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KONTEXT

03/2024
SFGB – GRFK 3
ROYAL GESCHICHTE Nach 1900 entwickelte sich dessen un- Obwohl die EG-Zone grösstenteils verändert Baujahr 1902 – Nrn. 35a-43 und Riischlistrasse
terster Bereich immer mehr zu einer Art ist u. die Vorgärten heute fehlen, stellt die Zeile Nr. 28. Mehrfamilienhaus, erbaut von Römer &
Das Restaurant Royal in Biel ist auch für seine Monumentalzone; die Gebäude dort be- insgesamt immer noch ein sehr gutes Beispiel Fehlbaum für Bauunternehmer Josef Nigst,
bemerkenswerte Architektur und seine his- stimmten die Silhouette der Stadt. für den Miethausbau um 1900 dar. Projekt Juli 1902. ln den Obergeschossen
torische Bedeutung bekannt. Das Gebäude Drei- und Vierzimmerwohungen, im Parterre
wurde in die Liste der Kulturgüter von natio- Symmetrisch angelegter, an den Stras- Magazine; im 421 Haus Nr. 35a heute Hotel «
naler Bedeutung in der Schweiz aufgenom- senecken abgeschrägter Baukörper, be- Royal>> mit Gaststube.
men. Das bedeutet, dass es aufgrund seiner stehend aus 5 Wohnhäusern. Haupt- u.
architektonischen, historischen oder kultu- Seitenfassaden zeigen eine zurückhal-
rellen Bedeutung einen besonderen Schutz tende Historismusgliederung (Lisenen, 1856-1931 – August Fehlbaum
genießt. Fensterverdachungen u.a.). Die Kopfbauten Architekt (Römer & Fehlbaum),
Als solches wird das Gebäude des Rest- zeichnen sich durch repräsentative Risalite mit Stadtbaumeister
aurant Royal so weit wie möglich in seinem schönem floralem u. ornamentalem Dekor aus,
ursprünglichen Zustand erhalten, und jede die Mittelbauten sind einfacher gestaltet. 1859-1919 – Joseph Nigst
größere Veränderung muss von den zu- Holzhändler, Bauunternehmer
ständigen Behörden genehmigt werden, um
seinen einzigartigen Charakter zu bewahren. Royal: Unterer Quai Nr. 35a.
Dieser Schutz zeugt von der Bedeutung des
Restaurant Royal als historische und kulturel-
le Stätte in Biel und stellt sicher, dass es auch
für zukünftige Generationen erhalten bleibt.
Geringfügige Änderungen, die das äuße-
re Erscheinungsbild oder die strukturelle
Integrität des Gebäudes nicht beein-
trächtigen, können in der Regel ohne offi-
zielle Genehmigung vorgenommen werden.
Beispielsweise können Änderungen wie
die Neugestaltung von Innenräumen, die
Aktualisierung von Küchengeräten oder
der Austausch von Bodenbelägen oder
Anstrichen häufig vorgenommen wer-
den, ohne dass ein formeller Antrag auf
Genehmigung gestellt werden muss.
Größere Veränderungen, die das äußere
Erscheinungsbild des Gebäudes oder sei-
nen historischen Charakter beeinträchtigen
könnten, würden jedoch wahrscheinlich eine
Sondergenehmigung erfordern. Dazu könn-
ten Projekte wie ein Anbau, die Änderung
der Fassade oder andere Änderungen ge-
hören, die das Aussehen oder die Struktur
des Gebäudes erheblich verändern könnten.
Generell sollten Sie sich vor Renovierungs-
oder Änderungsarbeiten an einem ge-
schützten Gebäude wie dem Restaurant
Royal in Biel mit den örtlichen Behörden oder
Denkmalschutzbehörden in Verbindung
setzen, um sicherzustellen, dass alle
Vorschriften und Anforderungen eingehal-
ten werden.
ROYAL - UND NEON SCHILDER REGELN – LEUCHTREKLAMEN Artikel 12 – Leuchtende und beleuchtete
Firmenschriften sowie Eigenreklame
1919 erhielt die Leuchtreklame den Artikel 6 – Lebensqualität, Umwelt (neu) Die Leuchtreklamen von Firmen müssen im
„Ritterschlag“ Dieser Artikel, in dem die Lebensqualität und Prinzip die Form einer Blockschrift aufweisen.
Claude und Fonseque erkannten das der Umweltschutz behandelt werden, wird Leuchtkästen sind nur in Geschäftsgebieten
präzisiert. Die Reklamen müssen gewisse unter der Markise zulässig.
Potential und begannen, beleuchtete
Grundsätze zum Schutz von Mensch und Damit verankert das Reglement die be-
Werbung herzustellen. Das erste Neon- Umwelt vor Belästigung und Beschädigung stehende Praxis für leuchtende und beleuch-
Reklamezeichen erstrahlte kurz darauf berücksichtigen, die sich aus aggressiver tete Firmenanschriften. Die Leuchtreklamen
an einem Friseursalon am Montmartre, und aufdringlicher Reklame, namentlich aus können bisweilen den Anforderungen der
und bereits ein Jahr später thronte Immissionen durch Leuchtreklamen, er- Verkehrssicherheit oder des Ortsbild- und
die erste auf einem Dach installierte geben könnten. Dies gilt auch für Reklamen Landschaftsschutzes zuwiderlaufen, insbe-
Neonschrift. in Schaufenster, die vom öffentlichen sondere bei besonders grosser Leuchtkraft.
Verkehrsraum ersichtlich sind. Das Erlassen von restriktiven
Wie kommt Farbe in die Neonreklame? Bestimmungen ist Sache der Gemeinde.
Artikel 10 – Besondere Bestimmungen
Doch auf welcher Technik beruht
I n A r t i ke l 1 0 we rd e n d i e b e s o n d e -
Neonreklame?ImPrinzipliegtihreineein- ren Bestimmungen zur Errichtung von
fache Erkenntnis zugrunde: Strom fließt Firmenanschriften und Eigenreklamen behan-
durch luftleeren Raum leichter als durch delt. Absatz 1 verankert die bestehende Praxis
luftgefüllten Raum. Über Strecken von bei Eigenreklamen auf Dächern und in den be-
mehreren Metern lassen sich so sicht- sonderen Gestaltungsperimetern.
bare Gasentladungen erzeugen. Nimmt Diese sind grundsätzlich verboten, um die
man nun eine Glasröhre, schließt rechts Bevölkerung vor Lichtimmissionen zu schützen
und den Quartiercharakter zu bewahren. Laut
und links eine Elektrode zur Stromzufuhr
Absatz 2 sind Firmenanschriften auf Dächern
an und saugt mit einer Vakuumpumpe nur in der Arbeitszone zulässig. Konkret eignen
die Luft heraus, erhält man eine einfa- sich die Art und die Grösse der Gebäude hier
che und effiziente Möglichkeit, Licht zu besser, was Ästhetik und Leuchtimmissionen
erzeugen. Problem dabei: Nach einiger angeht. Dann wird in diesem Artikel auch be-
Zeit wird das Licht schwächer und er- stimmt, in welchem Verhältnis Fenster und
lischt schließlich – die Röhre ist „ausge- Schaufenster mit Reklame abgedeckt werden
brannt“. Mit den Edelgasen Neon, Argon dürfen. Pro Firma sind in unmittelbarer Nähe zu
und Helium fanden sich Füllstoffe, die ein ihrem
Standort maximal drei Fahnen und eine Stele
angenehmes Licht erzeugten und einen
zulässig.
wirtschaftlichen Betrieb der Röhren mit gefülltes Glasgefäß gegeben, welches
einer Brenndauer von bis zu mehreren anschließend ordentlich geschüttelt wird,
tausend Stunden ermöglichten. wodurch sich das Bindemittel gleichmä-
Wie kommt aber jetzt die Farbe in die ßig auf den Kügelchen verteilt. Daraufhin
Neonreklame? Die Lösung ist ver- werden die mit dem Bindemittel benetz-
blüffend einfach und schlicht genial: ten Kügelchen in die Röhre eingefüllt und
In einem in den 1930er Jahren entwi- verteilen dort das Bindemittel gleich-
ckelten Verfahren, dem sogenann- mäßig an der Innenwand der Glasröhre.
ten „Beschirmen“, wird der jeweilige Zum Schluss kommt der Farbstoff: Dieser
Farbstoff mittels eines Bindemittels an wird im Anschluss an die Glaskügelchen
der Innenwand einer Glasröhre – aus der eingefüllt, die vorher wieder herausge-
später die Neonreklame entsteht – ange- nommen werden, und haftet nun dank
bracht. Dieses Bindemittel wird vorher des Bindemittels gleichmäßig an der
tröpfchenweise in ein mit Glaskügelchen Glasröhren-Innenwand.
FRÜHE QUARTIERPPLANUNG der Seevorstadt erstellte, demonstriert die GESCHICHTE ZUR SCHÜSS Unteren Quai am Nordufer meist eingefriedete
Bedeutung der Jugenderziehung. Biel wurde Gartengrundstücke vorgelagert sind.
mit diesen beiden Bauten Bildungsmetropole Die Schüss entspringt als Suze dem Jura Bis heute werden die Quais geprägt von der
der Region. und fliesst zuerst durch die Synklinale ingenieurtechnischen Funktionalität des
des Vallon de Saint-Imier nach Osten. In 19. Jahrhunderts. Diese sorgt zwar für dekorati-
Zwischen 1886 und 1901, während der der Taubenlochschlucht passiert sie die ve Geländer und solide Kalkstein-Einfassungen
Amtszeit der Stadtbaumeister Alfred Hodler, Sprachgrenze und dreht anschliessend nach des Kanals, sie strebt ansonsten aber keine
Heinrich Schaffner und August Fehlbaum Westen, in Richtung Bielersee. Dann teilt romantische oder pittoreske Stadtlandschaft
wurde ein monumentaler Späthistorismus sich der Fluss in verschiedene Arme, wovon an. So gibt es beispielsweise keine Nähe
gepflegt. Eine repräsentative Quaibebauung einer nicht in den See fliesst, sondern in die zum Wasser, dessen Niveau unter normalen
mit Birkenallee entschädigte für die fehlende Zihl, den historischen Seeabfluss, der seit Wetterbedingungen deutlich tiefer liegt als je-
Seefront, ähnlichen Boulevardcharakter wies der Juragewässerkorrektion im späten 19. nes der Quais und des Strassenraums.
schon die 1882 nach Osten verlängerte und Jahrhundert in den Nidau-Büren-Kanal integ-
Nach Einführung der Uhrenindustrie, wel- mit Linden bepflanzte General Dufour-Strasse riert ist.
che viele Süd-Jurassier anzog, machte sich auf. Die Wohn- und Geschäftshäuser an der
Biel eine Wohnanlage bemerkbar. 1957 ge- Nidaugasse und den angrenzenden Bereichen, Schon deutlich früher als die Jurage-
lang der aufstrebenden Industriestadt der an der Mühlebrücke, an der Jean Sessler- wässerkorrektion fand in der Schwem-mebene
Anschluss an das Netz der Schweizerischen Strasse und vor allem am Zentralplatz, zeigen südöstlich von Biels Altstadt eine Bändigung
Centralbahn. Im selben Jahr 1867 gründe- durch ihre reich gestalteten Fassaden, die oft der Schüss selbst statt: 1829 entstand dort
ten der städtische Baudirektor Alexander von mehrgeschossigen Eck-Erkern akzentu- die Schüss-Schleuse, auch Hauserwehr ge-
Schöni sowie Fabrikant Jena Sessler, Albert iert sind, die damalige wirtschaftliche Blüte der nannt. Sie verteilt das zufliessende Wasser in
Locher, F. Tscherter, Alexander Benz, Louis Stadt und den Wohlstand ihrer Bürger. die Bieler Schüss, die in Richtung Altstadt ab-
Gerson und Baumeister David Girard, zweigt, in die zur Zihl orientierte Madretscher
Sohn, die “Baugesellschaft von Biel” als Schüss und in einen Kanal zwischen ihnen.
Aktiengesellschaft, mit dem Ziele, auf den Dieser strebt in einer geraden Linie mit einem
“Fabrikmatten” westlich der Altstadt ein neu- unmerklichen Knick nach rechts dem See ent-
es Wohnquartier zu bauen. gegen, im letzten Abschnitt seines knapp zwei
Die Voraussetzung für eine Erweiterung Kilometer langen Verlaufs mündet die Bieler
der Stadt in der Ebene war der Bau des Schüss wieder in diesen von Menschenhand
Schüsskanals (1825-1827) gewesen. geschaffenen Wasserlauf.
Damit wurden Hochwasserkatastrophen, Der Kanal verlief zuerst durch ländliches Gebiet
wie sie seit dem Mittelalter immer wieder vor der Stadt. Als 1857 die Centralbahn-Strecke
aufgetreten waren, verhindert und die nach Olten eröffnet wurde, hielten ihre Züge bei
Entsumpfung des Geländes südlich der einem Bahnhofsprovisorium am linken Ufer, bei
Stadt eingeleitet. Die Gesellschaft beab- der Brücke der Allee von Biel nach Nidau. Der
sichtigte, auf ihrem von der Familie Verdan Bahnhof wurde in der Folge zwei Mal verlegt,
(den Besitzern der ehemaligen lndiennefa- der Bereich der Brücke verwandelte sich mit
brik) erworbenen Land ein engmaschiges, den Jahren in den Zentralplatz, einen wichti-
rechtwinkliges Strassennetz anzulegen und gen Verkehrsknotenpunkt der wachsenden
gegen hundert Häuser zu erstellen. Stadt. Und entlang des Kanals entstanden die
beiderseitigen Uferquais, die ihn in eine urbane
Das 1897-1900 von Frey & Haag oberhalb der Umgebung einbetten.
Uhrmacherschule erbaute Westschweizer Der Obere Quai beginnt bei der Schleuse
Technikum bringt in dominierender Lage und endet beim Zentralplatz, der Untere Quai
seine neubarocke Architektur zur Geltung, führt von ihm bis zum Bahndamm, welcher die
S y m b o l d e s G e m e i n d ew i l l e n s , d i e Stadt vom Seeufer trennt. Beide Abschnitte
Ausbildung jener Fachleute zu garantieren, waren nie Hauptverkehrsachsen, wurden
welche für die aufstrebende Uhrenindustrie aber als wichtige und auch repräsentative
unerlässlich waren. Das monumentale Verbindung zum See ausgestaltet. Sie sind
Heimatstil-Gymnasium, welches Emil Moser mit Baumreihen bepflanzt und werden von
1908-1910 isoliert auf einer Terrasse über Wohn- und Bürohäusern begleitet, denen am
BIEL ALS FRANZÖSISCHE Im Gegenteil, sie waren eine Zeit des
MUNIZIPALGEMEINDE Umbruchs und der politischen und rechtlichen
Biel gehörte zwischen 1798 bis 1813 zu Modernisierung, die zwar nach dem Abzug der
Frankreich. Im öffentlichen Stadtbild gibt es Franzosen von der konservativen Elite weit-
keine markanten Zeugnisse aus dieser Zeit. gehend rückgängig gemacht wurde, aber als
Es gibt zwei kleine Hinweise, die auf diese Modell bestehend blieb und in den folgenden
Zeit hinweisen. Der eine ist der zerstörte Jahren und Jahrzehnten das politische Denken
Wappenstein am Fürstenhaus, der andere fortschrittlich gesinnter Bürger prägte.
eine Gedenktafel für Pierre Claude Villemin
an der Gerbergasse. Villemin war ein franzö- Von 1825 bis 1882 gab es ein Übergang von
sischer Soldat oder Zollbeamter, der bei der der Bieler Textilindustrie zur Uhrenindustrie.
Römerquelle aus glitt, ins Wasser fiel, unter Gegen Ende des 19. Jahrhunderts entstanden
den Häusern der Altstadt aus hindurch ge- die ersten grossen Uhrenmanufakturen, die
schwemmt wurde und an der Gerbergasse alle Teile der Uhren selbst herstellen konn-
lebendig aus der Schüss herausgezogen ten. In der Zeit des Ersten Weltkriegs kam die
wurde. Seine Rettung hat der Maler Pierre Armbanduhr auf. Immer kleinere, leichtere und
Kocher im Durchgang von der Obergasse auch billigere Uhren wurden produziert, ande-
zur Untergasse auf einem Wandgemälde mit rerseits aber auch Gold- und Silberuhren für ein
viel Fantasie festgehalten. zahlungskräftiges Publikum. Biel war definitiv
zur Uhrenstadt geworden.
Dass es keine weiteren Zeugnisse gibt, heisst
nicht, dass die französischen Jahren un-
wichtig gewesen wären.

Johann Karl Friedrich Neuhaus oder auch


Charles Neuhaus, war durch Heirat mit Fanny
Verdan auch Teilhaber der Indiennefabrik im
Pasquart. In der Zeit der liberalen Revolution
(ab 1831) wandte er sich der Politik zu, wurde
in den Verfassungsrat gewählt, danach in den
Regierungsrat. Bis 1845 bekleidet er mehr-
mal das oberste bernische Regierungsamt
(Schultheiss). Er gehörte zu den wichtigsten
liberalen Politikern der Schweiz. Ebenso war
er auch Leiter des Erziehungsdepartements
und förderte Volksschulen. So wurde auch
unter seiner Führung die Universität Bern
geschaffen.
ABBRUCH DER STADTTORE ihre restriktive Einwanderungspolitik fort, ZWEISPRACHIGKEIT BURGERGEMEINDE UND
doch die Bevölkerungszahl stieg bis 1818 EINWOHNERGEMEINDE
Im 19. Jahrhundert verlor die militärische über die Marke von 2000 Einwohnern. Biel liegt an der Sprachgrenze zwischen Im Mittelalter und in der frühen Neuzeit
Bedeutung der Stadtbefestigung rapi- deutscher und französischer Schweiz; bei- war eine Gemeinde nichts anderes als die
de an Relevanz. Die städtischen Tore Die liberale Revolution im Kanton Bern im de Sprachen waren von jeher präsent. Im Gesamtheit der volljährigen Burger, sei es
Fürstbistum Basel wurde vorwiegend franzö- in einem Dorf wie Bözingen und Leubringen
wurden zum Hindernis für den zuneh- Jahr 1831 ebnete den Weg für eine schnel-
sisch gesprochen, in Biel deutsch. oder in der Stadt Biel. In jeder Gemeinde gab
menden Verkehr mit Pferdefuhrwerken. lere Entwicklung der ländlichen Städte, da Seit der Reformation gab es in Biel franzö- es aber auch Zugezogene, die nicht oder
Im Jahr 1836 wurde das Pasquarttor restriktive Zunftordnungen abgeschafft sischsprachige Gottesdienste, durchgeführt noch nicht ins Burgerrecht aufgenommen
abgerissen, gefolgt vom Untertor wurden. Die Industrie, die bisher eher im von Pfarrer von Orvin oder demjenigen von waren. Als Gewerbebetriebe und dauernd
an der Untergasse gegenüber der ländlichen Raum und entlang der Flüsse Péry. Sie fanden in der Siechenkirche statt, die Niedergelassene waren sie Hintersassen,
Juravorstadt, das bereits 1829 demo- angesiedelt war, fand in den Städten bes- einst gegenüber dem Siechenhaus stand. Zu hatten ein Bleiberecht; sie waren aber nicht
liert worden war. Schließlich fiel auch das sere Bedingungen vor. Bis 1837 wuchs die einer wirklichen zweisprachigen Stadt wurde Mitbesitzer der Gemeindegüter und konnten
Obertor an der Ausfahrt der Obergasse Einwohnerzahl von Biel auf über 3000, Biel durch den Zuzug französischsprachiger nicht an Gemeindeversammlungen teilneh-
Uhrmacher aus dem Jura. Viele wollten ihre men. Als dritte Kategorie gab es die Fremden,
mit seinem imposanten Turm; die und in den folgenden Jahren beschleu-
Muttersprach beibehalten und aufgrund des- die jederzeit weggewiesen werden konnten.
Turmuhr jedoch blieb bis 1875 erhalten. nigte sich dieser Anstieg weiter. Die Ordnung änderte sich im 19. Jahrhundert,
sen wurden auch französische Schulen ge-
Das Durchbrechen der Stadtmauern gründet. Bis heute werde die deutschsprachi- als die Mobilität der Bevölkerung zunahm
und der Abriss der Stadttore wurden Biel erlebte einen starken Bevölkerungs- gen und französischen Schüler*innen getrennt und die Burger in vielen Gemeinden in die
als Befreiung von den Einschränkungen zuwachs durch die gezielte Ansiedlung unterrichtet. Minderheit gerieten. 1832 verabschiedete
der Vergangenheit gefeiert, obwohl von Uhrmachern seit 1844. Neue Viertel der bernische Grosse Rat ein Dekret, das
beim Abriss des Obertors auch einige wurden erschlossen, und die Stadt breitete grundsätzlich festhielt: In allen Gemeinden
Stimmen des Bedauerns laut wurden. sich in die umliegenden Flachlandgebiete soll es neben der Burgergemeinde auch eine
Heutzutage würde man sich darüber aus. Die eidgenössische Volkszählung Einwohnergemeinde geben, die aus allen
freuen, wenn der majestätische Torturm von 1888 ergab eine Einwohnerzahl von Einwohnern besteht, die Kantonsbürger sind.
noch stehen würde, doch damals glaub- 15.289 für Biel. Innerhalb von nur 50 Jahren
te man, dass dieses Bauwerk dem hatte sich die Bevölkerung verfünffacht.
Fortschritt geopfert werden müsse.
Die massive Zuwanderung hatte nicht
Diese Veränderungen waren letztendlich nur bauliche und städteplanerische
auf das rapide Bevölkerungswachstum Auswirkungen, sondern auch politi-
zurückzuführen, ein Phänomen, das sche Konsequenzen, da die Bürger
in diesem Ausmaß und mit dieser von Biel und den angrenzenden
Geschwindigkeit noch nie erlebt wor- Gemeinden in der Minderheit gegen-
den war. Bis 1798 zählte die Stadt Biel über den Zugezogenen waren. Diese
weniger als 2000 Einwohner, und die Zugezogenen waren nicht länger damit
Bevölkerungsschwankungen waren zufrieden, lediglich geduldet zu sein, son-
minimal, da das Ratsherrenregime dern forderten ein Mitspracherecht in den
die Einwanderung stets streng re- Gemeindeangelegenheiten. In Biel kam
gulierte. Dies änderte sich während noch ein weiterer Aspekt hinzu: Die fran-
der französischen Besatzungszeit zösischsprachigen Zugezogenen ver-
von 1798 bis 1813, als eine beträcht- langten die Anerkennung ihrer Sprache
liche Anzahl französischer Beamter und Kultur.
nach Biel strömte. Die meisten ver-
ließen die Stadt jedoch wieder, als die
Österreicher 1813 einmarschierten. Die
Bieler Ratsherren übernahmen erneut
die Regierungsgeschäfte und setzten
RELIGIONEN BIEL HEUTE

Andere Konfessionen oder Religionen als die In Biel/Bienne sind Menschen aus mehr
evangelische–reformierte waren im Kanton als 150 Nationen zuhause. Dass derart vie-
Bern nicht zugelassen. Das änderte sich
le Personen unterschiedlichster Herkunft
nach und nach in der zweiten Hälfte des 19.
Jahrhunderts. Die Bundesverfassung von in einer Stadt mit 54‘000 Einwohnern le-
1848 garantierte die Niederlassungsfreiheit al- ben, ist erstaunlich. Unsere These ist, dass
ler Schweizer, die einer christlichen Konfession in Biel proportional zu den Einwohnern
angehörten. Vermehrt liessen sich auch im weltweiten Vergleich am meisten

«
Katholiken in Biel nieder. Für Katholiken gab Nationalitäten vertreten sind.
es zu diesem Zeitpunkt noch keinen Kultraum
und sie mussten in andere Städte reisen wie
Grenchen und Le Landeron. Heute gibt es in
Biel katholische und reformierte Kirchen.

Vis-à-vis vom Gelände der ehemaligen Biel wuchs über seine Stadtmauern hi-
Indiennemanufaktur, steht die Synagoge der jü- naus. Es wurde gebaut, Wohnhäuser,
dischen Gemeinde von Biel. Sie ist ein Zeichen Gewerbehäuser, Strassen, Eisenbahn-
dafür, dass diese religiöse Gemeinschaft 400 linien, Bahnhöfe. Hunderte von Bauarbei-
Jahre nach ihrer Vertreibung in Biel wieder tern hielten sich in Biel auf, viele waren
ihre Gottesdienste feiern konnte. Zu Bieler
aus Italien gekommen. Längst nicht alle
Juden im Mittelalter ist kaum etwas bekannt.
Dokumentiert wurde aber, dass im Jahre 1305
blieben in der Stadt, zogen weiter. Man-
einer Jüdin namens Guta samt ihren Kindern che blieben, traten den hiesigen Arbeits-
ein Aufenthaltsrecht in der Stadt Biel gewährt organisationen bei, den Gewerkschaften
wurde. Mitte des 14. Jahrhunderts, zur Zeit der und anderen Vereinen. Mit dem Mittel
Pest, wurden die Juden als Sündenbock ver- des Streiks versuchten sie, ihre ökono-
schuldet und vertrieben. 1450 zog die letzte jü- mischen Interessen durchzusetzen. Zu-
dische Familie aus Biel. Erst im 19. Jahrhundert nehmend erkannten sie, dass sie auch
gründete sich in Biel wieder eine jüdische die Macht hatten, sich in die politische
Gemeinde. Mit dem Beginn der liberalen Ära in
Belange einzumischen. Die Arbeiter-
der Schweiz nach 1830 setzte sich allmählich
die Idee der Niederlassungsfreiheit durch. bewegung wurde zum wichtigen poli-
tischen Faktor; sie war es, die zu einem
Dieses alte Biel wurde in der Zeit der wesentlichen Teil das neue Biel prägte.

»
Zugehörigkeit zur revolutionären Französisch-

«
en Republik und dann zum napoleonischen
Empire vorübergehend ausser Kraft gesetzt,
kehrte 1830/1831 konnte es sich behaupten.
Dann aber wuchs die Bevölkerung, die gesell-
schaftlichen Strukturen veränderten sich, die
Burger gerieten in die Minderheit. Politische Zweisprachigkeit, Weltoffenheit, Gast-
Flüchtlinge aus Polen, Italien und Deutschland freundschaft und Innovationsgeist prä-
brachten neue Ideen in die Stadt. Freizügigkeit, gen das Bieler Leben. Schon der 1878
Niederlassungsfreiheit, Meinungsfreiheit und in Biel geborene Schriftsteller Robert
Pressefreiheit liessen den liberalen Geist
Walser bezeichnete die Stadt sinnge-

»
wehe, wohin er wollte.
mäss als «Weltstadt im Kleinformat».
QUELLEN https://www.biel-bienne.ch/fr/valorisa-
tion-quais-de-la-suze.html/1482 : FR
Bilder: https://www.nmbienne.ch/files/Kunst-
https://www.altstadt-biel-bienne.ch/ vermittlung/DP_vieille_ville_Bienne_
türme-tours/abgebrochene-tore-nidau- NMB.pdf
pasquart-obertor-ports-démolies-nidau- https://www.baublatt.ch/bauprojekte/
pasquart-porte-du-haut/ aufwertung-des-unteren-quais-biel-ein-
https://www.query.sta.be.ch/detail. grosses-wohnzimmer-im-freien-34251:
aspx?ID=479742 Erklärung der Neugestaltung
https://www.facebook.com/TeleBielin- https://de.wikipedia.org/wiki/Biel/
gue/photos/a.430172078011/101592663 Bienne#Kultur,_Kunst_und_Se-
79163012/?type=3 hensw%C3%BCrdigkeiten: Über die
https://www.baublatt.ch/bauprojekte/ Stadt Biel und deren Architektur
aufwertung-des-unteren-quais-biel-ein- https://www.biel-bienne.ch/fr/valorisa-
grosses-wohnzimmer-im-freien-34251 tion-quais-de-la-suze.html/1482
https://barryraphael.wordpress. https://www.bak.admin.ch/bak/fr/home/
com/2018/12/03/georges-claude-sept- baukultur/isos-und-ortsbildschutz.html :
24-1870-may-23-1960/ https://hls-dhs-dss.ch/de/artic-
https://www.jüdische-gemeinden.de/ les/000222/2018-01-23/
index.php/gemeinden/a-b/2510-biel-
schweiz Bücher:
https://www.memreg.ch/index.
cfm?desktop Kleine Geschichte der Stadt Biel
http://www.query.sta.be.ch/detail. Ein historischer Stadtführer
aspx?ID=135989 Tobias Kaestli
http://www.picswiss.ch/09-BE/s-BE-90/
sBE-98-59.html Bauinventar der Schweiz

Andere:
https://www.hedica.ch/produkte/geba-
eudebeschriftungen/lichtwerbung.php
https://web.bielertagblatt.ch/nachrich-
ten/biel/eine-leuchtreklame-straeubt-
sich
https://www.memreg.ch/index.
cfm?desktop
https://web.archive.org/https://www.
memreg.ch/index.cfm?desktop
https://web.archive.org/
https://www.memreg.ch/index.
cfm?desktop
https://web.archive.org/
https://www.biel-bienne.ch/de/partizipa-
tion-unterer-quai.html/3145: Gemeinsam
die Quais gestalten
SARAH GAUPP ZO SCHMID
MOYRA NIEDERMANN LILY SCHWERTFEGER

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