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Widerstandspraktiken, Kreieren des heterologischen Positivs

von Biniam Graffé


Kunsthochschule für Medien Köln

Seminar: Queer Foucault


Dozentin: Isabel Lorey
1. Teil: Widerstandsverständnisse und Machtanalysen

In seiner Analyse des Sexualitätsdispositivs in „der Wille zum Wissen“ schreibt Foucault, es
gäbe Klassensexualitäten. Weil Sexualität „das Ensemble von Auswirkungen ist, die in den
Körpern, den Verhaltensweisen, den gesellschaftlichen Beziehungen durch das Dispositiv einer
komplexen politischen Technologie herbeigeführt werden“1, wirke es in unterschiedlichen
Klassen in unterschiedlichen Effekten. Foucault konzentriert sich in seiner Analyse auf die
bürgerliche Sexualität, da Sexualität selbst in ihrem historischen Ursprung bürgerlich sei.2 In
seiner Analyse argumentiert Foucault gegen die populäre, von verschiedenen feministischen
sowie sexualrevolutionären Theoretikerinnen (z.B. Firestone, Reich) vertretene, von ihm
sogenannte Repressionshypothese, indem er die bürgerliche Sexualität nicht über die
Unterwerfung der Sexualität (einer anderen Klasse) definiert, sondern als die
Selbstaffirmation, Selbstsexualisierung der Eigenen. Den Anfang dieser Selbstsexualisierung
lokalisiert Foucault im 18. Jahrhundert. Er beschreibt diese als eine „Intensivierung des
Körpers, eine Problematisierung der Gesundheit und ihrer Funktionsbedingungen,..., Techniken der
Maximalisierung des Lebens“3 Durch diese Techniken erschaffe sich das Bürgertum einen
„Klassenkörper mit einer eigenen Gesundheit, einer Hygiene, einer Nachkommenschaft, einer
Rasse.“4 Die proletarische Sexualität, wird von Foucault allein über die Abgrenzung zur
bürgerlichen Sexualität definiert, in der die Repressionshypothese ihren Ursprung habe.
Nach der Begründung der Sexualität, sucht das Bürgertum am Ende des 19. Jahrhunderts
„die Eigenart seiner Sexualität gegenüber derjenigen der anderen hervorzuheben und abzusetzen und
eine Grenzlinie zu ziehen, die seinen Körper schützt und absperrt.“5 Im Sinne des eigenen
Schutzes, der eigenen Sauber- und Gesundheit, der Pflege, im ökonomischen Interesse also,
musste dem Proletariat ein Körper und ein Sex zuerkannt werden, den es zu kontrollieren
und beaufsichtigen galt. 6

Wie kann also eine proletarische Sexualität kreiert werden, die produktiv ist und mehr als nur
ein „Nein“ zu den Normen und Spielregeln der Ökonomie? Den Widerständen Reichs
gesteht Foucault zwar ein, „in der Realität beträchtliche Auswirkungen“ gehabt zu haben,
diese seien aber nicht mehr als eine „taktische Verschiebung und Wendung im großen
Sexualitätsdispositiv“. 7 Wenn das Bürgertum einen proletarischen Körper; eine proletarische

1
Foucault, der Wille zum Wissen, Frankfurt 1977, S. 125
2
Vgl. Ebd. S.128
3
Ebd. S.120
4
Ebd. S.122
5
Ebd. S.125
6
Ebd. S.124
7
Ebd. S.128

1
Sexualität, der/die dreckig und potentiell gefährlich ist, kreiert, um sich selbst als Reines,
isoliertes Gesundes zu erhalten, wie ist es dem Proletariat dann möglich, selbst
Kreierungsformen, Selbstaffirmationen zu produzieren? Ist es dem Proletariat umgekehrt
möglich, sich in Abgrenzung an die Sexualität des Bürgertums zu erschaffen und ist dies
Produktion genug? Ist dies die einzige Möglichkeit der Produktion? Wilhelm Reich zeichnet
ein sexuell gehemmtes Bürgertum, dem er ein „genital befreiteres“ Proletariat entgegensetzt:

„In der typischen kleinbürgerlichen Familie nimmt die Beeinflussung des sexuellen Triebapparates
bestimmte, für sie spezifische Formen an, welche die individuelle Disposition für "Ehe- und
Familiensinn" legen. Es wird nämlich die prägenitale Erotik durch Überbetonung der Ess- und
Exkretionsfunktionen fixiert, während die genitale Betätigung restlos unterbunden wird
(Onaniebekämpfung). Die genitale Hemmung und die prägenitale Fixierung bedingen eine
Verschiebung des sexuellen Interesses ins Sadistische, und die sexuelle Wissbegierde des Kindes wird
aktiv unterdrückt. Das gerät in Widerspruch mit der Wohnungslage, der allgemeinen sexuellen
Ungeniertheit der Eltern und mit dem unvermeidlich sexuell betonten Milieu in der Familie. Die
Kinder nehmen ja doch alle Vorgänge wahr, wenn auch verzerrt und mit falschen Auslegungen
durchsetzt. Die ideologische und erzieherische Hemmung des Sexuellen einerseits, das Mitansehen
und Miterleben der intimsten Vorgänge unter den Erwachsenen andererseits setzen im Kinde bereits
die Grundlage zur sexuellen Heuchelei. Das ist etwas gemildert in Industriearbeiterfamilien, wo die
Betonung der Ess- und Verdauungsfunktion weniger stark ist, die genitalen Betätigungen hingegen
stärker besetzt und weniger verboten sind. Die Widersprüche sind daher geringer, die Bahn für die
Genitalität ist freier. Das ist durchwegs bedingt durch die wirtschaftliche Daseinsweise der
Industriearbeiterfamilie. Steigt ein Industriearbeiter wirtschaftlich auf in die Reihen der
Arbeiteraristokratie, so verändert sich dementsprechend auch seine Gesinnung, seine Kinder geraten
unter stärkeren Druck vonseiten der konservativen Moral. Während in der kleinbürgerlichen Familie
die Sexualunterdrückung sich mehr oder minder vollständig durchsetzt, gerät sie im
Industriearbeitermilieu in Widersprüche mit der notwendigerweise geringeren Beaufsichtigung der
Kinder, die sich ja meist selbst überlassen sind.“8

Das Narrativ des triebgesteuerte(re)n, enthemmte(re)n Proletariats, mit dem Reich die
potentielle Freiheit des Proletariats, seine Chancen und seine potentiellen Kräfte, die
kleinbürgerliche Familie als Zelle der kapitalistischen Gesellschaft zu stürzen, begründet,
wirkt anders konnotiert noch heute. „Die Verrohung“9, „die sexuelle Verwahrlosung“10 der
„Unterschicht“11 die in den neuen Medien ausgeschlachtet wird, fußt auf diesem Narrativ

8
Wilhelm Reich, die sexuelle Revolution, Frankfurt 1971, S.90-91
9
Ariane Barth, Verroht unsere Gesellschaft, http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-9133731.html
10
Sexuelle Verwahrlosung von Kindern, https://www.stern.de/panorama/gesellschaft/sexuelle-
verwahrlosung-von-kindern--beim-lesen-wurde-mir-uebel--3360126.html
11
Ariane Barth, Verroht unsere Gesellschaft, http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-9133731.html

2
von dem wie selbstverständlich ausgegangen wird, welches sich mit Fakten und Statistiken,
jedoch nicht bestätigen lässt. Hans Peter Duerr führt dieses Narrativ auf das späte Mittelalter
zurück. Er analysiert unter anderem Texte von Max Weber und Elias, die die Triebhaftigkeit
und Schamlosigkeit von Bauern und Großstadtproletariern schildern, die man nicht als
ethnografische Berichte lesen dürfe, sondern als “Projektionen all dessen, was Adel und
Bürgertum an sich selber verachteten und nicht wahrhaben wollten, auf eine
Bevölkerungsschicht,...“.12 Die Vorstellung von „den rohen gesetzlosen Trieben, die sich nach
aufgelöstem Brand der bürgerlichen Ordnung entfesseln und mit unlenksamer Wut zu ihrer tierischen
Befriedigung eilen“13, seien unbegründete Ideologien und Vorurteile. Das Reich auf eben diese
Ideologien aufbaue, um das Sexualitätsdispositiv als eine verallgemeinerte Unterdrückung zu
interpretieren und darüber Herrschaftsmechanismen angreift, sei nur innerhalb, ja gerade
durch das Sexualitätsdispositiv möglich. Deshalb habe Reich seine politischen
Versprechungen nicht verwirklichen können, deshalb könne man von seiner Kritik keine
Bewegung erwarten, die dieses Dispositiv abtrage.14

Wie lässt sich Widerstand mit Foucault denken, welche Fugen, Spielräume, Pfuhle lassen sich
innerhalb des Machtdispositivs bespielen, beleben, kreieren? Wie wird man handlungsfähig?
Butler fragt mit Foucault strategisch:

„Wie können wir die Machtbeziehungen bearbeiten, die uns bearbeiten, und in welche Richtung?“15

Die Frage stellt sich aus der Problematik der Subjektivierung, wie sich die Handlungsfähigkeit
des Subjekts als Gegensatz zu den Kräften seiner Unterordnung verstehen lässt, wenn diese
Unterordnung die Möglichkeitsbedingung der Handlungsfähigkeit ist16. Dieses scheinbare
Paradoxon dröselt Butler in Bezug zu Foucault im Buch „Die Psyche der Macht“ auf.
Handlungen eines Subjekts können der Normierung entgehen und oppositionell werden,
durch eine Diskontinuität zwischen der Macht als Bedingung der Handlungsfähigkeit zur
„eigenen“ Handlungen des Subjekts. Diese Diskontinuität liege in der Wiederholung der
Macht begründet, von der das Subjekt in seiner Existenz abhänge und dessen Ort es sei. 17

Sofern letztere von ersterem abweichen (Zwecke der Handlungsfähigkeit von Zwecken der
Macht) sei Handlungsfähigkeit die Annahme eines von der Macht unbeabsichtigten

12
Hans Peter Duerr, Die Tatsachen des Lebens, Frankfurt 2002, S.366
13
Friedrich Schiller, Über die ästhetische Erziehung d. Menschen, Stuttgart 2000, S.18-19
14
Vgl. Foucault, der Wille zum Wissen, Frankfurt 1977, S. 128
15
Vgl. Butler, Psyche der Macht, Frankfurt 2001, S.15
16
Vgl. Ebd., S.15
17
Vgl. Ebd. S.17

3
Zweckes, eines Zweckes, der sich nicht logisch oder geschichtlich hätte herleiten lassen, der
in einer Kontingenz- und Umkehrbeziehung zur ihn ermöglichenden Macht wirke, zu der
er aber nichtsdestoweniger gehöre.18

„Die Bedingungen der Macht müssen ständig wiederholt werden, um fortzubestehen, und das
Subjekt ist der Ort dieser Wiederholung, die niemals bloß mechanischer Art ist. Die Erscheinung
der Macht verschiebt sich von der Bedingung des Subjekts hin zu seinen Wirkungen, wobei die
Bedingungen der Macht die Zeitform der Gegenwart und Zukunft annehmen. Die Macht gewinnt
diese Gegenwartsform jedoch durch eine Richtungsumkehr, durch die mit dem Vorhergehenden
gebrochen und der Anschein einer sich selbst einsetzenden Handlungsfähigkeit erzeugt wird. Die
Reiteration der Macht verzeitlicht nicht nur die Bedingungen der Unterordnung, sondern erweist
diese Bedingungen auch als nichtstatisch, als temporalisiert – aktiv und produktiv. Die durch die
Wiederholung erzielte Verzeitlichung bahnt den Weg für die Verschiebung und Umkehr der
Erscheinung der Macht.“19

Diese Umkehrungen und Verschiebungen werden durch einen Machtbegriff denkbar, den
Butler aufbauend auf Foucault, Foucault aufbauend auf Nietzsche formuliert. Nietzsche
denkt die Macht nicht bloß rational, im Sinne einer (physikalischen) Kraft, die sich auf eine
andere bezieht und sich selbst erhalten oder verteidigen will, sondern auch agonal und
dynamisch.20 Eine Selbststeigerung, ein Wachsen-Wollen ist es, was die Macht definiert:

„Ein Machtquantum ist durch die Wirkung, die es übt und der es widersteht, bezeichnet. Es fehlt
die Adiaphorie: die an sich denkbar wäre. Es ist essentiell ein Wille zur Vergewaltigung und sich
gegen Vergewaltigung zu wehren. Nicht Selbsterhaltung: jedes Atom wirkt in das ganze Sein hinaus,
- es ist weggedacht wenn man diese Strahlung von Machtwillen wegdenkt. Deshalb nenne ich es ein
Quantum „Wille zur Macht“: damit ist der Charakter ausgedrückt, der aus der mechanischen
Ordnung nicht weggedacht werden kann, ohne sich selbst wegzudenken.“21

Orientiert an Nietzsches dynamischen, fluiden Machtbegriff formuliert Foucault die These:


„Wo es Macht gibt, gibt es Widerstand“22. Der dynamische, fluide Charakter der Macht
bedinge es, dass Diskurse, Verschiebungen oder Spielräume von Machtverhältnissen nicht
nur ermöglichen, sondern notwendig machen, damit die Macht, wie sie definiert ist,
existiere. Herrschaftszustände blockieren diese Ströme der Macht, indem sie anstatt
veränderlich zu sein und den verschiedenen Mitspielern eine Strategie zu ermöglichen,
erstarren und Bewegung durch politische, ökonomische oder militärische Instrumente

18
Vgl. Ebd. S.20
19
Ebd. S.20-21
20
Tobias N.Klaas, Foucault und der Widerstand, in: Widerstand denken, hg. von Alex Philipps, Bielefeld
2008, S. 152
21
Nietzsche, Der Wille zur Macht, Altenmünster 2012, S.262
22
Foucault, Der Wille zum Wissen, Frankfurt 1977, S.93

4
verhindern.23

Foucault schränkt die Dynamik und Fluidität der Macht durch den Begriff der Herrschaft
ein, die es zu bekämpfen gilt, nicht aus einer moralischen Argumentation (z.B.
Menschenrechte) heraus, sondern um die Dynamik und Fluidität der Macht selbst nicht zu
blockieren. Tobias N. Klass fragt, weshalb man sich dann nach Foucault überhaupt auf die
Seite der Macht und gegen die Herrschaft stellen solle:

„Wenn Macht nicht das allem zugrunde liegende Etwas ist, das ein jedes Ding in seinem Sein erhält
und bewegt, sondern nur ein Name oder ein Analyse-Raster für bestimmte
Wirkungszusammenhänge – wieso sich dann derart anstrengen, dieses bloß als heuristische Fiktion
eingeführte Etwas qua Widerstand am Leben zu halten?“24

Foucault scheint darauf keine Antworten zu haben. Die Dynamik der Macht scheint bei
Foucault ein Axiom zu sein, das selbst keiner Dynamik unterliegt, und nicht weiter
argumentiert werden muss. Was geschähe, wenn die Macht, die Dynamik der Macht,
Foucaults Regeln der Macht selbst unterläge? N. Klass eröffnet in Bezug auf Derrida einen
„Raum jenseits des Machtprinzips“:

„Ein solcher Raum freilich käme erst durch eine konsequente Auto-Dekonstruktion des
Focaultschen Machtbegriffes in den Blick, durch die auch die Macht sich als etwas erwiese, das
nicht nur denkbar ist als ein in sich geschlossenes Netz sich aufeinander beziehender und dabei klar
voneinander abgrenzender Partikel, Partikel zumal, die immer Teil eines Drinnen sind, in klarer
Entgegensetzung zu einem an sich unfassbaren Draußen. Stattdessen würde diese
Autodekonstruktion erweisen, dass es bereits in der Macht ein Jenseits der Macht gibt, das nicht
einfach ein Außerhalb ist und damit ein ganz Anderes, sondern ein Moment der Machtferne in der
Macht selbst. Dies zu zeigen vermag besagte Autodekonstruktion vor allem dadurch, dass sie die
klare Relationalität von Macht und Gegen-Macht in Frage stellen würde, weil sie die Vorstellung
von eindeutig fassbaren und sich dadurch ebenso eindeutig einander entgegensetzender Entitäten
unterlaufen und dadurch auflösen würde.“25

Von Butlers strategischer, durchaus politischer Frage, wie und in welche Richtung wir
Machtbeziehungen bearbeiten können, sind wir zu einer Machtanalyse, zum Kreieren neuer
Auffassungen von Macht, also auch Verständnissen von Widerstand gekommen. In welcher
Hinsicht sind Foucaults Verständniskonstrukte notwendig oder sinnvoll um Widerstand
aktiv zu praktizieren? In welcher Hinsicht sind sie politisch und wie definiert Foucault
Politik? Inwiefern ist es produktiv, Macht mit Foucault zu denken und zu verstehen?

23
Vgl. Foucault, Die Ethik der Sorge um sich als Praxis der Freiheit., In: ders. Schriften Band IV S. 165-
198
24
Tobias N.Klaas, Foucault und der Widerstand, in: Widerstand denken, hg. von Alex Philipps, Bielefeld
2008, S. 162
25
Ebd., S. 165-166

5
Schafft Foucaults Umstrukturierung aus dem Denken heraus neue Frei-, bzw. Spielräume
und Handlungsmöglichkeiten für Widerständlerinnen oder hemmt es sie sogar, verwirrt,
verwöhnt? Aus Foucaults politischem Aktivismus und Biographie wage ich anzunehmen,
dass Ersteres ihm entspricht. Für Foucault ist gerade das politisch: das politische Denken
umzuwälzen, immer wieder neu zu denken, sich den politischen Institutionen und Ritualen
zu entziehen um umso radikaler handeln zu können. Foucaults Begriff des Politischen
schließt das Private, das Subjekt und die Subjektivierung, das Verhältnis zu sich selbst nicht
nur mit ein, sondern legt seinen Fokus darauf, wie Ulrich Brieler in seiner Analyse des
Politikverständnisses bei Foucault deutlich macht:

„Nur legt er (Foucault) nach 1976 den Akzent seiner Untersuchungen in immer stärkerem Maße auf
das Subjekt politischer Aktionen. Er skizziert das Problem, ob sich nicht jede Politik die Frage nach
der bewussten Veränderung der Akteure in und durch die politische Praxis stellen muss. (…) Foucault
'träumt' von einer Politik als einer Praxis der Aktivierung subjektbildender Kräfte im Individuum.“26

Widerständige Handlungen der Subjekte und neue Seinsformen, die sich Obrigkeiten
entziehen, Selbstkreationen und dem System verborgene Neuerfindungen sind wichtig, stark
und machtvoll, da sie auch andere ermutigen, aber leider sind sie nur den Wenigsten
ermöglicht und an Privilegien geknüpft. Um subversives Denken zu entwickeln und Macht,-
und Freiheitsbegriffe zu reflektieren, aus denen Handlungen sprießen können/sollen, ist der
Zugang zu 'Mitteln' nötig. Ob diese Mittel durch, der Institutionen sich entziehende Subjekte,
ermöglicht werden, ist in Frage zu stellen.
Schafft eine „Freiheit im Denken“, die Foucault propagiert, ein Denken, das sich der
Foucault zu rigiden Parteimoral entzieht, schafft diese Freiheit im Denken neue politische
Handlungsformen, die zu einem freieren, privilegierteren Leben führen und wenn ja, welche
Voraussetzungen, welchen Zugang zu Mitteln, welche hierarchische Stufe in der Gesellschaft
braucht man, um diese Freiheit im Denken kreieren zu können? Oder ist es gar umgekehrt,
dass eine Freiheit im Denken und Handeln gerade durch eine soziale Benachteiligung, eine
psychische Krankheit, einen Körper, der sich den Normen entzieht, entstehen kann, wie
Bataille in seinen Schriften über Heterologie/ Skatologie andeutet und Subversivität im
Dreckigsein erblickt.27
Wenn Foucault sagt, jeder solle aus seinem Leben ein Kunstwerk machen28, dann muss man
eine Welt erschaffen, bzw. sie so transformieren, in der es jeder Person ermöglicht ist, das
Leben zu einem Kunstwerk zu machen. Ich möchte keineswegs den, die Institutionen

26
Ulrich Brieler, Foucault und 1968, in: Widerstand denken, hg. von Alex Philipps, Bielefeld 2008, S.
162
27
Vgl. Bataille, Die psychologische Struktur des Faschismus, Berlin 1977, S.17-20
28
Vgl. Michel Foucault, Zur Genealogie der Ethik, in: Ästhetik der Existenz, hg, Daniel Defert/Francois
Ewald, Frankfurt 2015, S.201

6
subversivierenden Subjektivierungsprozessen oder deren Subjekten, die Power oder das
Recht auf Glück, Selbstverwirklichung oder Existenz absprechen, aber wie wäre es, wenn
solche Subjektivierungsprozesse für jeden möglich wären? Ist es ein unauflösbarer
Widerspruch, sich unsichtbar zu machen und Welten in/aus dieser Unsichtbarkeit zu kreieren
und dennoch als Unsichtbares Einfluss auf politische Realitäten zu nehmen, um diese
Kreationen zu ermöglichen? Darüber hinaus lassen sich subversive Ideen, geschaffene
Spielräume, Emotionen und Intelligenzen für die Gouvermentalität verwerten und nutzbar,
zum Produkt machen. So werden hart erkämpfte Freiheiten aufgesogen und sublimiert:

„Das Sprechen für sich selbst, das nicht nur Deleuze als eine Errungenschaft des Denkens von '68
ausmacht, erwies sich im Nachhinein als keineswegs inkompatibel mit der Optimierung von
Herrschaftsverhältnissen. Gerade die subversiven Verhaltensformen der 1960er und 1970er Jahre mit
ihren zentralen Elementen möglichst großer sozialer und ökonomischer Ungebundenheit, kollektiver
und horizontal strukturierter Lebensformen und dem Lob der Kreativität sowie der liberalistischen
individuellen „Freiheit“ konnten in den Feldzug eingepasst werden, den der Neoliberalismus den
Kollektivismen des 20. Jahrhunderts angesagt hatte. (...) Gerade weil zwar viele der individuellen
Verhaltensweisen, die vor vierzig Jahren noch als subversiv galten, heute zu den Imperativen einer
flexibilisierten Ökonomie geworden sind, es aber zu den zentralen Inhalten des diskursiven oder
ideologischen Modells des Neoliberalismus gehört, Kollektivität zu verhindern und zu vernichten,
scheint diese als Kriterium für 'Gegen-Verhalten' entscheidend zu sein.29

Gibt es eine Möglichkeit dieser Sublimierung zu entkommen?

Im Folgenden werde ich die Geheimgesellschaft Acéphale und deren Vorläufer das „Collège
de Sociologie“ und „Contre-Attaque“ um Georges Bataille vorstellen und diese hinsichtlich
des Verständnisses und der Praktik von Widerstand untersuchen und inwiefern sie politisch
zu verstehen sind.

29
Jens Kastner, Gegen-Verhalten im Neoliberalismus, in: Widerstand denken, hg. von Alex Philipps,
Bielefeld 2008, S. 162

7
2. Teil : Acéphale, Collège de Sociologie, Contre-Attaque

In « L’apprenti sorcier » kategorisiert Bataille die Menschen in vier Existenzformen: die


wissenschaftliche, die künstlerische, die politische und die mythologische Existenz. Weil der
wissenschaftliche Mensch auf der Suche nach Wahrheit die elementaren Bereiche der
Existenz vernachlässige und dadurch nur Teilbereiche bzw. Phänomene erkenne ohne
Erfahrungen zu machen; weil der künstlerische Mensch aufgrund seines Idealismus und
seinen Fiktionen an der gesellschaftlichen Realität scheitere, da er keinen Einfluss auf die
materiellen Voraussetzungen nehme, die diese bilden und weil der politische Mensch von
dieser gesellschaftlich-materiellen Realität abhängig sei, um diese zu verändern,
beispielsweise Verbote brauche, um diese zu überschreiten, seien diese drei Existenzformen
unfähig, ihre eigene Existenz zu vervollkommnen. Allein die mythologische Existenzform
sei eine vollständige, da der Mythos als Form des Sakralen, die Gesellschaft kraft kollektiver
Erregung, verausgabender Überschreitung und affektiver Erfahrungen begründe, sich aber
wiederrum nicht auf seine sozialen Funktionen reduzieren lasse.30
Das Collège de Sociologie untersucht solch eine Existenzform und etabliert eine
Sakralsoziologie, die kollektive Erfahrungen, Rituale sowie Spiele der modernen Gesellschaft
untersuchen und Möglichkeiten neuer Gemeinschaften, die den rationalistischen und
utilitaristischen Aspekten moderner Gesellschaft entgegengesetzt sind, erforschen und
kreieren soll. Die Geheimgesellschaft Acéphale probierte diese Möglichkeiten aktiv aus.
Die Gesellschaft Ende der 20er Jahre war nach Ansicht der Mitglieder des Collège zersetzt
durch Individualisierung, wodurch Menschen unfähig waren, zusammenzukommen, um
aktiv handlungsfähig zu werden, was sie besonders anfällig für Ideologien machte. Das
Collège propagierte eine Politik der Stärke und Gewalt fundiert auf soziologischen
Handlungswissen. Roger Caillois, Mitbegründer des Collège schrieb 1969 im Vorwort von
„Der Mensch und das Heilige“ es war sein Ziel gewesen „leidenschaftliches Wissen in einen
allmächtigen Hebel zur Umwälzung der gesellschaftlichen Verhältnisse transformieren.“31
Der Handlungs- und Widerstandsraum in dem agiert wird, ist das Heterologische bzw. das
heterologische Andere, das in der modernen Gesellschaft ausgeschlossen werde und welches
interveniert werden müsse, nicht nur in der Theorie, sondern durch Praktiken, wie sie der
Geheimbund Acéphale erprobt.

30
Vgl. Stephan Moebius, Die Zauberlehrlinge, Köln 2018, S.160-163
31
Caillios, Der Mensch und das Heilige, München 1988 S.7

8
Heterologie

In seinem Buch „Die psychologische Struktur


des Faschismus“ definiert und propagiert
Bataille diese Heterologie synonym auch
Skatologie (griechisch σκατός skatos, Genitiv
von σκῶρ „Kot, Mist“) als Gesellschaftsform
und setzt sie dem Homogenen gegenüber, das
das hervorstechendste Merkmal der modernen
Gesellschaft sei.32 Bataille definiert das
Heterogene als alles was durch „unproduktive
Verausgabung“ hervorgebracht wird:
Coil – Scatology Album Cover, inspired by Man Ray’s
Monument to Sade

„man könnte auch sagen: alles was die homogene Welt von sich abstößt, sei es als Abfall, sei es als
höheren transzendenten Wert. Es sind dies die Ausscheidungen des menschlichen Körpers oder
analoge Stoffe (Abfall, Gewürm etc.); Körperteile, Personen, Worte oder Handlungen, die einen
ansteckenden erotischen Wert haben, diverse unbewusste Prozesse wie Träume und Neurosen; die
zahlreichen sozialen Elemente oder Formen, die von der homogenen Seite nicht assimiliert werden
können: die Masse, das Militär, bestehend aus Aristokraten und Lumpenproletariern, alle Arten von
gewalttätigen oder renitenten Individuen (Verrückte, Aufrührer, Dichter etc.)“33

Die Nicht-Assimilierbarkeit des Heterologischen und dessen subversive Kraft, die Gesetze
der sozialen Homogenität zu brechen, welches nur durch Ausschluss dessen bestehen kann,
infolge also porös ist, faszinierten Bataille und bildeten die theoretische Grundlage seines
Aktivismus in Contre-Attaque, dem Collège de Sociologie sowie Acéphale. Interessant ist
hier besonders, dass Bataille zu dieser Nicht-Assimilierbarkeit auch die „niedersten sozialen
Schichten (das Lumpenproletariat), die einen allgemeinen Abscheu hervorrufen und die von der
Gesamtheit unmöglich assimiliert werden können, als heterogen beschrieben werden.“34 zählt. Man
könnte Bataille hier eine romantisierte Verzerrung unterstellen, wenn man an Hans Peter
Duerrs Schrift zum Proletariat als Projektionsfläche denkt. Cozey Fanny Tutti,
Mitbegründerin der Gruppe „COUM“, die für spätere Untersuchungen wichtig sein wird,
beschreibt in einem Interview mit Paul Clinton über Feminismus, Identitätspolitik und Kunst
ähnliche Problematiken, die zu Konflikten innerhalb der Gruppe, insbesondere mit ihrer
Freundin Genesis P-Orridge führten:

32
Vgl. Bataille, Die psychologische Struktur des Faschismus, München 1977, S.10
33
Ebd. S.17
34
Ebd. S.19

9
„He was a day boy [someone who attends private school each day but lives at home] so still, they had
that middle class education that gives a sense of entitlement over and above the working classes.
There’s a tendency for people like that to look on the working class as a source of material: they are
access to real life and real art and that annoys the fuck out of me.”35
Probleme dieser Art zeigten sich auch, bei der von Bataille Anfang der 30er ins Leben
gerufenen Politgruppe „Contre-Attaque“, die zu einem Gegenangriff gegen, den sich in
Europa ausbreitenden Faschismus, aufriefen und dabei auch Gewaltanwendung sowie
Nutzung faschistischer Mittel wie bspw. Massenfanatisierung für links-revolutionäre Zwecke
zu beanspruchen erwägten.

„Neben der Überwindung der bürgerlichen und linksbürgerlichen Mentalitäten ging es „Contre-
Attaque“ auch um den Kontakt mit den Arbeitern. Vor allem an diesem Anspruch scheiterte die
Gruppe völlig. Die Anhänger von Contre-Attaque sahen sich zugehörig der ausgebeuteten Klasse
allein aufgrund ihres subjektiven Bewusstseins, unabhängig von ihrer sozialen Lage. Robert S. Short
schreibt aus diesem Grund mit Bezug auf die Surrealisten: »Von den ökonomischen Wirkungen der
Revolution und der Beseitigung sozialer Ungerechtigkeiten waren die Surrealisten weniger berührt.
Ihnen galt die Erschütterung über die Anmaßung und Dummheit der herrschenden Klassen viel
mehr als das Leiden der ausgebeuteten Opfer. Die Idee der sozialen Ungerechtigkeit empörte sie
weitaus stärke als ihre Auswirkungen. « Es zeigen sich bei Contre-Attaque allgemein gesagt die
problematischen sozialen Beziehungen der bohemenhaften linken Intellektuellen zu der
Arbeiterklasse, auf die sie sich berufen.36

weiter:

„Wie auch immer ihre realen Bezüge zu den Arbeitern zu bewerten sind, den Mitgliedern von
„Contre-Attaque“ selbst aus bürgerlichen Häusern stammend, ging es weniger darum, den Arbeitern
materielle Verbesserungen zu verschaffen, als vielmehr den Arbeitern „symbolisches
Kapital“(Bordieu) und –in einer sehr elitären und keineswegs antibürgerlichen Attitüde – Stolz und
Würde zurückzugeben.“37

Weitere Probleme ergeben sich, wenn man die von Bataille beschriebene
Inkommensurabilität und Nicht-Assimilirbarkeit des Heterologischen als Basis oder Anreiz
für Ideen zur Gründung aktueller Politgruppen oder widerständiger Handlungsspielräume
nehmen möchte, da im neoliberalen Kontext des 21. Jahrhunderts andere Objekte, mehr
Objekte, assimilirbar und verwertbar erscheinen und Batailles Aufteilung in nutzbar-

35
Paul Clinton, Time to Tell, http://fannypaulclinton.com/time%20to%20tell.html
36
Stephan Moebius, Die Zauberlehrlinge, Köln 2018, S.248
37
Ebd., S.252

10
homogen und nutzlos bzw. nur sich selbst nutzend-heterogen nicht realitätsnah scheint, da
die Definition von dem, was nutzbar ist, schon ein kulturell konstruiertes Nutzbares ist,
welches eng mit Wertigkeit und Status verknüpft ist und welches sich in Bezug auf die
Bedürfnisse, Lebensstile und Prioritäten der Menschen immer wieder neu kalibriert, wie auch
diese durch die als nutzbar und wertvoll definierten Tätigkeiten und Seinsweisen sich
verändern. Eine ähnliche Problematik skizziert Ulrich Brieler in Bezug auf Foucaults
Subjektbegriff:

„Heute auf ein ideales Subjekt zu setzen, dessen Autonomie längst zu einer betriebswirtschaftlichen
Größe geworden ist, entspringt vorkritischem Denken. Auf allen Märkten wimmelt es von
Anrufungen an das Subjekt, innovativ, kreativ, autonom zu sein. Jede Werbung strotzt von aktiven,
smarten, selbstbewussten Pseudo-Subjekten. Allerorten kreischt es uns an, man selbst zu werden, zu
jeder Veränderung bereit zu sein, in ständiger Habachthaltung zu leben. Letztlich: Jede Zumutung
kopfnickend anzunehmen. Diese neoliberale Dynamik der Subjektivierung gilt es zu verstehen, um
heutiger Herrschaft und Hegemonie, die sich elementar der Kräfte der Subjektivität bedienen, geistig
gewachsen zu sein.“38

Auch sakrale Dinge, emotionale zwischenmenschliche Werte und sogar Ekstasen, die nach
Bataille heterologisch und nur für sich selbst nutzbar sind, entstehen im materiellen Raum
und können im 21. Jahrhundert direkt oder indirekt materiell vergütet werden. Und selbst
wenn ihre praktische, also nicht ideelle Existenz möglich wäre, was geschähe mit den sich
entziehenden (nicht-)Identitäten, die Bataille in der Heterologie, in der Unproduktiven
Verausgabung, allgemeinen Ökonomie und der Überschreitung ersehnt, wenn sie im
Neoliberalismus aktiv würden? Sind sie so unbrauchbar für die neokapitalistischen
Herrschaftsformen oder lassen sich nicht aus den subversivsten, dreckigsten, perversesten,
ungefiltertsten Energien, Werte oder Kräfte filtern, die das Rad der Gesellschaft weiterollen
lassen und diese dabei noch durch die allerorts geforderte Flexibilität modernisieren. Weil
solche Energien keinen klaren Ankerpunkt in der Gesellschaft haben, ungeordnet,
undefiniert, neu und in solcher Form nie dagewesen sind, sind sie nicht nur subversiv
mächtig, sondern lassen sich andererseits auch leichter ausbeuten. Deshalb muss man nach
Bataille die soziale Heterogenität, die zunächst ein Negativ des Homogenen ist, positiv
bestimmen bzw. kreieren und im Kollektiv Praktiken auszuprobieren.

38
Ulrich Brieler, Foucault und 1968, in: Widerstand denken, hg. von Alex Philipps, Bielefeld 2008, S.34

11
Acéphale: Ideale, Philosophie

Nach den Studien des College de Sociologie zum sozialen Sakralen und Heterologischen
gründete sich Acéphale um mithilfe eines gemeinsamen Mythos: dem kopflosen Gott
Akephalos, sowie mithilfe von Regeln, Ritualen und Selbstverlust, eine religiöse
Verbundenheit zu schaffen und sich von der profanen Welt abzugrenzen. Neue, intensivere
(Selbst-)Erfahrungen und praktizierte „starke Kommunikation“ oder „tiefe
Kommunikation“, die im Gegensatz zur idealen und rationalen Kommunikation deren
unbewussten Aspekt in den Vordergrund rückt und die sich nicht zwischen Identitäten
ereignet sondern diese erst konstituiert, sollten das positive Heterologische als religiöse
Gemeinschaft konstruieren.39 Entgegen marxistischer, sozialistischer Revolutionswünsche
und Gemeinschaftsvorstellungen, die in der damaligen (radikalen) Linken am populärsten
waren, und enttäuscht davon, hatten die Mitglieder von Acéphale eine nietzeanische
Gemeinschaftsform im Sinn:

„Nietzsches Lehre arbeitet den Glauben der Sekte oder des Ordens heraus, deren Wille zur
Herrschaft das menschliche Geschick frei machen wird, indem er es sowohl der rationalen
Unterwerfung unter die Produktion wie der irrationalen Unterwerfung unter die Vergangenheit
entreißt“.40

weiter

„Die einzig lebens- und kraftvolle Gesellschaft, die einzig freie Gesellschaft ist die bi- oder
polyzephale Gesellschaft, die den grundlegenden Antagonismen des Lebens einen beständigen
explosiven Ausgang ermöglicht, der jedoch auf die reichsten Formen begrenzt ist. Die Zweiheit oder
Vielheit der Köpfe tendiert dahin, in ein und derselben Bewegung den azephalen Charakter der
Existenz zu realisieren, denn das Prinzip des Kopfes als solches ist eine Reduktion auf die Einheit,
die Reaktion der Welt auf Gott“.41

Die neue Lebensgemeinschaft, die das „trizephale Monster (Christentum, Sozialismus,


Faschismus)“42 zum Feindbild nahm, betrachtete sich zwar als nicht politisch aber unternahm
sozusagen eine praktizierte Aufhebung (im Hegelschen Sinne) der Politik ins Religiöse, eine

39
Bataille, Die innere Erfahrung, München 1953, S.42
40
Bataille, Wiedergutmachung an Nietzsche, München 1999, S.168
41
Ebd. S.174-175
42
Bataille, The Tricephalous Monster, in: The Sacred Conspiracy, hg. von Marina Galletti, Atlas Press
2018, S.368-370

12
Sakralisierung der Politik, sodass religiöses Leben und Politik keine Gegensätze seien. 43
Religiös will hier nicht begriffen werden als Frömmigkeit, sondern als die Bereitschaft sich
von einer höheren Macht überschwemmen zu lassen, die nicht rationell erklärt werden muss,
im Sinne einer Beziehung zum Anderen, einer Ekstase, einem Handlungsspielraum
außerhalb gegebener politischer Regeln und Normen, wodurch ein starker Zusammenhalt
entsteht. Im Gegensatz jedoch zum Faschismus, der ebenfalls aus Ekstatischem speist und
aus ihm einen festen, machtvollen Zusammenhalt schafft, ist eine solche Gesellschaftsform
für sich selbst genug und verfolgt keinen weiteren Zweck. Sie ist zukunftsorientiert, während
der Faschismus auf Vergangenem aufbaut:

„DER KRITISCHEN PHASE DER ZERSETZUNG EINER ZIVILISATION


FOLGT REGELMÄSSIG EINE WIEDERZUSAMMENSETZUNG; DIE SICH
IN ZWEI UNTERSCHIEDLICHEN RICHTUNGEN ENTWICKELT DER
WIEDERHERSTELLUNG DER RELIGIÖSEN ELEMENTE DER ZIVILEN
UND MILITÄRISCHEN SOUVERÄNITÄT, DIE DIE EXISTENZ AN DIE
VERGANGENHEIT KETTEN, FOLGT ODER IST GEPAART DIE GEBURT
FREIER UND BEFFREIENDER HEILIGER GESTALTEN UND MYTHEN,
DIE DAS LEBEN ERNEUERN UND AUS IHM DAS MACHEN, WASSICH
IN DER ZUKUNFT ABSPIELT, WAS ALLEIN EINER ZUKUNFT ANGEHÖRT.“44

Caillois, der zwar nicht Mitglied des Geheimbundes war, aber in der gleichnamigen
Zeitschrift Artikel publizierte, analysierte dionysische Tugenden als Vorbild für Kollektivität
in der 3/4 Ausgabe. Der Zusammenhalt der Dionysen lag begründet in kollektiven
Rauscherlebnissen, die, während individueller Rausch isoliere, heterologisch verbinden.45 Wie
die Mitglieder diese Formen des kollektiven Rausches oder der Bildung des heterologischen
Positivs praktiziert und kreiert haben, werde ich beschreiben, nachdem ich auf die Theorie
der unproduktiven Verausgabung eingegangen bin, die Bataille in „Der Begriff der
Verausgabung“ entwickelt hat:

Unproduktive Verausgabung

Nach Bataille liegt der Motor, aus dem sich eine Gesellschaft entwickelt, nicht hauptsächlich

43
Vgl. Moebius, Die Zauberlehrlinge, Köln 2018, S.254
44
Bataille, Wiedergutmachung an Nietzsche, München 1999, S.192
45
Caillois, Dionysian Virtues, in: The Sacred Conspiracy, hg. von Marina Galletti, Atlas Press 2018,
S.193

13
in der produktiven Energie, die die Gesellschaft bereichert (beschränkte Ökonomie),
sondern in der überschüssigen Energie, die allein zum Selbstzweck genutzt (allgemeine
Ökonomie) also praktisch verschwendet wird, es entsteht also ein Verlust an Energie. Durch
diesen Verlust oder auch Opferung (Jesus Christus) entsteht das Sakrale, was paradox ist, da
also in der so genannten Energieverschwendung, doch etwas entsteht. Im Gegensatz zu
produktiven Energien, entstehen aber keine Güter, die der Lebenserhaltung dienen, sondern
vielmehr soziale Energien, die schwieriger zu verstehen sind.46 Als Beispiel und Vorbild
solcher Energien, bezieht sich Bataille auf Mauss‘ Beschreibungen des „Potlatsch“ in „Essai
sur le Don“, einer archaischen Tauschform amerikanischer Einwohner im 19. Jahrhundert.
Im Gegensatz zum Tauschhandel, geht es beim Potlatsch nicht um Erwerb von Gütern
sondern um größtmögliche Geschenke oder Verschwendungen, aber auch Zerstörungen von
Reichtümern, die allein dem Eindruck und Gewinn an Prestige und Ruhm dienen.47
„Das Geschenk muss als, und damit als partielle Zerstörung angesehen werden, wobei die
Zerstörungslust zum Teil auf den Beschenkten übertragen. wird.“48
In der heutigen Gesellschaft seien die großen freiwilligen sozialen Formen der Verausgabung
verschwunden. Verschwendungen fänden nur noch im Verborgenen statt:
„Sie (die Bourgeoise) hat sich von der Aristokratie dadurch abgesetzt, daß sie beschlossen hat, nur
für sich zu verschwenden, innerhalb der eigenen Klasse, d.h. indem sie ihre eigenen Ausgaben vor
den Augen der anderen Klassen soweit wie möglich verbirgt.“49
Die bedingungslose Verausgabung innerhalb der allgemeinen Ökonomie dürfe sich jedoch
nicht allein auf sich selbst bzw. die eigene Klasse beziehen, sondern die ganze Gesellschaft
umfassen. Deshalb bedürfe es einer revolutionären Arbeiterbewegung, die einen Impuls
liefert, der die Gesellschaft zwänge, eine solche sakrale Form der Verausgabung zu schaffen.
Lege das Privileg der Verschwendung bei nur einer Klasse, bräche die Gesellschaft
zusammen, da der Arbeiter seine Individualität verliere, während es auf der anderen Seite im
Konsumverhalten der Reichen einen Kult des Individuums gebe, wie es in der Moderne der
Fall sei.50
Das Problematische am Begriff der Verschwendung, dass ich auch schon in Bezug auf die
Einteilung in nützlich/nicht-nützlich angemerkt habe, ist, dass sie in der neoliberalen Realität
unwirksam ist, da beispielsweise Prestige auch ein Wert ist, der, wenn zwar nicht direkt als
materiell definiert, materielle Auswirkungen hat.
Diese Ambiguität des Potlatschs bearbeitet Bataille in „der verfemte Teil“:

46
Vgl. Georges Bataille, Die Aufhebung der Ökonomie, München 1985, S.12-16
47
Vgl. Ebd. S.17-20
48
Ebd. S.19
49
Ebd. S.23
50
Ebd. S.20-29

14
„Der Rang, bei dem der Verlust in Erwerb verwandelt wird, entspricht der Verstandestätigkeit, die
die Gegenstände des Denkens auf Dinge reduziert. Der Widerspruch des Potlatschs offenbart sich
nämlich nicht nur in der ganzen Geschichte, sondern auch und noch deutlicher, in den
Denkvorgängen. Ganz allgemein suchen wir im Opfer oder im Potlatsch, in der Aktion (in der
Geschichte) oder in der Kontemplation (im Denken) immer jenen Schatten – den wir per
definitionem nicht greifen können -, den wir hilflos Poesie, Tiefe oder Intimität der Leidenschaft
nennen. Wir werden zwangsläufig enttäuscht, weil wir diesen Schatten greifen wollen.“51

Die Grenze der Überschreitung besteht darin, dass die Verausgabungen immer wieder in den
vorhandenen rationalen und nützlichen Systemen sublimiert werden und ihnen damit einen
Nutzen zusprechen. Um diesem Paradoxon einen Lösungsansatz entgegenzubringen
verweise ich hier auf die Theorie der Dekonstruktion von Derrida, auf die hier einzugehen,
zu weit ausufern würde.

Acéphale: Praxis, Rituale

Das Initiationsritual, das in einer Nachtwanderung bei Neumond zu einer alten vom Blitz
getroffenen Eiche bestand, beschreibt Waldberg im ‚Acéphalogram‘:

“PATRICK WALDBERG Extract from Acéphalogram

As soon as I arrived in Paris I was taken by Bataille up to the balcony of the building
where he was living, at 76 bis rue de Rennes. It was dusk. He turned me to face the east, in other
words towards the night, and made me take an oath of silence. The initiation I was to undergo was
due to take place a few days later. Tb this end he gave me a timetable and the drawing of a map. On
the appointed date, the night of the new moon, I was told to take the train from Saint-Lazare station
to Saint-Nom-la-Bretéche. If in the course of the journey I happened to come across any people I
knew, I was advised to ignore them, just as, after we got of the train and while we were following the
path through the forest, f the same people were also on that path our instructions were to keep our
distance and remain silent. The long silent walk along sunken paths, steeped in the damp smell of
the trees, took us in pitch darkness to the foot of an oak that had been struck by lightning, on the
edge of an étoile, where soon enough there gathered a dozen still and silent shadows. After a short
while someone lit a torch. Bataille, standing at the foot of the tree, took an enamelled dish out of a
bag and put a few pieces of sulphur on it, which he then set alight/ls the blue flame sputtered, smoke
rose up and wafted towards us in suffocating gusts. The person holding the torch came and stood on

51
Ebd. S.106

15
my right as one of the other qfi’iciants walked towards me, face on. He was holding a dagger identical
to the one brandished by the headless man in the effigy of Acéphale. Bataille took my left hand and
rolled my jacket and shirt sleeves up to the elbow. The person holding the dagger pressed its tip into
my forearm and made a cut several centimetres long, although I did not feel the slightest pain. The
scar is still visible today. Someone then tied a handkerchief around the wound, my shirt and jacket
sleeves were rolled back down again and the torch was put out. Another moment passed, which
seemed long to me, and during which, still in complete silence, we stood around the tree, nervous yet
impassive, with ourfaces softly illuminated in the blue sulphurous light. Then someone gave the signal
to leave and we set qfir in the ever-darkening night, in single file and at some distance from one
another, not towards Saint-Nom-la-Bretéche this time but in the direction of Saint- Germain—en-
Laye. As on the outward journey, the instructions made it very clear that it was forbidden on the train
back to Paris to exchange even the least sign of recognition. The encounters at the foot of the tree
struck by lightning took place every month on the night of the new moon, come wind or rain. The
‘communional unity’ we thus achieved led by implication to the establishment of new rules for living.
Time was divided into periods of tension and periods of licence. During the former, members of
the community were required to observe silence and a certain ascesis and had to avoid even seeing
one another unless it was absolutely necessary. By contrast, during the periods of licence every excess
was sanctioned, including those that involved promiscuity.”52

Beschriebene Wanderungen wurden jeden Vollmond wiederholt. Durch das vorgeschriebene


Schweigen sollte eine kommunielle Einheit erreicht werden. Die Zeit der Mitglieder war
eingeteilt in Perioden der Askese, des Schweigens und den Verzicht, in der die Mitglieder sich
nicht besuchen oder schreiben durften und in Perioden der Zügellosigkeit, in der Exzesse,
Orgien und ähnliches praktiziert wurden.
Eine weitere Praxis, die den Boden der Gemeinschaft bildete, war das gemeinsame
Geheimnis. Es durfte über die Praktiken und die Zugehörigkeit der Gruppe mit niemandem
gesprochen werden, um sich so gegenseitiges Vertrauen zu sichern.
Ein anderer Aspekt war die „Todesfreude“.

„Die Todesfreude bedeutet, daß das Leben von seiner Wurzel bis zu seinem Gipfel gefeiert werden
kann. Sie nimmt all dem seinen Sinn, was ein intellektuelles oder moralisches Jenseits, was Substanz,
Gott, unwandelbare Ordnung oder Heil ist. Sie ist eine Apotheose des Vergänglichen, eine Apotheose
des Fleisches und des Alkohols ebenso wie der Trancen der Mystik“53

Wie genau das Konzept der Todesfreude praktiziert wurde, dazu konnte ich in den

52
Patrick Waldberg, Extract from Acéphalogram(1), in: The Sacred Conspiracy, hg. von Marina Galletti,
Atlas Press 2018, S.330-331
53
Bataille, „Die Einübung der Todesfreude“, Der Pfahl I, München, S.237-245

16
Unterlagen zu Acéphale nichts Konkretes finden, außer die bereits beschriebenen
gemeinsamen Sex, Ekstase- und dionysischen Rauscherlebnissen.
Im Grunde genommen ging es bei Acéphale darum, die Philosophie Nietzsches der Ekstase,
in die Tat umzusetzen. Eine, von Bataille veröffentlichte Schrift, die die Prinzipien von
Acéphale beschreibt, verdeutlicht diese Intention:

“1. CHANCE
against the mass
2. COMMUNIONAL UNITY
against the impostures of the individual
3. AN ELECTIVE COMMUNITY
against all communities based on blood, land or business interests.
4. THE RELIGIOUS POWER OF THE TRAGIC GIFT OF THE SELF
against military power based on avarice and coercion
5. THE UNCERTAIN FUTURE, DESTROYER OF LIMITS,
against the desire for fixity in the past
6. THE TRACIC TRANSCRESSOR OF THE LAW
against the humble victims
7. THE INEXORABLE CRUELTY OF NATURE
against the debasing image of a pleasant god
8. FREE AND LIMITLESS LAUGHTER
against all reasonable explanations of an absurd universe
9. THE ‘LOVE OF DESTINY’, EVEN THE HARSHEST
against the resignations of pessimism or anguish
10. THE ABSENCE OF GROUNDAND ALL FOUNDATIONS
against the appearance of stability
11._JOY IN THE FACE OF DEATH
against allforms of immortality.“54

Auch wenn Acéphale sich selbst nicht als politische, sondern als religiöse Gruppe verstand,
kann man sagen, dass sie eine gewisse Politikstrategie, enttäuscht von den derzeitigen
politischen Milieus, kreierten, die sich außerhalb derer Regeln abspielte und diese dadurch
aufheben sollte. Ihr politisches Verständnis erinnert an das Foucaults, der sich selbst an
Nietzsche und Bataille orientierte. Auch Foucault ist enttäuscht von rigider Parteimoral. Erst
durch eine Umstrukturierung und Neuerfindung des Denkens und daraus resultierender

54
Bataille, Sessional Meeting of 29 September 1938, in: The Sacred Conspiracy, hg. von Marina Galletti,
Atlas Press 2018, S.331-332

17
Verwerfung gegebener politischer Kategorien, könne sich eine subversive, wenn man mit
Bataille spricht, heterologische (Gegen-)kraft entwickeln. Ähnlich wie Bataille, ist er
interessiert an einer positiven Kreation des Heterologischen, wenn er davon spricht, dass
man eine schwule Lebensweise schaffen müsse55, oder das Leben zu einem Kunstwerk
machen solle56, Überlegungen, die er in seiner Forschung der „Ästhetik der Existenz“ weiter
ausarbeitet, in der er die Chance zur Souveränität des Subjekts darin erblickt, die diskursiven
Strukturen, die allein von ihrer Wiederholung leben, dadurch porös und durchlässig zu
machen, indem man in der Wiederholung, diese durch Multiplizierung spielerisch verformt,
ähnlich wie Butler in „Das Subjekt der Unterwerfung“ als Strategie vorschlägt und Bataille
in seiner Theorie der Heterologie und Überschreitung:

„Nichts ist in der Überschreitung negativ. Sie bejaht das begrenzte Sein, sie bejaht dieses
Unbegrenzte, in das sie hineinspringt und so erstmals für die Existenz öffnet. Dennoch kann man
sagen, dass diese Bejahung nichts Positives hat: Kein Inhalt kann sie binden, da per definitionem
keine Grenze sie zurückhalten kann. Vielleicht ist sie nichts anderes als die Bejahung der Teilung.“57

Wie wirksam waren derartige theoretischen Überlegungen bei Acéphale, dem College und
Contre-Attaque in der Praxis? 1939 löste sich Acéphale wegen Meinungsverschiedenheiten
und insbesondere wegen der Enttäuschung, anhand ihrer geringen Wirkungsmacht auf die
realpolitischen Ereignisse des 2. Weltkrieges, auf. Bataille beschrieb in seinem Text zum
vollständigen Menschen, dass der politische Mensch keine vollständige Übereinstimmung
mit der Existenz erreichen könne, da er durch seinen Wunsch, die gesellschaftliche, materielle
Welt zu verändern, an diese gebunden, also von ihr abhängig sei, beispielsweise zur
Überschreitung des Verbots, dieses brauche. Bataille übersah dabei, dass er, sowie seine
Gruppierungen, genauso abhängig von dieser Realität waren. Er wünschte sich an einen
theoretischen (Nicht-)Ort des Widerstands, der in der Praxis zumindest im Fall von Acéphale
nicht existieren konnte. Auch Mythen und Sakrales entstehen und manifestieren sich in der
gesellschaftlichen, materiellen Realität und sind trotz ihrer subversiven Kraft von ihr
abhängig und bestehen in Wechselwirkung mit ihr, was mit dem Fortschreiten des zweiten
Weltkrieges und der Hilflosigkeit der Mitglieder angesichts dessen, schmerzlich bewusst
wurde. Des Weiteren gilt die Abhängigkeit vom Verbot bzw. dem jeweiligen Bezugspunkt
gegen und aus dem man sich kreiert, auch für Acéphale. Das Profane, das Homogene und

55
Foucault, Von der Freundschaft als Lebensweise, Gespräch mit René de Ceccatty, Jean Danet und Jean
le Bitoux, in: Von der Freundschaft als Lebensweise, Berlin 1984
56
Michel Foucault, Zur Genealogie der Ethik, in: Ästhetik der Existenz, hg, Daniel Defert/Francois
Ewald, Frankfurt 2015, S.201
57
Foucault, Vorrede zur Überschreitung, in Dits et Ecrits. Schriften. Band I 1954-1969, Frankfurt, S.326

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das trizephale Monster (Christentum, Sozialismus, Faschismus) sind bei Acéphale diese
Bezugspunkte, aus denen sich das Heterologische, die Überschreitung entwickelt. Karl-
Siegberg-Rehberg beschreibt Avantgardegruppen, zu denen ich nach seiner Definition nach
auch Acéphale zähle:

„Avantgardegruppen phantasieren sich sozusagen in eine neue, häufig durch Negationen erreichte,
Zentralposition hinein. Sie repräsentieren sich als jene radikalen Umstürzler, die sich im Akt der
Verneinung schon wieder einen Mittelpunkt in einer neuen- vielleicht (noch) nicht realisierten –
Wertordnung geschaffen haben. Verkanntheit ist dann eine Produktionsbedingung der Besonderheit;
sie wird ebenso gefürchtet wie gepflegt.“58

Um Möglichkeiten des fruchtbaren Wiederstandes, unentdeckter Nischen, skatologischer


Praktiken, innovativer Handlungsspielräume zu erforschen, reicht das Erforschen einer
Gruppierung nicht aus. Das Ende dieser Untersuchung von Acéphale, Bataille, Foucault und
Butler, ist ein Beginn der Untersuchung weiterer Gruppierungen und deren politischer
Wirkungsmächte und Verständnissen von Widerstand. Dazu werden mich als nächstes

1. Die Kunstgruppe COUM TRANSMISSION um die Künstlerinnen Genesis P-Orridge,


Cozey Fanny Tutti und Peter Christopherson; der späteren Sekte „Thee Temple ov Psychic
Youth“ von Genesis P-Orridge, sowie ihr Projekt der Transformation zu einer pandrogynen
Person mit ihrer Lebenspartnerin Lady Jaye und andere künstlerischer, musikalischer und
politischer Projekte aus deren Umfeld

und

2. Die Kommune „Aktionsanalytische Organisation“ von Otto Mühl, seiner Kunst und
seinen Büchern (unter anderem sein Manifest „Aspekte einer Totalrevolution“)

interessieren. Außerdem wird Derridas Dekonstruktionsbegriff in der weiteren


Untersuchung in den Fokus rücken und in Bezug zu den Gruppierungen und Foucault,
Bataille und Butler gesetzt werden. Ich hoffe dadurch ein Spektrum der verschiedenen Ideen,
Konflikte und Gefahren verschiedener widerständiger Gruppen in verschiedenen Kontexten
abzubilden um aus diesem Wissen neue Möglichkeiten, Innovationen und
Rebellionsaussichten schöpfen zu können.

58
Rehberg, Norbert Elias und die Medienwissenschaften, Frankfurt 1996, S.28

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