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Einste ungen und Einste ungsänderungen

Einstellungen

Der Begri “soziale Einstellung”


= sind relativ beständige Bereitschaften, auf bestimmte Objekte kognitiv sowie gefühls- und
verhaltensmäßig zu reagieren.

Merkmale von Einstellungen:

- Objektbezug

= Einstellungen beziehen sich auf bestimmte Objekte.

- Dauerhaftigkeit

= Einstellungen sind relativ lang dauernd.

- Erworbenheit

= Einstellungen sind hypothetische Konstrukte, also gedanklich konstruierte Modelle. die

mit der Zeit erlernt wurden. Sie basieren auf Erfahrungen, Erziehung und Beein ussung;

sie entwickeln und wandeln sich im Verlauf der Individuellen Lebensgeschichte.

- Einstellungsstruktur

= Einstellungen betre en Kognition, Gefühl und Verhalten.

Jede soziale Einstellung lässt sich in drei Komponenten (= Einstellungskomponenten)

kognitive Komponente a ektive Komponente konative Komponente

Wahrnehmung, Wissen, Gefühl, das mit dem Verhaltensbereitschaft bzw.


Meinung, Ansicht, Vorstellung, Einstellungsobjekt verbunden -tendenz gegenüber dem
Urteil, Überzeugung, das ist: Zuneigung - Abneigung; Einstellungsobjekt:
Einstellungsobjekt betre end angenehm - unangenehm; Unterstützung - Ignorierung,
beliebt - unbeliebt Verletzung, Zerstörung;
Annäherung - Ablehnung,
Vermeidung

- Bereitschaften

= Einstellungen als solche können nicht beobachtet, sondern nur indirekt erschlossen

werden; sind gedanklich Konstruiert = Denkmodell zur Erklärung, warum sich Menschen

gegenüber bestimmten Objekten über einen längeren Zeitraum hinweg gleichbleibend

und beständig in unterschiedlicher Weise verhalten.

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- Systemcharakter

= Einstellungssystem bezeichnet sowohl die Beziehung der Einstellungskomponenten

untereinander als auch den Zusammenhang von verschiedenen Einstellungen.

Dabei stimmen die drei Einstellungskomponenten einer betre enden Einstellung

normalerweise überein = konsistent bzw. konsonant

Sind sie allerdings inkonsistent bzw. dissonant wird der Mensch die Einstellung ändern
oder Abwehrmechanismen entwickeln.

Beispiel: Positive Einstellung zur Umwelt hängt zsm mit Einstellungen zu:

Abfallbeseitigung, Straßenbau, Naturschutz, Fahrzeuge, Rauchen, Tierversuche


↳ = Einstellungssystem

Zusammenhang zwischen Einstellungssystem und Bereitschaft eine Einstellung zu ändern:

Bei Personen, bei denen viele Einstellungen in Zusammenhang stehen ist eine Änderung

nur schwer zu erreichen, da viele andere Einstellungen mit betro en sind.

—» starkes Ungleichgewicht

- Zentralität bzw. Bedeutsamkeit

= bezeichnet die persönliche Bedeutung und Wichtigkeit einer sozialen Einstellung in

einem Einstellungssystem einer Person.

Einstellungen innerhalb eines individuellen Einstellungssystems mit persönlicher

Wichtigkeit werden als zentral, weniger wichtige als peripher bezeichnet.

hoch persönliches Engagement niedrig

schwer Veränderbarkeit leicht

niedrig Beein ussungsmöglichkeit hoch

Einstellung und Verhalten


Gründe für die Unstimmigkeit von Einstellungen und Verhalten:

- außerhalb der Einstellung liegende Faktoren

z.B. Schüler hasst Mathe aber arbeitet mit für eine gute mündliche Note

- mehrere Einstellungen sind für eine Verhaltensweise relevant


z.B. Frau mag Ausländer nicht, die in der Nachbarschaft einziehen aber unternimmt
nichts wegen ihrer Religion

- gesellschaftliche Wert- und Normvorstellungen

z.B. Vater hasst Ausländer aber duldet türkischen Freund seines Sohnes
(Norm: Gastfreundlichkeit)

- eigene Bewertung (führt das Verhalten zum gewünschten Ergebnis?)

z.B. Person setzt sich für die Umwelt ein aber glaubt Mülltrennung bringt nichts

- Kontrollierbarkeit (Einschätzung Situationen bewältigen zu können)

z.B. Frau Einsam ist gerne unter Menschen aber lädt nie Gäste ein aus Angst der
Situation nicht gerecht zu werden

- erwartete Bewertung von anderen

z.B. Mädchen meldet sich nicht im Unterricht aus Angst als “Streberin” dazustehen

Bei Einstellungen, die auf persönliche und direkte Erfahrungen basieren,

sind Einstellung und Verhalten eher konsistent (stimmig).



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Funktionen von Einstellungen:

Funktion der sozialen Einstellung Bedürfnisse, die mit der sozialen Einstellung befriedigt werden

Anpassungsfunktion Gefühl der Zugehörigkeit, angenehme Zustände wie Anerkennung,


(Nützlichkeitsfunktion) Erfolg, Ansehen oder Gewinn
Selbstverwirklichungsfunktion Aufbau bzw. Erhalt des Selbstwertgefühls, der Individualität und
Selbstverwirklichung
Wissensfunktion Gefühl des Orientiertseins, der Ordnung, Sicherheit und
(Orientierungsfunktion) Überschaubarkeit
Abwehrfunktion Rechtfertigung, Vermeidung und/oder Beendigung (Abwehr) von
(Ich-Verteidigungsfunktion) unerwünschten und unangenehmen Erlebnissen und Erfahrungen

Das Vorurteil
= bezeichnet eine besondere Form der (sozialen) Einstellung, die …

- nicht auf ihre Richtigkeit hin an der Realität geprüft ist,

- durch neue Erfahrungen oder Informationen kaum bzw. nicht verändert wird und

- eine positive oder negative Bewertung des Objektes beinhaltet.

Vorurteile reduzieren und schützen uns vor Angst und vor unangenehmen Auseinandersetzungen
mit der eigenen Person; sie bewahren das vermeintliche Selbstwertgefühl und eignen sich dazu,
sich selbst bzw. die eigene Gruppe “höher” und die andere “niedriger” erscheinen zu lassen.

Vorurteile haben genauso wie Einstellungen bestimmte Funktionen; können zu verheerenden


Auswirkungen wie ungerechtfertigten Benachteiligungen, Diskriminierungen, sozialen
Ungerechtigkeiten und dergleichen führen.

Eine Diskriminierung bezeichnet eine Benachteiligung oder Herabwürdigung einer oder mehrerer
Person(en) oder eines sozialen Gebildes ohne Vorliegen eines sachlich gerechtfertigten Grundes.

Bedingungen von denen die Möglichkeit zur Einstellungsänderung abhängig ist:

- Zeitpunkt des Erwerbs

- vorhandene Einstellungen

- persönliche Bedeutsamkeit/Zentralität

- Persönlichkeitsmerkmale wie Selbstwert, Intelligenz, Bedürfnisse und Wünsche

- Beziehungen verschiedener Einstellungen untereinander

- Art der Beziehung zu dem, der die Einstellung ändern will

- Wert- und Normvorstellungen



Entstehung und Änderung von Einstellungen

Funktionstheorie nach D. Katz

Einstellungsfunktion
= das Bedürfnis, welches von der Einstellung befriedigt werden kann

Funktion der Einstellung Bedürfnisse, die mit der Einstellung befriedigt werden

Anpassungsfunktion Gefühl der Zugehörigkeit, angenehme Zustände wie


(Nützlichkeitsfunktion) Anerkennung, Erfolg, Ansehen oder Gewinn.

Bsp.: Mitläuferproblem

Selbstverwirklichungsfunktion Aufbau bzw. Erhalt des Selbstwertgefühls, der Individualität


und Selbstverwirklichung.

Bsp.: Man kann sich von anderen in einer politischen Diskussion


abheben, indem man die Überzeugung seiner Partei kundtut.

Wissensfunktion Gefühl des Orientiertseins, der Ordnung, Sicherheit

(Orientierungsfunktion) und Überschaubarkeit.

Bsp.: Politik ist sehr komplex, trotzdem kann jeder ein


persönliches Urteil über politische Entscheidungen fällen

Abwehrfunktion Rechtfertigung, Vermeidung und/oder Beendigung (Abwehr)


(Ich-Verteidigungsfunktion) von unerwünschten und unangenehmen Erlebnissen und
Erfahrungen.

Bsp.: Schüler hat eine negative Einstellung ggü. Mitschülern mit


guten Noten; er verdrängt damit, dass er selbst nicht so gute
Leistungen kann.

*Abwehrreaktionen lassen sich meistens an verrationalisierten und verzerrten


Einstellungen erkennen (Vorurteile gegenüber bestimmten Gruppen wie Asylanten,
Homosexuelle, etc.)

Einstellungsänderung auf Grundlage der Funktionstheorie:

Ein Individuum ändert seine Einstellung, weil …

- die Einstellung des Individuums ihrer Funktion nicht mehr gerecht wird

- das Individuum sich von einer neuen Einstellung eine e ektivere Befriedigung

der Funktion erwartet

Änderung ist am wirkungsvollsten, wenn dadurch mehrere Funktionen angesprochen werden.



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Theorie der kognitiven Dissonanz nach L. Festinger

Jedes Wissen, Meinung oder Überzeugung

↱ über sich selbst und die eigene Welt

Die Beziehung zwischen kognitiven Elementen einer Einstellung kann:

relevant sein = Zusammenhang zwischen Elementen

irrelevant sein = kein Zusammenhang zwischen Elementen

konsonant sein = kognitives Element folgt aus dem anderen

dissonant sein = Gegenteil des Elements folgt aus dem anderen

Beispiele:

Kognition A Kognition B Beziehung


Klimawandel ist ein Ich reduziere meinen
ernstzunehmendes Problem. Energieverbrauch.
relevant / konsonant

Klimawandel ist ein Ich reduziere meinen


ernstzunehmendes Problem. Energieverbrauch nicht.
relevant / dissonant

Klimawandel ist ein


ernstzunehmendes Problem.
Ich mag Horror lme. irrelevant

Je stärker die Dissonanz, desto stärker die Motivation diese zu beseitigen, da …

- Mensch strebt nach Konsonanz der Elemente


- kognitive Dissonanz ist ein Zustand psychischer Spannung

Möglichkeiten zur Beseitigung bzw. Vermeidung einer Dissonanz:

a) Ignorieren, vergessen oder verdrängen der kognitiven Elemente oder der Information, die

die Dissonanz ausgelöst haben

b) durch Veränderung eines oder mehrerer Elemente, die zueinander in Widerspruch stehen

Bsp.: “stundenlanges In-der-Sonne Liegen verursacht Hautkrebs”


≠ “Ich liebe täglich mehrere Stunden in der Sonne”
—» “so ungesund ist das Liegen in der Sonne nun auch wieder nicht”

c) durch Hinzufügen neuer kognitiver Elemente

Bsp.: bei Unzuverlässigkeit —» “Meine Uhr stimmt nicht”

d) durch Änderung der Einstellung

⟶ ob eine Einstellungsänderung möglich ist, ist von folgenden Faktoren abhängig:

- Anzahl der Beziehungen verschiedener kognitiver Elemente

in Bezug auf ein Einstellungsobjekt

Bsp.: viele relevante Beziehungen


—» Änderung schwer da neue Dissonanzen entstehen

- psychischer Aufwand bei Änderung

—» Möglichkeit mit geringstem Aufwand wird realisiert

(Änderung erst wenn Ignorieren/Verdrängen nicht mehr möglich ist)



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Einstellungsänderung auf Grundlage der Theorie der kognitiven Dissonanz:

Menschen änder ihre Einstellung um eine bestehende Dissonanz zu verringern/abzubauen.

Wenn man die Einstellung von jemandem ändern will, sollte man …

- eine Dissonanz im Bereich der zu ändernden Einstellung herbeiführen

- diese Dissonanz wieder abbauen

zu beachtende Grundsätze:
- ein dissonanter Zustand kann erreicht werden, wenn es gelingt, das Individuum zu einer

Verhaltensweise/Erfahrung zu bringen, die der Einstellung widerspricht oder durch

Aufnahme von Informationen, die den kognitiven Elementen widersprechen

—» Informationsdarbietung über das Einstellungsobjekt (Bedeutung, Vorurteil)

Gruppengespräche, Rollenspiele, Filme, etc.

—» Scha ung von Eigenaktivität = wichtig

- Tre en von Maßnahmen, die eine Vermeidung, Verdrängung oder das Hinzufügen

von kognitiven Elementen verhindert

- Abwehrmechanismen vorbeugen

—» Selbstverp ichtung, keine Rechtfertigungsmöglichkeiten (Belohnung/Bezahlung)


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Verknüpfung mit LPE 8: Richtungen der Psychologie I

behavioristische und sozial-kognitive eorie


Einstellungsänderung auf Grundlage von Lerntheorien:

Klassisches Konditionieren

positive Einstellung erzeugen —» mehrmalige gezielte Darbietung des


Einstellungsobjekts mit einem Reiz, der bereits eine
angenehme Reaktion auslöst

negative Einstellung erzeugen —» mehrmalige gezielte Darbietung des


Einstellungsobjekts mit einem Reiz, der bereits eine
unangenehme Reaktion auslöst

Operantes Konditionieren

positive Einstellung aufbauen —» mehrmaliges Herbeiführen eines angenehmen bzw.


Vermeidung eines unangenehmen Zustandes mithilfe des
Einstellungsobjekts

negative Einstellung aufbauen —» mehrmaliges Aufheben eines angenehmen bzw.


Herstellung eines unangenehmen Zustandes mithilfe des
Einstellungsobjekts

—» bereits kleinste Ansätze und Schritte, die in Richtung


der gewünschten Einstellung zeigen, werden verstärkt

Sozial-kognitive Theorie

—» Modell muss die gewünschte Einstellung sicher zeigen


und sollte Eigenschaften wie soziale Macht, Ansehen,
Attraktivität und Sympathie besitzen

—» positive Beziehung zum Lernenden ist fördernd

—» gezeigte Einstellung sollte beim Modell und beim


Lernenden zum Erfolg führen

—» Scha en von positiven Erwartungshaltungen und die


Förderung der Selbstwirksamkeit beim Beobachter
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Verknüpfung mit LPE 13:

Kommunikation und Interaktion

Modell der Einstellungsänderung mithilfe der Kommunikation:

Elaboration-Likelihood-Modell of Persuasion (ELM) nach Petty und Cocioppo

Einstellungsänderung durch Kommunikation:

Persuasion bezeichnet die Veränderung von Einstellungen durch Einsatz überzeugender


Botschaften, auch unabhängig von ihrem Inhalt.

Merkmale der Botschaft - hohe Qualität der Botschaft

- richtige Reihenfolge: Wirkung der Einstellungsänderung ist am


größten, wenn die wichtigsten Argumente am Anfang oder Ende
platziert werden (Positionse ekt)

- zweiseitige Argumentation (Pro- und Contra Argumente)

- Erzeugung persönlicher Betro enheit

- mäßige emotionale Appelle: appellieren an das Ehrgefühl und


die Hilfsbereitschaft oder das Erzeugen von Furcht und Angst
wirken positiv auf die Einstellungsänderung

Merkmale des Kommunikators - Glaubwürdigkeit (z.B. Expertenstatus)

- Attraktivität

- Art und Weise des Sprechens: saubere Aussprache und


sicheres Sprechen lassen Kommunikator kompetenter wirken

- körperlicher Ausdruck

- erzwungene Einwilligung: Person wird dazu gebracht eine


Einstellung zu vertreten, die nicht ihrer entspricht

—» Dissonanz entsteht (forced compliance)

—» Widerspruch zwischen Verhalten und Meinung führt zu


Einstellungsänderung
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Merkmale des Rezipienten - Persönlichkeitsmerkmale: Intelligenz, Selbstwertgefühl,


Interessen, Erfahrungen, Fachwissen und eigene Wertvorstellungen
beein ussen die Möglichkeit einer Einstellungsänderung

- Gemütsverfassung

- Motivation: je mehr das Thema einen persönlich betri t, desto


höher die Motivation und umso intensiver die Verarbeitungstiefe

- Eigenaktivität: umso mehr der Empfänger beim Versuch der


Einstellungsänderung aktiv sein muss, desto größer ist die
Wahrscheinlichkeit der Einstellungsänderung

Bedeutung von Einstellungen für Sozialisationsprozesse

- Gesundheitsbildung

- Werbung

- Diskriminierung

- Anpassung an Gesellschaft

- Ausdruck von Wert- und Normvorstellungen

- Erleichterung des Lebens bzw. von Entscheidungen

- Werbung macht sich allgemeine Einstellungen zunutze

- Kognitive Dissonanz spielt bei Marketing und Verkaufspsychologie eine Rolle


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