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4.

Instrumentelle Perspektive
-
4.2 Grundlagen der Preispolitik

Seite 1
Begriffliche Grundlagen – Preis und Preispolitik

„Unter dem Preis eines Sachgutes oder einer Dienstleistung verstehen wir die Zahl von
Geldeinheiten, die der Käufer für eine Mengeneinheit des Produktes entrichten muss.“
Simon (1992)

„Unter Preispolitik sind diejenigen absatzpolitischen Massnahmen zu verstehen, die die


Gegenleistung für die vom Unternehmen angebotenen Sach- und Dienstleistungen betreffen.“
Böcker (1982)

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Bedeutung der Preispolitik in der Unternehmenspraxis

Sättigungs- Wachstums-
tendenzen märkte

Bedeutung der
Professionalisierung
Preispolitik in
der Einkaufsaktivitäten Globalisierung
bei Firmenkunden der Unterneh-
menspraxis

Qualitätsan-
Anstieg der Preis-
gleichung der
transparenz
Produkte

Quelle: Homburg, Kuester und Krohmer (2013) Seite 3


Entscheidungsfelder der Preispolitik

Preisbestimmung
für neue Produkte

Preisbestimmung
Durchsetzung der
für das
Preise
Produktprogramm

Preispolitik

Gestaltung des
Preisänderungen für
Rabatt- und
Produkte
Bonussystems

Preisdifferenzierung

Quelle: Homburg, Kuester und Krohmer (2013) Seite 4


Preisbestimmung für neue Produkte

Skimmingstrategie Penetrationsstrategie

Angebot der Produkte in der Markteinfüh- Angebot der Produkte zu einem relativ
rungsphase zu relativ hohen Preisen geringen Preis
 
Abschöpfung von Zahlungsbereitschaften der Rasche Diffusion des Produktes
Nachfrager im Markt
 
Schnelle Amortisation der Investitionen für Erreichen eines hohen
die Produktentwicklung Marktanteils

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Preisdifferenzierung – Definition

Unter Preisdifferenzierung versteht man eine auf die Preispolitik konzentrierte


Marktsegmentierung.
Fassnacht (1996)

> „Preisdifferenzierung liegt vor,


— wenn ein Anbieter ein Produkt, das hinsichtlich der
– räumlichen,
– zeitlichen,
– leistungs- und
– mengenbezogenen
Dimensionen identisch ist, zu unterschiedlichen Preisen verkauft oder
— wenn ein Anbieter Varianten eines Produktes, die sich zumindest in einer der vier Dimensionen unterscheiden,
ohne dass dabei andere Produkte entstehen, zu unterschiedlichen Preisen verkauft.“

Quelle: Fassnacht (1996) Seite 6


Preisdifferenzierung – Implementierungsformen

> Personenbezogene Preisdifferenzierung

> Räumliche Preisdifferenzierung

> Zeitliche Preisdifferenzierung

> Leistungsbezogene Preisdifferenzierung

> Mengenbezogene Preisdifferenzierung (nichtlineare Preisbildung)

> Preisbündelung

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Preisdifferenzierung – Beispiele

> Die Buchung einer Hotelübernachtung kostet drei Monate vor der Übernachtung CHF 79 pro Nacht und eine
Woche vor der Übernachtung CHF 110.
Zeitbezogene

> Die Parkkosten in einem Parkhaus betragen für eine Woche CHF 100, für zwei Wochen CHF 180 und für drei
Wochen CHF 240.

> In einem Fast-Food-Restaurant kosten ein Cheeseburger, eine mittlere Portion Pommes Frites und ein Softdrink
(0,4 l) als Bündel CHF 12.90 bei Einzelerwerb jedoch CHF 13.90.

> Ein Direktflug hin und zurück von Zürich nach Los Angeles kostet bei einer Fluggesellschaft in der Economy Class
CHF 1‘142, in der Business Class CHF 5‘688 und in der First Class CHF 15‘284.

> Ein Museum gewährt Schülern und Studenten einen 50-prozentigen Rabatt.

> Eine Restaurantkette bietet in Basel einen Teller Spaghetti für CHF 17.90 an und in Frankfurt für 10 €.

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Gestaltung des Rabatt- und Bonussystems (1)

Rabattarten

Funktionsrabatte Mengenrabatte Zeitrabatte Treuerabatte

• Grundfunktionsrabatt • Einzelauftragsrabatt • Einführungsrabatt • (Jahres-)Rückver-


(Gross-, Einzelhan- (nach Auftrags- gütungsrabatt
• Vorausbestellungs-
delsrabatt) volumen, nach
rabatt
Auftragszusammen-
• Marktbearbeitungs-
setzung) • Saisonrabatt
rabatt (Werbekosten-
zuschuss, Zweitplat- • Abschlussrabatt • Ausverkaufsrabatt
zierungs-, Sonder-
• Umsatzrabatt
aktionsrabatt)
• Finanzierungsfunk-
tionsrabatt (Skonto,
Delkredere, Inkasso)

Quelle: In Anlehnung an Becker (2001) Seite 9


Gestaltung des Rabatt- und Bonussystems (2)

> Offizieller versus tatsächlicher Preis (Problem der Listenpreise)


(Angaben 340 73

in CHF)
Effektiver
17 Preisnach-
8 lass: 145
10
Normaler (43 Prozent)
Händler- 232 12
rabatt Mengen- 7
rabatt Aktions- 5
Einzel- 9
bezoge-ner 4
rabatte, die Bonus für 195
Sonder- Treue-
durch Erreichung Werbe-
rabatt bonus
Aussen- kosten- Exklu-
des
dienst zuschuss sivitäts- Bonus für
Umsatz-
vergeben bonus Unterstützung
steige-
werden bei Neu-
rungsziels
produktein-
führungen

Tatsächlich erzielter Preis


Grundpreis Rechnungspreis
("pocket price")

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Klassische Preistheorie – Individuelle
Preis-Absatz-Funktionen (PAFs)

Ja/Nein-Fall Variable Menge-Fall

Absatz Absatz

1 3

Preis Preis
1 2 3 4

Quelle: Simon (1992) Seite 11


Klassische Preistheorie – Aggregation individuelle PAFs

Ja/Nein-Fall Variable Menge-Fall


Nachfrager Absatz Nachfrager Absatz
A: x A: x
3 3
2 2
1 1
Preis p
1 2 3 1 2 3
Nachfrager Absatz Nachfrager Absatz
B: x 3 B: x 3
2 2
1 1
Preis p Preis p
1 2 3 1 2 3
Nachfrager Absatz Nachfrager Absatz
C: x 3 C: x 3
2 2
1 1
Preis p Preis p
1 2 3 1 2 3
Aggregierte Absatz Absatz
Aggregierte 4
Funktion: x 3 x
Funktion: 3
2 2
1 1
Preis p Preis p
1 2 3 1 2 3

Quelle: In Anlehnung an Simon (1992) Seite 12


Klassische Preistheorie – Grundlegende Formen einer PAF

Allgemein: x = x (p) mit x: Absatz und p: Preis

> Lineare Preis-Absatz-Funktion

> Multiplikative Preis-Absatz-Funktion

> Stückweise lineare (Gutenberg-)Funktion

Quelle: Homburg, Kuester und Krohmer (2013) Seite 13


Klassische Preistheorie – Lineare PAF

> Allgemeine Form: x = a – bp, mit (normalerweise) b > 0

Allgemein Beispiel

Absatz x Absatz x
(in 100t)
70

a x = a – bp 60
50
− 40
30
20
1 10
Preis p Preis p
a a (in CHF/kg)
2b b 1 2 3 4 5 6 7 8

Quelle: In Anlehnung an Homburg, Kuester und Krohmer (2013) Seite 14


Übungsbeispiel zur linearen PAF

> Die North Wind AG ist auf die Herstellung von Outdoor Artikeln spezialisiert. Um den Erfolg ihrer neuen (iPhone
kompatiblen) Handschuhe abschätzen zu können, wurden diese zunächst auf einem abgegrenzten Testmarkt
angeboten: Im Dezember 2011 wurden hier insgesamt 340 Paar Handschuhe zu einem Preis von 41.50 CHF
verkauft. Im Folgemonat senkte die North Wind AG den Preis auf 33 CHF, was zu einer Absatzsteigerung auf 510
Paar Handschuhe führte.

> Bestimmung der Preis-Absatz-Funktion:


Gleichungssystem mit 2 Unbekannten x
(I) 340 = a – 41.5 b
a = 1170
(II) 510 = a – 33 b
→ a = 1170, b = 20; x(p) = 1170 – 20 p

> Bestimmung der absoluten Absatzänderung bei einer


Preisänderung um eine Einheit:
x(p) = 1170 – 20 p p
Differenzieren nach p: x’(p) = -20 a/b = 58.5

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Klassische Preistheorie – Multiplikative PAF

> Allgemeine Form: x = a ∙ p-b, mit (normalerweise) b > 0

Allgemein Beispiel

Absatz x Marktanteil in %

70
60

x = ap − b
50
40
30
− 20

10
Preis p
Preis p 1 2 3 4 5 6 7 8

Quelle: In Anlehnung an Homburg, Kuester und Krohmer (2013) Seite 16


Klassische Preistheorie – Gutenberg-Funktion
(doppelt geknickte PAF)

> Allgemein: flacher mittlerer Teil und zwei steile Randbereiche

35
Beispiel:
30
 30 − p für 0  p  5

x =  26 − 1 p für 5  p  30 25
5
 170 − 5p für 30  p  34
 20

x
15

10

0
0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34
p

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Klassische Preistheorie – Preiselastizität des Absatzes

> Definition:

relative Absatzänderung
ε =
relative Preisänderung

> Mathematisch:

dx(p)
x dx(p) p
ε = = 
dp dp x
p

Quelle: Homburg, Kuester und Krohmer (2013) Seite 18


Klassische Preistheorie – Preiselastizität
bei einer linearen PAF (1)

> Graphische Darstellung einer linearen PAF und ihrer Preiselastizitäten:


x

ε > -1

ε = -1

ε < -1

p
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Klassische Preistheorie – Preiselastizität
bei einer linearen PAF (2)

Beispiel: 160

x = 80 – 0.5p 140
−
120
p p
ε = − 0.5  =
80 − 0.5p p − 160 100

35 80

x
ε(35) = = − 0.28
35 − 160
60
80
ε(80) = = −1
80 - 160 40
120
ε(120) = = −3
120 - 160 20
150
ε(150) = = − 15 0
150 - 160
0 20 40 60 80 100 120 140 160
159
ε(159) = = − 159 p
159 - 160

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Klassische Preistheorie – Preiselastizität
bei einer multiplikativen PAF

Beispiel:
60
x=5∙ p-1.2
50

p 40
− 2.2
ε = 5  (−1.2)p  = − 1.2
5p −1.2 30

x
20

10
−
0
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14
p

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Klassische Preistheorie – Preiselastizität
bei einer Gutenberg-Funktion

 240.000 − 20.000p für 0  p  6



Doppelt-geknickte PAF: x =  180.000 − 10.000p für 6  p  12
 300.000 − 20.000p für 12  p  15

 − 20.000 für 0  p  6
dx(p) 
1. Ableitung der PAF: =  − 10.000 für 6  p  12
dp  − 20.000
 für 12  p  15

3 1 12
ε(p1 ) = − 20.000  = − ε − (p4 ) = − 10.000  = −2
Berechnung der Elastizitäten für: 180.000 3 60.000
8 12
p1 = 3, p2 = 8, p3 = 10, ε(p2 ) = − 10.000  = − 0,8 ε + (p4 ) = − 20.000  = −4
100.000 60.000
p4 = 12, p5 = 14: 10 14
ε(p3 ) = − 10.000  = − 1,25 ε(p5 ) = − 20.000  = − 14
80.000 20.000

Quelle: Homburg (2000) Seite 22


Ansatzpunkte zur Preisbestimmung –
Einflussfaktoren der Preisentscheidung

Marketingmix

Kosten Wettbewerb

Preis

Rechtliche
Marketing-
Rahmen-
strategie
bedingungen

Nachfrage

Quelle: Homburg, Kuester und Krohmer (2013) Seite 23


Ansatzpunkte zur Preisbestimmung –
Preisbildung in der Praxis

Preisbildung in der Praxis

Nachfrage- Wettbewerbs- Kosten-


orientiert orientiert orientiert

Quelle: In Anlehnung an Homburg, Kuester und Krohmer (2013) Seite 24


Verhaltenswissenschaftliche Aspekte der Preispolitik

Seite 25
Verhaltenswissenschaftliche Preisforschung

Untersucht, wie Kunden Preise tatsächlich wahrnehmen, beurteilen, speichern und erinnern.
(Homburg/Koschate 2005a, b)

Betont psychologische Faktoren im Entscheidungsverhalten des Kunden

Drei Beispiele, die Unter- Die Preisbereitschaft wird von Preiserwartungen und der wahrgenommenen
schiede zur klassischen Fairness der Transaktion beeinflusst.
Preistheorie dokumentieren:
Bei der Bewertung von Preisunterschieden werden weniger die absoluten als
vielmehr die relativen Preisunterschiede herangezogen.

Objektive Preise werden nicht linear in subjektive Preise transformiert.

Seite 26
SR-Modell der klassischen Preistheorie
SOR-Modell der Preisinformationsverarbeitung

S objektiver Preis objektiver Preis S


Aufnahme des objektiven Preises

Interpretation und Beurteilung

Nutzenmaximierung subjektiver Preis

Speicherung des subjektiven Preises


O
Einstellung zum subjektiven Preis in Abhängigkeit von
Beeinflussungsfaktoren

R Kauf, Nichtkauf Kauf, Nichtkauf R


Quelle: Kaas (1981) Seite 27
Phasen und wichtige Konzepte der
verhaltenswisssenschaftlichen Preisforschung

Preisinformations- Preisinformations- Preisinformations-


aufnahme beurteilung speicherung

Vorgänge, die zur Aufnahme von Entschlüsselung, gedankliche Lernen (relativ dauerhafte
Preisinformationen in das Weiterverarbeitung und Beurteilung Verhaltensänderung durch Erfahrung
Kurzzeitgedächtnis führen der wahrgenommenen und Beobachtung) und Erinnern
Preisinformationen (dauerhafte Speicherung im
Langzeitgedächtnis)
• Preisinteresse • Preisschwellen
• Preissuche • Referenzpreis • Preiswissen
• Preisgünstigkeit
• Preiswürdigkeit
• Preisfairness

Ausgabe- und Produkt-


nutzungsverhalten

• Zahlungsmethoden
• Mentale Budgetierung

Quelle: Homburg, Kuester und Krohmer (2013) Seite 28

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