Sie sind auf Seite 1von 5

EKG – Handout zum Download

Allgemeines:
● Ein EKG lässt sich auch ohne EKG-Lineal befunden! Dafür muss man
die Kästchen zählen: Die Kästchen bei der Standardschreibweise
(50mm/s, 10mm/mV) entsprechen 20 ms horizontal bzw. 0.1 mV (1
mm) vertikal.
● Bei der Befundung unbedingt systematisch vorgehen, z.B. in
folgender Reihenfolge:
1. Grundrhythmus (SR? AA?)
2. Lagetyp
3. Herzfrequenz
4. Zeiten (PQ, QRS, QTc)
5. Blockbilder (z.B. AV-Block? LSB? RSB? LAHB?) 🡪 wenn keine
Auffälligkeiten vorliegen unbedingt vermerken: „keine
Bockbilder“
6. Morphologien (ST-Hebungen oder Senkungen?
T-Negativierung?)
● Beispiel: Sinusrhythmus (SR), Indifferenztyp (IT), 70 bpm, PQ: 160 ms,
QRS: 95 ms, QTc: 440 ms, R/S Umschlag in V3/V4, kein Blockbild,
keine signifikanten ST-Strecken-Auffälligkeiten, keine
Erregungsrückbildungsstörungen (ERST)
● Für einen Sinusrhythmus (SR) ohne Pathologien müssen folgende
Kriterien erfüllt sein: vorhandene P-Wellen mit gleicher Morphologie
in jeweils gleichen R-R Abstände, gleiche PQ Zeiten. (Merke: „Auf
jede P-Welle folgt ein QRS-Komplex und auf jeden QRS-Komplex
eine P-Welle mit gleichem Abstand und gleicher Morphologie.“) Es
ist ausreichend, wenn die Kriterien für einen Sinusrhythmus in einer
Ableitung erfüllt sind, auch dann, wenn man in allen anderen
Ableitungen keine P-Wellen sieht.
● SVES (supraventrikuläre Extrasystolen) oder VES (ventrikuläre
Extrasystolen): Vereinzelte SVES oder VES sind in der Regel harmlos.
Treten diese jedoch vermehrt auf, handelt es sich um einen
abklärungsbedürftigen Befund (SVES oder VES können z.B. durch
Ischämienarben oder sonstige Störungen des Erregungsbildungs-
und Leitungssystems entstehen).
● Normwerte: PQ-Zeit: < 200 ms, QRS-Komplex: ≤ 20 ms (bei 100-120
ms kann bei entsprechender Konfiguration ein inkompletter Block
vorliegen), QTc-Zeit: < 470 ms bei Frauen und < 450 ms bei Männern
(bei QT-verlängernden Medikamenten, wie z.B. Amiodaron oder
Ajmalin werden i.d.R. Werte bis bis 500 ms toleriert).
Wichtige Ableitungen und Morphologien:
● Hinterwandableitungen (auch als erweiterte Brustwandableitungen
bezeichnet, V6, V7, V9): Die Ableitung erfolgt bei PatientInnen mit
Angina pectoris (unbedingt korrekt beschriften).
● Rechtspräkordiale Ableitungen (Vr3, Vr4, Vr5, Vr6): Die Ableitung
erfolgt bei V.a. einen Myokardinfarkt im Bereich des rechten
Ventrikels oder bei Situs inversus (unbedingt korrekt beschriften).
● Bigeminus: Wechselndes Auftreten von 1 Normalschlag und 1 VES
● Trigeminus: Wechselndes Auftreten von 2 Normalschlägen und 1
VES
● Couplet: Auftreten von 2 VES direkt hintereinander
● Triplet: Auftreten von 3 VES direkt hintereinander
● Ventrikuläre Salve: Auftreten von 4 bis 6 VES direkt hintereinander
● nsVT (non-sustained VTs,auch nicht-anhaltende VTs): ≥ 7 VES, die in
≤ 30 Sekunden auftreten
● Falls eine nsVT länger als 30 Sekunden anhält, spricht man von
anhaltenden VTs oder sVTs (sustained VTs)

STEMI
● STEMI-Äquivalent nach den aktuellen Leitlinien:: Ein neuer RSB, ein
neuer LSB oder ein alter LSB mit entsprechenden Punkten nach
Sgarbossa (s. unten)
● Merke: Die Sgarbossa-Kriterien werden nur beim LSB, nicht beim
RSB angewandt.
● ST-Hebungsinfarkt: Eine signifikante ST-Hebung ist nach den
aktuellen Leitlinien definiert als eine Hebung in folgenden
Ableitungen: I, II, III, aVR, aVL, aVF, V1, V4, V5, V6 (nicht V2, V3, V7, V8,
V9) mit einer Amplitudenzunahme von:
o ≥0.1 mV (d.h. ≥ 0,1 mV=mind. 1 Kästchen) bei Frauen & Männern
o Oder in V2 und V3
▪ Bei Frauen: ≥ 0, 15 mV (mind. 1,5 Kästchen)
▪ Bei Männern über 40 Jahren: ≥ 0.2 mV (mind. 2
Kästchen)
▪ Bei Männern unter 40 Jahren: ≥ 0,25 mV (mind. 2.5
Kästchen)
o Oder in V7, V8, V9, R3, R4, R5, R6: ≥ 0,05 mV (ab 0,5 mm)
● Merke: Spiegelbildliche Senkungen sind bei Verdacht auf einen
STEMI enorm wichtig:
o Beispiel: ST-Hebungen in I + aVL mit spiegelbildlichen
Senkungen in II, III, aVF: V.a. Vorderwandinfarkt
o Beispiel II: ST-Hebung in II, III, aVF mit spiegelbildlichen
Senkungen in I, aVL: V.a. Hinterwandinfarkt
o Beispiel III: ST-Hebung in aVR und/oder V1 mit ≥ 8 (bzw. ≥ 6]
Senkungen in anderen Ableitungen: V.a. diffuse Ischämie bei
schwerer 3 Gefäß-KHK oder bei Hauptstamminfarkt (Merke:
Bei Z. n. ACVB mit chronischem Hauptstammverschluss kann
eine aVR-Hebung vorhanden sein, daher ist die Erhebung der
Anamnese vor Durchführung eines EKGs unumgänglich!
Linksschenkelblock (LSB), Rechtsschenkelblock (RSB), Linksanteriorer
Hemiblock (LAHB), Linksposteriorer Hemiblock (LPHB):
● LSB: Ein LSB liegt vor, wenn die Zeit bis zur letzten
Negativitätsbewegung (bis zum oberen Umschlagspunkt) > 60 ms
in V5 oder V6 (ggf. auch in I oder aVL) beträgt (entspricht ca. 3
Kästchen bei Standardschreibweise).
● LAHB: Für das Vorliegen eines LAMB sind 2 Kriterien nötig: Ein
(extrem) überdrehter LT UND eine S-Persistenz bis in V6.
● LPHB: Bei einem LPHB erkennt man meist einen RT oder
überdrehten Rechtstyp (DD Rechtsherzbelastung), ein tiefes S in I,
aVL, eine in der Regel dominante R-Zacke in V1 bis V6
● RSB: Ein RSB liegt vor, wenn die Zeit bis zur letzten
Negativitätsbewegung > 30 ms in V1 oder V2 beträgt (entspricht ca.
1,5 Kästchen bei Standardschreibweise).
● LSB und RSB:
o Komplett, wenn der QRS-Komplex > 120 ms misst
o Inkomplett, wenn der QRS-Komplex 100-120 ms misst
● Wenn der QRS-Komplex < 100 ms misst und eine entsprechende
Block-Konfiguration vorliegt, spricht man von einer „Knotung"
● Kombinierte Blockbilder
o LAHB + RSB: Bifaszikulärer Block (auch Bailey-Block genannt),
der bei Symptomatik (z.B. Synkopen) eine
Schrittmacherindikation darstellt
o LAHB + RSB + AV-Block I: kann auch als „trifaszikulärer Block"
bezeichnet werden (umstrittener Begriff)
● Sgarbossa-Kriterien: Definiert das Vorliegen eines akuten
Myokardinfarkts bei kompletten Linksschenkelblock. Beim
Vorliegen von mindestens 3 Punkten der folgenden Kriterien,
beträgt die Sensitivität mehr als 90%:
o Eine konkordante ST-Hebung um mindestens 1 mm (0,1 mV) (5
Punkte)
o Eine konkordante ST-Senkung um mindestens 1 mm (0,1 mV)
in V1-V3 (3 Punkte)
o Eine exzessive diskordante ST-Hebung > 5 mm (0,5 mV) (2
Punkte)

Atrioventrikulärer Block (AV-Block)


● AV-Block I°, II°, III°: Störung der Überregungsweiterleitung, die sich
im EKG zwischen dem P und Q zeigt (die Störung besteht erst nach
der Bildung der Vorhoferregung bzw. P-Welle).
● AV-Block I°: PQ > 200 ms
● AV-Block II° Typ Wenckebach: PQ-Zeit wird immer länger bis ein
QRS-Komplex komplett ausfällt
● AV-Block II° Typ Mobitz: Festes Überleitungsverhältnis, z.B. 2:1 / 3:1..
● AV-Block III°: P-Wellen und QRS-Komplexe treten unabhängig
voneinander auf
Sinuatrialer Block (SA-Block) und Sinusarrest:
● Ein SA-Block bzw. Sinusarrest entsteht durch eine Verzögerung oder
Unterbrechung der Erregungsleitung vom Sinusknoten zur
Vorhofmuskulatur. Die PQ-Zeit ist stets konstant, weil die Störung
vor der Bildung der P-Welle entsteht. Die Zeit vor der P-Welle ist
pathologisch verändert (die PQ-Zeit jedoch konstant)
● SA-Block I°: Leitungsverzögerung vom Sinusknoten zum Vorhof, die
im EKG nicht erkennbar ist.
● SA-Block II° Typ Wenckebach: Hier führt die Leitungsstörung zu
einer stetigen Verlängerung der Überleitung bis hin und wieder ein
Herzschlag ganz ausfällt (sichtbar als Verlängerung der TP-Zeit).
● SA-Block II° Typ Mobitz: Hier fallen einzelne Herzaktionen komplett
aus (P UND QRS fehlen intermittierend vollständig. Beim AV-Block
Typ Mobitz fehlt nur der QRS-Komplex, während die P-Wellen
erhalten bleiben). Hier ist im EKG der Abstand zwischen den
P-Wellen in der Regel gleich und bei Ausfall der Herzaktion exakt
doppelt so groß wie die vorangehenden PP-Abstände).
● SA-Block III°: Bei diesem SA-Block wird leitet der Sinusknotens
keinen Impuls mehr über, sodass der AV-Knoten die
Schrittmacherfunktion übernimmt und die Erregungsbildung des
Herzens im EKG mit einem Ersatzrhythmus von ca. 40 bpm sichtbar
wird. Es sind keine P-Wellen mehr vor den QRS-Komplexen sichtbar.
● Beim Sinusarrest bzw. der Sinusknotenpause stellt der Sinusknoten
vorübergehend oder dauerhaft seine Funktion ein. Im EKG ist dies
nicht vom SA-Block III° zu unterscheiden.

VHF (Vorhofflimmern) und Vorhofflattern


● VHF: In der Regel im EKG erkennbar durch unregelmäßige
R-R-Abstände, fehlende P-Wellen, eine fehlende Konstanz der
PQ-Zeit sowie keine der o.a. Blockierungen (also keine AV-Blöcke).
Generell soll bei unregelmäßigen Schmalkomplextachykardien mit
Frequenzen von ca. 120 bis 170 bpm in erster Linie an
Vorhofflimmern gedacht werden (Merke: Häufiges ist häufig).
● Grobes VHF bzw. regularisiertes Vorhofflimmern: Eine Sonderform
des Vorhofflimmerns, bei der die P-Wellen in V1, ggf. auch in V2, gut
erkennbar sind, jedoch unregelmäßige RR-Abstände aufweisen.
● Vorhofflattern: Im EKG erkennbar durch ein in der Regel
regelmäßiges (außer bei wechselnder Überleitung)
Sägezahnmuster. Besonders gut sichtbar bei einer 3:1 oder 4:1
Überleitung. Bei einer 2:1 Überleitung ist ein Sägezahnmuster i.d.R.
nicht gut erkennbar (z.B. bei einem Puls von 130 oder 150 bpm).
Daher kann man Adenosin zur Demaskierung in der Diagnostik
einsetzen (Beginn z.B. mit 10-12 mg in Reanimations- und
Intubationsbereitschaft). (Eine Demaskierung ist auch durch einen
sog. Karotis-Druckversuch möglich.)
● Typisches Vorhofflattern: negative Flatterwellen
● Atypisches Vorhofflattern: positive Flatterwellen
Weitere Schmalkomplex-Tachykardien:
● Bei regelmäßigen Schmalkomplextachykardien sollte man auch an
folgende Diagnosen denken: AVNRT (die häufigste SVT nach dem
VHF und Vorhofflattern), AVRT (z.B. WPW), fokale atriale
Tachykardie, Sinustachykardie. (Merke: Immer an
Bedarf-Tachykardie denken, z. B. im akuten Schock oder bei Sepsis)
● AVNRT: Z.B. mit 180 oder 190 bpm, PatientInnen können darunter
beschwerdearm sein, Herzrasen in Ruhe verspüren oder an oft
rezidivierendem Herzrasen in der Vorgeschichte mit spontaner
Konversion leiden. Z.T. kann das Herzrasen auch Stunden anhalten.
o ON-OFF-Phänomen: Sofortiger Beginn und sofortiges Ende
des Herzrasens (Adenosin als Therapeutikum)
● AVRT: Z.B. WPW mit einer typischen Deltawelle und einer sehr
kurzen PQ-Zeit sowie Herzrasen nach Belastung
● Die Delta-Welle ist ein klassisches EKG-Zeichen für das Vorliegen
einer akzessorischen Leitungsbahn. Bei Tachykardien in
Zusammenhang mit einer akzessorischen Bahn sieht man die
Delta-Welle jedoch nicht, sodass man bei V.a. ein WPW ein EKG im
normofrequenten Sinusrhythmus anfertigen muss.
● Atriale Tachykardie (AT): Schmalkomplextachykardie, bei der die
P-Wellen in V1 gut sichtbar sind. Gleichzeitig sieht man eine starre
Frequenz mit regelmäßigen P-P-Abständen und QRS-Komplexe, die
nur nach jeder zweiten P-Welle folgen. Bei einer 2:1 Überleitung
können regelmäßige R-R-Abstände vorliegen. Den QRS-Komplexen
geht jedoch immer eine P-Welle voraus. Eine AT zeigt sich häufig in
den ersten Wochen und Monaten nach einer
Pulmonalvenenisolation des Vorhofflimmerns (PVI) als
Komplikation.

© MEDDEOnline | FSP & KP | Online-Lernplattform | www.meddeonline.de

Das könnte Ihnen auch gefallen