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Nr. 10 Juli 2010 – Österreichische Post AG, Info.

Mail Entgelt bezahlt

Magazin der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck

Astronomiejahr 2009
Höhentraining
Faszination Universum
mit Nebeneffekt

Kriegspostkarten Schutzprojekte
Ein Blick auf den Zweck Flusskrebse sollen vor
der Bildpostkarten aus dem Aussterben gerettet
dem Ersten Weltkrieg. werden.

Seite 14 Seite 16

Beilage zur Tiroler Tageszeitung www.uibk.ac.at


Dienstag, 13. Juli 2010 3

editorial

inhalt

Foto: www.mariorabensteiner.com
JULI 2010

4 Ehrungstag
D i e U n i I n n s b r u c k e h r t e 13 P e r s ö n l i c h ke i t e n , d i e

8
si c h u m d i e H o c h s c h u l e v e r d i e n t g e m a c h t h a b e n .

6 Zahnloser Kampf
J e d e s J a h r z u r F e r i e n ze i t h ä u f e n si c h B e r i c h t e ü b e r
Liebe Leserin, lieber Leser!
Produktpiraterie. Doch wie ist die Rechtslage?

Das akademische Jahr neigt sich dem Ende zu. Ein


8 Unerfüllter Kinder wunsch Zeichen dafür ist auch, dass derzeit sehr viele junge
A m We g z u m W u n s c h k i n d i s t i n Ö s t e r r e i c h n i c h t Leute aus aller Welt in der Stadt zu sehen sind. Viele
alles erlaubt. Viele suchen die Lösung im Ausland. davon besuchen entsprechende Summerschools, die
wir gemeinsam mit unseren Partnerunis durchführen.
Dies zeigt sehr anschaulich, dass die Uni ein Fenster
10 St a d t f o r s c h u n g zur Welt ist. Ein Jahresabschluss ist auch immer der
D i e S ozi o l o g i n Eli s a b e t h D o n a t h a t e i n e n g e n a u e r e n Zeitpunkt, Bilanz zu ziehen und in die Zukunft zu
B l i c k a u f d e n St a d t t e i l K r a n e b i t t e n g e w o r f e n . blicken: Betrachten wir das vergangene Jahr, dann
könnten wir eigentlich zufrieden sein: Unsere For-
scherinnen und Forscher haben trotz schwieriger
12 L e i s t u n g s s t e i g e r u n g Rahmenbedingungen noch etwas mehr Geld für ihre

18 Der Körper reagier t nicht nur positiv auf


d a s Tr a i n i n g i n h ö h e r e n L a g e n .
Projekte eingeworben als im Vorjahr, und das Interes-
se der Studierenden an der Uni Innsbruck war größer
denn je. Aber genau das kann auch zum Problem wer-
den. Mehr Forschungsprojekte und mehr Studierende
14 A n s i c h t e n d e r K r i e g s f ü r s o r g e brauchen mehr Raum und mehr Personal. Hier stehen
D e r H i s t o r i ke r J o a c h i m B ü r g s c h w e n t n e r b e s c h ä f t i g t wir jedoch vor großen Schwierigkeiten. Im Gegensatz
si c h m i t B i l d p o s t k a r t e n a u s d e m E r s t e n We l t k r i e g . zu den meisten unserer Nachbarländer plant man in
Österreich über alle Bereiche, also auch bei Bildung
und Forschung, die Budgets einzufrieren oder gar zu
16 Re t t u n g e i n e r a u s s t e r b e n d e n A r t kürzen. Für die Universitäten bedeutet dies jedoch
M i t v e r s c h i e n d e n e n P r o j e k t e n w o l l e n I n n s b r u c ke r die Gefahr, ihre in den vergangenen Jahren erfolg-
Wissenschaf tler die Flusskrebse retten. reich aufgebaute Position zu verlieren und im inter-
nationalen Wettbewerb zurückzufallen. Ich hoffe,
dass hier das letzte Wort noch nicht gesprochen ist,
18 Q u a n t e n w e l t denn Investitionen in Bildung und Wissenschaft sind
Barbara Kraus und Florian Schreck wurden Investitionen in die Zukunft.
m i t d e m S TA R T- P r e i s 20 10 a u s g e ze i c h n e t . Ich wünsche Ihnen einen schönen und erholsamen

20
Sommer und freue mich auch weiterhin über Ihr Inte-
resse an unserer Universität.
20 Naturgefahren
Im Rahmen von alpS untersuchen Wissenschaf tler Univ.-Prof. Dr. Karlheinz Töchterle
d a s H o c h w a s s e r r i si ko f ü r T i r o l . Rektor der Universität Innsbruck

Impressum
wissenswert – Magazin der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck – 13. Juli 2010

Gründungsherausgeber: Komm.-Rat Joseph S. Moser, April 1993 †; Herausgeber: Gesellschafterversammlung der Moser Holding AG; Medieninhaber
(Verleger): Schlüsselverlag J. S. Moser Ges. m. b. H.; Hersteller: Intergraphik Ges. m. b. H.; Sonderpublikationen, Leitung: Stefan Fuisz;
Redaktion: Thorsten Behrens, Eva Fessler, Christa Hofer, Patrizia Pichler, Susanne E. Röck, Uwe Steger, Christina Vogt; Covergestaltung: Stephanie Brejla, Catharina Walli;
Fotos Titelseite: istockphoto.com, Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck, Leopold Füreder; Fotos Seite 3: bilderbox.com, Knabl, Böhm.

Anschrift für alle: 6020 Innsbruck, Ing.-Etzel-Straße 30, Postfach 578, Tel. 53 54-0, Beilagen-Fax 53 54-3797.
4 Dienstag, 13. Juli 2010

Die neuen Ehrendoktoren Albert Eschenmoser, Bruno Messerli und José Casanova (von links) singen das Gaudeamus Igitur. Fotos: Universität Innsbruck

Universität ehrte
Freunde und Förderer
I nsge samt 13 Per sönlichkeiten Am 12. Juni wurden 13 In seinen Begrüßungsworten
Frauen und Männer im hob Rektor Karlheinz Töchterle
au s ver schie denen B ereichen der die Wichtigkeit von Freunden und
Rahmen des jährlichen Förderern für eine Universität her-
G e sell schaf t hab en sich wer t volle Großen Ehrungstages der vor. Gleichzeitig ging er auf die
Ver dienste um die Univer sit ät Universität Innsbruck aus- finanzielle Situation der Universi-
gezeichnet. täten ein: Derzeit sei die Lage der
I nnsbruck er worb en o d er durch Universität Innsbruck in Bezug auf
Seit dem Jahr 1848 ist der Forschung und Lehre zwar gut,
ihre wi ssen schaf tlichen Große Ehrungstag ein fester Be- es gebe aber bereits Probleme bei
standteil des Akademischen Jahres der Bereitstellung der notwen-
Spit zenlei stung en üb er zeu gt . an der Universität Innsbruck. Im digen räumlichen, personellen
Laufe der Geschichte gab es un- und finanziellen Ressourcen.
ter anderen mit Nobelpreisträger „Wenn die geplanten Sparpläne
Friedrich Hayek, dem Maler Albin umgesetzt werden, drohen dunk-
Egger-Lienz und Kardinal Franz le Wolke aufzuziehen“, warnte
König große Namen, die im Rah- der Rektor, der deshalb alle, die
men des Ehrungstages von der eine Verbundenheit mit der Uni-
Universität gewürdigt wurden. versität Innsbruck fühlen, darum
Mit den Geehrten dieses Jahres bat, die Alma Mater in den nächs-
fand diese Tradition eine würdige ten schwierigen Jahren zu unter-
Fortsetzung. stützen.
Dienstag, 13. Juli 2010 5

Ehrenträger des alpS-Centre for Climate Change


Adaptation on Technologies
Mag. Dr. Günter Unterleitner,
Innsbruck. Stellvertretender Vor-
Claudia Lösch, Innsbruck. Behin-
dertensportlerin und Studentin
Jahres 2010 standsvorsitzender der Hypo an der Universität Innsbruck

E hrendoktorat der Naturwis- E hrendoktorat der Theologie:


Prof. Dr. José Casanova,
Tirol Bank
Mag. Roswitha Mayer, Wien.
senschaften:
em. Prof. Dr. Dr.hc.mult. Albert
Eschenmoser, Zürich. Emeri-
Washington D.C. Religionsso-
ziologe an der Georgetown Uni-
versity, Washington und Leiter
E hrensenatoren: Dr. Gerhard
Brandstätter, Bozen. Präsi-
dent der Stiftung Südtiroler Spar-
Referentin für Öffentlichkeitsar-
beit und akademische Beziehun-
gen an der Kanadischen Bot-
tierter Professor für Organische des Berkeley Center for Religion, kassen schaft in Wien
Chemie am Laboratorium für Or- Peace and World Affairs
ganische Chemie der Eidgenös- Dr. Martin Steinmeyer, Mün- Monika Tessadri-Wackerle,
sischen Technischen Hochschule
(ETH) Zürich E hrenbürger: Dr. Marjan Ce-
scutti, Bozen. Präsident des
Südtiroler Kulturinstituts
chen. Unternehmer und Mitglied
des Deutschen Freundeskreises
der Universitäten in Innsbruck
Innsbruck. Ehemaliges Mitglied
des Senats sowie des Arbeitskrei-
ses für Gleichbehandlungsfragen
em. Prof. Dr. Dr. hc. Bruno Mes- der Universität Innsbruck
serli, Bern. Emeritierter Professor
für Physische Geographie an der
Universität Bern und Mitglied des
Univ.-Prof. i.R. Dr. Peter Gröb-
ner, Innsbruck. Ehemaliger Uni-
versitätsrat und Vizerektor der
E hrenzeichen: Dott. Salvato-
re Bianco, Policoro. Direktor
des Museo Nazionale della Siriti-
OSR Josef Told, Außervillgraten.
Volksschuldirektor i.R., Mitglied
Scientific Advisory Boards des Universität Innsbruck de di Policoro der ARGE Universität im Dorf

Rektor Töchterle gratuliert Bruno Messerli. Olympiasiegerin Claudia Lösch nimmt das Ehrenzeichen in Empfang.

Rektor Töchterle, Günter Unterleitner und VR Margret Friedrich (v. l.). Dr. Gerhard Brandstätter erhält die Ehrensenatoren-Kette.
6 Dienstag, 13. Juli 2010

Der zahnlose Kampf


gegen Nobel-Imitate
J e de s Jahr zur F erienzeit häufen sich B erichte üb er hohe Strafen b eim Kauf
von Sonnenbrillen - und Ta schenimit aten im Urlaub. D o ch die se G e schichten
gelten nur für d enjenig en , d er seine Ferien in It alien verbringt .

„Produktpiraterieverord- terreich beschlagnahmt. 250.000 Urlaub mitgebracht werden dür- dern bezieht sich ausschließlich
nung“. Hinter dem sper- Paar Schuhe, 30.000 Mobiltele- fen. Auf anderem Weg liegt der auf den Tourismus. „Wird in der
fone und jede Menge Arzneimit- Grenzwert jedoch bei 150 Euro. Post eine Fälschung aufgefunden,
rigen Wort verbirgt sich die tel waren per Post, auf der Straße So steht es in der zentralen EU- ist sehr wahrscheinlich mit der
rechtliche Lage beim Kauf oder im Flugzeug auf dem Weg Produktpiraterieverordnung. Da- Vernichtung der Ware und einem
eines Luxus-Schnäppchens zu ihrem neuen Besitzer. Doch so mit sind die Gesetze für Touristen theoretisch möglichen Straf- oder
gut wie keiner dieser Artikel kam ziemlich zahnlos“, erklärt Wolf- Zivilverfahren zu rechnen – unab-
im Urlaub. im Koffer eines Touristen ins Land. gang Thaler. hängig vom Wert der Sendung“,
„Was die meisten nicht wissen, berichtet Thaler weiter. Für Tou-
400.000 gefälschte Artikel mit ist, dass bis zu einem Wert von Warenvernichtung risten bedeutet das: Ein paar ge-
16 Millionen Euro Marktwert wur- 430 Euro auch gefälschte Wa- Diese Regelung gilt jedoch fälschte T-Shirts vom Markt im
den im Jahr 2009 vom Zoll in Ös- ren mit dem Flugzeug aus dem nicht für den Postversand, son- Urlaubsland bergen keinen Grund

60 Dollar für eine gefälschte Rolex: Auf dem Markt in Peking ist so manch vermeintliches Luxusgut billig zu haben. Foto: AP
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zur Besorgnis, solange die Grenze


von 430 bzw. 150 Euro Waren-
wert nicht überschritten wird.
Grenzen fließend
Doch wie lässt sich überhaupt
feststellen, ob man gefälschte
Ware gekauft hat? Das ist ziem-
lich schwierig, sogar die Original-
Hersteller haben heute oft Prob-
leme, ihre Produkte vom Imi-
tat zu unterscheiden. Oft sind
beide Waren sogar identisch,
denn es gibt das Phänomen des
„Factory-Overrun“: Die Arbei-
ter schieben zusätzliche Schich-

«laut österreichischem
produktpirateriegesetz
sollten Strafen verhängt
werden, doch 2008 und
2009 wurde keine einzige
Strafe ausgesprochen.»
Wolfgang Thaler
Gefälschte Markenhandtaschen in einem Geschäft auf den Balearen: Beliebte Urlaubsziele warten oft mit
ten ein und die so produzierten einem großen Sortiment an Imitaten auf. Fotos: Keystone, Pilgermair
Waren können nur noch anhand
der Vertriebswege von den Ori- ten. Mit 75 Prozent der Gesamt- dem Verkehr gezogen, der Groß- zUr perSon
ginalen unterschieden werden. importe in diesem Bereich wird teil (ca. 80 Mio.) DVDs und CDs,
Ein bisschen gesunder Men- ein Großteil in China produziert. ca. 40 Mio. gefälschte Zigaretten
schenverstand kann aber auch Dies führt Wolfgang Thaler auch und knapp 18. Mio. Bekleidungs-
oft weiterhelfen. Eine echte Rolex auf die Struktur, Geschichte und artikel“, erklärt Thaler. Auch in
für nur wenige Euro kann man Gepflogenheiten des Landes zu- Österreich fanden die Fahnder
nirgendwo kaufen, auch bei Be- rück: „Die Hersteller von Imitaten knapp 400.000 Artikel. „Zollfahn-
kleidung ist die Unterscheidung sind oft die einzigen Arbeitgeber der rechnen damit, dass ihnen
oft einfach: „Auf dem türkischen in der Umgebung, also geht die nur ein Bruchteil der Ware ins
Bazar gibt es keine Original- regionale Regierung nicht unbe- Netz geht“, berichtet er. Was die
Nike-T-Shirts“, klärt Thaler auf. Strafen, die das österreichische WolfGanG Thaler
«auf dem türkischen Bazar Produktpirateriegesetz vorsieht,
Chinesische Mentalität
gibt es keine original-nike-
Imitats-
angeht, ist Thaler allerdings we-
Im Technikbereich wird ge- niger zuversichtlich: „In den Jah-
fälschte Ware heute vielfach über T-Shirts.» ren 2008 und 2009 wurde kei-
das Internet zum Kauf angebo- Wolfgang Thaler ne einzige Strafe ausgesprochen.
Sonderfall Italien
Experte
dingt gegen sie vor. Dann hilft
Gefährliche Medizin es auch nichts, wenn der chi-
nesische Handelsminister kon-
Und was ist nun mit all den
Geschichten, in denen Touristen W olfgang Thaler studierte
Rechtswissenschaften

D er Bericht der Europäischen


Union zur Einfuhr gefälsch-
ter Waren im Jahr 2008 zeigt
sequentes Handeln verspricht
und der Rechtsbestand in China
sich durchaus westlichen Stan-
hohe Geldbußen zahlen müssen,
weil sie gefälschte Waren gekauft
haben? „Das ist eine Sache des
an der Universität Innsbruck.
Nach dem Studium arbeitete
er u. a. als Jurist für ein Tiroler
ein Wachstum von 13 Prozent dards annähert“, erklärt er. Auch nationalen Rechts, die sich nur Autohaus. Dort stieß er durch
binnen eines Jahres im Bereich die Grundmentalität der Chi- auf Italien bezieht“, erklärt Thaler. Zufall auf die rechtlichen Prob-
der Medizin-Imitate. Rund neun nesen, die im Nachahmen kein Um die Flut an fliegenden Händ- leme, die imitierte Waren für
Millionen Produkte gingen den Unrecht, sondern Würdigung lern zu bekämpfen, die gefälschte den Originalhersteller und den
Zollfahndern ins Netz. Ein Groß- und Anerkennung des Produkts Taschen und Sonnenbrillen ver- Wiederverkäufer mit sich brin-
teil dieser Waren kommt aus In- und seines Erfinders sehen, ma- kaufen, ziehen die Italiener neben gen können. Den Umstand,
dien. che die Situation nicht einfacher. Verkäufern nunmehr auch die dass dieses Spezialgebiet in
Vor der Einnahme derartiger Käufer mit hohen Strafen zur Re- Literatur, Lehre und Praxis
Medikamente wird dringend Gesetz zeigt Wirkung chenschaft. „In Italien ist es in der bislang weitgehend kaum Be-
gewarnt, da sie den Konsumen- Doch die Gesetze gegen die Tat nicht empfehlenswert, solche achtung fand, nahm er zum
ten gesundheitlichen Schaden Produktpiraterie zeigen Wir- Waren zu kaufen. Mit den Fun- Anlass, sich im Rahmen seiner
zufügen können oder in vielen kung: „Immerhin wurden 2008 den, die der Zoll macht, hat dies Dissertation umfangreich mit
Fällen aufgrund fehlender Wirk- in knapp 50.000 Verfahren an aber nichts zu tun“, kann Wolf- der Problematik auseinander
stoffe wirkungslos sind. den EU-Außengrenzen exakt gang Thaler Urlauber beruhigen. zu setzen.
178.908.278 Fälschungen aus christina.vogt@tt.com
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Das Geschäft
mit dem
Wunschkind

Der Wunsch nach einem Baby treibt viele Paare ins Ausland: Hier gelten oft andere gesetzliche Bestimmungen. Foto: Bilderbox.com

Für viele Paare wir d d er uner füllte Wun sch nach einem B aby zum
me dizini schen Hür d enlauf : Wa s für die Familien eine groß e emotionale
und finanzielle B ela stung b e d eutet , i st für and ere ein gute s G e schäf t .

Die Bilder von glücklichen duktionsmedizin. Doch nicht nur Menschenleben, speziell im Ge- ieren. Ziel ist es, ein (inter)natio-
Babys und strahlenden Ärzte widmen sich dem Thema, sundheitswesen“, erinnert sich nales Kooperationsnetzwerk auf-
auch Wissenschaftler des Insti- der Wirtschafts- und Sozialhisto- zubauen, an dem u. a. auch die
Müttern sind pastellfarben:
tuts für Wirtschaftstheorie, -poli- riker Andreas Exenberger. Seit MedUni beteiligt ist.
Sie sind Werbung für ein tik und -geschichte befassen sich 2007 beschäftigt er sich nun
einträgliches Geschäft. damit. „Die urspüngliche Moti- immer wieder mit dem Thema Graue Märkte
vation waren Armuts- und Ge- Reproduktionsmedizin und ver- Unterschiedliche rechtliche Be-
Zahlreiche Wissenschaftler be- waltfragen und vor allem Fragen sucht, genug fundiertes Material stimmungen in den EU-Ländern,
schäftigen sich mit unerfülltem der praktisch unvermeidlichen zusammenzutragen, um ein grö- aber auch international, eröffnen
Kinderwunsch und der Repro- Bewertung von Menschen und ßeres Forschungsprojekt zu initi- die Möglichkeit, im Ausland das
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zu tun, was im Heimatland nicht men worden. Österreich fällt mit sich in Österreich durch den Fonds
erlaubt ist. „Es gibt in diesem Be- nur einem Prozent weit dahinter breite Schichten der Bevölkerung
reich ganz klar graue und schwar- zurück. Die genauen Gründe da- den Wunsch nach einem Kind
ze Märkte. Wir möchten wissen, für versuchen wir zu eruieren“, erfüllen, schaut die Situation in
wie grau der Markt wirklich ist. führt er weiter aus. Auch die den Vereinigten Staaten vollkom-
Paare sind oft bereit, viel Geld für unterschiedliche Preisgestaltung men anders aus: Staatliche Hilfe
ein eigenes Kind zu bezahlen und gibt es nicht, die Möglichkeiten
weichen dann zur Behandlung in «Globalisierung und Ostöff- der in den USA besonders teuren
andere Länder aus“, erklärt Exen- Reproduktionsmedizin sind aus-
berger. nung haben einen großen schließlich finanziell gut gestell-
Einfluss auf die Ökonomisie- ten Paaren vorbehalten. Möglich
Hilfe im Ausland
Ein Beispiel ist die Eizellspende.
rung der Reproduktionsme- ist auch, dass die Preise künstlich
hochgehalten werden. Denn mit
Was machbar ist, ist
In Österreich ist sie gesetzlich ver- dizin gehabt.» dem unerfüllten Kinderwunsch nicht überall erlaubt
boten. In Tschechien oder Spa- Andreas Exenberger kann viel Geld verdient werden:
nien hingegen ist die anonyme
Eizellspende erlaubt, in Belgien
auch die bekannte. Aus meist
wirft noch viele Fragen auf. In Ös-
terreich unterstützt der IVF-Fonds
Ärzte, Pharmafirmen und Kliniken
verhelfen Paaren nicht aus rei-
ner Nächstenliebe zum Familien-
D ie rechtlichen Bestimmun-
gen zur Reproduktionsme-
dizin sind von Land zu Land
wirtschaftlich schlechten Verhält- die Paare, sofern u. a. bei einem glück. unterschiedlich. Für präim-
nissen stammen dann die Eizell- der Partner Fruchtbarkeitsstö- plantative Diagnostik (Untersu-
spenderinnen. „Aus Regionen rungen vorliegen. Ihnen bleibt ein 30 Jahre Geschichte chung der Embryonen vor dem
mit geringer Kaufkraft holt man Selbstbehalt von ca. 30 Prozent Die Reproduktionsmedizin Einsetzen in die Gebärmutter),
junge, gesunde, gutaussehende der Behandlungskosten. Dadurch kann heute auf eine 30-jährige Leihmutterschaft oder Eizellen-
intelligente Frauen, die gegen ist der Markt ziemlich reguliert. Geschichte zurückblicken. 1978 spende gelten in jedem Land
Bezahlung Eizellen spenden“, be- erblickte das erste „Retortenba- andere Regeln. Österreich hat
richtet der Forscher. Preise differieren by“ das Licht der Welt, es folgten vergleichsweise restriktive Ge-
Dabei variieren die Preise je In anderen Ländern hingegen einige Aufbaujahre bis hin zur setze, Leihmutterschaft und Ei-
nach Land und den Attributen der differieren die Preise weit stärker. „Marktreife“ Ende der achtziger zellspende sind verboten.
Spenderin beträchtlich: Im Schnitt „Wir wissen noch zu wenig, wa- Jahre. „Wir schauen heute auf 20 Dennoch kommen viele Paare
kostet eine Eizelle in Amerika rund rum sich die Preise so stark unter- Jahre Marktentwicklung. Und die für eine künstliche Befruchtung
4000 Dollar. Für die Eizelle einer scheiden“, berichtet Exenberger. Entwicklung schreitet dynamisch nach Österreich, da zum Bei-
Absolventin einer Eliteuniversität Doch sie haben starke Auswir- fort“, klärt Andreas Exenberger spiel in Deutschland noch stren-
können jedoch astronomische kungen auf die Struktur der po- auf. gere Gesetze gelten.
Summen anfallen. Ganz anders tenziellen Elternschaft. Können christina.vogt@tt.com
bei den Kliniken, die großteils auf
osteuropäische Spenderinnen zu-
rückgreifen: Sie erhalten oft nur
rund 100 Dollar für eine Eizelle.
Befruchtungstourismus
Die unterschiedliche Rechtsla-
ge hat einen regelrechten Touris-
mus zur Folge. Besonders beliebte
Ziele sind Zypern und Spanien:

«Erste Forschungen haben


gezeigt: Es gibt ein Interes-
se, viel Geld für ein eigenes
KInd zu bezahlen.»
Andreas Exenberger

Reiseziele, für die maßgeschnei-


derte Angebote offeriert werden
– Befruchtung inklusive. Doch
auch diese Tourismus- und Fi-
nanzströme sind kaum dokumen-
tiert. „Uns interessiert in einem
künftigen Projekt der gesamte
Weltmarkt“, berichtet Exenber-
ger. Denn die Reproduktionsme-
dizin hat sich in einigen Ländern
zu einem relevanten Wirtschafts-
faktor entwickelt. „In Israel zum
Beispiel ist bei zehn Prozent der
Geburten technische Hilfe zur Be- Künstliche Befruchtung: Mit Hilfe der Intracytoplasmatischen Spermieninjektion (ICSI) befruchtet ein Mitar-
fruchtung in Anspruch genom- beiter eine Eizelle. Foto: Keystone
10 Dienstag, 13. Juli 2010

Nachbarschaft wird in unterschiedlichen Stadtteilen verschieden gelebt. Foto: Shutterstock

Herausforderung
Stadtrandgebiete
K ranebit ten wur d e stellver tretend für and ere St a dtrand g eb iete al s
Stu dienprojek t zur Suburbani sierung gewählt . I ntere ssant an die sem
St adt teil i st , da ss die M en schen eine A r t L ob bying für sich b etreib en.
Der wissenschaftliche Hinter- ziologie, wohnt nicht nur dort, sich mit einem so genannten be- und so weiter, die mit einer recht
grund und der persönliche sondern hat in ihrer beruflichen nachteiligten Gebiet beschäftigte lauten Stimme auftreten können
Vergangenheit bereits mehre- – infrastrukturell schwach und mit und somit ihre Interessen fundiert
Bezug haben Studienautorin
re Forschungsprojekte zu diesem einer sozial benachteiligten Bevöl- vertreten.“
Elisabeth Donat bewogen, Themenschwerpunkt geleitet. „Ich kerung“, erklärt sie weiter. Dennoch wurde das Projekt so
sich dem Forschungs- und habe immer schon in solchen Ge- verfasst, dass es laut Donat stell-
genden gewohnt, auch in Wien. Repräsentatives Gebiet vertretend für andere Stadtrand-
Untersuchungsgegenstand
Und es war auch meine Absicht, Der Stadtteil Kranebitten hinge- gebiete im Innsbrucker Raum, aber
„Kranebitten“ zu widmen. mir Kranebitten auszusuchen. Aus gen hat die Möglichkeit, durch ei- auch in anderen Städten repräsen-
Einen genauen Blick auf die meinen persönlichen Erfahrungen ne gut organisierte Bürgerinitiative tativ ist und „wenn man weiter
Suburbanisierung, das Abwandern kenne ich die Vor- und Nachteile eine andere Art von Lobbying zu denkt sogar für ländliche, dörf-
städtischer Bevölkerung oder Funk- solcher Gebiete“, erzählt Elisabeth betreiben und auf sich aufmerk- liche Gemeinden, die sich immer
tionen aus der Kernstadt in das Donat. „Wir haben mit Kranebit- sam zu machen, weiß die Wissen- mehr ausweiten und mit densel-
städtische Umland, wirft derzeit ten ein Gebiet, das sich durch eine schaftlerin: „Die Leute können sich ben grundsätzlichen Herausforde-
eine Studie der Universität Inns- gut gebildete Bevölkerungsschicht, einfach besser artikulieren, finden rungen konfrontiert sind wie jedes
bruck. Der Grund für das Projekt einen hohen Anteil an Einfamilien- besser zusammen und haben die andere Gebiet am Stadtrand“.
„Suburbansierung am Beispiel häusern etc. auszeichnet. Dadurch Möglichkeit, ihre Interessen besser Tendenziell zeichnen sich näm-
Kranebitten“ liegt auf der Hand: bildeten sich ganz andere Struk- zu vertreten, wie wir in den Inter- lich immer ähnliche Probleme ab.
Elisabeth Donat, wissenschaftliche turen heraus als etwa bei einer views gehört haben. Hier gibt es „Der demographische Wandel be-
Mitarbeiterin am Institut für So- vergleichbaren Studie in Wien, die Rechtsanwälte, Ärzte, Professoren trifft ja die gesamte Gesellschaft. So
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muss man sich viele Fragen stellen,


unter anderem: ‚Was kann man äl-
teren Menschen an Strukturen bie-
ten, welche Möglichkeiten haben
sie, wo gibt es Barrieren, wie wird
die Zukunft aussehen?‘, meint die
Studienautorin. Das ist natürlich
auch in Kranebitten ein Thema, um
das man nicht herumkommt. Auch
die Counterurbanisierung – der Fall,
dass die Menschen wieder mehr in
die Städte drängen – gehört dazu.
„Das Berufsleben heute stellt ganz
andere Anforderungen als früher.
Damals ging es noch, dass man
von acht bis 16 Uhr gearbeitet
hat und dann noch in sein Häus-
chen an den Stadtrand fuhr. Wenn
ich mir das Berufsleben heute an-
schaue, gibt es nicht mehr so klar
definierte Dienstschlüsse, vielleicht
muss man abends ja auch nochmal
ins Büro. Auch die Anforderungen
Der Stadtteil Kranebitten ist vor allem durch den Flughafen bekannt. Foto: Böhm

«Kranebitten kann durch die


Bürgerinitiative eine ganz ne Diskrepanz zwischen Einstellung auch die Aufnahme von neuen
zur perSon
andere Art von Lobbying und Verhalten zutage trat. Als die Mitbürgern. Ein Punkt, der bei den
Interviewten gefragt wurden, ob Bewohnern von Kranebitten ein
betreiben.» Umweltschutz für sie wichtig wäre, wenig Skepsis hervorrief. „Es gibt
Elisabeth Donat Foto: Donat bejahten dies 96 Prozent. Bei der gewisse Vorbehalte – wie das eben
weiteren Befragung kam allerdings so ist –, wenn neue Leute dazu
von Familie und Beruf, das non- heraus, dass 77 Prozent mit dem kommen. Familien dürfen sich über
plus-ultra-Thema Kinderbetreuung, Auto fahren. einen starken Zuspruch freuen. Als
sind evident. Und da man in einem Ein weiteres Ergebnis der Studie in der Befragung aber die Rede von
Stadtrandgebiet teilweise auf die befasste sich mit dem Zusammen- sozial schwachen Menschen oder
Nutzung des Autos angewiesen leben. Ein Aspekt, der im subur- Leuten mit Migrationshintergrund eLiSABeth DonAt
ist, tendieren die Leute dazu, sich banen Gebiet Kranebitten sehr gut war, schwang doch Skepsis mit“,
dort anzusiedeln, wo sie eine gute funktioniert, wie die Wissenschaft- fasst Elisabeth Donat zusammen.
Infastruktur vorfinden“, weiß Elisa-
beth Donat.
lerin Donat weiß: „Die Leute hel-
fen sich gegenseitig aus, es gibt
ein sehr gutes Netzwerk. Bei un-
Ein weitere Punkt des Projekts
setzt sich mit der Partizipation in
der Stadtrandgemeinde auseinan-
D r. Elisabeth Donat ist wis-
senschaftliche Mitarbeite-
rin am Institut für Soziologie
Ergebnisse der Studie serer Befragung trafen wir auf nie- der. „Da es ja die Bürgerinitiative an der Universität Innsbruck.
Diese Infrastrukturproblematik manden, der isoliert erschien. Vor gibt, haben wir uns auch dieses Nach Anstellungen an den
und die damit verbundene Nut- allem ältere Leute grüßen einander, Themas angenommen und he- Universitäten Wien und Krems
zung des Autos ist auch den Be- kennen sich, sind auch miteinander rausgefunden, dass vor allem äl- sowie an der Wirtschaftsuni-
wohnern von Kranebitten bewusst, befreundet.“ tere Menschen interessiert und versität Wien und beim For-
wobei im Zuge der Recherchen ei- Die Themenbefragung umfasste bereit sind, sich zu engagieren“, schungsinstitut des Wiener
sagt Donat. Überhaupt darf sich Roten Kreuzes ist sie seit zwei
die Bürgerinitiative in Kranebitten Jahren für Forschung und Leh-
über Zuspruch freuen. „Fast drei re im Bereich der „Methoden
Viertel der Befragten, würden sich empirischer Sozialforschung“
beteiligen, zwar nicht aktiv. Den- verantwortlich. Bereits zum
noch ist das ein großer Teil. Ein Er- vierten Mal fand unter ihrer
gebnis, das Hoffnung macht, denn Leitung ein „Forschungsprak-
rein vom Lobbying-Blickpunkt her tikum“ im Bereich Stadt- und
wäre das ein Stadtteil, der Potenzial Regionalsoziologie an einer
hat, sich gut organisiert und über Universität statt, das mit einem
gute Kontakte verfügt. Und das ist wissenschaftlichen Workshop
auch sicher Teil der Erfolge der Ini- abgeschlossen wurde. Zu ih-
tiative in Kranebitten. Dort wurden ren Forschungsinteressen zäh-
bereits durchaus tolle Pläne durch- len die angewandten Metho-
gesetzt“, meint Elisabeth Donat ab- den der Sozialforschung sowie
schließend. die Verknüpfung von Theorie
patrizia.pichler@tt.com und Empirie, Raumsoziologie,
politische Soziologie und Neue
Weitere inForMAtionen Medien.
www.uibk.ac.at/soziologie/index.html.de
Die Forschungsberichte bringen interessante Details ans Licht. Foto: Donat
12 Dienstag, 13. Juli 2010

Training in der Höhe


Vor der Fußball -Welt mei ster schaf t in Sü dafrika war nicht nur Spanien nach
dem Europamei ster titel 2 0 0 6 erneut zu G a st in T irol. Auch andere Team s
schät zen die Höhenluf t und die G a st freund schaf t . Höhentraining i st in
zahlreichen Sp or t ar ten verbreitet . D o ch wa s bringt e s? Profe ssor Mar tin
B ur t scher vom I n stitut für Sp or t wi ssenschaf t an der Univer sit ät I nnsbruck
geht die ser Frag e seit Jahren nach.

Höhenluft steigert die Sau-


erstofftransportkapazität
im Blut. Größere Ausdau-
erleistungen sind dadurch
möglich. Der Körper rea-
giert aber nicht nur posi-
tiv auf das Training in der
Höhe.

Seit den Olympischen Spielen


1968 in Mexico City besteht ein
wissenschaftliches Interesse an
Höhentrainigseffekten. Die Olym-
pischen Spiele fanden in einer Hö-
he von 2300 Meter statt. Von der
geringeren Luftdichte profitierten
vor allem die Kurzstreckenbe-
werbe. Die Leichtathletik erlebte
eine historisch einzigartige Flut
von Weltrekorden in fast allen
Sprint- und Sprungdisziplinen:
Bei den Männern wurden Weltre-
korde über 100 Meter, 200 Meter,
400 Meter, 800 Meter, über 400
Meter Hürden, bei beiden Sprint-
staffeln sowie im Weit-, Drei- und
Stabhochsprung gemessen. Bei
den Frauen fielen die Weltrekorde
über 100 Meter, 200 Meter, 800
Meter, 80 Meter Hürden und der
Sprintstaffel sowie im Weitsprung
und Kugelstoßen.
Weltrekord für 23 Jahre
Der Weitsprungweltrekord von
Bob Beamon mit 8,90 Metern
stellte eine für unmöglich gehal-
tene Verbesserung des bisherigen
Rekords um 55 Zentimeter dar.
Erst 23 Jahre später wurde die
Weite von Mike Powell (8,95 Me-
ter) übertroffen. Dagegen waren
die Langstreckenbewerbe durch
die geringere Luftdichte benach-
Gesamthämoglobinbestimmung nach dem Höhentraining. Foto: Uni Innsbruck/Burtscher teiligt.
Dienstag, 13. Juli 2010 13

„Die Sportmedizin interessier- ausgeschöpft.“ Heute nutzen


te natürlich das Ausmaß der hö- viele Leistungssportler die Kom-
henabhängigen Einbuße“, erklärt bination aus einem Aufenthalt
Burtscher. „Gleichzeitig wurde in der Höhe und dem Training
versucht, durch eine geeignete im Tal („Live high – Train low“).
Vorbereitung diesen Verlust so „Mindestens drei Wochen lang
gering wie möglich zu halten. Um muss der Athlet mindestens 14
größere Leistungen in der Höhe Stunden pro Tag oberhalb von
erzielen zu können, war schnell 2000 Meter verbringen. Dann
klar, dass vorangehendes Trai- verbessert sich die Sauerstoff-
ning und der Aufenthalt in der transportkapazität effektiv“, weiß
Höhe Voraussetzung sind.“ Nach- Burtscher. Ein leichtes Ausdauer-
folgend beschäfigten sich die wis- training unterstützt diesen Effekt.
senschaftlichen Forschungen vor Das eigentliche Training findet
allem mit der Frage, wie die Leis- aber im Tal statt. Das gewährleis-
tung in Tallagen durch das Trai- tet, dass auch das Belastungspo-
ning in der Höhe verbessert wer- tenzial der Muskulatur voll ausge-
den können. schöpft werden kann.“
In den 1980er- und 1990er-
Jahren ging man davon aus, dass Innsbruck und Kühtai
neben dem Aufenthalt in der Hö- In Tirol bietet die Kombination
he auch das Training oberhalb Kühtai/Innsbruck gute Vorausset-
von 2000 Metern leistungsstei- zungen für das Trainingskonzept
„Live high – Train low“. „Kühtai
liegt auf 2020 Meter. Das ist ideal
«Die Verwendung eines für den Aufenthalt in der Höhe“,
Höhenzeltes hat ähnliche so Burtscher. „Der gewünschte Ef-
Effekte wie der Aufenthalt fekt zur Erhöhung der Sauerstoff-
transportkapazität wird erreicht,
in der Höhe.» bei dieser Höhe gibt es aber noch
Martin Burtscher keine nachteiligen Auswirkungen
wie Höhenkrankheit, Stoffwech- Die Eisschnelläuferin Anni Friesinger-Postma weiß die Vorzüge des Hö-
gernd für Wettkämpfe im Tal ist selprobleme oder Appetitlosig- hentrainings in Kühtai zu schätzen. Foto: TVB Kühtai
(„Live high – Train high“). „Die keit, wie sie in höheren Lagen
Forschungen haben gezeigt, dass auftreten.“ reale Aufenthalt in der Höhe. Die
die Sauerstofftransportkapazität Die Sportstadt Innsbruck ist Lebenspartner der Athleten sind zuR PERsON
im Blut deutlich erhöht wird“, nur eine gute halbe Stunde von davon allerdings im Alltag oft
so Burtscher. „Das führt zu einer Kühtai entfernt und bietet für nicht begeistert und das einzig-
erheblich besseren Sauerstoffver- Spitzenathleten beste Trainings- artige Naturerlebnis, das man in
sorgung der Muskulatur. Gleich- möglichkeiten im Tal. Zahlreiche den Bergen hat, kann es natürlich
zeitig wurde aber beobachtet, dass Spitzenathleten haben diese Vor- auch nicht ersetzen.“
die Belastung der Arbeitsmuskula- teile schon genutzt, darunter das
tur nicht maximal möglich ist und österreichische Rudernational- Training für Südafrika
daher keinen optimalen Trainings- team, die österreichischen Judo- Die Fußballnationalteams wa-
reiz darstellt. Das Leistungsvermö- kas oder deutsche Leichtathle- ren in der Vorbereitung auf die
gen des Sportlers wird durch ein tikmannschaften. Zuletzt hat die Weltmeisterschaft nicht in Kühtai. MARTIN BuRTscHER
ausschließliches Training in der deutsche Eisschnelläuferin und Sie haben sich unter anderem in

Leistung in
Höhe also nicht voll und ganz dreimalige Olympiasiegerin An- Seefeld und im Stubaital auf einer
ni Friesinger-Postma die Vorzüge Höhe von etwa 1000 Metern auf
des Aufenthalts in Kühtai für sich das Turnier vorbereitet.
Live high – Train low entdeckt und sich dort auf ihre
Wettkämpfe vorbereitet.
„Das ist kein klassisches Hö-
hentraining“, so Burtscher, „und großer Höhe
die Effekte für die Ausdauerstei-

M
Variante im Zelt
M indestens drei Wochen
lang lebt der Athlet min-
destens 14 Stunden pro Tag
Im Trainings- und Wettkampf-
alltag ist der Aufenthalt in Berg-
gerung sind nicht erforscht, dürf-
ten aber eher gering sein. Den
Teams ging es hierbei wohl eher
artin Burtscher ist All-
gemeinmediziner, Bio-
loge und Sportwissenschaft-
oberhalb von 2000 Meter. regionen allerdings nicht immer um die Teambildung in einer an- ler sowie staatlich geprüfter
Extensive Trainingseinheiten möglich. Daher nutzen viele Ath- genehmen Umgebung und die Skilehrer, Berg- und Skiführer.
können in der Höhe, intensive leten die Alternative eines Zeltes, Anpassung an die Temperatur, Er leitet das Institut für Sport-
müssen im Tal durchgeführt in dem die Höhenluft künstlich das Klima und die entsprechende wissenschaft an der Univer-
werden. Der Wettkampf im Tal hergestellt wird. „Diese Zelte wer- Höhe. Denn in Südafrika wurde sität Innsbruck. Zudem ist
sollte innerhalb der ersten zwei den beispielsweise in der Woh- teilweise ja auch auf über 1000 Burtscher Präsident der ös-
bis drei Wochen nach dem Hö- nung oder im Hotelzimmer auf- Meter gespielt.“ terreichischen Gesellschaft
henaufenthalt stattfinden. Hö- gestellt und der Athlet verbringt thorsten. behrens@tt.com für Alpin- und Höhenmedizin
hentraining ist in der Art nur darin mindestens 14 Stunden pro und wissenschaftlicher Leiter
für sehr gut trainierte Athleten Tag“, erklärt Burtscher. „Das ist des österreichischen Kuratori-
sinnvoll. eine moderne Art des Trainings, WEITERE INFORMATIONEN ums für alpine Sicherheit.
www.live-high-train-low.com
die ähnliche Effekte hat, wie der
14 Dienstag, 13. Juli 2010

Ansichten der
Kriegsfürsorge
D er Hi storiker J oachim B ürg schwentner b e schäf tigt sich mit B ildp ostkar ten
au s dem Er sten Weltkrie g. I n seiner D i sser t ation g eht er d er Frage nach ,
inwieweit die se ein st aatliche s Propaganda - M e dium waren.

Eine Vielzahl von Grußbot- Einfache Bildsprache und het- Parolen großer Beliebtheit. Auch mit solchen Postkarten in Kon-
schaften wurde während zerische Slogans waren ein Cha- wenn sie auf den ersten Blick na- takt kam, habe auch ich staatli-
rakteristikum der ausgeklügelten, he liegen, dürfen Analogien zum che Kriegspropaganda dahinter
des Ersten Weltkriegs auf
staatlichen Propagandamaschine- Nationalsozialismus nur mit Vor- vermutet“, erzählt Bürgschwent-
die Rückseite von Postkar- rie des nationalsozialistischen Re- sicht gezogen werden, wie Mag. ner aus seiner eigenen Erfahrung.
ten mit heldenhaften Heer- gimes, das unter anderem auch Joachim Bürgschwentner, Dokto- „Ich habe mich daraufhin näher
führern, beeindruckenden Ansichtskarten zu Propaganda- rand am Institut für Geschichts- mit dem Thema beschäftigt und
zwecken einsetzte. Bereits wäh- wissenschaften und Europäische mir ist aufgefallen, dass es zwar
Kriegsschiffen und beschö- rend des Ersten Weltkriegs er- Ethnologie erläutert. „Als ich bei Untersuchungen zur Bildsprache
nigten Kriegsszenerien ge- freuten sich Karten mit propagan- der Erfassung einer Sammlung im gibt, aber noch niemand der Fra-
schrieben. distisch anmutenden Motiven und Innsbrucker Stadtarchiv erstmals ge nachgegangen ist, wer diese

Karte des Deutschen Schulvereins mit dem Titel „Gegen welsche Tücke und Raubgier!“ und dem Slogan: „Wir wollen, daß deutsch bleibt, was deutsch ist,
und deutsch wird, was deutsch war!“ Er zeigt Deutschland und Österreich im heldenhaften Kampf mit dem mehrköpfigen feindlichen Drachen, während sich
Italien als feiger Meuchelmörder von hinten anpirscht. Fotos: Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck
Dienstag, 13. Juli 2010 15

Karten im Ersten Weltkrieg mit Kriegshilfsbüro des Innenministe-


welcher Absicht produziert hat.“ – riums kümmerten sich monar-
Genau das hat Bürgschwentner in chienahe Vereine wie zum Bei-
seiner von Prof. Gunda Barth-Scal- spiel der Witwen- und Waisen-
mani und Prof. Christoph Bertsch fonds oder das Rote Kreuz um
betreuten Doktorarbeit vor. „Bei bedürftige Kriegsopfer – ein Sozi-
weitem nicht alles, was hetze- alministerium gab es damals noch
risch oder aggressiv anmutet, ist nicht. „Die Kriegsfürsorgestellen
automatisch staatliche Kriegspro- setzten alle möglichen Mittel und
paganda“, berichtet er über ein Wege ein, um Geld zu sammeln“,
erstes Ergebnis. Viel häufiger wa- schildert Bürgschwentner. Da der
ren es kommerzielle Verlage oder Brief- und Postkartenverkehr den
politische Vereine, die solche Post- wichtigsten Kommunikationsweg
karten herausgaben. Aber auch innerhalb der Monarchie darstell-
staatsnahe und staatliche Wohl- te, war der Verkauf von Postkar-
fahrtseinrichtungen produzierten ten besonders lukrativ. „Zeitge-
Postkarten mit Kriegsmotiven, um nössische Schätzungen deuten
sie zu verkaufen. Der Erlös ging an auf rund 50 Millionen verschickte
Witwen, Waisenkinder und Ver- Postkarten pro Monat hin“, er-
sehrte. Das Kriegspressequartier klärt er. Die Recherchen für seine
– die dem Armeeoberkommando Arbeit führten ihn bereits mehr-
unterstehende Propagandastelle mals nach Wien ins Österrei-
der Monarchie – zählte nicht zu chische Staatsarchiv, wo er in
den Postkarten-Herausgebern. Akten aus der k.u.k.-Monarchie
nach Korrespondenz forscht, die
Hetze oder wohltätig? die Postkartenproduktion der
Neben dem Kriegsfürsorgeamt damaligen Zeit betrifft: Im Fun-
des Kriegsministeriums und dem dus von Innen- und Kriegsminis-
terium versucht er herauszufin-
den, wie Kriegsfürsorgestellen bei
zUR PERSOn der Produktion von Postkarten
vorgingen. „Ich bin zum Beispiel
auf einen Briefwechsel gestoßen,
in dem es um die Kartenserie
,Unsere Heerführer‘ ging. Dieser
enthält genaue Anweisungen an
den beauftragten Verlag, wer wie
dargestellt werden soll“, be-
schreibt Bürgschwentner beispiel-
haft die Dokumente, mit denen er
arbeitet.
JOACHIM BÜRGSCHWEnTnER Aggressiver als Staat
Ob und in welcher Weise sich

M ag. Joachim Bürg-


schwentner, gebo-
ren 1978 in Innsbruck, be-
die Motive der von den Kriegs-
fürsorgestellen herausgegebenen
Postkarten von jenen anderer
Das Bild stammt aus dem Jahr 1915 aus der „Unsere Heerführer-Serie“
und zeigt Porträt und Unterschrift von Franz Conrad von Hötzendorf.
gann 1997 sein Studium an Produzenten unterscheiden, ist Es ist eine „Offizielle Karte für Rotes Kreuz, Kriegsfürsorgeamt, Kriegs-
der Universität Salzburg und eine zentrale Forschungsfrage hilfsbüro“.
wechselte 1998 an die Uni- von Bürgschwentners Arbeit.
versität Innsbruck, wo er bis „Das überraschendste Ergebnis
2006 Geschichte, Anglistik meiner bisherigen Arbeit ist, dass zu bringen, was „die oft recht be- nicht so effektiv als Propaganda-
und Europäische Ethnologie die kommerziellen Verlage und liebte Verunglimpfung eines Geg- medium genützt, wie dies mög-
studierte. Seit August 2008 politischen Vereine weit aggres- ners als Leitmotiv besitzt.“ Man lich gewesen wäre. Einerseits, weil
ist er Doktorand am Institut sivere Postkartenmotive in Umlauf wolle „den patriotischen Gedan- man wohl die Macht von (Bild)-
für Geschichtswissenschaften brachten als der Staat“, sagt er. ken möglichst fördern“, heißt es Propaganda noch nicht ganz er-
und Europäische Ethnologie. Kunstkritiker aber auch Vertreter allerdings in einem Schreiben der kannt hatte; andererseits bestan-
Seine Dissertation wird durch staatlicher Stellen kritisieren deren gleichen Stelle. „Inwieweit sich den offensichtlich auch gewisse
ein Stipendium des Vizerekto- Postkarten sogar als geschmack- solche Erklärungen in der Realität ästhetische und moralische Vor-
rats für Forschung unterstützt. los und kulturschädigend. „Be- wiederfinden, muss ich mir noch behalte. „Es gab kein strikt orga-
Bürgschwentner ist darüber stimmte Motive wurden von genau ansehen. Da kommen na- nisiertes, staatliches System wie
hinaus wissenschaftlicher staatlicher Seite untersagt, weil türlich unter anderem auch kunst- bei den Nationalsozialisten. Diese
Mitarbeiter im Innsbrucker man sie für künstlerisch minder- historische Aspekte mit ins Spiel“, zogen aus derartigen ‚Fehlern’ ih-
Stadtarchiv und wirkte bei der wertig oder unanständig hielt“, verdeutlicht Bürgschwentner. re Schlüsse und ‚perfektionierten’
Neugestaltung der Daueraus- schildert Bürgschwentner. Der Neben vielen offenen Punkten den Einsatz von Propaganda für
stellung in der Innsbrucker Leiter des staatlichen Kriegshilfs- ist für ihn etwas bereits klar: Wäh- ihre Zwecke“, verdeutlicht Bürg-
Hofburg mit. büros heftete sich hingegen auf rend des Ersten Weltkriegs wur- schwentner.
die Fahnen, nichts auf den Markt de die Bildpostkarte bei weitem eva.fessler@uibk.ac.at
16 Dienstag, 13. Juli 2010

Der Edelkrebs Astacus astacus, der schon im Mittelalter wirtschaftlich genutzt wurde, ist heute in seinen natürlichen Lebensräumen stark gefährdet.

Rettung einer
aussterbenden Art
Waren Flu sskreb se früher in Ö sterreich weit verbreitet , find et
man sie heute nur no ch auf Sp ei sekar ten von G ourmet- Re st aurant s .
Univ.-Prof. Leopold Füreder rung für Flusskrebse. Bereits im darauf, dass Flusskrebse bewirt- pro Jahr auf. Später verschwan-
vom Innsbrucker Institut 1504 erschienenen Jagd- und schaftet wurden. „Die Tatsache, den die heimischen Flusskrebse
Fischereibuch von Maximilian I dass der Edelkrebs vermehrt in aber zusehends aus den österrei-
für Ökologie will mit sei-
waren der Krebsbestand in Öster- Gewässern vorkam, die zu ade- chischen Gewässern. „Der Rück-
ner Forschungsarbeit auf reich aufgelistet sowie mögliche ligem Besitz, einem Schloss, einer gang der Bestände geht meiner
die heimischen Flusskrebs- Fangmethoden beschrieben. „Wir Burg sowie Klöstern gehörten, Ansicht nach einher mit der Ver-
Arten aufmerksam machen verfügen über Quellen, die bis in weist eindeutig darauf hin“, weiß bauung, Nutzung und der damit
das Mittelalter zurückreichen, die Füreder. verbundenen Verschmutzung der
und arbeitet an verschie- die Bedeutung des Krebsfanges in Gewässer“, erklärt Füreder. Als
denen Artenschutzprojek- Österreich belegen“, so der Öko- Gefährdete Art zweiten Grund für die Dezimie-
ten, um ihr Aussterben zu loge. Weiteres Indiz dafür, dass Diese rege Bewirtschaftung rung der Bestände nennt er die
verhindern. Flusskrebse häufig auf dem Spei- des Flusskrebsbestandes in West- Krebspest. „Diese hat im letzten
seplan standen, ist eine kaiserliche österreich ist bis 1911 dokumen- Jahrhundert in mehreren Epochen
„Flusskrebse haben in Öster- Verordnung, die besagt, dass dem tiert. Zu dieser Zeit führte die k. gewütet und hat die heimischen
reich eine lange Geschichte und Gesinde nicht an mehr als an drei und k. Hofberichtsstelle für die Flusskrebsbestände radikal aus-
hatten früher durchaus auch wirt- Tagen Krebs vorgesetzt werden Region Westösterreich nament- gelöscht“, beschreibt Füreder.
schaftliche Bedeutung“, erklärt dürfe. Im Lauf der Geschichte fin- lich alle vorkommenden Krebs- Auslöser für die Krebspest war
Leopold Füreder seine Begeiste- den sich auch weitere Hinweise arten und den erwarteten Ertrag der verstärkte Besatz mit ameri-
Dienstag, 13. Juli 2010 17

kanischen Krebsen wie zum Bei- pulationen im Gurgltal anzusie- kommen, begleiten wir die Popu-
spiel dem Signalkrebs. „Diese Art deln“, beschreibt Füreder. Dazu lation noch weiter, indem wir ihre
zeigte eine Resistenz gegen die entnehmen die Wissenschaftler Lebensbedingungen analysieren
Krebspest, weshalb sie als ideale im Herbst die bereits befruchte- und Optimierungsmöglichkeiten
Besatzkrebse eingestuft wurden. ten Weibchen aus den Gewässern aufzeigen“, beschreibt der Wis-
Es zeigte sich aber, dass der ver- und beobachten in einer Zucht- senschaftler.
stärkte Besatz mit Signalkreb- anlage an der Uni Innsbruck un-
sen den heimischen Beständen ter kontrollierten Bedingungen Überlebenskünstler
noch mehr zusetzte, weil sich die die Entwicklung der Jungkrebse. Eine andere Art der heimischen
Krebspest noch weiter ausbrei- Die befruchteten Weibchen für Flusskrebse – der Steinkrebs – ist
tete“, schildert Leopold Füreder. die Entnahme sind dabei gut zu noch vereinzelt im Tiroler Außer-
Heute seien die größeren Ge- erkennen: „Die Krebse tragen fern zu finden. Auch diese Bestän-
wässer Österreichs frei von Edel- die befruchteten Eier an ihren de wollen die Ökologen durch
krebsen und auch die heimischen Schwimmbeinchen unter dem ein Artenschutzprojekt sichern.
Steinkrebse haben sich mehr und
«Der Rückgang der Bestän- Schwanz, wo sie sich circa sieben „Im Archbach und im Halden-
mehr zurückgezogen. „In Zuflüs- de geht einher mit der Ver- Monate lang entwickeln“, erklärt see im Außerfern wurden noch
sen und Oberläufen sind noch bauung und Verschmutzung der Ökologe. Nachdem die Jung- zwei relativ intakte Steinkrebs-
vereinzelt Flusskrebspopulationen krebse geschlüpft sind, werden Populationen gefunden. Da ihr
zu finden. Mit unseren Arten- der Gewässer.» sie in den Zuchtanlagen noch cir- Lebensraum – vor allem im Arch-
schutzprojekten wollen wir diese Leopold Füreder ca zwei Monate gefüttert, bevor bach – durch zahlreiche Verbau-
sichern und wieder stabilisieren.“ sie wieder in die Natur entlassen ungsmaßnahmen nicht optimal
Das Verschwinden der und fressen Insektenlarven und werden, allerdings nicht, ohne die ist, wollen wir diese Population
Flusskrebse aus Österreichischen auch Aas“, so Füreder. Lebensraumbedingungen vorher umsiedeln und wie im Gurgltal
Gewässern ist seiner Ansicht Im Tiroler Gurgltal gibt es noch zu überprüfen: „Bevor die Krebse auch neue Populationen grün-
nach nicht nur ein Schaden für wenige Gewässer, in denen Edel- in ihren neuen Lebensraum ge- den“, beschreibt Leopold Für-
die Artenvielfalt in Österreich. krebse zu finden sind. Hier wur- bracht werden, prüfen wir die eder, der anmerkt, dass die Stein-
„Flusskrebse nehmen aufgrund ih- den bereits vor Jahren intensive Gewässer auf ihre Lebensraumvo- krebse im Außerfern – vor allem
rer großen Biomasse – Edelkrebse Schutzmaßnahmen gesetzt, was raussetzungen, Temperatur, Kalk- im auf 1126 Metern Seehöhe ge-
werden bis zu 20 Zentimeter zum Erhalt intakter Gewässer – gehalt und so weiter“, so Leopold legenen Haldensee – unter eher
groß und leben in Populationen und somit Lebensräume – geführt Füreder. Damit die neue Populati- kargen Bedingungen überleben.
von mehreren 100 bis 1000 Tie- hat. „Unser Ziel beim vom Land on nicht nur aus Jungkrebsen be- „Diese Überlebenskünstler gilt
ren – eine Schlüsselrolle im Nah- Tirol geförderten Artenschutz- steht, werden auch die Weibchen es zu bewahren, damit in Öster-
rungskreislauf. Sie können den Le- projekt im Gurgltal ist es, ausge- und Männchen aus Wildfängen in reich in Zukunft jedes Kind wieder
bensraum verändern, verkleinern hend von zwei relativ intakten die neuen Gewässer eingebracht. Flusskrebse kennt.“
grobe partikulärische Substanzen Edelkrebs-Populationen fünf Po- „Im neuen Lebensraum ange- susanne.e.roeck@uibk.ac.at

Entwicklungsschritte der Flusskrebs-Eier, die am Hinterleib eines Edelkrebsweibchens angeheftet sind. Fotos: Leopold Füreder, Martin Weinländer
18 Dienstag, 13. Juli 2010

Eintauchen in die
Welt der Quanten
B arbara K rau s und Florian Schre ck wur d en mit d em STA R T- Prei s
au sg ezeichnet , d em hö ch stdotier ten W i ssen schaf t sprei s für
junge F or scher in Ö sterreich.

Quantencomputer und -si-


mulationen sind Ziel der
Forschungsarbeit der bei-
den Innsbrucker Wissen-
schaftler.
Mathematik oder Physik? Die
Wahl des Studiums war für Barba-
ra Kraus nicht unbedingt einfach.
Auch wenn sie dann beide Fach-
richtungen abschloss, das Hauptin-
teresse lag eindeutig in der Physik
– und nach den ersten Quanten-
vorlesungen war ohnehin klar:
„Das will ich machen“, zeigt sich
die 34-Jährige von ihrem Fachge-
biet begeistert. Eine Leidenschaft,
die nun auch offiziell gewürdigt
wurde: Barbara Kraus vom Insti-
tut für Theoretische Physik und
Florian Schreck vom Institut für
Quantenoptik und Quanteninfor-
mation erhielten zwei der sechs
START-Preise. Die höchstdotierte
Auszeichnung für junge Wissen-
schaftler in Österreich ermöglicht
es den beiden, eigene Arbeits-
gruppen an der Universität Inns-
bruck aufzubauen und in den
nächsten sechs Jahren an ihren
Projekten zu arbeiten. Eine Chan-
ce, die nicht nur einen großen
Schritt in der Karriere bedeutet,
sondern auch die Möglichkeit,
mit den besten Vertretern des
Fachgebiets zu arbeiten, wie bei-
de betonen. Ebenso die Möglich-
keit, Theorie und Experiment mit-
einander kombinieren zu können.
Voraussetzungen, die an kaum ei-
ner anderen Universität weltweit
so vorhanden sind, erklären beide
unisono.
Suche nach Methoden
Barbara Kraus beschäftigt sich
mit der Quanteninformationsthe-
Florian Schreck im Labor, in dem es gelang, das Strontium-Bose-Einstein-Kondensat zu erzeugen. Foto: Knabl orie. „Die Quantenphysik gibt es
Dienstag, 13. Juli 2010 19

bereits seit hundert Jahren. Da-


mals stellten die Forscher fest,
dass sich die Natur anders verhielt
als erwartet. Man brauchte also
eine Theorie, mit der dies erklär-
bar wurde“, erläutert die Forsche-
rin. In ihrer Arbeit versucht sie, die
klassische Informationstheorie mit
der Quantenphysik zu verbinden.
Schwerpunkt ist dabei die Suche
nach theoretischen Methoden,
mit denen Vielteilchenquanten-
systeme charakterisiert und be-
schrieben werden können. Eines
der Phänomene, die durch die
klassische Physik nicht erklärbar
war, bildete die so genannte Ver-
schränkung, eine starke Verbin-
dung zwischen zwei oder meh-
reren Systemen. „Bei zwei Teil-
chen weiß man inzwischen, wie
die Verschränkung funktioniert
und wie man sie nutzen kann.
Bei mehreren Teilchen sind aber
noch immer viele Fragen offen –
etwa, was genau Verschränkung
bedeutet und wie man sie messen
kann“, schildert Kraus.
In diesem Bereich will sie mit
ihrer Arbeitsgruppe, die sie dank
des START-Preises aufbauen kann,
forschen. Auf mögliche Anwen-
dungen angesprochen, nennt Barbara Kraus sucht nach theoretischen Methoden, mit denen Vielteilchenquantensysteme charakterisiert und be-
Kraus etwa die Quantenkyrptogra- schrieben werden können. Foto: Knabl
phie, also den sicheren Austausch
von Information. Einen weiteren Forschungsschwerpunkt von Flo- sucht, ein Bose-Einstein-Konden- Beispiel für Präzissionsmessun-
Bereich stelle der Quantencom- rian Schreck, der in Innsbruck das sat aus Strontium zu erzeugen, gen. „Einige der besten Uhren
puter dar, der es ermöglichen Institut für Quantenoptik und wobei immer jene zwei Strontium- der Welt enthalten etwa Stronti-
soll, höchst komplexe Systeme zu Quanteninformation (IQOQI) Isotope verwendet wurden, die um“, nennt Florian Schreck ein
berechnen, was mit den bishe- mitaufbaute. Dem Experimental- in der Natur am häufigsten vor- Beispiel. Genaueste Messungen
rigen Computern nicht möglich physiker und seinem Team ge- kommen. Allerdings hat es damit und die Darstellung kompli-
ist. Weiters hoffen die Forscher, lang es im Vorjahr weltweit als nicht funktioniert. Wir haben uns ziertester Systeme sind auch die
die Quanteninformationstheorie erster Gruppe, ein Bose-Einstein- dann jenes Isotop angeschaut, das Einsatzbereiche, die Schreck für
auch als Theorie für andere Be- Kondensat aus Strontium zu er- am seltensten ist – und plötzlich die Zukunft sieht. „Wir können
reiche der Physik anwenden zu zeugen. Der Weg dorthin ge- hat es geklappt“, ist Schreck stolz. heute viele Dinge nicht berech-
können. staltete sich nicht nur als Wett- Strontium ist für die Wissenschaft- nen, weil sie so komplex sind,
lauf mit Wissenschaftlern in den ler so interessant, da es durch dass jeder normale Computer
Experimenteller Ansatz Vereinigten Staaten, sondern seine zwei Hüllen-Elektronen ei- daran scheitert“, unterstreicht
Quantencomputing und hatte mitunter auch Züge eines ne reichhaltige interne Struktur Florian Schreck.
Quantensimulationen sind auch Krimis. „Seit Jahren wurde ver- hat. Von Bedeutung ist dies zum christa.hofer@tt.com

zur person zur person


Auszeichnung für durch eine internationale Jury.

Florian Barbara
Ziel ist es, Nachwuchsforschern
junge Forscher die Möglichkeit zu geben, über
einen Zeitraum von sechs Jahren

Schreck D er START-Preis des Wis-


senschaftsministeriums
wird durch den Wissenschafts-
finanziell abgesichert arbeiten
und eine Wissenschaftergruppe
aufbauen zu können. Nach drei
Kraus
F lorian Schreck wurde 1972
in Konstanz geboren, wo
er nach dem Schulbesuch
fonds FWF vergeben. Mit einer
Höhe von bis zu 200.000 Eu-
ro pro Jahr ist er der höchstdo-
Jahren erfolgt eine Bewertung.
Bewerben für die START-Preise
können sich Wissenschafter aller
B arbara Kraus, geboren
1975, ist in Tirol aufge-
wachsen. Nach dem Studium
Physik studierte. Aufenthalte tierte Forschungspreis für junge Disziplinen. Von den diesjährigen der Physik und Mathematik an
in Grenoble und Paris sowie Wissenschaftlerinnen und Wis- sechs START-Preisträgern stam- der Universität Innsbruck folg-
in den USA folgten, bevor er senschaftler in Österreich. Die men mit Barbara Kraus und Flori- ten Forschungsaufenthalte in
ans IQOQI kam. Auswahl der Preisträger erfolgt an Schreck zwei aus Innsbruck. Garching und in Genf.
20 Dienstag, 13. Juli 2010

Lehren aus den


Katastrophen ziehen
N aturg efahrenfor schung i st der A rb eit sschwerpunk t von
Univ. - Prof. Frie drich Schöb erl. I m Rahmen von alpS unter -
suchen er und weitere Team s da s Ho chwa sserri siko für T irol.

Blick auf die Innbrücke in Innsbruck während des Hochwassers im Sommer 2005. Foto: Böhm
Dienstag, 13. Juli 2010 21

Die prinzipiellen Optimie- chenden Erfahrungen, um daraus


rungsarbeiten für ein Hoch- die Lehren zu ziehen“, erläutert
Schöberl. Die Einführung der Ge-
wasserprognosesystem sol-
fahrenzonenplanung gehört et-
len 2011, Verfeinerungen wa dazu. Nach dem Hochwasser
und Erweiterungen bis 2013 1987 sei man wiederum verstärkt
abgeschlossen sein. in die Ursachenforschung einge-
stiegen und habe gleichzeitig be-
Das Hochwasser von 2005 gonnen, die bisherige Schutzstra-
in Tirol hat sich in das Gedächt- tegie zu hinterfragen. Auch öko-
nis vieler gebrannt. „Es war das logische Aspekte fanden Eingang
höchste beobachtete Hochwasser in die Überlegungen sowie eine
in Innsbruck in der Aufzeichnungs- intensivere Berücksichtigung des
periode von etwa 140 Jahren Sedimenthaushaltes der Bäche
und damit wirklich nicht alltäg- und Flüsse. „Ein Problem stellen
lich“, betont Univ.-Prof. Friedrich oft die Zuläufe zu den größeren
Schöberl, der sich im Rahmen Flüssen dar, da diese Sedimente
des alpS-Kompetenzzentrums mit in stark variablem Ausmaß ein-
Naturgefahrenforschung befasst. tragen. Flüsse brauchen für diese
Längerfristig gab es laut Schöberl wiederum Platz, um sie zwischen-
immer wieder derartige Extreme, lagern zu können. Ein enger Fluss-
auffallend sei aber, dass diese lauf steht dem jedoch entgegen“,
nicht regelmäßig waren. „Eine erklärt Schöberl. Nach den Hoch-
Häufung schwerer Hochwasserer- wassern 2002 und 2005 hat man
eignisse trat zwischen 1850 und sich dann noch intensiver mit der Univ.-Prof. Friedrich Schöberl mit Mag. Johannes Schöber (vorne), ei-
1930 auf“, berichtet der Wissen- Gefährdungsproblematik ausei- nem Mitarbeiter aus dem HoPi-Projekt. Foto: alpS
schaftler. Dies sei auch die Zeit, nander gesetzt.
in der mit großen Regulierungen
begonnen worden sei. Auch die Prognosesysteme Speicherkraftwerke, die die Wass- tung des Klimawandels alleine
entsprechenden Behörden wur- Im Rahmen von alpS arbeiten erführung des Inn beeinflussen, nicht ausreichend. „Hochwasser-
den in dieser Zeit eingerichtet. die Forscher verschiedenster Dis- müssen berücksichtigt werden. schäden werden einfach von zu
Mitte des 20. Jahrhunderts beob- ziplinen an der Installierung eines Das Inn-Modell wird bereits täg- vielen Faktoren beeinflusst.“ Die
achteten die Forscher eher mo- Hochwasserprognosesystems lich für Abflussprognosen heran- Lösung müsse vielmehr in einer
derate Hochwasser, weshalb sich (HoPi). Vorarbeiten dafür began- gezogen. Vollständig umgesetzt gebündelten Strategie liegen, die
auch das Gefahrenbewusstsein nen bereits 2003. Gedacht ist das soll es bis 2013 sein. Prognosesysteme, Schutzvorkeh-
nicht so stark entwickelte, bevor System für den gesamten Inn-Ver- rungen und Maßnahmen für den
es dann ca. ab den 1970er-Jahren lauf in Tirol. HoPi besteht aus hyd- Risikobewertung Katastrophenfall vereint. Wichtig
erneut zu einer Häufung extremer rologischen und hydraulischen In einem weiteren Projekt von ist in diesem Zusammenhang der
Hochwasser kam. Bausteinen, die über eine webba- alpS und der Geographie Inns- Blick auf die Restgefährdung und
Beeinflusst von der Auftretens- sierte Benutzeroberfläche gesteu- bruck schauen sich Wissenschaft- deren Minimierung. Zu 100 Pro-
variabilität sind natürlich auch ert werden können. Der direkte ler die Schadenshäufigkeit und das zent ließen sich die Natur und die
das Risikobewusstsein und die Zugriff auf fernübertragene me- Schadensausmaß von Hochwas- von ihr ausgehenden Gefahren
Maßnahmen, die gegen die von teorologische und hydrologische serereignissen an. Dabei geht es nun einmal nicht beherrschen.
der Natur ausgehenden Gefahr Daten soll dabei die Simulation um Szenarien, die eine Risikobe- christa.hofer@tt.com
gesetzt werden. „Es brauchte ein- der Abflüsse in Echtzeit erlauben. wertung für die Zukunft ermögli-
fach seine Zeit und die entspre- Parallel zu diesem Modell gibt es chen sollen. Die Forscher betrach- zUr PerSon
ähnliche für den Lech und die ten dabei die letzten 30 Jahre und

Kompetenzzentrum
Großache. Alle Modelle werden
vom hydrographischen Dienst des
Landes betrieben. Die Problematik
versuchen, Schadenshäufigkeiten
sowie Änderungen in der Land-
nutzung und der Schadensdi-
U niv.-Prof. Friedrich Schö-
berl bezeichnet sich
selbst als „geographischen
zu Naturgefahren all dieser Prognosesysteme liegt in mension zu erfassen. Auf Basis der Quereinsteiger“. Er hat ur-
der Vielschichtigkeit der Einfluss- Analysen sollen Bewertungsinstru- sprünglich Wasserwirtschaft

D as K om petenzzentrum
„alpS – Centre for Clima-
te Change Adaptation Techno-
faktoren, da die Einzugsgebiete
wie etwa die des Inn extrem kom-
plex reagieren. „Hier geht es nicht
mente für Zukunftsszenarien ent-
wickelt werden.
Naheliegend, dass in diesem
an der Universität für Boden-
kultur in Wien studiert und im
Bereich Wasserbau dissertiert.
logies“, das im Juni offiziell er- nur um unterschiedliche Nieder- Zusammenhang auch ein Blick auf Anschließend leitete er 25 Jah-
öffnet wurde, soll Strategien für schlagsbedingungen im Bereich den Klimawandel geworfen wird. re lang das Wasserbaulabor.
die vom Klimawandel besonders der Zuflüsse, sondern auch um Schon die bisherigen Entwick- Einen der Forschungsschwer-
stark betroffenen Gebirgsräume die Vorhersagbarkeit der Nieder- lungen lassen erkennen: In Bezug punkte bildete der Sediment-
erarbeiten. Im alpS sind 19 For- schlagsintensitäten. Gleichzeitig auf die Änderung des Schadensri- transport in Gewässern. Mit
schungsprojekte der Bereiche muss der Niederschlagsverlauf in sikos sind die zu erwartenden Kli- der Gründung des ersten alpS-
GEO, HYDRO und BIO angesie- Abflusswellen umgerechnet wer- maeinflüsse eher nachrangig ein- Kompetenzzentrums 2003
delt, in denen 80 Mitarbeiterin- den. Weiters wird geschaut, wie zustufen. Viel gewichtiger wirken wechselte Schöberl an das
nen und Mitarbeiter beschäftigt sich die Gesamtwelle entlang des sich die Änderungen in den Nut- Institut für Geographie und
sind. Ihr Ziel ist es, neue Schutz- Inn fortpflanzt“, beschreibt Schö- zungsstrukturen wie z. B. die Aus- befasst sich seitdem schwer-
mechanismen gegen Naturge- berl. Dazu kommen noch Mo- weitung der Siedlungsräume aus. punktmäßig mit Naturgefah-
fahren zu entwickeln. delle für die Schnee-Eis-Schmelze Für die Abschätzung künftiger renforschung.
der Gletscherregionen. Auch die Schadensszenarien ist die Beach-
22 Dienstag, 13. Juli 2010

Uni feiert sechs


neue Dozenten Komplexe
Beziehungsgeflechte
„Der Nachwuchs ist das wich-
tigste Gut einer gesellschaftlichen
Gruppe. Aus diesem Grund freut
es mich ganz besonders, dass wir
heute die Verleihung der venia
docendi an sechs hoffnungsvolle Mit dem Architekturent- neuester Softwarepakete, die es
NachwuchswissenschaftlerInnen wurf unter Nutzung neues- ermöglichen, komplexe Zusam-
unserer Universität feiern kön- menhänge zu integrieren. Dabei
ter Softwarepakete befasste
nen“, so Forschungs-Vizerektor entstehen von spezifischen Ein-
Tilmann Märk bei der Habilitati- sich eine Tagung mit Work- flussgrößen abhängige Modelle.
onsfeier am 25. Juni an der Uni shop in Obergurgl. „Diese können am Rechner über
Innsbruck. Die Habilitation ist der Parameter gesteuert, entwickelt
höchste akademische Abschluss, Dreieinhalb Tage lang entwer- und beurteilt werden“, erklärt
für den herausragende Leistungen fen, programmieren und Mo- DI Michael Budig, wissenschaft-
in wissenschaftlicher Forschung delle bauen – dazu ein dichtes licher Mitarbeiter am Innsbrucker
und universitärer Lehre nachge- Vortragsprogramm, lebhafte Institut für Experimentelle Archi-
wiesen werden müssen. Dr. Chris- Diskussionen und intensiver Ge- tektur. In einem Workshop wur-
toph Hölz, Dr. Michaela Ralser, Dr. dankenaustausch: Die Konferenz de anschließend an die Diskussi-
Andreas Exenberger, Dr. Chris- „Intricate Correlations“ brachte on versucht, diese neuen Ansätze
tian Pfeifer, Dr. Helmut Weinber- Experten und Studierende von in- in die Praxis umzusetzen. 21 bis
ger und Dr. Kurt Scharr erhielten ternationalen Universitäten sowie zu sechs Meter hohe Turm-Proto-
im Rahmen des Festaktes ihre ve- Kooperationspartner aus innova- typen wurden von Studierenden
nia docendi. tiven Unternehmen Anfang Juni konzipiert und im Freien gebaut.
ans Universitätszentrum Ober- Dieser Park an Modellen gefiel
Insgesamt 21 bis zu sechs Meter gurgl. den Obergurglern: Er wurde nicht
Studium und hohe Turm-Prototypen entstanden in
Obergurgl. Foto: Daniel Kuehbacher
Im Zentrum stand der Archi-
tekturentwurf unter Verwendung
abgebaut und kann weiterhin be-
sichtigt werden.
sozialer Einsatz
Der Vorarlberger Andreas Kü-
er erhielt am 16. Juni als erster
Fakultätstag
Bachelor-Studierender der Wirt-
schaftswissenschaften die mit
der Juristen
1500 Euro dotierte Auszeichnung Der Fakultätstag der Rechts-
Student of the Year in Manage- wissenschaftlichen Fakultät der
ment and Economics. Der von Universität Innsbruck ist bereits
der Bank Austria gestiftete Preis ein fixer Bestandteil im akade-
honoriert herausragende Stu- mischen Jahreskalender. Heuer
dienleistungen sowie soziales, stand der erste Teil des Fakul-
wirtschaftliches und gesellschaft- tätstages am 17. Juni unter dem
liches Engagement. Vor Beginn Motto „Kommen und Gehen an
seines Studiums übernahm Küer der Rechtswissenschaftlichen Fa-
unter anderem ein Jahr lang ein kultät“. Dabei gab Dekan Gustav
Entwicklungshilfeprojekt in Boli- Wachter einen Überblick über
vien und gründete gemeinsam den in den letzten Jahren zu kon-
mit seinem Bruder eine eigene statierenden regen personellen
Firma, die Klein- und Mittelbe- Wechsel in der Professorenschaft
trieben Softwareunterstützungen der Fakultät. Am 18. Juni folgte
im Controlling anbietet. „Es freut die Plenarveranstaltung, bei der
mich, dass der Preis auch Quali- die Franz-Gschnitzer-Förderungs-
täten würdigt, die außerhalb des preise verliehen wurden. Aus elf
Studiums liegen“, so Preisträger Anträgen wählte die Jury die Ar-
Andreas Küer. beiten von Dr. Linus Grelet, Dr.
Andreas Wimmer und Mag. Mar-
IT-Preis der Stadt verliehen
tin Trenker für die jeweils mit Am 6. Juli wurde der IT-Preis der Stadt Innsbruck an die Informatik-Studen-
2000 Euro dotierte Auszeichnung ten Thomas Eiter, Andreas Geisler, Stefan Hofer und Stefan Widerin (Bild)
aus. Im abschließenden Festvor- verliehen. Mit ihrer Software MovieDB überzeugten sie die aus Vertretern
trag beschäftigte sich Hon.-Prof. der IT-Wirtschaft bestehende Jury. – Der IT-Preis wird jährlich an Studie-
Dr. Meinrad Handstanger, Hof- rende im vierten Semester vergeben, die im Rahmen der Lehrveranstaltung
rat des Verwaltungsgerichtshofes, „Softwareentwicklung und Projektmanagement“ eine spezifische Aufga-
Dekan Albrecht Becker (l.), Dekanin mit dem hoch aktuellen Thema benstellung bearbeiten. Heuer hatten die Studierenden ein kundenfreund-
Weck-Hannemann und BA-Landesdi- „Auswirkungen des Vertrages von liches Tool für einen Filmclub zu entwickeln, das den Mitgliedern Film-
rektor Martin Anker (r.) gratulierten Lissabon auf den Verwaltungsge- empfehlungen gibt. Foto: Uni Innsbruck
Andreas Küer. Foto: Uni Innsbruck richtshof“.
Dienstag, 13. Juli 2010 23

Auszeichnung für
Veröffentlichung
Dr. Thomas Kohler, Prof. Kurt
Matzler und Dr. Johann Füller
vom Innsbrucker Institut für Stra-
tegisches Management, Marke-
ting und Tourismus wurden An-
fang Juni mit dem Preis „Emerald
Management Reviews Citation
of Excellence“ ausgezeichnet. Ihr
Artikel zum Einsatz von virtuellen
Welten bei Produktinnovationen
wurde vom Wissenschaftsverlag
als einer der 50 besten aus ins-
Titel des Honorarprofessors für Lehrbeauftragte gesamt über 15.000 in Emerald
Management Reviews im Jahre
Rektor Karlheinz Töchterle verlieh am 25. Juni den Titel eines Honorarprofessors an drei GastdozentInnen der Univer- 2009 enthaltenen Artikeln ausge-
sität Innsbruck. Dr. Marion Frick-Tabarelli, Prof. Roberto Kostoris und Prof. Marino Marinelli (rechts) wurden für ihre wählt.
langjährige Lehrtätigkeit an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät ausgezeichnet. Der Honorarprofessoren-Titel ist
eine Auszeichnung für externe Lehrbeauftragte, die mindestens sechs Jahre lang an der Uni tätig waren und sich in
vorbildlicher, herausragender und besonders nachhaltiger Weise in Lehre und Forschung engagiert haben. Foto: Uni
Sosnovsky-Preis
für Winkler

1,8 Kilometer Wissen


Am 14. Juni wurde die jun-
ge Chemikerin Katrin Winkel für
ihre Dissertation mit dem mit
2000 Euro dotierten „Georg und
An der Universitäts- und Christine Sosnovsky“-Preis ausge-
Landesbibliothek Tirol wur- zeichnet. Der von Dr. Christine
und Prof. Dr. Georg Sosnovsky
den in den vergangenen
gestiftete Preis zeichnet hervor-
zweieinhalb Jahren 216.000 ragende Dissertationen im Fach
Doktorarbeiten, davon der Chemie aus.
Großteil aus Deutschland, Die diesjährige Preisträgerin
beschäftigt sich in ihrer Arbeit
gescannt und auf Servern mit den ungewöhnlichen Eigen-
der Uni gespeichert. schaften von Wasser. Dabei er-
forscht sie die Phasenübergänge
Das sind rund 40 Prozent al- zwischen amorphen Eisphasen
ler zwischen 1925 und 1988 in unterschiedlicher Dichte. Das Stu-
Deutschland verfassten Disserta- dium eines neuen Präparations-
tionen. Ende Juni wurde das ein- weges führte zur Herstellung ei-
zigartige Projekt der Öffentlichkeit An der ULB wurden 22 Millionen Einzelseiten digitalisiert. Foto: Uni Innsbruck ner thermisch besonders stabilen
präsentiert. Das Innsbrucker Buch- Struktur, die zahlreiche neue For-
digitalisierungsprojekt ist eines der zum Hafelekar auf der Nordket- noch einige Details: „Die Disser- schungsmöglichkeiten eröffnet
größten in Mitteleuropa und ein te reichen. Anders ausgedrückt: tationen wurden mit Schneidema- und die Arbeit der Forschungs-
Meilenstein in Innsbrucks Digita- rund 1,8 Kilometer Regallänge schinen am Bund aufgetrennt und gruppe rund um Priv.-Doz. Tho-
lisierungs-Geschichte: Der an der oder über 22 Millionen Einzelsei- anschließend mit zwei Dokumen- mas Lörting vom Institut für Phy-
Universitäts- und Landesbibliothek ten wurden digitalisiert. Andre- tenscannern parallel verarbeitet. sikalische Chemie bereichert.
Tirol verarbeitete Stapel an Doku- as Bechter, Produktionsleiter der Insgesamt haben wir das 7 Kilo
menten würde von der Innsbru- Abteilung für Digitalisierung und schwere Schneidemesser über 60-
cker Maria-Theresien-Straße bis elektronische Archivierung, verrät mal tauschen müssen.“

100 Jahre „Brenner“


An die 200 Besucher kamen am merksamkeit rückt. Der Leiter des kens. Die Raumgestaltung und die
10. Juni ins Tiroler Landesmuseum Brenner-Archivs, Johann Holzner, Objektpräsentation in den zwei
Ferdinandeum zur Eröffnung der zeichnete im Rahmen der Ausstel- Stockwerken der „modernen Ga- Sosnovsky-Preis Koordinator Joa-
Ausstellung Zeitmesser, die die lungseröffnung ein Bild der Ge- lerie“ im Ferdinandeum stammen chim Schantl, Preisträgerin Katrin
Kulturzeitschrift „Der Brenner“ – schichte des „Brenner“ sowie ein vom Innsbrucker Architektenteam Winkel, Forschungsgruppenleiter
das Lebenswerk Ludwig von Fi- konturiertes Porträt Ludwig von „columbosnext“. Die Ausstellung Thomas Lörting, Rektor Karlheinz
ckers – in den Blickpunkt der Auf- Fickers, seiner Zeit und seines Wir- ist bis 19. September zu sehen. Töchterle (v. l.). Foto: Uni Innsbruck
ve ra n s t a l t u n g s t i p p s

16. August, 9.30 Uhr Alpbach: „Entwurf und Wirk- https://webapp.uibk.ac.at/abdis_ Bis 1. Oktober
Symposium: Männerspiele lichkeit“. Am Vormittag werden tagung/index.php/oegsd/2010 Ausstellung: Verwandlungen
Das gemeinsam vom Institut für die Erwartungen der (Tiroler) Ort: Kaiser-Leopold-Saal, Ka- – Metamorphosen von Skulp-
Musikwissenschaften der Univer- Universitäten an die Politik – und tholisch-Theologische Fakultät, turen im Wandel der Zeit
sität Innsbruck und den Inns- umgekehrt der Politik an die Uni- Karl-Rahner-Platz 3, 2. Stock Das Augustinermuseum Rat-
brucker Festwochen der alten versitäten – mit der Wirklichkeit tenberg und die Universität
Musik organisierte Symposium des Universitätsalltages kontras- 24. September, 19.30 Uhr Innsbruck sind Partner in einem
beschäftigt sich mit der Rolle der tiert. Am Nachmittag wird das Vortrag: Prof. Hans Küng: Ausstellungsprojekt, das die
Kastraten in der Musik und im Spannungsfeld „Entwurf und Weltethos – Konsequenzen für künstlerische und historische
Leben der Barockzeit. Die Refe- Wirklichkeit“ aus Sicht verschie- globales Wirtschaften Entwicklung der Holzskulptur
rentInnen setzen sich auch mit dener universitärer Einzeldiszipli- Der Präsident der Stiftung Welt- zum Gegenstand hat.
den Phänomenen von Androgy- nen beleuchtet ethos Tübingen stellt im Rahmen Ort: Augustinermuseum Ratten-
nität und mit der Identitätssuche Details im Internet unter: der vom Haus der Begegnung in berg, Klostergasse 95, Ratten-
männlicher Gesellschaften in www.alpbach.org Kooperation mit der Universität berg
jener, aber auch in heutiger Zeit Ort: Kirche, Congress Centrum, Innsbruck veranstalteten Welt-
auseinander, in der Film- und Alpbach ethos-Gespräche das Wirtschafts- 2. Oktober 2010, 18-1 Uhr
Popstars Rollenbilder suchen manifest der Stiftung Weltethos Lange Nacht der
und einnehmen, die denen der 24. September, 18.45 Uhr vor. Museen 2010
Kastraten vor mehreren Jahrhun- Podiumsdiskussion: Sprachen Ort: Haus der Begegnung, Führungen zur antiken Plastik
derten ähneln. lernen: Kompetenzen entwi- Innsbruck, Rennweg 12 sowie Stationen zum Nach-
Weitere Informationen: www. ckeln, Performanzen (über-) formen von Figuren, Münzen
altemusik.at/programm-2010 prüfen 26. September usw. werden für Jung und Alt
Ort: Claudiasaal, Claudiana, Im Rahmen der gleichnamigen Tag des Denkmals geboten.
Herzog-Friedrich-Straße 3, Tagung der Österreichischen Unter dem diesjährigen Weitere Informationen: http://
2. Stock Gesellschaft für Sprachendidaktik Motto „Orte des Genusses“ archaeologie-museum.uibk.ac.at
(ÖGSD), die vom 23. bis zum des österreichweiten „Tags Ort: Archäologisches Museum,
22. August, 9 Uhr 25. September an der Universität des Denkmals“ finden zahlreiche Hauptuniversität, Innrain 52
Tiroltag 2010: Entwurf und Innsbruck stattfindet, diskutieren Museumsführungen und archäo-
Wirklichkeit Gabi Friedl (bifie wien), Charles logische Programmpunkte Bis 10. Oktober
Während der Tiroltag in den Max (Universität Luxemburg) statt. Schmetterlingsausstellung im
letzten Jahren inhaltlich jeweils und Vorstandsmitglieder der Weitere Informationen zum Akti- Botanischen Garten: Vom Viel-
einem Forschungsschwerpunkt ÖGSD über Herausforderungen onstag gibt es im Internet unter fraß zum Leichtgewicht
bzw. einer Fakultät der Leopold- neuer Prüfungskulturen und http://archaeologie-museum. Die Ausstellung ist täglich von
Franzens-Universität Innsbruck mehrsprachiger Ansätze für die uibk.ac.at 10-18 Uhr geöffnet. Eintritt:
gewidmet war, orientiert er sich aktuelle LehrerInnenbildung. Ort: Archäologisches Museum, Erwachsene 4 €, Kinder 2 €
2010 am Generalthema des dies- Weitere Informationen sind im ATRIUM – Zentrum für Alte Kul- Ort: Botanischer Garten, Stern-
jährigen Europäischen Forums Internet zu finden unter: turen, Langer Weg 11 wartestraße 2, Innsbruck

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