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Grundlagen Der Psychiatrischen Diagnostik
Grundlagen Der Psychiatrischen Diagnostik
Letzte Aktualisierung: 24.03.2022
Abstract
Das wichtigste Element der psychiatrischen Diagnostik ist das direkte Gespräch zwischen Ärzt:in und
Patient:in. Empathie, respektvoller Umgang und aktives Zuhören, aber auch Grenzensetzung und
Wahrung der Distanz sind entscheidend für eine gute therapeutische Beziehung. Diese ist essenziell
für einen langfristigen Therapieerfolg und trägt u.a. zur Diagnosestellung und damit auch wesentlich
zur richtigen Therapiewahl bei. Neben einer ausführlichen Anamneseerhebung und Erstellung
eines psychopathologischen Befundes gehört zu einer vollständigen psychiatrischen Diagnostik
eine körperliche Untersuchung, eine Labordiagnostik zum Ausschluss somatischer Grund- oder
Begleiterkrankungen sowie ggf. weitere apparative (EKG, EEG), bildgebende (MRT, CT)
oder testpsychologische Verfahren (Leistungsdiagnostik, Persönlichkeitsdiagnostik etc.).
Grundlagen des diagnostischen Gesprächs
Das diagnostische Gespräch hat eine zentrale Bedeutung in der psychiatrischen und
psychosomatischen Behandlung. Es trägt zum Aufbau einer stabilen Arzt-Patient-Beziehung bei und
ist Grundlage einer erfolgreichen Diagnostik und Therapie. Dauer und Struktur des Gespräches
können je nach Untersucher:in, Erkrankung und Behandlungszeitpunkt variieren.
Grundlagen
Sich namentlich vorstellen und ggf. Rolle und Funktion erklären
Wertschätzend, empathisch und authentisch auftreten
Klare und allgemeinverständliche Sprache benutzen
Offene und neutrale Fragen verwenden
Suggestivfragen vermeiden
Durch aktives Zuhören die Aufmerksamkeit und das Interesse demonstrieren (Bspw. kann man
durch Paraphrasieren, Nicken oder bejahende Lautäußerungen die Patient:innen in ihren Schilderungen
bestätigen)
Die Patient:innen, wenn möglich, nicht unterbrechen und ihre Sicht der Dinge erklären lassen
Gesamte Anamnese sollte nach Möglichkeit auf einem partnerschaftlichen Modell basieren als
Grundlage für das Shared Decision Making
Fremdanamnese erheben, wenn möglich
Auf ärztliche Schweigepflicht hinweisen
Gesprächsende frühzeitig ankündigen
Abschließend über weiteres Prozedere informieren
Für weitere, grundlegende Informationen siehe auch: Grundlagen der Anamneseerhebung
Nachfolgende Gespräche
Aufteilung wie beim Erstgespräch, wobei der strukturierte Teil mehr Raum einnimmt
Die Patient:innen sollten jedoch weiterhin das Gefühl haben, Probleme jederzeit ansprechen zu
können
Psychiatrische Anamnese
Der folgende Abschnitt dient als eine Orientierungshilfe für den strukturierten Teil
des Anamnesegespräches und kann bei Bedarf individuell angepasst werden. [1]
Aktuelle Anamnese/Aufnahmeanlass
Aktuelle psychische Symptomatik
Beginn und Verlauf der Symptomatik (Akut oder schleichend? Zeitweise auftretend oder durchgehend?)
Mögliche Auslöser oder verstärkende Faktoren der jetzigen Symptomatik (Bspw. Tod einer
nahestehenden Person, innerfamiliäre Konflikte, berufliche Probleme etc.)
Psychiatrische Vorgeschichte
Beginn erstmaliger Symptome und deren Verlauf (Ersterkrankungsalter? Gab es evtl. Auslöser? Gab es
bessere, schlechtere oder sogar symptomfreie Phasen?)
Konsumierte Substanz(en), aktuelles Konsumverhalten und -menge (Was, wie oft und wie viel wird
konsumiert?)
Suizidanamnese
Bestandteil jeder allgemeinen psychiatrischen Anamnese
Für Informationen zur Durchführung sowie zum akuten Management
bei Suizidalität siehe: Suizidanamnese und Suizidalität - Vorgehen/Management
Familienanamnese
Psychiatrische und neurologische Erkrankungen in der Familie
o Insb. affektive Störungen, psychotische Störungen, Suchterkrankungen, Verhaltensauffälligkeiten
und Suizidalität
Psychosoziale Informationen über Eltern, Großeltern, evtl. Geschwister und evtl. eigene Kinder (Alter,
Beruf, Wohnverhältnisse, Familienatmosphäre (Verhältnis zu den Eltern und der Geschwister untereinander
etc.))
Sozialanamnese/Biografie
Schwangerschaft und Geburt ,( Komplikationen oder Auffälligkeiten?)
Kindheit (Entwicklungsverzögerungen? Ängste? Bettnässen? etc.), Jugend (Loslösung vom Elternhaus?
Sexuelle Entwicklung? Freundeskreis? etc.)
Soziale Kontakte, Partnerschaft und aktuelle Familiensituation ,( Ehe? Kinder?) ggf. Sexualanamnese
Straffälligkeiten
Somatische Anamnese
Somatische Vorerkrankungen (Insb. neurologische Erkrankungen, Stoffwechselerkrankungen
oder Schädelhirntraumata)
Operationen
Allergien/Unverträglichkeiten
Medikamenteneinnahme
Erfassen von Persönlichkeitsmerkmalen
Das Erfassen von Persönlichkeitsmerkmalen sollte wenn möglich bereits im Zuge des Erstgesprächs
erfolgen, da dies nicht nur eine wichtige diagnostische Bedeutung hat, sondern auch die weitere
therapeutische Beziehungsgestaltung erleichtern kann.
Siehe hierzu
o Ablauf einer allgemeinen körperlichen Aufnahmeuntersuchung
o Neurologische Untersuchung
Zusatzdiagnostik
Der Ausschluss organischer Ursachen ist in der Diagnostik psychiatrischer Erkrankungen besonders
wichtig, da sich im Grunde jede schwere Allgemeinerkrankung auch in psychischen Symptomen
zeigen kann. Dabei sind nicht zwangsläufig alle der hier aufgeführten Untersuchungen indiziert,
sondern es muss in Abhängigkeit von Anamnese, körperlicher Untersuchung
und psychopathologischem Befund entschieden werden. Welche diagnostischen Maßnahmen im
Einzelfall obligat durchzuführen sind, wird im jeweiligen Kapitel der
psychiatrischen Krankheitsbilder thematisiert. Zudem sind klinikinterne Standards zu beachten.
Apparative Diagnostik
Labordiagnostik in der Psychiatrie
Routinelaboruntersuchung
Indikation
o Ausschluss organischer Ursachen
o Vor Beginn einer Psychopharmakotherapie
o Überwachung einer Psychopharmakotherapie
Spiegelkontrollen (Therapeutisches Drug Monitoring)
Feststellen von Nebenwirkungen (Bspw. malignes neuroleptisches Syndrom, diabetische
Stoffwechsellage, Agranulozytose)
o Gerinnungsparameter (Quick-Wert, partielle Thromboplastinzeit)
o Nierenwerte (Kreatinin, Harnstoff, Harnsäure)
o Leberwerte (ALT, AST, γ-GT, Alkalische Phosphatase (AP), Bilirubin)
o Pankreaswerte (Amylase, Lipase)
o CK
o Nüchternblutzucker, ggf. HbA 1c
o Lipide (Cholesterin, Triglyceride)
o Schilddrüsenwerte (TSH)
o Urinstatus
o Ggf. Schwangerschaftstest
Spezielle labormedizinische Untersuchungen
Bei entsprechendem Verdacht sind weitere labormedizinische Untersuchungen durchzuführen.
Urin-Drogenscreening
o Zum Nachweis einer Substanz
o Zur Überwachung einer Entzugsbehandlung
o Für genauere Informationen siehe: Nachweis von Cannabinoiden, Nachweis von
Opioiden, Nachweis von Kokain und Nachweis von Amphetaminen und Ecstasy
Bestimmung der Blutalkoholkonzentration
o Siehe auch: Labordiagnostik bei akutem Alkoholabusus, Labordiagnostik bei chronischem
Alkoholabusus
Liquordiagnostik: Bei Verdacht auf entzündliche, tumoröse oder degenerative Prozesse im ZNS
Bakteriologisch-virologische und mikrobiologische Untersuchungen: Bspw. Syphilis-
Diagnostik, Hepatitis-Serologie, HIV-Test , Salmonellen, Shigellen
EKG
Indikation
o Vor Beginn einer Psychopharmakotherapie: Ausschluss einer kardialen Erkrankung ,
Ausgangsuntersuchung für Verlaufskontrollen
o Überwachung einer Psychopharmakotherapie
o Bei stationärer Aufnahme
Durchführung und Interpretation siehe: EKG (Elektrokardiografie)
o Bei Auffälligkeiten ggf. erweiterte kardiale Diagnostik veranlassen (Langzeit-EKG, Belastungs-
EKG, Echokardiografie)
EEG
Das EEG kann als Ergänzung im diagnostischen Prozess sinnvoll sein und dient als wichtiges Verfahren
zur Einschätzung der Hirnfunktion. Es ersetzt dabei jedoch nicht die Anwendung bildgebender
Verfahren. Zudem kann ein bestimmter EEG-Befund nicht einer einzelnen psychischen Erkrankung
zugeordnet werden und muss immer vor dem Hintergrund anderer klinischer Angaben (Diagnose,
Medikation, Vigilanz) betrachtet werden.
Indikation
o Ausschluss organischer Ursachen
o Diagnostik und Differenzialdiagnostik [3]
Indikation
Ausschluss organischer Ursachen (Bspw. zerebrale Raumforderungen, vaskuläre oder
entzündliche zerebrale Prozesse, Z.n. Schädelhirntrauma etc.)
Verfahren
Kraniale Magnetresonanztomografie (cMRT): Goldstandard in der psychiatrischen Diagnostik
o Durchführung und Interpretation siehe: Magnetresonanztomografie
o Vorteile
Keine Strahlenbelastung
Sensitive Darstellung des Hirnparenchyms
o Nachteile
Nicht so schnell verfügbar wie CT
Schlechte Knochendarstellung
Längere Untersuchungsdauer
Beachtung der Kontraindikationen (siehe: MRT - Kontraindikationen)
Einengende Untersuchungssituation
Teurer als CT
Kraniale Computertomografie (cCT): Alternativ zum cMRT
o Durchführung und Interpretation siehe: Computertomografie
o Vorteile
I.d.R. schnelle Verfügbarkeit
Bei agitierten Patient:innen weniger artefaktanfällig und schneller durchführbar als MRT
Gute Knochendarstellung
Kostengünstiger als MRT
o Nachteile
Strahlenbelastung
Schlechte Darstellung des Hirnparenchyms
NOTIZEN
FEEDBACK
Testpsychologische Verfahren
Indikation: Ergänzendes Verfahren zur [1]
Psychologische Leistungsdiagnostik
Definition: Testverfahren zur Beurteilung der intellektuellen Leistungsfähigkeit und ihrer
Teilfunktionen
Testverfahren: Bspw.
o Untersuchung der Intelligenz
Testung im unteren bis mittleren Leistungsbereich: Wechsler Adult Intelligence Scale (WAIS-IV)
Testung im oberen Leistungsbereich: Intelligenz-Struktur-Test 2000 R (I-S-T 2000 R)
Bei Sprachschwierigkeiten und kulturellen Unterschieden: Progressive Matrizentests oder
Grundintelligenztest Skala 2, revidierte Fassung (CFT 20-R)
o Untersuchung der Aufmerksamkeits- und Konzentrationsleistung
Selektive Aufmerksamkeit: Aufmerksamkeits-Belastungstest (d2-R, auch: d2-
Konzentrationstest)
Geteilte Aufmerksamkeit: Zahlen-Symbol-Test (ZST)
Daueraufmerksamkeit: Continuous Performance Test (CPT)
Testbatterie zur Aufmerksamkeitsprüfung (TAP 2.3.1)
o Untersuchung des Gedächtnisses
Für unterschiedliche Gedächtnisfunktionen : Wechsler Memory Scale (WMS-IV)
Für spezielle Gedächtnisfunktionen
Deklaratives, verbales Gedächtnis: Verbaler Lern- und Merkfähigkeitstest (VLMT)
Figurales Gedächtnis: Benton-Test
o Untersuchungen in der Gerontopsychiatrie
Allgemeine Funktionen : Nürnberger-Alters-Inventar (NAI)
Intelligenz: Leistungsprüfsystem für 50- bis 90-Jährige (LPS 50+)
Aufmerksamkeits- und Konzentrationsleistung: Alterskonzentrationstest (AKT)
o Untersuchung exekutiver Funktionen
Planungs- und Problemlösefähigkeit: Turm von London (TL-D)
Kognitive Grundfunktionen im optisch-verbalen Bereich: Farbe-Wort-Interferenztest (FWIT;
Stroop-Test)
Geteilte Aufmerksamkeit und kognitive Flexibilität: Trail-Making-Test (TMT)
Persönlichkeitsdiagnostik
Definition: Darstellung von Persönlichkeitsakzentuierung, Persönlichkeitsveränderungen und
möglichen Persönlichkeitsstörungen
Testverfahren: Bspw.
o Die aktuelle Persönlichkeit betreffend
Psychometrische Persönlichkeitstests, bspw. Persönlichkeitsstrukturtests zur Erfassung von
Persönlichkeitsstruktur und Symptomen psychischer Erkrankungen: Minnesota Multiphasic
Personality Inventory-2 (MMPI-2)
5 Persönlichkeitsmerkmalen des Big-Five-Modells: Neo-Fünf-Faktoren-Inventar (NEO-FFI)
Diversen Persönlichkeitsmerkmalen mit Schwerpunkt Psychosomatik, Rehabilitation,
chronische Krankheiten, Psychotherapie und Gesundheitspsychologie: Freiburger
Persönlichkeitsinventar, revidierte Fassung (FPI-R)
Persönlichkeitsentfaltungsverfahren (Projektive Verfahren, Deutungstests), bspw.
Rorschach-Test
Thematischer Apperzeptionstest
o Die prämorbide Persönlichkeit betreffend: Bspw.
Münchner Persönlichkeitstest (MPT)
Biografisches Persönlichkeits-Interview (BPI)
Persönlichkeitstests dienen nicht als alleiniges diagnostisches Mittel einer Persönlichkeitsstörung!
Störungsspezifische Untersuchungsverfahren
Definition: Objektivierung spezifischer psychopathologischer Symptome mittels Eigen- und
Fremdbeurteilungsskalen
Einsatz: Bspw. zur Verlaufskontrolle bei
o Demenz
Mini-Mental-State-Examination (MMSE)
Uhrentest
Demenz-Detektion (DemTect)
Montreal Cognitive Assessment Test (MoCA)
o Depressionen
Hamilton-Depressions-Skala (HAMD)
Beck-Depressions-Inventar (BDI-II)
o Manie
Bech-Rafaelson-Manie-Skala (BRMAS)
Manie-Selbstbeurteilungsskala (MSS)
o Schizophrenie: Positive and Negative Syndrome Scale (PANSS)
o Angststörungen
Beck-Angst-Inventar (BAI)
Panik- und Agoraphobie-Skala (PAS)
o Zwangsstörungen
Yale-Brown Obsessive Compulsive Scale (Y-BOCS)
Hamburger Zwangsinventar-Kurzform (HZI-K)
Obsessive Compulsive Inventory-Revised (OCI-R)
o Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)
Clinician-Administered PTSD Scale for DSM-5 (CAPS-5)
Kurze Screening-Skala für PTBS (Breslau-Skala)
o Dissoziative Störungen
Fragebogen zu dissoziativen Symptomen (FDS)
Strukturiertes klinisches Interview für dissoziative Störungen (SKID-D)
o Somatoforme Störungen: Screening für somatoforme Störungen (SOMS)
o Essstörungen
Eating Disorder Inventory-2 (EDI-2)
Strukturiertes Inventar für anorektische und bulimische Essstörungen (SIAB)
o Alkoholabhängigkeit
Münchener Alkoholismustest
Alcohol Use Disorder Identification Test (AUDIT)
CAGE-Test
o ADHS im Erwachsenenalter
Homburger ADHS-Skalen für Erwachsene (HASE)
Conners Skalen zu Aufmerksamkeit und Verhalten für Erwachsene (CAARS)
Suizidalität
(X60 - X84)
Letzte Aktualisierung: 01.07.2022
FRAGEN
KLINIK
ARZT
GELERNT
Abstract
Die vorsätzliche Selbstbeschädigung umfasst die einzelnen Aspekte suizidaler Handlungen, wobei
definitionsgemäß Suizidalität, Suizidversuch, Parasuizid und Suizid unterschieden werden.
NOTIZEN
FEEDBACK
Definition
Suizidalität liegt vor, wenn Erleben und Verhalten eines Menschen darauf ausgerichtet sind, den eigenen Tod
selbst herbeizuführen oder passiv in Kauf zu nehmen.
Sonderformen
Erweiterter Suizid: Suizid mit einhergehender Tötung Dritter ohne deren Einverständnis
Gemeinsamer Suizid: Gleichzeitiger Suizid mehrerer Personen in gegenseitigem Einverständnis
Bilanzsuizid: Suizid einer psychisch gesunden Person infolge rationaler Abwägung von negativen
Lebensumständen, wie bspw. existentiellen Geldsorgen
NOTIZEN
FEEDBACK
Epidemiologie
Suizid
Häufigkeit: Ca. 10.000 Menschen/Jahr in Deutschland
Alter
o Kontinuierlich steigende Suizidrate mit zunehmendem Lebensalter
o Häufigkeitsgipfel für absolute Anzahl von Suiziden: 50.–80. Lebensjahr
o Zweit- bis dritthäufigste Todesursache bei Jugendlichen
Geschlecht: ♂ > ♀
Suizidversuch
Häufigkeit: 10- bis 15-mal häufiger als ein Suizid
Alter: Häufigkeitsgipfel zwischen dem 15. und 30. Lebensjahr
Geschlecht: ♀ > ♂
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.
NOTIZEN
FEEDBACK
Ätiologie
NOTIZEN
FEEDBACK
Symptome/Klinik
Einengung: Insb. subjektive, aber auch objektive Verringerung der Wahlmöglichkeiten im Leben der
gefährdeten Person, bis nur noch ein Suizid als möglicher Ausweg erscheint
o Verlust der Lebensfreude (depressiver Affekt)
o Sozialer Rückzug
Aggressionsumkehr: Nach außen unterdrückte Aggressionen, die zu autoaggressivem Verhalten führen
Suizidphantasien: Neben der Realität wird eine Scheinwelt aufgebaut, in der die suizidale Handlung eine
immer größere Rolle spielt
Bei akuter Suizidalität sind die Betroffenen häufig so stark in ihrem Denken und Fühlen eingeengt, dass bei der
Entscheidung zum Suizid nicht mehr von einer freien Entscheidung gesprochen werden kann!
Diagnostik
Suizidanamnese
Indikationen für eine Suizidanamnese: In psychiatrischen Akutsituationen und in jeder
allgemeinen psychiatrischen Anamnese!
Nutzen
o Abwendung einer Selbsttötung
o Aufbau einer therapeutischen Beziehung
o Entlastung des Patienten
o Wichtige Entscheidungsgrundlage für das weitere Behandlungssetting
Zu beachten
o Genau nachfragen und (wenn möglich) offene Fragen stellen
o Bei V.a. Suizidalität immer anschließende Besprechung mit in der Psychiatrie
und Psychotherapie erfahrenem Arzt/Facharzt
o Genaue Dokumentation zur eigenen rechtlichen Absicherung
o Wenn möglich, Einholen einer Fremdanamnese zur Verifizierung der Patientenangaben
Bestandteile
o Erfragen der Ausprägungen von Suizidalität
Lebensüberdruss: Haben Sie das Gefühl, dass Ihnen zurzeit alles zu viel ist und Sie nur noch Ihre Ruhe
haben möchten?
Todeswünsche: Haben Sie manchmal das Gefühl, dass es nicht schlimm wäre, wenn Sie jetzt sterben
würden, oder wünschen Sie sich manchmal tot zu sein? Welche Pläne haben Sie für die Zukunft?
Suizidgedanken: Haben Sie manchmal Gedanken daran, sich selbst etwas anzutun?
Suizidabsichten und -vorbereitungen: Haben Sie bereits konkrete Ideen, wie Sie sich umbringen
wollen? Wie sehen diese Ideen aus? Haben Sie bereits Vorbereitungen getroffen und wenn ja, welche?
o Erfragen der Hauptrisikofaktoren für Suizidalität, insb.:
Frühere Suizidgedanken und -versuche
Positive Familienanamnese
Akute soziale Krisen
Substanzintoxikationen und -abhängigkeiten, insb. Alkoholabhängigkeit
o Erheben des psychopathologischen Befundes unter Beachtung der psychopathologischen
Risikofaktoren für Suizidalität
o Erheben von Begleiterkrankungen, insb. Zuordnung zu einer evtl. vorliegenden psychiatrischen
Grunderkrankung, sowie frühere psychiatrische/psychologische Behandlungen und deren Anlässe
Die Suizidanamnese gehört zu jeder allgemeinen psychiatrischen Anamnese!
NOTIZEN
FEEDBACK
Therapie
Um sich selbst abzusichern, ist es sehr wichtig, alles so detailliert wie möglich zu dokumentieren!
Erfolgter Suizidversuch
Nach einem erfolgten Suizidversuch ist eine sofortige stationäre Aufnahme indiziert!
Zur Ablenkung bei akuten Suizidgedanken (Bspw. spazieren gehen oder ein Buch lesen)
Zur Lösung aktueller Probleme, die mitunter Auslöser für die Suizidalität waren
Erarbeiten von individuellen Ressourcen, die vom Suizid abhalten (Bspw. Bezugspersonen oder Pläne für die
Zukunft)