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Übersicht über die Kasusfunktionen

1. Genitiv

a) Genitivus possessivus (Genitiv des Besitzers)

Ø Dieser Genitiv drückt den Besitzer einer Sache aus und antwortet auf die Frage “wessen?“.
Ø Beispiele :
Hic equus patris est. – Dieses Pferd ist <Eigentum> des Vaters. (als Prädikatsnomen)
(=Dieses Pferd gehört dem Vater)
Templum Iovis magnum est. – Der Tempel des Juppiter ist groß. (als Attribut)

Ø Der Gen.poss. kann auch die Aufgabe / Pflicht / Eigenschaft einer Person angeben.
Ø Beispiel:
Hominis est errare. – Es ist typisch für einen Menschen sich zu irren.

b) Genitivus subiectivus und obiectivus

Ø Dieser Genitiv bezeichnet entweder die handelnde Person oder die Person, auf die eine
Handlung (oft ein Gefühl) bezogen ist. Da man weder anhand der Form des Genitivs, noch
anhand der Wortstellung entscheiden kann, ob es sich im Text um einen Genitivus
subiectivus oder obiectivus handelt, muss man den Kontext beachten.
Ø Beispiele:
Amor matris magnus est. – Die Liebe der Mutter ist groß. (Gen.subi.)
Die Liebe zur Mutter ist groß. (Gen.obi.)
Timor Romanorum gravis fuit. – Die Furcht der Römer war gewaltig. (Gen. subi.)
Die Furcht vor den R. war gewaltig. (Gen.obi.)
victoria Romanorum – der Sieg der Römer (Gen.subi.)
der Sieg über die Römer (Gen.obi.)

c) Genitivus partitivus (Genitiv des Teils)

Ø Dieser Genitiv wird verwendet um die Gesamtmenge anzugeben, von der ein Teil
genommen wird.
Ø Beispiele:
Nemo Romanorum firmus erat. – Niemand der Römer / von den Römern war
zuversichtlich.
Marcus optimus piratarum erat. – Marcus war der beste der / von den Piraten.

d) Genitivus qualitatis (Genitiv der Eigenschaft)

Ø Dieser Genitiv steht zur Angabe von Eigenschaft, Art, Zahl- und Wertangaben.
Ø Beispiele:
Graeci magnae crudelitatis erant. – Die Griechen waren von großer Grausamkeit.
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(= Die Griechen waren sehr grausam.)


puer decem annorum – ein Junge von 10 Jahren (= ein zehnjähriger Junge)

e) Genitivus pretii (Genitiv des Werts)

Ø Dieser Genitiv wird bei Verben des Geltens, Wertseins und (Wert-)Schätzens verwendet.
Ø Beispiele:
Haec res magni/parvi est. – Diese Sache ist viel/ wenig wert.
Senator magni valet. – Der Senator gilt viel.

f) Genitivus definitivus/ explicativus

Ø Dieser Genitiv bildet quasi den Ersatz für unsere Anführungszeichen.


Ø Beispiele:
nomen imperatoris – der Name „Imperator“
Romani verbum voluptatis amant. – Die Römer lieben das Wort „Vergnügen“.

Sonderfall: Locativus (eigener Fall, kein Genitivus locativus)

Ø Der Lokativ tritt nur bei Städtenamen in der a-/o-Deklination im Singular auf. Bei Städten
im Pl. und in den anderen Deklinationen wird der Ablativus loci verwendet.
Ø Beispiel: Romae – in Rom
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2. Dativ

a) Dativus possesivus (Betonung des Besitzes)

Ø Dieser Dativ bezeichnet den Besitzer oder den, den etwas betrifft.
Ø Beispiele:
Marco multi libri sunt. – Marcus sind viele Bücher. (=Marcus hat viele Bücher.)
Victis nulla spes erat. – Den Besiegten war keine Hoffnung.
(=Die Besiegten hatten keine Hoffnung.)

Ø Während der Gen.poss. ein Eigentumsverhältnis (rechtlich) bezeichnet,


z.B. Liber pueri est. – Das Buch ist / gehört dem Jungen.,
bezeichnet der Dat. poss. hingegen ein "haben", ein "zur Verfügung stehen", was auch
Sachen / Personen umfasst, von denen man nicht Eigentümer sein kann (oft abstrakte
Dinge),
z.B. Turno tempus non est. – Turnus hat keine Zeit.

Ø Der Dativus possessivus betont den Besitz, der Genitivus possessivus den Besitzer.
Navigium pueri est. – Das Schiff gehört dem Jungen. (Gen.poss.)
Navigium puero est. – Das Schiff gehört dem Jungen. (Dat.poss.)

b) Dativus finalis (Dativ des Zwecks)

Ø Dieser Dativ bezeichnet den Zweck oder das Ziel einer Handlung. Meist begegnet er mit
einem Dativ der Person (Dativobjekt) oder einem Dativus in-/ commodi und in Verbindung
mit „esse“, „dare“ oder „tribuere“.

Wichtige Wendungen
alicui curae esse jdm. Sorge bereiten / machen
alicui odio esse jdm. verhasst sein / Hass hervorrufen
alicui admirationi esse Bewunderung erregen / hervorrufen bei jdm.
alicui saluti esse Glück bedeuten für jdn.
alicui honori esse Ehre bedeuten für jdn. / jdm. zur Ehre dienen
alicui auxilio venire jdm. zu Hilfe kommen (=helfen)
alicui laudi tribuere jdm. zum Lob anrechnen / lobenswert sein
alicui aliquid dono dare jdm. etw. zum Geschenk geben (=schenken)
alicui invidiae esse Neid erregen / hervorrufen bei jdm.

Ø Beispiele:
Claudia Marco auxilio venit. – Claudia kam Marcus zu Hilfe.

c) Dativus (in)commodi (Dativ des Vor- oder Nachteils)

Ø Dieser Dativ gibt an, wem eine Handlung zum Vorteil/Nachteil dient. „Für wen?“
Ø Beispiele:
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Nobis discimus. – Wir lernen für uns.


Iulia villam domino purgat. – Iulia säubert die Villa für den Herrn.

d) Dativus auctoris (Dativ des Täters)

Ø Dieser Dativ dient zur Angabe der handelnden Person und steht meist bei einem
Gerundivum mit esse.
Ø Beispiele:
Liber mihi legendus est. – Das Buch ist mir ein zu lesendes.
(=Das Buch muss von mir gelesen werden.)
Marco laborandum est. – Es muss von Marcus gearbeitet werden.
(= Marcus muss arbeiten.)
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3. Akkusativ

a) Akkusativ als direktes (= transitives) Objekt

Ø Der Akkusativ gibt die „Richtung“ der Handlung an. Frage: „Wen“/“Was?“
Ø Beispiel: Domina servam laudat – Die Herrin lobt die Sklavin.

b) Doppelter Akkusativ

Ø Bei einem doppelten Akkusativ steht neben einem Akkusativobjekt ein zweiter (meist
prädikativ gebrauchter) Akkusativ. Vor allem bei Ausdrücken wie „jdn. halten für /
machen zu / wählen zu“
Ø Beispiele:
Marcum amicum puto. – Ich halte Marcus für einen Freund.
(putāre, ducere, habēre + dopp. Akk. = halten für)
Turnum regem nominamus. – Wir ernennen Turnus zum König.

c) Akkusativ der Richtung

Ø Der Richtungsakkusativ gibt Antwort auf die Frage „wohin?“. Bei Städtenamen und
kleineren Inseln steht er alleine; bei Ländernamen, großen Inseln (Sardinia, Sicilia,
Britannia,…) und Gebäuden/Plätzen steht er mit der Präposition „in“.
Ø Beispiele:
Romam venio. – Ich komme nach Rom.
In Siciliam navigaverunt. – Sie sind nach Sizilien gesegelt.
In forum eo. – Ich gehe auf das Forum.

d) Akkusativ der räumlichen / zeitlichen Erstreckung

Ø Durch diesen Akkusativ wird eine Zeitspanne oder eine Strecke ausgedrückt. Frage: „Wie
hoch / tief / breit / lang?“
Ø Beispiel:
Moenia triginta pedes alta erant. – Die Mauer war 30 Fuß hoch.

e) Akkusativ des Ausrufs

Ø Dieser Akkusativ wird meist zum Ausdruck von Schmerz, Klage oder Verwunderung
benutzt. Er steht entweder allein oder mit einer Interjektion.
Ø Beispiel:
Heu, mē miserum! – Ach, ich Elender!
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4. Ablativ

a) Ablativus loci (Ablativ des Ortes)

Ø Dieser Ablativ gibt einen festen Ort an, an dem sich eine Handlung abspielt. Er steht bei
Städtenamen (der kons. Deklination und Plural-Städten der a-/o-Dekl.) und bei kleineren
Inseln ohne Präposition. Bei größeren Inseln, Ländern und Städtenamen mit Attribut /
Apposition steht er mit Präposition „in“
Ø Beispiele:
Marcus Athenis est. – Marcus ist in Athen.
Marcus et Claudia in foro sunt. – Marcus und Claudia sind auf dem Forum
Titus in oppido Citio est. – Titus ist in der Stadt Citium.

b) Ablativus temporis (Ablativ der Zeit)

Ø Dieser Ablativ gibt den Zeitpunkt einer Handlung an.


Ø Beispiele:
Vir nocte laborat. – Der Mann arbeitet nachts.
Marcus prima luce in Italiam navigat. – M. segelt bei Tagesanbruch nach Italien.

c) Ablativus instrumentalis (Ablativ des Mittels)

Ø Dieser Ablativ drückt das Mittel/ Werkzeug aus, durch das etwas geschieht.
(Womit/Wodurch?)
Ø Beispiele:
Marcus Titum veneno necat. – Marcus tötet Titus durch/mit Gift.

d) Ablativus auctoris (Ablativ des Täters)

Ø Ein persönlicher Urheber (d.h. der Täter in einer passiven Handlung) wird mit der
Präposition „a/ab“ und dem Ablativ ausgedrückt.
Ø Beispiel:
Titus a Marco necatur. – Titus wird von Marcus getötet.

e) Ablativus modi (Ablativ der Art und Weise)

Ø Durch diesen Ablativ wird ausgedrückt auf welche Art und Weise eine Handlung abläuft.
Ø Beispiele:
Hic iure accusatur. – Dieser wird zu Recht angeklagt.
Corneliam casu video. – Ich sehe Cornelia durch Zufall (=zufällig).

f) Ablativus causae (Ablativ des Grundes)

Ø Dieser Ablativ beschreibt eine äußere Ursache oder einen inneren Beweggrund für eine
Handlung (v.a. bei Ausdrücken der Gemütsbewegung).
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Ø Beispiele:
Gaius fame periit. – Gaius ist aufgrund von Hunger gestorben.
Marcus dono gaudet. – Marcus freut sich über das Geschenk.

g) Ablativus sociativus/comitativus (Ablativ der Begleitung)

Ø Dieser Ablativ nennt den Begleiter einer Handlung. Er steht meist mit „cum“.
Ø Beispiele:
Caesar cum Gaio navigabat. – Caesar segelte mit Gaius.

h) Ablativus seperativus (Ablativ des Ausgangspunktes und der Trennung)

Ø Dieser Ablativ drückt aus, wovon man getrennt ist oder welche Person/Sache man
entbehrt. Dieser Ablativ kommt häufig mit Verben des Raubens, Befreiens etc. vor!
Ø Beispiele:
Vita officiis non vacat. – Das Leben ist nicht frei von Pflichten.
Marcum periculo liberavi. – Ich habe Marcus von der Gefahr befreit.

Ø Der Abl.sep. steht auch auf die Frage „woher?“. Bei Städtenamen und kleinen Inseln ohne
Präposition (als reiner Ablativ); bei Ländernamen, größeren Inseln und wenn eine
Apposition dabei steht mit der Präposition „e / ex“.
Ø Beispiele:
Roma abire – aus Rom weggehen
ex Sardinia proficisci – von Sardinien aufbrechen
ex domo vetere abire – aus dem alten Haus weggehen

i) Ablativus comparationis (Ablativ des Vergleichs)

Ø Dieser Ablativ nennt die Sache oder Person, mit der etwas verglichen wird.
Ø Beispiele:
Ego maior Marco sum. – Ich bin größer als Marcus.
Terra sole minor est. – Die Erde ist kleiner als die Sonne.

j) Ablativus mensurae (Ablativ des Maßes)

Ø Dieser Ablativ drückt bei Vergleichen das Maß aus.


Ø Beispiele:
Ego multo maior quam frater sum. – Ich bin viel größer als der Bruder.

k) Ablativus limitationis/respectus (Ablativ der Hinsicht)

Ø Der Ablativ der Hinsicht drückt aus, auf welchem Gebiet eine Handlung Geltung besitzt.
Man kann ihn oft mit „in Hinsicht/in Bezug auf“ übersetzen.
Ø Beispiel:
Marcus fratrem virtute adaequabat. – Marcus kam dem Bruder an Tapferkeit gleich.
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l) Ablativus qualitatis (Ablativ der Eigenschaft)

Ø Dieser Ablativ bezeichnet – wie der Genitivus qualitatis – eine Eigenschaft.


Beim Abl.qual. handelt es sich jedoch meist um körperliche oder geistige Eigenschaften,
die eher zufällig bzw. vorübergehend sind.
Ø Beispiele:
Mater eximia forma est. – Die Mutter ist von außerordentlicher Schönheit.
Caesar maxima fortitudine erat. – Caesar war von höchster Tapferkeit.

m) Ablativus pretii (Ablativ des Preises)

Ø Der Ablativus pretii gibt den Preis einer Sache an und steht meist bei Verben der
Kaufhandlung (vs. Genitivus pretii).
Ø Beispiele:
parvo emere – billig kaufen
magno vendere – teuer verkaufen

n) Ablativus originis (Ablativ der Herkunft)

Ø Der Ablativus originis steht vor allem bei „natus“ (geboren) und „ortus“ (abstammend) zur
Bezeichnung der Eltern bzw. des Standes.
Ø Beispiele:
Tiberius nobili genere natus est. – T. ist von vornehmer Abstammung (geboren).
Marcus Tito et Cornelia natus…– Marcus, geboren/Sohn von Titus und Cornelia

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