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KÄLTE & KLIMATECHNIK

Zugfestigkeit von Hart- und


Weich-Lötungen im Technologieunterricht
Dieter Schmidt, Springe

Die Bedeutung des Lötens ist aber un- Gründe genug, sich während der Aus-
zum Autor
ter Umweltschutzaspekten (Minimierung bildung ausführlich mit dem Thema Löten
Dieter Schmidt, der Kältemittelemission durch Leckage) auseinanderzusetzen. An den Berufsbil-
Oberstudienrat – sogar noch gewachsen, weil es als unlös- denden Schulen Springe werden die Aus-
Fachbereich zubildenden der Fachklassen des Kältean-
Kältetechnik lagenbauerhandwerks in der Grundstufe
an den Berufs- deswegen neben dem Theorieunterricht
bildenden Schu- auch durch praktische Demonstrationen
len Springe mit der Problematik vertraut gemacht.
Hierzu dient u. a. ein Zugversuch, bei dem
verschiedene in der Werkstatt erstellte Löt-
verbindungen (Cu-Rohr, Fittinglötung mit
Weich- und Hartlot, Bild 1) und zum Ver-
gleich ein ungelötetes Rohrstück in der Zer-
reißmaschine bis zum Bruch belastet werden.
Löten ist nach DIN 8505 ein Die dabei auftretenden Bruchkräfte ge-
„Verfahren zum Verbinden ben nicht nur Aufschluß über die Festig-
keit der verwendeten Lötverbindungen,
metallischer Werkstoffe mit Hilfe sondern sensibilisieren die Schüler gleich-
eines geschmolzenen Zusatz- zeitig für die Eigenschaften des für sie so
wichtigen Werkstoffes Kupfer. Fragt man
metalles (Lotes), gegebenenfalls nämlich die Schüler mit Hinweis auf die
unter Anwendung von Flußmittel oben zitierte Norm, warum für die Druck-
Bild 1 Die vorbereiteten Lötproben leitung wohl Hartlöten empfohlen wird,
und/oder Löt-Schutzgasen. Die fällt ihnen zunächst ein, dies müsse wohl
Schmelztemperatur des Lotes bare Verbindung bei fachgerechter Ausfüh- mit der höheren Festigkeit zusammenhän-
liegt unterhalb derjenigen der zu rung in der Praxis bessere Dichtheit ge- gen. Wenn dann im Zugversuch die weich-
währleistet als z. B. die Bördelverschrau- gelötete Probe mit höheren Festigkeits-
verbindenden Werkstoffe.“ Nach bung. In diesem Zusammenhang sei auf die werten aufwarten kann, ist die Verblüffung
der Arbeitstemperatur (AT) Untersuchung „Dichtheit von Kälteanlagen“ groß. Typische dabei ermittelte Werte für
des ILK Dresden verwiesen, die ein häufi- die maximale Zugkraft Fmax bei Cu-Rohr
wird dabei zwischen Weichlöten ges Auftreten undichter Bördelverbindun- 15 ´ 1 zeigt Tabelle 1.
(t < 450 °C) und Hartlöten gen konstatiert und gleichzeitig feststellt: Erst wenn man das Augenmerk der
„Positiv zu vermerken ist die gute Qualität Schüler auf die genaue Lage der Bruch-
(t > 450 °C) unterschieden. der Hartlötverbindungen. Von den geprüften stelle (Bild 2) lenkt, kommen sie zu tiefe-
Lötstellen waren nur 0,15 % undicht.“ ren Erkenntnissen.
Im Kälteanlagenbauerhandwerk hat das
Löten zum Verbinden der häufig verwen-
deten Kupferrohrleitungen immer schon Versuchsreihe 1: Zugversuch von Fittinglötungen bei Raumtemperatur
eine große Rolle gespielt. So ist ihm denn
auch in der DIN 8975 Teil 6 (Kälteanlagen Lot L-Ag 55 Sn L-Sn Ag 5 L-Ag 2P L-Ag 18P ungelötetes
Rohr
– Sicherheitstechnische Grundsätze für
Gestaltung, Ausrüstung und Aufstellung) AT [°C] 650 240 710 650 –
ein eigener Abschnitt gewidmet, in dem
es u. a. heißt: „Bei Medientemperaturen Fmax [N] 9300 15 000 9700 9200 15 000
unter –10° C ist hart zu löten, es sei denn, Lage des neben Fitting neben neben Fitting neben Fitting neben
es werden geeignete Zinn-Antimon-Weich- Bruches Einspannung Einspannung
lote benutzt. Bei (…) Kältemitteldrucklei-
tungen sollte hartgelötet (…) werden.“ Tabelle 1

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KÄLTE & KLIMATECHNIK

Festigkeitsgründe können offensichtlich 4). Die Hartlötungen brechen nach wie vor
kaum eine Rolle spielen. Die Schüler ver- in der Nähe des Fittings, allerdings bei
muten jetzt, daß vielleicht die durchweg noch einmal deutlich geringeren Kräften
höhere Temperatur auf der Druckseite als bei Raumtemperatur.
dafür ausschlaggebend ist. Außerdem zeigt die Probe mit dem ge-
Zur Klärung dieser Frage werden die glühten Rohr die Herabsetzung der Festig-
Zugproben in einer zweiten Versuchsreihe keit durch das Glühen. Das geglühte Rohr-
erneut durchgeführt, diesmal mit höherer stück bricht nämlich genau an der Stelle
Temperatur. Dazu werden die Lötproben der stärksten Erwärmung (Bild 5). Daß im
in einem Anlaßofen auf 150 °C erwärmt vorliegenden Fall die Festigkeitsminde-
und in heißem Zustand zerrissen. Zum Un- rung nicht so stark war wie bei den Hart-
termauern der nach Versuchsreihe 1 ge- lötproben in der ersten Versuchsreihe,
fundenen Erklärung für die Schwächung kann auf eine geringere Temperatur und
der Hartlötproben allein durch das Glühen kürzere Erwärmungsdauer zurückgeführt
wird diesmal außerdem ein ungelötetes, werden.
aber in der Mitte vorübergehend auf etwa Die Versuche zeigen darüber hinaus,
Löttemperatur erwärmtes Rohrstück ge- daß der Einsatz der hochsilberhaltigen
nommen. Typische dabei ermittelte Werte (und damit besonders teuren) Lote hier zu
für die maximale Zugkraft Fmax zeigt Ta- keinem meßbaren Festigkeitsvorteil ge-
belle 2. führt hat, wie es die mit 650 °C geringere
Die Ergebnisse der zweiten Versuchs- Arbeitstemperatur von L-Ag 55 Sn und
reihe bestätigen zunächst einmal die von L-Ag 18 P erwarten ließe. Offensichtlich ist
Bild 2 Lötproben nach dem Zugversuch bei den Schülern geäußerte Vermutung, daß dieser Temperaturvorteil unter Werkstatt-
Raumtemperatur: Die Hartlötungen brechen die Hartlötungen bei höheren Temperatu- bedingungen nicht ohne weiteres zu nut-
neben dem Fitting (Lötstelle), die Weichlötung
an der Einspannstelle
Versuchsreihe 2: Zugversuch von Fittinglötungen bei 150 °C (geglühtes Rohr bei 20 °C)
Die Ergebnisse können wie folgt zu-
sammengefaßt werden: Lot L-Ag 55 Sn L-Sn Ag 5 L-Ag 2P L-Ag 18P geglühtes
Rohr
1. Die Fittinglötung selbst hält dem Zug-
versuch in jedem Fall (Weich- oder AT [ °C] 650 240 710 650 –
Hartlötung) stand.
2. Die Hartlötproben brechen in der Nähe Fmax [N] 8000 6000 7900 7300 10 000
des Fittings. Lage des neben Fitting Lötung! neben Fitting neben Fitting an der
3. Die Weichlötprobe und das ungelötete Bruches Glühstelle!
Rohr brechen in der Nähe der Ein-
spannstelle. Tabelle 2
Erklärung: Die beim Hartlöten relativ
hohe Arbeitstemperatur von ca. 700 °C ren fester sind als die Weichlötung. Diese zen, so daß die Verwendung der preis-
schwächt den Grundwerkstoff (das Rohr weist jetzt die geringste Festigkeit auf und werteren Lote unter diesem Aspekt ge-
hatte bei seiner Herstellung durch Kalt- es kommt zur Zerstörung der Lötung, in- rechtfertigt erscheint. Allerdings ist zu be-
umformung an Festigkeit gewonnen, die dem eines der Rohrteile sauber aus dem achten, daß phosphorhaltige Lote nicht für
durch Rekristallisationsglühen rückgängig Fitting herausgezogen wird (Bilder 3 und die Lötung von Stahl geeignet sind und
gemacht wird). Die Festigkeit der verwen- sich die Einsatzgrenzen der verschiedenen
deten Hartlote ist in jedem Fall höher als Lote sowohl nach oben wie nach unten er-
die des geglühten Kupfers. Beim Weich- heblich unterscheiden. Die Tabelle 3 zeigt
löten ist diese Schwächung offensichtlich die vom Verfasser zusammengetragenen
geringer bzw. gar nicht feststellbar. Die La- Werte im Überblick.
ge der Bruchstelle ist hier durch die
Schwächung des Werkstoffes beim voran-
gegangenen starken Verformen zum Er-
zeugen der Einspannstelle (Rohr im
Schraubstock flach gedrückt) zu erklären.
Warum wird nun in DIN 8975 für die
Druckleitung Hartlöten empfohlen? Diese
Eingangsfrage ist durch die erste Ver-
suchsreihe noch nicht geklärt worden.

Bild 3 Die Lötproben nach dem Zugversuch


bei ca. 150 °C: Bei der Weichlötung wird das
Rohr aus dem Fitting gezogen

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Bild 4 Noch in den Spannbacken: Die Weich- Bild 5 Das unbehandelte Rohr
lötprobe nach dem Zugversuch bei ca. 150 °C bricht an der Einspannstelle
(15 000 N), das geglühte an der
Glühstelle (10 000 N). Deutlich
erkennt man die mit der vermin-
Zusammenfassung derten Festigkeit einhergehende
Zunahme der Bruchdehnung
An den Berufsbildenden Schulen Springe
werden den Auszubildenden durch Zugver-
suche mit in eigener Werkstatt erstellten Arbeitstemperatur Einsatzgrenzen
Lote für die KT und ihr Einsatzbereiche
Fittinglötungen wesentliche Eigenschaften [°C] tmin [°C] tmax [°C]
des Kupfers sowie der Weich- und Hartlote
veranschaulicht: Phosphorhaltige Silberhartlote:
● Geglühtes Kupferrohr verliert gegen- L-Ag 2P ca. 710 – 20 +150
über ungeglühtem an Festigkeit. L-Ag 5P ca. 710 – 40 +150
● Bei Raumtemperatur sind Weich- und
L-Ag 15P ca. 710 – 70 +150
Hartlote fester als der Grundwerkstoff.
● Bei ca. 150 °C bricht die Weichlötung Cu ohne Flußmittel zu löten, Phosphor verhindert Oxidation; nicht für Stahl geeignet (spröde)
eher als der Grundwerkstoff, die Hart-
lötungen sind nach wie vor fester als Hochsilberhaltige Hartlote:
der Grundwerkstoff. L-Ag 34 Sn ca. 710 – 200 +200
● Die Festigkeit des hartgelöteten Rohrs L-Ag 40 Sn ca. 690 – 200 +200
ist bei 150 °C geringer als bei Raum- L-Ag 45 Sn ca. 670 – 200 +200
temperatur.
L-Ag 55 Sn ca. 650 – 200 +200
● Auch durch starke mechanische Ver-
formung kann eine Festigkeitsminde- Weichlote:
rung erfolgen.
L-Sn Ag 5 ca. 240 – 200 +100
Die so vermittelten Erkenntnisse bilden
eine gute theoretische Grundlage für den L-Sn Sb 5 ca. 240 – 200 +100
fachgerechten Umgang mit Kupfer und Weichlöten für Druckleitungen nicht empfohlen
Lötungen in der Praxis des Kälteanlagen-
bauers. ❏ Tabelle 3

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