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V.

Speziell: Kündigungsschutzverfahren

• Geregelt insb. in §§ 4 ff. KSchG

→Die Kündigungsschutzklage entfaltet auch materiell-rechtliche Wirkung


(Verhinderung der Wirksamkeitsfiktion gem. § 7 KSchG)
• Der Streitgegenstand ist in § 4 KSchG vorgegeben: Feststellung, dass
das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung [genaue Bezeichnung mit
Datum] nicht zum [vorgesehener Auflösungszeitpunkt] aufgelöst ist

→Erweiterter punktueller Streitgegenstand: Eine der


Kündigungsschutzklage stattgebende Entscheidung enthält zugleich die
positive Feststellung, dass bis zum vorgesehenen Auflösungszeitpunkt
ein Arbeitsverhältnis bestanden hat

→Mit Rechtskraft einer solchen Entscheidung steht fest, dass das


Arbeitsverhältnis auch nicht durch mögliche andere
Beendigungstatbestände aufgelöst worden ist, selbst wenn diese von
keiner Seite in den Prozess eingeführt wurden (BAG NZA 2018, 1127)
• Kündigungsschutzklage ist eine besondere Feststellungsklage
→Erfordert ein Feststellungsinteresse, dieses liegt jedoch einfach in der
drohenden Wirksamkeitsfiktion nach § 7 KSchG

• Hat der AG (vorsorglich) mehrere Kündigungen ausgesprochen, muss


jede einzeln mit einem Kündigungsschutzantrag angegriffen werden
• Eine Kündigungsschutzklage wahrt die Klagefrist des § 4 S. 1 KSchG
auch für eine Folgekündigung, die vor dem oder zeitgleich mit dem
Auflösungstermin der ersten Kü wirksam werden soll, jedenfalls dann,
wenn der AN ihre Unwirksamkeit noch vor Schluss der mündlichen
Verhandlung erster Instanz ausdrücklich geltend macht und mit einem
Antrag nach § 4 S. 1 KSchG erfasst

Bsp.: Arbeitgeber G erklärt an einem Tag in zwei getrennten Schreiben


sowohl eine fristlose Verdachtskündigung, als auch eine fristlose
Tatkündigung, die dem AN durch Boten zeitgleich in einem Umschlag
zugehen
→Eine innerhalb der Klagefrist des § 4 S. 1 KSchG erhobene Klage
gegen die Tatkündigung wahrt auch die Klagefrist für die
Verdachtskündigung
• Begründetheit der Kündigungsschutzklage: (+), wenn das Arbeitsverhältnis durch
die angegriffene Kündigung [genaue Bezeichnung mit Datum] nicht zum
[vorgesehener Auflösungszeitpunkt] aufgelöst ist (zugleich Obersatz für die Klausur)

→Erfordert dreierlei:

- Bestehen eines Arbeitsverhältnis bei Zugang der Kündigung und im vorgesehenen


Auflösungszeitpunkt
→Hier sind ggf. weitere Beendigungsgründe wie z.B. Anfechtung, Befristung oder
weitere Kündigungen zu prüfen

- Unwirksamkeit der Kündigung

- Bestehen des Arbeitsverhältnisses im vorgesehenen Auflösungszeitpunkt


→Hier sind ggf. weitere Beendigungsgründe wie z.B. Anfechtung, Befristung oder
weitere Kündigungen zu prüfen
• Prinzipiell ist auch eine allgemeine Feststellungsklage nach § 256
ZPO denkbar, nämlich die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis
besteht (sog. Schleppnetzantrag)

→Diese wäre begründet, wenn im Zeitpunkt der letzten mündlichen


Verhandlung ein Arbeitsverhältnis besteht

→Das hierfür erforderliche Feststellungsinteresse ist jedoch


grundsätzlich zu verneinen, da die Kündigungsschutzklage nach § 4
KSchG vorrangig ist
Ausnahme: Es drohen weitere Kündigungen, oder der AG macht
weitere Unwirksamkeitsgründe (z.B. Anfechtung des Arbeitsvertrags)
geltend
Zum Verständnis:

• Aufgrund des erweiterten punktuellen Streitgegenstands wirkt schon die


normale Kündigungsschutzklage nach § 4 S. 1 KSchG als kleines
Schleppnetz (stattgebendes Urteil stellt auch fest, dass das Arbeitsverhältnis
zum beabsichtigten Auflösungszeitpunkt noch besteht, s.o.)

→Eine daneben erhobene allg. Feststellungsklage deckt hingegen alle weiteren


in Betr. kommenden Beendigungstatbestände für die Zeit von dem mit der Kü
angestrebten Auflösungszeitpunkt bis zum Schluss der jeweiligen
Tatsacheninstanz ab

→Ist der allg. Feststellungsantrag zulässig, muss trotzdem noch jede weitere
Kündigung mit einer Kündigungsschutzklage nach § 4 S. 1 KSchG angegriffen
werden („Punktualisierung der Klage“, so wohl BAG). Die Folge des
Feststellungsantrags ist nur (aber immerhin), dass die dreiwöchige Klagefrist
nicht eingehalten werden muss
Antrag nach § 256 ZPO:

• Variante 1: Bloßer Zusatz: „Es wird festgestellt, dass das


Arbeitsverhältnis durch die Kündigung [genaue Bezeichnung mit Datum]
nicht aufgelöst ist, sondern fortbesteht“
→Wird ein solcher Antrag gestellt, muss das Gericht ggf. durch Nachfrage
klären, ob wirklich ein allgemeiner Feststellungsantrag beabsichtigt ist oder ob
nur eine bloße Floskel vorliegt

• Variante 2: Eigenständiger Antrag: „Es wird festgesellt, dass das


Arbeitsverhältnis fortbesteht“
→Vorzugswürdig, da unmissverständlich
Fälle 18 – 25

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