigkeit befüllt sind. Zusätzlich haben alle Behälter die
gleich große Bodenplatte mit der Fläche A. Gesucht ist die Kraft F, die die jeweili-
ge Bodenplatte belastet. Diese ist nicht zu verwechseln mit der Reaktionskraft, also
der Lagerkraft, die den Behälter abstützt.
p0
F F F F
A A p0 A A
Nun, das Ergebnis ist verblüffend. Alle vier Bodenplatten werden mit der gleichen
Kraft F belastet, obwohl sich in jedem der Behälter unterschiedliche Flüssigkeits-
mengen befinden. Die Kraft auf den Behälterboden ergibt sich aus der Druckdiffe-
renz von dem inneren Druck
∙ ∙
und dem äußeren Druck auf die Bodenplatte
––––––––––
3
Pascal, Blaise (19. 06 1623 -19.08.1662) französischer Mathematiker, Physiker und Philosoph, Er-
finder der ersten Rechenmaschine. Ihm zu Ehren wurden unter anderem die Programmiersprachen
Pascal und Turbo Pascal benannt
34
Hydrostatik 2
∙ ∙ ∙ ∙
Da in allen vier Fällen der Pegelstand und damit der Druck p(h) in der Tiefe h so-
wie die Größe der Bodenplatte identisch sind, ist auch in allen Fällen die Kraft F
gleich groß. Interessant ist, dass aufgrund der Eigenschaft des Drucks eine unge-
richtete Größe zu sein, gar nicht die Höhe der Wassersäule, die über der belasteten
Fläche steht relevant ist, sondern die Höhe des Pegelstandes mit der die belastete
Fläche in Verbindung steht. Das bringt uns zu dem sogenannten virtuellen Volu-
men, Vvirtuell, welches für die Kraft F verantwortlich ist. Dieses virtuelle Volumen
entspricht der Größe der belasteten Bodenfläche mal der Höhe des Pegelstands mit
dem diese Fläche in Verbindung steht. Die Menge des vorhandenen Wassers ist
völlig unerheblich.
∙ ∙ ∙ ∙ ∙
p0
Vvirtuell Vvirtuell Vvirtuell Vvirtuell
F F F F
A A p0 A A
In Abb. 2-4 sehen Sie zwei über eine Verbindungsleitung miteinander verbundene
Behälter, die mit zwei Flüssigkeiten unterschiedlicher Dichte befüllt sind, die sich
nicht vermischen. Also beispielsweise Öl im Behälter (1) und Wasser im Behälter
(2). An der Stelle z0 entsteht eine Trennebene zwischen den beiden Flüssigkeiten.
Die Frage, die sich nun stellt, lautet: An welcher Stelle herrscht der größere Druck?
Am Boden des linken oder am Boden des rechten Behälters? In diesem Beispiel
handelt es sich um ein ruhendes statisches System. Die Drücke am Boden der bei-
den Behälter müssen identisch sein, da sich andernfalls eine Ausgleichsströmung in
Richtung des niedrigeren Drucks einstellen würde. Das ist gleichzeitig eine weitere
wichtige Eigenschaft des hydrostatischen Drucks: Solange Sie sich auf dem glei-
chen Niveau befinden, herrscht dort auch der gleiche Druck. Aus den unterschied-
lichen Pegelständen könnten Sie aber auch die Dichte einer Flüssigkeit bestimmen,
sofern Sie die Dichte der zweiten Flüssigkeit kennen.
Linke Seite: Bilanz (1 - 1)
∙ ∙ ∙ ∙
Rechte Seite: Bilanz (2 - 2)
∙ ∙ ∙ ∙
35
2 Hydrostatik
Wegen p1 = p2 folgt
∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙
also
z
p0 p0
(1)
z1
1 (2)
z2 h1
2
h2
z0
h0 h0
0
(1) (2)
Abb. 2-4: Kommunizierende Gefäße mit Öl (1) und Wasser (2) befüllt
Dem Prinzip der kommunizierenden Röhren liegt der Wirkungsweise einer hydrau-
lischen Presse oder einem hydraulischen Bremssystem zugrunde. Dieses Prinzip
der Kraftverstärkung durch die Verwendung zweier unterschiedlich großen Zylin-
der können Sie aus Abb. 2-5 ersehen.
F1 A1
p0
F2 A
(1) 2
p1
(2)
z1
p2
z2
∙ ∙∆
Bei Systemen mit sehr hohen Drücken kann der hydrostatische Druckanteil infolge
des Höhenunterschieds z der beiden Kolbenunterseiten vernachlässigt werden und
das Verstärkungsverhältnis vereinfacht sich zu
Die Größe des dadurch resultierenden Fehlers können Sie an folgendem Beispiel
abschätzen
Übung 2-2
Für die in Abb. 2-6 skizzierte hydraulische Presse sind folgende Fragen zu klären:
- Welche Kraft F1 ist am Kolben (1) erforderlich um die Masse m = 10 t auf
dem Kolben (2) zu halten
- Wie groß ist der Druck p2 am Boden des Kolbens (2)?
- Wie groß ist der Fehler bei Vernachlässigung des Höhenunterschieds zwi-
schen den Unterseiten der beiden Kolben?
m = 10 t
p0 = 1 bar
F1
(2)
p2
(1) 3m
= 900 kg/m 3
0,5 m p1
D1 = 50 mm D2 = 500 mm
37
2 Hydrostatik
2.1.5 Förderhöhe einer Saugpumpe
Sofern Sie in einer ländlichen Umgebung aufgewachsen sind, kennen Sie vielleicht
noch das Prinzip einer von Hand betriebenen Saugpumpe zur Förderung von Was-
ser aus einem Brunnenschacht, wie sie früher auf jedem Hof oder Schrebergarten
zu finden waren. Anzumerken ist in diesem Zusammenhang, dass der Begriff
„Saugkraft“ physikalisch nicht zu vertreten ist, da Fluide, also Gase und Flüssig-
keiten keine Zugkräfte sondern lediglich Druckkräfte übertragen können. Ansau-
gen bedeutet immer, dass an einem Körper ein Druckunterschied vorliegt, der zu
einer resultierenden Kraft führt. Die Frage, die es nun zu beantworten gilt lautet:
Welchen Höhenunterschied können Sie maximal mit einer Saugpumpe überbrü-
cken? Dazu betrachten Sie die in Abb. 2-7 skizzierte Pumpe.
pi
pu
(1)
p0
(2)
W h
(1) (2)
Die Förderhöhe H ergibt sich aus der Druckbilanz in der Ansaugstrecke (1) – (1)
∙ ∙ ∙ ∙
und der Druckbilanz in dem zur Atmosphäre offenen Brunnenschacht (2) – (2)
∙ ∙
Da sich die Messpunkte für p1 und p2 auf dem gleichen Niveau befinden, muss dort
auch der gleiche Druck herrschen. Es gilt also
und somit
∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙
38
Hydrostatik 2
Die maximale Förderhöhe Hmax ergibt sich also bei dem kleinstmöglichen Druck pi
im Pumpengehäuse. Der niedrigste Druck, den Sie erzeugen können, wäre ein Va-
kuum. Auf der Erde ein recht kostspieliges Unterfangen, da Sie dazu eine Moleku-
larpumpe benötigen. In diesem Fall würde die maximale Förderhöhe
10
10m
∙ 10 ∙ 9,81
betragen.
Allerdings können Sie sich die Investition in die teure Molekularpumpe sparen, da
die Saugpumpe den Dienst quittieren wird, lange bevor Sie im Pumpengehäuse ein
Vakuum erzeugt hätten. Sobald der Druck im Pumpengehäuse unter den Dampf-
druck sinkt, wird das Wasser von der flüssigen Phase in die Gasphase übergehen.
Es beginnt also zu sieden und die Pumpe funktioniert nicht mehr. Da der Dampf-
druck von der Temperatur abhängt (siehe Tab. A-4 bis Tab. A-7) nimmt die maxi-
male Förderhöhe mit steigender Wassertemperatur ab. Die maximale Förderhöhe
ergibt sich also zu
∙
Bei einer Wassertemperatur von 100°C beträgt der Dampfdruck ein bar. Das be-
deutet, dass bei einem bar Umgebungsdruck die Förderhöhe auf null zurückgeht.
Sofern Sie beispielsweise auf Island aus einer heißen, siedenden Quelle mit einer
Saugpumpe Wasser fördern möchten, wird das nicht funktionieren.
Sofern Sie größere Förderhöhen erreichen möchten, ist es erforderlich den Brun-
nenschacht gegenüber der freien Atmosphäre abzudichten, so dass nicht mehr der
Umgebungsdruck p0 an der Wasseroberfläche anliegt, sondern ein höherer Luft-
druck, den Sie durch einen Kompresser im Brunnenschacht erzeugen könnten.
2.1.6 Kavitation
Sinkt in einer Flüssigkeit der Druck unter den Dampfdruck, so wechselt das Fluid
von der flüssigen Phase in die Dampfphase. Der Zusammenhang zwischen Siede-
druck und Siedetemperatur wird durch die Dampfdruckkurve beschrieben. In den
Dampftafeln4 in Tab. A-4 bis Tab. A-7 finden Sie die Werte für Wasser. Das klingt
zunächst harmlos, hat aber gravierende Auswirkungen auf den Betrieb von
Schiffspropellern oder Wasserturbinen. Sinkt der Druck an dem Schaufelblatt unter
den Dampfdruck, so bildet sich eine Dampfblase, die jedoch sehr schnell wieder
zerfällt, sobald der Druck wieder steigt. Dies kann zu einem sehr schnellen Last-
wechsel und zu sogenannten Kavitationsschäden an dem entsprechenden Bauteil
führen. Eine weitere Auswirkung der Kavitation liegt in der Begrenzung der ma-
ximalen Förderhöhe einer Saugpumpe beziehungsweise der Tatsache, dass eine
Flüssigkeit nicht beliebig große Steighöhen von alleine überwinden kann.
––––––––––
4
Dampftafel: Siededruck pD, Siedetemperatur , spezifisches Volumen v = V/m = 1/, wobei v‘ das
spez. Volumen in der flüssigen Phase und v‘‘ das spez. Volumen in der Gasphase beschreibt. Gleiches
gilt für die spez. Enthalpie und spez. Entropie: h‘ und s‘ beschreiben die Werte der flüssigen Phase
und h‘‘ und s‘‘ beschreiben die Werte der flüssigen Phase.
39
2 Hydrostatik
2.2 Druckmessung
Bei der Bestimmung der Zustandsgrößen Druck, Dichte und Temperatur ist es
wichtig zwischen den statischen Größen und den Totalgrößen zu unterscheiden.
Würden Sie den Luftdruck in einem ruhenden System, also beispielsweise in dem
Raum, in dem Sie sich gerade befinden, mit einem Barometer messen, so wäre dies
der statische Druck. Zwischen dem Sensor und dem Fluid, also der Luft, liegt keine
Relativgeschwindigkeit vor. Da sich das System in Ruhe befindet, wäre in diesem
Fall der statische Druck identisch mit dem Totaldruck.
Ebenso würden Sie in einem bewegten System den statischen Druck messen, wenn
Sie den Sensor in Strömungsrichtung mitbewegen und zwar mit der gleichen Ge-
schwindigkeit, wie die Strömung fließt. Auch hier liegt keine Relativgeschwindig-
keit zwischen Sensor und Fluid vor.
Würden Sie in einem bewegten System den Sensor jedoch fixieren, so würde die
Strömung an dem Sensor auf die Geschwindigkeit null abgebremst. Der statische
Druck ist eine ungerichtete Größe, dem Sie einfach nicht entgehen können. Daher
liegt auf jeden Fall bereits der statische Druck an ihrem ortsfesten Sensor an. Zu-
sätzlich wird dieser statische Druck noch um einen weiteren Anteil erhöht. Die ki-
netische Energie, die in der Strömung enthalten ist kann sich im Staupunkt, wo sie
auf die Geschwindigkeit null abgebremst wird, nicht einfach ins Nichts auflösen5
sondern führt zu einer Druckerhöhung im Staupunkt. Der Druck, den der Sensor
nun im Staupunkt misst, setzt sich also zusammen aus dem statischen Druck ps und
dem sogenannten Staudruck /2v2, also dem kinetischen Anteil.
Zur Bestimmung der Totalgrößen ist es nicht erforderlich die Strömung wirklich
auf die Geschwindigkeit null abzubremsen. Das können Sie auch virtuell, also rein
rechnerisch tun. Sofern Sie die Kompressibilität vernachlässigen, ergibt sich bei
einer Strömungsgeschwindigkeit c der recht einfache Zusammenhang zwischen
dem statischen Druck ps und dem Totaldruck pt:
∙
2
––––––––––
5
Das Prinzip der Energieerhaltung ist ein fundamentales Prinzip der Physik und wird durch den ers-
ten Hauptsatz der Thermodynamik beschrieben.
40
Hydrostatik 2
Wenn Sie sich in einer Strömung entlang einer Stromlinie bewegen, so bleibt bei
Vernachlässigung der Reibung und der potentiellen Energie die Gesamtenergie
oder der auch der Gesamtdruck konstant. Die beiden Anteile statischer Druck und
dynamischer Druck beziehungsweise Staudruck können sich zwar beliebig verän-
dern, die Summe aus den beiden Anteilen bleibt jedoch konstant. Das ist die
Grundidee der Bernoulli-Gleichung, die Sie in Kapitel 4 noch näher kennenlernen
werden.
In der Literatur werden Sie für den Totaldruck pt auch die Bezeichnung pges für Ge-
samtdruck oder p0 finden, wobei der Index null auf die Geschwindigkeit c = 0 im
Staupunkt verweist.
Die Differenzierung zwischen statischem Druck und Totaldruck bringt uns direkt
zu den beiden einzigen Möglichkeiten, wie Sie in einem Bauteil oder in einer
Strömung Drucksensoren installieren können. Die in Abb. 2-9 skizzierten Einbau-
varianten sind natürlich unabhängig von dem verwendeten Sensor, wichtig ist le-
diglich die Installation der Druckbohrung.
c c
pstatisch pstatisch
90° c c
pstatisch pt
pstatisch pstatisch c
c pt pstatisch
pstatisch p0 pstatisch p0
h h h
M M M
In Abb. 2-9a ist der Einbau für eine statische Druckmessung dargestellt. Die
Druckbohrung wird senkrecht zur Gehäuse- oder Rohrwand ausgeführt und die
Strömung verläuft tangential zur Wand. Da der statische Druck eine ungerichtete
Größe ist, wirkt er natürlich auch auf die Öffnung der Druckbohrung. Von der
Strömungsgeschwindigkeit c ist die Messung unbeeinflusst, da keine Geschwin-
digkeitskomponente in die Bohrung vorliegt. Möchten Sie eine Sonde zur Messung
des statischen Drucks in einer Strömung konstruieren, so wenden Sie ebenfalls das
Prinzip der statischen Wanddruckmessung an. Problematisch gestaltet sich der
Umstand, dass es nicht immer möglich ist, die korrekte Strömungsrichtung zu be-
stimmen und die Sonde tangential zur Strömung auszurichten. In diesem Fall wür-
den Sie zusätzlich zum statischen Druck noch eine unbekannte Geschwindigkeits-
komponente c an der Druckbohrung messen. Der Sensor kann jedoch nicht
zwischen diesen beiden unterschiedlichen Anteilen differenzieren und misst ein-
fach einen etwas erhöhten Druck. Abhilfe schaffen in diesem Fall mehrere, über
den Umfang der Sonde verteilte Druckbohrungen, die alle in das gleiche Volumen
führen, Abb. 2-9b. Bei einer Schräganströmung wird eine Bohrung auf der An-
41
2 Hydrostatik
strömseite mit einem etwas höheren Druck belastet, während die gegenüberliegen-
de Bohrung auf der Abströmseite mit einem etwas geringeren Druck beaufschlagt
wird.
An der Spitze der Sonde wird die Strömung auf die Geschwindigkeit null abge-
bremst und es entsteht ein Staupunkt (c = 0). Wenn Sie an dieser Stelle eine
Druckbohrung anbringen, werden Sie den Totaldruck der Strömung messen, Abb.
2-9c. Diese Anordnung wird auch als Pitot-Rohr6 bezeichnet, wobei mit Pitot-
Größen immer die Strömungsgrößen im Staupunkt bezeichnet werden. Durch die
Kombination eines Pitot-Rohrs mit einer statischen Drucksonde erhält man das so-
genannte Prandtl-Rohr7 . Durch die gleichzeitige Messung des Totaldrucks und des
statischen Drucks erhält man durch eine einfache Differenzbildung den Staudruck,
woraus sich wiederum die Geschwindigkeit ableiten lässt. Nach diesem Prinzip ar-
beiten auch bei heutigen modernen Flugzeugen die Fahrtmesser. Bei niedrigen Ge-
schwindigkeiten im inkompressiblen Bereich ergibt sich aus den beiden Drücken ps
und pt die Geschwindigkeit zu
∙
2
2
∙
Eine sehr einfache und effiziente Möglichkeit zur Druckmessung, die Sie auch
problemlos in Ihrer Garagenwerkstatt anwenden können, ist die Verwendung eines
U-Rohrmanometers. Betrachten Sie den in Abb. 2-10 skizzierten Druckkessel, an
das ein Manometer angeschlossen wurde. In dem Kessel befindet sich eine Flüs-
sigkeit der Dichte K und auf dem Flüssigkeitsspiegel lastet der Druck pi, bezie-
hungsweise der Überdruck gegenüber der Atmosphäre pü. Der linke Schenkel des
mit Quecksilber (definitiv nicht für den Hausgebrauch geeignet) gefüllten Mano-
meters ist an dem Kessel angeschlossen, der rechte Schenkel ist zur Atmosphäre
hin offen.
––––––––––
6
Pitot, Henri de (03.05.1695 – 27.12.1771), französischer Mathematiker, Astronom und Wasserbau-
ingenieur. Entwickelte zur Messung der Strömungsgeschwindigkeit von Gewässern das nach ihm be-
nannte Pitot-Rohr.
7
Prandtl, Ludwig (04.08.1875 – 15.08.1953), deutscher (bayrischer) Ingenieur und führender Strö-
mungsmechaniker in Göttingen, Begründer der Grenzschichttheorie.
42
Hydrostatik 2
pü
pi
K
p0
x
h
y
(1) (2)
Hg
Die Frage lautet: Welchen Überdruck pü wird in Abhängigkeit von der Steighöhe h
im Manometer angezeigt?
Ausgehend von dem Grundprinzip der Hydrostatik, dass auf dem gleichen Niveau
auch der gleich Druck herrscht, muss bei einem ruhenden, statischen System in
diesem Fall an den Stellen (1) und (2) im Manometer der gleiche Druck herrschen.
Die Druckbilanz im linken Schenkel ergibt für die Stelle (1)
∙ ∙
und im rechten Schenkel an der Stelle (2)
∙ ∙
Wegen p1 = p2 gilt
∙ ∙ ∙ ∙
also
ü ∙ ∙ ∙ ∙
Sofern sich in dem Kessel keine Flüssigkeit sondern ein Gas befindet, macht es im
Rahmen der Messgenauigkeit keinen Unterschied, an welcher Stelle des Kessels
Sie die Druckleitung anschließen. Aufgrund der geringen Dichte werden Sie kaum
einen Druckunterschied in Abhängigkeit von der Höhe messen. Zur Verdeutli-
chung ein kleiner Vergleich der Größenordnungen: Um in Wasser eine Druckände-
rung von 0,5 bar zu erreichen müssen Sie die Tauchtiefe lediglich um fünf Meter
ändern. Möchten Sie in der Atmosphäre eine Druckänderung von 0,5 bar erreichen,
so müssten Sie beispielsweise von Meeresniveau bis auf eine Höhe von 5500 m
aufsteigen. Der Luftdruck in der freien Atmosphäre halbiert sich ungefähr alle
5500 m, das heißt in 11 km Höhe herrscht noch ein Luftdruck von 0,25 bar. Somit
spielt die Höhenänderung bei Druckbehältern in Form von Pressluftflaschen oder
Gasometern eine eher untergeordnete Rolle. Die Berechnung des Kesseldrucks
vereinfacht sich bei Gasen dadurch zu
ü ∙ ∙
43
2 Hydrostatik
Schrägrohrmanometer
Die Genauigkeit eines U-Rohrmanometers lässt sich sehr einfach erhöhen, wenn
Sie den Schenkel, auf dem sich die Messskala befindet um einen Winkel neigen,
Abb. 2-11. Maßgebend für die Messung ist immer noch die Steighöhe h, jedoch
wird die Steighöhe entsprechend dem Neigungswinkel auf die Länge L gespreizt.
∙ ∙ ∙ ∙ ∙ sin
p1
L p0
h
M
Ein wesentlicher Aspekt bei experimentellem Arbeiten, und nicht nur dort, ist die
möglichst genaue Erfassung und Dokumentation der Randbedingungen unter denen
das Experiment durchgeführt wird. Dazu gehören unter anderem Luftdruck, Luft-
temperatur und relative Luftfeuchte. Zur Messung des Drucks werden in Laboren
häufig Quecksilber-Barometer verwendet. Diese wirken zwar etwas antiquiert, sind
jedoch recht präzise. Allerdings treffen Sie hier auf ein klassisches Problem der
Messtechnik. Die Messgröße, die Sie erfassen möchten hängt zusätzlich noch von
einem oder mehreren anderen Parametern ab. Im Fall des Quecksilber-Barometers
möchten Sie den Luftdruck messen. Dazu lesen Sie die druckabhängige Längenän-
derung an einer Skala ab. Zusätzlich dehnt sich das Quecksilber in Abhängigkeit
von der Temperatur aus. Daher sind alle Barometer auf eine bestimmte Referenz-
temperatur kalibriert, häufig bei 0°C oder 20°C. Diese Information findet sich in
der Regel auf einem kleinen Schild an dem Barometer. Führen Sie das Experiment
bei einer anderen Temperatur als der Referenztemperatur durch, so ist diese Wär-
medehnung mittels dieser einfachen Korrektur zu berücksichtigen:
∙ 1 1,81 ∙ 10 ∙
mit
L0 mmHg Länge der Quecksilbersäule, umgerechnet auf T = 0°C
LT mmHg Länge der Quecksilbersäule, abgelesen bei Umgebungs-
temperatur
T °C Umgebungstemperatur
Alternativ würde auch folgende, etwas einfacher zu merkende Korrektur funktio-
nieren:
44
Hydrostatik 2
∙
Als Ingenieur haben Sie sicher den Wert für die spezifische Gaskonstante von Luft
R = 287,05 J/kgK im Kopf. Das ist soweit korrekt, allerdings gilt dieser Wert nur
für Luft mit einer relativen Feuchte von = 0%. Absolut trockene Luft werden Sie
jedoch selbst in der Sahara nie finden. Das ist auch gut so, denn sonst würde das
Auffangen von Kondensfeuchte mittels einer Plane während der Nacht in der Wüs-
te nicht funktionieren. Die Korrektur für die Luftfeuchte erfolgt mittels
∙ ∙
1 1 ∙ 1 0,3773 ∙
mit
R J/kgK spezifische Gaskonstante von Luft bei = 0%
RD J/kgK spezifische Gaskonstante von Wasserdampf
% relative Luftfeuchte
p Pa Luftdruck
pD Pa Sättigungsdampfdruck von Wasser bei der vorliegenden
Raumtemperatur
Den Sättigungsdampfdruck pD können Sie Tab. A-4 bis Tab. A-7 entnehmen. Soll-
ten Sie wider Erwarten einmal keine Dampftafel zur Verfügung haben, hilft auch
die Näherungsformel nach Magnus8 weiter:
, ∙
611,213 ∙ e ,
Insbesondere zur Auslegung der Struktur von Behältern benötigen Sie die auftre-
tenden Lasten auf die Außenwände infolge des Fluids, das sich im Inneren des Be-
hälters befindet. Auch für komplexe Strukturen mit nicht-abwickelbaren Oberflä-
chen lassen sich diese Lasten vergleichsweise einfach berechnen, da sich jede
gewölbte Oberfläche durch Projektion in eine Ebene auf ein ebenes Problem redu-
zieren lässt.
––––––––––
8
Magnus, Heinrich Gustav (02.05.1802 – 04.04.1870), deutscher Physiker und Chemiker, unter an-
derem bekannt für den Magnus-Effekt, welcher die Querkraft bezeichnet, die ein rotierender Körper
(Zylinder oder Kugel) in einer Strömung erfährt.
45
2 Hydrostatik
2.3.1 Kräfte auf ebene Flächen
H
Fi
A p0 Fa
d ∙ ∙ ∙d
∙ ∙ ∙d
46
Hydrostatik 2
p0
x
y
A
zS zD z
z S
D F H
dA dF
p0
p0
x Flüssigkeit Gas
y zS zS = zD
zD
S H F
z
F S=D pi
D
p = p(z) p = const.
p0 p0
Den Versatz des Druckpunkts gegenüber dem Schwerpunkt (Abb. 2-14a) erhalten
Sie aus dem Momentgleichgewicht um die x-Achse:
∙ ∙d ∙ ∙ ∙ ∙d ∙ ∙ ∙d
47
2 Hydrostatik
beziehungsweise
∙ ∙
Das Flächenträgheitsmoment ISx der Fläche A um eine Achse durch den Schwer-
punkt S, parallel zur x-Achse ergibt sich über den Steiner-Anteil entsprechend zu
∙
∙
Sofern Sie eine symmetrische Fläche betrachten wird der Druckpunkt immer senk-
recht unterhalb des Flächenschwerpunkts liegen. Sofern Sie jedoch eine unsymmet-
rische Fläche betrachten, wird der Druckpunkt sehr wahrscheinlich auch noch eine
laterale Verschiebung aufweisen.
Diese laterale Verschiebung xD erhalten Sie aus dem Momentengleichgewicht um
die z-Achse:
∙ ∙d
∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙d
∙ ∙ ∙ ∙d
∙ ∙d
folgt
Übung 2-3
Gesucht ist die Belastung auf die kreisförmige Klappe des in Abb. 2-15 skizzierten
Behälters. Auf die Wasseroberfläche als auch auf die Seitenwände des Behälters
wirkt der äußere Umgebungsdruck p0. Berechnen Sie das Moment Mx der Klappe
um die Drehachse a-a, die Kraft Fges auf die linke Seitenwand bei geschlossener
Klappe und die Lage des Kraftangriffspunktes zD,Wand für folgende Werte:
48
Hydrostatik 2
p0
x
y
b A
zS zD
z S
a a F H
p0
b D
∙
Für den Sonderfall der ebenen, senkrechten Fläche mit = 0, also cos = 1 gilt
zD = tD und zS = tS , also
∙ ∙
p0
x
y
b A t
tS S zS zD
z S tD
a a F
p0
b D
D
49
2 Hydrostatik
2.3.2 Druckkraft auf gekrümmte, abwickelbare Flächen
Gesucht ist in diesem Fall die Belastung auf die Teilfläche eines ebenen Behälters
(Abb. 2-17). Die Teilfläche wird beschrieben durch die Kurve (1) – (2) – (3) – (4).
y
x
(4) (4')
z V
Fz
zS1,x
A1 A1,x
zD1,x
S1,x zS2,x
zD2,x
Fz
(1'') (1) F
S3,x (3')
S2,x
D3,x A3 A2 (3) F2,x
F3,x
A3,x D2,x
(2'') (2) (2') A2,x
, ,
, ,
,
∙ ,
, ,
, ,
,
∙ ,
, ,
, ,
,
∙ ,
50
Hydrostatik 2
Die Teilflächen A2 und A3 haben den Punkt (2) gemeinsam und die Punkte (1) und
(3) liegen auf der gleichen Höhe. Dadurch sind die projizierten Flächen A2,x und
A3,x, sowie die z-Koordinaten der Flächenschwerpunkte S2,x, S3,x und der Druck-
punkte D2,x, D3,x ebenfalls identisch. Daher sind die beiden horizontalen Kräfte F2,x,
und F3,x zwar entgegengerichtet aber betragsmäßig ebenfalls identisch und heben
sich gegenseitig auf. Es verbleibt für die horizontale Komponente lediglich die
Kraft, die in x-Richtung auf die Teilfläche A1,x wirkt, also
, ∙ ∙ , ∙ ,
Vertikale Kraftkomponente Fz
Die vertikale Komponente Fz ergibt sich aus dem Gewicht des virtuellen Volumens
V, das über der Gesamtfläche A = A1 + A2 + A3 lastet.
∙ ∙
Durch einfache vektorielle Addition der beiden Komponenten Fx und Fz erhalten
Sie die Gesamtkraft F auf die Fläche A.
Mathematisch etwas anspruchsvoll könnte sich die Bestimmung des Volumen-
schwerpunkts des virtuellen Volumens gestalten, da in diesem Punkt die Wirkungs-
linie der vertikalen Kraftkomponente Fz angreift. Hier wird Ihnen aber Ihr CAD-
System das Leben sicher etwas erleichtern.
Hinweis
Für den Fall, dass Sie die Belastung einer von der Außenseite mit Druck beauf-
schlagten Fläche berechnen möchten, also beispielsweise bei einem Schiffsrumpf,
so können Sie völlig analog zu dem hier vorgestellten Verfahren vorgehen. Ledig-
lich die Wirkungsrichtung der vertikalen und der horizontalen Kraftkomponente
sind umzudrehen.
51
2 Hydrostatik
stimmen ist. Die vertikale Kraftkomponente Fz ergibt sich aus dem Gewicht des
virtuellen Volumens V, das über der Fläche A liegt. Die Wirkungsrichtung dieser
Kraft führt durch den Volumenschwerpunkt S des virtuellen Volumens V. Sofern
Sie korrekt gearbeitet haben, sollten sich die Wirkungslinien der drei Teilkräfte Fx,
Fy und Fz in einem Punkt schneiden. Die resultierende Gesamtkraft F ergibt sich
wieder durch eine einfache vektorielle Addition.
Auch hier haben Sie natürlich das ein oder andere mathematisch etwas knifflige
Problem in Form von der Bestimmung der Flächen, Flächenschwerpunkte, Träg-
heitsmomente, Volumen und Volumenschwerpunkte zu lösen. Allerdings haben
Sie den großen Vorteil, dass Ihnen heutige CAD-Systeme diese Informationen auf
Knopfdruck liefern.
x
A''
(2'')
(1'')
S''
V dz''
(2') Fz
A' Fy D''
(2)
(1) S
(1') (3'')
Fy
S' A
Fx Fx (4'')
y D' F dx''
(3')
d z' Fz (3)
(4') (4)
d y'
52
Hydrostatik 2
Übung 2-4
Gesucht ist Kraft auf einen Staudamm, der die Form eines Kugelsegments hat,
Abb. 2-19. Pegelstand H des Stausees und Radius R des Staudamms betragen R =
H = 100 m.
y x z x
R g
H
z y
Hinweis
Die Flächenschwerpunkte ergeben sich entsprechend Abb. 2-20 zu
Halbkreis:
4∙
0, y
3∙π
Viertelkreis:
0,576 ∙
∙ 9∙π 64
72 ∙ π
y y
yS x
S S
R
R
yS
x
xS
53
2 Hydrostatik
Übung 2-5
Zwei Behälter sind durch eine Zwischenwand getrennt. Im Punkt M ist eine dreh-
bare halbkreisförmige Klappe K gelagert, die sich zwischen den Endpositionen 1
und 2 bewegen kann und in den Endpositionen abdichtet. Behälter A ist mit Luft,
Behälter B ist mit Luft und Wasser befüllt. An der Oberseite der Behälter befindet
sich je ein Ventil VA und VB. Außen herrscht der Umgebungsdruck p0. Die Ge-
wichtskräfte der Klappe und der Luft sind zu vernachlässigen.
VA p0 VB
Luft A pB Luft B
Tiefe der Behälter in z-Richtung: t TB
pA
TA W
y
g h
Wasser
z H
x
M
2
K 2r
Position 2
1 Position 1
a b
1. Ventil VA ist geschlossen, Ventil VB ist geöffnet. Der Druck pA ist so groß, dass
die Klappe in Position 1 gehalten wird.
Geben Sie die Kräfte Fx und Fy auf die Klappe K als Funktion der in der Zeichnung
gegebenen Größen an.
54
Hydrostatik 2
Die physikalische Ursache für Auftrieb liegt immer in einer Druckdifferenz zwi-
schen der Ober- und Unterseite eines Körpers. Entsteht dieser Druckunterschied
infolge der Umströmung eines Körpers, beispielsweise an einem Tragflügel, so
spricht man von dynamischem Auftrieb. Stellt sich dieser Druckunterschied an ei-
nem Körper in einem ruhenden System ein, so handelt es sich um den statischen
Aufrieb. Dieser Frage ging bereits Archimedes9 nach und kam für die damaligen
Verhältnisse zu recht interessanten Ergebnissen, die insbesondere zu dem ersten
historisch belegten, zerstörungsfreien Materialprüfverfahren führten. Archimedes
der in Syrakus auf Sizilien lebte, das im dritten Jahrhundert vor Christus noch eine
griechische Kolonie war, beschäftigte sich während der römischen Belagerung von
Syrakus auch mit der Entwicklung von Kriegsmaschinen, wie Katapulten und
Brennspiegeln zur Abwehr der römischen Flotte. Im Gegensatz zu seinen sonstigen
Erfindungen jedoch nicht mit durchschlagendem Erfolg, was in letzter Konsequenz
zu dem Verlust der griechischen Kolonien auf Sizilien als auch zu seinem jähen
Ende durch das Schwert eines eher bildungsfernen römischen Legionärs führte
„Störe meine Kreise nicht“ (Letzter Satz von Archimedes, 212 v.Chr.).
Die Materialprüfung wurde von dem damaligen Herrscher von Syrakus, König
Hieron II initiiert, der seinem Goldschmied eine bestimmte Menge Gold zur Anfer-
tigung einer Krone überlassen hatte und diesem unterstellte, er hab einen Teil des
wertvollen Materials für sich abgezweigt und durch Blei ersetzt. Zur Klärung die-
ser Frage wurde nun Archimedes mit einem werkstoffkundlichen Gutachten beauf-
tragt. Einschmelzen der Krone hätte zwar ein eindeutiges Ergebnis geliefert, jedoch
gleichzeitig die handwerkliche Leistung zunichte gemacht. Aufbauend auf seinen
im Bade gewonnenen Erkenntnissen führte Archimedes folgendes Experiment
durch (Abb. 2-21).
55
2 Hydrostatik
hier von Archimedes demonstriert wurde war ein Vergleich der unterschiedlichen
Materialdichten. Gold war zu diesem Zeitpunkt das Material mit der höchsten be-
kannten Dichte. Jegliche Form einer Zulegierung, also sehr wahrscheinlich Blei,
würde zu einer geringeren Dichte führen. Archimedes wusste, dass die Auftriebs-
kraft eines getauchten Körpers der Masse der verdrängten Flüssigkeit entspricht. Je
größer das Volumen, also je geringer die Dichte bei gleicher Masse, desto größer
der Auftrieb. Kurz: Zwei Körper gleicher Masse, aber unterschiedlicher Dichte ha-
ben auch unterschiedliche Verdrängungsvolumina, also unterschiedliche Auf-
triebskräfte.
Das Prinzip des statischen Auftriebs lässt sich an dem in Abb. 2-22 skizzierten ge-
tauchten Körper nachvollziehen. Der zylindrische Körper mit der Dichte K hat den
Querschnitt A und die Dicke z = z2 – z1. Auf der Flüssigkeit mit der Dichte F las-
tet der Umgebungsdruck p0.
p0
A F1 z1
z2
K FG
A
F F2
Welche Kräfte greifen nun an dem getauchten Körper an? An der Oberseite des
Körpers lastet die Druckkraft F1
∙ ∙ ∙ ∙
An der Unterseite greift die Druckkraft F2 an
∙ ∙ ∙ ∙
Auftriebskraft
Die Auftriebskraft FA ergibt sich aus der Differenz dieser beiden Druckkräfte
∙ ∙ ∙ ∙ ∙∆ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙
Hier werden zwei markante Eigenschaften des Auftriebs deutlich. Der Auftrieb ist
unabhängig von der Tauchtiefe und unabhängig von der Dichte des getauchten
Körpers. Relevant ist lediglich das Verdrängungsvolumen des Körpers VK bezie-
hungsweise das Volumen des verdrängten Fluids VF.
Ein Betonklotz erzeugt also den gleichen Auftrieb wie ein Styroporklotz mit dem
gleichen Volumen und zwar unabhängig davon ob er sich in einem Meter Tiefe im
Badesee oder am Boden des Marianengrabens10 befindet.
Dieses Prinzip trifft natürlich nicht nur auf Körper zu, die in einer Flüssigkeit un-
tergetaucht sind, sondern auch für Körper, die Gase verdrängen. Also beispielswei-
––––––––––
10
Marianengraben: Tiefseerinne im pazifischen Ozean, 2000 Kilometer östlich der Philippinen,
nördlich und südlich der marianischen Insel Guam und tiefst gelegene Region der Erde mit einer ma-
ximalen Tiefe von ungefähr 11.000 m unter dem Meeresspiegel.
56
Hydrostatik 2
se auf einen Zeppelin, Heißluft- oder Gasballon. Die Frage, ob der Körper in dem
Fluid schwebt, steigt oder sinkt, lässt sich aus dem Vergleich mit der zweiten an
dem Körper angreifenden Kraft beantworten.
Gewichtskraft
In dem Fall des in Abb. 2-22 skizzierten Körpers gilt für die Gewichtskraft FG
∙ ∙∆ ∙ ∙ ∙
Gesamtkraft
Die resultierende Gesamtkraft Fges. ergibt sich mit VF = VK zu
. ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙
Übung 2-6
Bei einem Ausflug ins Elsass kommen Sie an dem Schiffshebewerk in Saint-Louis-
Arzviller vorbei und bestaunen die Ingenieursleistung aus dem 20. Jahrhundert.
Hierbei werden Schiffe in einer großen Wanne mit einem Schrägaufzug über einen
Höhenunterschied von 44,55 m befördert. Da zwei Wannen im Gegenbetrieb, ähn-
lich den Gondeln einer Seilbahn arbeiten, muss bei der Bewegung der beiden 900t
schweren Wannen lediglich die Reibung ausgeglichen werden. Dazu sind zwei
Elektromotoren mit gerade einmal je 88kW ausreichend.
Eine der am häufigsten gestellten Fragen lautet: Ist die Wanne mit dem Schiff
schwerer als die Wanne ohne Schiff?
Waage Waage
57
2 Hydrostatik
Übung 2-7
Angesichts der Diskussion um den Klimawandel gilt es die Frage zu klären, um
wieviel der Meeresspiegel ansteigen wird, wenn das gesamte arktische Eis abtaut.
Diese Frage berührt Sie besonders, da Sie vor der schwierigen Entscheidung ste-
hen, sich für eine Berghütte in den Alpen, ein Ferienhaus an der französischen At-
lantikküste oder für ein Hotel mit Tauchbasis auf den Malediven zu entscheiden.
Gehen Sie bei der rechnerischen Abschätzung von folgenden Werten aus:
Die Berechnung des Auftriebs nach dem archimedischen Prinzip, also Auftriebs-
kraft entspricht dem Gewicht des verdrängten Fluids erfordert, dass der Körper
vollständig benetzt ist. Ist diese Voraussetzung nicht gegeben, so muss die Auf-
triebskraft über die Druckdifferenz von der Ober- zur Unterseite des Körpers be-
stimmt werden. Das wäre beispielsweise der Fall, wenn Sie den in Abb. 2-24 skiz-
zierten Saugnapf betrachten.
A F1
p1 = 0
p2 = p 0
F2
F = mg
also
58
Hydrostatik 2
4∙ ∙ 4 ∙ 100 ∙ 9,81
0,112 m
π∙ π ∙ 10
Das ist übrigens auch der Grund, warum Ihre Badezimmerwaage ein geringeres
Gewicht anzeigt als Sie wirklich auf die Waage bringen. Die Waage kann nur die
resultierende Belastung aus Gewicht und Auftrieb messen. Den Auftrieb selbst
kennt sie aber nicht. Welchen Fehler Ihre Waage in diesem Fall aufweist können
Sie in der folgenden Übung berechnen.
Übung 2-8
Berechnen Sie den Messfehler auf einer konventionellen Badezimmerwaage für
einen leicht untergewichtigen Menschen mit einer Gesamtmasse von mK = 100 kg.
Die Messung findet auf Meeresniveau statt, das heißt die Luftdichte beträgt Luft =
1,225 kg/m3
Betrachtet wird im Folgenden die statische Stabilität eines Körpers, das heißt, es
wird untersucht, wie sich ein Körper verhält, der aus seiner Ruhelage ausgelenkt
wird. Das ist nicht zu verwechseln mit der dynamischen Stabilität, da hier keine
Aussage über das Zeitverhalten gemacht wird. Statisch stabil ist ein Körper oder
ein System, das nach einer Störung wieder von alleine in seine Ausgangslage zu-
rückkehrt. Statisch instabil bedeutet, dass infolge der Störung zusätzliche Kräfte
oder Momente erzeugt werden, die diese Störung weiter verstärken und der Körper
nicht mehr in seine Ausgangslage zurückkehrt.
Schwimmachse
Schwimmfläche Metazentrum
x 0 h 0
y
FA d SA FA
g SA
z d SK SA '
SK FG
FG
59
2 Hydrostatik
Wird ein schwimmende Körper aus der Gleichgewichtslage ausgelenkt, so ver-
bleibt der Körperschwerpunkt SK auf seiner Position, sofern Sie keine rutschende
Ladung haben. Das Volumen des verdrängten Fluids VF bleibt gleich, ändert aber
seine Form von einem rechteckförmigen zu einem trapezförmigen Querschnitt
(Abb. 2-25). Dadurch verschiebt sich der Schwerpunkt des verdrängten Volumens
von SA auf SA'. Die Auftriebskraft FA greift in dem neuen Volumenschwerpunkt SA'
des verdrängten Fluids an. Die in den beiden Schwerpunkten angreifenden Kräfte
FA und FG liegen nun nicht mehr auf der gleichen Wirkungslinie. In dem in Abb.
2-25 skizzierten Beispiel bildet sich ein linksdrehendes, also aufrichtendes Mo-
ment.
Die Wirkungslinie der Auftriebs- und der Gewichtskraft in der Ruhelage wird auch
als Schwimmachse bezeichnet. Die Verschneidung des Schiffsrumpfes mit der
Wasseroberfläche wird als Schwimmfläche bezeichnet. Zur Bestimmung des Stabi-
litätsmaßes ist die sogenannte metazentrische Höhe zu berechnen. Das Metazent-
rum ergibt sich aus dem Schnittpunkt von der Schwimmachse mit der Wirkungsli-
nie der Auftriebskraft FA.
Die metazentrische Höhe h beschreibt den Abstand des Metazentrums von dem
Körperschwerpunkt SK in der Ruhelage.
Betrachten Sie für einen starren Körper die Änderung der Geschwindigkeitsvekto-
ren zwischen den Zeitpunkten t1 und t2. Dabei kann sich für die beiden Vektoren
und nicht nur der Betrag der Geschwindigkeit, sondern auch die Rich-
tung ändern. Dabei sind mehrere Varianten möglich.
Der erste Fall entspricht der sogenannten translatorischen Beschleunigung. Das be-
deutet, die Richtung bleibt konstant, wohingegen sich der Betrag der Geschwindig-
keit ändert. Der zweite Fall wäre eine reine Richtungsänderung bei gleichbleiben-
der Geschwindigkeit, also eine rotatorische Beschleunigung. Als dritte Möglichkeit
ist auch eine Kombination der ersten beiden Fälle möglich, also eine Änderung von
Geschwindigkeit und Richtung. Das entspricht dem allgemeinen Fall der Be-
schleunigung.
60
Hydrostatik 2
Niveauflächen
Die Verbindungsfläche aller Punkte mit gleichem Druck in einem Fluid wird als
Niveaufläche (Isobarenfläche) bezeichnet. Niveauflächen bilden sich immer senk-
recht zu den vorliegenden Massekräften (Gravitation, Trägheit). Freie Oberflächen
von Flüssigkeiten werden durch den Umgebungsdruck belastet und bilden eben-
falls Niveauflächen, das heißt an der freien Oberfläche eines Fluids herrscht immer
ein Druckgleichgewicht zwischen dem Druck an der Oberfläche des Fluids und
dem Umgebungsdruck. Wirkt als einzige Kraft nur die Gravitation auf das Fluid, so
stellt sich als Niveaufläche eine (fast) horizontale Ebene, genaugenommen ein Ku-
gelflächensegment (Ozean) ein. Zusätzliche Trägheitskräfte bewirken eine Ver-
schiebung dieser Niveaufläche. Dass die Wasseroberfläche eines Sees eben keine
ebene, sondern eine gewölbte Fläche darstellt, können Sie an folgendem Beispiel
überprüfen. Darüber hinaus können Sie an diesem Beispiel Ihr Gefühl für ingeni-
eurmäßiges Abschätzen von Größenordnungen überprüfen.
Übung 2-9
Sie schwimmen bei Bregenz, am Südostufer des Bodensees in Ufernähe und bli-
cken über den See in nordwestlicher Richtung. Wie hoch müsste in Konstanz, das
in ungefähr 44 km Entfernung liegt, ein Turm sein, so dass Sie die Turmspitze
noch sehen könnten?
Die Form einer Niveaufläche ergibt sich immer aus der Summe der angreifenden
Kräfte. Im Fall des in Abb. 2-26 skizzierte Behälters ist das im Ruhezustand ledig-
lich die Gewichtskraft dFG, die an einem Fluidelement mit der Masse dm angreift.
Unterliegt das Fluid noch einer translatorischen Beschleunigung a, so wirkt zusätz-
lich die Trägheitskraft dFT.
61
2 Hydrostatik
dm
x
y
g dm
dFT = dm .a
a
z
dFG = dm.g = dR
dR
dFG = dm .g
Der Spiegel der freien Oberfläche steht immer senkrecht zum resultierenden Kraft-
vektor dR. Der Neigungswinkel des Flüssigkeitsspiegels gegenüber der Horizon-
talen ergibt sich aus dem Verhältnis der Trägheitskraft dFT zur Gewichtskraft dFG.
ä d d ∙
tan
d d ∙
Ähnlich liegen die Verhältnisse, wenn ein mit Flüssigkeit gefüllter Behälter mit
konstanter Winkelgeschwindigkeit um seine Symmetrieachse rotiert, das heißt
der z-Achse in Abb. 2-27.
z
g
dm
zmax dFT = dm 2 r
z0
zmin
dFG = dm.g dR
r
R R
Abb. 2-27: Fluid unter rotatorischer Beschleunigung
Auch hier greifen an einem Masseelement dm die Gewichtskraft dFG und die Träg-
heitskraft dFT an. Die resultierende Gesamtkraft dR steht wieder senkrecht auf der
Tangente an die freie Oberfläche. Der lokale Neigungswinkel entspricht dem Ver-
hältnis der beiden Kräfte, also dem Verhältnis von Trägheitskraft zu Gewichtskraft
ä d d ∙ ∙
tan ∙
d d ∙
62
Hydrostatik 2
d ∙ ∙d
d ∙ ∙d
Erfolgt die Rotation um die Symmetrieachse des Behälters, so gilt r(zmin) = 0 und
r(zmax) = R, das heißt
∙
2∙
Für den Rand des Behälters, hier stellt sich die maximale Steighöhe ein, gilt r = R
und z(r) = zmax, somit
∙
2∙
Für das weitere Geschehen ist ein kleiner Exkurs in die Geometrie erforderlich. Be-
trachten Sie die in Abb. 2-28 dargestellte Kurve K, die um die z-Achse rotiert. der
dadurch entstehende Körper wird als Rotationsparaboloid bezeichnet.
z
Vrot
K
zmax
z0
zmin
r
R R
63
2 Hydrostatik
Das Volumen Vrot dieses Körpers lässt sich sehr einfach über folgendes Integral be-
stimmen:
π∙ ∙d
Einfacher geht die Berechnung allerdings, wenn man sich den Sachverhalt zunutze
macht, dass das Volumen des Rotationsparaboloids der Hälfte des einhüllenden
Zylinders entspricht:
1 1
∙ ∙π∙ ∙
2 2
Das Volumen der in dem Behälter enthaltenen Flüssigkeit ergibt sich aus dem Pe-
gelstand z0 bei =0 zu
1
π∙ ∙ ∙π∙ ∙ π∙ ∙
2
2∙ ∙
2∙
∙
4∙
∙
4∙
Einsetzen von zmin in
∙
2∙
ergibt die gesuchte Bestimmungsgleichung für die Form der freien Oberfläche
z = z(r, , R, z0)
∙
2∙ 2
Übung 2-10
Während Sie beim Frühstück den Zucker in Ihrer Kaffeetasse verrühren, überlegen
Sie sich, mit welcher Maximalgeschwindigkeit Sie den Kaffee umrühren können,
bevor dieser über den Tassenrand schwappt und wie tief das Minimum der freien
Oberfläche unterhalb des Tassenrands liegt.
Ihre Kaffeetasse hat einen Innendurchmesser von d = 76 mm und eine Höhe H = 80
mm. Im Ruhezustand liegt der Pegelstand des Kaffees bei z0 = 65 mm.
64
Hydrostatik 2
g
p0
zmax
t
z(r)
Isobarenfläche
h
Der Druck im Inneren der Flüssigkeit auf der Isobarenfläche ergibt sich zu
, ∙ ∙ ∙ ∙ ∙
2∙ 2
65
2 Hydrostatik
kraft. Dieselbe Druckkraft wirkt also bei Vorhandensein eines Deckels von der In-
nenseite von unten nach oben auf den Deckel.
Es genügt also das Gewicht des virtuell über dem Deckel liegenden Volumens VA
zu bestimmen.
π∙ ∙ π∙ ∙d
z
p0
r(z) VR VA
zmax
p0
h
r
R R
Übung 2-11
Sie betrachten wieder eine Kaffeetasse mit einem Innendurchmesser von d = 78
mm und einer Höhe von h = 80 mm. Der Pegelstand im Ruhezustand beträgt z0 =
80 mm. Auf Ihrer kleinen Drehbank in Ihrem Keller fertigen Sie sich einen Deckel,
der sich passgenau in das Innere der Tasse einfügt und diese zur Wandseite hin ab-
dichtet.
Welche Masse hat der Deckel, wenn bei einer Rotationsgeschwindigkeit von
n = 3,21 s-1 der Deckel von dem rotierenden Fluid mit seiner Unterseite in eine Hö-
he von h = 65 mm getragen wird?
66
Aerostatik 3
3 Aerostatik
Im vorherigen Kapitel wurden die Zustände in einem ruhenden (= statischen) Fluid
betrachtet, für das eine wesentliche Vereinfachung getroffen wurde. Die Kompres-
sibilität, also eine mögliche Veränderung der Dichte wurde vernachlässigt. Die
Annahme einer konstanten Dichte bringt rechentechnisch erhebliche Vereinfa-
chungen mit sich und bei Flüssigkeiten hält sich der dadurch auftretende Fehler in
sehr engen Grenzen. Bei Gasen lässt sich diese vereinfachende Annahme leider
nicht mehr so ohne weiteres treffen. Im Fall der Aerostatik, also ebenfalls einem
ruhenden, jedoch gasförmigen System betrifft dieser Unterschied im Wesentlichen
die Berechnung der Druckverteilung in Abhängigkeit von der Höhe.
In den folgenden Abschnitten werden wir die physikalischen Ursachen für das
Wettergeschehen und den Aufbau und die Struktur der Erdatmosphäre betrachten.
Aufgrund seiner besonderen Bedeutung, insbesondere für die Luftfahrt, lernen Sie
die sogenannte Internationale Standardatmosphäre, eine normierte Vereinfachung
der realen Atmosphäre kennen.
Die Atmosphäre der Erde ist ein ständigen Veränderungen unterworfenes dynami-
sches System, eine Art Wärmekraftmaschine, der auf der sonnenzugewandten Seite
durch Absorption von Sonnenstrahlung Wärme zugeführt und auf der sonnenabge-
wandten Seite Wärme durch Abstrahlung entzogen wird. Infolge der Erdrotation
ändern sich die Strahlungsverhältnisse auf der Erdoberfläche permanent. Eine
weitere Komplikation der Verhältnisse, im Vergleich zu einer einfachen Wärme-
kraftmaschine im thermodynamischen Sinn, ergibt sich aus der asymmetrischen
Verteilung von Meer und Landmassen auf der Erdoberfläche, da diese auch unter-
schiedliche Absorptions- und Emissionseigenschaften aufweisen, [Liljequist, 1974].
Auch hier zeigt sich wieder die Eleganz des thermodynamischen Systembegriffs.
Ein beliebig komplexes System, in diesem Fall die Erde, lässt sich durch eine
Strichpunktlinie, die sogenannte Systemgrenze, auf das Wesentliche reduzieren.
Alles was nun noch erforderlich ist, ist die Bilanz der Energie- und Masseströme,
die diese Systemgrenze überschreiten. Nähere Kenntnisse der Zusammensetzung
oder der Funktion von allem, was sich innerhalb der Systemgrenze befindet, sind
nicht erforderlich. In diesem Fall ist die Massestrombilanz denkbar einfach. Die
Massezufuhr besteht aus dem permanenten Eintreffen von kleineren und grö-
ßeren Meteoriten, die erfreulicherweise in der Regel einen zu steilen Eintrittswin-
kel wählen und dadurch in den oberen Schichten der Atmosphäre zu schnell abge-
bremst werden und verglühen. Es rieselt letztendlich nur noch etwas Asche vom
Himmel. Vergleichsweise ungünstig erweist es sich, wenn ein Meteorit den pas-
senden Eintrittswinkel wählt und sich im weiteren Verlauf seiner Reise zwar etwas
aufheizt aber ansonsten fast unbeschadet bis zur Erdoberfläche vordringt. Hier rei-
chen bereits relativ kleine Brocken um einen gewaltigen Schaden anzurichten. Eine
bittere Erkenntnis, wie sie beispielsweise die Saurierpopulation vor ungefähr 65
Millionen Jahren machen musste.
67
3 Aerostatik
Der austretende Massestrom besteht lediglich aus den wenigen interplanetari-
schen Raumsonden, die die Erde verlassen. Sofern die Systemgrenze in einer Höhe
von mehr als 35786 km gezogen wird, das entspricht der Bahnhöhe eines geostati-
onären Satelliten, fällt alles, was an Satelliten und Raumstationen die Erde um-
kreist, innerhalb dieser Systemgrenze und braucht somit in der Bilanz nicht weiter
berücksichtigt zu werden.
qab
qab qzu
mab mab
mzu
qab
qzu qzu
mab
mzu Systemgrenze
mzu
Systemgrenze
Abb. 3-1: Die Erde als Wärmekraftmaschine (NASA Astronaut Photograph AS08-
16-2593, 22.12.1968, Apollo 8 crew)
Der zugeführte Wärmestrom entspricht der solaren Einstrahlung auf der Tag-
seite der Erde und der abgeführte Wärmestrom der abgestrahlten Wärme auf
der Nachtseite. Diese beiden Terme sind betragsmäßig gleich groß und können
nicht vernachlässigt werden. Problematisch wird die Situation, wenn beispielsweise
infolge eines Anstiegs des CO2-Gehalts im unteren Bereich der Atmosphäre die
Fähigkeit zur Wärmerückstrahlung herabgesetzt wird (Treibhauseffekt) und
dadurch die mittlere Temperatur in der Atmosphäre ansteigt. Die Zu- und Abfuhr
von Wärme in die Atmosphäre führt zu einer inhomogenen Temperaturverteilung,
was zu einer Ausbildung von unterschiedlichen Druckbereichen führt. Das, was Sie
im täglichen Geschehen als Wetter wahrnehmen, ist nichts anderes als das Ergebnis
von Druckausgleichsbewegungen in der Atmosphäre. Infolge der Corioliskraft11
drehen auf der Nordhalbkugel Hochdruckgebiete im Uhrzeigersinn und Tiefdruck-
gebiete in entgegengesetzter Richtung. Befinden Sie sich auf der Südhalbkugel
verhalten sich die Drehrichtungen genau umgekehrt. Würden Sie in einer fernen
Galaxis auf einen Planeten treffen, in dessen Atmosphäre keinerlei Druck- und
Temperaturunterschiede herrschen, so wäre das Wetter dort mehr als langweilig
oder genauer, es würde schlicht entfallen.
––––––––––
11
Coriolis, Gaspard Gustave de (21. 05.1792 - 19. 09.1843), französischer Mathematiker und Physi-
ker. Die nach ihm benannte Corioliskraft ist eine Trägheitskraft, die einen bewegten Körper quer
zu seiner Bewegungsrichtung ablenkt, wenn die Bewegung relativ zu einem rotierenden Bezugssys-
tem beschrieben wird.
68
Aerostatik 3
Eine feste Grenze der Atmosphäre existiert in der Höhe nicht. Stattdessen erfolgt
ein kontinuierlicher Übergang in den Weltraum. Die untersten und im Sinne der
Flugzeugaerodynamik interessantesten Schichten, bilden die Troposphäre und
Stratosphäre. Der Übergang zwischen diesen beiden Schichten erfolgt vergleichs-
weise diskontinuierlich und die Trennungsschicht (Tropopause) liegt in unseren
Breiten bei ca. 10 km Höhe und in den Tropen bei ca. 17 – 18 km. Veränderungen
in der Atmosphäre, also das Wettergeschehen, spielen sich vorwiegend in der un-
tersten Schicht, der Troposphäre ab. In der Troposphäre selbst spielt der Bereich in
Bodennähe, die so genannte Reibungsschicht bis in 500 – 1000 m über dem Boden
eine besondere Rolle, da hier die Atmosphäre von den Verhältnissen an der Erd-
oberfläche beeinflusst wird. Die Höhe der Tropopause ist nicht nur eine Funktion
des geographischen Breitengrades, sondern unterliegt auch jahreszeitlichen
Schwankungen.
Der für das Wettergeschehen relevante Anteil der Atmosphäre bildet im Vergleich
zum Erddurchmesser nur eine hauchdünne Schicht, das heißt die Hauptströmungen
der Luft erfolgen horizontal. Vertikalbewegungen können demgegenüber nur eine
vergleichsweise geringe Geschwindigkeit aufweisen, haben jedoch eine besondere
Relevanz bei Vorgängen, wie Wolkenbildung und Niederschlag in seinen unter-
schiedlichen Formen.
Die größten Höhenunterschiede der Tropopause treten entlang der Bänder maxima-
ler Windgeschwindigkeiten (jet streams) auf. Oberhalb der Tropopause befindet
sich bis zu einer Höhe von ca. 50 km die Stratosphäre. Nahm bis zum Erreichen
der Tropopause die Lufttemperatur noch mit ca. 6,5 K/1000 m ab, so stellt sich in
der Stratosphäre anfangs eine isotherme Schicht ein um anschließend ab einer Hö-
he von ca. 20 km wieder anzusteigen. Der Temperaturanstieg innerhalb der oberen
Stratosphäre ist auf die starke Absorption des UV-Anteils im Sonnenlicht durch
Ozon zurückzuführen. Der Ozongehalt erreicht in der Stratosphäre in einer Höhe
zwischen 20 – 25 km sein Maximum.
Die Obergrenze der Stratosphäre wird durch die Stratopause gebildet. Das nun fol-
gende Höhenband von 50 – 80 km, die Mesosphäre ist durch einen negativen Tem-
peraturgradienten mit zunehmender Höhe gekennzeichnet und der Luftdruck hat
sich auf 1 – 0,01 hPa reduziert. Nach der Mesosphäre folgt die Ionosphäre oder
Thermosphäre bis in ca. 800 km Höhe, die infolge von ionisierten Schichten (E-
Schichten oder Heaviside-Schichten) Radiowellen reflektieren. Die Ausbildung der
E-Schichten hängt von der Stärke der solaren Einstrahlung ab. Dadurch bilden sie
sich tagsüber auch in tieferen Schichten aus, während sie bei Nacht in der Höhe an-
steigen und dadurch Überreichweiten erzeugt werden können. Sofern Sie noch über
einen Radioempfänger mit terrestrischer Antenne verfügen, können Sie das leicht
überprüfen. Nachts werden Sie Sender empfangen, die Sie tagsüber nicht empfan-
gen können. Das gilt natürlich nicht für den UKW (= FM) – Bereich, da UKW-
Signale sich auf optischen, geraden Bahnen ausbreiten und durch Bodenhindernisse
ausgeblockt werden.
Der starke Temperaturanstieg ab einer Höhe von 100 km ist auf den ersten Blick
etwas überraschend. Infolge der extrem geringen Luftdichte nimmt die mittlere
freie Weglänge, also die Distanz, die ein Teilchen bis zur nächsten Kollision zu-
69
3 Aerostatik
rücklegt sehr große Werte an, da diese nicht mehr abgebremst werden12. Bei ver-
dünnten Gasen korreliert die Temperatur T mit der Teilchengeschwindigkeit c ent-
sprechend √3 ∙ ∙ , wobei R die spezifische Gaskonstante beschreibt. Sollten
Sie sich auf einem Außeneinsatz an der internationalen Raumstation ISS befinden,
können sie hinsichtlich dieser scheinbar bedrohlich hohen Temperaturen völlig un-
besorgt sein. Die wenigen Teilchen, die auf Ihren Raumanzug treffen haben zwar
diese hohe Temperatur, jedoch verfügen Sie über keine nennenswerte thermische
Masse. Die Teilchen nehmen nach dem Aufprall die Temperatur Ihres Anzugs an.
250
Höhe
km
200
Ionosphäre
ratur
150 Tempe
Thermosphäre
100
Mesopause
Mesosphäre
50 Stratopause
Stratosphäre
Tropopause
Troposphäre
0 100 200 300 400 500 600 700 800 900 1000 °C
Oberhalb von 800 km erreicht man die Exosphäre, die den Übergang von der At-
mosphäre zum Weltraum bildet. Von besonderem Interesse in dieser Schicht ist der
so genannte Van-Allen-Strahlengürtel, der den Hauptteil der kosmischen Strahlung
abschirmt. Durch das Magnetfeld der Erde werden hochenergetische, von der Son-
ne stammende Gamma-Teilchen abgefangen und zu den Polen umgelenkt. Der in-
nere Ring des Van-Allen-Belts befindet sich in einer Höhe von 2000 bis 6000 km
über der Erde, der im Wesentlichen Elektronen umlenkt. Der zweite Ring befindet
sich in einer Höhe von 12.000 bis 25.000 km Höhe und schirmt uns vor der
Gamma-Strahlung ab. Befinden Sie sich auf einer Mission auf der ISS, die in unge-
fähr 400 km Höhe die Erde umkreist, so können Sie aufatmen, da Sie durch den
Van-Allen-Gürtel vor der Strahlung geschützt sind.
Die Atmosphäre besteht aus einer Mischung unterschiedlicher Gase, deren Zu-
sammensetzung über die Höhe relativ konstant bleibt. Hauptbestandteil bildet mit
ca. 78% Stickstoff, gefolgt von ca. 21% Sauerstoff, weitere Komponenten bilden
Wasserdampf, Kohlendioxid, Ozon und in sehr geringen Mengen Edelgase wie
beispielsweise Argon und Neon, (Tab. 3-1). Die chemische Zusammensetzung von
––––––––––
12
Mittlere freie Weglänge: Auf Meeresniveau unter ISA Bedingungen ( p = 1 bar, T = 288.15K),
beträgt die mittlere freie Weglänge = 6,63210-8 m. In einer Höhe von 100 km hat sich die Dichte
auf = 3,310-7 kg/m³ verringert und die mittlere freie Weglänge beträgt = 0,3 m
70
Aerostatik 3
Luft ist bis in sehr große Höhen nahezu konstant, während Druck und Temperatur
eine Höhenabhängigkeit aufweisen. Ebenfalls starken Schwankungen unterworfen
ist der Feuchtegehalt. Die Fähigkeit der Luft Wasser in der gasförmigen Phase auf-
zunehmen ist eine Funktion der Temperatur. Diesen Effekt können Sie insbesonde-
re in der kalten Jahreszeit beobachten, wenn am Fenster Ihres Badezimmers die
von der heißen Dusche aufgeheizten Luft am kalten Fenster vorbeistreicht, dabei
abkühlt und die darin enthaltene Feuchte auskondensiert. Es bildet sich das soge-
nannte Schwitzwasser. Warme Luft kann deutlich mehr Feuchte aufnehmen als
kalte Luft.
Gas Volumenprozent Temperatur Wasserdampf
[°C] [g/m³]
Stickstoff N2 78,09 -20 1,0
Sauerstoff O2 20,95 -10 2,3
Argon Ar 0,93 0 4,9
Kohlendioxid CO2 0,03 (schwankt) 10 9,3
Neon Ne 0,0018 20 17,2
Helium He 0,0005 30 30
Krypton Kr 0,0001
Wasserstoff H2 0,00005
Xenon Xe 0,000008
Ozon O3 0,00001 (schwankt)
71
3 Aerostatik
p+dp
dA
g
z
FG dm dz
Druck p isobar
Temperatur T isotherm
Volumen V isochor
Entropie S isentrop
Enthalpie H isenthalp
72
Aerostatik 3
beziehungsweise
1 1
1 1 ∙ ∙
∙ ∙ ⁄ ⁄
∙
73
3 Aerostatik
1
d ∙ ⁄
∙d
ergibt
⁄ ⁄ ⁄
∙ ∙ ∙ ∙
1 1
mit
∙
∙ ⁄
74
Aerostatik 3
Isotherme Temperaturschichtung (n = 1)
1
d ∙ ⁄
∙d
ergibt
∙ ln
mit
∙
∙ ⁄
Bei dem Begriff Normatmosphäre werden sich dem ein oder anderen sicher die
Nackenhaare sträuben. Wie soll sich ein System normieren lassen, das permanen-
ten Änderungen unterworfen ist? Nun, die Frage ist sicher berechtigt. Sofern Sie
sich jedoch mit dem Thema Flugleistungen, also beispielsweise der Bestimmung
von Geschwindigkeiten, Startstrecken oder Steigleistungen eines Flugzeugs be-
schäftigen, benötigen Sie eine normierte Bezugsgröße, auf die Sie Ihre Berechnun-
gen beziehen. Das Gleiche gilt übrigens auch für Fahrleistungen eines Landfahr-
zeugs. Auch hier macht es einen sehr großen Unterschied, ob Sie Ihr Fahrzeug auf
Sylt, auf Meeresniveau bei einer Außentemperatur von -2°C oder am Brennerpass
bei +25°C erproben.
Die Normatmosphäre (DIN 5450 beziehungsweise seit 1975 DIN ISO 2535) ba-
siert auf jahreszeitlich und geographisch gemittelten Messwerten für Druck, Dichte
und Temperatur und dient als Normierungssystem zur Auslegung und Vergleich
von Leistungen. Diesem Modell liegt eine Reihe von vereinfachenden Annahmen
zugrunde:
- Es existieren keine jahreszeitlichen oder geographischen Abhängigkeiten
- Es liegen keine wetterbedingten Einflüsse vor
- Die relative Luftfeuchtigkeit beträgt = 0%
Das bedeutet also, dass entsprechend diesem Modell, sofern Sie sich auf der glei-
chen Höhe befinden, am Waikiki-Beach auf Hawaii als auch am Nordpol die iden-
tischen Bedingungen vorliegen. Druck, Dichte und Temperatur sind an beiden Or-
75
3 Aerostatik
ten gleich und das unabhängig davon ob Sie die Betrachtung für den 1. Juli oder
den 31. Dezember durchführen13.
Der dem Modell zugrundeliegende Temperaturverlauf ist in Abb. 3-4 skizziert. Das
Modell unterscheidet acht Höhenintervalle. Die jeweiligen Anfangswerte (Index A)
der Höhe als auch die Temperaturgradienten in dieser Höhe sind in Tab. 3-3 aufge-
listet.
90 180,65
88
80 180,65
79
70
252,65
60 61
270,65
50 52
270,65
H [km]
47
40
228,65
30 32
216,65
20
20
216,65
10 11
288,15
0
0
170 190 210 230 250 270 290 310
T [K]
––––––––––
13
Atmosphärendaten: Sollten Sie sich für reale Wetterdaten interessieren, finden Sie auf der Inter-
netseite der University of Wyoming bei den Meteorologen unter dem link
http://weather.uwyo.edu/upperair/sounding.html eine Übersicht über Wetterstationen auf der ge-
samten Welt. Klicken Sie dabei beispielsweise in Europa auf die Station 10868 (München-
Oberschleißheim), so erhalten Sie für das gewünschte Datum das Höhenprofil (Druck, Temperatur,
Taupunkt, Wind, relative Feuchte) bis in eine Höhe von 34 km. Mit soundig data werden im Engli-
schen Daten bezeichnet, die mit Aufstiegssystemen, wie beispielsweise Wetterballons oder Wetter-
raketen gemessen wurden.
76
Aerostatik 3
Die Berechnung der drei Parameter Druck, Dichte und Temperatur des Atmosphä-
renmodells als Funktion der Höhe ist denkbar einfach. Es empfiehlt sich diese Ge-
legenheit für eine kleine Programmierübung zu nutzen und diese sechs einfachen
Gleichungen, die die Normatmosphäre beschreiben, Ihrem Rechner beizubringen.
In Abhängigkeit davon ob Sie sich in einem Höhenintervall mit veränderlicher
Temperatur befinden oder in einem Intervall mit konstanter Temperaturschichtung,
verwenden Sie die jeweiligen drei Gleichungen.
⁄ ∙
∙
beziehungsweise
∙
Höhenintervalle mit konstanter Temperatur
const.
∙
∙e ∙
∙
∙e ∙
beziehungsweise
77
3 Aerostatik
Hierbei bezeichnet R = 287,05 J/kgK die spezifische Ganskonstante von trockener
Luft und g0 = 9,81 m/s² die Gravitationskonstante auf der Erdoberfläche. Der Index
h steht für die Höhe in der die Berechnung durchgeführt wird. Der Index A be-
schreibt den jeweiligen Anfangswert am unteren Ende des Intervalls in dem sich
die gewünschte Höhe befindet. Für alle Parameter sind SI-Einheiten zu verwenden,
also Höhe in Meter, Druck in Pascal, Dichte in kg/m³ und Temperatur in Kelvin.
Damit wäre das Modell schon programmiert. Bei dieser Gelegenheit lohnt es sich
immer Ihr Programm noch um einige wenige, aber sehr nützliche, Parameter für
Luft zu erweitern.
Schallgeschwindigkeit
m
√ ∙ ∙
s
mit Luft = 1,4
Wärmeleitfähigkeit
,
W
2,648151 ∙ 10 ⁄
245,4 ∙ ∙ 10 m∙K
Dynamische Viskosität
Die dynamische Viskosität von Luft lässt sich näherungsweise nach der Suther-
landformel als Funktion der Temperatur berechnen.
,
1,458 ∙ 10 ∙ Pa ∙ s
110,4
Kinematische Viskosität
m
s
Eine Tabelle mit Werten der Normatmosphäre finden Sie im Anhang, Tab. A-8a
bis Tab. A-g.
78
Aerostatik 3
1. Berechnen Sie die Nutzlast, die der Ballon bei einem Start auf der Höhe h = 0
unter ISA-Bedingungen heben kann
2. Welchen Durchmesser hat der Ballon in einer Höhe h = 12 km unter ISA-
Bedingungen?
Übung 3-2
Vom 16. August 1960 bis zum 14. Oktober 2012 hielt der US-Amerikaner Joseph
Kittinger den Weltrekord für einen Fallschirmabsprung aus der größten Höhe, in
diesem Fall 31333m. Kittingers Sprünge aus einer offenen Ballongondel dienten
der Erforschung und Entwicklung von Rettungssystemen für Piloten bei Absprün-
gen aus großen Höhen. Etwas profaner waren die Gründe für die Einstellung der
Rekorde von Joseph Kittinger, darunter die größte im freien Fall erreichte Ge-
schwindigkeit und der höchste Absprung, durch einen Sprung des Österreichers Fe-
lix Baumgartner am 14. Oktober 2012 mit einem Sprung aus einer Druckkapsel aus
39045 m. Hierbei ging es lediglich um eine überteuerte Werbeaktion für eine etwas
seltsam schmeckende Limonade. Fast unbemerkt von der Weltöffentlichkeit und
ohne jeglichen Medienrummel wurde dieser Rekord jedoch kurz darauf, am 24.
Oktober 2014, durch den US-Amerikaner Alan Eustace, durch einen Sprung aus
41419 m Höhe überboten.
Baumgartner erreichte nach relativ kurzer Zeit seine Maximalgeschwindigkeit von
1342 km/h. Die Frage, die es zu klären gilt lautet: Wie sehen die körperlichen Be-
lastungen bei solchen Geschwindigkeiten in großer Höhe aus?
1. Berechnen Sie den Staudruck, dem diese Geschwindigkeit entspricht und ver-
gleichen Sie diesen mit den Belastungen eines Motorradfahrers auf einer Autobahn
auf Meereshöhe.
2. Hatte Baumgartner bei seinem Sprung die Schallmauer durchbrochen?
79
3 Aerostatik
3.3 Höhendefinitionen
Bei dem Wort Höhe werden Sie sicher vermuten, dass dieser Begriff eindeutig de-
finiert ist. Je nach Anwendungsfall sind jedoch eine ganze Reihe von unterschiedli-
chen Definitionen möglich, beispielsweise:
- geometrische Höhe
- absolute Höhe
- geopotentielle Höhe
- Druckhöhe
- Dichtehöhe
Diese Definition kennen Sie alle aus Ihrer Schulzeit. Die geometrische Höhe hg be-
schreibt den Abstand eines Punktes über dem Meeresspiegel. Solche Angaben fin-
den Sei beispielsweise als Höhenangaben in Landkarten. Doch so eindeutig, wie
man es vermuten könnte liegen die Dinge nicht. Die einfache Frage lautet: Wo ge-
nau liegt der Meeresspiegel? Dieser ist alles andere als konstant. Denken Sie an die
Gezeiten, Wellengang und gravitationsbedingte Änderungen des Pegelstandes14. Es
ist also ein eindeutig definierter Bezugspunkt erforderlich.
In der Zeit von 1683 bis 1684 wurde der mittlere Hochwasserstand in Amsterdam
in den Niederlanden als Nullpunkt festgelegt und von den meisten, aber nicht allen,
europäischen Staaten als Referenz übernommen. Der österreichische Referenz-
punkt bezieht sich auf den mittleren Pegelstand der Adria bei Triest. Dort können
Sie heute noch in einem Seitenarm des Hafens einen Granitquader bestaunen, der
diesen Punkt markiert und übrigens 34 cm unter dem Amsterdamer Pegel liegt.
In der Schweiz dient ein Granitfelsen im Genfer See, der sogenannte Repère
(=Bezugspunkt) Pierre du Niton als Referenz. Dieser Punkt liegt seit 1902 um
373,6 m über dem Pegelstand des Mittelmeers in Marseille. Vorher waren es infol-
ge der etwas ungenaueren Vermessungstechnik 376,86 m.
Damit liegt die schweizer Referenz um 32 cm unter dem deutschen Normalnull.
Nun ist es sicher völlig unerheblich ob ein Berggipfel in den Westalpen in einer
deutschen Karte um 32 cm höher ist als in einer schweizer Karte. In der Regel fin-
den Sie dort ohnehin in Abhängigkeit von der Jahreszeit eine mehrere Meter dicke
Schneedecke vor. Interessant wird es jedoch, wenn Sie ein länderübergreifendes
Bauwerk, wie beispielsweise im Jahre 2003 die Hochrheinbrücke bei Laufenburg
planen. Dem deutschen als auch dem schweizer Planungsbüro war dieser Höhen-
––––––––––
14
Meeresspiegel: Vor der vor der Küste Indiens liegt der Meeresspiegel bis zu 120 Meter tiefer als
normal. Die inhomogene Verteilung des Gravitationsfeldes der Erde verursacht eine weiträumige Del-
le im Wasser. Außerhalb dieser Region ist die Anziehung stärker, was zu einer Verschiebung der
Wassermassen und somit zu eine höheren Meeresspiegel führt. Diese Unebenheiten im Meer sind mit
bloßem Auge nicht zu erkennen sondern wurden mittels des ESA-Erderkundungssatelliten "Goce" im
Rahmen der Mission zur Messung der Gravitation und des stationären Zustandes der Ozeanzirkulati-
on in der Zeit von 2009 bis 2013 vermessen.
80
Aerostatik 3
mit
mK Masse des Körpers
mE Erdmasse, mE = 5,971024 kg
g0 Erdbeschleunigung auf der Erdoberfläche, g0 = 9,81 m/s²
g(r) Erdbeschleunigung im Abstand r zum Masseschwerpunkt
rE (mittlerer) Erdradius, = 6378,169103 m
r Abstand des Körpers zum Masseschwerpunkt der Erde
Gravitationskonstante, = 6,6710-11 m³/kgs²
somit
beziehungsweise
––––––––––
15
Murphy, Edward R. (11.01.1918 – 17.07.1990), US-amerikanischer Luft- und Raumfahrtin-
genieur: If there’s more than one possible outcome of a job or task, and one of those outcomes will
result in disaster or an undesirable consequence, then somebody will do it that way
81
3 Aerostatik
r
∙ ∙
h
Daraus ergibt sich die geopotentiellen Höhe h zu
Auf der Erdoberfläche fallen die geometrische und die geopotentielle Höhe zu-
sammen. Mit zunehmender Höhe sinkt die geopotentielle Höhe jedoch immer wei-
ter unter die geometrische Höhe.
3.3.3 Druckhöhe
Bei fliegenden Systemen benötigen Sie ein autonomes System zur Höhenbestim-
mung. Das ist einerseits zur Staffelung des Flugverkehrs als auch zur Lärmvermei-
dung erforderlich. Also der Lärm, der dadurch erzeugt wird, wenn ein Flugzeug
aufgrund falscher Höheninformationen mit einem anderen Flugzeug kollidiert oder
am Boden zerschellt. Höhenmesser in Flugzeugen arbeiten in der Regel als baro-
metrische Höhenmesser, das heißt es wird der statische Luftdruck außerhalb des
Flugzeugs gemessen und daraus eine Höhe ermittelt. Die Druckhöhe beschreibt
somit die Zuordnung eines Luftdrucks p(h) zu einer Höhe h.
Würden permanent die Werte der Normatmosphäre vorliegen, so wäre diese Zu-
ordnung eindeutig, da zu jedem Luftdruck genau eine Höhe gehört. Insbesondere in
der Troposphäre ist dies jedoch nur sehr selten der Fall. Diese Abweichung können
Sie durch das manuelle Anpassen der mechanischen Kalibrierkurve in dem Hö-
henmesser ausgleichen. Im Fall des in Abb. 3-5 dargestellten Flugzeughöhenmes-
sers geschieht dies mittels des Einstellknopfes am linken unteren Rand. In der inne-
ren Skala wird der Bezugsluftdruck angezeigt, in diesem Fall 1035 hPa.
Dieser Bezugsluftdruck, das sogenannte QNH16 entspricht dem aktuellen Luftdruck
in der momentanen Höhe, dem QFE, der auf Meeresniveau heruntergerechnet wur-
de. Die Messgröße ist also das QFE.
––––––––––
16
QNH, QFE: Die Bezeichnungen QNH und QFE stammen noch aus der Morsezeit, wobei allen
wetterrelevanten Informationen ein Q vorangestellt wurde. NH steht im Englischen für normal
height, also Meeresniveau und FE für field elevation, also Platzhöhe.
82
Aerostatik 3
Die Umrechnung des aktuellen Luftdrucks (QFE) in der Höhe h auf den Luftdruck
bezogen auf Meeresniveau (QNH) erfolgt mittels
∙
mit
0,0065
∙ 287,05 ∙ 0,1902612
9,80665
, 1013,25 ,
∙ 0,0065 ∙ 8,417168 ∙ 10
, 288,15
83
3 Aerostatik
Bedeutung für die Luftfahrt
Wichtig bei dieser Betrachtungsweise ist der Umstand, dass der Höhenmesser nicht
die Höhe, sondern den Luftdruck misst. Angenommen Sie planen einen Flug in ei-
nem Kleinflugzeug von München nach Turin, das heißt Sie überqueren die Alpen
in Nord-Süd-Richtung. Beim Start in München stellen Sie Ihren Höhenmesser auf
das aktuelle QNH, in diesem Fall 1021 hPa ein. Dadurch zeigt Ihnen der Höhen-
messer vor dem Start die Flugplatzhöhe an. Entsprechend Abb. 3-6 wären das
h = 500m. Die Routenplanung haben Sie so gelegt, dass Sie in einer Flughöhe von
h = 3000m den höchsten Punkt auf der Route (h = 2900m) mit einer Sicherheitshö-
he von h = 100m überfliegen. Südlich des Alpenhauptkamms liegt allerdings ein
Tiefdruckgebiet (QNH = 1002 hPa). Würden Sie nichts weiter unternehmen und
mit Ihrer Höhenmessereinstellung von München (QNH = 1021 hPa) weiterfliegen,
so würde das sicher böse enden, da Sie ja nicht auf einer konstanten geometrischen
Höhe, sondern auf einer konstanten Druckhöhe (=Isobarenfläche) fliegen. Obwohl
Ihr Höhenmesser immer noch eine Flughöhe von h = 3000m anzeigt, haben Sie
aufgrund des gesunkenen Luftdrucks in Wirklichkeit nur noch eine Flughöhe von h
= 2840 m. Dies führt unweigerlich zu einem Lärmproblem, wenn die Luftfahrt 60m
unterhalb des Gipfels oder der Passhöhe zu einem abrupten Ende kommt.
Hochdruck Tiefdruck
h= 500m: QFE = 962 hPa
Die alte Pilotenweisheit „Vom Hoch ins Tief, das geht schief“ hat hier sehr wohl
ihre Berechtigung. Allerdings haben Sie die Möglichkeit dies zu verhindern. Als
Pilot sind Sie verpflichtet bei Überlandflügen sich das jeweilige QNH einzuholen.
Das ist beispielsweise durch die Abfrage der sogenannten ATIS17 über Funk mög-
lich.
Obwohl die Druckhöhe in der Regel nicht der geometrischen Höhe entspricht, wird
diese zur Staffelung des Flugverkehrs nach so genannten Flugflächen FL (engl.:
flight levels) verwendet. Der Zusammenhang zwischen Flugfläche und Druckhöhe
in Fuß (1 foot = 12 inch = 0,3048 m) ergibt sich ganz einfach aus
∙ 100
Flugfläche FL120 entspricht also einer Höhe von 12000 ft = 3658 m, sofern der re-
ale Luftdruck auf bezogen Meeresniveau p0 = 1013,25 hPa beträgt. Flugflächen
werden immer auf den Standarddruck der Normatmosphäre auf Meeresniveau be-
zogen, also QNH = 1013,25 hPa. Da häufig der Luftdruck jedoch nicht dem Stan-
darddruck entspricht, gibt diese Höhenmessereinstellung eine von der geometri-
schen Höhe abweichende Flughöhe an. Die Flugzeuge bewegen sich dadurch auf
––––––––––
17
ATIS: Automatic terminal information service, automatische Ansage der aktuellen Wetterbedin-
gungen, unter anderem auch das QNH, sowie Start- und Landerichtung an einem Flugplatz
84
Aerostatik 3
Flächen konstanten Drucks, nicht auf einer konstanten geometrischen Höhe. Dies
hat jedoch den Vorteil, dass immer eine konstante Höhenstaffelung des Flugver-
kehrs gewährleistet wird.
3.3.4 Dichtehöhe
Die Dichthöhe hDichte ergibt sich über die Zustandsgleichung des idealen Gases aus
den gemessenen Werten für Druck und Temperatur. Die Dichthöhe wird zur Be-
rechnung der Flugleistungen, insbesondere der Start- und Landestrecken verwen-
det. In der Luftfahrt findet diese einfache Näherungsformel Verwendung:
1013,25 ∙ 10 , ∙ 40
mit
h [m] Platzhöhe
QNH [hPa] Luftdruck bezogen auf MSL
Th [K, °C] aktuelle Temperatur am Platz
Th, ISA [K, °C] Temperatur am Platz bei ISA-Bedingungen
85
3 Aerostatik
Übung 3-3
Sie planen einen Flug vom dem Flugplatz München-Oberschleißheim mit einem
einmotorigen Sportflugzeug, einer Piper PA28-R200. Die Platzhöhe von Mün-
chen-Oberschleißheim beträgt h = 485 m, die Bahnlänge beträgt L = 808 m.
Berechnen Sie die erforderliche Startstrecke s218 für die beiden folgenden Tage:
- Tag 1: QNH = 1020 hPa, T = +2°C.
- Tag 2: QNH = 1020 hPa, T = +32°C
An welchem der beiden Tage sollten Sie von einem Start absehen?
––––––––––
18
Startstecke s1: Erforderliche Strecke bis zum Abheben,
Startstrecke s2: Erforderliche Strecke bis zum Überfliegen eines (fiktiven) 15 m - Hindernisses
86
4. Strömung von Fluiden
87
4 Strömung von Fluiden
4.2 Kontinuitätsgleichung
4.2.1 Volumenstrom
Wird eine Stromröhre von einem Fluid mit einer mittleren Geschwindigkeit c im
Querschnitt A durchströmt, so bildet das Volumenelement dV, welches um die
Strecke ds bewegt wird, den Volumenstrom V mit der Einheit [m³/s].
(2)
dV s
c
A
(1)
ds
∙ ∙ ∙ ∙
∙ ∙
88
4. Strömung von Fluiden
4.2.2 Massestrom
Für die zeitliche Änderung der Masse in einem durchströmten System gilt
∙
∙ ∙ ∙ ∙
Im Fall einer stationären Strömung verschwindet die zeitliche Änderung der Dich-
te, es gilt also 0 und somit für den Massestrom mit der Einheit [kg/s]
∙ ∙ ∙
4.2.3 Masseerhaltungssatz
Wird ein System stationär durchströmt, wobei eintretende Energie- und Masse-
ströme positiv und austretende Ströme negativ angesetzt werden, so muss die zeit-
liche Änderung der Masse innerhalb des Systems verschwinden. Für ein System
mit einem eintretenden und einem austretenden Massestrom, beispielsweise ein
Rohrstück oder Wasserhahn gilt
also
∙ ∙ ∙ ∙ .
, , .
Etwas einfacher sind die Verhältnisse, wenn Sie Fluide betrachten bei denen die
Kompressibilität vernachlässigt werden kann. Also Flüssigkeiten oder aber auch
Gase, sofern Sie die magische Strömungsgeschwindigkeit von 30% der Schallge-
schwindigkeit nicht überschreiten. Das wären bei Luft auf Meeresniveau unter den
Bedingungen der Normatmosphäre immerhin sportliche 100 m/s oder 360 km/h.
Eine Vernachlässigung der Kompressibilität bedeutet, dass sich die Dichte nicht
ändert und diese sich aus der Bilanz herauskürzt. Der Massestrom vereinfacht sich
also zum Volumenstrom
∙ ∙ .
beziehungsweise
, , .
89
4 Strömung von Fluiden
4.3 Bernoulli-Gleichung
Energieerhaltungssatz
Der Energieerhaltungssatz lässt sich aus der thermodynamischen Betrachtung eines
offenen, durchströmten Systems am Beispiel eines Strömungsprozesses mit Aus-
tausch von Wärme und Arbeit herleiten. Betrachtet werden hierbei lediglich die
Energie- und Massenströme, die die Systemgrenze überschreiten, sowie die Ände-
rungen der Energie im Inneren des Systems. Eine Kenntnis der technischen Abläu-
fe innerhalb der Systemgrenzen ist nicht erforderlich.
Wie Sie aus Abb. 4-2 erkennen können, ermöglicht der thermodynamische Sys-
tembegriff die Reduzierung eines beliebig komplexen Systems, in diesem Fall ein
Flugzeugtriebwerk, auf eine einfache Strichpunktlinie. Ohne die geringsten Kennt-
nisse hinsichtlich der Funktionsweise des Triebwerks ist es möglich eine Aussage
über der Schub zu treffen, sofern Sie eine Bilanz der ein- und austretenden Ener-
gie- und Masseströme an der Systemgrenze erstellen.
90
4. Strömung von Fluiden
Zapfluft Zapfluft
Kabineninnendruck Enteisung Kerosin
angesaugte
Luft Abgasstrahl
Systemgrenze
Elektrische Leistung
,
,
, ,
,
, ,
, Systemgrenze
91
4 Strömung von Fluiden
kann noch zusätzliche Wärme vom Triebwerk für die Enteisung abgeführt werden
( , ) 19.
Ähnlich wie ein Automobil benötigt auch ein Flugzeug elektrische Energie (=
technische Arbeit, , ) für die Bordstromversorgung. Diese wird über einen an
das Treibwerk angeschlossenen Generator erzeugt.
Transportenergie
Die Energieanteile, die über die Systemgrenze transportiert werden, bezeichnet
man als Transportenergien. Das sind die spezifische Wärme q12, die spezifische
technische Arbeit wt,12 und die spezifische dissipierte, also die Verlustenergie ediss20.
In der noch zu entdeckenden reibungsfreien Welt würde dieser Term verschwin-
den.
,
Systemenergie
Die Energieanteile, die sich innerhalb der Systemgrenze verändern können, werden
als Systemenergien bezeichnet. Das wären die spezifische kinetische Energie
1/2(c22-c12), die spezifische potentielle Energie g(z2-z1), die spezifische innere
Energie u2-u1 und die spezifische Druckenergie p2v2- p1v1. Unter der spezifischen
inneren Energie u versteht man den Energieanteil, der sich infolge der Temperatur
ergibt:
∙
Wobei cv die spezifische Wärme bei konstantem Volumen beschreibt. Damit erhal-
ten Sie für die spezifischen Systemenergien
1
∙ ∙ ∙ ∙
2
Es gilt
also
,
1
∙ ∙
2
∙ ∙
In dieser Bilanz steckt nun alles, was an unterschiedlichen Energien die System-
grenze überschreitet, beziehungsweise was sich an den Grenzen ändert kann. Diese
Energiebilanz oder auch Energieerhaltungssatz ist nichts anderes als der sagenum-
wobene erste Hauptsatz der Thermodynamik.
––––––––––
19
Es empfiehlt sich aus mehreren Gründen die Temperatur des Abgasstrahls möglichst weit abzusen-
ken. Ersten erhöhen Sie den Wirkungsgrad des Triebwerks, wenn möglichst wenig thermische
Energie wieder das System verlässt und zweitens erhöhen Sie bei militärischen Treibwerken Ihre
Überlebenswahrscheinlichkeit, da sich der Infrarotsuchkopf einer Luft/Luft- oder Boden/Luft-
Rakete immer an dem heißen Abgasstrahl orientiert.
20
Thermodynamiker arbeiten gerne mit sogenannten spezifischen Größen, das heißt die entsprechen-
de Größe, also beispielsweise die Wärme Q12 wird auf die Masse m oder den Massestrom im
System bezogen. Diese spezifischen Größen erkennen Sie an der Kleinschreibung: ⁄ .
92
4. Strömung von Fluiden
Enthalpie
Die beiden Energieanteile innere Energie und Druckenergie lassen sich zu einem
neuen Anteil zusammenfassen, der sogenannten Enthalpie. Unter Verwendung der
spezifischen Größen ergibt sich für die spezifische Enthalpie h
∙
∙ ∙
∙ ,
∙ ∙
∙ ,
Wobei v = V/m = 1/ das spezifische Volumen mit der Einheit [m³/kg] bezeichnet.
Bei einer Zustandsänderung von einem Ausgangspunkt (1) zu einem Endpunkt (2)
ändert sich die spezifische innere Energie u entsprechend
∙
Analog ändert sich die spezifische Enthalpie h
, , ∙ ∙
93
4 Strömung von Fluiden
Enthalpie und innere Energie idealer Gase
Bei idealen Gasen entfällt die Druckabhängigkeit der spezifischen Wärmen. Es gilt
für die isochore Wärmekapazität cv
also
∙
und somit für die Änderung der spezifischen inneren Energie u
also
∙
und somit für die Änderung der spezifischen Enthalpie h
Damit haben Sie den kurzen Ausflug in die Thermodynamik erstmal überstanden.
Wenn Sie mithilfe dieser Bilanz, also dem ersten Hauptsatz der Thermodynamik,
ein durchströmtes System betrachten, dann erhalten Sie ein vollständiges Bild des
Geschehens, zumindest was die Energie- und Masseströme betrifft. Die meisten
dieser Anteile können Sie in aller Regel messtechnisch sehr gut erfassen. Bei den
Transportenergien wären das die technische Arbeit wt,12 und die Wärme q12. Die
Arbeit können Sie bei einer Maschine über eine einfache Drehmomentmessung be-
stimmen. Die zugeführte Wärme entspricht dem Brennwert des Kraftstoffs und die
abgeführte Wärme lässt sich aus der Abgastemperatur ermitteln. Bei den Syste-
menergien, also kinetische, potentielle, Druck- und innere Energie handelt es sich
ebenfalls um leicht messbare Parameter. Messgrößen sind die Temperatur, der
Druck, die Geometrie und die Strömungsgeschwindigkeiten zur Bestimmung der
94
4. Strömung von Fluiden
Masseströme. Etwas schwieriger verhält es sich mit der dissipierten Energie ediss.
Bei Rohrströmungen lässt sich auch dieser Term mit hinreichender Genauigkeit be-
rechnen, ansonsten ist eine Bestimmung erst nachträglich über eine Messung des
Wirkungsgrades 21 möglich. Also einem Vergleich zwischen zugeführter Energie
und abgeführter Arbeit.
| | | |
1
, ,
Für sehr viele Anwendungsfälle ist es aber gar nicht erforderlich solch eine allum-
fassende Bilanz im Sinne des ersten Hauptsatzes zu erstellen. Dazu betrachten Sie
folgendes Beispiel.
Übung 4-1
Nach erfolgreichem Abschluss Ihres Studiums haben Sie von Ihrem ersten Gehalt
als Ingenieur eine schöne Berghütte in den Alpen erworben. Relativ schnell bemer-
ken Sie den Grund für den günstigen Kaufpreis. Es findet sich zwar fließendes
Wasser in Form eines Bachlaufs vor der Hütte, jedoch kein elektrischer Strom.
Leicht irritiert von den permanenten Auseinandersetzungen mit Ihrer besseren
Hälfte über den Geschirrabwasch, beschließen Sie die Installation eines kleinen
Wasserkraftwerks. Immerhin sind Sie ja Ingenieur und möchten einen positiven
Beitrag zu Ihrer Beziehung liefern.
Welche Überlegungen sollten Sie anstellen, bevor Sie die Spülmaschine im Trage-
gestell auf den Berg schleppen?
Ausgehend von dem ersten Hauptsatz der Thermodynamik erhalten Sie die
Bernoulli-Gleichung22, sofern Sie eine Reihe von Vereinfachungen treffen. Diese
bestehen im Wesentlichen darin, dass Sie die Transportenergien vernachlässigen.
Es gilt also
, 0
Für diese Annahmen werden Sie in der Realität sehr viele Beispiele finden. Denken
Sie beispielsweise an ein durchströmtes Rohrleitungssystem. Es enthält keine
Brennkammer oder Wärmetauscher, also gilt q12 = 0. Sofern Sie keine Arbeitsma-
schine, also einen Kompressor, eine Pumpe oder eine Turbine vorfinden, wird kei-
ne technische Arbeit verrichtet. Es gilt also wt,12 = 0. Die dissipierte Energie kann
bei realen Prozessen natürlich nie verschwinden, da jeder reale Prozess verlustbe-
haftet ist. Aber trotzdem ist die Annahme ediss = 0 sehr praktisch, da sie die theore-
––––––––––
21
Gelegentlich wird auch heute noch der Versuch unternommen Maschinen zum Patent anzumelden,
deren thermodynamischer Wirkungsgrad größer eins beträgt. Das wäre ein sogenanntes Perpetu-
um Mobile, also eine Maschine, die mehr Arbeit erzeugt, als man Energie hineinsteckt. Dies steht
in einem gravierenden Widerspruch zum ersten Hauptsatz der Thermodynamik. Die Pariser Aka-
demie der Wissenschaften beschloss bereits im Jahr 1775 keine Patentanmeldungen mehr für sol-
che Maschinen anzunehmen.
22
Der Name Bernoulli steht für eine schweizer Familie mit Ursprüngen in den Niederlanden und
Verzweigungen nach Deutschland, die über mehrere Generationen sehr erfolgreiche Mathematiker,
Architekten und Künstler hervorbrachte. Die hier angesprochene Gleichung geht auf Daniel
Bernoulli (08.02.1700 – 17.03.1782) zurück.
95
4 Strömung von Fluiden
tische, maximale Obergrenze festlegt, die auch durch die geschickteste Prozessfüh-
rung nicht erreicht und auch nie überschritten werden kann.
Bei den Systemenergien gehen Sie von einer konstanten inneren Energie aus. Das
heißt nichts anderes, als dass die Temperatur konstant bleibt. Betrachten Sie bei-
spielsweise einen durchströmten Gartenschlauch. Ohne größeren Fehler können Sie
davon ausgehen, dass die Wassertemperatur sich auf dem Weg vom Wasserhahn
bis zum Schlauchende kaum verändert.
Also was bleibt dann noch von dem ersten Hauptsatz? Aus
,
1
∙ ∙
2
∙ ∙
Diese schöne Gleichung lässt sich auf mehrere Arten umformen. Der Grundgedan-
ke ist immer der Gleiche. Die Bernoulli-Gleichung entspricht einer Bilanz entlang
einer Stromlinie, die von einem Startpunkt zu einem Endpunkt verläuft. Aufgrund
der Annahme der Reibungsfreiheit ist die Gesamtenergie eges, der Gesamtdruck pges
oder auch die Gesamthöhe hges entlang der Stromlinie immer konstant.
spezifische Energiegleichung
∙ + ∙ + ∙ = eges [J/kg]
Druckgleichung
∙ + ∙ ∙ + = pges [Pa]
Höhengleichung
∙
∙ + + = hges [m]
∙
96
4. Strömung von Fluiden
immer konstant. In Abb. 4-3 ist dies am Beispiel einer durchströmten Rohrleitung
mit veränderlichem Querschnitt und veränderlicher Höhe skizziert.
z
g
pges
2 c2
gz
Im weiteren Verlauf werden der Startpunkt der Bilanz immer mit (1) und der End-
punkt mit (2) gekennzeichnet. Sie werden später aber auch wesentlich komplexere
Beispiele mit unterschiedlich vielen Kontrollpunkten bearbeiten.
Die Anwendung der Bernoulli-Gleichung soll im folgenden Beispiel verdeutlicht
werden.
Übung 4-2
In Abb. 4-4 ist eine Kraftstoffleitung mit einer Messblende zur Durchflussmessung
skizziert. Vor der Blende (1) und in der Blende (2) befinden sich je eine Druckboh-
rung zur Messung des statischen Drucks. Der Innendurchmesser der Leitung be-
trägt d1 = 10 mm. Der engste Querschnitt der Blende beträgt d2 = 5 mm.
Die gemessenen statischen Drücke betragen p1 = 10.000 Pa und p2 = 9.800 Pa. Die
Dichte des Kraftstoffs beträgt = 720 kg/m³.
Gesucht ist der Kraftstoffdurchfluss l⁄h .
97
4 Strömung von Fluiden
(1) (2)
p1 p2
In Abb. 4-3 sind die drei Druckanteile, die in der Bernoulli-Gleichung enthalten
sind für eine einfache Rohrleitung skizziert. Infolge der Änderung von Höhe und
Querschnitt verändern sich der potentielle, der kinetische und damit auch der stati-
sche Anteil. Die Summe aus allen drei Anteilen bleibt jedoch über die gesamte
Laufstrecke konstant. Das ist ein System ohne Energietransport, also ohne eine Ar-
beitsmaschine wie beispielsweise eine Turbine oder eine Pumpe.
Eine Arbeitsmaschine zur Energiezufuhr bedeutet, dass durch diese Maschine me-
chanische Arbeit in Strömungsenergie umgewandelt wird. Das wäre die Aufgabe
einer Pumpe oder eines Kompressors. In diesem Fall wäre die Bernoulli-Gleichung
nicht mehr anwendbar, da die Annahme einer konstanten Gesamtenergie oder eines
konstanten Gesamtdrucks nicht mehr zutrifft. An der Stelle, an der sich die Pumpe
befindet, wird der Gesamtdruck oder auch die Gesamtenergie in der Strömung er-
höht. Die Bernoulli-Gleichung muss also um einen Arbeitsterm erweitert werden.
Im Fall der spezifischen Energiegleichung wäre das die spezifische technische Ar-
beit wt,12, die Sie bereits aus der Formulierung des ersten Hauptsatzes der Thermo-
dynamik kennen.
1 1
∙ ∙ , ∙ ∙
2 2
Bei der Druckgleichung erscheint die Druckerhöhung durch die Pumpe pPumpe
∙ ∙ ∙ ∆ ∙ ∙ ∙
2 2
und in der Höhengleichung die sogenannte Nutzhöhe Hnutz
1 1
∙ ∙
2∙ ∙ 2∙ ∙
98
4. Strömung von Fluiden
z
g
pges
pTurbine
2 c2
gz
Abb. 4-5: Einfluss einer Turbine auf die Aufteilung der Druckanteile
99
4 Strömung von Fluiden
Übung 4-3
In einem Teich liegt in der Tiefe h4 unter dem konstanten Wasserspiegel eine
Tauchpumpe zum Betrieb eines Springbrunnens. An der Stelle (1) saugt die Pumpe
das Wasser an und erzeugt mit der Düse an der Stelle (4) eine Fontäne, die die Hö-
he h6 über der Wasseroberfläche erreicht.
p0 h6
4
0
d4
W
d2 h4
d1
1 2 3
Bei allen folgenden Betrachtungen können Sie von einer reibungsfreien Strömung
ausgehen.
1. Geben Sie die Geschwindigkeiten im Ansaugrohr vor der Pumpe c1, im Aus-
trittsrohr hinter der Pumpe c2 und an der Düse c4 als Funktion der in der Zeichnung
gegebenen Größen an.
2. Geben Sie die Leistung P der Pumpe als Funktion der gegebenen Größen an
100
4. Strömung von Fluiden
4.5 Grenzschichtströmungen
Ende des 19. Jahrhunderts waren die vollständigen Bewegungsgleichungen für in-
kompressible, reibungsbehaftete Fluide in Form der Navier23-Stokes24-Gleichungen
zwar bekannt, jedoch aufgrund der mathematischen Komplexität nur für wenige
Ausnahmefälle lösbar. Unter der Annahme, dass aufgrund der vergleichsweise ge-
ringen Zähigkeitswerten von Luft oder Wasser, die Reibung vernachlässigbar sei,
entwickelte sich ausgehend von den Euler25schen (= reibungsfreien) Bewegungs-
gleichungen die sogenannte theoretische Hydrodynamik. Bedauerlicherweise
herrschte jedoch eine beträchtliche Diskrepanz zwischen den Ergebnissen der theo-
retischen Hydrodynamik und den Ergebnissen experimenteller Untersuchungen.
Insbesondere was die Vorhersage von Druckverlusten in Rohrleitungen oder dem
Widerstand von umströmten Schiffsrümpfen betraf.
Die entscheidende Wende kam mit den Arbeiten von Ludwig Prandtl26, der seine
Ergebnisse erstmals auf dem Heidelberger Mathematiker-Kongress im Jahr 1904
unter dem Titel “Über Flüssigkeitsbewegung bei sehr kleiner Reibung“ vorstellte.
Darin wurde das Konzept formuliert, dass sich die Strömung um einen Körper in
zwei Bereiche unterteilen lässt. Eine sehr dünne Schicht im wandnahen Bereich, in
der die Reibung eine signifikante Rolle spielt, der sogenannten Grenzschicht und
dem äußeren Strömungsbereich, in dem die Reibung nur noch eine untergeordnete
Rolle spielt.
101
4 Strömung von Fluiden
Reale Strömungen sind natürlich reibungsbehaftet und dadurch gekennzeichnet,
dass infolge der Reibung die Strömung an der Körperoberfläche auf die Geschwin-
digkeit null abgebremst wird. Dieser Umstand wird als sogenannte Haftungsbedin-
gung bezeichnet. Eine wesentliche Rolle spielt hierbei die Zähigkeit oder auch
Viskosität des Fluids. Die Viskosität stellt ein Maß für die Verschiebbarkeit der
Teilchen innerhalb des Fluid dar. Unterschieden wird zwischen der dynamischen
und der kinematischen Viskosität. Die dynamische Viskosität [Pas] lässt sich
beispielsweise durch einen Plattenzugversuch ermitteln. Hierbei wird mit konstan-
ter Geschwindigkeit c eine Platte mit der Oberfläche A über einen dünnen Flüssig-
keitsfilm der Dicke dy gezogen. Dabei wird die erforderliche Zugkraft F mittels ei-
ner Federwaage bestimmt. Die resultierende Schubspannung ist proportional dem
Geschwindigkeitsgradienten in dem Fluid senkrecht zur Oberfläche.
Die kinematische Viskosität [m²/s] ergibt sich aus der dynamischen Viskosität
entsprechend
Der wandnahe Bereich, in dem die Strömung von der Geschwindigkeit null auf der
Körperoberfläche bis zur Geschwindigkeit der Außenströmung beschleunig wird,
wird als Grenzschicht bezeichnet. Die Dicke dieser Schicht wird dadurch festge-
legt, dass an dieser Stelle der Geschwindigkeitsgradient dc/dy fast verschwindet.
Das heißt, dass die Geschwindigkeit ca am Grenzschichtrand mit der Geschwindig-
keit der freien Außenströmung c∞ näherungsweise übereinstimmt. Auf Prandtl geht
folgende Festlegung zurück
0,99 ∙
4.5.1 Strömungsgrenzschicht
mit
c∞ Strömungsgeschwindigkeit
lref Bezugslänge, beispielsweise die Länge einer angeströmten Platte
kinematische Viskosität
––––––––––
27
Reynolds, Osborne (23.08.1842 – 21.02.1912, britischer Physiker, bekannt durch grundlegende
Arbeiten zur Strömungsmechanik und Turbulenz in Rohrströmungen
102
4. Strömung von Fluiden
In Abb. 4-7 ist der Aufbau einer Strömungsgrenzschicht an der Oberfläche einer
längs angeströmten Platte dargestellt. Im Falle einer laminaren (= gleichmäßig ge-
schichteten) Anströmung baut sich ab der Plattenvorderkante mit zunehmender
Lauflänge x eine zunächst laminare Strömungsgrenzschicht der Dicke S(x) auf. Im
weiteren Verlauf sind zwei Varianten möglich. Entweder die Strömungsgrenz-
schicht behält bis zum Plattenende ihre laminare Struktur bei oder ab einem be-
stimmten Punkt, dem Umschlag- oder Transitionspunkt, nimmt die Strömungs-
grenzschicht eine turbulente (= verwirbelte) Struktur an. Ob dieser Umschlag
stattfindet oder nicht hängt von dem Turbulenzgrad der Anströmung und der Rau-
heit der Körperoberfläche ab. Stromabwärts von dem Umschlagpunkt bildet sich
zwischen der Körperoberfläche und der turbulenten Grenzschicht noch eine lami-
nare Unterschicht mit der Dicke U(x‘) aus. Dabei wird mit x‘ die Lauflänge der
turbulenten Grenzschicht ab dem Umschlagpunkt bezeichnet.
y
c(x,y) c(x,y)
turbulent
laminar S(x)
cW = 0 cW = 0
U(x)
4.5.2 Temperaturgrenzschicht
103
4 Strömung von Fluiden
y T(x,y) y T(x,y) y T(x,y)
. . .
qW < 0 qW = 0 qW > 0
x TW(x) x TW(x) x TW(x)
Lokale Nußelt-Zahl
Die lokale Nußelt28-Zahl beschreibt den Wärmeübergang von der Oberfläche eines
Körpers an ein Fluid, wobei mit x die entsprechende Stelle, beispielsweise die
Lauflänge an einer ebenen Platte bezeichnet wird.
∙
mit
[W/m²K] Wärmeübergangskoeffizient
[W/mK] Wärmeleitfähigkeit
Der lokale Wärmeübergang [W/m²] ergibt sich entsprechend der Temperaturdif-
ferenz zwischen Körperwand TW und am äußeren Rand der Temperaturgrenz-
schicht Ta mit der lokalen Nußelt-Zahl zu
∙
∙
Péclet-Zahl
Die Péclet29-Zahl ist die für die Wärmeleitung charakteristische Kennzahl und ent-
spricht dem Produkt von Nußelt- und Prandtl-Zahl.
∙
∙
mit
c [m/s] Strömungsgeschwindigkeit
l [m] Lauflänge
[m²/s] Temperaturleitfähigkeit
∙
104
4. Strömung von Fluiden
Prandtl-Zahl
Die Prandtl-Zahl Pr beschreibt das Verhältnis der Transporteigenschaften in einem
Fluid in Bezug auf Impuls infolge von Reibung und Wärme infolge von Leitung.
Dadurch lässt sich das Dickenverhältnis von Strömungsgrenzschicht und Tempera-
turgrenzschicht S/T charakterisieren. Diese Kennzahl ist eine reine Stoffgröße
und lässt sich für Gase näherungsweise als Funktion des Isentropenexponenten =
cp/cv bestimmen.
4∙
9∙ 5
und
→0
- Pr = 1: Die Dicke S der Strömungsgrenzschicht entspricht der Dicke der
Temperaturgrenzschicht T. Es gilt also S = T. Dieses Verhalten gilt für
die meisten Gase.
und
→∞
- 0 < Pr < ∞: Für mittlere Prandtl-Zahlen mit 1/3 < n < 1/2 gilt
Eine brauchbare Näherung für Gase ergibt sich für Pr ≈ 1. Damit liegen die Dicken
der Temperatur- und der Strömungsgrenzschicht in der gleichen Größenordnung.
105
4 Strömung von Fluiden
4.5.3 Grundlagen der Prandtlschen Grenzschichttheorie
Laminare Strömungsgrenzschicht
Im zweidimensionalen Fall wird zur Vereinfachung der Schreibweise die Ge-
schwindigkeit in Strömungsrichtung (x-Richtung) cx = u und für die Geschwindig-
keit senkrecht zur Oberfläche (y-Richtung) cy = v gesetzt. Mit dem Index „a“ wird
der Zustand am äußeren Rand der Grenzschicht bezeichnet. Der Übergang der Ge-
schwindigkeitsverteilung am Grenzschichtrand zur freien Außenströmung (Index
„∞“) verläuft stetig. Es gilt dort also (u/y)a = 0. Die Kontinuitätsgleichung lautet
in differentieller Schreibweise
∙ ∙ ∙ ∙
∙ ∙ ∙ ∙
Mit
1
∙ ∙
––––––––––
30
Truckenbrodt, Erich (01.02.2017 – 21.12.2009), deutscher Strömungsmechaniker, entwickelte das
Tragflächenverfahren zur Auftriebsberechnung und das Grenzschichtquadraturverfahren
31
Schlichtung, Hermann (22.09.1907 – 15.06.1982) deutscher Strömungsmechaniker, nach ihm wur-
den die beim laminar/turbulenten Umschlag entstehenden Tolmien-Schlichting-Wellen benannt
106
4. Strömung von Fluiden
∙
5∙ ~√
mit
= / kinematische Viskosität
x Lauflänge
c∞ Geschwindigkeit der freien Außenströmung
- Verdrängungsdicke 1:
Die Außenströmung wird durch die Strömungsgrenzschicht um die Verdrängungs-
dicke nach außen abgedrängt. Der umströmte Körper hat aus der Perspektive der
Strömung einen etwas größeren Querschnitt als im reibungsfreien Fall.
∙ 1
1 1,721 ∙ ∙
3
- Impulsverlustdicke 2:
Die Impulsverlustdicke 2 beschreibt den reibungsbedingten Impulsverlust in der
Grenzschicht.
∙
∙ 1 0,664 ∙
- Wandschubspannung W:
Infolge der Reibung des Fluids an der Wand entsteht eine Wandschubspannung.
∙ ∙
0,332 ∙ 0,332 ∙
∙
- Druckverteilung:
Bei einer laminaren Strömungsgrenzschicht kann näherungsweise davon ausge-
gangen werden, dass sich der Druck der Außenströmung auf die Grenzschicht auf-
prägt. Es gilt ⁄ 0.
107
4 Strömung von Fluiden
Es kann lediglich in Strömungsrichtung ein Druckgradient vorliegen. Das hat
messtechnisch den großen Vorteil, dass sich der statische Druck in einer Strömung
durch Messung des Wanddrucks bestimmen lässt und kein Drucksensor in das
Strömungsfeld eingebracht werden muss.
Laminare Temperaturgrenzschicht
Ausgehend von der Wärmetransportgleichung
∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙
ergibt sich für Gase mit Pr = 1 die Temperatur in der Grenzschicht aus der Ge-
schwindigkeitsverteilung in Abhängigkeit von den Randbedingungen für den
Wärmeübergang an der Wand :
- Adiabate Wand (
Für die wärmeundurchlässige Wand gilt
∙ 1
2∙
beziehungsweise
1
1 ∙ 1
2
Die Temperatur der Wand TW, die sogenannte adiabate Wandtemperatur oder auch
Eigentemperatur Te ergibt sich für Pr = 1 zu
1
∙ 1 ∙ 1 ∙
2∙ 2
In diesem Fall entspricht die Wandtemperatur der Staupunkttemperatur, also der
Temperatur, auf die sich das Gas aufheizt, wenn es adiabat auf die Geschwindig-
keit null abgebremst wird.
Für Prandtl-Zahlen Pr 0 ergibt sich für die Wandtemperatur
1
∙ ∙ 1 ∙ 1 ∙ ∙
2∙ 2
Der Faktor r = r(Pr) wird als Recovery-Faktor bezeichnet. Für ideale Gase gilt
r = Pr1/2 (laminar) und r = Pr1/3 (turbulent). Für Luft mit einer Prandtl-Zahl von
Pr = 0,71 nimmt der Recovery-Faktor den Wert r = 0,843 (laminar) beziehungs-
weise r = 0,892 (turbulent) an. Der Recovery-Faktor beschreibt das Verhältnis der
Aufheizung infolge Reibung zur Aufheizung infolge der Kompression, also
2∙
108
4. Strömung von Fluiden
- Diabate Wand (
Für die wärmedurchlässige Wand gilt
∙ 1 ∙
2∙
beziehungsweise
1
1 ∙ ∙ 1 ∙ ∙
2
Die Wandwärmestromdichte ergibt sich für die Prandtl-Zahl Pr = 1 zu
∙ ∙ ∙ ∙
Turbulente Strömungsgrenzschicht
Die Berechnung einer turbulenten Grenzschicht gestaltet sich deutlich schwieriger
als die Berechnung einer laminaren Grenzschicht. Entsprechend Abb. 4-7 besteht
das Strömungsfeld an einer ebenen Platte aus einer laminaren Anlaufstrecke bis
zum Transitionspunkt und ab dieser Stelle aus einer turbulenten Grenzschicht, die
jedoch durch eine dünne laminare Unterschicht von der Körperoberfläche separiert
ist. Die Länge dieser laminaren Anlaufstrecke hängt von der Reynolds-Zahl, dem
Turbulenzgrad der Strömung und der Rauigkeit der Körperoberfläche ab. Bei gro-
ßen Reynolds-Zahlen oder durch das Aufbringen einer künstlichen Rauigkeit kann
die laminare Anlaufstrecke verkürzt werden oder ganz verschwinden.
Für die weitere Analyse werden die zeitlich gemittelten Werte für Geschwindigkei-
ten u und v , Temperatur T und Druck p sowie die Geschwindigkeitsänderun-
gen u und v betrachtet. Die Kontinuitäts- und Impulsgleichung in differentieller
Form lauten somit
u v
0
x y
109
4 Strömung von Fluiden
Aufgrund der Turbulenz sind die Beträge der Geschwindigkeitsänderungen in x-
als auch in y-Richtung näherungsweise von gleicher Größenordnung, das heißt es
gilt u v . Diese Geschwindigkeitsänderungen sind verantwortlich für das Auf-
treten von zusätzlichen Trägheitskräften (= Turbulenzkraft). Im Gegensatz zur la-
minaren Grenzschicht entspricht der Druck im Inneren der turbulenten Grenz-
schicht nicht dem Wert der freien Außenströmung.
̅ , ̅ , ∙ ̅
Eingesetzt in die Impulsgleichung in x-Richtung folgt
u u p u
u
x
v a
y x y y
u v
y
u 2 v 2
Der letzte Term kann wegen u v vernachlässigt werden. Der vorletzte Term in
Klammern beschreibt die durch die Turbulenz erzeugte Schubspannung .
u
u v.
y
Von besonderem Interesse ist natürlich die Schubspannung direkt an der Körper-
oberfläche bei y = 0
̅ ∙
Die Berechnung der gemittelten Werte kann nun aus der Kontinuitäts- und Impuls-
gleichung erfolgen
u v
0
x y
u u p
u v a
x y x y
Für die turbulente Grenzschicht an einer ebenen Platte ergeben sich nach Trucken-
brodt (1999) folgende einfache Lösungen:
1 ,
0,37 ∙ ∙ 0,37 ∙ ∙
Wobei x' die Lauflänge der turbulenten Grenzschicht ab dem Umschlagpunkt be-
zeichnet (Abb. 4-7).
, 1
0,01738 ∙ ∙ ∙
8
110
4. Strömung von Fluiden
In direkter Wandnähe bildet sich auch bei turbulenter Grenzschicht aufgrund der
geringen Geschwindigkeiten infolge der Haftungsbedingung an der Wand eine la-
minare Unterschicht mit einer Stärke von 0,02 - 0,05turb aus. Die Strömungsver-
hältnisse im Inneren der laminaren Unterschicht werden von Reibungskräften do-
miniert und die Dicke der Unterschicht U beträgt
,
∙ 77 ∙
mit Rex' = Reynolds-Zahl gebildet mit der Lauflänge x' der turbulenten Grenz-
schicht.
Die Bedingung für eine hydraulisch glatte Oberfläche wird durch die Rauigkeit k
kzulässig = 100l/Rel = 100/c beschrieben.
∙ ∙
2
mit
W [N] Reibungswiderstand
ergeben sich in Abhängigkeit von dem Zustand der Grenzschicht folgende Rei-
bungsbeiwerte:
111
4 Strömung von Fluiden
Bei Vorliegen einer laminaren Anlaufstrecke ist der Reibungsbeiwert um den
Prandtl-Korrekturfaktor A/Rel zu entsprechend Tab. 4-3 zu verringern.
Rekrit 3105 5105 106 3106
A 1050 1700 3300 8700
Der Reibungsbeiwert ergibt sich als Funktion von Reynolds-Zahl und relativer
Rauigkeit k/d.
112
4. Strömung von Fluiden
Turbulente Temperaturgrenzschicht
Die Wärmetransportgleichung für die laminare Grenzschicht lässt sich auch auf die
zeitlich gemittelten Parameter für die turbulente Grenzschicht anwenden. Die ge-
mittelte Schubspannung
̅ ∙
∙ ∙
113
4 Strömung von Fluiden
∙ ∙ ∙ ̅∙ ̅∙
beziehungsweise
∙ ∙ ∙ ̅∙ ∙ ∙
Die lokale Nusselt-Zahl Nux = xx/ ergibt sich in Abhängigkeit von Prandtl- und
Reynolds-Zahl zu
,
0,0296 ∙ ∙ (0,6 < Pr < 15 und Rekrit < Rex < 107)
beziehungsweise
∙
0,185 ∙ , (0,6 < Pr < 15 und 107 < Rex < 109)
Für die mittlere Nusselt-Zahl Nul = l/, gebildet mit der Plattenlänge l mit einem
laminaren Anlaufbereich gilt
,
0,037 ∙ 23100 ∙ (0,6 < Pr < 1000 und 5105 < Re < 107)
114
4. Strömung von Fluiden
y y y ca(x)
ca(x) (dc/dy)a = 0
(dc/dy)a = 0
ca(x)
(dc/dy)a = 0 c(x,y)
c(x,y)
S(x)
c(x,y)
S(x) S(x)
W W
Kármánsche32 Wirbelstraße
Sollten Sie Ihr nächster Spaziergang über eine Brücke führen, bei der ein oder
mehrere Pfeiler im Wasser stehen, so können Sie mit etwas Glück folgenden Effekt
beobachten. In Abhängigkeit von Strömungsgeschwindigkeit und Körpergeomet-
rie, können bei quer angeströmten Körpern der Breite b alternierend links- und
rechtsdrehende Wirbel an der Rückseite ablösen. Sofern der Abstand in Strö-
mungsrichtung zwischen zwei Wirbeln d beträgt und sich das Verhältnis b/d = 0,28
bildet, sind solche Wirbelstraßen sehr stabil. Das sieht bei einem Flusslauf noch
sehr schön aus, kann aber bei quer angeströmten Antennen oder Drähten zur Bil-
dung eines unangenehmen Pfeiftons führen. Abhilfe schaffen hier Drähte, die spi-
ralförmig um die Antenne gewunden werden. Bei Kaminen kommen gelegentlich
Metallwendeln zum Einsatz um die Bildung von Resonanzfrequenzen zu vermei-
den.
––––––––––
32
Kármán, Theodore von (11.05.1881 – 07.05.1963), österreichisch-ungarische Physiker und Luft-
fahrttechniker, studierte an der Technischen Hochschule in Budapest Ingenieurwissenschaften und
arbeitete ab 1906 als Mitstreiter von Ludwig Prandtl in Göttingen. Neben seinen Arbeiten zur Plasti-
zitätstheorie wurde von Kármán berühmt für die von ihm untersuchten Wirbelstrukturen, den soge-
nannten Kármánschen Wirbelstraßen. Im Jahr 1913 wurde er an die heutige RWTH-Aachen berufen
und im Jahr 1934 aufgrund seiner jüdischen Herkunft, wie viele seiner nicht-arischen Kollegen, aus
dem Staatsdienst entlassen. Da er bereits seit Mitte der 20er-Jahre auch in den USA, am California
Institute of Technology (Caltec) tätig war, verlegte er seine Tätigkeit vollständig in die USA und bau-
te in Pasadena, Kalifornien das Jet Propulsion Laboratory auf. Zusammen mit Ludwig Prandtl gilt er
als einer der bedeutenden Begründer der modernen Aerodynamik.
115
4 Strömung von Fluiden
d
Nachlaufdelle
b
Nachlaufdelle
Die Beschleunigung eines ruhenden Fluids in eine Rotationsbewegung, beispiels-
weise zur Erzeugung einer Wirbelstraße, erfordert die Verrichtung von Arbeit. Die-
ser Energieaufwand macht sich in einem Geschwindigkeits- beziehungsweise Im-
pulsverlust stromabwärts bemerkbar und wird als Nachlaufdelle (Abb. 4-12)
bezeichnet. Aus der Vermessung der translatorischen Geschwindigkeit, also der
Geschwindigkeit in Strömungsrichtung stromabwärts eines Körpers, kann aus dem
Impulsverlust in Strömungsrichtung der Widerstand des Körpers brechnet werden.
4.5.5 Transition
Der Übergang von der laminaren in die turbulente Strömungsform wird als Transi-
tion bezeichnet. Unterschieden wird zwischen natürlicher Transition und erzwun-
gener Transition.
Natürliche Transition
Analytisch lässt sich der Umschlagpunkt oder Transitionspunkt an einem ange-
strömten Körper nicht so ohne weiteres bestimmen. Einflussfaktoren sind
- Reynolds-Zahl
- Körperform
Am Beispiel der längs angeströmten ebenen Platte (Abb. 4-7) wird deutlich, dass
der Umschlag erst nach einer bestimmten Anlaufstrecke xkrit erfolgt. Die mit dieser
Länge gebildete Reynolds-Zahl, wird als kritische Reynolds-Zahl bezeichnet und
liegt bei der ebenen Platte ungefähr bei
∙
3,2 ∙ 10
116
4. Strömung von Fluiden
Erzwungene Transition
Bei sehr geringen Geschwindigkeiten beziehungsweise sehr kleinen Bauteilabmes-
sungen und damit sehr kleinen Reynolds-Zahlen, besteht die Möglichkeit, dass die
kritische Reynolds-Zahl erst gar nicht erreicht wird und die Grenzschicht bewahrt
ihren laminaren Charakter über die gesamte Länge des angeströmten Körpers. Um
nun trotzdem die Grenzschicht in einen turbulenten Strömungszustand zu versetzen
ist es erforderlich der Strömung, im wahrsten Sinn des Wortes „ein Bein zu stel-
len“. Mit Hilfe einer künstlich aufgebrachten Rauigkeit (Stolperdraht) lässt sich der
Umschlag vom laminaren in den turbulenten Zustand erzwingen. Aber warum soll-
te man so etwas tun? Wie Sie aus Abb. 4-9 und Abb. 4-10 sehen können, hat eine
laminare Grenzschicht immer einen kleineren Reibungsbeiwert als eine turbulente
Grenzschicht und der angeströmte Körper hat dadurch bei laminarer Anströmung
einen geringeren Reibungswiderstand als mit einer turbulenten Grenzschicht. Das
klingt doch erstmal sehr schön. Doch welches Interesse sollte jemand an einem er-
höhten Reibungswiderstand haben?
Nun die Sache hat mehrere Gründe. Im nächsten Kapitel (Widerstand von Körpern)
werden Sie sehen, dass der Gesamtwiderstand von angeströmten Körpern sich
nicht nur aus dem Reibungswiderstand sondern noch aus einer ganzen Reihe von
weiteren Anteilen zusammensetzt. Ein wesentlicher Beitrag liefert beispielsweise
der Druck- oder Formwiderstand, der sich infolge der Grenzschichtablösung
ergibt. In Abhängigkeit von der Körperform kann dieser Druckwiderstand um eini-
ge Größenordnungen größer sein als der Reibungswiderstand. Die Größe des
Druckwiderstands hängt direkt von der Größe des Ablösegebiets im Nachlauf des
angeströmten Körpers ab. Das heißt je kleiner das Ablösegebiet ist, desto geringer
fällt der Druckwiderstand aus.
Eine laminare Grenzschicht mit vergleichsweise geringer kinetischer Energie, rea-
giert im Vergleich zu einer turbulenten Grenzschicht wesentlich anfälliger auf Stö-
rungen und löst daher viel schneller von der Körperoberfläche ab als eine turbulen-
te Grenzschicht. Durch frühes Ablösen entsteht aber ein größeres Totwassergebiet
als durch eine weiter stromabwärts entstehende Ablösung. Das ist beispielsweise
der Grund, warum Golfbälle mit Dellen versehen sind. Diese wirken als „Stolper-
draht“ und erzwingen eine turbulente Grenzschicht, die erst sehr spät ablöst und
dadurch nur ein kleines Totwassergebiet und damit einen sehr kleinen Druckwider-
stand erzeugt.
In der Flugzeugtechnik finden sich einige weitere Anwendungen der erzwungenen
Transition. Wie Sie am Beispiel des Golfballes gesehen haben, folgt eine turbulen-
te Grenzschicht wesentlich länger der Körperkontur als eine laminare Grenz-
schicht. Gerade bei Segelflugzeugen versucht man zur Widerstandsminimierung
eine möglichst laminare Strömung zu gewährleisten. Die Tragflügel sind aus die-
sem Grund mit sogenannten Laminarprofilen versehen. Solange Sie nur gerade aus
fliegen ist die Welt, zumindest was diesen Punkt angeht, noch in Ordnung. Wie Sie
aus Abb. 4-13 ersehen können, treten die Probleme erst dann auf, wenn Sie eine
Steuerfläche, beispielsweise ein Seitenruder, Höhenruder oder ein Querruder betä-
tigen. Bei vollständig laminarer Umströmung, kann die Grenzschicht dem ausge-
schlagenen Ruder nicht mehr folgen und löst ab (Abb. 4-13b). Damit haben Sie
gleichzeitig zwei Probleme erzeugt. Das erste besteht in der starken Widerstands-
erhöhung infolge des großen Ablösegebietes, das sich an dem Ruder bildet. Das ist
zwar unschön, aber noch nicht wirklich gefährlich. Wirklich problematisch gestal-
tet sich der zweite Effekt. Dadurch, dass sich die Strömung an der Steuerfläche ab-
117
4 Strömung von Fluiden
gelöst hat, bewegt sich das Ruder in einem Totwassergebiet. Wie der Name bereits
erahnen lässt, wird dadurch die Ruderwirksamkeit stark reduziert beziehungsweise
verschwindet vollständig.
Totwassergebiet
Zackenband
turbulente Grenzschicht
Abb. 4-13: Umströmung eines Ruders a) ohne Zackenband b) mit Ausschlag, oh-
ne Zackenband c) mit Ausschlag, mit Zackenband
Eine deutliche Verbesserung ergibt sich, wenn Sie die Grenzschicht kurz vor Errei-
chen des Ruders durch eine Stolperstelle in einen turbulenten Zustand zwingen. Bei
Segelflugzeugen geschieht das mittels Zackenbändern, die kurz vor der Ruderachse
aufgeklebt werden (Abb. 4-14). Die turbulente Grenzschicht hat zwar einen etwas
höheren Reibungswiderstand als die laminare Grenzschicht, aber dafür folgt die
Strömung deutlich besser der Kontur des Ruders und löst nicht ab (Abb. 4-13c).
Damit haben Sie zwei Vorteile erreicht. Es erfolgt kein starker Anstieg des Druck-
widerstands und, was wesentlich wichtiger ist, Sie erhalten die Ruderwirksamkeit
aufrecht und damit die Fähigkeit das Flugzeug zu steuern.
Zackenband
Einen weiteren Anwendungsbereich der erzwungenen Transition finden Sie bei der
Windkanalsimulation. Sofern Sie bei Ihrem Experiment lediglich das Modell maß-
stäblich verkleinern, wird aus der Definition der Reynolds-Zahl Re = clref/ sofort
ersichtlich, dass die Reynolds-Zahl mit dem Modellmaßstab sinkt, da die verwen-
dete Bezugslänge lref mit dem Modellmaßstab linear verkleinert wird. Wird das Ex-
118
4. Strömung von Fluiden
periment bei gleicher Geschwindigkeit in dem gleichen Medium und bei der glei-
chen Temperatur durchgeführt wie am Original, so liegt am Model eine um den
Modellmaßstab zu kleine Reynolds-Zahl an.
Übung 4-4
Während Sie noch voller Besitzerstolz Ihr neues Fahrzeug betrachten, überlegen
Sie sich angesichts Ihrer durch den Neuerwerb entstandenen knappen Kassenlage,
ob sich der Kraftstoffverbrauch durch eine polierte Lackoberfläche senken lässt.
Sie erinnern sich daran, dass ein Körper mit einer laminaren Grenzschicht einen
deutlich geringeren Reibungswiderstand aufweist als mit einer turbulenten Grenz-
schicht und untersuchen die Verhältnisse auf der Kühlerhaube.
1. Berechnen Sie die laminare Anlaufstrecke der Strömung auf der Kühlerhaube.
2. Berechnen Sie die Dicke S der laminaren Grenzschicht und den lokalen Rei-
bungsbeiwert cR am Transitionspunkt, also bei xkrit.
3. Berechnen Sie die Dicke S der turbulenten Grenzschicht und den lokalen Rei-
bungsbeiwert cR an einer Stelle, die einen Meter stromabwärts von der Vorderkante
der Motorhaube, also kurz vor der Windschutzscheibe liegt.
4. Berechnen Sie den gesamten Reibungsbeiwert der Motorhaube, wenn deren Ge-
samtlänge l = 1 m beträgt.
119
4 Strömung von Fluiden
4.6 Widerstand
Zum besseren Verständnis der physikalischen Prinzipien, die zum Widerstand um-
strömter Körper führen, lohnt sich wieder ein Ausflug in die Welt der Potential-
strömungen auf dem noch zu entdeckenden reibungsfreien Planeten. In Abb. 4-15
ist ein zylindrischer Körper skizziert, der von der Seite angeströmt wird. Im rei-
bungsfreien Fall folgt die Strömung jeder beliebigen Kontur ohne sich von der
Körperoberfläche abzulösen. Dadurch ergibt sich eine Stromlinienverteilung um
den Zylinder, die in Strömungsrichtung als auch quer zur Strömungsrichtung voll-
kommen symmetrisch ist. Es bildet sich sowohl auf der Zuströmseite als auch auf
der Abströmseite jeweils ein Staupunkt. Aufgrund der Symmetrie der Stromlinien
an der Ober- und Unterseite, als auch an der Zu- und Abströmseite sind die Druck-
verhältnisse ebenfalls symmetrisch. Das bedeutet, dass sich die Druckkräfte in
Strömungsrichtung als auch senkrecht zur Strömungsrichtung gegenseitig kompen-
sieren. Der in Abb. 4-15a dargestellte Zylinder würde keinerlei Kräfte, also auch
keinen Widerstand erfahren. Würden Sie bei dem Zylinder die untere Hälfte weg-
schneiden, dann hätte dieser immer noch keinen Widerstand in Strömungsrichtung.
Jedoch würde auf der Unterseite die Querkraft F2 entfallen, da dort die Stromlinien
parallel verlaufen und keinerlei Druck- oder Geschwindigkeitsunterschiede auftre-
ten. Auf den Zylinder wirkt somit nur noch die Querkraft F1. Der Umstand, dass in
einer zweidimensionalen, reibungsfreien Strömung ein asymmetrischer Körper
oder ein symmetrischer Körper, beispielsweise eine ebene Platte, der unter einem
Anströmwinkel ungleich null angeströmt wird, eine Querkraft senkrecht zur An-
strömrichtung aber keinen Widerstand erfährt, wird als d’Alembert33sches Para-
doxon bezeichnet.
F1 F1
Totwassergebiet
Staupunkt 1 Staupunkt 2 Staupunkt 1
F2 F2
120
4. Strömung von Fluiden
4.6.1 Reibungswiderstand
∙ ∙ ∙
2
mit
cR [-] dimensionsloser Beiwert des Reibungswiderstands
[kg/m³] Dichte
c∞ [m/s] Anströmgeschwindigkeit
O [m²] benetzte Oberfläche
4.6.2 Druckwiderstand
121
4 Strömung von Fluiden
se im Abströmbereich des Zylinders, so sinkt die Geschwindigkeit und der stati-
sche Druck nimmt wieder zu. Diesen Zusammenhang können Sie mit den beiden
Basisgleichungen der Strömungsmechanik, der Kontinuitäts- und der Bernoulli-
Gleichung (Kapitel 4.2 und 4.3) sehr einfach nachvollziehen.
So gesehen verhält sich die Strömung völlig menschlich, wählt den Weg des ge-
ringsten Widerstands und weicht in Richtung des niedrigeren Drucks nach außen
aus. Nun bildet sich an der Ablösestelle jedoch kein Vakuum, sondern ein Rück-
strömgebiet (siehe Abb. 4-11), das sich dann zu dem stark verwirbelten Totwasser-
gebiet entwickelt. Der statische Druck in diesem Bereich ist jedoch deutlich gerin-
ger, als der statische Druck auf der Zuströmseite. Diese Druckdifferenz zwischen
Zuström- und Abströmseite ergibt den Druckwiderstand WD. Die Stärke des
Druckwiderstands hängt direkt von der Größe des Totwassergebiets ab, welches
wiederum von der Form des angeströmten Körpers abhängt. Daher werden Sie in
der Literatur für diesen Widerstandsanteil auch den Begriff Formwiderstand fin-
den.
∙ ∙ ∙
2
mit
cD [-] dimensionsloser Beiwert des Druckwiderstands
[kg/m³] Dichte
c∞ [m/s] Anströmgeschwindigkeit
Sref [m²] Referenzfläche34
Bei einer Fahrt auf der Autobahn können Sie diesen Zusammenhang, zumindest bei
leichtem Schneetreiben oder Nieselregen, sehr schön nachvollziehen. Sofern Sie
mit einem aerodynamisch günstig geformten Sportwagen unterwegs sind, sind die
Wirbelschleppen, die Sie hinter sich her ziehen deutlich geringer, als wenn Sie mit
einem Familien-Van oder einem Transporter, beides Fahrzeuge mit einer großen,
flachen Rückseite, fahren. Die Stärke dieser Wirbelschleppen erkennen Sie direkt
an der Menge des Regenwassers, das Ihnen, beispielsweise beim Überholen eines
LKWs (mit einer flachen Rückseite) auf Ihrer Windschutzscheibe aufschlägt.
Dass diese Wirbelschleppen zum Widerstand beitragen können Sie sich an einer
einfachen Energiebilanz verdeutlichen. Bevor Sie mit Ihrem Fahrzeug ein beliebi-
ges Kontrollvolumen auf der Autobahn durchquert haben, befand sich (idealer-
weise) die darin befindliche Luft in vollkommener Ruhe. Nachdem Sie durchge-
fahren sind, befinden sich in diesem Kontrollvolumen Ihre Nachlaufwirbel. Luft
wurde also durch Ihr Fahrzeug aus der Ruhelage in eine rotatorische Bewegung (=
Wirbel) beschleunigt. Entsprechend dem Energieerhaltungssatz, den Sie auch um-
gangssprachlich durch die prägnante amerikanische Formulierung „there is no free
lunch“ ersetzen können, muss diese Energie, die in den Wirbeln steckt von irgend-
woher bereitgestellt werden. Nun, Sie werden es vermuten: Sie setzen einen be-
trächtlichen Anteil Ihres teuer erworbenen Kraftstoffs nicht für die Vortriebsleis-
tung Ihres Fahrzeugs ein, sondern Sie verwirbeln damit die Luft stromabwärts Ihres
––––––––––
34
Referenzfläche: Diese Fläche ist für (fast) alle Komponenten des Widerstands beliebig wählbar, da
zur Berechnung des Widerstands immer das Produkt aus der Referenzfläche und dem dimensions-
losen Beiwert verwendet wird. Üblich ist jedoch die Verwendung der in Strömungsrichtung proji-
zierten Querschnittsfläche. Einzige Ausnahme bildet der Reibungswiderstand. Hier muss als Refe-
renzfläche immer die benetzte Oberfläche verwendet werden.
122
4. Strömung von Fluiden
Autos. Da Sie als Ingenieur einen stark ausgeprägten Sinn für optimiertes Handeln
haben, werden Sie aufbauend auf Ihren strömungsmechanischen Kenntnissen beim
nächsten Autokauf natürlich einen Fahrzeugtyp wählen, der aufgrund seiner äuße-
ren Formgebung nur ein Minimum an Wirbelschleppen erzeugt. Aus diesen, natür-
lich rein ökologischen Gründen, wird die Kaufentscheidung selbstverständlich eher
zugunsten eines Porsches, als für einen Familien-Van fallen.
Da die Wirbelstärke und damit die Größe des Druck- oder Formwiderstands direkt
von der Größe des Ablösegebiets abhängt, empfiehlt es sich dieses Ablösegebiet
möglichst zu minimieren. Konstruktiv bieten sich hier mehrere Möglichkeiten an.
Formgebung
In welcher Weise die Formgebung den Druckwiderstand und damit auch den Ge-
samtwiderstand beeinflusst ist anhand der in Tab. 4-5 dargestellten rotationssym-
metrischer Grundkörper ersichtlich. Alle Körper haben die gleich große Basisflä-
che.
Bei der Umströmung der Kreisscheibe wird die Strömung zur maximalen Umlen-
kung gezwungen. Auf der gesamten Rückseite (= Abströmseite) bildet sich ein Ab-
lösegebiet. Der Gesamtwiderstand setzt sich zusammen aus dem Reibungswider-
stand der angeströmten Vorderseite und dem Druckwiderstand infolge des
Ablösegebiets auf der Rückseite. Völlig anders liegen die Verhältnisse bei der Um-
123
4 Strömung von Fluiden
strömung des sehr günstig geformten Stromlinienkörpers. Hier gelingt es der Strö-
mung vollständig der Kontur zu folgen und es bildet sich überhaupt kein Ablöse-
gebiet. In diesem Fall besteht der Gesamtwiderstand lediglich aus dem Reibungs-
widerstand. Die Größenverhältnisse dieser beiden Widerstandsanteile können Sie
direkt anhand der Beiwerte des Gesamtwiderstands erkennen. Bei gleich großer
projizierter Stirnfläche weist der Stromlinienkörper lediglich 5,4% des Widerstands
der quer angeströmten Platte auf. Sie sehen, es lohnt sich also immer solche Ablö-
segebiete zu vermeiden oder zumindest möglichst klein zu halten.
Grenzschichtbeeinflussung
Neben der Formgebung besteht die Möglichkeit ein Ablösen der Strömung zu ver-
meiden auch in einer aktiven Grenzschichtbeeinflussung. Aufgrund der höheren
kinetischen Energie wird eine turbulente Grenzschicht immer wesentlich länger ei-
ner gekrümmten Kontur folgen als dies eine laminare Grenzschicht vermag. Da der
Druckwiderstand infolge Ablösung in der Regel den größten Beitrag zum Gesamt-
widerstand liefert, kann die größere Reibung der turbulenten Grenzschicht leicht
kompensiert werden. Beispiele dafür finden Sie unter anderem in der Luftfahrt bei
Segelflugzeugen. Zur Minimierung des Reibungswiderstands werden Laminarpro-
file verwendet. Um ein Ablösen der Strömung an den Ruderflächen zu vermeiden
wird die Strömung durch eine Erhöhung der Rauigkeit (Zackenband) absichtlich
vor der Scharnierachse in einen turbulenten Zustand gezwungen (Abb. 4-13 und
Abb. 4-14). Einen ähnlichen Effekt erreichen Sie auch durch Ausblasen kurz vor
der Scharnierlinie, wie in Abb. 4-16 zu sehen ist.
Ansaughutze Ausblasbohrungen
Abb. 4-16: Ansaughutze und Ausblasbohrungen vor dem Querruder eines Segel-
flugzeugs (DG 303)
124
4. Strömung von Fluiden
fahren. Die Spalte quer zur Strömungsrichtung, die sich zwischen den einzelnen
Klappen auftun sind nicht das Ergebnis schlampiger Fertigung sondern dienen dazu
einen Teil der Strömung von der Flügelunterseite mit relativ hoher kinetischer
Energie auf die Klappenoberseite zu leiten. Dadurch wird die Strömungsablösung
auf der Klappenoberseite verhindert oder zumindest stark verzögert. Die Klappe
trägt dadurch erheblich zur Auftriebserhöhung bei und der Druckwiderstand wird
verringert.
Eine einfache, analytische Berechnung des Druckwiderstands ist eher schwierig.
Messtechnisch können Sie diesen Widerstandsanteil jedoch sehr einfach über eine
Druckinstrumentierung im Ablösebereich des Fahrzeugs ermitteln. Aus der In-
tegration der Druckverteilung lässt sich der Druckwiderstand direkt bestimmen.
mit
b [m] Spannweite
S [m²] Flügelfläche
wird sich der Überdruck an der Unterseite und der Unterdruck an der Oberseite am
Tragflächenende ausgleichen. Es stellt sich also eine Ausgleichsströmung ein, die
an der Unterseite nach außen und an der Oberseite nach innen gerichtet ist. Wird
diese Ausgleichströmung der freien Anströmung überlagert, so werden die Strom-
linien an der Unterseite nach außen und die Stromlinien an der Oberseite nach in-
nen abgelenkt. Dies führt dazu, dass sich an den Tragflächenenden Wirbel ausbil-
den, Abb. 4-17. Diese Randwirbel sind die Ursache für den sogenannten
induzierten Widerstand Wind.
, ∙ ∙ ∙
2
mit
CW,ind [-] Beiwert des induzierten Widerstands
[kg/m³] Dichte
c∞ [m/s] Anströmgeschwindigkeit
125
4 Strömung von Fluiden
Sref [m²] Referenzfläche35
----------------------- -----------------------
++++++++++++++++ ++++++++++++++++
Der dimensionslose Beiwert des induzierten Widerstands CW,ind lässt sich sehr
leicht berechnen über
∙
,
∙
mit
e [-] Abminderungsfaktor bei nicht-elliptischer
Auftriebsverteilung36 (e > 1)
[-] dimensionsloser Beiwert des Auftriebs A
∙ ∙
[-] Streckung
––––––––––
35
Referenzfläche: Der Induzierte Widerstand ist insbesondere in der Flugzeugaerodynamik relevant.
Hier gilt ausnahmsweise eine gegenüber der Strömungsmechanik andere Definition der Referenz-
fläche. In der Flugzeugaerodynamik entspricht die Referenzfläche Sref der Fläche des von oben pro-
jizierten Tragflügels, wobei die Fläche, die den Rumpf durchdringt ebenfalls berücksichtigt wird.
36
Elliptische Auftriebsverteilung: In der Flugzeugaerodynamik stellt die elliptische Auftriebsvertei-
lung (e = 1) die optimale und zugleich widerstandsminimale Verteilung dar. Der induzierte Wider-
stand nimmt in diesem Fall ein Minimum ein. Für eine erste Abschätzung setzen Sie einfach e = 1.
126
4. Strömung von Fluiden
Tab. 4-6: Abstände bei An- und Abflug für unterschiedliche Wirbelkategorien
(NM: nautische Meile, 1 NM = 1,852 km = 1 Bogenminute am Äquator,
MTOW: Maximales Abfluggewicht, engl.: maximum take-off weight, n/a: nicht
anwendbar, engl.: not applicable) (ICAO DOC 8168 OPS/611)
Diese Randwirbel können Sie bei regnerischem Wetter an einem Flugplatz sehr
schön beobachten. Mit einer kleinen Hilfestellung, wie beispielsweise etwas Farb-
pulver am Boden gelingt das natürlich noch besser, Abb. 4-18.
127
4 Strömung von Fluiden
Sollten Sie einmal eine Flugshow besuchen, bei der auch Kampflugzeuge vertreten
sind, so werden Sie die Randwirbel ebenfalls gut beobachten können. Bei engen
Kurven ergibt sich für das Flugzeug in Abhängigkeit vom Kurvenradius ein deut-
lich höheres Lastvielfaches als bei horizontalen Geradeausflug. Dieses Lastvielfa-
che muss durch einen entsprechend höheren Auftrieb kompensiert werden. Ent-
sprechend der Bestimmungsgleichung für den Beiwert des induzierten Widerstands
steigt dadurch auch der induzierte Widerstand. Die Stärke der Wirbelschleppen er-
höht sich also quadratisch mit dem Auftrieb. Mit zunehmender Stärke des Wirbels
sinkt aber der Druck im Wirbelkern und infolge des absinkenden Drucks konden-
siert die in der Luft enthaltende Feuchte aus. Diese auskondensierte Luftfeuchte ist
sehr gut mit bloßem Auge als Nebel-Faden, der an den Tragflächenenden hängt
wahrzunehmen.
Das alles ist in erster Linie erstmal recht unerfreulich, da die Wirbelschleppen zum
einen ein Gefährdungspotential darstellen und zum anderen einen erheblichen Bei-
trag zum Gesamtwiderstand liefern. Widerstand entspricht immer, und zwar nicht
nur in der Luftfahrt, einen Energiebetrag, den Sie durch zusätzlichen Schub, also
Kerosin (= Kosten) kompensieren müssen. Soviel zum negativen Aspekt dieser
Widerstandskomponente. Wie so häufig im Leben lässt sich aber auch hier keine
einfache schwarz-weiß-Betrachtung durchführen sondern es gibt auch positive As-
pekte. Im Rahmen eines NASA-Projekts zur Untersuchung von autonomen Flug-
führungssystemen konnte gezeigt werden, dass Flugzeuge, die in einem engen
Verband fliegen einen deutlich geringeren Gesamtwiderstand aufweisen, als Flug-
zeuge, die weiter versetzt auseinander fliegen. Die Ursache der Widerstandsredu-
zierung liegt darin, dass der Tragflügel der nachfolgenden Maschine durch den
Randwirbel der vorausfliegenden Führungsmaschine eine zusätzliche Anströmge-
schwindigkeit an der Flügelunterseite erfährt. Dadurch erhöht sich der effektive
128
4. Strömung von Fluiden
Das alles war zwar bereits weitgehend bekannt, doch das wirklich Verblüffende an
diesen Flugversuchen war die Auswirkung auf die Tierwelt, insbesondere auf das
Verhalten von Zugvögeln. Flogen Zugvögel bis zur Veröffentlich dieser Ergebnisse
mehr oder weniger unkoordiniert durch den Luftraum, so herrscht seit dem 9. No-
129
4 Strömung von Fluiden
vember 2001 endlich Ordnung am Himmel. Seit diesem Zeitpunkt können Sie
Zugvögel beobachten, die sich in einer schönen, geordneten V-Formation bewegen
um genau diesen Effekt auszunutzen. Notorische Nörgler und Besserwisser be-
haupten allerdings, dass Vögel diese Methode zur Widerstandsreduzierung und
damit zur Reichweitenerhöhung schon lange vor dem Menschen gekannt hätten.
4.6.4 Interferenzwiderstand
Diese Widerstandskomponente lässt sich nicht eindeutig positiv oder negativ be-
werten. Die Kombination der einzelnen Segmente zu einem Gesamtkunstwerk, also
beispielsweise das Zusammenfügen von Rumpf, Tragflächen, Leitwerken und
Triebwerken zu einem Flugzeug bedeutet immer, dass der Widerstand des Gesamt-
flugzeugs nicht identisch ist mit der Summe der Teilwiderstände, die Sie für die
einzelnen Komponenten ermittelt haben. Dieser kann größer aber auch deutlich
kleiner sein als bei der Summe der Komponenten. Die Differenz wird als Interfe-
renzwiderstand Wint bezeichnet.
Die Ursache für diese Widerstandskomponente liegt einfach darin, dass sich die
Strömungsverhältnisse durch die Kombination der Baugruppen gegenseitig beein-
flussen. Betrachten Sie einfach die Verhältnisse an einem einzelnen, quer ange-
strömten Rohr und einem Rohrbündel, Abb. 4-20.
Links (Abb. 4-20a) ist die Umströmung eines einzelnen Rohres dargestellt. Rechts
(Abb. 4-20b) sehen Sie Umströmung eines Rohrbündels, beispielsweise in einem
quer angeströmten Wärmetauscher. Die Verhältnisse auf der Zuströmseite der
obersten Reihe entsprechen noch näherungsweise den Verhältnissen des einzelnen
Rohres. Zwischen den Rohren bildet sich jedoch bereits eine Düsenströmung aus.
Völlig anders liegen die Verhältnisse bereits bei der zweiten Rohrreihe. Erfährt das
einzelne Rohr noch eine ungestörte Zuströmung, so liegen die nachfolgenden Roh-
re bereits vollständig im abgelösten Totwasserbereich der darüber liegenden Reihe.
Das bedeutet, dass die Druck- und Geschwindigkeitsverteilung bei dem Rohrbün-
del nur sehr wenig mit dem einzelnen Rohr gemein hat. Dadurch wird sich der Wi-
derstand eines Rohres im Rohrbündel deutlich von dem Widerstand eines frei an-
geströmten einzelnen Rohres unterscheiden.
130
4. Strömung von Fluiden
4.6.5 Wellenwiderstand
Der Gesamtwiderstand Wges eines angeströmten Körpers lässt sich also aus der
Summe der Einzelwiderstände zusammensetzen:
∙ ∙
2
mit
Wges [N] Gesamtwiderstand
[kg/m³] Dichte
c∞ [m/s] Geschwindigkeit
Sref [m²] Referenzfläche
Auch hier ist die Referenzfläche Sref beliebig frei wählbar, da zur Berechnung des
Widerstands immer das Produkt aus dem dimensionslosen Beiwert und der Refe-
renzfläche verwendet wird. Allerdings hat es sich insbesondere in der Fahrzeugae-
131
4 Strömung von Fluiden
rodynamik eingebürgert die in Strömungsrichtung projizierte Fläche zu verwenden.
Die alleinige Angabe eines CW-Wertes ohne die zugrunde gelegte Referenzfläche
zu benennen, wie beispielsweise in der KFZ-Werbung, ist also völlig sinnlos.
Übung 4-5
Sie kommandieren das in Abb. 4-21 skizzierte U-Boot. Das Boot besteht aus einem
zylindrischen Rumpf mit jeweils einem Halbkugelsegment an Bug und Heck. Der
Turm hat den Querschnitt einer Ellipse und wird an der Oberseite durch eine ebene
Fläche abgeschlossen. Dabei werden folgende Annahmen getroffen:
L = 100m, R = 5m, a = 5m, b = 2m, h = 4m, H = 200m,
= 1030 kg/m³, = 1,410-6 m²/s
In einer Tauchtiefe von H = 200m macht das Boot eine Fahrt von c = 10Knoten
y h H
2b
2a
R L R
132
4. Strömung von Fluiden
5. Berechnen Sie den Reibungswiderstand WR,ges des gesamten Bootes unter der
Annahme, dass der gesamte Rumpf turbulent angeströmt wird.
6. Berechnen Sie den dimensionslosen Beiwert des Druckwiderstand CD des
Bootes, wenn der Gesamtwiderstand sich ausschließlich aus dem Reibungs-
widerstand und dem Druckwiderstand zusammensetzt und bei einer Ge-
schwindigkeit von c = 10 Knoten die erforderliche Antriebsleistung P =
514,4 kW beträgt.
7. Berechnen Sie die horizontale Kraftkomponente Fx und die vertikale Kraft-
komponente Fy auf das vordere halbkugelförmige Rumpfsegment infolge des
hydrostatischen Drucks.
8. Wie alt ist der Kapitän?
4.7 Rohrströmungen
Beim Ausströmen eines Fluids aus einem vergleichsweise großen Behältnis in ein
Rohr wird sich im Einlaufbereich zunächst ein kolbenförmiges Geschwindigkeits-
profil einstellen (Abb. 4-22). Reibungsbedingt wird die Strömung an der Rohrwand
auf die Geschwindigkeit null abgebremst und es bildet sich eine parabelförmige
Geschwindigkeitsverteilung c(r) quer zur Strömungsrichtung aus. In Abhängigkeit
von der Reynolds-Zahl können sich, ähnlich wie bei einer längs angeströmten Plat-
te, entweder eine laminare oder eine turbulente Rohrströmung einstellen. Zu beach-
ten ist, dass bei Rohrströmungen die Bezugslänge lref zur Berechnung der Rey-
nolds-Zahl nicht mit der Rohrlänge, sondern mit dem Rohrinnendurchmesser d
gebildet wird.
∙
Sofern sich dabei eine Reynolds-Zahl von Red < 2320 ergibt, wird sich nach Durch-
laufen einer Anlaufstrecke llam das laminare Geschwindigkeitsprofil c(r) einstellen.
Sofern Sie eine stationäre, inkompressible und horizontal verlaufende Strömung
betrachten, können Sie das Geschwindigkeitsprofil berechnen mittels
∙ 1
133
4 Strömung von Fluiden
r
d
laminare Anlaufstrecke
Liegt die Reynolds-Zahl über dem magischen Wert von 2320, so wird sich nach
einer turbulenten Anlaufstrecke lturb ein turbulentes Geschwindigkeitsprofil ausbil-
den (Abb. 4-23). Die Länge dieser turbulenten Anlaufstrecke können Sie nähe-
rungsweise über lturb = 10d berechnen.
cEintritt c(r) cmittel
r
d
turbulente Anlaufstrecke
134
4. Strömung von Fluiden
∙ 1
beschreiben lässt. Die Exponenten k und n hängen von der Rauigkeit der Rohrin-
nenwand und der Reynolds-Zahl ab und müssen empirisch bestimmt werden. Aber
auch hier gilt, dass die Beschreibung des Geschwindigkeitsprofils quer zur Haupt-
strömungsrichtung eher von akademischem Interesse ist. In der Regel wird die
mittlere Geschwindigkeit cmittel zur Berechnung des Volumen- oder Massestroms
benötigt.
Zur Vereinfachung der folgenden Überlegungen gehen Sie davon aus, dass eine
eindimensionale Strömung vorliegt. Das heißt, alle Parameter können sich nur in
Strömungsrichtung ändern.
An dem horizontal verlaufenden Rohrsegment mit dem Innendurchmesser d wur-
den an den Stellen (1) und (2) im Abstand L jeweils eine statische Wanddruck-
messstelle angebracht (Abb. 4-24). Das Rohr wird mit der Geschwindigkeit c
durchströmt37. Die Druckbilanz in Strömungsrichtung von (1) nach (2) lautet somit
∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∆ ,
2 2
Da die Querschnitte an den beiden Messstellen (1) und (2) gleich sind, müssen
auch die Geschwindigkeiten an diesen beiden Stellen identisch sein. Es gilt c1 = c2.
Das Rohr befindet sich in einer horizontalen Lage, somit sind auch die beiden Hö-
henkoordinaten identisch, also gilt z1 = z2. damit vereinfacht sich die Bilanz zu
∆ ,
––––––––––
37
Strömungsgeschwindigkeit: Bei einer inkompressiblen Strömung hängt die Geschwindigkeit aus-
schließlich von dem Rohrquerschnitt ab. Aus der Kontinuitätsgleichung ergibt sich aufgrund
∙ ∙ ∙ ∙ ., dass bei konstanter Dichte und konstantem Querschnitt die
Geschwindigkeiten ebenfalls gleich bleiben müssen und zwar unabhängig davon, ob sich eine Ar-
beitsmaschine (Pumpe, Turbine) in der Leitung befindet oder der Widerstand berücksichtigt wird.
135
4 Strömung von Fluiden
p1 p2
c (1) WR (2)
d
F1 WR F2 x
4.7.4 Rohrreibungswiderstand
Infolge der unvermeidlichen Reibung zwischen dem strömenden Fluid und der
Rohrinnwand tritt eine Wandschubspannung auf, die in der Folge zu einem
Druckverlust in Strömungsrichtung führt. Natürlich tritt auch ein Reibungseffekt
innerhalb des Fluids auf, dieser kann jedoch im Vergleich zur Reibung an der
Wand vernachlässigt werden.
Betrachten Sie die an dem in Abb. 4-24 skizzierten Rohrsegment in Strömungsrich-
tung auftretenden Kräfte.
∙ ∙
2
mit
Sref = O = dL [m²] benetzte Oberfläche (Rohrinnenfläche)
/2c² [Pa] Staudruck
Für den Widerstand infolge der Wandschubspannung können Sie auch schreiben
∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙
2
Mit
∙ ∙
und
∙
4
gilt
∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙
2
136
4. Strömung von Fluiden
also
∙ ∙ ∙ ∙ ∙
∆ 2 4∙ ∙ ∙ ∙
∙ 2
4
∆ ∙ ∙ ∙
2
Aus dieser Beziehung erkennen Sie sofort, dass der reibungsbedingte Druckverlust
in einer Rohrleitung linear von der Rohrlänge L und dem Rohrinnendurchmesser d
sowie quadratisch von der Strömungsgeschwindigkeit c abhängt.
Rohrreibungszahl
Alles was Sie zur Berechnung des Druckverlusts infolge der Rohrreibung benöti-
gen ist also neben der Geometrie und der Strömungsgeschwindigkeit noch die
Rohrreibungszahl . Diese hängt von der Reynolds-Zahl und der Rauigkeit k der
Rohrinnenwand38 ab. In Abhängigkeit dieser beiden Parameter lassen sich drei Be-
reiche unterscheiden:
- hydraulisch glatt
- Übergangsbereich zwischen glatt und rau
- vollständig rau
Die Berechnung der Rohrreibungszahl erfolgt in Abhängigkeit des jeweils vorlie-
genden Bereichs. Etwas unerfreulich dabei ist jedoch die Tatsache, dass sich erst
nach der Berechnung der Rohrreibungszahl feststellen lässt, in welchem Bereich
man liegt. Sie treffen also einfach eine Annahme, also beispielsweise, dass ein hyd-
raulisch glatter Bereich vorliegt, berechnen die Rohrreibungszahl und führen die
dazugehörige Überprüfung durch. Mit etwas Glück lagen Sie mit Ihrer Annahme
richtig und Sie können den Druckverlust für dieses Rohrsegment berechnen. Falls
nicht bleiben Ihnen ja noch zwei weitere Möglichkeiten, die Sie durchprobieren
können. Sollte auch die dritte Variante nicht zum Ziel führen, dann war das leider
nicht Ihr Tag und Sie können davon ausgehen, dass Sie sich an irgendeiner Stelle
verrechnet haben. Also zurück zur ersten Annahme.
––––––––––
38
Für experimentelle Untersuchungen des Einflusses der Rauigkeit auf Rohrströmungen wurde die
äquivalente Sandrauigkeit kS eingeführt. Die Sandrauigkeit wird durch das Aufbringen einer
künstlichen Rauheit in Form von Sand mit der Körnung kS erzeugt. Hierbei entspricht kS der mittle-
ren Rautiefe nach DIN 4768. Zur Berechnung des Druckverlusts kann in der Regel kS der Rauigkeit
k gleichgesetzt werden.
39
Hagen, Gotthilf Heinrich Ludwig (03.03.1797 – 03.02.1884), deutscher Ingenieur
40
Poiseuille, Jean Léonard Marie (23.04.1797 – 26.12.1869), französischer Physiker
137
4 Strömung von Fluiden
64
1
2∙ ∙
√ 2,51
Die Auswertung dieser beiden impliziten Gleichungen stellt für Sie als Ingenieur
sicher keine Herausforderung dar, etwas schneller geht es jedoch mit folgenden
Näherungslösungen, die ebenfalls brauchbare Resultate liefern.
Blasius42: 2320 < Red < 105
0,3164
––––––––––
41
Nikuradse, Johann (20.11.1894 – 18.07.1979), deutscher Ingenieur und Physiker
42
Blasius, Heinrich (09.08.1883 – 24.04.1970), deutscher Physiker
43
Colebrook, Cyril Frank (26.07.1910 – 12.01.1997), britischer Physiker
138
4. Strömung von Fluiden
1 2,51
2∙
√ 3,71 ∙ ∙√
oder in der einfacheren expliziten Schreibweise
10
0,0055 ∙ 1 20.000 ∙
8 ∙ ∙√ 200
Nun, sollte auch dieser Versuch nicht erfolgreich gewesen sein, verbleibt noch eine
dritte Möglichkeit.
2∙ 1,14
oder Nikuradse
1
2∙ 3,71 ∙
Im vollständig rauen Bereich ist die Rohrreibungszahl lediglich eine Funktion der
relativen Rauigkeit. Die Reynolds-Zahl spielt keine Rolle mehr. Die Überprüfung
der Korrektheit Ihrer Annahme verläuft wieder gewohnt unspektakulär mittels
200
∙√
Eine Zusammenfassung der möglichen Bereiche und Berechnungsmethoden finden
Sie in Tab. 4-7. Sofern Sie zur Berechnung der Rohrreibungszahl ein kleines Pro-
gramm erstellen, ist es natürlich unerheblich ob Sie bereits mit der ersten Annahme
richtig liegen oder alle drei Möglichkeiten durchprobieren.
139
4 Strömung von Fluiden
laminar
Eine Möglichkeit das Verfahren etwas abzukürzen besteht in der Verwendung des
Moody44- oder auch Colebrook-Diagramms (Abb. 4-25). In Abhängigkeit von der
Reynolds-Zahl und der relativen Rauigkeit können Sie die Rohrreibungszahl nähe-
rungsweise direkt aus dem Diagramm ablesen.
––––––––––
44
Moody, Lewis Ferry (05.01.1880 – 21.02.1953) US-amerikanischer Ingenieur
140
4. Strömung von Fluiden
Sofern Ihr System nur aus einem einzigen geraden Rohrstück mit konstantem
Durchmesser besteht, ergibt sich der Druckverlust ausschließlich aus dem Rei-
bungsverlust. Sobald Sie jedoch die Strömung zu einer Richtungsänderung nötigen
erzeugen Sie fast immer Verwirbelungen und Ablösegebiete. Das bedeutet, dass
Sie Teilchen aus einer translatorischen in eine rotatorische Bewegung beschleuni-
gen. Die Beschleunigung einer Masse ist immer mit der Verrichtung von Arbeit
verbunden. Das heißt genau um diesen Betrag der Arbeit (= Energie) verringern
Sie die Gesamtenergie oder auch den Gesamtdruck in der Strömung. Denken Sie
immer an das Prinzip der Energieerhaltung in ihrer prägnanten Formulierung „the-
re is no free lunch“. Richtungsänderungen können durch eine Vielzahl von Ele-
menten erzwungen werden. Beispielsweise durch Rohrkrümmer, Düsen, Diffuso-
ren, Blenden, Verzweigungen, Einlauf- oder auch Austrittsströmungen. Diese
Elemente werden in der Rohrhydraulik unter dem Sammelbegriff Einbauten zu-
sammengefasst.
Richtungsänderung
Sie kennen das Prinzip aus der Leichtathletik. Wenn Sie sich auf der Außenbahn
befinden müssen Sie etwas beschleunigen um auf der Geraden wieder mit dem
Läufer auf der Innenbahn gleichzuziehen. Zusätzlich wirkt infolge der Umlenkung
noch eine Fliehkraft in radialer Richtung nach außen (Abb. 4-26). Dadurch steigt
im Bereich der Außenströmung ab der Stelle (A) der Druck an. Mit Erreichen von
Punkt (C) verschwinden die Fliehkräfte und der Druck sinkt wieder. Infolge des
Prinzips der Energieerhaltung geht bei inkompressiblen Fluiden eine Druckerhö-
hung immer mit einer Geschwindigkeitsreduzierung einher. Das bringt insbesonde-
re die Teilchen, die sich auf der ungünstigen Außenbahn bewegen in deutliche
Schwierigkeiten. Eigentlich möchten Sie beschleunigen um mit Ihren Kollegen auf
der Innenbahn ab der Stelle (C) wieder auf gleicher Höhe zu sein, werden jedoch
durch den Druckanstieg gebremst. Insbesondere die Grenzschicht an der Rohrau-
ßenwand zeigt wenig Begeisterung gegen diesen Druckanstieg anzukämpfen und
löst sich im Bereich (B) von der Rohrwand ab. Ähnlich geht es den Teilchen auf
der Innenbahn. Durch die Verzögerung erfolgt hier ebenfalls ein Druckanstieg, der
zu einem Ablösegebiet führen kann.
Die Druckbilanz an dem horizontal liegenden Rohrkrümmer in Abb. 4-26 zwischen
den beiden Stellen (1) und (2) lautet somit
∆ ,
Eine analytische Bestimmung des Druckverlusts pV,1-2 ist nicht ohne weiteres
möglich. Sehr viel einfacher ist die experimentelle Bestimmung durch Messung der
beiden statischen Drücke p1 und p2. Damit lässt sich ein dimensionsloser Verlust-
beiwert für Einbauten definieren.
∆ ,
∙
2
141
4 Strömung von Fluiden
(1)
r
c A
B
R
p1 C
p2 (2)
Eintrittsverluste
Bei einem Einströmvorgang aus einem großen Behältnis in ein Rohr ergeben sich
infolge der starken Umlenkung Ablösegebiete. Maßgebend für die Größe des Ab-
lösegebiets und damit für die Größe des Druckverlusts ist die Ausformung der
Übergangsstelle zwischen Behälter und Rohr. Am ungünstigsten erweist sich ein
scharfkantiger Übergang mit einem Verlustbeiwert von = 0,5. Eine Anschrägung
142
4. Strömung von Fluiden
reduziert den Verlustbeiwert auf = 0,25 und mit zunehmender Ausrundung der
Übergangsstelle kann sich der Verlustbeiwert bis auf = 0,2 reduzieren.
dE d c
senkrechter
Eintritt
Abb. 4-27a
1 1,25 2 5 100
schräger
Eintritt
Abb. 4-27b
[°] 0 15 30 45 60
Austrittsverluste
Mithilfe der Kontraktionszahl K des austretenden Strahls lässt sich näherungswei-
se die Verlustziffer bestimmen.
1 ä ä
1 1 1
143
4 Strömung von Fluiden
tigkeitsstelle aufweisen. Entsprechend der Definition der Stromlinie (Kapitel 1) er-
geben sich an dem Knick jedoch zwei unterschiedliche Geschwindigkeiten, da der
lokale Geschwindigkeitsvektor immer tangential an der Stromlinie anliegt. Das
Fluidteilchen wäre als an dieser Stelle mit zwei unterschiedlichen Geschwindigkei-
ten unterwegs. Die Natur umgeht dieses Problem dadurch, dass sie die Stromlinie
ausrundet und der Strahl sich entsprechend einschnürt. Der austretende Strahl hat
dadurch immer einen kleineren Durchmesser als die Austrittsöffnung.
Stufendiffusor
Bei einer stufenartige Querschnittserweiterungen (Carnot45-Stoß) benötigt der ein-
tretende Strahl eine gewisse Laufstrecke bis sich der Strahl wieder vollständig dem
neuen, größeren Durchmesser angepasst hat. Die Länge dieser Mischstrecke kann
mit LM ≈ 10d2 abgeschätzt werden. Bei Vorliegen einer turbulenten Rohrströmung,
also bei einer Reynolds-Zahl von Red > 2320 kann der Verlustbeiwert über das Flä-
chenverhältnis abgeschätzt werden (Kümmel, 2007).
1 1
c1 c2
d1 d2
Konischer Diffusor
Konische Diffusoren (Abb. 4-29) werden in der Strömungsmechanik eingesetzt um
kinetische Energie in Druckenergie umzuwandeln. Man spricht hier von einem so-
genannten Druckrückgewinn.
c1 c2 d2
d1
––––––––––
45
Carnot, Nicolas Léonard Sadi (01.06.1796 – 24.08.1832), französischer Ingenieur und Physiker,
insbesondere bekannt für seine Arbeiten auf dem Gebiet der Thermodynamik und den Carnot-
Prozess beziehungsweise den Carnot-Wirkungsgrad, der den theoretischen maximalen Wirkungs-
grad einer Wärmekraftmaschine beschreibt.
144
4. Strömung von Fluiden
∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙
2 2
Bei einer horizontalen Anordnung gilt z1 = z246 und für c1 > c2 folgt p1 < p2. Das
heißt also, dass sich im Unterschall bei einer Querschnittsvergrößerung die Strö-
mungsgeschwindigkeit verzögert und der statische Druck ansteigt. Erfolgt die
Querschnittserweiterung jedoch zu abrupt, so wird es auch hier zu Strömungsablö-
sung und zur Ausbildung von Totwassergebieten kommen. In Abb. 4-30 sind die
daraus resultierenden Verlustbeiwerte als Funktion des Öffnungswinkels nach
Richter (1971) dargestellt.
145
4 Strömung von Fluiden
bei Windkanälen unter beengten Platzverhältnissen problematisch sein kann. So-
fern der optimale Öffnungswinkel nicht realisiert werden kann, empfiehlt es sich
gegebenenfalls vollständig auf einen konischen Diffusor zu verzichten. Ab einem
Flächenverhältnis von A2/A1 < 1,5 ist es sogar günstiger einen einfachen Stufendif-
fusor vorzusehen.
Stufendüse
Wird bei einem Diffusor kinetische Energie in Druckenergie umgewandelt, so ver-
halten sich bei einer Düse die Verhältnisse genau umgekehrt. Infolge der Quer-
schnittsverringerung wird bei einer Strömung mit Unterschallgeschwindigkeit die
Geschwindigkeit erhöht und der statische Druck abgesenkt. Infolge der unstetigen
Querschnittsverkleinerung in Strömungsrichtung erfolgt an der Übergangsstelle ei-
ne Strahleinschnürung auf den Durchmesser d2* und etwas weiter stromabwärts
wieder eine Aufweitung auf den Rohrinnendurchmesser d2 (Abb. 4-31).
c1 c2
d1 d2 * d2
Konische Düse
Solche Stufendüsen sind im Hinblick auf die auftretenden Druckverluste recht un-
günstig, lassen sich jedoch ähnlich wie Stufendiffusoren häufig nur mit einem er-
heblichen zusätzlichen Fertigungsaufwand vermeiden. Wesentlich günstiger gestal-
tet sich die Umwandlung von Druckenergie in kinetische Energie bei der
Verwendung einer konischen Düse. Der absinkende Druck in Strömungsrichtung
bewirkt eine Stabilisierung der Grenzschicht und reduziert somit das Risiko einer
Ablösung. Dadurch ergeben sich bei Düsen im Vergleich zu Diffusoren bei glei-
chen Flächenverhältnissen geringere Druckverluste.
146
4. Strömung von Fluiden
d1 c1 c2 d2
Für konische Düsen mit einem Öffnungswinkel zwischen 20° und 30° kann die
Verlustzahl mit = 0,01 bis = 0,02 abgeschätzt werden.
Eine sehr gute Übersicht über Verlustbeiwerte in Rohrsystemen findet sich in Rich-
ter (1971)
Normblenden
Blenden können in Rohrleitungssystemen mindestens zwei unterschiedliche Auf-
gaben erfüllen:
- Druckminderung
- Durchflussmessung
Zur Durchflussmessung können Sie genormte Blenden nach DIN EN ISO 5167
verwenden. Bei der konstruktiven Ausführung werden drei Grundformen unter-
schieden (Abb. 4-33a, b und c). Unabhängig von der Bauform werden immer die
beiden statischen Drücke p1 und p2 beziehungsweise die Druckdifferenz p2 - p1 an
der Drosselstelle, der sogenannte Wirkdruck pW gemessen.
d1 d1/2
p1 p2
c1 d1 c1 d1 c1 d1
d2 d2 d2
p2
p1 p2 p1 p2 p1
∙ ∙ ∙ ∙
4
147
4 Strömung von Fluiden
Der Durchflusskoeffizient C = C(, Red1) ist eine Funktion des Durchmesserver-
hältnisses = d2/d1 und der Reynolds-Zahl bezogen auf den Rohrdurchmesser d1.
Die Expansionszahl berücksichtigt die Kompressibilität von Gasen. Bei inkom-
pressiblen Strömungen kann = 1 gesetzt werden. Zur Bestimmung der Expansi-
onszahl ist noch das Druckverhältnis = p2/p1 erforderlich.
Mit dem Faktor
,
19000 ∙
0,0188
,
0,0063 ∙ ∙
,
10 ∙
∙
,
Düse (Abb. 0,99 0,2262 ∙
4-33b) 0,00175 ∙ ∙ 1 1
∙ ∙
0,0033 ∙ , 1 1
1 ∙
,
10
∙
,
Venturi-Düse 0,9858 0,196 ∙ analog zur Düse
(Abb. 4-33c)
148
4. Strömung von Fluiden
∆ , ∙ ∙ ∙ ∙ ∙
2 2
Sobald sich in einem Rohrsegment der Durchmesser d ändert, ändert sich automa-
tisch auch die Geschwindigkeit c. Die Rohrreibungszahl ist eine Funktion der
Reynolds-Zahl Red, die mit dem Rohrinnendurchmesser und der Geschwindigkeit
gebildet wird, sowie der relativen Rauigkeit k/d. Also ändert sich damit auch die
Rohrreibungszahl. Ebenso ändert sich mit dem veränderlichen Querschnitt auch der
jeweilige Staudruck /2c2 mit dem die Verlustziffern j multipliziert werden.
Das bedeutet, dass Sie bei einem Rohrleitungssystem, das sich aus unterschiedli-
chen Segmenten mit unterschiedlichen Durchmessern zusammensetzt, den Druck-
verlust für jedes Segment separat berechnen müssen. Beachten Sie auch, dass bei
Rohrströmungen die Reynolds-Zahl nicht mit der Rohrlänge, sondern mit dem
Rohrinnendurchmesser gebildet wird.
Bis jetzt hatten wir immer stillschweigend vorausgesetzt, dass es sich bei den
durchströmten Rohren um Rohre mit einem kreisförmigen Querschnitt handelt, der
auch vollständig ausgefüllt wird. Das mag für eine Vielzahl von technischen An-
wendungen sicher zutreffen, muss aber nicht zwingendermaßen der Fall sein. Ins-
besondere bei Abflussrohren oder Abwasserkanälen führt eine vollständige Befül-
lung zu sehr unschönen Ergebnissen. Sofern Sie Systeme betrachten, die keinen
kreisförmigen oder quadratischen Querschnitt aufweisen oder die nicht zu 100%
befüllt sind lässt sich entsprechend Abb. 4-34 ein sogenannter hydraulischer Er-
satzdurchmesser dhydr. definieren.
. 4 ∙
mit
A [m²] durchströmter Querschnitt
U [m] benetzter Umfang
149
4 Strömung von Fluiden
Bei alle Berechnungen bei denen der Rohrdurchmesser d verwendet wurde, also
beispielsweise bei der Reynolds-Zahl oder der relativen Rauigkeit k/d, ersetzen Sie
den Rohrdurchmesser d durch den hydraulischen Ersatzdurchmesser dhydr., also
∙
.
oder k/ dhydr beziehungsweise = (Red,hydr, k/ dhydr). Damit ergibt sich für den Ge-
samtdruckverlust im System
∆ , ∙ ∙ ∙ ∙ ∙
2 2
150
4. Strömung von Fluiden
Übung 4-6
Der Springbrunnen in einem Park (Abb. 4-35) wird durch einen Druckbehälter ge-
speist, der durch eine Pumpe P in der Rücklaufleitung befüllt wird. Der hydrauli-
sche Wirkungsgrad der Pumpe beträgt hydr = 0,8.
Die Fontäne erreicht dabei eine Höhe von H = 20 m. Die Länge der Zuleitung vom
Druckbehälter bis zur Düse (2) beträgt L1 = 15 m. Der Austrittsdurchmesser der
Düse beträgt d2 = 15 mm. Der Innendurchmesser der Zuleitung beträgt d1 = 20 mm.
Die Länge der Rückleitung vom Teich zum Druckbehälter beträgt L2 = 10 m und
deren Innendurchmesser d2 = 25 mm. Alle Leitungen haben eine absolute Rauheit
von k = 0,1 mm und konstante Querschnitte. Alle Übergänge bei Ein- und Austritt
sind scharfkantig. Die Krümmerradien in den Leitungen betragen R = 50 mm. Es
herrscht ein Umgebungsdruck von p0 = 1 bar. Die Pumpe in der Rückleitung sorgt
dafür, dass der Pegelstand im Teich sowie der Pegelstand im Druckbehälter mit h =
1 m konstant bleiben. Bei Eintritt in den Druckbehälter beträgt die Strahlkontrakti-
on K = 0,62. Das Manometer am Druckbehälter zeigt einen Überdruck von pÜ =
1,5 bar. Die kinematische Viskosität von Wasser beträgt = 10-6 m²/s.
Berechnen Sie die die Austrittsgeschwindigkeit cD des Wasserstrahls an der Düse
und die elektrische Leistungsaufnahme der Pumpe Pel.
(3)
H
p0
(1)
pÜ
h
(4) D
(2)
E A P E
K
K
K
151
5. Umströmung von Körpern
Bei der Umströmung stumpfer Körper, wie beispielsweise einer Kugel oder eines
Zylinders, taucht neben dem leider unvermeidbaren Reibungswiderstand zum ers-
ten Mal eine weitere Widerstandskomponente auf. Der Druck- oder auch Formwi-
derstand. Überraschen ist das Größenverhältnis dieser beiden Widerstandsanteile,
da der Druckwiderstand im Vergleich zum Reibungswiderstand hier die dominie-
rende Rolle spielt. Betrachten Sie zuerst die Strömungsverhältnisse an einer Kugel.
5.1.1 Kugelumströmung
Bei der Umströmung einer Kugel lohnt sich wieder der Vergleich der realen Strö-
mung mit den Verhältnissen der idealen, reibungsfreien Welt. In letzterem Fall
liegt eine sogenannte Potentialströmung vor, die unter anderem dadurch gekenn-
zeichnet ist, dass die Strömung der Kontur des Körpers klaglos folgt. Es bilden sich
an der Zuström- als auch an der Abströmseite jeweils ein Staupunkt (Abb. 5-1a).
F1 F1
Totwassergebiet
Staupunkt 1 Staupunkt 2 Staupunkt 1
c∞ W
F2 F2
Ausgehend von den Ergebnissen der reibungsfreien Strömung ergeben sich sehr
einfache Lösungen für die Tangentialgeschwindigkeit an der Oberfläche cW(), den
statischen Druck pW() und den dimensionslosen Beiwert des Drucks an der Wand
cp(), (Abb. 5-2).
152
5. Umströmung von Körpern
cW
pW
c∞
Geschwindigkeit: ∙ ∙
statischer Druck: ∙ ∙ 1
Druckbeiwert: 1
∙
In dem Bereich von 103 < Red < 105 bewegt sich der CW-Wert auf einem nahezu
konstanten Niveau von ungefähr CW = 0,5 um anschließend recht schnell auf einen
153
5. Umströmung von Körpern
Bei welcher Reynolds-Zahl (= Rekrit) der Umschlag von einer laminaren Grenz-
schicht in eine turbulente Grenzschicht erfolgt hängt stark von der Qualität der Zu-
strömung ab. Bei einer sehr turbulenten Anströmung kann der Umschlag bereits bei
einer Reynolds-Zahl von Red = 1,7105 erfolgen, während bei einer sehr laminaren
Anströmung der Umschlag erst bei Red = 4105 erfolgen kann. Um eine eindeutige
Definition der kritischen Reynolds-Zahl bei einer Kugelströmung zu erhalten, wird
Rekrit für die Reynolds-Zahl festgelegt, bei der dimensionslose Beiwert des Ge-
samtwiderstands den Wert CW = 0,3 erreicht.
154
5. Umströmung von Körpern
Bei Reynolds-Zahlen, die deutlich unter einem Wert von Red = 1,7105 liegen, wür-
de auf jeden Fall eine laminare Grenzschicht vorliegen. Aufgrund des damit ein-
hergehenden großen Druckwiderstands, ist dieser Zustand nicht immer wün-
schenswert. Abhilfe schafft hier die Erhöhung der Rauigkeit, die auch als
Stolperdraht bezeichnet wird. Das heißt, sie stellen der Strömung im wahrsten Sin-
ne des Wortes ein Bein um den Umschlag zu einer turbulenten Grenzschicht zu er-
zwingen.
Übung 5-1
Bei Ihrem letzten Ferienjob auf dem Golfplatz haben Sie sich ständig die Frage ge-
stellt, warum Golfbälle offensichtlich unter Cellulitis leiden und nicht über eine
glatt polierte Oberfläche verfügen. Als angehender Ingenieur nun eine für Sie leicht
zu beantwortende Frage.
Im ersten Schritt betrachten Sie den Fall einer glatt polierten Kugel, die den glei-
chen Durchmesser hat, wie ein Golfball. Dabei treffen Sie folgende Annahmen: Sie
gehen von einer mittleren Fluggeschwindigkeit von c∞ = 288 km/h = 80 m/s aus.
Der Durchmesser der Kugel beträgt d = 43 mm und die kinematische Zähigkeit von
Luft beträgt ungefähr = 1510-6 m²/s. Es liegen die Bedingungen der Normat-
mosphäre auf Meeresniveau vor, das heißt p = 1013,25 hPa, = 1,225 kg/m³, T =
15 °C.
155
5. Umströmung von Körpern
Übung 5-2
Sie betrachten am Nachthimmel eine Wolke, die in einer geschätzten Höhe von
h = 5 km schwebt. Dabei treffen Sie folgende Annahmen: Die auskondensierten
Wassertropfen haben näherungsweise eine Kugelform mit einem Durchmesser von
d = 10 m. Die Dichte des Wassers beträgt = 103 kg/m³, die kinematische Visko-
sität von Luft beträgt = 1510-6 m²/s.
Berechnen Sie die Geschwindigkeit, mit der sich die Wolke absenkt.
5.1.2 Zylinderumströmung
Kugel als auch Zylinder stehen stellvertretend für quer angeströmte stumpfe Kör-
per. Die Strömungsverhältnisse für solche Körper gleichen sich und der Verlauf
des dimensionslosen Beiwerts des Gesamtwiderstands als Funktion der Reynolds-
Zahl sieht in beiden Fällen recht ähnlich aus. Im Bereich der kriechenden Strö-
mung, also bei extrem kleinen Reynolds-Zahlen erreicht der CW-Wert sehr große
Werte und sinkt bis zu einer Reynolds-Zahl von ungefähr Red = 103 auf ein Plateau
ab. Im Fall des quer angeströmten unendlich langen Zylinders auf ungefähr CW =
1,0. Ab einer Reynolds-Zahl von ungefähr 2,5105 erfolgt die Transition der lami-
naren Grenzschicht in eine turbulente Grenzschicht. Dieser Umschlag ist durch ei-
ne signifikante Reduzierung des Widerstands gekennzeichnet und der CW-Wert
sinkt auf ein Minimum, um anschließend mit zunehmender Reynolds-Zahl wieder
leicht anzusteigen.
156
5. Umströmung von Körpern
Der in Abb. 5-4 skizzierte Verlauf des dimensionslosen Beiwerts des Gesamtwi-
derstands eines Zylinders gilt für eine zweidimensionale Strömung um einen un-
endlich langen Zylinder. Zur Berechnung des Widerstandsbeiwerts eines Zylinders
mit einer endlichen Länge ist noch die Bestimmung eines Korrekturfaktors K als
Funktion des Verhältnisses von Höhe h zu Durchmesser d erforderlich.
4 h/d 8 0,7
8 h/d 40 0,8
∙ ∞
Übung 5-3
Während eines Herbststurms unternehmen Sie einen Spaziergang an der frischen
Luft um die Spätfolgen der letzten Feier zu neutralisieren. Dabei fällt Ihnen ein
kleiner Kamin auf dem Dach einer Bäckerei auf, der sich infolge der Windbelas-
tung bedenklich zur Seite neigt. Sie fragen sich, welche Kraft auf den Kamin infol-
ge des Sturms wohl wirkt. Dabei treffen Sie folgende Annahmen:
Windgeschwindigkeit: c∞ = 65 km/h
Kamindurchmesser: d = 0,25 m
Kaminhöhe: h=8m
Lufttemperatur: T = 20 °C
Luftdruck: p = 1020 hPa
157
6. Impulssatz
6 Impulssatz
Im den ersten beiden Kapiteln wurden in der Hydrostatik und Aerostatik die Kräfte
auf Begrenzungsflächen bei ruhenden Systemen betrachtet. Im Folgenden soll die
Frage geklärt werden, welche Kräfte in bewegten Systemen auftreten. Die folgen-
den Betrachtungen lassen sich aus dem zweiten Axiom von Newton47 ableiten, dem
sogenannten Grundgesetz der Dynamik.
Der englische Naturforscher Isaac Newton formulierte seine drei Axiome 1687 in
der „Philosophiae Naturalis Principia Mathematica“ (Mathematische Grundlagen
der Naturphilosophie). Interessant ist in diesem Zusammenhang die Bezeichnung
„Naturphilosophie“, das heißt, die strikte Trennung zwischen Naturwissenschaften
und Philosophie, wie Sie sie heute kennen, war zu diesem Zeitpunkt noch nicht
vollzogen. Auch wenn sich das Idealbild des Universalgelehrten heute nicht mehr
realisieren lässt, so nehmen erfahrungsgemäß auch (angehende) Ingenieure keinen
nachweisbaren Schaden, wenn sie sich gelegentlich mit philosophischen Fragestel-
lungen beschäftigen. Das wäre zumindest der zaghafte Versuch eines kleinen
Schritts zurück in Richtung des humboldtschen Bildungsideals.
Das erste Newtonsche Axiom gilt nur in Inertialsystemen und wurde bereits 1638
von dem italienischen Naturforscher Galileo Galilei48 aufgestellt. Das zweite Axi-
om beschreibt das Grundgesetz der Dynamik, und das dritte Axiom das Prinzip der
mechanischen Wechselwirkung.
- Erstes Newtonsches Axiom „Trägheitsprinzip“: Ein Körper verharrt im
Zustand der Ruhe oder der gleichförmigen Translation, solange die Summe
aller auf ihn einwirkenden Kräfte Null ist.
––––––––––
47
Newton, Isaac (25.12.1642 – 20.03.1726 (jul.) bzw. 04.01.1643 – 31.03.1727 (greg.)), englischer
Naturforscher und Philosoph. Aufgrund der Abspaltung der anglikanischen Kirche von Rom durch
Heinrich den VIII, bekannt durch seine nach heutigen Maßstäben eher ruppigen Scheidungspolitik,
galt in England noch der julianische Kalender, während in den zivilisierten Teilen Europas bereits
der gregorianische Kalender eingeführt war. Nur für den Fall, dass Sie sich über die beiden unter-
schiedlichen Geburts- und Sterbedaten etwas wundern.
48
Galilei, Galileo (15.02.1564 – 08.01.1642), italienischer Universalgelehrter. Begründer der moder-
nen wissenschaftlichen Arbeitsweise durch die Kombination von Experiment, Messung und ma-
thematischer Analyse. Durch seine astronomischen Beobachtungen konnte er das heliozentrische
Weltbild von Kopernikus bestätigen wodurch er sich im Widerspruch zur katholischen Kirche be-
fand, die noch wacker am ptolemäischen Weltbild festhielt. Welches besagt, dass die Sonne, eben-
so wie alle anderen Planeten, die Erde umkreist. Dieser Konflikt führte im Jahr 1633 zu seiner Ver-
urteilung wegen Ketzerei. Aber auch hier nahm die Gerechtigkeit mit schier unglaublicher
Geschwindigkeit ihren Lauf. Bereits im Jahre 1992(!) wurde Galilei von der katholischen Kirche
rehabilitiert.
158
6. Impulssatz
6.2 Impuls
Aus dem zweiten Newtonschen Axiom, dem dynamischen Grundgesetz folgt die
Beziehung
∙
Auf der rechten Seite dieser Gleichung steht die zeitliche Ableitung der Änderung
der Bewegungsgröße ∙ . Das Produkt aus Masse und Geschwindigkeit wird
auch als Impuls bezeichnet. Auf der linken Seite steht eine Kraft , die entspre-
chend dem zweiten Newtonschen Axiom der Änderung der Bewegungsgröße ent-
sprechen muss. Bleibt die Masse konstant, so folgt daraus die Beziehung
∙ ∙
also Kraft entspricht Masse mal Beschleunigung. Die Integration dieser Kraft über
die Zeit ergibt den Impuls .
∙ ∙
Das Integral ∙ wird auch als Kraftstoß bezeichnet und die zeitliche Ände-
rung des Impulses entspricht dem sogenannten Impulsstrom .
∙
∙ ∙ ∙ ∙
∙
Damit kommen wir wieder zurück zum Ausgangspunkt der Betrachtung, dem dy-
namischen Grundgesetz also
∙
Damit haben Sie den berühmten Impulssatz. Allgemein lässt sich dieser auch
schreiben in der Form
Das bedeutet, dass die Summe aller Kräfte, die auf das Fluid im Kontrollraum wir-
ken, der Summe der Impulsströme entspricht, die die Systemgrenze überschreiten.
Betrachtet wird hierbei jedoch nicht der Gesamtimpulsstrom, sondern lediglich die
Differenz zwischen eintretenden und austretenden Impulsströmen.
Bei einem Flugzeugtriebwerk hätten Sie beispielsweise die angesaugte Luft und
den zugeführten Kraftstoffstrom als Eingangsimpulsstrom und den Abgasstrahl als
Ausgangsimpulsstrom. Noch einfacher liegen die Dinge bei einem Raketentrieb-
werk. Hier liegt kein Eingangsimpulsstrom sondern lediglich ein einziger Aus-
gangsimpulsstrom in Form des Abgasstrahls vor.
159
6. Impulssatz
Zur Aufbesserung Ihres kargen studentischen Budgets haben Sie eine Aushilfstä-
tigkeit bei einer Heizungsfirma angenommen. Während der Montage eines Rohres
an der Kellerwand überlegen Sie sich, welche Lasten dieses Bauteil wohl später im
laufenden Betrieb aufnehmen wird.
(1) (2)
K
A1 A1
g y
160
6. Impulssatz
∆ ∙
mit
pa äußerer Umgebungsruck
pi statischer Druck in der Strömung
A Strömungsquerschnitt
Tritt der Strahl in die freie Umgebung, beispielsweise bei der Fontäne eines
Springbrunnens, so gilt die sogenannte Freistrahlbedingung, das bedeutet, dass der
äußere Umgebungsdruck dem austretenden Strahl aufgeprägt wird. Damit ver-
schwindet diese Druckkraft.
Die Masse des Fluids, das sich innerhalb des Kontrollraums befindet ergibt eine
Gewichtskraft . Bei Gasen kann dieser Beitrag zur Kräftebilanz in der Regel
vernachlässigt werden.
Die Kontrollfläche K erfährt eine sogenannte Körperkraft infolge des Fluids.
Dem entgegen gerichtet wirkt die Haltekraft . Bei einem Flugzeugtriebwerk
würde die Körperkraft der Schubkraft des Triebwerks entsprechen und die Halte-
kraft würde der Last entsprechen, die der Pylon an dem das Triebwerk befestigt ist,
aufnehmen muss.
Im Falle unseres horizontalen, geraden Rohrstücks mit konstantem Querschnitt lau-
tet die Kräftebilanz allgemein
oder
∆ ∆
Die Reibung infolge der an der Wand auftretenden Schubspannung wurde der Ein-
fachheit halber in dieser Bilanz vernachlässigt. In der Regel ist die Bestimmung der
Körperkraft oder der Haltekraft von Interesse, also
∆ ∆
beziehungsweise
∙ ∆ ∆
∙ ∆ ∆
beziehungsweise
∙ ∙ ∙ ∆ ∙ ∆ ∆ ∙ ∆
∙
∙ ∙ ∙ ∆ ∙ ∆ ∆ ∙ ∆
161
6. Impulssatz
Für die Winkel ergibt sich entsprechend dem Koordinatensystem in Abb. 6-1:
0, 0, ∆ 0, ∆ , 3/2
Damit vereinfachen sich die beiden Gleichungen zu
∙ ∆ ∆
beziehungsweise
0
und
0
Das bedeutet, dass das betrachtete Rohrsegment bei reibungsfreier Betrachtung le-
diglich das Eigengewicht des im Rohr befindlichen Fluids aufnehmen muss. Eine
Belastung infolge der Durchströmung, also eine Impulskraft, erfolgt nicht.
Dieses Ergebnis erscheint auf den ersten Blick natürlich trivial. Allerdings können
Sie sofort erkennen, in welchen Fällen bei durchströmten Rohren eine Impulskraft
auftritt und wann nicht. Die physikalische Ursache für das Auftreten von Kräften in
durchströmten Systemen ist die Differenz zwischen ein- und austretenden Impuls-
strömen. Erst wenn diese Differenz in der betrachteten Koordinatenrichtung un-
gleich null ist, kann eine Kraft in Erscheinung treten. Das ist immer dann der Fall,
wenn eine Querschnittsänderung (Düse oder Diffusor) oder eine Richtungsände-
rung (Rohrkrümmer) vorliegt.
Allgemeiner Fall
Betrachten Sie ein System bei dem mehr als ein Eintritts- und mehr als eine Aus-
trittsfläche vorliegen, also beispielsweise bei einem Verbrennungsmotor mit meh-
reren Ein- und Auslassventilen, so sind die Impulsströme und Druckkräfte an jeder
einzelnen Ein- und Austrittsfläche zu berücksichtigen.
∆ ∆
beziehungsweise
162
6. Impulssatz
∙ ∙ ∆
Generell lassen sich Impulsaufgaben nach einem recht einfachen Schema berech-
nen. Mit etwas Übung werden Sie später solche Aufgabe auch bereits durch einfa-
che Betrachtung lösen können.
- Definieren Sie einen Kontrollraum für das Problem. Dabei ist es sehr häu-
fig günstig, sich an den physikalischen Grenzen des Systems, also bei-
spielsweise der Rohrwand zu orientieren.
- Identifizieren Sie alle Ein- und Austrittsebenen. Sofern Sie selbst der Kon-
strukteur sind, wird es ein Leichtes sein zu erkennen, wo etwas ein- und
ausströmt.
- Tragen Sie an allen Ein- und Austrittsflächen die Vektoren für die Ge-
schwindigkeit und die Druckkraft ein. Insbesondere bei der Druckkraft ist
die Wirkungsrichtung im Voraus nicht immer eindeutig zu erkennen. Das
ist aber völlig unproblematisch. Tragen Sie eine beliebige Richtung senk-
recht zur Ein- beziehungsweise Austrittsfläche ein und rechnen Sie das
Problem damit durch. Sollten Sie am Ende ein negatives Vorzeichen für
die Druckkraft erhalten, wissen Sie, dass in der Realität die Kraft in der
umgekehrten Richtung wirkt. Was Sie auf keinen Fall tun sollten, ist den
Vektor während der Berechnung zu drehen.
- Tragen Sie den Vektor für die Gewichtskraft des Fluids ein. Das kann bei
Gasen entfallen. Ebenso liefert die Gewichtskraft des Fluids keinen Beitrag
zur Impulskraft wenn diese senkrecht zur Strömungsrichtung orientiert ist.
- Bestimmen Sie zur Berechnung des Massestroms und der Druckkräfte für
alle Ein- und Austrittsebenen den statischen Druck p und die Geschwin-
digkeit c. Sollten diese Werte nicht gegeben sein, so hilft in (fast) allen
Fällen die Bernoulli-Gleichung und die Kontinuitätsgleichung. Bei Gasen
könnte unter Umständen noch die Zustandsgleichung des idealen Gases
hilfreich sein. Mehr werden Sie an Formeln sicher nicht benötigen.
163
6. Impulssatz
Übung 6-1
Betrachten Sie den in Abb. 6-2 skizzierten 90°-Rohrkrümmer mit konstantem
Querschnitt. Dieser wird stationär mit der Geschwindigkeit c1 = c2 = c durchströmt.
Der Krümmer liegt horizontal. Ein- und Austrittsfläche sind gleich groß. Sie kön-
nen die Annahme treffen, dass die Halterung die Gewichtskraft des Rohrkrümmer
mit Fluid im statischen Fall aufnehmen kann.
Berechnen Sie die zusätzliche Haltekraft , die der Halter an der Wand aufneh-
men muss, wenn folgende Größen gegeben sind:
- Umgebungsdruck pa = 1 bar
- statischer Druck im Eintrittsquerschnitt p1 = 2,3 bar
- Strömungsgeschwindigkeit c = 10 m/s
- Dichte = 10³ kg/m³
- Rohrinnendurchmesser d = 30 mm
c A
d
Übung 6-2
Aus einem horizontalen Rohr tritt ein Wasserstrahl aus, trifft auf eine Platte und
teilt sich dort in zwei gleich große Teilstrahlen auf. Gesucht ist die Körperkraft auf
die Platte und die erforderliche Haltekraft.
Wie ändern sich diese Kräfte, wenn die Platte um einen Winkel gegenüber der
Ausströmrichtung aus dem Rohr gedreht wird?
Gegeben sind folgende Größen:
- Umgebungsdruck pa = 1 bar
- Strömungsgeschwindigkeit c = 10 m/s
- Dichte = 10³ kg/m³
- Rohrinnendurchmesser d = 30 mm
- Neigungswinkel der Platte = 0°, 10°
164
6. Impulssatz
Übung 6-3
Ein Tischtennisball kann durch einen ihn umströmenden Luftfreistrahl so in der
Schwebe gehalten werden, dass er sich nicht zu bewegen scheint. Dazu muss eine
Kraft aufgebracht werden, die bei richtiger Abstimmung aller Größen in der Lage
ist, das Gewicht des Balls zu kompensieren. Das Eigengewicht des Luftstrahls
kann vernachlässigt und die Strömung kann als stationär und inkompressibel be-
trachtet werden.
Setzen Sie den Eintrittsquerschnitt A1, die Geschwindigkeit c1 und den Winkel 1
sowie das Gewicht G des Balls als bekannt voraus.
c2
2
A1
c1
1 y
g
165
6. Impulssatz
Übung 6-4
166
7. Drallsatz
7 Drallsatz
Im letzten Kapitel hatten Sie die Auswirkungen von Geschwindigkeitsänderungen
beziehungsweise von Richtungsänderungen in einem translatorisch durchströmten
System kennengelernt. Die zeitliche Änderung des Impulses ergibt den Impuls-
strom, also eine Kraft. Im folgenden Kapitel werden Sie die Auswirkung von rota-
torisch durchströmten Systemen betrachten. Solchen Systemen begegnen Sie rela-
tiv häufig, sei es bei technischen Anwendungen, wie beispielsweise einer
Kreiselpumpe oder einem Turboluftstrahltriebwerk oder in der Natur bei einem
Wasserstrudel. Des Weiteren werden wir die Frage klären, warum wir (fast) alle im
Schulsport beim Reckturnen so häufig einen eher traurigen Anblick boten.
7.1 Drallerhaltung
In Analogie zum Impuls lässt sich bei rotierenden Strömungen der sogenannte
Drehimpuls oder auch Drall definieren. Dessen zeitliche Änderung entspricht dem
Drallstrom, also einem Moment. Der lineare Impuls eines Massepunktes ist defi-
niert durch seine Masse m und seine Geschwindigkeit als
∙
Für eine punktförmige Masse m ergibt sich mit dem Ortsvektor der Drall oder
Drehimpuls zu
∙
Da der Drehimpuls eine Funktion des Ortvektors ist, besteht immer eine Ab-
hängigkeit des Dralls von seinem Bezugspunkt. Analog zur zeitlichen Änderung
des Impulses bei der sich eine Kraft
ergibt, folgt für die zeitliche Änderung des Dralls ein Moment
Das heißt die Summe aller auf die Masse wirkenden Momente bewirkt eine zeitli-
che Änderung des Dralls.
167
7. Drallsatz
(O) y
∙ ∙
Für eine Rotation um die z-Achse gilt bei einer symmetrischen Masseverteilung
0
0
und damit
0 ∙
0 ∙
0
∙ ∙ ∙
∙ ∙ ∙
0 ∙
Mit dem Abstand , des Masseelements mi zur Drehachse gilt für den Drehimpuls
des gesamten Körpers
∙ , ∙
168
7. Drallsatz
∙ ,
∙ , ∙ ∙
∙ ∙ ∙
folgt wegen
∙ ∙
also
∥
dass Impuls- und Geschwindigkeitsvektor parallel gerichtet sind, somit ergibt das
Kreuzprodukt
0
und es gilt
Mit ergibt sich aus der zeitlichen Änderung des Drehimpulses ein Drehmo-
ment
In der anderen Richtung betrachtet bedeutet dies aber, dass ein Drehmoment eine
zeitliche Änderung des Drehimpulses bewirkt, ebenso wie eine Kraft eine zeitliche
Änderung des Impulses bewirkt, also
169
7. Drallsatz
also Drallstrom = Moment. Der Drallstrom entspricht somit der Drehenergie der
Fluidmasse um einen Bezugspunkt.
Die Differenz zwischen aus- und eintretendem Drallstrom in einen Kontrollraum
entspricht der Summe aller im Kontrollraum auf das Fluid wirkenden Momente
oder
beziehungsweise
Die Momente und beinhalteten die Momente an den Ein- und Austritts-
flächen des Kontrollraums infolge von Druck- und Reibungskräften. Das Moment
wird durch Reibungskräfte an der Innenseite des Kontrollraums, das Moment
wird durch Stützkräfte auf Einbauten und das Moment wird durch die Ge-
wichtskraft hervorgerufen.
Relevant ist das Drehmoment um die Bezugsachse. Beiträge können in diesem Fall
nur diejenigen Geschwindigkeitskomponenten liefern, die senkrecht auf einen Ra-
dius zur Drehachse vorliegen.
∙ ∙ ∙
Im reibungsfreien Fall verschwindet das Moment und es gilt M = 0, also
∙ ∙
oder
Drehimpulserhaltung
Solange keine äußeren Momente auf das System wirken, bleibt auch der Drehim-
puls des Systems konstant. Aus der Bedingung
0
folgt
beziehungsweise
.
Da sich der Drehimpuls auch als Produkt aus Masseträgheitsmoment und Winkel-
geschwindigkeit schreiben lässt, führt uns dies wieder zurück zu der ursprüngli-
chen Frage, warum wir fast alle beim Reckturnen im Schulsport solch einen trauri-
gen Anblick boten. Die Übung wäre sehr einfach gewesen, hätte der Sportlehrer
den Drallsatz erklären können.
170
7. Drallsatz
Reckstange
(1)
Körperschwerpunkt
Kreisbahn
Schwerpunktbahn
(2)
171
7. Drallsatz
––––––––––
49
Bücher: Dicke, bedruckte Papierstapel, die an einer Seite, dem Buchrücken zusammengeleimt sind.
Sie finden diese sogenannten Bücher in gehäufter Form an einem heute meist verwaisten, geheim-
nisvollen Ort, der auch Bibliothek genannt wird. In der Regel wird dieser Ort von Studenten eher
gemieden. Bis ins 21. Jahrhundert bildeten gedruckte Bücher die Grundlage zur Aneignung von
Wissen, verloren jedoch mit der zunehmenden Verbreitung von internetfähigen Mobiltelefonen fast
gänzlich an Bedeutung und sind bei heutigen Studenten nahezu unbekannt. Trotz der nach gegen-
wärtigen Maßstäben sehr begrenzten Speicherkapazität, hatten Bücher einen unschlagbaren Vorteil:
Auch bei vollständigem Ausfall der Stromversorgung blieb die Speicherfähigkeit erhalten. Ebenso
waren Sie vergleichsweise robust, nur wenig anfällig gegenüber mechanischer Belastung und ertru-
gen auch Stürze aus größeren Höhen völlig unbeschadet. Gefahr drohte ihnen allenfalls von ideolo-
gischer Seite, als es beispielsweise in der finsteren Phase der neueren deutschen Geschichte bedau-
erlicherweise üblich wurde das Trägermaterial unliebsamen Gedankengutes zu verbrennen, anstatt
zu lesen.
172
7. Drallsatz
nen Sie sich auf dem Drehstuhl in entgegen gesetzter Drehrichtung um die y-Achse
zu drehen.
Achten Sie bei diesem Versuch unbedingt auf eine feste Haltemöglichkeit der Rad-
achse!
y y
y
x
z
z
Abb. 7-3: Versuch zur Drehimpulserhaltung a) Rad rotiert parallel zur z-Achse,
b) Rad rotiert parallel zur y-Achse
173
7. Drallsatz
Drall kann in einer Strömung durch die Umlenkung an einem Leitblech oder einer
Schaufel entstehen. Dadurch wird dem Fluid zusätzlich zur translatorischen Bewe-
gung noch eine rotatorische Bewegung aufgeprägt. Ein schönes Anwendungsbei-
spiel für diesen Prozess sind Strömungsmaschinen. Das sind Maschinen, die ent-
weder einer Strömung Energie zuführen (Verdichter, Kompressoren oder Pumpen)
oder der Strömung Energie entziehen (Turbine). In Abhängigkeit von der Bauform
unterscheidet man zwischen Axial- und Radialmaschinen. Axial durchströmte Ma-
schinen sind im Wesentlichen dadurch gekennzeichnet, dass sie sehr hohe Strö-
mungsgeschwindigkeiten und damit hohe Masseströme erlauben, jedoch ver-
gleichsweise geringe Druckänderungen bewirken. Radial durchströmte Maschinen
hingegen zeichnen sich durch hohe Druckänderungen bei relativ geringen Ge-
schwindigkeiten aus.
Radial als auch axial durchströmte Maschinen bestehen immer aus einer paarwei-
sen Anordnung von einem Laufrad, das sich auf der Achse dreht und einem
Leitrad, das mit dem Gehäuse verbunden ist und still steht. Diese Kombination aus
Lauf- und Leitrad wird auch als Stufe bezeichnet. Die infolge der radialen Umlen-
kung der Strömung entstehende Geschwindigkeitsverteilung soll am Beispiel der in
Abb. 7-4 skizzierten axial durchströmten Verdichterstufe erläutert werden. Die
Strömung bewegt sich mit der axialen Geschwindigkeit c1 in der Ebene (1) auf das
Laufrad zu, das sich mit der Umfangsgeschwindigkeit u1 dreht. Damit ergibt sich
für die Strömung die Relativgeschwindigkeit w1 zum Laufrad, das unter dem Win-
kel 1 angeströmt wird. Die Strömung hat nun zusätzlich zur translatorischen Ge-
schwindigkeit eine rotatorische Komponente, also einen Drall. Stromabwärts des
Laufrads, in der Ebene (2), wird die Strömung um den Winkel 2 umgelenkt und
hat nun zum Laufrad die Relativgeschwindigkeit w2. Das feststehende Leitrad hat
die Aufgabe die Strömung wieder in axialer Richtung umzulenken. Die axiale Ge-
schwindigkeitskomponente ca bleibt in allen drei Ebenen konstant. Der Druckan-
stieg ergibt sich im Wesentlichen durch das Laufrad, da hier die Relativgeschwin-
digkeit von w1 auf w2 verzögert. Die anschließende Umlenkung in radialer
Richtung durch das Leitrad bewirkt eine weitere Verzögerung der Relativge-
schwindigkeit und damit einen zusätzlichen Druckanstieg in Strömungsrichtung.
A A
Abb. 7-4: Axial durchströmte Verdichterstufe a) Schnitt durch eine Stufe einer
axial durchströmten Strömungsmaschine, b) Abwicklung des koaxialen Schnitts
A–A
174
7. Drallsatz
Eine andere sehr weit verbreitete Bauform von Strömungsmaschinen sind Radial-
maschinen. Hier erfolgt eine Beschleunigung der Strömung hauptsächlich in radia-
ler Richtung. Die Geschwindigkeitsverhältnisse an einem Laufrad eines Radialver-
dichters sind in Abb. 7-5 skizziert. Den wesentlichen Beitrag zum Druckanstieg
liefert die Erhöhung der Umfangsgeschwindigkeit zwischen Eintrittsebene (1) und
Austrittsebene (2) von u1 auf u2.
(1) (2)
Gehäuse
(2)
r2
(1) (2)
rm2
(1) rm1
r1
Laufrad
Die vom Laufrad auf das Fluid übertragene Leistung P12 ergibt sich aus dem mittle-
ren Radius rm beziehungsweise dem mittleren Durchmesser dm der Stromfläche.
Die Stromfläche A berechnet sich aus den Radien r1 und r2 entsprechend
∙ ∙ ∙
mit
Mit der Umfangsgeschwindigkeit ∙ ergibt sich für die auf das mit rotie-
rende Laufrad übertragene Leistung
∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙
∙ ∙
175
7. Drallsatz
Übung 7-1
Für das in Abb. 7-5 skizzierte Laufrad einer einstufigen Pumpe gilt
- Zu- und Abströmgeschwindigkeit: c1 = 20 m/s, c2 = 40 m/s
- Massenstrom: = 50 kg/s
- Gesamtwirkungsgrad: P = 65%
1. Berechnen Sie das Moment M, das das Laufrad auf die Strömung ausübt.
3. Berechnen Sie die spezifische technische Arbeit wt,12, die die Pumpe an die
Strömung abgibt.
176
Literaturverzeichnis
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schaftlichen Analyse einer großen asiatischen Agrargesellschaft. 1. Teil: Pro-
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177
Anhang
Stichwortverzeichnis
Ablösegebiet 115 sensor 41
Ablösung 20 sonde 41
Absorption 24 statischer 40
Adhäsionskräfte 23 total 40
adiabat 104 verlust 136
Adsorption 24 Wirk- 148
Aerodynamik 13 Durchfluss
Koeffizient 149
Aerostatik 13
Zahl 148
Aggregatszustände 23
Einbauten 142
Ähnlichkeitskennzahlen 105
Eintrittsverlust 143
Aktionsprinzip 159
Energie
Alembertsches
erhaltungssatz 91
Paradoxon 121
innere 93
Anziehungskräfte System- 93
intermolekulare 24 Transport- 93
Atmosphäre 68 Enthalpie 94
Auftrieb Ersatzdurchmesser
dynamischer 54 hydraulischer 150
statischer 54
Exosphäre 71
Auftriebskraft 55
Expansionszahl 149
Austrittsverluste 144
Flächen-Deviationsmoment 48
Bahnkurve 14
Flächenschwerpunktskoordinate 46
Barometer
Flächenträgheitsmoment 47
Quecksilber 44
Fluide 11, 19, 20
Benetzung
ideale 19
form 27
inkompressible 20
hydrophil 27
kompressible 20
hydrophob 27
Newton‘sche 13
Bernoulli-Gleichung 17, 96 reale 19
Bruchgrenze 13 reibungsbehaftete 19
Carnot-Stoß 145 reibungsfreie 19
Dampfdruck 39 Fluidmechanik 11
Dampfdruckkurve 23, 39 Freiheitsgrade 23
Dampftafel 39 Freistrahlbedingung 162
diabat 104 Gasdynamik 13
Diffusor 145 Gasgleichung 22
Drall 168 Gaskonstante
Drallstrom 168 spezifische 23, 95
Drallvektor 173 Geoid 82
Drehimpuls 168 Gibbs'sche Phasenregel 23
Drehimpulserhaltung 171 Grenzflächenspannung 24
Druck 17, 31 Grenzschicht 19, 102
Absolut- 31 Strömungs- 103
bohrung 41 Temperatur- 104
gesamt 41 Grenzschichttheorie
messung 41 Prandtlsche 107
Rückgewinn 145 Haftungsbedingung 19, 103
178
Anhang
180
Anhang
Anhang
Tab. A-1 Stoffdaten von Gasen bei 0°C
[Stephan K., Mayinger, 2013] .............................................. 182
Tab. A-2: Definitionen der SI-Basiseinheiten [Geller, 2015] ............... 183
Tab. A-3: Physikalische Konstante [Weast, Astle, 1979] ..................... 183
Tab. A-4,5: Sättigungsdampftafel für Wasser (Drucktafel),
[Stephan, Mayinger, 2013] ................................................... 184
Tab. A-6,7: Sättigungsdampftafel für Wasser (Temperaturtafel)
[Stephan, Mayinger, 2013] ................................................... 186
Tab. A-8a-g: Normatmosphäre nach DIN 5450/ISO2533 ......................... 188
181
Anhang
A. Tabellen
Gas cp M R
[kJ/kgK] [kg/mol] [kJ/kgK [-]
]
Helium He 5,2380 4,003 2,0770 1,660
Argon Ar 0,5203 39,950 0,2081 1,660
Wasserstoff H2 14,2000 2,016 4,1250 1,409
Stickstoff N2 1,0390 28,010 0,2968 1,400
Sauerstoff 02 0,9150 32,000 0,2598 1,397
Luft 1,0040 28,950 0,2872 1,400
Kohlenmonoxid CO 1,0400 28,010 0,2968 1,400
Stickstoffmonoxid NO 0,9983 30,010 0,2771 1,384
Chlorwasserstoff HCl 0,7997 36,460 0,2280 1,400
Wasser H 20 1,8580 18,020 0,4615 1,330
Kohlendioxid CO2 0,8169 44,010 0,1889 1,301
Distickstofftmonoxid N 20 0,8507 44,010 0,1889 1,285
Schwefeldioxid S02 0,6092 64,060 0,1298 1,271
Ammoniak (R717) NH3 2,0560 17,030 0,4882 1,312
Azetylen C2H2 1,5130 26,040 0,3193 1,268
Methan CH4 2,1560 16,040 0,5183 1,317
Methylchlorid CH3Cl 0,7369 50,490 0,1647 1,288
Ethylen C2H4 1,6120 28,050 0,2964 1,225
Ethan (R170) C2H6 1,7290 30,070 0,2765 1,200
Ethylchlorid C2H5Cl 1,3400 64,510 0,1289 1,106
Propan (R290) C2H8 1,6670 44,100 0,1896 1,128
Tab. A-1Stoffdaten von Gasen bei 0°C [Stephan K., Mayinger, 2013]
182
Anhang
183
Anhang
184
Anhang
185
Anhang
186
Anhang
187
Anhang
[km] [K] [Pa] [kg/m³ [m/s] [m²/s] [-] [-] [-] [km]
0,0 288,150 101325,000 1,224287 340,393 0,14620 1,000000 0,999418 1,000000 0,0
0,1 287,500 100129,727 1,212580 340,009 0,14736 0,988204 0,989861 0,997744 0,1
0,2 286,850 98945,891 1,200959 339,624 0,14852 0,976520 0,980375 0,995489 0,2
0,3 286,200 97773,414 1,189423 339,239 0,14970 0,964949 0,970958 0,993233 0,3
0,4 285,550 96612,211 1,177973 338,854 0,15088 0,953488 0,961610 0,990977 0,4
0,5 284,900 95462,203 1,166606 338,468 0,15208 0,942139 0,952332 0,988721 0,5
0,6 284,250 94323,305 1,155324 338,082 0,15330 0,930899 0,943122 0,986465 0,6
0,7 283,600 93195,430 1,144126 337,695 0,15452 0,919767 0,933980 0,984210 0,7
0,8 282,950 92078,500 1,133010 337,308 0,15576 0,908744 0,924906 0,981954 0,8
0,9 282,300 90972,438 1,121978 336,920 0,15701 0,897828 0,915900 0,979698 0,9
1,0 281,650 89877,156 1,111028 336,532 0,15827 0,887019 0,906961 0,977442 1,0
1,1 281,000 88792,570 1,100160 336,143 0,15954 0,876315 0,898089 0,975187 1,1
1,2 280,350 87718,617 1,089373 335,754 0,16083 0,865715 0,889284 0,972931 1,2
1,3 279,700 86655,195 1,078667 335,365 0,16213 0,855220 0,880545 0,970675 1,3
1,4 279,050 85602,242 1,068042 334,975 0,16345 0,844828 0,871871 0,968419 1,4
1,5 278,400 84559,672 1,057498 334,585 0,16478 0,834539 0,863263 0,966163 1,5
1,6 277,750 83527,406 1,047033 334,194 0,16612 0,824351 0,854721 0,963908 1,6
1,7 277,100 82505,367 1,036647 333,803 0,16747 0,814265 0,846243 0,961652 1,7
1,8 276,450 81493,477 1,026341 333,411 0,16884 0,804278 0,837829 0,959396 1,8
1,9 275,800 80491,664 1,016113 333,019 0,17023 0,794391 0,829480 0,957140 1,9
2,0 275,150 79499,836 1,005963 332,626 0,17163 0,784602 0,821194 0,954885 2,0
2,1 274,500 78517,938 0,995891 332,233 0,17304 0,774912 0,812972 0,952629 2,1
2,2 273,850 77545,875 0,985896 331,839 0,17447 0,765318 0,804813 0,950373 2,2
2,3 273,200 76583,586 0,975979 331,445 0,17591 0,755821 0,796717 0,948117 2,3
2,4 272,550 75630,984 0,966137 331,051 0,17737 0,746420 0,788684 0,945862 2,4
2,5 271,900 74687,992 0,956372 330,656 0,17885 0,737113 0,780712 0,943606 2,5
2,6 271,250 73754,555 0,946683 330,260 0,18034 0,727901 0,772802 0,941350 2,6
2,7 270,600 72830,578 0,937068 329,864 0,18184 0,718782 0,764954 0,939094 2,7
188
Anhang
[km] [K] [Pa] [kg/m³ [m/s] [m²/s] [-] [-] [-] [km]
2,8 269,950 71916,000 0,927529 329,468 0,18336 0,709756 0,757167 0,936838 2,8
2,9 269,300 71010,742 0,918064 329,071 0,18490 0,700822 0,749440 0,934583 2,9
3,0 268,650 70114,734 0,908673 328,674 0,18645 0,691979 0,741774 0,932327 3,0
3,1 268,000 69227,898 0,899356 328,276 0,18803 0,683226 0,734168 0,930071 3,1
3,2 267,350 68350,172 0,890112 327,877 0,18961 0,674564 0,726622 0,927815 3,2
3,3 266,700 67481,477 0,880941 327,479 0,19122 0,665990 0,719136 0,925560 3,3
3,4 266,050 66621,742 0,871843 327,079 0,19284 0,657505 0,711708 0,923304 3,4
3,5 265,400 65770,898 0,862816 326,679 0,19448 0,649108 0,704340 0,921048 3,5
3,6 264,750 64928,875 0,853861 326,279 0,19614 0,640798 0,697029 0,918792 3,6
3,7 264,100 64095,602 0,844977 325,878 0,19781 0,632574 0,689778 0,916537 3,7
3,8 263,450 63271,004 0,836165 325,477 0,19951 0,624436 0,682583 0,914281 3,8
3,9 262,800 62455,023 0,827422 325,075 0,20122 0,616383 0,675447 0,912025 3,9
4,0 262,150 61647,578 0,818750 324,673 0,20295 0,608414 0,668368 0,909769 4,0
4,1 261,500 60848,609 0,810148 324,270 0,20470 0,600529 0,661345 0,907513 4,1
4,2 260,850 60058,047 0,801615 323,867 0,20647 0,592727 0,654379 0,905258 4,2
4,3 260,200 59275,820 0,793151 323,463 0,20826 0,585007 0,647470 0,903002 4,3
4,4 259,550 58501,863 0,784755 323,059 0,21007 0,577368 0,640616 0,900746 4,4
4,5 258,900 57736,109 0,776427 322,654 0,21189 0,569811 0,633818 0,898490 4,5
4,6 258,250 56978,492 0,768167 322,249 0,21374 0,562334 0,627075 0,896235 4,6
4,7 257,600 56228,941 0,759975 321,843 0,21561 0,554937 0,620388 0,893979 4,7
4,8 256,950 55487,398 0,751850 321,437 0,21750 0,547618 0,613755 0,891723 4,8
4,9 256,300 54753,789 0,743791 321,030 0,21941 0,540378 0,607176 0,889467 4,9
5,0 255,650 54028,059 0,735798 320,623 0,22134 0,533215 0,600652 0,887212 5,0
5,1 255,000 53310,133 0,727872 320,215 0,22330 0,526130 0,594181 0,884956 5,1
5,2 254,350 52599,953 0,720011 319,806 0,22528 0,519121 0,587764 0,882700 5,2
5,3 253,700 51897,449 0,712215 319,398 0,22727 0,512188 0,581400 0,880444 5,3
5,4 253,050 51202,566 0,704483 318,988 0,22930 0,505330 0,575088 0,878188 5,4
5,5 252,400 50515,234 0,696816 318,578 0,23134 0,498547 0,568830 0,875933 5,5
5,6 251,750 49835,391 0,689213 318,168 0,23341 0,491837 0,562623 0,873677 5,6
189
Anhang
[km] [K] [Pa] [kg/m³ [m/s] [m²/s] [-] [-] [-] [km]
5,7 251,100 49162,977 0,681674 317,757 0,23550 0,485201 0,556469 0,871421 5,7
5,8 250,450 48497,926 0,674198 317,345 0,23761 0,478637 0,550366 0,869165 5,8
5,9 249,800 47840,180 0,666785 316,933 0,23975 0,472146 0,544314 0,866910 5,9
6,0 249,150 47189,672 0,659434 316,520 0,24191 0,465726 0,538314 0,864654 6,0
6,1 248,500 46546,348 0,652146 316,107 0,24410 0,459377 0,532364 0,862398 6,1
6,2 247,850 45910,145 0,644919 315,694 0,24632 0,453098 0,526464 0,860142 6,2
6,3 247,200 45280,996 0,637753 315,279 0,24856 0,446889 0,520615 0,857887 6,3
6,4 246,550 44658,852 0,630649 314,865 0,25082 0,440749 0,514816 0,855631 6,4
6,5 245,900 44043,645 0,623606 314,449 0,25311 0,434677 0,509066 0,853375 6,5
6,6 245,250 43435,316 0,616622 314,033 0,25543 0,428673 0,503365 0,851119 6,6
6,7 244,600 42833,812 0,609699 313,617 0,25778 0,422737 0,497714 0,848863 6,7
6,8 243,950 42239,066 0,602836 313,200 0,26015 0,416867 0,492111 0,846608 6,8
6,9 243,300 41651,027 0,596031 312,782 0,26255 0,411064 0,486556 0,844352 6,9
7,0 242,650 41069,637 0,589286 312,364 0,26498 0,405326 0,481050 0,842096 7,0
7,1 242,000 40494,832 0,582599 311,946 0,26744 0,399653 0,475591 0,839840 7,1
7,2 241,350 39926,559 0,575970 311,526 0,26992 0,394044 0,470180 0,837585 7,2
7,3 240,700 39364,758 0,569399 311,107 0,27244 0,388500 0,464816 0,835329 7,3
7,4 240,050 38809,379 0,562886 310,686 0,27499 0,383019 0,459499 0,833073 7,4
7,5 239,400 38260,359 0,556430 310,265 0,27756 0,377600 0,454228 0,830817 7,5
7,6 238,750 37717,645 0,550030 309,844 0,28017 0,372244 0,449004 0,828562 7,6
7,7 238,100 37181,180 0,543687 309,422 0,28281 0,366950 0,443826 0,826306 7,7
7,8 237,450 36650,910 0,537400 308,999 0,28548 0,361716 0,438694 0,824050 7,8
7,9 236,800 36126,781 0,531169 308,576 0,28818 0,356544 0,433608 0,821794 7,9
8,0 236,150 35608,738 0,524994 308,152 0,29092 0,351431 0,428566 0,819538 8,0
8,1 235,500 35096,727 0,518873 307,728 0,29368 0,346378 0,423570 0,817283 8,1
8,2 234,850 34590,691 0,512807 307,303 0,29649 0,341384 0,418618 0,815027 8,2
8,3 234,200 34090,582 0,506796 306,877 0,29932 0,336448 0,413711 0,812771 8,3
8,4 233,550 33596,340 0,500838 306,451 0,30219 0,331570 0,408848 0,810515 8,4
8,5 232,900 33107,918 0,494934 306,024 0,30510 0,326750 0,404028 0,808260 8,5
190
Anhang
[km] [K] [Pa] [kg/m³ [m/s] [m²/s] [-] [-] [-] [km]
8,6 232,250 32625,262 0,489084 305,597 0,30804 0,321986 0,399252 0,806004 8,6
8,7 231,600 32148,318 0,483287 305,169 0,31102 0,317279 0,394520 0,803748 8,7
8,8 230,950 31677,037 0,477542 304,741 0,31403 0,312628 0,389830 0,801492 8,8
8,9 230,300 31211,363 0,471850 304,311 0,31708 0,308032 0,385184 0,799236 8,9
9,0 229,650 30751,250 0,466210 303,882 0,32017 0,303491 0,380580 0,796981 9,0
9,1 229,000 30296,643 0,460622 303,451 0,32330 0,299005 0,376018 0,794725 9,1
9,2 228,350 29847,492 0,455085 303,020 0,32647 0,294572 0,371498 0,792469 9,2
9,3 227,700 29403,750 0,449599 302,589 0,32967 0,290192 0,367019 0,790213 9,3
9,4 227,050 28965,363 0,444163 302,157 0,33292 0,285866 0,362582 0,787958 9,4
9,5 226,400 28532,285 0,438779 301,724 0,33621 0,281592 0,358187 0,785702 9,5
9,6 225,750 28104,463 0,433444 301,290 0,33953 0,277369 0,353832 0,783446 9,6
9,7 225,100 27681,852 0,428159 300,856 0,34290 0,273199 0,349517 0,781190 9,7
9,8 224,450 27264,398 0,422923 300,422 0,34632 0,269079 0,345244 0,778935 9,8
9,9 223,800 26852,059 0,417737 299,986 0,34978 0,265009 0,341010 0,776679 9,9
10,0 223,150 26444,783 0,412599 299,550 0,35328 0,260990 0,336816 0,774423 10,0
10,1 222,500 26042,523 0,407510 299,114 0,35682 0,257020 0,332661 0,772167 10,1
10,2 221,850 25645,232 0,402469 298,677 0,36041 0,253099 0,328546 0,769911 10,2
10,3 221,200 25252,863 0,397476 298,239 0,36405 0,249226 0,324470 0,767656 10,3
10,4 220,550 24865,369 0,392530 297,800 0,36773 0,245402 0,320433 0,765400 10,4
10,5 219,900 24482,703 0,387632 297,361 0,37147 0,241625 0,316434 0,763144 10,5
10,6 219,250 24104,820 0,382780 296,921 0,37525 0,237896 0,312474 0,760888 10,6
10,7 218,600 23731,674 0,377975 296,481 0,37908 0,234213 0,308551 0,758633 10,7
10,8 217,950 23363,217 0,373217 296,040 0,38295 0,230577 0,304667 0,756377 10,8
10,9 217,300 22999,406 0,368504 295,598 0,38688 0,226986 0,300820 0,754121 10,9
11,0 216,650 22632,039 0,363706 295,155 0,39101 0,223361 0,296903 0,751865 11,0
11,5 216,650 20916,561 0,336137 295,155 0,42307 0,206430 0,274398 0,751865 11,5
12,0 216,650 19331,115 0,310659 295,155 0,45777 0,190783 0,253599 0,751865 12,0
12,5 216,650 17865,842 0,287111 295,155 0,49532 0,176322 0,234376 0,751865 12,5
13,0 216,650 16511,637 0,265349 295,155 0,53594 0,162957 0,216611 0,751865 13,0
191
Anhang
[km] [K] [Pa] [kg/m³ [m/s] [m²/s] [-] [-] [-] [km]
13,5 216,650 15260,076 0,245236 295,155 0,57990 0,150605 0,200192 0,751865 13,5
14,0 216,650 14103,384 0,226647 295,155 0,62746 0,139190 0,185018 0,751865 14,0
14,5 216,650 13034,366 0,209467 295,155 0,67892 0,128639 0,170994 0,751865 14,5
15,0 216,650 12046,379 0,193590 295,155 0,73460 0,118889 0,158033 0,751865 15,0
15,5 216,650 11133,279 0,178916 295,155 0,79485 0,109877 0,146054 0,751865 15,5
16,0 216,650 10289,393 0,165355 295,155 0,86004 0,101548 0,134983 0,751865 16,0
16,5 216,650 9509,471 0,152821 295,155 0,93057 0,093851 0,124752 0,751865 16,5
17,0 216,650 8788,665 0,141237 295,155 1,0069 0,086737 0,115296 0,751865 17,0
17,5 216,650 8122,497 0,130532 295,155 1,0895 0,080163 0,106557 0,751865 17,5
18,0 216,650 7506,822 0,120638 295,155 1,1788 0,074087 0,098480 0,751865 18,0
18,5 216,650 6937,815 0,111493 295,155 1,2755 0,068471 0,091015 0,751865 18,5
19,0 216,650 6411,938 0,103042 295,155 1,3801 0,063281 0,084116 0,751865 19,0
19,5 216,650 5925,922 0,095232 295,155 1,4933 0,058484 0,077740 0,751865 19,5
20,0 216,650 5474,878 0,087983 295,155 1,6163 0,054033 0,071823 0,751865 20,0
21,0 217,650 4678,053 0,074833 295,836 1,9077 0,046169 0,061088 0,755336 21,0
22,0 218,650 4000,083 0,063695 296,515 2,2499 0,039478 0,051996 0,758806 22,0
23,0 219,650 3422,813 0,054255 297,192 2,6515 0,033781 0,044290 0,762277 23,0
24,0 220,650 2930,926 0,046247 297,868 3,1224 0,028926 0,037753 0,765747 24,0
25,0 221,650 2511,488 0,039450 298,542 3,6742 0,024786 0,032204 0,769217 25,0
26,0 222,650 2153,571 0,033676 299,215 4,3203 0,021254 0,027491 0,772688 26,0
27,0 223,650 1847,935 0,028768 299,886 5,0763 0,018238 0,023484 0,776158 27,0
28,0 224,650 1586,758 0,024592 300,555 5,9603 0,015660 0,020075 0,779629 28,0
29,0 225,650 1363,417 0,021037 301,224 6,9932 0,013456 0,017173 0,783099 29,0
30,0 226,650 1172,297 0,018008 301,890 8,1993 0,011570 0,014700 0,786569 30,0
31,0 227,650 1008,639 0,015426 302,556 9,6067 0,009954 0,012593 0,790040 31,0
32,0 228,650 868,016 0,013217 303,219 11,253 0,008567 0,010790 0,793510 32,0
33,0 231,450 748,252 0,011256 305,070 13,347 0,007385 0,009188 0,803227 33,0
34,0 234,250 646,166 0,009604 306,910 15,798 0,006377 0,007840 0,812945 34,0
192
Anhang
[km] [K] [Pa] [kg/m³ [m/s] [m²/s] [-] [-] [-] [km]
35,0 237,050 558,981 0,008210 308,739 18,661 0,005517 0,006702 0,822662 35,0
36,0 239,850 484,383 0,007031 310,557 21,999 0,004780 0,005740 0,832379 36,0
37,0 242,650 420,439 0,006033 312,364 25,884 0,004149 0,004925 0,842096 37,0
38,0 245,450 365,529 0,005185 314,161 30,397 0,003607 0,004233 0,851813 38,0
39,0 248,250 318,296 0,004464 315,948 35,632 0,003141 0,003644 0,861530 39,0
40,0 251,050 277,596 0,003850 317,725 41,692 0,002740 0,003143 0,871248 40,0
41,0 253,850 242,469 0,003326 319,492 48,697 0,002393 0,002715 0,880965 41,0
42,0 256,650 212,101 0,002877 321,249 56,781 0,002093 0,002349 0,890682 42,0
43,0 259,450 185,806 0,002493 322,997 66,094 0,001834 0,002035 0,900399 43,0
44,0 262,250 163,002 0,002164 324,735 76,808 0,001609 0,001767 0,910116 44,0
45,0 265,050 143,196 0,001881 326,464 89,115 0,001413 0,001536 0,919833 45,0
46,0 267,850 125,968 0,001637 328,184 103,23 0,001243 0,001337 0,929551 46,0
47,0 270,650 110,906 0,001427 329,895 119,45 0,001095 0,001165 0,939268 47,0
48,0 270,650 97,757 0,001258 329,895 135,52 0,000965 0,001027 0,939268 48,0
49,0 270,650 86,167 0,001108 329,895 153,75 0,000850 0,000905 0,939268 49,0
50,0 270,650 75,951 0,000977 329,895 174,43 0,000750 0,000798 0,939268 50,0
51,0 270,650 66,947 0,000861 329,895 197,89 0,000661 0,000703 0,939268 51,0
52,0 270,650 59,001 0,000759 329,895 224,54 0,000582 0,000620 0,939268 52,0
53,0 268,650 51,981 0,000674 328,674 251,50 0,000513 0,000550 0,932327 53,0
54,0 266,650 45,754 0,000597 327,448 281,93 0,000452 0,000488 0,925386 54,0
55,0 264,650 40,234 0,000529 326,218 316,31 0,000397 0,000432 0,918445 55,0
56,0 262,650 35,345 0,000469 324,983 355,19 0,000349 0,000382 0,911504 56,0
57,0 260,650 31,019 0,000414 323,743 399,20 0,000306 0,000338 0,904564 57,0
58,0 258,650 27,196 0,000366 322,498 449,06 0,000268 0,000299 0,897623 58,0
59,0 256,650 23,820 0,000323 321,249 505,60 0,000235 0,000264 0,890682 59,0
60,0 254,650 20,841 0,000285 319,995 569,78 0,000206 0,000233 0,883741 60,0
61,0 252,650 18,210 0,000251 318,736 642,89 0,000180 0,000205 0,876800 61,0
62,0 248,650 15,890 0,000222 316,203 715,82 0,000157 0,000182 0,862919 62,0
193
Anhang
[km] [K] [Pa] [kg/m³ [m/s] [m²/s] [-] [-] [-] [km]
63,0 244,650 13,835 0,000197 313,649 798,37 0,000137 0,000161 0,849037 63,0
64,0 240,650 12,019 0,000174 311,074 891,99 0,000119 0,000142 0,835155 64,0
65,0 236,650 10,416 0,000153 308,478 998,38 0,000103 0,000125 0,821274 65,0
66,0 232,650 9,005 0,000135 305,860 1119,5 0,000089 0,000110 0,807392 66,0
67,0 228,650 7,766 0,000118 303,219 1257,8 0,000077 0,000097 0,793510 67,0
68,0 224,650 6,679 0,000104 300,555 1416,0 0,000066 0,000085 0,779629 68,0
69,0 220,650 5,729 0,000090 297,868 1597,3 0,000057 0,000074 0,765747 69,0
70,0 216,650 4,901 0,000079 295,155 1805,7 0,000048 0,000064 0,751865 70,0
71,0 212,650 4,180 0,000068 292,418 2045,8 0,000041 0,000056 0,737984 71,0
72,0 208,650 3,554 0,000059 289,655 2323,2 0,000035 0,000048 0,724102 72,0
73,0 204,650 3,013 0,000051 286,865 2644,4 0,000030 0,000042 0,710220 73,0
74,0 200,650 2,545 0,000044 284,047 3017,5 0,000025 0,000036 0,696339 74,0
75,0 196,650 2,143 0,000038 281,202 3452,1 0,000021 0,000031 0,682457 75,0
76,0 192,650 1,798 0,000033 278,327 3959,8 0,000018 0,000027 0,668575 76,0
77,0 188,650 1,503 0,000028 275,423 4554,8 0,000015 0,000023 0,654694 77,0
78,0 184,650 1,252 0,000024 272,487 5254,4 0,000012 0,000019 0,640812 78,0
79,0 180,000 1,038 0,000020 269,034 6042,9 0,000010 0,000016 0,624675 79,0
80,0 180,000 0,858 0,000017 269,034 7305,6 0,000008 0,000014 0,624675 80,0
81,0 180,000 0,710 0,000014 269,034 8832,1 0,000007 0,000011 0,624675 81,0
82,0 180,000 0,587 0,000011 269,034 10678 0,000006 0,000009 0,624675 82,0
83,0 180,000 0,486 0,000009 269,034 12909 0,000005 0,000008 0,624675 83,0
84,0 180,000 0,402 0,000008 269,034 15606 0,000004 0,000006 0,624675 84,0
85,0 180,000 0,332 0,000006 269,034 18867 0,000003 0,000005 0,624675 85,0
86,0 180,000 0,275 0,000005 269,034 22809 0,000003 0,000004 0,624675 86,0
87,0 180,000 0,227 0,000004 269,034 27574 0,000002 0,000004 0,624675 87,0
88,0 180,000 0,188 0,000004 269,034 33336 0,000002 0,000003 0,624675 88,0
89,0 180,000 0,156 0,000003 269,034 40302 0,000002 0,000002 0,624675 89,0
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