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ie ~ I än ne r kame n mit ihren Schiffe n von Süden. und sie segelte n

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""1.'~ E"io;olAI'TUCIfE IIElt , n:;o;a
Or_~ :
die Küste einer unbekannten Halbinsel emla nz. de r sie den Xa-
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Or,A.op_ IAdodop l
"OOIUlI.' ' TlO.'' -"1;'" YORK men .Floride" gaben. Sie waren auf der Suche~nach einer sagen-
MITARBEmll. D1F.sflt Al'SOAIIl:.: umwobenen Quelle . die einem . :<'0 hallen sie gehört. ewige Jug end
...... AbroInoil.M arilIl<Ilnq. Dr . M_ a"",...
Dt,_~1lL M""' Io.>_A_ KKJc. schenkte. Auf der Höhe des heutige n Palm Beach warfe n die Männer
[)""u........... ~ Lunroer._ M......- .
l orM M~IIn. C1I""' ... .. ~.lcoPlWip. unter dem spanische n Adligen Juan Ponce de Leön Anke r und gingen
yon. Pijoahn. Ar>Jm<o Schmid!. Wolf Sdrntidtr. ..... J.
Tn_I. ...nJ"'''' Wend<n><ll an Land. Und als sie den Jungbrunnen nich t fanden. entführten sie
K ARTOGR APH IE kurzerhand einige jener Menschen,
Sl<f.n" Pe", .."
GO" ,""r E<l<hr.. nn. 11..,,.., Qr.>.,. auf die sie gestoße n waren. und
RE(>AKT IO .'<SA S$ISn;.,Z
S;piJ D<lhl"=, brachten sie als Sklaven heim.
snn.USSREDAKTIO:>;
" "' ''''''' Se<lhoff. [)r. f ri<d<l H. _,no So begann im April 1513 die Erobe-
''''''' ll ri>gemonn. Ham-W.",.,. K.....
101... 1"'" td dbolT. lUNIa S<!IolIIo
rung Nordamerikas durch die Eu-
....>i>lau::tI.ft>rion: KodII ropäer. In den folgend e n Jahrh under-
Gf.O. BIU >ARCHT'"
o.m l.ttt;ioo. ' - ' Mullor ten versu chten ers t die Spa nier. dann
ItlOUi,T10 "SII( RO'f\\ \ 'O R K
1lripM~.s..tNn8r'<'o.
Franzo sen, Holländer und Briten die
) ~ ~ Let. ..,..,., A_ _ Y.-L N\" l OOl 7-S ) I ~.
Tot. , ~ 1 ~ J 4'i').J IOO.Fu ,112. oI99-lI1Q<
500 indianischen Völker des Konti-
~t.
~:...-fII~
_ _" ' _: daI
nents auf je de nur erde nkliche Art zu
"~ -. bedrohen . zu betrügen und zu verja-
GE.'iCHÄfTSFC Hk l'.R: Dr. 1lenkl B- . Der Kern aer GED--EPOCHE-Reaa l<tiOn(v./.): Anja gen. Wer sich wehrte. wurde nieder-
' "F.RLAGSLun:I'G: Dr. G..-d _ Herold . Clms ttan Gargerte. Sabl ne Lang. Johann es
"XZElG ES U'm:l\:G, "nk Wiero l D6nges . Irene Leip prand. Signa Dan/haus . Gun/ fler geschossen. wer sich ergab. durfte
1' ....'''',... lk hllir ''"u i,..·' '' Eae/mann. Erns t Artur Albaum , Stefante Perers. im besten Fall einen Bruchteil seiner
"'ERTRr EB ~ I .Em R , J... S.:h ~~k~ Hinnerk See/h off. Cay Ril demacher
." " RKETISGLErThI! ; F!<"';." W.~ ....r Heimat behalten: Ze hntausende abe r
HERSTI'.U.E R. ""'a Go mm wurden kurzerhand umges iedelt.
G[(). [ POCIIE· ).;und.n ·S<-r>ico

.m_
u...""'hhond:G........... ' .... "G &Co Knapp 400 Jahre dauerte der Kampf. da nn war er entschieden .
G~.().IoI'()CHE· K"ndrn- Scrvi«:. ~H_ ...
SdI .....: G EO-I.POCHlO·K........ So=r-icc.
Von diesen 400 Jahren werde n wir Ihnen erzähle n: von Feldherr e n.
die den widerstand anfü hrten: von lndianerk önigen. den en die
~, GOO-F.POCHE -).; ....... s.:..u.
OI"\'\\'OCIL _""' 7." · 1I ~ 'o\'" ersten Siedler wie Bettle r vorkame n: von Häuptlinge n. die es
( ....... '-
ceo, fJ'()CllE- "--bt-So=r-i<c. 01"\'.
, lange verstand en. die Europ äer geg eneinander a uszuspiele n. Wir
_IO J601. D-:!OOI O~ werden Ihnen den Alltag de r 500 Stämme Xordamerika s vorstel-
G[ 1J.5 o<-_T _ len und die Ge ister. die ihren Kosmos bevölkerten. Wir werden
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_ -~ - ~ {H). ( E ) - ~. ~. ~ <t< 1

de m Schicksal untergeg ang ener Völker nachgehen und der Frag e.

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_ Td: ,..... J1O)-IO'I:FaL «_ ."' (lJ!'tl' :
woher die ersten Indianer kamen. Und
SdI . .... T<!:<lM 1). 2<11 " 211. F.. 16111· :"'''0)0 schließlich werden wir Ihnen sieben Herzlich Ihr

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~ Td: ,nl , . 9' 1I7 6l :!6; F .. oOl,·tIO" 6..' ra
( _'_ T~ . ~J7 03 ""' :ol-. f............. no.' ", :c<
Frauen und Männer vorstelle n. die nach
H .n ·~;" : D~ IHO· ISB"·!'<r. ~-nIJ.19~2· M
Cl2l_IOGnmcr + Jahr. H. ", ,,,,.. neue n Anfangen suchen - 100 Jahre
An"';M<...b,.llu"ll ' T. I: I().II)I 37 03 :!'J.\2: nach der letzte n verlorenen Schlacht.
f .. : ((I.l()1J703 ~7 7J
Il....crt>,.....",: 0.:"'''''11< Bank AG Hamllo.q.
K""'o O.I ~BLZ 2()l) 1OO fIO
Repn;>: p-.- &.:k<r GmbH . Wilr1huIJ GEOEP OCHE 3
Ofl""""""k·TU O H lnootCOOO.ra.I>.H
A·n1ls...loOff1
 INHALT, _

Schattenfänger
Die Europaer kam en mit Gewehren
und Planwagen - und mit der Kame ra. Ihre Fotos
hielten den Alltag der Indian er fes t. ehe
de ren Kulrur verlosch. Seite 10

Die Herren der Plains

1832 reiste der Ma ler Karl Bodme' zu den Stä mme n
im Herzen Nordame rikas. Er keh r te mit Hunde rte n von
Bilde rn zunJck - Zeugnisse n einer von Weißen noch
nicht eroberten Welt. Seite 116

Sitting Bull
Er war Krieger, Häupt-
ling, Heiliger Mann. Jahre-
lang kämpfte der legen-
osre Sioux gege n die
Weiße n, dann lieB er sich
von ihn en zum variete-Star
machen. Doch
se in Myrhos wurde ihm
zum Verhängnis.
Seite 134

Anasaz l
Jahrhundert elang
beherrschten sie die
Halb wüsten des Südweste ns.
Um 1300 n. eh r. ver schwand
dieses Volk. Bis heu te weiB rue-
mena . warum. Se ite 34

Beseelt e W elt en
Winrerzerem onien und Sonnen-
tänze. Jagdriruale und Heitzeute r:Ihren
spirituellen Kosmos erlebten die matener
auch schon im Diesse its. Seite 68
Ferum
Mgrlwjrr1, ge, au, oer Welt der Indianer
Wlnnetou und andere Neurosen . Die
Roten waren gar nicht grün . Gruppen.
fahrt ZI.Im Geistertan.z • Ein heiliger
Stein vom Mond 6
Bll~y: Die Herren der vier
Welten 10
1 492: Kont inent der 500
VOlker 26
Die Br iten kom m en
Archaologl e: Anasazi das ver-
1607 grii ndete n Engländer schol lene Volk 34
ihre erste Siedlung in
1607: Invasion in Virginia 56
Amerika und lebte n einige
Jahre in friedli cher Ko- Geist erk osmos: Oie Sache mit
Man itu 68
existenz mi t den dortigen
Indianern. Dann kam es Kult-ObJekte: Sandonoer und
Adlermas ken 74
zum Krieg. Seite 56
Vorges<:hlcht e: Wer kam als
erster nach Amerika? 88
1 757: Wer war .Der letzte
Mohikaner_? 100
Indianerinnen : Oie Töchter der
Spinnentrau 112
Ex p ed"rtkH1: Im ReiCh der weißen
BIsonkuh 116
le&endirll Führer. Feldherren
und Verräter 128
1876: Sitting Bull ein Held und
seine Tragöd ie 1 34
Indianer heut e: Auf der Suche nach
der verlorenen Zukunft 150
Campu.
Wer war der erste Amerikan er? Aus fQlJj!';hllng und r.e sell5Chaft
Wurde die Neue Welt tatsächlich Streit um ein neues Museum
allein von Sibirien aus besiede lt ? Oder lan- und alte Gebeine . Der Highway der
deten auch ste inzeitliehe Polynes ier Hopewell und das Dritte
Geschlecht . Kaltes Kupfer und magi-
und sogar Europäer an den Küste n des
sche Medizin . Ein uralter
Doppe/konti nents ? Seite 88 Bisonschädel und das Pidgin der
Indianer 160
Neue Krieger Infl>Tell : Bücher und Museen 17 4
Ein Jahrhunde rt nach
Zeittafel : Von der Altsteinze it
ihrer endgült igen Niederlage bis heute 17 6
suchen Amerikas Urein-
Kart en: 1 78
wohner noch imm er nach
ihrem Platz in der US- Vorsch au: Das römische
Gesellschaft. Als Indianer
Imperium 180
oder als AmerIkaner - Bil dnachwel$ll : 180
oder als beides ? Und was ImpreSsum: 3
genau ist überhaupt ein TItelbild: der Blackfoot-HäuPtiing
Indianer? Seite 15 0 StumiCkosucks (8uff alo esre Back Fat).
1832 vonGeorge Catlin gemalt
~tere IntrxmatJOne(llJlltt!l'" _geo de
G EOEPOCHE 5
FORUM
Me rkwü rd ig es aus de r We lt der I n d i a n e r
Winnetou,
Old Shatterhand und andere
Neurosen
mJahre1896macht derberühmte
I deutsche SChriftsteller Kar! May
seinen Fans ein üestänons. Der
Sachse sagt sinnpemaß; uete te-
ser, in WirkHchkeil bin ich gar kein
SChriftsteller, Ich erfinde nichts. Die-
seWahnsinnsabenteuer aus meinen
Büchern- die habeichalleselber er-
lebt!InDresdenhat sichKarlMay ein
Gewehr machenlassen- das zeigt er
jetzt herum und behauptet. es sei
Winnetous SHberbüchse. Karl May.
der Lehrer aus Hohenslein-Emstthal,
derwegen Betrügereien sieben Jahre
imGefängnis gesessen hat Jetztbe-
hauptet erplötzlich, ersei Old snat-
tetan o. Istder Mannverrückt?
.Moment mal- die Snteroücnse ist
doch zusammen mit Winnetou ins
Grab gelegt worden Oder?". t eer-
legt damals vielleichtder eine oder
andereFan, der sichauskennt Dann
antwortet Kar1 May: Stimmt genau.
Wieichandas Gewehr trotzdem her-
angekommen bin, erzähleiChspäter
einmal ineinem anderen Buch.
Karl May führt bei seinen Lesungen
außerdem dieNarbenaus seinen an-
geblichen Kämpfen vor, er knöpftdas
Hemd auf und hebt Tische hoch, um
seineKraftzubeweisen. May erklärt,
dass in Amerika eine Indianerarmee
von 35000 Mann aufseine Befehie
höre und dass er demnächst dem
deutschen Kaiser seinen Henrystut-
zen vMührenwerde. Originalton May:
.Dersejoe wirdinder gesamtendeut-
schen Amlee eingeführtwerden. und
kein Volk der Erde wird dannje den
DeusehenwiderstehenKönnen:
Weltauflage: mehr als 80 Millionen.
xart Mayspielt alsErlolgsautor inder
gleichen ligawie Mao Zedong oder Mühe gemacht, Karl Mays Land-
Stephen King. UnddieForschunghat schaftsbeschreibungenzuanalysie-
sich weitgehend darauf geeinigt, renunddiebeschriebene Landschaft
dass er nicht gerade verrückt war, aufzumalen. Es kommt dabei das
aber mindestens neurotisch. Und Bildeiner aufdem Rücken liegenden
zwar so neurotisch. wie ein Mensch nackten Frauheraus. einer Frau mit
nurneurotischseinkann. gespreiztenBeinen und hochgestell-
In seinem Arbf!itszimmer führt er ten Knien. Karl May ist demnachder
laute Gespräche mit Winnetou,lacht einzige Autor der Weltliteratur. der
undweint. May behauptet. ersei als Pornografie verlasst hat, die Kinder
Kindjahrelang blind gewesen, erer- ohneweiteres lesendürfen.
findet sich einen Onktortitel t.nr. Kar! Mays berühmteste Fans waren
Heilig") und rechnet penibel vor, wahrscheinlich der Dichter can
dasserzz-met inAmerikagewesen Zuckmayer und der Philosoph Ernst
seiund 38Sprachen benertrscte. in Bloch. Zuckmayer nannte seine ei-
Wort und Schrift. _Lappländisch will gene TochterWinnetou. Ob eswirk-
ich nct rt mitzählen", Warum zum lich ein so tolles Gefühl für ein
Teufelwill er dennausgerechnet von Malichen ist. Winnetou Zuckmayer
allenSprachen der Welt das lapp- zuheißen?
ländische nicht mitzählen? Rätsel· Und Bloch benannte einen seiner
harter xanMay. Essaybande,DurchdieWüste"- recn
InWahrheit schreibt er seineindiani- Band IvonMays .GesammeltenWer-
schenZitate meistens aus .Pierer's ken". Aber Bloch tat noch vel mehr.
Universal-Lexikon" ab. einem seoer- \nder ,FrankfurterZeitung" veröttent-
zeitweitverbreitetenWerk. Dort wer- lichteeram31 .März1929unterdem
denexotischeSprachenvorgestellt- Titel . Die Silberbüchse Winnetous"
undzwar dadurch. dass dasVaterun- eineHymne aufKarl May - ausge-
serund dieZahlen von einsbis zehn rechnet in der ,Frankfurter Zeitung",
inderjeweiligenSprache abgedruckt dieKarl May zudessenLebzeitenim-
sind. Deshalb gibt es in Karl Mays mer wieder verspottet und ge-
SChriften bei jeder scn bietenden schmäht hat. InBlochs Aufsatz steht
Gelegenheiteinen Indianer, der das der wohl ziemlich endgü~ige Satz
Vaterunser betet - oder der zählt. ,Karl May ist einerder besten deut-
Manchmal geht das auch ein wenig schenErzähler, under wäre vielleicht
durcheinander. Kaumspitzen sich im der beste schlechthin, wäre er kein
Buch dieEreignisse zu, fallen irgend- armer,verwirrter Prolet gewesen."
wo RothäuteaufdieKnie-inder Sa-
vanne, imGebirge. bei jedemWetter
undbeten oderzählenauf,sagen wir:
HottentottischUa wlrl<.lich!}.
Karl May schreibt unendlich viel -
Die Roten
Ideen und Geschichten. es strömt
nursoaus ihmheraus. Bis heute ist
waren garnicht
immer noch etwas davon übrig. Im
Herbst 2000erscheintwiedereinmal
grün
einneuer Band vonihm,.AbdahnEI-
fendi ", 480Seiten, Nummer B1 der
GesammeltenWerl<.e. Erenthält fünf
Novellenundeinr neaterstück sowie
dasDrama. Bat el und Bibel".
Weil er soviel produziert und nicht
groB dabei nachdenkt, sind Karl
O ie.'. ".oniagd tu.nklionierteb.er
den Indianern meistens so:
Krieg er umzingelten eine
mogllchst große Herde und
triebensieaureinenAbgrund zu. Die
wilden Rinder sprangenin den Too.
Mays SChriften wunderbar ergierng und die Indianer passten auf, dass
für PSyChologiSChe öeunncsves u- keines eruwscme - sie glaubten
cne. Dass unerfüllte homoerotische nämlich, dass ein überlebender
Wünscheihnpeinigen, kriegen sogar Bison samtliehen anderen Bisonsder
Laien schnell mit. Frauen findet er
aber auch interessant. Der SChrift-
steller Arno Sehrniet einer der ganz
großen May-ForSCher. hat sich die
 Kommt ein
Bison geflogen. . . Der
britische Zeichner
Ra!pI1Steadman iJberdle
gar fliCh t arrgerecMe
Jagd oer Indi aner
FO R1LM'--- _

Welt sofort voo dem Trick mit dem
Abg11.l'ld erzählen würde
NaIl.irict1 kamen Oft YieI metr Bisons
um, als (!er Stamm braochte -
ntaJXhmaI ~ Herden. Oie ndia-
ner sdVIitten SiCh i'I SOlChen Fällen
,..... die besonllers leckeren StUcke
ab. c1ie l ungen ll.rtl Beispiel. Auch
machtef1 die Krieger sich nurseseo
dieMühe,einem Bunen dasFe!1aazu-
Ziehen,denn das FellllerWeibcl\en ist
schöner undoereo Fleisch schmeckt
angeblich besser. Darüber, dass die
Bisonsoder dieHirsche oderdieBiber
aussterben känrnen, machten sich
dieIndianer keine Sorgen. Ihrer An·
sich! nach vermeertensichdieBisons
autendlosen Weidentiefunter der Er-
de. Und jedes FriIljahr ver1ieBen sie
ihre lJ1terwelt und sclrwännten zu
Mißionen aus.'Me dieBieren,
Nein, an den Lagerteuem der Co-
manche 'MJrtle in der gesamten Co-
manche-Geschichte waI1rscheinlich
kein e1nnges Mal im Geiste des Club
ot Rome überNachtlalb\lkeit diSku-
tiert Den Indianern ist die Ökologie
weitgehend scMllPPf gewesen, sie
eressetei sich niCht Kr Arten.
schutzoder l*oIogisthen landbau.
SCI'IdemfürJagd, KamptsPlXt Tanz
undFischerei. Sie waren in WirkliCh·
keit auchnichtganz sotiet1iebwiein
ee Welt eescesten nicht Viel ....'eiS. ihten weisen Vorfahren, einsd11ie6- Wie das so istmit"Tlleoien - Siees-
Smltfl berief sich aufein Gespräch, Iich der Rede von Hliuptling seene sen sichweder beweisen noctIwidef-
dass eranoebtiCh 30 Jahre zuvor mit Eine beso1ders ketzertsdle Theoie leOen- Das. was die nlianer mit de!1
dem IndianerhäupllinggefUh'l tIabe. hat der Elolanil<.er PaiJ Marlin i'I die Marrm.rts erstenen, nemt der Nne-
AufzeittlntJngen über dieses Ge- weltgesetzt. AngebIdi haben oe n- rbner Pi'.artln fmgens .BlitzXrieg-.
spräch gibt es richt Die Rede des dlln!f y(X rund 11lXXl Jahren die Wilde Bohne!1 und HUsse gattenbei
HaupllinOS ist wahrscheinliCh eine nordamerikarnSchen Mammuts aus- denPra!ie-tndianem alsDelikatesse
ErfindUng des weillenMaMe5. gerottet Denn überall. wo im Laule Man musste Sie leider mesen zu-
Der Umweltschutz ist eben eineRe- der Siedlungsgesctlichte tndianef sammensammeln - und darin war
aktion auf die Umweltverschmut- aullauchen. verschwrllden bald dar- ein kleines Tier besonders geschickt
zung - solange esgenügend Natur auldieMammuts: Kann das wirkliCh Die Indianer nanntel1 dieses Tier die
zugeben schien. wieeinstimWilden Zulan sein? Die Bisonjagclen bewei- sememaus. Sie öffneten die Vrx-
Westen, sah last niemand einen sen schließlich. dass dieIndianer bei ratsbötaen der Mause und nahmen
Grund. sich Gedanken zu machen. der Jagd gem aufs Ganze gingen. die leckerenBohnenheraus.
Heute aber sind viele Indianer Womöglich waren die Mammuts zu Ein wahrhaft realistischer Indianer-
tatsächlich engagierte Ökologen, langsam oder zudumm lüreine dau- film könnte deshalb zum Beispiel
und sie glauben selbst ganz lestan erhafte Koexistenz mit den brutalen auch diesen Titel tragen: "Der die
die mythischen Geschichten von Indianern. Bohnenmausbestiehlt·
Reisen in allen MenSChen und kümmert sich
umsie.
Manitus Schwitzkasten Reiten. Malen undTrommelnsinddie
drei tiauPtbestan<t.eile eines spiritu-
ellen UrlaubS im Rlianerland. Die
lI'gens um halb1iinf setzen nach AAsicht vieler Rlianer dem aaste schIalen in Tipis. den zenen
M SiCh dieTCUisbnnen in die
Sdtwitztliitte undkommen
erst nach Snnoet wieder
teacs; abends machen Sie das
Ganze noch einmal. Eine SChwitz-
göttliehen Prinzip. Esoterisch ange-

des~en Reisen ins heilige Reich

eemAlm .Der mit dem WOlf tanzt'.
Die lnIlianer waten eben Leute wie
wir. rnard1maJ ein wenigegoistisch.
Hinundwieder töteten siedieBiSOnS
zum Spaß. aus Freude an der Jagd.
Einfacll so. Bei ihren Treibjagden ar-
beiteten Sie oft mit Feuer, weil das
Arbeit spart. Sie zündeten die Prärie
einlach an, und dasFeuerließen sie
brennen, bis es irgendwann von
selbst ausging. Als die Weißen auf-
tauchten und Waren oder Geld für
reaeaototen.scratüen esdieIroke-
sen, denamerikanischen Biber inih-
(er Region beinahe auszurotten.
Wie aber sind die Indlaner zu ihrem
Ru! als Proptlelen der OkOlOgie ge-
kommen? Was hat es mit der
berfrhmten, remereeencen Rede
des HäuptliflltS seeme aul SiCh -
_wirSind einTeil der Erde, und Sie ist
ein Teil von 1.W1S"? Diese Rede ist
1887 in einer Zeitung i'I seeme er-
schienen, verfasst hat Sie der
SChriftsteller Henry Smilh. von dem
hiitte ist einsenst ausZweigen mit
Decken dartiber, in einer Kuhle Iie-
9fI1 gliJhende Steine. Auch sokann
UrlaubsgluCk aussehen.
Indianer schwitzen ~m - das ver-
bindet sie mit demVOlk der Finnen.
enoere alsbei denFinnen hatbeiden
Indianern das SChwitzen allerdings
einereligiöseBedeutung. Jeöfterdu
schwitzt desto näher kommst du
der todiaf)fl'". Handys werden nlchl
hauchte ReiseUßi.emeM'len bieleI1 gern gesehen. Zum Sonnenauf~'lg
gillt es meist eine zünfnge Pfetfen-
desSChwrtzens an. spezie11Ur frau- reremcoe. KompromiSSlOsen Nidll-
en die SiCh im weites'Jln SiM fiX raecten muss deshalb von einem
göttlichePrinzipienmeesseren. tndianerurtaub generd abgeraten
Sind nsaner wirKlich weise? Fest werden.
steht dass vom GlatJtlen an die OieLehre liefweißen Bisontrau gellt
Weisheit Cer Indianer ein senen-
nämlich. star!<. vereinfacht so: Der
zweigdes Toorismuslebt Gestress- Körper des Menschen gleicht emem
teMenschenfahren ins lndianef1and. PfeilenkopI. Seine Seeleaber ist wie
umwieder siCh selbst zufinden. er- Tabak
satzweise eine weiße asenneu. Gelegenttichbieten Veranstalter auch
Auch dieweiße Blsonlrau verkörpert dieTeilnahmean einemSonnentanz
das Göttliche.Sie sitzt unsichtbar In an. einem Ritual der Prärie-Indianer,
bei dem mehrere Tage und Nächte
Indianer bieren lang getanzt wird, ohne zu essen
WeiBen auch Ethno. oder zu trinken; die Tänzer müssen
Fitnessl<:urse an. indieser Zeit acn SChmerzenertra-
zum Beispiel in gen. Wer sichdabei nicht selbst fin-
Arizonas HalbW!Jste det dem ist in spirituelter Hinsieht
vermutlich nichtzuhellen.
Ethnologisch eteessene können •
sich im lJrIaub sogar das Skalpie-
ren beibringen lassen - von Two
Bears. einem gebürtigen Cheyenne
der auBemalb cer Reisesaison als
Grunclsd1ullehrer ete net. Beim
~pieren kam es darauf an. ein
mögfiC:hSt exaktes CkJadrat auf dem
Hinted<oPf aUSZUSChneiden und
daM das tiaaf mit einem einzigen
RuCk sauber abzuziehen. Aber das
ist. im Gegensatz zur Schwitzhütte.
vermutlicheher was fürIjieManner.

8 GEO EPOCHE

Kleiner
Gruß vom großen
Mondgott
erweißeMann halde.m rote."
O
Mann fast alles genommen.
Etwa 100 Jahre später be-
kam der weiBe Mann ein
schlechtes Gewissen. Der weiße
Mann sagte zum roten Mann: .rens
vonden vielenSachen,dieichdirda-
mals weggenommen habe, noch das
eineoder andere beimir herumliegt.
dannkannst dudir esjetztzurückho-
len.Dasist nurgerecht."
Die belden einigten sich auf ein Ge-
setz, den "Native American Graves
Proteeäon ano Repatnaticn Act" von
1990. Es verfügt, dass die Indianer
von den Weißen ihre geraubten
xunst-und Kultgegenslände zurück-
fordern dürfen, all die Masken und
die heiligen Bundel und die Ahnen-
gebeine.
Das Problem sind die uackamas
Die caoa mas, ein kleiner Stamm
I
( G~rJ _ R , Lang, ü b,m~"hnm ~; "o , unJ G,~nJ~,
,I~, Cbronosw;,., ~\1 ~" ~h~" )
.,
Heiliger Brocken;
OerMeteorit ist " Z eitgei st fin d en S ie ni ch t
in Oregon, verehren ausgerechnet
einen Meteoritenvon 15Tonnen Ge-
15 Tonnen schwer,
10000 Jahrealt - in meinen Uhren ~( ALo nicht da5
wicht, den sie "Himmelsmensct en'
nennen, Sie sind nämlich der An-
undwird. zum
Ärger der Astrono- O b..rflächlich e, J\\ oJ i5ch e, F lüchtig e ,
sicht, dass dervom Mond stammt,
und somit ist der Meteorrt für das
men, vonden
Clackamas als
Volk deraaoamas gewissermaßen S ondem zeitlose P räzision, fanat ischt"
himmliSChe Bot-
eine Grußposlkarte der Götter. Der
schaft verehrt
weiße Mann in seiner unermessli- A k ribie und J it" un umstö ßl ich e V..r-
chen Raubgier hat sich diesen
Brocken angeeignet imJahre 1902. bunJenheit zu bes tän digem, bodens tän-
Warum nur?Um ihn ineiner SCheune
als Sehenswilrdigkeit auszustellen, digem H andwerk , l\.\ e ine U hren P<l S-
filr 25 Cent Eintritt,
Inzwischenbefindet sichderMeteo- s e n so ges"ll"n vie lleich t nich t mehr
rit in New York. direkt am Centrar
Park. Das neue Planetariumdes Na- in d ie Z eit . A be r ganz bestimm t %u
turhistorischen Museums dort das
Rose Center. ist rund um denMete<!-
nten herum gebaut worden.Weil er l\.1.enschen, J ie di...~ e n A na(;h ronismus
so schön und so schön groß ist.
Ein modernes Planetarium mit ei- Init mi r te il en . H s«..n S ie ei n p a ar
nemheiligen Meteoritendarinkostet
heutzutage ungefähr 210 Millionen l\\ inu ten Z eit für me in " B u ch mi t
Dollar. Die Einweihung war am 29.
Februar 2000. dem Tick"?
Bekämen die Clackamas ihr Eigeo-
turn zurück, müsste das nagelneue
Planetarium rumTeil wieder abge-
rissen werden. Die Museumsverwal- C h" 'ho''''m , Elly-Srocs,ncr'''5. ,. 12. SO'H 9 ).\ u"ehen.
!ung zögert. So ruinös hat sich der
weiße Mann dieWiedergutmachung T. I. f" " (089) 89 26 07_0, T.lcf.x (0 S9) S1212s..;
nicht vorgesteHt.
Texte: Harald Martensteirr,
Recherchen: SabineLang, Torben
Müller, York Pifahn, KatjaTrippei
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 Nordamerika,beiAnkunft derWeißen:AufwelcheMenschen, Völke
DER 500 VO.L. ol&.
VON CAY RADEMACHER
s ist der 12. Oktober 1492: Als an diesem
Tag drei von schwere m Wetter gezeic h-
nete klei ne spanische Schiffe in karibi-
sche Gewässer segel n. bricht eine neue
Epoche der Men schheitsgeschichte an.
Europas Mächte beginnen endgültig da-
mit. sich die Weltmeere unten an zu ma-
che n - und die Länder, die Konti nente jenseits der
Ozea ne. Die Menschen sche iden sich fortan in Ent-
deck er und Entdeckte. in Kolonisatoren und Koloni-
sierte. Es beginnt ein Prozess, der noch ein halbes
Jah rtausend spä ter die Politik, Wirtschaft und Kultur
der "Globalisierung" bestimmen wird.
Aber wie sieht die ..Neue Welt" aus. von der Kolurn-
bus einen winzigen Zipfel entdeckt? Wie. vor allem,
leben die Menschen in Nordamerika - jener Reg ion,
die. ande rs als Mesoamerika. noch jahrhundertelan g
von den Weißen kaum erkundet, geschweige eroben
werde n wird?
Die An kunft der ersten Europäer ist zunächst nur
für die ebenso verängstigten wie erstau nten Indianer
der Karibikinseln ein wu ndersa mes Ereignis. Anso ns-
ten jedoch scheint sie nur ei ne Marginalie zu sein in
der dramatischen Geschichte des Kontinents. Nord-
ameri ka is t fast zweieinhalbmal so groß wie Europa.
Doch wahrscheinlich leben 1492 höchs tens zwei M il-
lione n Menschen imGebiet de r heutige n USA und
Kanadas - ungefähr so vie le wie zur seihen Ze it in
Portugal. Sie sind in übe r 500 Stämme zersplittert,
von denen manche nur wenige Hundert Köpfe zählen;
26 GEOEPOCHE
••
selbst die größ ten Reiche sind in ihrer Blütezeit
Heimat für nur einige Zehntausend Menschen .
Äh nlich untersc hiedlich ist die kulturelle Ent wick-
lung dieser 500 Völker verla ufen: In manchen Re-
gionen ziehen steinzeitliche Clans umher, die Wild
j agen und Pflan zen sammeln. Andernorts wohnen
Bauem völker, deren Alltag sich kaum von dem ihrer
europäischen Zeitgenossen unterscheidet. Und sch ließ-
lich gibt es kleine Reiche, wie das der von Priester-
herrschern angeführten Natchez, dere n Größe und
Struktur entfer nt an die von Go nkönigen regierten
Stadtstaaten in Mesopotamien erin nern.
Anders als in Euro pa. wo die Menschen bereits an -
gefangen haben, ihre Landsch aft selber zu gesta lten.
indem sie Wälder roden, Kanäle grabe n oder Sümpfe
trocke nlegen , ist es auf diesem Kontinent noch immer
die Natur, die der Entwick lung der jeweiligen Kultu-
ren enge Grenzen setzt.
Norda merikas waldreic he. kalte Taiga erstreckt sich
von Zentralalaska im Westen bis zur Hud son Bay im
Osten. Hier leben - in Stämmen wie de n Kutch in oder
Cree - wahrscheinlich kaum mehr als 30000 Men-
schen in einer Region, die größer ist als ganz Europa .
Als Jäger und Sa mmler durchstreife n sie in kleinen
nomadischen Verbänden das Land.
Von Südalaska bis Nordkafifomien grenzen hohe
Gebirgszüge einen schmale n. von Fjorden und Inseln
zerklüfteten Küstensaum am Pazifik ab. Hier leben die
Tlingit. Kwakiutl und andere Völker. die hauptsäch-
lich de m Fischfang nachgehen.' In niede rschlags-
Kulturen werdendie europäischenEroberer stoßen?

reichem Klima gedeihen

riesige Urw älder, aus de-
nen die Bewohner das
Holz für ihre Boo te. Häu-
ser, Gerätschaften und
Kunstwe rke, et wa .,To-
tempfahle", schlagen.
Im späteren Kaliformen
wachsen. außer in den
Halbwüsten des Südos-
tens, riesige Eichenwäl-
der. Eicheln zählen denn
auc h zur wichtigsten Nah -
rung der dortigen Stäm me
(zum Beispiel der Porno,
Yana oder Maidu) - sie
werden zuvor zers tampft Versunkenes Reich: Cahokia am Miss iss ippi, einst eine Metropole mit 20 000 Menschen,
und mit heißem Wasser ist bei Landung der Europäer schon eine Geist ers tadt
übergo sse n, damit sich die
Bitterstoffe herau slösen .
wischen dem West- und Ostrand der Natchez und ande re Stämme von der Landwirt schaft
Rocky Mounteins erstreckt sich eine und vom Handel, der den halben Kontinent umspannt.
hoch ge legene Waldlan dsch aft. die im Und hier. im unteren Mis sissippi- Tal. Jagen einst die
No rden (dem Plateau) von großen , grö ßten Städte Nordamerika s.
fischreichen Flüssen durchzogen ist, Das riesig e Grasmeer im mittl ere n Wesren des
währ end der Süd en (das Groß e Becke n) Kontinents iSI das Reich der Bison s. Kaum ein
__1Iil1 wüsten ähnlich trocken ist. Die dort an- Mensch lebt in diesen Prärie n. Nur ge legentlich
säss igen Stämme, unter ande rem die Nez Perce. wagen sich Jagd tru pps au s den ang renzenden Sau m-
Flathe ad und Sho shone, lebe n vo m Fischfang, der wäldern in die "Great Plains" und stelle n Herden
Hasenj agd und, in den Trocken gebi ete n. vom Sam- nach, die so groß sind, da ss sie von Hori zont zu Hori-
meln ess barer Nüs se un d Gr äser. zont reiche n könne n.
Im Nordosten lieg! ein flus sreiches. dicht be walde- In der trockenen La ndschaft des Südw este ns
tes Gebiet. D ie Stämme der Irokesen und ihre Nac h- schli eßli ch. zwischen dem Rio Grande und Südkali-
barn sind ebe nfalls Jäger und Fischer, vor allem aber fomien . prallen drei Indianerkulturen aufeinander.
Bauern , die kleine Lichtunge n für ihre Feld er in die Zu m ei nen ziehen Sammler wie die Yuma und Yaqui
Wälder brennen. durch die Wüste und suche n in der Einöde Mesquit e-
Auch der breite Streifen zwischen Atlantikküste und bohn en . Kaktusfrü chte und and ere Pflanzen . Zum an-
Missi ssip pi vom heutigen Virginia bis hin unter nach deren ja ge n dort No made n, die Apache und Navajo.
Florida ist Waldland. H ier leben Cherokee. Creek, Und schließlich haben sich auch die Hopi und Zum
Die Wildnis ist fastundurchdringlich- nur selten wagensich Händlerund Krieger
sowie andere Bauemvölker niedergelassen. die in Pu-
eblos - Dörfern aus Lehmziegeln - wohnen.
Auf diesem Kontinent. der ein Kosmos für sich ist.
sind zur Zeit des Kolumbus bereits große Städte unter-
gegangen. ganze Völker haben ihre Heimat verlassen
und wandern über Hunderte von Kilometern . bis sie,
oft Generationen später. ein neues Stammland gewin-
nen. Andernorts wiederu m hat sich am archai schen
Lebender Menschen seit Jahrtausendennichts geändert.
Cahokia am Mittellauf des Mississippi. einst die
größte Metropole Nordamerikas. ist 1.+92 nur noch
eine Geisterstadt. Sie war um 700 n. ehr. von einer
Kaste kriegerischer Adeliger aus dem Tal des Missis-
sippi gegründet worden. denen man als Kinder die
Köpfe deformie rte und die sich das Gesicht tätowie r-
ten. Palisaden schützten damals den Zentralbereich
der rund 1200 Hektar große n Stadt, in der bis zu
20 000 Menschen lebten. Über 100 aus Erde aufge-
häufte Pyramiden erhoben sich hier. Auf deren abge-
n achten Spitzen befanden sich Tempel und Wohnhäu-
ser. Der größte die ser künstlichen Hügel war eine
Stufenpyramide , die an der Basis 316 Meter lang und
24 1 Meter breit und die 33 Meter hoc h war.
Um 1400 ist Cahokia aufgege ben worde n - nie-
mand kennt heu re den Gru nd . Nicht einmal der Name
des dort woh nenden Volkes hat die Zeiten überdauert
- .Cehc kie'', ..Wildgänse" , ist ein Wort aus der Spra-
che eines sehr viel später in der Nähe siedelnden
Stammes . Doc h die Kultur der Fürsten von Cahokia
hat sich teilweise bei den Natchez , Ch itimacha und
ande ren Völkern erhalten , die. ähnlich wie in der un-
tergegangenen Riesenstadt, Erdpyramiden aufsc hich-
ten und einen Sonnenku lt pflegen. Die .,GroBe Son-
ne", de r Priesterkönig der Narcbez, soll in mütterli-
che r Linie direkt vom Himmelsgestirn abstammen.
Die Kaufleute von Caho kia hatten das vielleicht
größte Handel snetz des Konti nents gespann t - ein
Netz . desse n Verbindu ngen später die Natchez und
ihre Nachbarn nutzen und das sich zwar nicht am Vo-
28 G EOEPOCHE
lumen, wohl aber an Ausd ehnu ng mit denen der
Handelsimperien Venedig, Flandern und Augsburg
messen kann .
Händler bringen Obsidian aus de n Roc k)' Moun-
tains. Glimm er und Quarzkristall aus den Appal a-
chen. Gold und Silber aus Kanada an den Mississlppi.
In Schalen von Meeresschnecken. die sie an der Küste
des Golfes von Mexiko einta uschen. ritzen Künstler
Bilder von tanze nden Männem in Adlerfederkostü-
men ein. Karawanen gelan gen - zu Fuß oder auf Ka-
nus, denn große Reit- und Lasni ere sind unbekannt-
nach Norden bis zu den GroBen Seen und bringen von
dort Töpfe. Kannen und Kupfer mit.
Und vielleicht auch Nachrichten von einem neuen.
mächtigen Indianerbündnis.
enn in dem gebirgige n Waldland östlich
der Gro ßen Seen haben sich wenige
Jahrze hnte vor Ankunft der Europäer
die einst verfeindeten Stämme der
Mohawk. Oneida. Onond aga, Cayuga
und Seneca zur .Konföderation der fünf
Ratsfeuer" zusamm engesc hlossen - zur
Liga der Irokesen. "Volk der Langhäuser" nennen sie
sich j etzt, nach den lang gestreckte n Häusern, in
denen sie wohnen .
Ihnen gelingt da mit der Schritt von einem zuvor
unsicheren Frieden zur Stabilität einer dauerhaften
Union. Denn in vielen Regionen ist Krieg der Normal-
zustand - auch wenn nicht Vernichtung oder Unter-
werfung die Anlässe dazu sind, sondern Beute, Rache
oder Ruhmsucht. Zwar werden solche Konfl ikte oft
durch Verhandlungen beigelegt, doch könn en sie je-
denei l erneut autbrechen. Das Abkomme n der Iroke-
sen aber wird Jahrhunderte halten. 13 - mündlich
überlieferte - Gesetze und ein ausgeklügeltes Zere-
moniell regeln die Zusammenkünfte ihrer Häuptlinge:
Wann immer die Führer der Liga sich zum Rat ver-
sammeln, sollen die Häuptlinge der Onondaga ZU
Beginn der Versammlung die anderen Führer; ihre
aus ihren vertrauten Jagdgründen hinaus

Vern;andten. begrüßen und ihnen danken und als dar: Symbol des Friedens und zugleich das Zeichen
nächsies das Wort an die Erde richten, auf der die jenes Stammes, dessen Jagdgründe im Zentrum der
Menschen wohnen, lind ihr danken; sie sollen den Konföderation liegen. Linien verbinden den Baum
Bächen, Teichen und Seen, dem Mais und den Früch- mit zwei Rechtecken zu jeder Seite, den Zeichen für
ten und den Heilkr äute rn und Bäumen des Waldes für die anderen vier Stämme.
ihre Gab en danken: sowie den Tieren, di e als Nah rung Doch diese Friedensliebe gilt nur zwischen den
dienen und ihr Fell fii r Kleidung geben: den starken vereinigten Stämmen: Seine Nachbarn terrorisiert der
und sanfte n Winden, de n Donnerern: der Sonne, de m damals 12 000 Krieger zählende Irokesenbund. Sie
mächtigen Krieger; dem Mond, den Boten des Schöp- plündern deren Dörfer. rauben Frauen und Kinder.
fers, die dessen Wünsche kundtun; und dem großen töten die Männer oder verschleppen sie.
Schöpfer, der im Himmel über uns wohnt und den Im femen Westen des Kontinents sind die Völker in
Menschen all die Dinge gibt, die fu r sie nützlich sind, ihrer kulturellen Entwicklung gegenüber den Händ-
und von dem Gesundheit lern des Mississippi-Tals
und Lebenderer kommen, oder den Irokesen um
die er lenkt. Jahrhunderte zurückge-
Dann sollen die Häupt- blieben. In den Oktober-
linge der Onondaga die tagen des Jahres 1492 ver-
Ratsversammlung fü r sammeln sich etwa die
eröffnet erklären. Zuerst Frauen und Männer der
sollen die Führer der Mo- Washo am Eingang eines
hawk und Seneca über die Tals in der Sierra Nevada
Frage befinden, danach zur wichtigsten Jagd des
die Führer der Oneida Jahres. Ein .H asenhäupt-
und Cayuga. Ihr Be- ling" führt sie an: mit
schluss soll dann den Geschrei treiben sie Tau-
Häuptlingen der Ononda- sende der flinken Tiere
ga, den Hütern des aus deren Verstecken in
Feuers, zur endgültigen das enger werdende Tal -
Entscheidung übergeben bis die panischen Tiere in
werden. ein Vförmiges Netz aus
Ein Wampum-Gürtel Hanffasem rasen, das nur
dokumentiert den Zusam- 75 Zentimeter hoch, aber
menschluss. Dieses ge- 100 Meter lang ist.
musterte Band - für das Mit Pfeil und Bogen
man Hunderte von weißen schießen die Indianer die
und violetten Perlen aus Hasen ab oder erschlagen
Muscheln und Schnecken die zappelnden Tiere mit
auf Schnüre gezogen hat - Knüppeln. Viele werden
stellt eine weiße Kiefer noch an Ort und Stelle
Zusammenschluss: Fünf Völker haben
sich zur mächtigen Liga der Irokesen vereint.
OJ"e Stamm e wohnen in 40 Meter fangen,
palisadengeschützten Hausern
Völkerwanderungen, derUntergang von Reichen, Kriegsbündnisse- Nordamerika

während eines großen Als Kolumbus nach

Festes gebraten und ver- seiner Überfahrt Land
spe ist. Der Rest der Beule erblickt , streiten sich ge-
wird getrocknet für den rade Neuankömmlinge
han en Winter. den die um das viele Jah rzehnte
Washo. eingehüllt in lang e lang nahezu menschen-
Mäntel aus Hasenfellen. leere Gebiet. Na vajo und
in kleinen, rund en. halb Apache - krieger ische
in die Erde einge lassenen nom adi sche Jäger - sind
Hütten aus Holzstangen vor einige n Jahrhunder-
und Rinde ver bringen. ten aus dem heutigen Ka-
Ob No maden oder Bau - nada aufgebrochen und
ern - die Jagd ist für fast um 1500 in den Süden
alle Stämme Nordameri- Nordam erikas gelangt.
kas die wichtigste Nah- Auch de n Grund für
run gsquelle. Tlingit und diese Völkerwand erun g
Kwakiutl padd eln mit kenn t bis heute niem and
großen Kanus in die Fj or- - nicht einma l den Zeit-
de der Nordwestk üste . um punkt deren Beginn s.
Fische zu angeln und Den Indianern ist nie
Stadtentwick lung: Echora. die Kapita le der
Robben zu erlegen. wei- eingefallen. sich als sia
Cherokee . liegt am Uttle Tenne ssee RiYer. Die Coosa. ihre
ter südlich jag en die süd lichen Nachbarn , lebe n in hoch ge legenen Häusern Volk zu fühlen - zu groß
Nootka und Makah Wale sind die Unterschiede der
mit Harpu nen. Die Paiu te, Kulturen und Schicksale.
die im späteren Bundesstaat Neva da leben. sammeln Viele Stämme nennen nur sich selber ..Menschen" oder
von kleinen Sch iltbo oten aus Enteneier im sumpfigen ..Volk", Die anderen, selbst die Nachbarn im nächs-
Randbereic h der See n. Bei den Choctaw und ande ren ten Tal. sind für sie Fremde. wenn nicht Feind e.
Völkern im Osten tarnen sich die Männer in Hirsch- ie hätte Norda merika aus-
feIlen, um sich dem scheuen Wild im Wald so weit zu gesehen. wäre Kolumbus
nähern , dass sie es mit Pfeilen erlegen können . erst ein Jahrhu ndert später
Doch der Kontinent ist in Unruhe. Ganze Völke r gelandet? Hätten sich das
habe n sich auf Wanderschaft begeben . In Kalifomien regional begrenzte Auf und
haben die Mono und andere Stämme vom Großen Ab de r Kulture n unvermin-
Becken aus neue Jagdgründe ersc hlossen. Im Süd- den fortge setzt ? Oder hät-
westen ist es zu einem dram atischen Exodu s gekom- ten die Völkerwanderungen der Mono. Apache und
men. Da.. Volk der Anasazi. da." die dortige Halb....ii ste Navajo. hätte das Erstarken de r Irokesen dazu geführt.
jahrh unde rtelang beherrscht hatte, ist um 1300 inner- dass die kleineren , schwächeren der über 500 Völker
halb weniger Jahre verschwunden. Niemand weiß. was auch ohne das Zutun der wei ßen untergegangen
es vertrieben hat. wären ? Hätten sich Staatswe sen gebildet, die denen

30 G EOf POCHf
Geschichteistschonlange vor Kolumbusdramatisch
der Azteken und Inka ebenbürtig gewesen wäre n -
und vielleicht auch denen dere uropäischen Ankömm-
linge? Hätten die Irokesen mit ihrem föderale n
System und mit ihrer fortsc hrittlichen Verfassu ng
vielle icht sogar so etwas wie eine große Demokr atie
entwickelt?
Die Ankunft der drei kle inen spanischen Sege l-
schiffe versperrt de n Indianern Nordamerik as an
jenem 12. Oktober 1492 ein für allemal solche histori-
schen Altern ativen . Die Männer an der Seite de s
Christo ph Kolu mbus sind d ie Wegbe reiter für Millio-
nen gie riger. hoffnung svoller. abe nteue rlustiger oder
verzw eife lter Weißen . die ihnen über Jahrhunderte
folgen werde n - auf der Suche nach Gold. Farmland.
religiöser Freiheit oder ei nfac h nur nach ei nem Weg
hinaus aus Europas absolutistischer Enge und früh-
indus triellem Schmutz.
Diese Menschen werden weitere Völkerwande-
rungen nach Ameri ka erzwingen; Millionen schwarz e
Sklave n werden aus Afrika depo rtiert. Zehnlause nde
chines ischer Kulis über den Pazifik herangeschafft
werde n. Fast allen Neuankömmlingen . ob sie nun
frei willig herge komm en sind oder nicht. wird eines
geme insa m sein: Sie können nicht meh r zurück.
Sie müssen sich Amerika erobern oder untergehen.
Die Indianer werd en schon bald hoffnu ngslos
in der Mind erzahl sei n: Von 1608 an verdoppelt
sich beispielsweise alle in die Zahl der englisch-
sprac hige n Kolonisten alle 25 Jahre; um 1700 über-
trifft die Zahl der Weißen in ihren noch vergleichs-
weise kleinen Besitzungen bereits die alle r Indianer
Norda merikas.
Kulturell sind die Einheimi schen auf die Invasion
in ke iner Weise vorbereitet. denn in ihrer Spiritualität
oder ihren Traditionen finde n sie keine Antwort auf
diese neue Krise. Eingeschlepp te Seuchen dezimie-
ren nicht nur ganze Völker. sie zertüuen auch dere n
religiöse Vorstellungen. Denn ihre herkömmlichen
Rituale können weder Krank e heilen noch die Infek-
tionen verh indern. Und der Gedanke. dass ein
Mensch La nd ka ufen - ode r raube n - und da nn für
im mer darübe r verfugen kann. ist viele n Stämmen .
die Jagdgründe und Felder ge mei nsam nutzen, so
fremd , dass sie nicht einmal eine Vorstellu ng von
..Landbesitz" haben.
Nachdem Kolumbus und seine paar Dutzend M än-
ner gelandet sind. bleiben allen Indianern langfristig
nur zwe i bittere Konsequenzen: Unterwe rfung und
Anpassung - oder Kam pf und Untergang.
nd doch iSI gera de die Zers plitterung
und relative Armu t der Indianer Nord-
ame rikas deren letzte große Chance.
Währe nd Konquistadoren die karibi-
schen Indianer binnen we nige r Jahre na-
hezu ausrotten und die Riesenreiche der
Azteken und Inka lächerl ich kleinen Er-
obererheeren zu m Opfer fallen . bleibt der Vorm arsc h
der Spanier im 16. Jahrhunden in Florid a und den
Halbwüsten von New Mexico und Colorado stecken.
Sie finden dort nicht das erhoffte Go ld, sondern Stäm -
me. die sich erbitten. wehren. Auch die Holländer.
Franzosen und Engländer - die Supermächte des 17.
und 18. Jahrhunderts - haben j ahrzehntelang alle
Mühe. selbst kleine Vorposten in No rdamerika zu hal-
ten. ehe sie allmählich in die Offensive überge hen.
400 Jahre brauchen die Erben des Kolumbu s, um ih-
re .,Neue Welt.. zu erobe rn. Die Indianer liefern ihnen
ein zähes Rückzugsgef echt - übe r den ganze n Konti-
nent. Ihr Widerstand wird einer der längsten Freiheits-
kämpfe der Geschichte. ei n historisches Drama vor
dem Hintergrund von Landraub und Mord lust, Gier
und Verrat. Tapferkeit und Hinterlist. Am Ende blei-
ben de n Unterleg enen nur die wertlosesten Fetzen
ihres eige nen Landes:
In den USA lebe n heute rund 1,5 der etwa zwei
Millionen Indianer in insgesamt 278 Reservaten.
Zusa mmen mache n diese nu r etwas meh r als zwei
Prozent der Staatsfläche aus. 0
 VON CAY RADE MACHER
D
ie Kannibalen
schlichen sich in
den ers ten Früh -
Iingstagen in das
abgelegene Tal in
der südwes tlichen Halbw üste
Xord amerikas. Ihr Ziel war
die Sied lung ein es Indianer-
clans: drei Gru benhäuser. in
denen rund e in Dut ze nd Man-
ner. Frauen und Kinder wohn -
ten . Deren Hütten halten einen
kre isfö rmigem Gr undriss und
waren gut einen Meter lief in
die Erde eingegrabe n: das
Dach aus Zweigen und Leh m
wur de von Pfoste n aus Wa-
cholderholz getragen. Dane -
ben standen vorrarskarnmem.
doch die ware n bis auf eine
Hand voll Maiskörner der
letztjä hrigen Ernte leer. Die
abgezehn en Menschen er-
nährten sich hauptsächlich
von Wildpflanzen.
Der Überfa ll muss überra-
schen d gekommen sein. denn
die Bewohner hatten nich t ein-
mal Zeit. sich in ihren Erdhäu-
sern zu verschanzen . Vielleich t
konnten ein ige flie hen. viel-
leicht wurden sie von den An-
greifern verschle ppt; Sicher ist
nur. dass drei Män ner; eine
Frau und drei Kinder -
etwa 14. 11 und 7 Jahre alt -
mit Keulen oder Steinen er-
schla gen wurden.
;;;:~:l:. ....
Keramikt6pfe mit
dem charakteristischen Muster
der Anasazi aus dem Chaco
Canyon in New Mexico
Die Angreifer zerhackten
die Toten. schn itten mit Stein -
kling en die Muskeln von de n
Gebe inen. um sie über de m
Feuer zu braten. Sie saug ten
das Mark aus den zerbroche-
nen Knochen und legten die
abgeschlagenen Köpfe der
Kinder auf glühende Holz-
kohle . um das Hirn im Sc b ä-
delzu garen.
Als die Agg ressoren ihren
Hunger gest illt hatten . warfen
sie die Knochen in die Hütte n
- allein in der größten wurden
später etwa 1150 Relikt e
men schli cher Gebeine gef un-
den . In einem bizarren Ritual
platzierten sie zwei Manner -
köpfe links und rech ts des
Herdfeuers .
Die Sc hätze der Opfer aber
- Mah lsteine. Keramik töpfe.
Knochen nadeln . Sreinhäm-
mer. Sandalen aus Yucca-Fa-
sern. Kellen aus poliert en
Truthahnknochen und Steinen
- verschmähten die Angr eifer.
Ehe sie den Ort verließen.
drang einer von ihnen noch Ein Flöte spiele nder
einmal in eine Behaus ung ein Buckelmann im Petro·
und ging zum inzwische n er- g lyph National Monu-
loschenen Herdfeuer. dem scheidung in der Herdasche. ment in New Mexico. ein
tal sächlichen und sym bo li- Richard Marlar. ein Patho loge FuB mir sechs Zehen
schen Mitte lpunkt . dem hei- und Biochemiker. fand da rin im Chaco Canyon, eine
Parade rrapezförmiger
ligsten On des Hauses. Dort Spure n von huma nem Myo-
Maskenmänner im Süd·
hockt e er sich hin und entle er- globin. eine r Substanz. die osten von Utah: Die Ana-
te sich - eine letzte Geste der normale rweis e nur im Mus- sazi hinterließen Tau-
Verach tung . kel- und Knochengew ebe. sende von Petroglyphen,
So zumindest rekonst ruie rt nicht aber im Verdauungstrakt doch sind diese Fels-
de r amerikanische Archäolo- vorkom mt: ein Beleg dafü r. zeiChnungen bis heute
ge Brian R. Billman den Un- das s je mand Menschenfleisch unentschlüsse/t
tergan g einer Indianersied- gegessen und verd aut hatte.
lung im Jahre II ~ 7 n. Chr.. der Im Frühjahr 2000 publizier-
Forscher die Coden ummer ten Billman und seine Kolle- sie mit solc her Bru talität vor.
5MTlOü tOgegeben haben. gen ihr Ergebnis - und wur - gegangen sind. Sicher ist je-
Sie lieg t im Cowboy w ash. den dafür heftig angegr iffen . doch die Identität der O pfer :
e inem ausgetrock neten Tal Unzw eifelh aft sind die Be- Es waren Anas ad. Angehöri-
im Südwesten des Staates woh ner von 5 ~tT 1 OO IO er- ge des geheimnisvollsten In-
Colorad e . Billman und zwei mordet worden . Doch manch e dianervolkes Nord amerikas.
Kollegen sind scho n 1992 auf Forscher glauben. dass die Um 700 n. Chr. schufen die
diesen On gestoßen. doc h es Verstümmelung der Körper Anasazi eine große und rätsel-
dauerte Jahre . bis sie das Kno- auf ein Begräbnisritual hin- hafte Kultur. Sie beherrschten
chenpuzzle zusammensetzen deute vtutt auf Kannibal ismu s. ein etwa 400000 Quadratki-
kon nten. Sie bargen sogar ver- Noc h weiß niemand. wer die lometer umfassendes Geb iet.
steinerte menschliche Aus- Angreifer waren und weshalb eine Landschaf der Extreme:
 , ,

"J'

-.
~
., Die Pueblos von cneco
Canyon waren um das Jahr
1100 Zentren eines ausge-
dehnten nerrscnenszeotets.
des so genannt en -cöaco-
System s ., Straße n fuhrten
von hi er bis zu 200 Kilometer
entfern ten AuBens ied lun-
gen. Insgesamt abe r ging
Inden der Kulturraum de r Anasazi
weit uber di e Gre nzen
FelswändeneinBilderrei!!en von cneco hin aus
ausder Steinzeit

Bis zu 2600 Meter empor-
w achsende Hochebenen wer-
den von zahllosen. oft meh-
rere hunde rt Meter tief en
Canyons zerrissen: dazwi-
sehen liegen gro ße. flache
Wüste nbas sins.
Das Land ist trocken . nur
....enige Flus-e versorgen die
Randbereiche ganzjährig mit
Wasser . Im Winter fallt
Schnee. im Sommer kann die
Tempe ratur nachts null Grad
und tagsüber rund -W Grad
erreichen - dann ist es so heiß.
dass Gewinerregen verdune-
tet.eheer den Bodenerreicht.
In dieser unwirtlichen Ge -
gend bauten die Anasazi Städ-
te und Kultort e. legten ein
Straßennetz an und terrassier-
te Felder. schufen eine Kultur
mit hochentwickelter Religi-
on. Astronomie und Kunst.
Doch um 1300 verließen sie
das Land . nicht ein Mensch
blieb in der riesigen Region
zurück. Die Anasazi ver-
sch wanden einfach aus der Ge-
schichte. Selbs t ihren wirkli-
chen Kamen kennen wir nicht.
Anasazi - "Vorfahre n eines an-
dere n Vol ke ~ " - nannten die
Navajos sie. als sie Anfang des
16. Jahrhunderts von x orden
kommend ins Land einwan-
derten und ehrfürc htig vor de n
verlasse nen Monumenten stan-
den. Sie nutz ten die gut erhal-
tenen Siedlungen nicht. son-
dern baute n ihre eigenen in der
Halbwüste. Denn ihne n galte n
die alten Plätze als von böse n
Gei..tem bewohnt
~ I ei ne Suche nach dem Ge-
heimni ..der Anasari wird mich
zu rätselhaften Felszeichnun-
gen und aufge gebenen Stad-
ten führen. zu schn urgeraden
Wüsten siraßen und verfasse-
nen Felsenfestungen. zu ein-
samen Kuhs tätte n und unvoll-
endete n Heiligtümern. Und je
mehr ich über das versehol-
lene Volk erfa hren werde .
desto rätselhafter wird es mir
erscheinen .
Das Tal der St einbild er
Die Reise begin nt in den
verorten von Albuquerque.
Im x ordwe..ren der größten
Stad t von xew vle xico liegt
der Rmconada Canyon. ein
halbrunder. knapp zwe i Kilo--
meter durchmessender Trich-
ter aus Stei n und Sand. Der
feine . gelbe Sand baden spei-
che n die Sonnenhitze. die gut
100 bis 200 \ Ieter steil wie
Stadionränge ansteig enden
Flanken des Cenyons sind mit
grauschwarzen Basaltbrocken
aller Größen bedeckt. Spure n
eines alten Vulkana usbruchs .
Vorsichtig. um ke ine Klap-
per schlangen aufzuscheuchen.
steige ich zwisc hen den Fel-
sen auf - und stehe plötz-
lich in einem stei nzeitlie hen
Bilderre igen : Menschen mit
viere ckige n Körpe rn. strich-
förmige n G liedmaßen und un-
gewöhnlich kleinen . vielleicht
mit Masken bedeckten Köp-
fen : Hände und Füße: Vögel.
Schlangen und Eidech se n: ge-
zackte Linien. Kreise und Spi-
ralen . Alle Darstellungen sind
in den Basalt gekratzt. die
schwach ockerfarbe n schim-
mernden Zeugr usse einer er-
wachenden Hochkultur.
Seit mindes te ns 11000 v.
Chr. leben xt en-c fen im Süd-

GEO EPDCHE 37
westcn der USA. Anfang s wa-
re n es Nomaden. die sich von
der Jagd und Wildp flanzen er-
nähneu. Spätestem im ersten
Jah rta usen d v, Chr. aber leg-
ten sie die ersten Maisfelder
an. Mais war zuerst in Mitte l-
amerika gez ücht et worden.
und sein Anbau sowi e der fast
zeitg leich eingeführte KUrbis
und die einige Jahrhunder-
te später folgenden Bohnen
macht en aus den Xomaden
sesshafte Bauern .
Z....-ischen 200 und 500 n.
Chr. schuf ein unbek annter
Handwerker den ersten Topf
au s gebran ntem Leh m. Bisda-
hin waren aus Pflanzenfasern
und Zweigen kunstvo ll ge-
flochtene Körbe Allzw eck-
behälter gewesen. die - mit
Pinienharz verklebt - wa s~e r­
dicht waren. Mittel s erhitzter
Steine konnte in ihnen sogar
gekocht werden .
Die ne uen Tongefäße aber
erwiesen sich als dauerhafter.
wasserdic hter und unempfind-
licher gegen Hitze. Die India-
ner form ten ihre Gefäße aus
dünn en Tonwülsten. d ie sie
übereinander legte n, Sie stri -
chen die Flächen glatt und
dekorierten die Außenseiten
mit einfachen Rillenornamen-
ten oder abstrakten Mu stern
in Schwarzweiß.
Eine etwa 1000 Jahre
aite ringförmige Kanne .
gefunden in Arizona
Nur langsam
gebendie Ruinen
ihre Rätsel
preIs
Ungefähr zur gleichen Zeit
vervollkommneten die India-
ner des Sud weste ns ihre
Fähigkeit. Zeichn ungen in
den Fels zu kratzen. Und so
wie die Schalen und Kannen
sich im Laufe der Jahrhunder-
te nur noch wenig verä nder-
ten . blieb auc h die Kunst de r
Petroglyphen bis zum Erlö-
schen der Anasazj -Kultur er-
staunlich einheit lich.
Um 700 rt. Chr. beg ann d ie
Blüteze it de r Anasazi. An
manchen Orten erri chtete n sie
erstmals große oberirdische
Raumk omplexe. Städte. in de-
nen bis zu 600 Menschen leb-
ten: die Pueb los. Dere n Zen-
tren waren die tivos - drei bis
fün f Mete r tief in die Erde ge-
triebene Rau mzylin der. meist
mit fla che m. von hölzernen
Pfosten getragenen Dac h. das
bündig mit dem Bode n ab-
schloss. Cbe r eine vorn Dach
hinabführ ende Leiter gelangte
man ins Inne re. und die Ein-
stieg süffn ung war zugleich
Rauchabzug für die darunter
liegende Feuerstelle. Kleine
Bode nöffnungen waren mit
Fellen ode r Hölzern bedeckt
und dienten als Fußtrommeln.
ein winziges Loch annähernd
in Raummine war das JipllpU
- Symbol für die Öffn ung der
Erde . aus de r alle Men sche n
hervorgegange n waren.
Die Kiva. das Rundhau s. war Ku/traum und Arbeitsstätte
Die Kiva war Arbe itsstatt
und Kultraum zugleich: Hier
arbei teten die Männer und
Frauen. hier versammelten sie
sic h zu religi ösen Festen. um
Regen zu erfle hen oder eine
Kra nkheit aus dem Körpe r
eines Clanmitgliedes zu ver-
treiben.
Das zumindest glauben die
Archä ologen. DO\:h ihnen
fehlt dafür jeglicher Beweis.
sie arbeite n mit Analog ien
zum Leben heutiger Pueblo-
Indianer. etwa der Hopi und
Zuni. Diese leben zwar süd-
lich des ehemaligen Anasaz i-
Lande s. sind aber womögl ich
die kultu rellen. vielleicht so-
gar die dire kten Nachfahre n
der Anasa zi. Die Religionen
und Bräuche der Pueblo-
Bewohner könnten deshalb
der Schlüssel zu jener
untergegange nen Zivilisatio n
sei n. Lnd da in den Pueblos
von heure zylindrische Ki-
Imm er wieder
stoßen Forscher auf
Spuren der Gewalt be i
den Anasazi. So zeigt.
dieser Schädel einer un-
ge fähr 2D-jährigen
Frau aus Mesa Verde,
dass sie mit einem
Pfeiischuß in den Kopf
get ötet worden ist
vas kultischen und profanen
Zwe cken dienen . wird ver mu-
tet. dass sie früher zu den glei-
chen Zwecken genutz t wor-
den sind.
Ein Rätsel sind auch die Pe-
trogl yphen: Tausende von
Steinbildern haben die Anas a-
zi hinterlassen - Chiffre n eines
gigant ische n kryptnlo gischen
Rätsels. Steht die Spira le für
die mythische Erdöffnun g. aus
der die ersten Mensc hen ka-
men'? Ode r ist sie ein Zeiche n
für einen neuen. seltsamen
Stern. der eins t am Nacht hirn-
mel strah lte - vielle icht das
Leuchten der Supernova von
I 05~? L'nd warum werden
imm er wieder sechsfingrige
Händ e abgebild et: mag isches
Symbol oder Indiz dafür. dass
bei den Anasazi diese Missbil-
dung ungewöhnlich häufig
aufgetreten ist'!
Vielleicht ist irgcndwo in
diesen Ze ichen auch die Lö-
sang für das nächs te Rätse l Gru nd des Canyons liegt der lnnem lagen Plätze und zwe i Zwischendecken. Die nächsten
der Anasazi versteckt: wes- Pueblo Bonito. ein halbk reis - große Kivas. die Hunderten Wälder mit Donglasfichten
halb aus einer lose organi- förmiges Ensemble von Stein- von Mensche n Platz boten . und Ponderosakiefern lagen
sierten Kult ur kleiner Döner bauten. so groß wie zwei sowie 30 kleinere Kivas und damals wah rscheinlich 80 Ki-
mit Bauern und Töpfern Fußhallfelder. Um das Jahr meh r als 600 Räume mit lome ter entfernt. Die An asazi
plötzlich e in überregionales. 900 u. Chr. haben Anasazi- rechteckige m Grun driss. kannten weder das Rad. noch
straff organisiertes politisc h- Baumeister mit seiner Err ich- Mindestens eine Million besaßen sie Tragt iere - jed er
religiö ses Gebilde ernstand. tung begonnen und über etwa Sandste ine mit einem Gesamt - Stamm muss also mit Men-
sieben Generat ionen den gewicht von über 30 000 Ton- schenkruft durch die Halbwüs-
Baup lan streng verfolgt. nen haben die Anasazi aus der te geschleppt worden sein ,
Die Ruine in der Wüste Die runde . der Steilwand Canyonwand gebroc hen. prä- Um llOO hat Puebl o Bonito
Zwei Stunden nordwestlich zugew andte Seite war eins t zise behauen und mit Leh m- den Ze nit seiner Entw icklung
von Albuquerque öffnet sich vier. vielleicht sogar fünf mörtel zu einem raffiniert erreicht. Frauen und Männer
vor mir auf einmal ein Can- Stockwe rke hoch: die Rau m- konst ruierten zwelsc halig en arbeite n auf den beiden
yon. ei n mächti ger Graben in fluchten werden zum Rand Mau erwe rk verb aut. Über großen offenen Plätze n und
der sons t nur leicht gewellten des Halbrunds immer niedri- 20 000 Baumstämme - je der den Dächern der Raumfl uch-
Landschan. Bizarr gezackte ger und sind an der gerad en sorgfältig entrin det nnd luftge- ten und Kivas. Wer etwas in
Felsen stehen wie Burgen vor Seite nur eingescbossig. Im trocknet - trugen Dächer und den nur durch wenig e Ötf nun-
dem san ft abfallenden Zu-
gang 7.U einem ungefähr -1.0
Die Häuser und
Kilometer langen, etwa ein
Kivas in PueblOBonito .
Kilome ter breiten und gut 150
der größte n Sta dt im
Meter tiefe n Riss in der Erde : Chaco ce r vo n. waren
Chaco Canyon . aus behaue nem
Die südlic he Flanke de , Sandstein gema uer t.
Grabe ns ste igt mäßig steil bis Balken trugen die -
zur Halb wüste nebene :10 und längs t einges ti:Jrzren-
ist mit niedrigen BUschen. Decken . Zum Zer-
Kakteen und Beifuß bewach- reiben der Mais kor-
sen, Die Nordseite ragt lot - ner auf nachen
recht auf wie eine Z) klopen- Steinen kniete n die
mauer, Der schro ffe. von Frauen nieder
senkrechten Spal ten durchzo-
gene Sandstei n leuch tet in der
v üttagssonne weiß. gelb.
ocker und rot .
Der ein zig sichtbare Weg
nach oben ist ein langer. nicht
einmal sch ulterbreiter Riss in
emem riesigen Sandstein-
blec k. durch den ich einiger-
maßen sicher klettern kann:
Von der Erosion abgesprengte
Steintrü mmer hilben natürli-
che Treppen gebildet. Die
Ebene 150 Meter oberhalb des
Canyon s besteht aus waag-
rech t aufeinander liegenden.
von Wind und Sand polierten
Steinplatt en. in die sich nied-
riges Buschw erk gekrallt hat.
Von hier obe n blicke ich auf
die Ruinen einer Siedlung
hinab . d ie ei nmal das Zentrum
eines Großreiche s gewesen
sein muss: Unter mir am
Wie viele cnecc-srecre bildete auch Pueblo Bonito eine n Halbkreis

GEOEPOCHE 39
 gen erhell ten Innenrä umen zu
tun hat. ge langt auf Le itern
über die Dächer hinei n. Aus
diesen Zugängen steigen dün -
ne Rauchsäu len der Herdfeuer
auf.
Die Menschen sind im Som-
mer nur mit Lendenschurz und
geflochtenen Sandalen beklei -
det. Alle habe n unnatü rlich ab-
geflachte Hinterköpfe - Folge
des Brauchs. Babys fest an
Tragewiegen zu binden.
Die Männer bestellen die
Felder im Canyongrund vor
dem Pueblo. Regenwasser.
das über der Halbwüste ober -
halb des Canyonv niederge-
gangen ist. wird mit Dämmen
und in de n Fels gegrabenen
Rinnen über die lotrechte
Wand auf die Mais -. Kürbis-
und Bohne nfelder geleitet.
Die Frauen kn ien vor kle i-
nen steinernen Platte n. auf die
sie Maiskörner wer fen und
mit runden Stei nen zerrnah-
len. oder sie fertigen Schalen
und Tö pfe aus Ton: die kom-
plizierten Schwarzw eiß-Mus-
ter werde n von der xt uue r
an die Toc hter weiterg egeb en.
Die Existenz von Pueblo
Boni to an e inem Ort wie Ch a-
co Canyo n wäre allein schon
erstaunlich. doch es ist fast
unglaublich. da ss 6 in der
Umgebung 13 weitere ..Great
Heu ses- gab. wie die Forsc her
Frosch aus Pechkohle
und Türkis: ein SChmucks tück
aus PueblO Bonito
dies e ummauerten Städ te nen-
nen. Etwas kleiner und nicht
ganz so alt. aber ähn lich impo-
sant. sorgfaltig geplant und
gebaut wie Pueblo Bonito .
Die Great Heuses scheinen
weniger nach landsc haft lichen
oder strategischen Gesich ts-
punkten angelegt worden zu
sein als nach astronomische n.
Fast alle sind in Xord -Süd-
ode r West-Ost-Achse ausge -
richtet. In Pueblo Bonito ist ei-
ne Tür erhalten geb lieben. die
eine Eckwand durchbricht.
Sie war so angeordnet. dass
die aufgehende Sonne am Tag
der Wintersonnenwende ihre
Strahle n gellau durch diese
Öffnung in den dahinterlie-
genden Raum warf.
Daneben fanden Archäolo-
gen im Chaco Canvon noch
zehn alleinstehende ..Great
Kivas'' mit Durchmessern von
bis zu 19 Meiern sow ie Hun-
derte kleiner. wen iger sorgfal-
tig geplanter Siedlungen.
Irgend jemand muss über
lange Zeiträume diese gewal-
tigen Bauvorhabe n geleitet
habe n. Insgesamt sind schät -
zungswe ise 200 ()(X) Baum-
stämme und über zehn ~1iI­
lionen Sandsleinblöcke her-
angeschafft und verarbeitet
worden: eme koordi niert e
Massenarben. die ein Indiz ist
für eine hierarchische . straff
orga nisierte Gesellschaft.
Haben Kön ige oder Prie ster
diese Schufterei befohlen?
Türkise. die aus den Santa Fe
Mo untains geb roche n und die
als Handelsware oder als Tri-
but nach Chaco ge lang t wa-
ren. wurden sowohl in den
Great He uses als auc h in den
kle inen Siedlungen gefun den
- allerdings in untersch ied-
liche r Form : In den Gro ßkorn -
plex en entdeckten Ausgräber
Anhänge r aus Türk is und
Sch muckstücke wie eine
Frosc hfigur aus schw arzer,
poli erter Pechkohle mit einge-
legten Augen oder eine vier- manche Forscher vermuten.
strangige Kette aus Tü rkis - dass die Gesam tlänge einst
Luxuswaren. übe r 2-100 Kilometer betrage n
In den Dörfern dagegen hat . Die Anasazi haben. ver-
fanden sie nur Türk isspli tter - mutlic h nur nac h Augenmaß.
also Reste der Verarbe itung. erstaunlich gerade Wege
Lebte in den kleine n Siedlun- durch die Wüste gelegt : meist
gen das ein fache Volk. dessen haben sie nur die Strecke sorg-
Handwerker jene Schm uck- faltig von Geröll und Gebüsch
slücke sch ufen. mit denen sich gerein igt. an einigen Stelle n
d ie Herrschenden in den abe r soga r den Fel sen bearbe i-
großen Pueblos schmückten? tet. Lag ein sehr großerFelsen
Doch wo lagen die Gräber im Weg. dan n schlugen sie lie-
dieser Herrscher? In der Nähe ber eine Treppe hinein. als ihn
der Dörfer fanden Archäolo- zu umgehen.
gen so viele - schlichte - Be- Manche Straßen füh ren zu
gräbnissränen. wie nach GrG- ..Außensiedlungen". zu Satel -
Be und Besiedlungsdauer der liten-Pueb los von zum Teil er-
Anlagen zu erw arten ware n. staun licher Größe. Deren Ar-
Bei Pueblo Bonit o und den chitek rur und die in ihnen
andere n Great Heuses hinge- gefundene Kerami k stimmt
gen fanden sie zwar Tote mit mit der von Cbaco überein.
reichen Grabbeigaben. aber Der Anthropologe Stephen
sie entdeckten selten meh r als Lek se n vermutet, dass de r
20 Gräber - viel zu wenig wüsrencany on Ze ntrum eines
Leichname für eine mehrere rund 260 000 Quadratkilome-
hundert Ja hre währe nde Be- ter gro ßen Gebiets gewesen
siedlung. selbst wenn nurei ne ist: Der Einfluss von Chaco
sehr kleine Elite in der Nähe
der Gro ßkomplexe hätte be-
stattet werd en dürfen. Wurden
die Gräber vielleic ht irgend-
wo in der Wüste ange legt.
außerh alb des Can yons ?
Das Geheimnis der
Straßen
Inzwischen sind die For-
scher sicher. dass Chaco keine
isolierte. auf den Canyon und
dessen Umland besc hränkte
Kultur gewe sen sein kann .
Seit den siebz iger Jahren. seit
Archäologen systematisch das
unzugängliche Gelände um
den Canyon zu Fuß erkunden
und zudem Luftbilder aus-
werten können. wird immer
deutliche r. dass Chaco Zen -
trum eine s viel größe ren und
komple xeren Gebildes mit ei-
nem weit verzweigten Straßen-
system gewesen ist. Himme lslei te r: Viele
Cber 200 Kilometer sind Siedlungen. wie die se
bis heute erm ittelt worden : im Canyon de Chelly,
Arizona. waren nur über
in den Fels gehauene
Stufen zu erreichen
reichte vom süd lichen Colora-
do bis ins nördliche Mexik o.
von der Region um Santa Fe
bis nach Arizona und n ah.
Die Menschen von Chaco
haben Handel getrieben: Tür-
kise aus den Santa Fe x toun-
tains. rote Papageien und
Kupferglocken au s Minel-
amerika sowie Muschelsehe-
Jen von der kaliformsehen
Küste gehört en zu den
begehrten. gegen dekoriene
Keramik eingetauschten Wa-
ren. Vielleich t habe n die Herr-
scher von Chaco sogar über
Armeen verfügt . die sie jen-
seits des Canyon s auss andten
- auch wenn die Ruinen keine
Hinweise auf gewalt same
Auseinandersetzung liefern.
Doch was sollt en wandern-
de Händler oder auc h Truppen
auf bis zu neun Meter breiten
Stra ßen? Wohin sollten man-
che der Wege führen. die ab-
rupt irgendwo in der Wüste
ende n? Und welchen Zweck
sollt en Straßen habe n. die vie-
le Meilen lang parallel neben-
einander laufen "?
Stephen Leksou glaub t.
dass das ,.Chacoan Regional
System" selbst zur Blütezeit
dieses "Staatswesens " zwar
riesi g. aber karg gewesen ist.
Archä ologen schä tzen anhand
der Zah l der Feuerstellen und
gefun dener Keramikscherben
sowie der maxi mal nutzbaren
Anbaufläche im Chaco Can-
yon. dass dort insgesamt nie
meh r als 4000 bis 6000 xten-
sehen gelebt haben - und
im gesamten Einflussbereich
höch stens 30000 Einwohner.
Und selb st die größten Au-
ßensiedlungen könne n kaum
mehr als ein paar Hunden
Einwohner beher bergt haben.
Die Halbwüste war also zum
große n Teil mensch enleer.
Niem als, so Lekse n. sei
hier der Handel so intensiv.
seien Armeen so groß gewe-
sen . als dass man dafü r ein
derart groüzügig ausgebautes
Wegesystem benötigt hätte.
Leksens Schluss: Die Straßen
müssen kultische Funktione n
gehabt haben .
Cbaco könnte das spir itu-
el le Zentru m einer größeren
Region gewesen sein. viel-
leicht gar das aus späteren In-
diane rmythe n beka nnte ..Wei-
ße Haus". der heili ge Ort der
Mine-, Penda nt zum .Xördli-
chen Ort" . de m mythisc hen
Eingang zur Unterw elt im
Nord en. In ge wisser Weise al-
so eine An Himmel auf
Erde n.
Leksen sie ht Pilgerschare n
von weithe r tagelan g gen Cha -
co liehen. Die übertriebene
Breite der Straßen. deren ab-
surde Gerad linigkeit. ja selbst
manches abrupte Ende in der
Wüste bekämen so eine n
Sinn: Vielleicht führten d iese
Wege zu heiligen Orten in der
Wildn is. 1U Plätzen von
besonderer sakra ler Bedeu-
tung.
In den Great Heuses hätten
dem nach vielleicht nur SO
bis 100 Menschen - etwa
Priester - gelebt. Und die
großen Kivas und Raumfluch-
ten hauen dazu gedien t. zu be-
stimmten Zeite n Pilgerscha-
ren und die zu deren Versor-
gung nötigen Vorräte aufzu-
nehmen .
Kamen die
Herrscher der Puebloseinst
aus Mittelamerika?
Bei Pue blo Bonito und den
anderen Komplexen hand ele
es sich somit um keine Wohn-.
sond ern um Kultstätten.
Lekse n zufulge war Chaco
Can yon das Heil einer ..ritu-
ellen Landschaft". in der jeder
Berg, jeder Felsen. jede Qucl-
le. jede Siedlu ng und deren
Ordnung zuei nander relig iöse
Bedeutungen hatten: nichts in
dieser Welt war in den Augen
ihrer Bewohner zufällig.
Bew eisen kann der An thro-
pologe aus Colorado all das
nicht. Doch keine der andere n
Theorien verma g so viele
sche inbar wid ersinnige As-
pekte der Chaco-Kuhur zu er-
klären.
Allerd ings scha fft auc h
Leksen eines nicht: einen
Grund dafür angeben, weshalb
Die Stadt
Chetro Ketl im
creco Canyon
zeigt verblüffe n-
de ÄhnliChkeite n
zu Baute n aus
Mesoa merika .
Die Löcher im
Bode n einer be-
nachbarte n ruve
waren vielleich t
fel/bespannt e
Fußtrammeln
dieses ausgefeilte System so
plötzlich kollabiert ist.
Die tö dlich e Trock enzeit
Au s den Jahresringen der
beim Bau verwendeten Stäm-
me können Archäologen heu-
te eine verl ässliche Chr onolo -
gie erstelle n. Zudem ge ben
die Baumringe ebenso wie
Pfl anzenreste (Polle n. Sam en.
Kern e ) in alten Asch es tellen
und die in der seit langem hier
herrsch enden Trockenheit er-
haltenen Rattennester Hin-
weise auf das frühere Klima.
All diese Daten zeigen. dass
im Jahr 1130 eine Dürreperi-
od e einge setzt hat. d ie ein hal -
bes J ahrhunde rt währte.
Die Anasazi vo n Chaco
Canyo n hatten scho n zuvo r
GEO EPOCHE 43
 I ,
.~
: ~I
schwere Troc kenze iten über -
standen. doc h diesm al hiel -
ten sie nicht durch : Xach
11 30 wurde kei n Baum mehr
geschlagen. um die Great
He uses auszubauen oder in-
standzuhalten. Binnen .... enige r
Jahre rafften d ie Einwohner
ihre Habse ligke iten vom \ 1001·
stein bis zur Schmuckke tte zu-
sam me n und zogen fon.
Ein Öko- Kollaps ? Gab der
über die Jahrhunderte aus-
gelaugte Boden nicht mehr
genügend Ertrag her fur eine
ständig w achsende Bevö lke-
run g. zumal in Zeit en einer
Dürre?
Wenn es so .... ar. dann muss
die.sol ge.... alng gewesen sein.
den n es sind ....eh .... eit in de r
Geschichte nur wenige Bei-
spiele bekannt. in denen ein
Bauern volk sein engestamm-
tes Land be, auf den letzten
Ma rm verließ. um niemals
wiederzukehren. L nd wen n
zudem Cha co ein spiri tuelles
Ze ntrum. gar das verheißene Für den Anthro pologen Chri- Inzwischen glaub t Turner. renschädel mil angespitzten
..Wei ße Haus" ge.... esen ist. SI)' Turner i~t der Zusammen- 38 kannibalische FundsLäuen Zähnen: ein Brauch. der nur
dann mu ss die Sit uatio n so bruch von Chac o nicht Folge identifizieren 1U können , an de- aus Miuelamerüa bekannt ist.
verzweifett gewe sen sei n. einer Umwehkatastrophe. son- nen insgesamt mindestens 286 In Chetro Kerl. einem x ach-
dass se lbst die Relig ion keinen dern eine r sozialen Implosion. Opfer verzehn worden ..ind - barkom plex von Pueblo Boni-
Trost mehr bot. Die Menschen Er war - bereits 1%9-derer- zu viele. als dass sie als Einzel- to. wurde ein großer freier
müssen sich von den Göttern SIe. der das bis dah in verbreue- falle abgetanwerdenkönnten . Platz von einer Pfeiler-Kolon-
verlas-e n gefü hlt haben. te Bild der Anasazi als friedlie - nade begre nzt eme
Oder l ehn en sie. ganz im bendes Bauernvolk in Frage architektonische Fonn . die
Gegente il. dem Can yon j u- stellte. Der Fluch de r sonst im Südweste n der L"SA
belnd für imme r den RUcken? Turner waren Knochen eur- Kanni b a len unbekannt ist. nicht aber in
gefallen mit Kratzepuren. als In seinem Buch " Man Miuelamerika.
wäre da, Fleisch abgezogen Corn" entwirft Turner e in Die frem de Herrs cher-
worden: andere waren so zer- eben so grandioses wie Furcht schiehr könnte ihre Macht
trümmert. als hatte man sie erregendes Bild : Ritue lle durch Terror gesichert haben -
verkürzt. damit sie in einen Men..chenopfer waren erwie- durch den grö ßten Schrecken.
Kochtopf passten senermaßen Brauch bei man- den sie bei den Unterjochten
Schon vor Turner hallen chen mittelamerikanischen überhaupt auslösen konnten:
Archäologen Hinweise auf Hochkulturen. Xach Turner Sie aßen sie auf.
Kannibalism us entdeckt. doc h könnte sich um das Jah r 900 Turner glaubt. Karinibalis-
niemand war in seinen Folge- eine kleine Truppe von Tolte- mus se i das Mittel gewesen.
rungen >0 rad ikal wie der ken gen Xorden aufgema cht um die Anasazi gefügig zu
\ lann aus Anzona: Für ihn haben. Diese Konquistadore n halten - bis 1 U jener Dürre-
war der rituelle Verlehr von bäne n die Anasazi unte rwo r- periode um 1130. Dann sei
Eine Sanda le aus Menschenfleisch von große r fen und ihr Reich fortan von die Herrsc haft der Menschen-
vuccetesem . die sich Bedeutung in einer keines- Chacc Canycn aus regten. fresser. die vielleicht schon
im trockenen Klima New wegs pazifi stische n A nasazi- Bei einem der Grea t House.. durch die Dürre und die davon
Me)(;cos erha lten hat Gesellschaft. fanden Archäo logen eine n To- ausgelösten Mlssemten ins

Schwan ken geratenwar, durch
eine Revolte zerstört worden.
Die befrei ten Anasazi hätten
das Tal des Schreckens ver-
lassen und anschließend sei
Cbaco Canyon 800 Jahre lang
menschen leer geblieben - ein
Ort. auf dem ein A uch lag .
(Bna n Billman und seine
Kollegen - die Entdecker der
Menschenfresseropfer in Cow-
boy Wllsh mehr als 100 Kilo-
meter nordwes tlich von Cnaco
Canyon - glauben dagegen
nicht an die Existenz 101Ieki-
scher Menschenfresser: Es ge-
be kein Indiz dafü r. dass die
Siedlung ..unter der Kontrolle
von Chaco gestanden habe".
Zudem seien in der Region
außer aus der Fundstelle
5:\ITlOO IO weitere Fälle ven
Kannibalismus bekannt, Alle
werde n auf die Zeitspanne von
etwa 1150 bis 1175 datie n -
also nu("h de m Kollaps des
Chaco- Phänomens. nicht zu
dessen Blüte .}
Städte wie
Festun2en- doch wer war
der Feind?
Die Menschen aus Chaco
Canyon jede nfalls wand erten.
so vermu ret Turner. um 1130
rund 100 bis 120 Kilomet er
nach Norden . voe, schon vie-
le Siedlung en gab. mit denen
sie seit langem Handel getrie -
ben hallen. Niem and weiß. ob
sie - womög lich wegen der
katastrophale n ~ lissemte von
Hunger und religiöser verwi r-
rung gelrieben - als Eroberer
oder als Flüchtlinge kame n.
Die Trutz bu rg Im Fe ls en
Auch im Xorden lebten seit
Jahrh underten Anasazi : An-
gehöri ge eines Kulturkreises.
dessen Zent ren sich in gro-
ßen Cenyon v erstrec kten - im
Canyon de Chelly in Arizona,
bei Hovenweep in L tah, im
Die Felsens ied-
lungen der Anasa zi
waren praktisch unein-
nehmb ar. Im Grand
Canyon legt en sie Vor·
ratskammern hoch
über dem Colorado an .
Bei Hovenweep, Utah.
erri chtere n sie
direkt am Rande des
Abgrun ds Türme .
die an europä ische
Burge n erinn ern
Goodman Canyon und in Me-
sa Verde in Colorado. dem
S amensgeber diese r Kultur.
Und ebendort. in Mesa Verde.
sollten die Anasaz i ihre letzte.
ebenso spektakuläre wie
bizarre Blütezeit er leben.
..Mesa Verde". grüner Tisch,
nannten spanische Entdecker
im 16. Jahrhundert ein 24 mal
32 Kilometer großes Plateau
im südlich en Colorado . das
sich 600 xterer nahezu lot-
recht au.. den ->anft gewellte n
Ausläufern südl ich der Rock y
xt ountain-,erhebt.
Die Luft oben ist heiß_aber
so klar. dass ich die 160 Kilo-
meter emrermen San Juan
:\Iou nlainl> gUI erkennen kann .
Das Plateau liegt 1800 bis
2600 xteter überde m Meeres-
spiegel. es duftet wie am Mil-
telmeer nach Pinien. Wachol-
der. Beifuß und heißem Sand.
Die Wälde r sind licht. die
meisten Bäume kaum doppelt
mannshoch - verkrüppelt von
heißen Som mern . strengen
Wintern und Wassermangel.
Die vtesa wird von rund
zwei Dutzend kilometerlangen
Canyons zersehnirren - 200 bis
300 ~ leter tiefe n und beinahe
ebenso breiten. weiß . gelb und
ocker schimmernde n Fe lsen-
riesen, Die Wände fallen lot-
recht ab. bis sie auf uralte.
längst von Bäumen und Bü-
schen bewachsene Geröllhal-
den treffen. die im steilen Win-
kel bis zum Talgrund führe n.
Die einzigen Wasserquel·
len lie gen verstec kt in :\i·
sehen de r Steilwände. 200 bis
270 St eter über de m Talgrund.
Da, Hochplateu besteht zum
größten Teil aus Sandstein .
der Schn ee und Rege n auf -
saugt wie ein Schwamm. 30
biv 100 Mete r tie fer verhi n-
den eine wasserdichte Schicht.
da,s die ~iedersehläge noch
weiter hinunterdringe n. Sie
fließen seitlich ab - und treten
als Rinnsale aus den Ca nyon-
wänden.
Spätestens um 500 n. Chr.
habe n Anasazi die Hoc hebene
von Mesa verde besiedelt. Die
geringen Xiederschläge reich-
ten nur zur Bewäs serung der
Felder. Wasser für den tägti-
G EO f P QCHE 47
 eben Bedarf hohen die India-
ner aus Quellen in den Steil-
wänden. zu denen sie, beladen
mit Tonkrügen oder Körben,
in waghalsigen Klettereien hin-
abstiegen,
Sie trieben wahrscheinlich
mit Chaco Handel. doch
scheinen sie nie zu dessen
..Sysrem'' gehört zu haben: Ih-
re Keramik ist mit breiteren.
kräftigeren Sch warzwelß- Or-
Stehen die Zeichen
für Tatowierungen? Gemusterter
Tonkopf aus Pueblo Bonito
namen ten verzie rt als die des
Süden s. und ihre Ktvas haben
einen viereckigen Annex . was
auf religiöse Lnrerschiede,
zumindest aber andere Rituale
hindeutet. Man weiß heute
nicht einmal . ob die Men-
sehe n von Chaco und Mesa
veröe diese lbe Sprache ge-
sprochen haben.
Nur soviel ist klar: Anfangs
lebte n die Anasazi von Mesa
Verdc auf dem Hochplatcu.
Erst um 1190 - kurz nach dem
Z usammenbruch von Chaco
120 Kilometer südlic h und
dem Ausbruch kannibalischer
Gewalt in Cowboy wash we-
nige Meilen westlich - ver-
ließen die Anasazi ihre Sied-
lungen auf der Hochebe ne
und zogen in die schwe r zu-
gäng lichen Canvonwände.
Sie bauten Xisehen unter
Felsüberhängen aus. indem
sie dort Räume. Kivas und
Turme aus Sandstein hinei n-
setzten. Oft sind es nur winzi-
ge Komplexe. die gerade einer
Familie Platz gebo ten haben.
Doch mindestens ei n Dutze nd
der über 600 so genan nten
..Cliff Dwellings' an den
Canyonwänden Mesa Verdes
sind regelrecht e Felsenst ädte.
Die größt e Anlage - .Cliff
Palace'' - Hegt in einer99 vte-
ter langen. bis zu 27,5 Meter
tiefe n und 18.3 Me ter hohen
Xisehe von Mesa Verde: 2 17
Räume. 23 Kivas. ein runder
und ein viereckiger Turm:
Platz genug für 200 bis 250
Menschen.
Zur gleichen Zeit gehen die
Anasaxi auch in anderen
Canyons in den heutige n Staa-
ten Colorade. L'tah und Arizo-
na daran. Siedlun gen in Steil-
wänden anzulegen. Warum?
Manche. aber längst nicht
alle Felsenstädte liegen an de n
kostbaren Wasverstellen. Die
Nischen schützen das emp-
findlich e Sandstein-Lehm-
Mauerwerk vor Regen und
Schnee. Und viele Komplexe
sind so angeordnet dass die
tief stehen de Wintersonne sie
bescheint und in der kalten
Jahresze it erwärm t, während
die hoch stehe nde Sommer-
sonne sie nicht erreic ht. es in
den Xisehen also angenehm
kühl bleibt.
Doch kann dies die immen-
sen Xachteile aufwiegen? Vor
und nach jeder Arbeit - auf
den hochge legenen Feldern.
zur Jagd ode r zum Handel -
müssen die Menschen haar-
sträubende Klene rpartien ab -
solvieren Es muss ein Him-
melfahrtskommando gewesen
sein. einen Korb ern tefrischen
Mais. einen erlegte n Hirsch
oder gar Baus teine und Baum-
stämme zur Felse nsiedlung
hinabzutransportieren. Die
meisten Anlagen waren zum
Abgrund hin d urch keine
Mauer oder Balustrade ge-
schü tzt - ei n lebensge fähr-
licher Platz für Kinder.
Ich besuche mit Bob Smirh.
einem Archäologen und Ran-
ger der Xatio nalpar kverwal-
 C/iff Palace.
die größte Fe/-
sensiedlung im
Hochland von
Mesa Verde.
wurde um 1200
in einer bogen-
förmigen Can-
yon-Nische er-
baut. Der Grund·
riss zeigt die
kreisförmigen
Kivas. die Wohn·
komplexe und -
schraffiert - vier
Stockwerke
hohe Bauten. Ob
diese. Türme-
der Verte idigung
dient en oder
religiö se Funk-
Sind sie tion hat ten. is t
unter Forschern
vor Menschenfressern ums tritt en

geflohen? ~. '

nmg. eine Siedlung namens

..Saloon)' House' Olm südli-
chen Rand des Xationalparks.
200 Meter über dem Grund
des SodaCanyon.
Schonder Weg. dendie Ran-
ger ausgebaut haben. um \"00
der Hochebene zur Felsensied-
Jung hinabzusteigen. ist nichts
für Menschen. die leicht
schwindelig werden: Zunächst
geht es eine schmale Felsspalte
einige Meter neben Balcony
House hinab.danneinenTram-
pelpfad hoch obenan der Ran-
ke des Canyons entlang. von
dort schließlich eine rund zehn
Meter lange Holzleiter ....i eder
hinauf . im Rücken nichts als
200 ~ leter Luft.
Srnith weist auf einen win-
zigen. extrem steilen Riss im
Felsen unmiuelbar bei der
Siedlung: ..Don sind die Ana-
sazi hinaufgeklettert. Die
Spalte j.;,l \00 schmal. dass ein
Mann sie gegen eine ganze
Armee verteidigen könnte."
Bak ony Hocse - einstmals
35 bis .lO Räume. das Heim
für höchstens 50 Menscben -.
scheint eine Festung in derFes-
tung zu sein. Eine Felszunge
teilt die Xisehe in zwei Hälf-
ten. Wer von der einen in die
ander e gelangen will. hätte
sich eins t außen herum. den
Canyon zu FUßen. vorbei-
schlän geln können . Doch
"C l b~t hier bauten die Bewoh-
ner noch einen Wall.
Zunächst. da, läN das
vt auerwerk erkennen. gab es
don noch eine Pforte . aber die
wurde später zuge mauert.
Wer in die hintere Hälfte woll-
te. mus ste entweder eine (heu-
te verschwu ndene ] wac kelige
hölzerne Balustrade betre ten.
die über dem Abgrund lag -
ode r du rch eine n 47 Zen time-
ter breiten. 70 Zen timeter ho-
hen und 3.5 Meter langen
Tu nnel kriechen. de n die A na-
sazi durch die Feh zunge ge-
sch lagen hauen.
Ich muss auf Knien und El-
lenbogen robbe n. die Schul -
tern verrenkt. damit ich nicht
an den Seitenw ände n stec ken -
ble ibe. Auf halbem Weg gibt
es eine An Ka mmer. dan n
wird der Tunnel wieder en g
War diese künstliche Höh le in
der ~tiue de s Felsens eins t ein
kultischer Plau? Oder war der
Gang ein verschanzter Zuw eg

GEOEPOCHE 49
durch den Fels. den kein An-
greifer je hätte erstürmen kön-
nen?
Die CliIT Dweüings sind
von den jeweils darüber lie-
genden Hochebenen und vom
Canyongrund aus praktisch
unsichtbar; sie sind extrem
unzugänglich und waren mit
den steinzeitliehen Waffen je-
ner Zeit - Pfeil und Bogen.
Speer. Steinbeil - so gut wie
uneinnehmbar. Es ist. als hatte
eine tiefgreifende Angst die
Menschen um 1190 erfasst. ein
Gefühl immenser Bedrohung.
das sie Hindernis auf Hinder-
nis auftürmenließ. bis sie in je -
nen absurden. fast unzugängli-
chen Felsenfestungen saßen.
Doch vor wem könnten sich
die Anasazi verschanzt haben?
Die ersten Navajc und Apache
kamen frühestens 300 Jahre
später aus dem heutigen Kana-
da in den Südwesten. Also vor
ihresgleichen? Sind die Cüff
Dwellings stumme Zeugnisse
eines Bürgerkrieges? Siedlung
gegen Siedlung? Oder Canvon
gegen Canyon? Ein Kampf um
Holz. Land und Wasser? Oder
hat sie die panische Angst vor
den Menschenfressern - wer
immer die waren - so hoch in
die Felswände getrieben?
Brian Billman. der Ent-
decker von 5\-lT1OOlO. weiß
nicht. wer die Angreifer wa-
ren. aber er glaubt. dass der
Werkzeuge aus
Pueblo Bonito : Schaber
aus Hirsc hknoche n. verziert
mit Türkis und Pechkohle
Ausbruch von Kannibalismus
in der Regio n um 1150 statt-
gefunden hat - also bevor die
Menschen in die ( hITDwel-
lings gezogen sind.
Und der Ranger Bob Smith
verweist darauf. dass keine
e inzige Felsensiedlung von
Mesa Verde Spuren einer Be-
lagerung oder gewaltsamen
Zerstör ung: aufweis t. Aller -
dings gebe es bei den Toten
Anzeichen für zuneh mende
Gewalt. wie Kopf- und Rip-
penverletzungen.
Das Rät sel des Pueblos
So rätselhaft die Ursache für
die Gründung der Felsensied-
lungen. so rätselhaft ist auch.
weshalb sie aufgegeben wor-
den sind. Die unter solchen
Mühen erbauten CliIT Dwel-
lings wurden bereits um 1275,
nach nur zwei Generationen
Besiedelung. verlassen - und
zwar nicht nur in Mesa Verde.
sondern auch an allen anderen
Orten im Südwesten. Die Be-
wohner verschwanden für im-
mer. Das riesige Land war auf
ei nmal menschenleer.
Manche Siedlungen sahen
aus. als wären ihre Bewohner
urplötzlich davongezogen: In
der Felsenstadt ..Mug House"
in Mesa Verde fanden Archäo-
logen noch Henkeltassen sau-
ber aufgereiht an einer Schnur
hängend.
Bob Smith zeigt von Bal-
cony House auf den Soda
Canyon: Die Geröllhänge und
gut geschützte Felsspalten sind
dicht mit verkrüppelten Pinien
und w achetdem bedeckt.
•.Diese Bäume können viel äl-
ter ",..erden". erklärt er. .A ber
hier im Canyon sind die mei-
sten höchstens 500 Jahre alt."
Seine Folgerung: ..Um
1275 waren alle Bäume ab-
geholzt . Das jagdbare wild
war verschwunden. der durch
die Jahrhunderte lange Land-
wirtschaff bereits ausgelaugte
Boden der Erosion preisgege-
ben. L"nd dann erlebten die
Anasazi die nächste Dürrepe-
riode - zwischen 1276 und
1299 fiel fast kein Regen. Das
war das Ende: Das Ökosystem
kollabierte. die Menschen
mussten fortziehe n,"
Stimmt diese Annahme.
da nn hätte eine fatale Kom-
bination von Dürre. Überbe-
völkerung. intensiver w ald-
rodung und Bodenerosion in
allen Canyons zwischen Co-
lorado und Arizona fast zur
gleichen Zeit zu einem Um-
weltdesaster geführt.
Oder war eine verheerende
Seuche Ursache jener Men-
schenleere'? Knochenfunde
belegen. dass die Anasazi -
die Männer im Durchschnitt
I,65 Meter groß. d ie Frauen
1.55 Meter - kein allzu gesun-
des Volk waren. Die Lebeuser-
Trieb eine
DürredieFelsenmenschen
wieder fort?
Im so ruce Tree Hause
von Mesa veroe haben
Archäologen die tytinon-
sehen, sozusagen im
Souterrain des Pueblo
angelegte n Kivas re·
konstruiert. Über Leitern
konnten die Indianer
einst ins Innere der Kult-
räume hinunter-
wartung lag bei 32 bis 34 Jah-
ren. die Hälfte aller Kinder
starb vor dem fünften Ge-
burtstag. Manche Skelette
weisen Spuren von Mangel-
krankheiten wegen unzurei-
chender Ernährung auf. fast
alle Gebisse sind zerstört . weil
der Maisbrei beim Mahlen auf
Steinen mit Sand durchsetzt
wurde. Jedoch: Rege lrechte
Seuchen sind nirgends nach-
zuweisen.
Manche Forscher vermu -
ten. dass eine neue Religion.
die sich bei den Indianern am
Rio Grande. 300 Kilometer
südöstlich von Mesa verde
etabliert hatte. die Anasazi
fortgelockt haben könnte.
Doch gibt es in der Geschichte
kaum ein Beispiel dafür . dass
eine neue Religion binnen we-
niger Jahre eine gesamte Be-
völkerung überzeugt. ge-
schweige zum Massenexodus
klettern. Die mit Ste in-
platten belegten Dächer
bilde ten vor den Wohr}
kompl exen kleine Plätze.
auf denen Männe r
und Frauen arbeiteten
und Kinder spielte n
..(
, I ,
lf
1.
.,) \
1'"

Manch e Kammern von Ba/cony Hause waren einst nur durch einen Tunnel oder
einen Steg über dem Abgrund miteinander verbunden
einer bäuerlichen Gemein- ..finden wir bestimmte Struk-
schaft aus dem l and ihrer turen. bestimmte Gesetzrnä-
Vorfahre n gefü hrt hätte. ßigke iten. die uns einen Hin-
Xieman d versucht die Ana- weis au f das Ende der Anasaz t
sazi so sys tematisch 7.U erfor- geben:'
schen wie ..Crew Canyo n-'. ei- Seit 1998 publiziert Crow
ne in Cortez. Colorade. Canyon die Ergebnisse ein -
ansa-slge unabhängige ar- zeln er Grabungen. doch bis
chäologi sche Forscbungsua - je tzt haben die Forcehe r
tion. Seit 1996 arbeitet sie an nur erste. einander zum Teil
dem Program m ..Comunitic- widersp rechende neue Hin-
Through Time: Migration. we ise gefunden.
Ccoperaüon. and Conflicr'. Varicn hält es beispielswei-
In einer Region knapp 20 Ki- se für möglich. dass viele
lometer nordwestlich von Ste- Anasaz i bereits um 1190 ihre
sa verde wollen die Forscher Heim at verlassen haben. Die
von Crow Ca nyon alle ar- Cl iff Dwcllin gs wären dann
chäologischen Fundställen die Festungen der letzte n
aus alle n Epoc hen er- Zurückgebliebenen gewese n
schließen. analysieren und - und ihr Ende um 1275 nicht
miteinander vergleichen. mehr der plötzliche Kollaps
..vielleicht". so der wissen- e iner hoc h entwickelten Ge-
schaftliche leiter Mark Varien, sellschaft. sondern die finale
Etapp e in einem 100 Jahre
währenden Prozess .
Beweisen kann Varien auch
das nicht - und ausgerech net
die neue sren Entdeckungen
seiner Organisation lassen das
Rätsel der Anasazi noch kcm -
pliziert er erscheinen. als es
oh nehin schon ist.
Nordwestlich von Cortez
Keram ik mir den führt eine Schotterpiste kilo-
feinen Zeichnungen von Chaco meterwe it schnurgerade durch
(flnks) und dem kräftigen sanft gewelltes. grünes Farm -
Mus ter von Mesa Verde land. Irgendc-o. etwa ein Kilo-
52 GEOEPOCHE
merer zu meine r Linken , ver-
steckt sich der Goodman
Canyon. doch der tiefe Ein-
schnitt ist mit bloße m Auge
nicht auszumac hen.
Die verborgene Stadt
Zwei transportable rote
Toilettenhäuschen am Rand
der Schonerpiste markieren
den On der aktuells ten Aus-
grabung von Cro w Canyon:
die Shields Sire. Rund 300
Meter dahin ter steht mitten
auf einem Acke r ein weißer
Wohncontainer. an dessen
Seiten sich schwa rze Plas-
tikplanen spanne n. Im Um-
kreis von mehreren hundert
Metern ziehen sich rund zehn
Meter lange. zweiei nhalb Me-
ter tiefe und sch uherbreite
Furchen durch den Bode n. als
härte jemand Schütze ngräben
angelegt: die Grabu ngen der
Forscher.
In den füntziger Jahren hat
ein Farmer hier einen Kupfer-
gürtel aus Mexiko gefunden -
nie zuvor war etwas Ver-
gleichbares so weit im Norden
entdeckt worden. Der rätliche
Ackerboden ist durc hsetzt mit
Tausenden von unscheinb a-
ren. daumennagelgroße n Ton-
senerben.
..Wir haben 1997 mit der
Suche bego nnen", erklärt der
Ausg rabungsl eiter And rew
Duff. ,.weil diese Funde auf
eine große Siedlu ng hindeu-
ten. auch wenn davon mit
dem bloßen Auge nicht s mehr
zu sehen ist." Zuerst hätten
sie den Boden mit elektroma-
gnetischen Messgeräten auf
Anomalien untersucht - die
Geräte liefert en ihnen tatsäch-
lich Hinweise dara uf. dass
sich ein bis drei Meter tief in
der Erde die Grundmauern
von Gebäud e n verbargen.
Zudem gruben sie an 18 zu-
fällig ausgew ählten Stellen
den Boden auf - und stießen
dabei auf die Reste einer Sied-
lung. Duff: .J etzt suchen wir
gezielt nach den Feue rstellen
der Kivas . In der Asche haben
wir Xahrun gsreste wie ....Iais-
körner oder Hirschknochen
gefunden. die uns etwas über
die Ernähru ng und das Klima
verraten: auße rdem können
wir manche Holzreste datie-
ren: '
Duff ha tte erwa rtet, einen
kleinen Pueblo auszugraben.
der um 1190 aufgegeben
worden war. weil die Bewo h-
ner - wie vermeintlich alle in
der Me sa-Verde-R egion - in
ei ne Felsensiedlung zogen :
hier wahrsc heinlich in die
von Goodman Po int. kaum
ein Kilometer weiter im
nächs ten Ca nyon .
Doch er fand einen Kom-
plex mit 600 bis 800 Räumen
(die wohl nicht alle zur selben
Zeit genutz t wurden ) arn Ran-
de einer Straße. wie sie Iy-
pisch ist für das System von
Chaco. li nd die Anlage muss
von etwa 1100 bis 1260 be-
wohnt gewesen sein.
..Es sind also doc h nicht
alle Anasazi in die Felsensied-
lungen übergesiedelt", schließt
Duff daraus. "Vielleicht ist
Shields nur die große Ausnah-
me. Die Menschen hier hatten
es mögl icherweise nicht nötig .
weil sie sich bei Gefahr in den
nahe gelegenen Goodman
Point zurückzi ehen kon nten:"
..Dde r··. er lach t. ..d ie Kerle
hier ware n diejenigen. vor de-
nen sich alle anderen gefü rch-
tet habe n". Bis jet zt alle rdings
hat er auch darauf nicht den
gerin gsten Hinweis gefu nden.
Doch selbst wenn die bis
1260 bewohnte Siedlung von
Shields im Gegen satz zu den
Felsenbehausungen praktisch
schu tzlos ange legt w'ar - ein
Indiz dafü r. dass die Anasazi-
Kultur im Frieden und nicht
im Krieg untergegangen ist.
kann die An lage den noch
nich t sei n. .,Vnter den Toten
der Spä tzeit finde n sic h über-
durchschn ittlich viele j unge
Erw achsene" . sagt Duff. ..Das
könnte darauf hinweisen . dass
in jenem Zeitraum die Gewalt
unter den Anasazi deutlich zu-
genommen hat: '
Mark varien von Crow
Canyon und die meiste n seiner
Kollegen glauben (ohne dies
freilich beweisen zu können).
dass die A nasazi - wa s immer
sie vertrie ben haben mag -
weit nach Südwesten und Süd-
osten ausgewiche n sind : in
das Gebiet der heutigen Hopi
und Zun i in Ari zona sow ie zu
den Puebl o- Indianern am Rio
Grande.
In Arizo na gibt es heute
noch elf Hopi-Pueblos und ei-
Pfeile mit ang ebun -
denen Ste inspitzen au s
dem Chaco Canyon
54 GE Q EPOCHE
nesder Zuni: 19 weitere Pueb-
los liegen am Rio Grande. Die
dort leben den Indianer spre-
che n fünf Sprachen au s drei
Spr achfa milien . Gut mög lich.
dass in einer dieser Sie dlu n-
gen die Sprache. die Kultur.
die Nach fahren der Baume i-
ster von Chaco und vlesa Ver-
de überlebt haben.
Die Pueblo-Indiane r selbst
wisse n es nicht. Ihre Legen-
den berichten zwar von Vor-
fah ren. die aus dem Xorden
gekom men sind. und sie ver-
ehren die alten Anasazi-Star-
ten als heilige Orte . Doc h ihre
Mythen sind zu vage. als dass
sich daraus eine plausible Ge-
schic hte rekonstruieren ließe.
Arc häologen von Cro w
Canyon haben 1990 Castle
Rock Pueb lo ausgegraben. ei-
ne mittelgroße Siedlun g auf
hohen. schwer zugänglichen
Felsen im Mclilm o Canyo n.
Brands puren zeigen. dass die-
ses Pue blo zwischen 1280 und
1285 angegriffen und zers tört
worden ist. 39 unbe grab ene
Leichname lage n in oder vor
der Ruine. die von Frauen und
Manne rn. ..Einer der seltenen
Bewe ise für kriegerische Ge-
walt" , so Varien. ..Irgendje-
mand hat Casne Rock allein zu
dem Zweck angegr iffen. um
Forscher am
Sand Canyon Pu-
ebto. coioreao.
Vieie Archäol o-
gen gl auben,
dass die Anasa zi
ins Gebiet der
heutigen Hopi
und Zuni in Arizo-
na und zu den
Pueblo-rnd ianern
am Rio Grande
gezoge n si nd
das Pueblo auszulösc hen. Ich
habe abe r keine Ahn ung. wer
das gewesen ist."
Ware n es jene Krieger. vor
de nen die Anasazi der C!iff
Dwellin gs geflo hen sind'! Wer
sonst könnte es gew esen sein
- Jahrhunderte. bevor andere
Indianerstämme in dieses Land
eindrange n"? Lnd warum hat
man bis heute keine einzige
Sp ur von den Angre ifern ge-
funden'?
Der letzte Tempel
..101 Südwesten treffen Sie
auf mehr Archäo logen pro
Quadratmeter als irgcndwo
sonst in den CSA". sag t Varien
lachend...Und es gib t da
draußen zwischen de n Can-
yons 100000 bis 200000
noch unberührte archäologi-
sche Stätren.I rgendwann wird
irgendwer scho n etwas Ent-
scheidendes finden : '
Das wahrscheinlich letzte
Bauwerk der Anasaz i in Me, a
Verde. vielleicht das letzte Ge-
bäude. das sie überhaupt er-
richtet haben. steht auf einer
kargen Felszunge. die sich
fast 300 xt eter hoch zwischen
Fewkes und Cliff Can yon
schiebt. Ein seltsames Bau-
werk in Sichtweite einiger der
größ ten Felsen siedlu ngen in
Mesa Verde: ein großer Halb-
kreis. wie er typisch ist für
Chaco. mit zylindrischen Ki-
vas im lnnem. deren Form
eben falls aus de m untergegan-
genen Reich im Süden stammt
und nicht aus Mesa Verde.
Die vier bis fünf Meter ho-
hen Mauern bestehen aus fein
zurechtgeschlagenem an den
Rändern sogar poliertem
Sandst ein. Aber nicht eine
Tür. nicht ein Fens ter. nicht
einmal ein Belüftungsschlitz
durchbricht die Wände .
..Sun Temple" haben Wis-
senschaftler den Komplex ge-
rauft. ..Sonnentem pet''. Denn
könnte ein derart unzug äng!i-
ches und zugle ich an so expo -
nierter Lage liegendes Ge bäu-
de anderen als kultischen
Zwecken gedient habe n"? Wei-
che Riten aber könnte n hier
vollzogen worden sein"? Lnd
waru m wählte de r unbek annte
Archite kt eine Bauform. die
meh r als 100 Jahre vor seiner
Zeit und an einem ga nz ande-
ren. längst un tergegangenen
Ort gep flegt worden war ?
Der Komplex muss. wie
Ana lysen des Bau materials er -
geben haben. um 1275 errich -
tet worden sein. Manche For-
scher vermuren. dass der Bau
dieses Tempels eine verzwei-
felte Reaktion der Anasazi auf
die gehei mnisvolle. finale Be-
drohung gewesen sein könnte.
der ihre Kultur zu dieser Zeit
ausgesetzt war: ein sakrales
Gemeinschaftswerk. das den
Zorn der Götter besänftigen
sollte .
Haben die Baume ister das
im Sinn e geha bt, dann wäre
auch diese letzte Ho ffnung
bitter enttäu scht worden: Der
Sonnentempel ist unvollen det
geblieben - das letzt e Rätsel
der Anasaz i.
Car R.de m.ch...., 35. ist Red3l<leu, von
.sEO uM GEOEPOCHE. Er h. l Am e '; ~.·
nisc he und Alle Gesch ic:htestud iert
~.::.._~-~~
Der GegenSChlag, festgeha lte rl von dem Kupfersteche r lohanrl T. ae 8ry: Nach 15 Jahrerl, in dene n sich die Indi aner von den Sied lern imm er "'1f
run d um James town an : 34 7 Eng lände r werden get oter. Der erste Versuch einer Koexis tenz ist ges che ite rt
GEOEPOCHE 57
VON WOLF SCHN EIDER: STICHE:THEODORUND JOHANN T. OEBRY gin Elisabeth. auf eigene Rechnung zwei kleine Sch iffe an
die Küste des heutige n US-Staats Xorth Carolina. Die
e\vartet hatten die Indianer wahrlich niCh. t Engländer fanden ei n üppiges Land \ 'OT. wurde n von den

G
auf die Weißen - diese bedrohlichen We- Einheimischen mit Freundlichkeiten übersc hüttet. mit
sen aus einer ande ren Weh. die in höl- Hirschen und Hasen bewirtet - und gaben in London be-
zernen Burgen herangeschwommen ka- geistert Bericht von den liebenswürdigen Menschen. die
men und ihre krä nklic h bleichen Körpe r In in einem goldenen Zei talter lebten. Raleigh nannte den
erstaunliche Gewänder zwängten. Benei- Küstenstreifen ..Virginia", seiner jungfräulichen Königin
den musste man sie um ihre Messer, Beile. zu Ehren: sie schlug ihn zum Ritter und setzte ihre rseits
Schwerter, scharf, schwer und aus nie gesehenem Ma- eine Expedition in Marsch.
terial; fü rchten musste man ihre krach; nden Kanonen : Die landete im Juli 1585 mit 108 Mann auf der Insel
durchscha uen konnte man sie nicht. Roanoke vor der Küste des heutigen Xort h Caroli na -, und
Was wollten die Fremdlinge: nur Tauschhandel treiben - ihr A nführer. Ralph Lane. beeilte sich. in Jahresfrist alles
Glasperlen und Messingglöc kchen. Werkzeuge und Waffen an Dummheit. Hoc hm ut und Niedertracht zu de monstrie-
gegen Felle und Lebensmittel? Oder wollten sie bleiben, ren. was die Indianer an den Weißen fürch te n und hassen
sich Rechte anmaßen. Jagdgru nde stehlen ? Die Indianer lernten. Als die Lebensmittel knapp wurde n, holte Lane
brauc hten lan ge, bis sie die Gew issheit hauen. dass die sie sich mit Gewalt. Als er eine silberne Tasse ver misste.
Weiße n ebe n dies im Schi lde fü hrten: undda war es zu spät. gab erden Einheimischen die Schuld und brannte ein Dorf
So wenig wie zuvor den Spaniern , den Portugiesen. den nieder. Einen Häuptling fing er ein. ließ ihn gegen Löse-
Franzosen kam es den Engl ändern jem als in den Sinn. sich geld frei und entführte dessen Sohn. Einen ander en Häupt-
in der Neuen Welt als Besucher oder als Partner zu fühlen. ling ließ er erschießen und enthaupten. Nun war Krieg.
Sie waren selbstverständlich die Herren. und den India- und in Panik flohe n die Kolonisten auf das erstbeste eng li-
nern. den Heiden. de n Wilde n. gehörte nichts. Der Land- sche Schiff. das Roanoke an lief.
raub fand nur dort seine Grenzen. wo er schon von eine r Doch sie hinterließen die Pocken - Europas wichtigste
der anderen europäischen Kolonialm ächte vollzogen wor- Verbündete bei der Eroberung der Xeuen Welt. Obwohl
den war. Wozu halte Gott A merika erschaffen ? Zu dem auch in der alten verbreitet und erst im 19. Jahrhundert be-
einzigen Zw eck. von Europa unterworfen zu werden - das siegt. fielen sie in Amerika viel mehr Menschen an und en-
wusste man in Madrid und Lissa-
bo n, in Paris. in London und im Va-
tikan sowieso; nicht mit Gew alt Zunächst scheint alles gut zu gehen: Die Briten
natür lich, sofe rn die Indianer nur zu
Kreuze kroch en. Secoton ist mit
Die Spanie r. Herren der Kari bik. etwa 30 Häusern
beganne n 1513 mit der Eroberung und 300 Einwoh-
von Florida: im heutigen Kanada nern eine der
größeren indian i-
machten sic h seit 1534 die Franzosen
schen Siedlungen
breit. England musste sich bee ilen, an der Ostküste.
wenn es noc h einen Bissen abhaben treoaorce Bry
wollte von dem gewaltigen Kuchen, gibt s ie idealisiert
und die drei ersten englischen Versu- wieder - als Gar-
che ware n für die Indianer eher be- tenst adt. Umgeben
ruhigend: d ie eine Kolonie rasch wie- von Feldern , auf
der verlas sen, die zweite zerstört, die denen sie Mais.
drille jahrelang dem Abgrund nah.
Den ersten Vorstoß machte 1583 blumen und
Tabak anbauen .
Humphre y G ilben : Die Insel Neu-
leben die Indianer
fund land nahm er als ..heidnisches in fest en Häusern
Land, das keinem christlichen Kö- A aus Weidenholz
nig oder Volk gehört". für sic h und und Schilfrohr und
England in Besitz. wie es sein in widmen sich ihren
London verbrieftes Recht und sein Ritualen , etwa
Auftrag war. Doch auf de.r Heimrei- beim Ern tedank·
se ging er mit seinen Schiffen unter, fest (unten )
und die Kolonie war bald aufg elöst.
Ein Jahr später. 1584. schickte
waner R alei gh. Günstling der Köni-

tauschen Waren gegen Lebensmittel ein und lernen von den Indianern
deten viel häuti ger töd lich. denn das Virus war dem Im -
mu nsystem de r Indianer unbekannt. Auf Haiti. dem ersten
Stützpu nkt des Kolumbus. waren nach vierzig Jahren spa-
nischer Herr schaft von fast einer Mi llio rt Bewohnern gera-
de noch ein paar tau send am Lebe n. überwiegend von Eu-
ropas Seuchen. etw a den Blatte rn od er der Ruh r. umge -
bracht. freilich auch von Sklavenarbeit und Menschenj agd.
Mit den Seuch en ging un ter de n Indianern die Angst
einhe r. sie se ien das Wer k de s Gottes de r Eng lände r; die
also kö nnte n mit dessen Hilfe töte n, wen sie wollten. A ls
1587 trot z der Flucht der vo rigen wieder 150 Siedler au f
de r Insel eintrafen. 17 Frauen daru nte r - da regierte das
Misstr auen von Anfa ng an. und schon ei n paar Tage nach
de r Ank unft fanden die Engl änder einen der ihren von
Pfei len du rchbohrt.
1588 vers uchte die spa nische Arm ada. England zu er -
obern; sie wurde vern ichtend ge sch lagen . abe r es dauerte
bis 1590 . ehe das erste Versorgu ngsschiff auf Roanoke
eintraf. Die Sied lung war ve rfa llen und kein Kolonist
mehr zu sehen. nich t lebendig und nicht to t. Es gab auch
kei ne Spu ren eines Kampfes - nur ein paar Kisten. die of-
fenbar in Eile vergr aben und späte r aufgebroc hen worden
waren. und in einen Baum geritzt fan de n sich die Buchs ta-
ben CROATO A?' . de r Xarne einer Nachbarinsel. Abe r
auch auf de r gab es keine Spur.
Die Europäer
tre f fen auf die Söh-
ne des Indianer-
f{jrsten Powhatan ,
der über 31 Stämme
mit 13 000 Men-
schen geb iete t. An·
fangs herrscht
Frieden : Der Handel
zwischen Europäern
und Amerikanern
blüht. und die Ein·
heimischen unt er-
weisen die Fremden
sogar in ihren
Landwirt schafts·
techniken
Waren die Siedler tot - wurden sie ab Sklaven gehalten -
haben sie sich mit den Indianern ve rm ischt? Oder hatte
einfach der Hunger sie vertrieben? Es wurde nie geklärt .
Roanoke aber schmückt sich seit 193 7 mi t dem Sommer-
festsp iel ..Die versc ho llene Kolonie" .
H
ätten sich England s Kaufleute und der Kö nigshof
nun entmutigen las sen - Xordameriku wäre im Sü-
de n spanisch. im No rde n französisch geworden
und vielle icht geb lieb en. Aber da ging ja 1604 der mehr
als zwanzigjährige Krieg m it Span ien zu End e. das mach -
te die Fahrt über den Atlantik wen iger ge fährl ich. und
obendrein war die Abe nteue rlust der Piraten Ihrer Ma-
jesrät für ne ue Ziele frei. So ließ sich 1606 eine G ruppe
englischer Kautleute vo n König Jakob I. das Recht ver-
briefen. eine ..Virgi nia Company" zu grün den . nach de m
Muster de r Ostindischen Kompanie. die schon sechs Jah re
zu vor begonnen halte, sich an den Reichtümern Indiens zu
mästen.
Für ..Virginia" - daru nter verstand man zu je ner Zeit die
gesamte Ostk üste Norda merikas zwischen dem No rdrand
der Halbinsel Flor ida. auf der die Spanier saßen , und dem
späteren Pennsyl vania - . für Virginia also erhielt die
Company das Monopol auf Prod uktion und Handel nebst
dem Au ftrag. zum Ruh m des Allmächtigen die Heiden zu
bekehren. ,.die noch in der Finstern is ihres elenden Un-
GEOE POCHE 59
wisse ns leben", und sie zugleich an eine geo rdnete Regie-
rung zu gewöhnen. Weil die Indianer Heiden waren. galt
das Land als herre nlos: halte n sie aber den rechte n Glau-
ben ange nommen. so änderte sic h um Vollzug des Land -
raubs sel bstverständlich nich ts.
D
ie Gesellschaf ter der Virginia Company stellte n das
Kap ital . warbe n die Koloni sten an und verpflichte-
ren sic h. sie zu versorgen - so lange. bis sie ihre
Schulden bei der Ge sellschaft abgearbei tet haben .... ü rden.
Geworben wurde allein mit Ver sprech ungen. und zwa r
von de r hohl sten und fettesten Art.
Freundliche Eingeborene, die sic h gern anlei ten lasse n.
warten auf euch. versicherte die Company - Gold im
Überfl uss und keine Arbeit mehr! Und von den Kanzeln
de r Anglikanisc hen Kirche töntejene r Ruf. der. wie so oft
im Kolo nialzeitalter. die Goldgier mit der Frö mm igke it
vermählte: Pflanzt in Virgin ia England s Fahne aufu nd rct-
tet die Heiden! ..lhr werd et die Gre nzen des Königreichs.
ja des Himme ls erweitern ,"
Und was waren das für Leu te, d ie 105 Mär mer. die sich
dara uf einließen. sich zwei Monate lang in Enge und Ge -
stank über den Ozean scha ukeln zu lassen. um ihr Glück
zu finden am ande ren Ende der Welt? Matrosen. Soldaten.
ein paar ju nge Ad lige auf der Suche nach Bewährun g. da-
zu Handwerke r. Tagelöhner und Tagedi ebe : denn davon
gab es viele in England . gefährlich viele nach Ansicht de r
O berschieh r. und sie loszuwerden gehört e auf la nge Sich t
zu den Zie len des Unternehmens. Dazu kam der Wunsch.
neue Ab satzg eb iete für englische Tuche zu schaffen. viel-
leicht auch auf Rohsto ffe zu stoße n.
Ein ncue s En gland j enseits des Ozeans! Das beflügelte
die Pha ntasie der herrsc henden Kreise. und über den Indi-
anern Xordamerik as braute sic h neues Unheil zusammen.
Übe rdies galt England schon als übervölkert mit seine n
dama ls etwa vier Mil lionen Bewohn ern . jedenfalls von
Aufruhr und Land streichern bedro ht. denn etwa die Hälfte
der Engländer lebte in Arm ut die Klein pächter. die
Knechte; d ie Heimarbe iter. die gegen einen Hungerlohn
das Spinnen und das Weben de r Wolle für die Tuchm an u-
faktu ren besorgten; da zu Bettle r, Vagabunden und j ene
verarmten Bauern. die von ihre n Äckern abges chn itten
war en. wei l d ie Landedelle ute immer mehr Zäune für ihre
Sch afe zogen. Eng lan ds Verlierer also zogen aus. um in
Am erika die Indianer zu Verlierern L U machen.
Am 14 . Mai 1607 wurde . nach der Pleite von Neu -
fund land und der Katastroph e von Roanoke. die dritte
englische Kolo nie in der x eue n Welt geg ründe t: Die 105
Abenteu rer. zwe i Woc hen zuvor an Land gegangen an der
Küste des heu tigen Virginia au f de r geographischen Breite
von Sizi lien. hatt en etwa 100 Kilometer landeinwärts eine
Halbinsel im brei te n M ändungstricfuer eines Flusses ge-
funden . d ie ihnen als Standquartier geeignet schien.
Sie nan nte n es Jamestown , nach ihrem Köni z Jakob
(englisch: James) L und begannen. Hüllen zu baue~ und sie
mit Palisaden zu umg eben. mit ei nem Bollwerk an jeder
der dre i Ecken . auf das sie ihre Sc hiffskanonen zerrten.
60 GEOEPOCHE
Sie kon nten nicht ahn en. dass diese r 14. Mai 1607 ein-
mal ab ..der Gebu rtstag der amerikanischen Nation" ge-
feiert werden würde . Die noch frühere n Siedlungen hatten
ja aufgehört zu exis tiere n. und die berü hmteren .Pilgervä-
rer" erreichten die Neue Welt auf de r .~\Iayflower'"· erst
1620.
Alsbald machte eine Delegation der Kolon isten dem
großen Häuptling Powh atan ihre Aufwartun g - en tsch los-
sen . ..die Eingeboren en nicht zu beleidigen". wie es in
einer Weisung de r Virgini a Company hieß . Powhatan resi -
dierte etwa 40 Kilomet er nördlich von Jamestown in
einem ansehnlichen Dorf. das nichts geme in hatt e mit den
Zell lagern de r Prärie- Indianer. wie wir sie aus dem Kino
kenn en : feste Häuser mit geflochtenen Wänden und
Dächern aus Baumrinde. um einen Versam mlung splatz
gru ppiert ; das Ganze in eine r Kulturlandschaft . die wir als
gepfl eg ten Gärtnereibetrieb bezeichnen würden.
Die Männer hatten das fruchtbare Land mit Feuer und
Stein axt gerodet; ihre Hauptaufgabe war die Jagd : Mit
Pfeil und Bogen erleg ten sie Hirsche. Hasen und Bären.
Auch fisch ten sie. mit Reusen aus Schilfroh r oder von ih-
rem Einbaum aus mit dem Speer.
Die meiste Plage hing an den Frauen und de n halbwüch-
sigen Kinde rn. Sie bauten den Mai s. die Bohnen. die Kür-
bisse an. dazu Sonne nblumen und Tabak. Sie lockerten die
Erde mit Grabstöcken aus Hirschgewei h. sie häufelten sie
mit M uschelschalen. sie jät eten das Unkra ut. sie schlepp-
Die Indianer, berichtet einer derEng
ren die Ern te hei m. Sie sammelten Beeren. N üsse und
Wurzeln. sie fing en Krebse und Schil dkröten. sie flochten
Matten und Körbe . In Krügen schafften sie das Wasser
vom Fluss heran . und mit xtuschetn kratz ten die Frauen
ihren xt ännem de n halben Sc hädel kahl. da mit die Bogen-
se hne sich beim Schu ss nicht in de n Haaren verfing.
Kurz: Die M änner hallen ein angene hmes Leben. und
für alle war der Tisch re ich gedeckt in einem schönen
Land mit milden Wintern. D ie da wohnten. waren ein
sess haftes . selbstgenügsames. ziemlich friedliches Volk.
das weder Desperados aus einer andere n Welt gebrauchen
konnte noch sich in je ne heidnische Finsterni s getaucht
sah. aus der die so gen annten Christen es bef reie n wollten
mit Feuer und Schwert.
ie Herrschaft über 3 1 Stämme halte der große
D Häuptling teil s geerb t. te ils mit List oder
Gewalt erwo rben und sich aus fast je dem Stam m
eine Ehefrau genommen. ~l it schätzungsweise 13000
Untertanen gebot er über eine de r größten Bal lungen von
Macht auf dem Territ orium der heu tigen USA.
Hoc horganisierte Staaten wie die der Azteken in \ 1e:t.i-
ko und der Inka.s in Peru gab es im Xorden nich t. Hem an
Cortes und Francisco Pizarro hauen die beiden südlichen
Riese nreiche zwisc hen 1519 und 1533 im Handstreich
zerschlagen. In jed em lebten vermutlich etwa zehn Millio-
 Die Kriege r
schmücken sich
mit kupfernen
Hals- und Arm·
bände rn sowie
mit Kett en aus
Mus cheln oder
Knochen. Die
Spitzen ihrer
pfe ile sind aus
Ste in. Damit
sich die Bogen-
seh ne beim
Schuss nicht im
Haar verfangt.
schere n sie ihre
Schade /seiten
kah l

länder nach Hause, »sind groß, stark, findig und von hurtigem Verstand-
Anfangs
halt en einige m-
dianer völker
die fremdar tigen
Invasoren für
Götte r. Um r er-
auszufinden.
ob die Weißen
nicht vielleicht
doch st erblich
sind . nehmen sie
einen ge fangen
und halten
desse n Kopf sm:
ter Wasser. Da-
nach wiss en
sie mehr
ne n M enschen. die - an ein autoritäres System gewöhnt -
sich in ihr Schicksal fügten. Xoch heute bilden sie. unrcr
ei ner dünnen wei ßen Oberschi cht. in der Mehrzahl de r
Staat en zwischen Mexiko und Bolivien zusa mmen mit
den Mestizen di e Mehr heit.
N
ordamerika nörd lich von Mexiko aber war. als Ko-
lumbus lan dete. nur vo n schätzu ngsw eis e zwei bis
drei M illio nen Men schen bewohnt. und die waren
in mi nde stens 500 Stämm e mi t teils verwa ndter. teils völ-
lig verschiede ner Sp rache und Kultur gespalten. Zwar gibt
es Wörter wi e . Algonkin': für Indianer de r Ostküste . zu-
erst von franz ösischen Sied lern verwendet (Algonquin) .
aber da mi t beze ichnen nur die Lingui sten di e Mitglieder
einer Sp rachfamilie. die sich selbe r nicht als Einheit emp-
fan d und sich unte re inander zume ist auc h so we nig ver-
stän dige n konnte wie die Deutschen und die Dänen.
Diesseit s des Mis sissip pi. im öst lichen Drittel de r heuti -
ge n USA, scheinen gar nu r etwa 200 000 Menschen gelebt
zu haben . nicht viel mehr als um 1600 in London . Die
En gländer fanden demn ach . anders als Cortes und Pizarro,
nic hts vor. was sich hätte zerschlagen lasse n. und scho n um
1700 gerieten die Indianer Nordamerikas ge genüber den
weiße n Invasoren zahl enm äßig in die Minderheit
Doch anders als die Urbe wo bner de r Ande nstaare n auf
Kamp f eingestellt . fochten sie noch dre i Jahrhun dert e lang
um ihr Überleben . Der sc hier unendliche. bis ins 19. Jahr-
hun dert fas t leere Raum. der sich hinter ihne n we st wärts
dehnte. half ihnen dabei: an derer-
seit s mag er zu ihrem Irrgl auben bei-
getra ge n habe n. vom Unterga ng be- Dem reichen Häuptling Powhatan kommen die
dro ht sei ihre Ku ltur. ihr Leben
nicht. da ja das Zurü ckw eic hen vor
der Gef räßigkei t der Europ äer ihre
Chance bleibe.
Der große Häuptling Powhatan
also empfing anno 1607 die Dele-
gatio n der ung ebet ene n Engländer.
umri ngt von set neo Bera tern. sei-
nen Lieb ling sfraue n und 40 Bogen -
schü tzen - ein gro ßer. sehniger
Mann von etwa 60 Jahren mit lan-
gem Grauhaar. di e Beinkleider aus
Hirschleder. darüber ein Umhang
aus Wasch bärenfell.
Erfreut über diesen Bes uch war
Powhatan vermu tlich nicht. denn
längst war aus dem Süden die Nach -
ric ht von militanten \ tis sion aren und
Sklav enj ägern an se in Ohr gedrun-
gen. und ver mut lich wusste er auch.
wie die Engländer 1585 auf Roanokc
ge wü tet hatten. Abe r die se Ei ndring -
linge waren ja Leute mit begehrens-
we rten Waffen und w erkze uge n.
Da ko nnte man im Tauschhandel
Dinge erwerbe n. die nü tzli ch ware n
und zug leich den Status de s Häupt lings hob en. So ließ
Powhata n die Siedl er leutsel ig in den hei mische n Acker-
bau me thoden unterweisen - sah jedoch ge lassen zu . wen n
sein e M änner hie und da in Jamestown und Umgebung ein
paa r Kostba rkeiten stahlen oder auch mal eines der
Bleichgesichter meuch elten : schließlich so llten die nic ht
übe rm ütig we rden. und ba ld aufgeben würden sie ja so
oder so.
Sch on im August 1607. gut ein Vierteljahr nac h der
Landung. gin g unter den Kolonisten de r Hunger um. Die
mitge brachten Vorräte ware n fa st ver zehrt, im letzten
Me hl kra bbe lten die Maden. und von der Jagd verstande n
die meisten Sied ler nichts ...Sie hatten die Sch wie-
rigk eiten dieses so vollständig neuarti gen Unternehmens
untersc hätzt". schrieb Winston Chur chill späte r in seiner
..Ges ch ichte der englischsprachigen Vö lker". und iro-
nisc h fü gte er hinzu: •.Schließlich ist es nicht vielen gege-
be n. eine Xation zu gründen: '
Ihr Anführer. Captain Xe wport. war nach Europa gese-
gelt. um Lebensmittel und weitere Ko lonisten zu holen.
Von den 104 Zurückgebliebenen waren im Oktober nur
noc h 60 am Leben - die an deren ge storben an Unter-
ernähru ng. Ruhr. Typhu s. Malaria oder Wassersucht. Es
gab Tage. da konnten nur noc h fünf Männer auf den Bei-
nen stehen . Ja. es war ein lang er Weg von de r ..Geburt der
Nation" in Jamesrown bis zur Weltmacht USA und deren
gro ßen Sp rüchen.
Pomeioc,
eines der mit
Palisade n bewehr-
ten Indianerdör fer.
Im Tempel, dem
Gebäude mit dem
roten Dach, hü·
ten Priest er eine
hölzerne Figur mit
menschlich en
Zügen - ihr Orakel -.
sowie das heilige
Feuer und die
Waffen der Dor t-
bewohner
 Geschmückt mir grUnen Zweigen. in den Händen
Rasseln aus ausgeMhlten Flaschenk ürb isse n. feiern die
Indianer Erntedank. Die scn öns ten Jungfrau en
Fürs Jenseits aufgebahr t:
Toten HauPtlingen entnehmen Mumifizie-
rerdie Organe . losen das Fleisch
von den Gebeinen und s topfen den «ör-
oer mit Leder aus . Anschließend
nähen sie die Haut wieder zu. Vonder
Sonne getrocknet. werden die
Leichname dann auf Gerüsten im
Tempel vom Volk verehrt
ersten englischen Siedler wie Bettler vor
Der sc hließlich di e L berlebende n rettete. hieß John
Smith. ein 27.jähriger Haudegen un d der Mann der Stun-
de. Er erzwang Geh ors am und ließ einen verwelgerer
hängen. Ja. in sein er Xied ersch nft vo n 1608. ..Virginia.
B
ent deck t und beschri eben von Captain John Smith''.
kommt die Mehr zah l der Eng länder schlecht er weg als
die Ei nhe imischen.
Von den Indianern berichtet er. sie seien groß. star k.
findig und von hu rtigem Verstand ; in Jagd und Krieg kön-
ne man ihr e Körper derart unter Hochspannung sehe n.
..dass ebe n d ie Fremdartigkeit dieses Anbli cks ihn höc hst
reizvol l machte" . Xu r eines ....u sste Smit h an den Einhei-
mischen auszuse tzen. und das spricht vo n seine r me rk-
würdige n Dc ppelmoral: ..Sie sind so bösa rtig. da ss sie ei-
ne Kränkun g selten vergessen:'
Die meisten seiner Landsleute in Jamestown aber. heißt
es bei Smit h, seien entrüstet. das s sie nicht in Federbetten
sc hlafen. nicht ins Wirt sh aus gehen und nirgen ds Gold
linden kö nnten - kurz : großmäulige Faul en zer...die fi.i r
Virginia ei ne eben so lche Plage waren wie die Heu-
schrec ke n für Ägypten".
Als Smith den gro ßen Powh atan um St ais anging -
zwe i Frauen reichten dem Häuptling vor und nach dem
Essen w assersc halen zum waschen de r Hände un d we-
de lten sie mit Fed ern trocke n - . da machte Powhatan sich
des Dor fes dürfen nicht feh len
über die Xot der Weißen lustig: Eine Hand vol l xt ais fü r
sech s Schwerter, das sei sein Angebot. Smith. ei n x tann
rascher Entschlüsse. überfiel darau fh in Indianerdörfer
und req uirierte die Krü ge voll M ais.
ei sei nem nächsten Beutezug abe r ge riet er in einen
Hinterhalt zwei sei ner Männer kamen um, er selbst
wurde gefan ge n. Was dann gesc hah. darüber er-
zählte Smith eine berühmt gewor dcne Geschic hte : Poc a-
bonras. des Häuptlings schöne Toc ht er. zwö lf Jahre alt .
habe sich über ihn geworfen und so ver hindert. dass eine
Keule ihm den Schäde l zers chm etterte. Doc h diese Ver-
sion verbreitete Smith erst 17 Jahre spä ter. und insgesamt
wo llte er nicht we niger als viermal in se inem Lebe n vo n
schöne n Fraue n vom Rand des G rabe s zurüc kg erissen
worden sein.
Vermutl ich hat Powhatan Smith ga r nicht hinric hten.
so ndern nur den Eng länd er in ihm sy mbo lisch t öte n wo l-
len. um ihn ab Indian er. ja als Unterhäuptling wied erauf-
erst ehen zu las sen - get reu dem alten Kalkül: Wen du
nicht besiege n kannst . de n ziehe auf de ine Se ite . So kam
Srnith frei: doc h als Indianer handelte er keine M inute.
Als Cap tain xewpon im Januar 160 8 end lich zurü ck -
kehrt e. fand er noch 38 Über lebende vor. Er brachte
Vorrä te und neue Siedler mit. doch schon kam das nächste
Unglück über di e kleine Kolonie: Sie brannte vollständig
GEOEPOCHE 63
nieder . Das gesc hah nicht selte n bei einer Ansammlung
von Hütten aus Holz: ein beso nderer Grund ist nicht über-
liefen. Der Hunger ließ sich abwende n, indem die Eng lä n-
der de n Mais gegen Messer und Beile ei ntausch ten oder
ihn mit vorge haltener Schusswaffe requ irierten.
Bei sei ner zweite n Wiede rkeh r hatte Newport noch ein-
mal 70 Kolonisten an Bord. Für Powh atan brachte er dies-
mal eine Wanne. einen Krug . ei nen scharlac hroten Mantel
und ein e kup ferne Krone mit, und unter d iesen Insignien
rief er de n Häuptling zum Statthalter des englischen Kö-
nigs aus. Powhata n wird das kau m verstanden. jed enfalls
nicht ernst genommen haben: eher betrachtete er die Ko-
lonie ja als sein Pro tektorat. Newport und Smith wurden
unterdessen nich t müde. dem Häuptling zu versichern, sie
seien nur als Bes ucher hier, beg ierig nach Gold - nicht et-
wa. um sich niederzulassen.
Nach Bleiben sah es auch wirklich nicht aus. 1609 war
die Sied lung auf et wa 300 Köpfe angewachsen - aber die
Kolonisten waren zers tritte n, produ zierten nichts und hin-
gen weiter um Tropf der Virginia Company: die Gesell-
schafter waren verär gert, und noch dazu verbretteten
geflohene Siedl er. als blin de Passagiere nach England
zu rüc kgeke hrt, die traurige Wahrh eit über de n Stutzpu nkt
in Amerika .
Sollte man sich nicht endlic h von ihm trennen? Was
ging einen Londoner Kaufm ann die Chance an. bei der
Geburt ei ner Natio n zu helfen? Aber die Herren war en
ebenso zäh wie einfallsreich: Vom König erlangten sie die
Erlau bnis, an die Börse zu geh en (die. nach dem Vorbild
von An twerpen. in London 1570 geg ründet worden war).
und fande n in der Tat genügend Anl eger für diese frühe
s
For m von Risikok apital.
o warb die Company unte r Glück srittern und Land-
streic hern erneut für Virginia - mit den allen. nun-
mehr vollends er logenen Versprechungen. Und wirk-
lich trafen nach und nach weitere 400 Auswanderer in Ja-
mcs town ein. darunter etliche Frauen und Kinder. Die alten
sahen durch die neuen ihre kargen Vorräte bedroht. es gab
Streit. ver schlimmert noch dadurch. dass John Srnith, bei
einer Schieß pulverexplosion schwer verletzt. nach England
zurück kehrte und keine neue Autorit ät erkennbar war.
Die Ind ianer witterten ihre Chance, macht en Jagd auf
Einzelgän ger, brachten 30 Weiße um und belage rten
Jamcs town. Da schlug der Hunger zu wie nie zuvo r. Die
Kolonist en aßen Wurzeln und Eicheln . kauten Leder: auch
ein toter Ind ianer soll wiede r ausgegraben und gekoc ht
wor den sein . Unterdessen verfie len die Hütten. und gegen
Ende des Winters 1609/10 verfeuerten die Siedler die Pali-
saden. Im Mai 16 10 lebten von den einst Hunderten noch
60 . D ie Indi aner konnten Hoffnung schöpfen.
Schon im Juni aber wendete sic h das Blatt: Mi t frische n
Vorräte n und 150 Kolonisten traf der neu ernan nte
Gouverneur und Generalkapitän Thomas West. zwölft er
Baron Dc La Warr. in Jamestown ein . Er erkannte so-
gleich. dass kei ne Strafe die Siedle r "von ihrer hartnäcki-
gen Gottlosigkeit abbringen und vor einem schre cklic hen
64 GEO f POCHE
Tod zurückschrecken lassen würde" , Er verhängte das
Kriegsrecht. organisierte den Fischfang. ließ Äcker für die
Aussaat von Mais kult iv ieren - und Indianerdörfer plün -
dem. In London hin terleg te er. nur durch bandverlesene.
hoch qualifizierte Männer könne die Ko lonie gerettet wer-
den,
A
ber 1611 sege lte Oe La Warr krank nach England
zurück - und was fand se in Nac hfo lger, Sir Th o-
mas Dale. aufs Neue vor ? Ein faules Gesindel. das
nicht an morgen dachte. Da waren also in Jamestown im
ersten Jahr 66 Engländer an Hunger und Krankheit ge-
storben. dann alle Hütten niedergebrannt, 16 10 von insge -
samt über 700 Siedlern nur noch 60 am Leben und nun .
1611. die Kolonisten erneut im Zustand de r verwahrlo-
sung: nach der Eroberun g eines Erdteils . nach britischer
Weltherrschaft sah das nicht aus - weswegen also hätten
die Indianer alarmiert sein sollen?
Dale brac hte 300 neue Siedler und en tfesselte einen
Kleinkrieg gegen die von Powhatan unte rwo rfenen Stäm-
me. wobei seine Männer an geblich die Frau ein es Häupt-
lings erstachen und dessen Kinder ins Wasser warfen. So
erbeuteten sie Mais. schwächten die Macht von Powhatan
und gewanne n Verbünd ete unte r denjenigen Stammesfüh-
rem , die sich von de m Häuptling unterdrückt füh lten.
Wie aber konnte man Powhatan selbst die Grenzen sei-
ner Macht demonstrieren? 1613 lockte ein Kom mando-
tru pp Pocahonras. di e hübsche Häuptlingstochter, in ei nen
Die Fremden können sich zu Anfang
Hinterhalt. und zwei Jahre lang hiel ten die Sied ler sie als
Geisel fest. Sc hließlic h ließ sie sich tau fen und heiratete
John Rolfe. ihren Lehrer.
Wurde sie bedrängt - war sie verliebt - wollte sie die
Chance wahrnehmen, die Engländer an die Indianer zu
binden. so wie das se it alter s zwischen befreu ndeten oder
verfeindeten Stämme n üblich war ? Und Powhutan - fügte
er sich zähne knirschend. um seine Lieblingstocht er nicht
zu verlieren. oder trieb ihn vielleicht de rselbe Wunsch
nach Frieden? Was wir wissen. ist nur. dass er sie wieder-
sah und sich nicht an den Entführern räc hte . Und in der
Tat: Die Indianer stellten ihre Oberf"alle ein. Fast sch ien
es. als könnten die Zugereisten und die Einhe imischen
sich doch noch arra ngieren .
1616 sch ifften sic h Pocahonras. ihr Mann und ihr klei -
ner Sohn nach Londo n ein. denn Jakob I. wün schte die
schöne lndianerin zu muste rn. die ja mensc hliche Z üge zu
haben schien. Unter ihren indianischen Beschützern war
eine r. der von Powhatan den Auftrag hatte. in einen Stock
eine Kerbe zu mac hen für jeden Engländer, den er sah.
Rasch gab der Kundschafter auf. .Zähl die Sterne am
Himmel oder die Blätter auf den Bäumen!" , soll er nach
seiner Heimkehr berichtet haben.
Pocabc ntas starb mit 22 Jahren auf der Them se an Bord
des Schiffes. das sie hätte heimbringen sollen: vermutlich
 Die Ostküsten-
indianer grille n
ne iscn. As ch
und Krebse oder
sieden sie in
großen Tontop-
ten. Aus Ma is-
meh l backe n die
Frauen Brot und
Kuchen. Auch
Nüsse . Eicheln
und manche Wur-
zeln gehOren
zum Speis eplan

kaumselber ernähren. Ohne Hilfe der Indianer würden sie verhungern

..
.:

Wahrend des Essen sitzen Manner und Frauen

einander gegenü ber. Mais und As ch. die hauptsach liche
Speise. sind unren im Bild dokum en tiert

Die Ureinwohner
des Küs ten/andes sind
Meister des Fischfang s:
Mit Speeren. Netzen und
Reusen aus SChilfrohr
gehen s ie in den Flüssen
und vor der Küste auf Jagd.
Nachts locken sie die
Beute mit kleinen Feuern
auf ihren Kanus an
I'
an den Pocken, dere n Wirkung auf die Indianer den Kolo-
niste n so nst recht gut gefiel. In einer kleinen Kirche an der
Themse wurde sie beigesetzt.
Pocahontas ' Viele ameri kanische Schiffe haben sie als
G alio nsfigu r ge rragen. im Cap itc l zu Washingto n hängt.
in Ö l frei nachempfunden, ei n Bild von ihrer Taufe; noch
1953 schrieb Amo Schmidt die Erzählung ..Seelandschaft
mit Pocahontas''. 1958 sang der Schlagersrar Peggy Lee
von ihr, 1995 machte Walt Disney sie weltberühmt mit
seinem gleichnamigen Zeichentrickfil m (die John-Smith-
Legende von ihrer G roßmut natürlich inklusive), und
noch 1999 spürte der Soziolo ge und Kulturhistoriker
Klaus Th ewele it ihr nach t.Pocahontas in wondertand-j-.
ab dem Gründungsmythos der U SA mit der Dreieinigkeit
..Rettung - Taufe - Tabak" (vo n dem gleich mehr ).
N
ie wie der bekam ei n Mensch ihres Blutes die
Ch ance. in den gan ze n Vereinigten Staaten so ge-
liebt zu werden. Dass ein Indianer zum Präsi-
denten aufsteigen könnte wie 186 1 Benito Juarez in
Mexiko ode r ei n Mestize zum aussichtsreichen Präsiden t-
schaftskandidate n wie an no 2000 A lej andro Toledo in
Peru - das ist in den CS A nicht vorstellbar.
Selbst Jim Thorpe aus einem Reservat in Oklaho ma, de r
überragende Zehnkampf-Oly mpiasieg er von 1912. vom
damaligen schwedischen König als ..größter Athlet de r
Welt" gefeiert und 1950 von ameri kanischen Sportjourna-
liste n als bester Athlet der ersten jahrhunderth älfte - er
wurd e von der weißen Mehrheit ignoriert.
In Jamestown halte John Rol fe. Pocahonras Ehemann,
schon 16 11 eine Entwicklung eingeleitet. ohne die wo hl
auch dies e Kolonie einge gangen wäre wie Xeufundland
und Roanoke zuvor : Da der einheimische Tabak beiße nd
schmeckte. beschaffte sich Rolfe Tabaksamen aus der spa-
nische n Karibik und experimentierte zwei Jahre lang, um
herausz ufinde n. welche Sort e in Virginia am bes ten ge-
dieh . 1614 schickte er die ersten Fässer nach London.
Das Tabakrauchen. von den Indianern nur zeremoniell
betrieben, hatte n die Spanier schon ein halbes Jahrhunden
zuvo r in Europa bekan nt gemac ht. 16 19 etablierte sich der
ers te Pfei fenmacher in London. in Virginia breitete sich
zum ers ten Mal ein kleine r Wohlstand aus. und als ein
hollä ndischer Sklavenhändler den Sied lern zwei Dutze nd
Schwarze zum Kauf anbot. griffe n sie zu.
So entw ickelte sich scho n dama ls die Plantasenwirt-
schaft. d ie später in den Südstaaten der l;SA die~ weiße n
Herren reich machte; Monokulture n auf großen Flächen
(die man de n Indianern raubte). mit hohem Bedarf an
billigen Arbeitskräften (die man aus Afrika in Ketten
im pon ierte). Jedem Investor stellte die Virginia Compan y
rund um Jamcstown bis zu 3000 Hektar Indianerland zu r
Verfügun g.
Nun war es offenkundig : D ie Weißen. bis dahin mehr
ein Ärgern is. begannen die Existenzgrundla ge der India-
ner zu zers tören - ihre G ärten. ihre Jagdreviere.
1618 starb Powhatan. und an seine Stelle trat seinjün-
gerer B ruder Opcchancanough. Der rüstete. außer sic h
66 G EO EPOCHE
über die scham lose Gier der Fremden. zu dem Vernich -
tungsschlag. an dem kein Weg mehr vorbei zufü hren schien .
Am 22. März 1622. griffen die indianische n Händler.
Diener und Landarbeiter in Jamestown und auf den
Plantagen zur verabredeten Zeit nac h dem nächsten Beil.
der nächsten Hacke und droschen auf die Weißen ein .
während gleichzeitig Opechancanougbs Krieger mit ei-
nem Pfei lhagel heranst ürmten. 347 M änner. Fra uen und
Kinder brac hten sie um - etwa ein Dr ittel aller Weißen in
Virginia -. und viele Leichen vers tümm elte n oder zer-
stückelten sie.
England heul te auf. Was die Eindringlinge vernichten
oder wenigstens vertreiben sollte. bewirkte das Gegenteil.
.Da-, Massaker''. wie es in London nur hieß. veran lasste
die Virginia Com pany zu der Weisung an ihre Kolonisten.
sich altes. Land anzueignen und alle beteiligten Stämme
auszurollen...Die verräterische Gewaltanwendune durch
die Wilden hat unsere Hände. die zuvor d urch die-P flicht
zu r Güte und Fairness gebunden waren. freig emacht! "
hieß es in einer Verlautbarung...Zerstört die. die uns zer-
stören wollten !"
Und so zogen die damals schä tzungsweise 2000
Engländer in Nordamerika in den großen. mehr als zwei -
ei nhalb Jahrhunderte währenden Krieg geg en die India-
ner. Sie brannten die Dörfer niede r. verni chteten die Ern-
ten. jagt en die Einheimischen wie Vieh, und die Pocken
halfen ihnen dabei.
Was man den Fremden nicht freiwil
Was. außer den Viren . verschaffte den Euro päern ihre
zerstörensehe Über legenhe it"? Seit 2000 Jahren besaßen
sie eiserne Schwerter. seit 200 Jahren Kanonen. seit 100
Jahren M usketen. Die Indianer kannten nur Keulen. Stein-
beile. Spieße mit Stei n- oder Knochenspitzen - und. frei-
lich. Pfeil und Bogen, eine für die Weißen immer noch
fürchterliche Waffe. Aber übe r den Ozea n schau felte n die
Europäer. weit überlegen an Volkszahl. Habgier und Wirt-
schaftskraft. eine fast unabsehbare Men ge neuer Waffen.
neuer Abenteurer heran.
Ihre größte Stärke lag indes in ihrer mac ht- und gold -
gierigen Zielst reb igkei t. ihrem Wille n zu je de r Brutalität
und Hinterlist - und dies mit gutem Ge wissen, denn die
Indianer waren ja Heiden. die durch Bekehrung zu erlösen
den Spaniern der Papst befahl. den Engl ände rn später die
Anglikanische Kirche oder das puritanische Gewissen :
wenn die Wilden denn überhaupt Menschen waren.
Kolumbus halle fast überrascht berich tet, er habe we -
der Ungeheuer noc h Missgeburten gefu nden, sondern im
Gegenteil schö ne Körper und gu t gesc hnittene Gesichter.
Doch der spanische Ind ienrat bestritt 1524, das s Indianer
Menschen seien. 1537 hielt Papst Paul 111 . dagegen. es sei
ein Werk des Teufels. d ie Indianer als Tiere zu behandeln.
die der Taufe nic ht würdig seien - ..sie sind wirklich
Menschen", Welcher Xachscbub an Katholiken winkte
 1613 entfUhren
die Engländer
Powhatans Tochter
Pocahontas. als
s ie einen befreunde-
ten Stamm besucht
(im Bild links) -
und der Kupferste-
cher de Bry fässt
nun einen Krieg eus-
brechen: Im Bild-
hintergrund brennt
ein traiereraor t.
In Wirklichkeit will igt
Powhata n in einen
Waff enstills tand ein.
Pocahontas heiratet
einen Weißen. folgt
ihm sogar nach
London_Und der
Frieden währt neun
Jahre lang

gibt, nehmen sie mit Gewalt - erst die Häuptlingstochter, dann das Land
da. 10 Jahre nachdem Luther bego nnen hatte. der römi - Soldaten in den Rücken geschossen. Sein Nachfolger wur-
schen Kirche Millio nen Gläubige abspe nstig zu machen! de genötigt. einen Friedenwertrag zu unterzeichnen. in
dem er auf alles Indianerland verzichtete. da.. die Siedler

W
aren die Indianer also Menschen. "0 doch vor-
erst Heiden und somi t Mitmenschen noch lanee
nicht. An Vereinbarung en mit ihnen hielten sich
Europäer nur so lange. wie sie sich als die Schwäch eren
empfanden; sobald sie sich stark ge nug fühlten. zerris sen
sie jeden Vertrag. Darauf waren d ie Indianer zumal
Xordamerikas nicht eetasst: Wer miteinander die Frie-
dens pfeife geraucht haue. der war eine Verpflichtung ein-
gegangen. un die er sich hielt.
Auch wäre es den Indianern nie eingefa llen. einen
Stamm. ein Volk. eine Kultur zu vernichten. Sie führte n ri-
tualisierte Kriege. um Rache zu üben. Gefangene zu ma-
chen oder einfach die Kräfte zu messe n... Wie sie sich auf-
eina nder werfen und sich mit Beilen. Bogen. Messern
schwäc hlich prügeln. das verdie nt kaum den Xamen
. Kam pf"''. schrieb ein englisc her Offiz ier verächtlich .
Xoch einmal aber. I~ . stand Opecbancanough gegen
die Weißen auf. in letzter Verzweiflung über den Unter-
gang seines Landes. Zwei Jahre lang wurde gekämpft. 500
haben wollten . Auf alles.
Im fruchtbaren Virginia. einem Kemland der späte ren
Vereinigten Staaten. wa r dami t der traurig e Beweis er-
bracht: Frieden zu halten. wenn zwei Völker. zwei derart
verschiedene Kulturen aufeinander pra llen. ist schwierig
genug; wenn aber die Invasoren keine Minute daran zwe i-
feln . dass sie und nur sie die rech tmäß igen Herren seien.
sich auf einen Gott berufend. der angeb lich ihne n alle
Macht verlieh und alles Unrecht nachsah: Dann ist Frie-
den unmöglich.
..Der Amerikaner. der den Kolumbus zuerst entdeckte.
machte eine böse Entdeck ung". schrieb der bucklige Göt-
tinger Physikprofessor Georg Christoph Lich tenberg in
sein Notizbuch . Das war 1783. e nd da war George Feni-
more Cooper noch gar nicht gebor en <siehe Seite 1(0) und
da.. Schlimmste noch gar nicht gesch ehen. 0
WollSdlnei6tt . 75. _ ~ .mnm IJS,I, . ~ llII' ~ lt<UriQ<
~!leS _Slenl · ,~ der .Wet ,LMerllll'llImllut;er~

Siedler kamen um. die loten Indianer wurden überhau pl
nicht gezä hlt. Dann konnten die Engländer den greisen
Häuptling greifen. Er starb im Gefängnis von Jamesrown.
der Geburtsstaue der amerikanischen x auo n. von eine m
In! TV·'''''''. ErIItltU 1I.alba.1n!'" 23euer... ~ 1ia'\dI!I'"Nn PulS
!leS1'lWatI' n m. _ SIlnrrU'I; _ ~ ""'*"'«:tIe~
In! Vtlleget n.roor de !ry (1528-15981..... seineSQrq ~ n.m- (1561-1623l
1n! ~ ""' (l 5M-1609)!fliOIlen mt tnn llilclem ~ .... lIIIM " ElnIpi~,o.e
1il:tIl ~ ....... ~ ben.fletI Z\,r11I1/1llle11Teil"'CleII"",,*,,'tfIoes. .
sthIn~JoM'MIile.
 SPIRIT AUTA

ITD
Das Überirdischeverkörperte sich für die indianischen Völker in Tieren und

Bäumen. in Steinen und Bergen. in Sturm und Blitz. Visionen vermittelten

ihnenden WillenderGötter. Fürdiese Glaubenswelt hatten frühe Immigranten

aus Europa nurHohn und Spott. Nun aberberauschen

sichan ihr New-Age-Adepten. Prof. Dr. Christian Feest,

Experte für die Indianerkulturen Nordamertkas , rückt

einige allzu romantische Vorstellungen zurecht

GEO EPOCHE: Waren die Jn-
dianer überhaupt religiös.
Herr Professor Feesü
FEEST; Aberja. Niemand be-
zweifel te die Existenz de s
Übe rnatürlichen. Religion -
genauer gesagt : das Transzen-
dente - war für die indigene n
Völker Nordamerikas mit al-
len Aspekten ihres Lebens
verbunden.
Also keine Trennung ewischm
Glauben und ",' Hen, zwi-
schen Diesseits und Jenseits?
Kei n. Für alle diese Völker -
so unterschiedlich ihre Glau-
bensvo rstellungen auch gewe-
sen sein mögen - manifestierte
sich das Übernat ürliche in ih-
rer Umwelt: Also in bestimm-
ten Plätzen und in Himmelser-
sche inungen. in Tieren und in
Pflan zen, ja sogar in Steinen
und anderen Gegenständen.
" 'tu weiß man über den Glau-
ben der Indianer in voreu-
ropäischer Zeit?
Nicht sehr viel Präzises. Man-
gels indianischer Dokumente
müssen wir uns auf von Eu-
ropäern verfasste SChriftquel-
len verlass en. und die sind enr-
sprech end geprägt. Auch müs-
sen wir uns. wen n wir von ln-
dianerrelig ione n reden. immer
bewusst sein. dass vieles nur
für bestimmte Regionen gilt.
Abe r gibt es doch auch unver-
dächtige Zeugnisse aus genui.
ner indianischer Überliefe-
rung, die hinreichende Rück-
schlüsse erlauben ?
Ja. abe r sie sind nicht immer
leicht aus dem kompl exen reli-
giösen Bild herauszupräparie-
ren. das uns vorliegt.
Woran aber glaubte das Volk
tatsächlich ? An wen wendete
man sich, wenn man über-
natürliche Hilfe erflehte ?
In der Regel an persönliche
Schut zgeister. die man in
Träumen und Visionen kennen
gele rnt hatte.
In ....-elcher Gestait ?
Meist in der von Ti eren oder
Pflanzen. aber auch als Blitz .
Donner. Berg ode r Ste in. Da
gab es Wesen. die für Leben s-
krisen . und solc he. die für be-
stimm te Bereiche des Lebe ns
zuständig waren - etwa den
Herrn der Tiere, den man bei
mangelndem Jagdglü ck bewe-
gen mu sste, die Tiere nicht
mehr zurückzuhalten.
Man bedurfte also gar nicht
der Vermittlung von Schama -
nen oder Priestern, sondern
wandte sich höchstpersönlich
an die höheren Mächte ~
In der Regel war das so - zu
den Ausnahmen komm en wir
gleich. Allerd ings wurden sol-
che indi viduellen Beziehun-
gen vielfach kollektivislert .
Wasfiir Kollektive waren das ?
Verwa ndtschaft sgruppen bei
den sessh aften Völke rn im
Osten oder be i den Algonkin

Stammes an der Nord westküste. besch wören mit traditionellen Mask en die mythische Urzeit
sprechenden Völker im Gebiet
der Großen Seen zum Bei-
spiel. Man hat sie ihrer tierge-
staltigen Wappen wegen auch
als Totemclans bezeichnet.
Die Wappentiere hatten aber
keine religiöse Bedeutung -
die Gruppen nannten sich nur
nach ihnen. Bei ihnen spielten
die Rituale auf die Vision ei-
nes sagenhafte n Clangründers
an: auf dessen Versprechen,
dem Clan auf ewig beizuste-
hen. Und im Unterschied zu
diesen Gruppen gab es Bünde,
in die der Einzelne wegen sei-
ner Visionen oder Träume auf-
genommen wurde und die des-
sen Visionen in gemeinsame
Rituale integrierten.
Diese Bünde sammelten also
ebenfalls religiöses Wissen?
Ja. Aber dieses Wissen halte
bei ihnen meist auch prakti-
sche Bezüge, insbesondere in
den so genannten Mediainbün-
de n. In diese Bünde konnte
man im Falle einer Krankheit
eintreten wie in eine Kranken-
kasse. Die Mitgliedschaft
eröffnete dann die Mögtich-
keit, von anderen Mitgliedern
- den Spezialisten in dieser
Gruppe - geheilt zu werden.
Aber es gab noch andere Ver-
einigungen mit religiösem Ak-
zent, etwa Handwerker- oder
Kriegerbünde. Die Vorausset-
zungen für die Aufnahme wa-
ren auch hier Visionen.
Konnte da wirklich jede r ein-
fach behaupten, er habe die-
sen oder jenen Traum gehabt ?
War die Ernsthaftigkeit eines
solchen Erlebnisses denn ei-
gentlich nach:.uprüfen?
Der Traum war für die India-
ner eine sehr reale Erfahrung -
in mancher Hinsicht wertvol-
ler als die Wacherfahrung.
Wenn jemand also sagte, er
habe dieses oder jenes ge-
träumt, dann galt das auch,
und man hatte so zu hande ln,
wie der Traum es vorgab. Jede
Kommunikation mit Über-
natürlichem im Traum wurde
als reales Erlebnis akzeptiert.
Kommunikation mit über-
naturtichen Wesen? Hatten
die Indianer denn eine Vorstel·
lung mn einem hierarchisch
geordneten Pantheon?
Solche Systeme sind typisch
für unsere europäische Kultur,
die übernatürliche Wesen stets
individualisiert. So gehen wir
von einer Schöpfergottheit
aus, die die Welt erschaffen
hat. Bei den Indianervölkern
hingegen wird d ie Schöpfung
auch irgendwie erklärt, aber
nicht notwendigerweise als
Produkt eines Wesens, das
Verehrung genießt. Was im-
mer diese Welt samt der darin
existiere nden Wesen in mythi-
scher Urzeit geschaffen hat,
hat sich danach zurückgezo-
gen und nun keinerlei Bedeu-
tung mehr.
Und was ist mit dem Großen
ManilU?
Manitu war ursprünglich bei
Algonkin sprechenden Völ-
kern die Bezeichnung für über-
natiirliche Wesen schlechthin:
für jene etwa, die in Bäumen
und in Tieren wohnen. Unge-
fahr vom 18, Jahrhundert an
kamen bei den Algonkin Be-
griffe wie "großer" Manitu
auf. Und es gibt Hinweise dar-
auf, dass damit nun tatsächlich
ein Wesen gemeint war, das
die Kollektivität aller Manitus
repräsentier te.
Gab es bei Indianern über-
haupt Priester, also Sperialis -
tenfiirs Transzendente ?
Ja, bei den sesshaften Völkern,
Denn überall dort. wo sich
Institutionen entwickelten -
vorzugsweise in siedelnden,
Feldbau treibenden Kulturen-e
GEOEPOCHE 69

erhielt auch der religiöse Be-
reich nach und nach eigene
Konturen . Bei den Pueblo-In-
dianem im Südweste n gab es
bei spielsweise Bünde, deren
Mitglieder im Rahmen der
jah reszeitlichen Rituale be-
stimmte Aufgaben zu erfüllen
hatten, auch wenn sie noch kei-
ne hauptberuflichen Priester
waren.
Was [ur Auf gaben " 'aren das?
Wenn die Maisfelder Regen
brauchten , kamen die .Kachi-
na" in die Dörfer - ubemat ür-
liehe Wesen . die in gewisser
Weise Ahne ncharakter hallen
und die als Mittier galten zwi-
sehen den Menschen und den
Ein Pflock ist unter
se ine Brusthaut ge-
rammt und an einer
Stange festgebun-
den: Tanzend reißt
si ch der Blackfoot
den Pflock heraus .
um Im Schmerz mit
einer Vision belohnt
zu werden . •Nacht-
gesang_heißt die
sptJtwinterliche Ze-
remonie. während
der Navaj o in Götter-
mas ken um milde
Gaben bitten. Das
Ritual sol/ Erkran-
kungen des Kopfes
entgegenwirken
Der Leichnamwirdauf Umwegenzu Grabe getragen, umden
eigentlic hen Wesen , die die
Weh regiere n. verkörpertwur-
den die Kachina im Ritual
durch die Mitglieder von Bün-
den , wie wir sie eben erwähnt
haben. Und zwar nicht symbo-
lisch, sondern durchaus real -
als Spender übernatürlicher
Gaben.
Und andernorts waren die
Fachleute f iirdie Kommunika -
tion mit dem Übernat iirlichen
Profis ?
Ja. Als bei den Feldbau-Ge·
sellscha ften die Fruchtbar-
keitsrituale eine immer große-
re Rolle spielten. waren die
nur noch von Priestern wahr-
zunehmen. Im Südosten. etwa
bei den Narchez oder Creek ,
waren Priester für die Tempel-
kulte zuständig - und für die
Abwicklu ng von Staatsritua-
len: von Ritua len. die über-
natür liche Machte zur Unter-
stützung der Führungsschicht
besch woren. unter anderem
durch Regenmagie .
Angesichts der ron Ihnen er-
wähnten Integration von Dies -
seits und Jense its im Weltbild
der Indiane r liegt die Frage
nahe. ob diese an etwas glaub-
ten, das den Tod des Menschen
überlebt?
Ja. sie glaubten an das Un-
sterbliche im Menschen - und
zwar vielfach an die auch aus
andere n Weltanschauungen
bekannte Variante, nach der
einem Menschen zwei Seelen
zugeme ssen sind : eine ,.Le-
bensseele". die gewisser-
maßen die Leben sfunktionen
repräsentierte. und eine ..Frei-
seele''. die für das Denken des
Mensc hen stand.
Wie haben wir uns das konkret
vorzustellen ?
Während die Lebensseele sich
nicht oder nicht "'veil von ei-
nem Menschen entfernen
durfte. ohne dass dieser starb,
konnt e die Freiseele . auch
.Gedanken seele' ' genannt,
den Körper verlassen - wenn
der Me nsch schlief und sich in
andere Gegenden. andere Wel-
ten träumte . Nac h dem Tod ei-
nes Menschen ging diese Frei-
seele ein in ein Jen seits, das
sehr unterschiedlich konsuu-
iert sein konnte . Aber auch die
Lebensseele verschwand nicht
gleich mit dem Tode, sondern
verblieb noch längere Zeit in
der Nähe des Körpe rs - als Tc-
rengeist. der oft ab gefährlich
galt und gegen den man sich
wappnen musste .
Wappnen?Aufw elche \teise?
Indem man bei der Bestattung
einen großen Umweg mit der
Leiche machte. damit jener
Geist nicht ins Dorf zurück-
fand. Oder indem man den
Leichnam durch ein Loch in
der Wand und nicht durch die
Tü r hinaustrug - und da nach
das Loch wieder schloss.
Die Freiseele aber kam in den
Himmel?
In einen Idealzustand - be-
kannt unter dem Schlagwort
..ewige Jagdgrunde". Ein jeder
kam don hin oder fast jed er -
unbe schade t seines VerhaJtens
im Diesseits.
Mussten Sünder keine Sank-
tiol1enfürchten?
Doch. aber nur im Diesseits.
Die Seelen hingegen kamen
ins Jenseits. weil sie eben See-
len waren - fast alle wenigs-
ten s. Denn mitunter hing das
Seelenh eil von der Todesart
ab. So sollten die Freiseelen
von Ertrunkenen nicht in je ne
glückliche Welt gelange n.
Warum denn das?
Wohl weil man Ertrunkene
selten ordentlich bestallen
konnte . Und das korrekte Be-
stattungsritual war eine Vor-
aussetzung dafür, dass man
das schöne Jenseits erreicht e.
Dort waren dann alle gleich ?
Wir stellen uns Indianervölker
immer als egalitäre Gesell-
Totengeistzu verwirren
schatten vor- als Basisdemo-
kratien -gewissermeßen. Das
kam ja auch vor. aber häufiger
waren stark gegliederte Klas-
sengesellschaften: Adel. Ge-
meinfreie. Sklaven. Auch See-
len waren bei diesen Stammen
von unterschiedlicher Klasse.
Sklaven hallen wahrscheinlich
gar keine richtige Seele. weil
sie ohnehin keine richtigen
Menschen waren - wie übri-
gensauchdie Fremden nicht.
Und den Adiigen war auch im
Jenseitsein besseresSchicksal
vergönnt ?
Ja. Bei den Kwakiutl an der
nördlichen Paaifi kküste etwa
verfügten die Adligen häufig
über die Seelen von Walen -
der für sie wichtigsten Mee-
resbewohner also- , und diese
Seelen wanderten nach dem
Tod ebenauch zu den Walen.
Die Seelender meisten ande-
ren stammten von minder
wichtigen Tieren. die irgend-
wo im Landesinneren hel-
misch sind. hatten also auch
im Jenseits einen geringeren
Sozialstatus.
Verbarg sich in solchen Vor-
stellungen der Glaube an See-
lenwanderung?
Mindestens war vielen India-
nervölkern die Idee von einem
Kreislauf der Tierseelen ver-
traut: Ein Jäger, der ein Tier
erlegt hatte, zeigte dem Herrn
der Tiere mit einem Ritual an.
dass das Töten nicht böse ge-
meint war. sondern Ergebnis
des freundschaftlichen Ver-
hältnisses zwischen dem Jäger
und dem Herrn der Tiere. Der
Mit einem Bisontanz erflehen Indianer im Pueblo-Dorf Hano reiche Jagdbeute
Jäger überließ dem Herrn der
Tiere dann die Knochen der
Beute, damit dieses Tier wie-
der geboren werden konnte.
Und der Herr schickte immer
dieselben Tiere auf die Welt,
die immer wieder getötet und
wieder geboren wurden.
Zurück zu den Menschen. Wie
ginge n Hinterbliebene mir
dem Erlebnis des Todes um?
Gab es einen Totenkult ?
Es gab sogar ausführliche kol-
lektive Totenrituale - aber je-
weils nur etwa ein Jahr lang.
Dann wurde der Torengeist
endgültig verabschiedet. und
jeder war seiner Trauerpflich-
ten ledig. Die Hinterbliebenen
hatten nun genug in ihre Trau-
er investiert, und die Gesell-
schaft nahm sie wieder auf.
Jetzt konnte man wieder heira-
ten, zum Beispiel. Solche Ri-
tuale belegen, dass in diesen
Gesellschaften soziale Bezie-
hungen in hohem Maße auf
dem Austausch beruhten: Man
leistete etwas. und bekam
dafür ebenfalls etwas wieder.
Auch wer Frieden schloss.
tauschte mit dem Partner be-
stimmte Gegenstände aus.
Stand dieser Gedanke der
Wechselseitigkeit auch hinter
den rituellem Opfern ?
In der Tat. Man zahlte ja keine
Kirchensteuern an die über-
sinnlichen Wesen. sondern
gab ihnen etwas. weil man et-
was von ihnen haben wollte.
Man rauchte Tabak, weil der
Geruch des Tabaks die Über-
sinnlichen erfreute. Man warf
ein Stück Fleisch ins Feuer
und legte die Knochen für den
Herrn der Tiere an einen Platz,
wodie Hunde sie nicht fanden.
Auch andere Nahrungsopfer.
Ernfruchtopfer etwa. waren
weit verbreitet.
Hat diese Wechselseitigkeir
oder ai/eh die davor angespro-
chene Kreislauf-Idee etwas
mit dem Begriff der Nachhal-
tigkeit zu tun. der heute in der
ökologischen Diskussion eine
so große Rolle spielt ?
Jeder war sich bewusst. dass
ihn ständig übernatürliche
Wesen umgaben, die jede Ver-
änderung in der Natur bewirk-
ten und auf die stets Rücksicht
zu nehmen war. Das fühn e zu
Verhaltensweisen. die man im
Nachhinein als ökologisches
Naturverständnis bezeichnet
hat. In Wirklichkeit haben die-
se Völker nichts aus ökologi-
schem Antrieb getan. sondern
sind mit der Natur respektvoll
umgegangen. weil sie sie von
übernatürlichen Wesen belebt
wussten. Und mir denen hatte
man ein gutes Einvernehmen
zu bewahren, damit einem
nichts Übles geschah.
Keine Einsicht also in ökolo-
gische Abläufe. sondern Ab-
hängigkeit von den Wesen, die
alles in der Nat ur dominieren ?
Indianer respektierten Tabus
aus religiösen Gründen, wie
andere Gesellschaften in unter-
GEOEPOCHE 71

Kalifo mische Hupa mir Fellen von Albino hirschen beimjährlichen Welte rneuerungsfest
schiedlichem Ausmaß auch.
So wie man bei den Apache die
Schwiegennutter oder den
Schwiegervater vor lauter Re-
spekt nicht anschauen durfte,
so gab es auch bestimmte Ver-
haltensvorschriften für den
Umgang mit übernatürlichen
Wesen. Die Welt der Indianer
war eine Welt voller Vorschrif-
ten, voller Meidungen.
In dieser Weil erschienen nun
die christlichen Missionare,
verteufelten die alten Vor-
schriften und predigten neue
Zwänge ?
Sie stießen aber auch auf ein
starkes Intere sse - auf eines,
das viele indigene Völker am
Chri stentum haue n. Es ergab
sich aus krisenhaften Erschei-
nungen in ihrer GeseHsch·aft
infolge der Konfrontation mit
den Europäern , die mit eige-
nen Mitteln nicht mehr kon-
72 GEOEPOCHE
trollierbar waren. Nehmen wir
ein Beispiel: die von Eu-
ropäern eingeschlep pten Seu-
chen. Plötzlich hatten es Ame-
rikas Urein wohner mit exis-
tenzbedroh enden Krankheiten
zu tun. gege n die kein traditio-
neller Heilkundiger helfen
konnte . Daraus schlossen die
Indianer : ..Kaum sind diese
Weißen hier. werden wir kran k
und sterben - also muss ein
böser Zaube r dahinter stecken.
Aber: Wenn diese Leute die
verursacber sind. dann haben
sie auch die übematurliehe
Kraft zur Heilung:'
Und das waren dann die geis-
tigen Übernahmekandidaten
der Missionare?
Ja, als zum Beispiel im 17.
Jahrhunde n Jesuiten bei den
Huronen das Chris tentum pre-
digten . wurde ihnen entgeg-
net: "Was ihr da sagt, mag gut
sein für euch. aber wir habe n
unsere übernatürlichen Wesen
und wissen. was gut für uns
ist:' Angesichts e iner Seuche
aber kamen die Huronen zur
Überzeugung: ..Die sind of-
fenbar mächtiger als wir. Wir
müssen doch wohl mit dene n
gemeinsa me Sache machen."
Das Christentum war f ür die
Indianer also gar nicht primär
als Re/igion arrrakriv?
Sie erlebten die Missionar e in
deren merkwürdiger Doppel-
funktion. nämlich als Vermut -
ler von Religion und als Ver-
mittler der europäischen Zivi-
lisation. Doch obw ohl viele
Missionare sehr engagiert wa-
ren. sich persönlich verant-
wortlich fühlte n für die Men-
schen. die sie konve rtiert hat-
ten. schafften sie es nicht, die
Diskriminierung der indige-
nen Völker zu überwinden.
Man opferte den Geis
Und das war der Grundfiir die
Abkehr der Indianer ~'om
Christentum in der Folgezeit?
Von völliger Abkeh r kann man
nicht reden. Irgendwann im
späten 19. Jahrhundert began-
nen die Neuchristen enttäuscht
auf ihre Wurzeln zurückzu-
greifen. Sie bewahrten aber
Elemente des Christen tums.
beso nders im formalen oder
auch im sozialen Bereich, und
verbanden sie mit Ideen aus
der Tradition. So sind Misch-
religione n entstanden. Heute
gibt es manc he Spielarten des
Christentums. die auf Visio-
nen zurückgreifen. die von
chris tlichen Geistlichen wenig
gesch ätzt werden. Denn wer
seine eigene Visionen haben
kann. braucht den Geistlichen
nur noch für Spez ialfälle.
Visionen. die durch Rausch-
mittel provoziert werden, lI'ie
etwa Pevote?
Ja. die Peyore-Anhänger ge-
nießen d iesen halluzinogenen
Kaktus gemeinsam - in einer
An Messritual.
IVie viele bekennen sich heute
zur Peyote-Religion ?
Zahlen gibt es da nicht. Aber
sie ist gegenwärtig sicherlich
die größte indigene Religion
in Nordamerika. Doch
während die Pcyote-Religion
überregional auftri tt. sogar
missioniert. gibt es zahlreiche
lokale vermischurigen mit
mehr oder weniger ch ristli-
chen Elementen.
Unverfälschte Indianerreli-
gionen sind gar nicht mehr
vorhanden?
lern, um etwas von ihnen zu bekommen
Völlig unberührte jed enfalls
nicht. Allenfall s gibt es wie
bei den Lakcta Medizinmän-
ner. die ein Heilungsritual
vollziehen, das nicht oder
kaum beeinflusst ist vom
Christentum - das daneben
existiert. Und viele Religio-
nen,etwa diean der Pazifikkü-
ste. sindvöllig verschwunden.
Erhalten aber hat sich doch
das allgemeine Bekenntnis der
Indianer zu Mutter Erde?
Ach, ich habe keine überzeu-
gende n Belege dafür gefun-
den, dass ,.Mutter Erde" - die
Vorstellung von der Weiblich-
keit der Erde, die Erde als
persönliche Gottheit - ein ge -
samti ndianisches Konzept ge-
wesen ist, mindestens nicht
in voreuropäischer Zeit. Na-
türlich. in Feldbau-Regionen
haben Muttergottheite n. Erd-
gonheiten,eine gewisse Rolle
gespielt.Wenn aber behauptet
wird. ein indianischer Begriff
wie .H errin der Tiere" meine
eigentlich ,,,\!Iuller Erde". so
ist das ein bisscheu weit herge-
holt. Ich glaube eher. dass das
Konzept aus Europa impor-
tiert worden ist, wo es seit der
Antike bekannt ist.
Warum sind gerade die india-
nischen Religionen oder das,
was man darunte r versteht. im
weißen Ilesten, in Europa zu-
mal, so popular geworden?
Im Wesentlichen beruht das
auf idealisierten Vorstellun-
gen. Man sah in den Völkern
Nordamerikas ein positives
Gegenbild zum Elend der
Städte, zur Armut und Be-
Christentum suchte, kam so
eben auch auf die Indianer ...
... die sich dann auch noch
ökologisch: tadelsf rei verhiel-
ten und verhalten :
... ja. da hat man sich in die
Vorstellung verliebt, dass die
Indianer das korrekte Natur-
verständnis besäßen und dass
schon deshalb ihre Spiritua-
lität nachahmenswert sei.
Was könnte denn ratsächlich
von ihrem spirituellen Erbe
überdauem?
Ich bin kein Prophet. Doch die
Völker Nordamerikas und de-
ren Kultur sind schon oft tot-
gesagt worden - und es gibt
sie immer noch als unter-
scheidbare Gruppen mit spezi-
fischen Qualitäten. Auf der
anderen Seite ist seit 500 Jah-
ren viel an Differenzierung
verloren gegangen, haben die-
se Völker sich enorm einander
angepasst - und sich in die
amerikanische Gesellschaft
integriert. Selbst aber sind sie
pluralistisch geworden: Statt
einheitlicher Wenhaltu ngen
hegen sie heute divergierende.
Das Gesicht mit den ja diametrale Wertvorstellun-
Händen bedeckt, gen, Trotzdem: Unwahrschein-
hofft eine Scne ms run drängtheiz des urbanen Le- lich ist es nicht, dass sich in-
der Noo txs an der bens. Da waren Menschen, die nerhalb dieses Pluralismus
Nordwes tkijste auf ei-
noch im Urzustand. in Frei- Vorstellungen von Religion
ne Vision. Der Medi-
heit. lebten. der edle Wilde, entfalten. in denen je nes spiri-
zinmann Three Bears
vom Volk der B/ack- der jagt. was in Europa ein tuelle Erbe fortwirkt 0
too t er wartet in der Adelsprivileg war. So ist der Das Interview mit er. Chr istia n Fe<ls t ,
Einsamke it Montanas Indianer - diese Ausgeburt der 55, Professor für Historische Ethnolo-
gie an dll!" Universität FrankfurtlMain,
eine Begegnung mit europäischen Phantasie - Mus- filllrte Cay RademaCher. Eingenchtet
den Übern atürlich en terbeispiel gegen die Defizite hat es Ern st ÄrtUr Alba urn. Vi~~
Inform at ionen zum Thema liei llrt Chn$-
der eigenen Gesellschaft und tian reests Taschenbuc h "8esee~e
moralische Instanz geworden. Werten. ();e Religionen dII< IndianIl!"
Nordamerikas"; 1998; Herdet. Fre;butlI:
Und wer eine Alternative zum DM 26.80
Kunstwerke warenrneSelbstzweck bei den indianischen

Völkern, sondernfast Immerauch sakraleGegenstände. Denn

.. , .
Ihre Muster.Zeichen und Rguren führen den Eingeweihten In
•. . •. I· I' •.

den Ruhmestaten der Ahnen. So Ist ein Totempfahl, wie dieser

aus dem Stammder Heide.nicht nurdas Wappen des Clans,

sondernauch kultisches Denkmal- Ennnerung an einen sagen-

haften Vorfahren, der Im Rachen eines Bären verschwand

hrensache
allta
beistand

Werkam als
ersterA rik
nacIi r\me a. ?
Vo r etwa 13 000 Jahren wanderten sibirischeNomaden über die Beting-
straße nach Amerika und besiedelten den Kontinent - das war bisher
die herrschende Lehrmeinung. Doch nun finden Anthropologen, Genfor-
scher und Linguisten immer mehr Indizien für andere Hypothesen. Wo-
möglich wurde die Neue Welt in der Steinzeit sogar mehrmals entdeckt
VON CHRI STIM'l NÜRNBERGER
ie Großwildjä-
D ger freuten sich
auf reiche Beu-
te. Sie hatten
d ie M a mm ut-
herden os tw ärts durch die
Tundra get rie ben und wähn-
ten sie nun in der Falle.
denn nach Norden konnten
die Tiere nic ht ausweic hen .
Da wa re n die G letsche r.
Auch im Sü d en versperrten
die eiszeitlichen Barrieren
den Weg . De n Herd en blieb
nur die Fluch t nach O ste n -
so lange , bis auch dort die
Eismassen de n Tiere n den
Weg a bsc hne id en würden.
dachte n die Jäger. Da nn
würde es e in Sch lachtfest
geb en.
Abe r es gab keine Eis-
sperre. Im mer weiter ver-
folgte n die No maden ihre
Be ute. immer tiefer drangen
die T iere und M ensc hen süd -
ostwärts in das e isige Tal.
Zur Linken und zur Rec hten
lagen unüberwindliche Gle t-
sche r, abe r nach vorn war
der Weg offen. Wo hin füh rte
er? Irgendwa nn musste er
doc h ein Ende haben und
sich so verengen, da ss die
Mamm uts kei nen Ausweg
meh r finde n.
Das La nd war karg . noch
karg er als dort. wohe r die Ja-
ge r gek o mme n waren. Fette
Weide n für große Herde n
bo t d ieser Korri dor nich t.
Also um kehren? Dazu hat-
te n sich die Mensc he n o ffen-
ba r schon zu weit vorgc-
wa gt . Außerdem waren sie
woh l neu gie rig. wollt e n wis-
sen. wohin dies er Weg sie
fü hrt, und wann er end et. A l-
so we iter - jetzt südwärts.
Und dann die L berr a-
schung. Der Weg weite te
sich. mündete in ein Land.
das sic h nach Westen. Süden
und O sten öffne te. Vor ihnen
lag eine Grassteppe. ei n
Jagdparad ies volle r Mam-
muts. Mastodonten und Rie -
senbisons.
Die gejagten Mammuts
hallen die Jäger in eine neue
We lt geführt. auf eine n Ko n-
tinent. von d em kei ner der
ihre n etwas gea hnt hat te.
Vie le lause nd J ahre später
sollte er den Xamen Ame ri-
ka erhal ten. und das Bistal.
d urch das die stein zeitliehe n
Nomade n na ch Süden ge-
langt w aren. ..;"fac ken zie -
Korridor". nac h eine m do r-
tige n Fluss.
In wenig en hundert
Jahren von Alask a nach
Feuerland
Aber wie wa re n di e
Jäger überhaupt zum Aus -
gangspunkt jenes Korrido rs
gekommen'? Höchstwah r-
scheinlieh über eine Land -
brüc ke zwischen Sibi rie n
und Alaska. die he ute in
Hö he der Beri ng straße lief
unter der Betingsee liegt.
Damals. am Ende der letz -
ten Eiszeit. ragte diese
Brücke au s dem Meer. wei l
in den Gletsche rn so viel
Wasser gebu nden wa r. dass
der Meeresspiegel bis zu 100
Meter tiefer lag als heute
und da s Meer eine n Land-
stre ifen zwischen de n Ko nti-
nenten frei gab. In di ese r Zeit
kon nten sich Menschen.
T iere und Pflan ze n zwi schen
Sibi rien und Alask a auf dem
Landweg aus bre iten.
Vor etwa 13000 Jahre n"
haben dies e Einwa nderer
amerikanischen Bode n be-
treten. Z ahlreich e A usgra-
bun gen deute n da ra uf hin .
dass die Nomaden in weni -
gen hundert Jahren die sna,
spit ze Süda mer ikas erreicht
und so de n ganze n Ko nti-
nent von Alaska bis Feuer-
land besi ede lt habe n.
Die Betingbrücke war
nun wieder überflutet. der
Kont inent Ame rika von Asi-
en abgeschnitte n. Ungestört
von weiteren Ei nwanderern
konnten sich d ie aus As ie n
stammenden Ur-A me rika-
ner zu den Vorfahren all je -
ner Vö lker entwickeln. die
die Europäer nach 1492 in
der x euen Wel t antrafen.
Das j edenfa lls war bis vor
wenigen Jahren d ie Lehr-
meinung der fü hren de n Ar-
chäologen.
Aber war sie auch kor-
rekt? War Ame r ika wirklich
über Jahrm illion en ein men-
schenleerer Teil der Erde?
eh r viel früher. vor rund
S 250 Millionen Jahre n.
war Xordamerika , wie alle
anderen heutige n Ko ntinente
auch. Teil der riesigen Land-
masse Pangäa. Dann. vor et-
wa 170 Millionen Ja hren.
brach dieses zusammenhän-
gende Festland auseinander.
• Alle Doten in d;e'Cm Rq",rt nach der
kali ~nc ne n Ra<J;"kart><m._\k"un~
und die Teile bew egten sich
voneinande r fort .
20 Millionen Jahre spät er
teilt e sich auch da s süd liche
Bruch stüc k. was zur Bildu ng
des atlan tische n Beckens
führte . mi t A frika an de m ei-
nen un d Südamerika an de m
anderen Ufer . D ie Trenn ung
erfolgte al so lange vor dem
Auft reten de r ersten Ho mi-
nide n, weshalb es g ut mög-
lich ist. dass es auf de m wei-
testgehend iso lierten Erdteil
Amerika kein e C han ce zur
Entwicklu ng des Homo sap i-
ellS gab - und wesh alb sich
in ganz Amerika bi s heute
keine ei nzige Spur von Ho-
mo habilis. Homo erecne
oder anderen Vorläufern de s
heuti gen Menschen findet.
Dieser Erdteil sch ein!
tatsächlich seh r spät besiedelt
word en zu se in. und zwar erst
durch den Homo sapicns sa-
piens, den mode rnen Men-
sehen , Aber wirklich ers t vor
rund 13000 Jahren'!
Was die Archäologen bis -
her so sic he r gemacht hat.
sind d ie vielen Funde. wel -
che die Bcringsrra ße n-Theo-
rie stütz en , Von Alas ka über
Xew Mextco bis Feuerl and
wurden Ske lette von erle g-
ten Tieren. Werkzeuge und
Waffen a us Knoc he n und
Stein geborge n.
Mithilfe der Radio karbo n-
Messmethodc konnte ermit-
telt werd en. das s n icht s da-
von älter als 13350 Jah re ist.
Vor allem in Nordamerika
gleichen sich d ie Werkzeuge
und Spee rspitzen ü ber 400
Jahre lang - von vor 13350
bis vor 12900 Jahren - so
sehr. dass die Archäo logen
von einer ei nhe itl ichen Kul-
1996 wurde im US-Staat Washington das Ske let t
tur sprechen - von de r C lo-
eines Mannes ge funden. Er hatte vor über 9400 Jahren gelebt,
vis-Kultur. Denn bei Clovis und seine Gesichtszüge deuteten au f eine europäische -
im us-Bundessraar xew oder südostas iatische - Herkunft. Bis heute is t die
Stextco sind 1937 zum er - Abstammung des · Kennewick Man _nicht zwe ife lsfrei geklar t.
sten Mal über 10 000 Ja hre Nur eines ist ziemlich sicher: Ein Nachfa hr e ingewa n-
alte Speerspitzen un d Kno- der ter s ibirische r Nomaden war er nich t

G EOEPOCHE 89
 In einer Höhle in Neveas entdeckten
Archäologe n menschli che Gebein e. die mit
9400 Jahren so alt sind wie die des Kennewiek Man.
Wie die Rekons trukti on ergab . besaß auch der
_Spirit cave Man- keine mongoliden Gesichtszüge-
er war also ebe nfalls nicht von sibirischer
Abkunft. Als seine nächsten heutigen Verwa ndte n
gelten die Ainu. die Urein wohner Japans. und
die Me nsc hen auf der Osterinse l

chen erlegter M am m uts ge-
fund en wo rde n.
Lan ge haben d ie Clovis-
Me nsc he n den Wissen-
sch aftl e rn als d ie Ure inwo h-
ner Ameri kas gegolte n - und
als Ah ne n der heu tige n Ind i-
an er. Wären all erdings die
ersten M enschen übe r Alas -
ka nach Amerika e ingew an -
dert . dan n müss te n auf d ie-
se r Str ecke auch d ie ältes ten
archäolog isc hen Ze ug n isse
dieser Be..iedlung zu find en
sein. Doc h ob woh l Arc häo-
logen. Geolo ge n und Paläon-
tologe n das Land in den ver-
gange ne n Jahrzehnten sys te-
matisch dur ch fo rscht habe n.
sind keine ei nde utigen Spu-
ren von Men schen gefunden
worden. d ie Vor läufer de r
Clovis- Ku ltur im Süden sein
könnten.
Das beweist natür lich
nich ts. D ic e ntscheidende n
Hintcrlassenschaften de r ers-
ten Einwa nderer kö nnen wei-
ter ihrer Entde cku ng harre n
oder auch für immer ver-
sch w unde n sein. T rotzdem
müsste der Mangel an Be-
we isen die Arc häologen e i-
gentlich vera nlasse n, e ine
ge wiss e Skeps is gege n die
eige ne Le hr me inung wac h
LU halten und den Vorläutig-
keits charakter der Bering-
xtra ßen-Theorie zu betonen.
Tun sie aber nic ht.
Wcil sie so viele Zeugnis-
se dieser Clovis- Kulrur und
nich ts aus frü herer Zeit ge -
funden halt en. verfest igte
sich unter de n Archäo log en
die Beririgxtraßen -Th eorie
all mähli ch zur Gew issheit
und schli eßlich zum Dog ma.
Es gab jedoc h im mer wie-
der A ußen seite r, d ie die ses
Dogma für eine bloße Th e se
hielten und and er e Einwan-
derungs- und Be siedlung s-
kcnzepte dage gensetzten -
aber damit nicht durchdran-
gen.

90 GEOEPOCHE

Beanspruchte e in Außen-
seirer. etwas e rndeck t zu
haben. was älter war als jene
133 50 Jahre. so ne igten die
Kollegen dazu. Fehler in
der Altcrsbcsum mung LU
verm uten. Ma nc he unter -
stell ten den Abweichlern w-
gar schlampige Arbeit. man-
gelnde Qu alifikation. sogar
Unseriositär.
Seil wenigen Jahren j e-
doch schlägt das Pendel
mehr und mehr zugunsren
Stammen die
Indianer vonpolynesischen
Seefahrern ab?
der Außenseiter aus . schei nt
sich die Überzeugung durch-
zusetz en, dass die Clovis-
Menschen nicht die erste n
und einzigenAmerikaner ge-
wc sen sl nd und Am eri k a
nicht nur über die Bering-
brüc ke besiede lt worden ist.
sondern auch übers Meer -
von Pionieren aus China.
A ustralte e. Pol ynevien und
vielleic ht sogar aus Europa.
Die Vorsichtigen unter
de n opposi tion ellen Arch äo-
loge n schätz en, das s die ers-
ten Amerikaner ei nige tau-
se nd Jahre früher da waren
als die Clovis-Mensc hcn.
Manche Wissenschaftler
wie d ie brasiliani sche Ar-
chäolcgin :\i1.':de Guid ö n
spekulieren . dass in Süd-
amerika bereits vor 30000
bis 50000 Jahren Mens c hen
gelebt haben . und manche
nennen sogar e inen Zei t-
raum von 150000 bis
200 000 Jahren. Bewe ise für
ihre Verm utunge n abe r ha-
ben sie allesa mt nich t.
Die Gründe für d iese n
Mein ungsumsc hwung tra-
gen xemen : Mont e Vcrdc.
Cactus Hill. Topper und
Meadowcroft Rock she iter -
Namen von F undstellen in
Xord - und Südam e rika. an
denen Archäologen Zeug-
nisse anderer Kulturen ge -
fund en habe n wollen . d ie
älter sind als Clavis.
E iner. de r unte r der
Mis sac htung der ..Sch ul-
Arc häologe n" jahrzeh nte -
lang gelitten hat. iSI T he mas
Dillehay, Professor fü r An -
thropologie a n de r Uni ver -
si ty of Kentu ck y. Se it 1987
behauptet er. in Monre
Verde im Süde n Chi les H üt-
ten. Steinwerkze uge und
Holzm örser. Nahrungsreste
wie Xüsse und Beere n und
sogar einen Kinderfußab-
druck gefu nden TU haben.
die sämtlich rund 14 500
Ja hre alt seien. Dafü r ernte-
te er übe r viele Jah re von
se ine n Kollegen Ho hn und
Spa lt .
Seit 1997 sind jedoch
Dilfehay zufolgc die meisten
sein er Kritiker verstummt.
Er hatte sie nac h Monte Ver-
de eingeladen, dam it sie sich
selber ein Bild machen
konnten. und das tate n si e:
In Mo nte ve rde müsse n tat-
sächlich vor rund 14500
Jah ren Me nschen gelebt ha-
ben. die nichts mit der Cla-
vis- Kultur zu tun halten .
Woran es allerd ings man-
gelt. sind Skele tte. Sc hädel
oder andere Gebe ine dieser
Mensche n.
Die späte Anerkenn ung
Dillehays und der Fundstätte
in Mome Verde durc h die
meisten seiner früh ere n Kri-
tiker hat andere n Prä-Clo-
vi...- Verf ec htern Auft rie b ge-
geben. Cactus Hili zum Bei-

Wanderten
frühe EurojJäerzu Fuß
nach Amerika?
..piel. ei ne Fundstätte in \ l r-
gjnia. gilt etl iche n \\'issen-
sc haftle rn j etzt ebe nfalI.. al"
Prä-C lovi ..-O n .
Das Arch äologenpaar Jo-
seph und Lyon \ IcA\ oy
fand do rt 17 000 Jahre alle
Steinwe rkze uge . Bei Holz-
kohlen te sten offenbarte die
Alte rsbes timmung sogar
22000 Jah re. Aber noch i..1
u nk lar. ob sich d ie Ho lz-
kohl e durc h Me nschenh and
oder auf natürliche Weise
du rch Buschfeuer gebildet
hat. AU(; h im Meadowc roft
Roc ksheltor im Südwesten
von Pennsylvania wurden
bis I-U 16800 Jahre alte
Stei nwe rkze uge ge funde n.
Allgemein anerkannt sind
solc he Date n aber nic ht.
Die seit ihre r Erfindung im
Jahre 1~7 steti g ve rfei ne r-
te Radiokarbon-M ethode lie-
fert heute zwar ..iemlich
exakte Ergebnisse. dennoch
Hisst sic h nicht einwandfrei
sage n. o b d ie untersuchten
Funde etwa verunreinigt ge-
wesen sind und dadurch zu
einem falsc he n Res ulta t ge -
füh rt habe n.
e nd selb st bei eine m .. ma-
ke llos en Fundvließe die A l-
ter sbe stim m ung all ein noch
keine sic he re n Schlussfolg e-
run gen zu. den n jeder Fund
isl immer a uch ein gebettet in
bevtimnue Bod e nsc hichten.
ka nn ve rmischt sein mit
Holzke hle. Knochenresten.
Asc he und G e..tein aus vie-
le n Ze iträumen. D ies alle s
mu ss mitbedacht werden
und übe rlä sst den Wis cen-
sc haftlern fa llweise eine n
rela tiv große n Spielra um für
92 G EOEPOCH[
Sc hlüsse. Zweifel und Inte r-
pretationen - " o r allem.
we nn knöc herne Rel ikte von
x t en-c ben fehlen.
S O fal h denn die An twort
schwer auf die Frage:
Woh er sind diese Menschen
ge kom men? Und auf wei-
c hen Wegen ? Wie habe n sie
gele bt? w ovon haben sie sich
e rnährt? Wie haben sie ihre
Toten bestattet? Warum fin-
det man so selten Knoche n?
Weil aber die ncucn Date n
nun mal sind. wie sie sind.
u nd vo n ei nigen Wissen -
schaftlern ane rkannt od er
zumi ndest für bedeu tsa m
ge halten werden. wa nkt das
Clovls-Dogma.
Es sprießen Alternativ-
Th esen. die sich auf einige
Grundannahmen reduziere n
las-en . Und alle haben die
Vermutung gemeinsam. dass
die e rsten Ameri kaner üben.
xteer ge kommen sind :
• Nach de r Sjbjrien_The.,e
näh ert en sich die früh en
Seefah re r über de n nö rd li-
c he n Pazifik de r arnerikani-
sehe n Westküste und kämpf-
ren sic h nach Süd en vor.
• De r Polynesie n-These ge-
milß besiedelte n s ie vom
Süd pa zifi k her die Küste n
Sü da meri kas - und lwar
entwede r ebenfalls über de n
:S:onlpal ifik oder. wie ei nige
mei nen, quer über den Stil-
le n Ozean im Süden.
• De r Europa-These zufolge
fuhren »e über den Atla ntik
a n de r ....eit in den Süden rei-
che nde n Polark appe entlang
und landeten an der Ostküs te
Xord ame rika s. Ode r: Sie
wan derten von Frankreich
aus nordostwärts d urch Russ-
la nd und Sib irien und kamen
aus d ieser Ric htung an.
Zu sa mmen mit de r alten
Beri ng}l[,lßen_TbC'e. nac h
der samtlie he Lrei nwo hner
Amerikas sibirische Vorl"ah-
ren haben. ergibt das vier
Grundannahmen. von de ne n
mögticherweise nur eine
stimmt. Sicht ausz usc hlie-
Ben j",t aber auch. da..~ zwe i
davon stimmen ode r d rei -
oder alle vie r.
L'nd da die An hä nger
der jeweiligen Thesen auch
u ntereinander uneins sind.
lie fer n sie noc h diverse Va-
riant en. d ie sic h durc h Dat ie-
rungen und Interpreta tionen
a rchäologischer Funde un-
terscheide n.
Diese s chaotische Kon -
glomerat von Theorien. Hy-
po thesen und Spekulationen
krank! indes an zwei Prob le -
men : Es gibt kau m Knoch en -
re likte je ner Imm igran ten.
ge schweige ganze Ske lerte
und kei ne glaubhafte Spu r
von einem 8 001 ode r fl o ß.
Was Ist von Luzia
zu erf ahren?
Den Mangel an men schli-
c hem Gebe in kö nne n d ie
Vertreter der Clo vis- Mo no-
Kultur-Hypothese d urch 7$1-
reiche Clovis-Pund c - et wa
Speerspitzen - einigermaßen
kompensiere n. Die Vertrete r
der Seefahrer-Multikulti-The-
se hinge ge n erse tzen ihre
mangels Knoche n schwac hen
Argu men te durch munge
Sc hlu..sfolgerungen aus dem
w enige n. da", sie habe n -
und die X ic htbe we isberkeit
eine s seetü chtigen Fahrz eugs
durch viel Fantasie.
DC'n Anh ängern der ~ I u l ­
tikuhi-Beviedlung g iil Lu-
zt a. ein 13500 Jahre altes
Skelet t aus Brasilien. als ei-
ner der wic htigeren Funde.
Interessant ist nicht so sehr
se in Alter. so ndern d ie Form
de s Schädels. Die passt näm-
lich zu kei ner der rund 1001)
Ind ianergru ppen A meri ka s.
DC'rSchädel sei nicht mon-
golid wie die der Indiane r.
sondern gleiche de nen man-
che r Südostas...taten und früher
Au stralier, ~gt der Anthro-
pologe watter xeves von der
Universität von Sau Paulo.
Xeves hatte d ie Cornpu-
terdaten von Lu zias Schädel
an die englisc he Uni ve rsität
xt anc bester geschickt. Dort
hat der Geri chtsmediziner
Richard xeave Luzias Ge-
sic fu anha nd der Daten re-
konstruiert und ist zu dem
Ergebnis ge ko mme n: nicht-
mongolid. eher neg ro id. be-
so nde rs Xase und Kief er.
Al so aus Afrika? Nei n.
eher aus Au- aralien. Süd -
\.-br 17DOOJahren
versperrten Glets cher den
c-
Landweg nach Ame rika .
Erst rund 3<X)() Jahre sparer
war das Klim a so warm .
dass sich im he ut igen Kana-
da zwischen den Eismassen
em gangbar es Tal aufge-
tan hatte. der .Mackenzie-
Korridor. (siehe Karte rechts}.J
Den durch wand erten sibiri-
sche Nomaden vor 13350
Jahren auf ihrem Weg nacf'l
Amerik a. Doch sind in Am eri-
ka auch menschliche Re-
lik te gefunden worde n, die
min destens 1 7 000 Jahre
alt sind (rote Punkte ). Also
müs se n frühe Pio niere
auch andere Wege als zwj.
sehen den GIersc hern
gefunden haben
::;;: ...,.....,
~
~ (-.
,
".
'- I
~,'

OZEAN
PAZIFISCHER

OZEAN ma da Pedra Pimacra

113 OOOJa/treJ

'ft'?'""',.,,
f OQOi8JIte7)

Pol y nes i e n t. J:; s i lien

~~
. " . , ,rt",="" ",,'"
3 WO _ J
\ ..
, , 5 U D-
iP. ERIKA
:J'
~ ce rrc La China
'/' (t3200~ 1

../ Neuseeland

C\e Oaten .'nd ~emit1el te Fur die Besiedlung Amerikas

~rsMgaben . Bei 12 000 bis
!1000 Jahre alten ""nden gibt es vier Grundhypothesen:
iletr3&l die unlle naulil<eit bis zu • die Beringstraßea- These, nach
XIOJanre. t>ei i lle ren
StiJcJ<en sogar nocf1 menr der Amerika ausschließlich uber eine
Landbrucke zwische n Sibirien und
Alaska besiedelt worden ist:
• die Sjbirien-These, nach
der ttime Seefa hrer von Sibirien
uber den Nordpazifik die ernenke-
nisch e Kuste erreicht haben:
• die pqlyne sjen -Tne se, nach
der südpazifische Seefahrer den
Still en Ozean überquert haben und
im Norden oder auch im Süden
Amerik as gela ndet sind;
• die t urcos-tnese. nach der
frühe Bewohner der Alten Welt
über den Atlantik oder über Russland
und Sibirien nach Amerika
vorgedrungen sind

usien oder Sudostasien. so
Xevc s. L uzlu kö nnte von ei -
ner kleinen Nomade ng rupp e
abstammen. die scho n vo r
15000 Jahre n übe r den Pazi-
fl k in der Neuen Welt anka m.
vermuret der Brasilia ne r. Er
häh es soga r für wa hrschein-
licher. dass sie zu ei ne r
südostas iatischen Gru ppe ge -
h ört hat. der en ein er Teil
Ausrralien besiede lte (Abo -
rigines). wäh rend ein ande-
rer an den asiatischen K üsten
nach Xordcn entlanggefah-
ren. über d ie Bcnn gsee nac h
Xo rdamerika und von dort
nach Sü de n gelangt ist.
Kamen sie per Boot
übers Meer?
Aber w aren d ie Ste inzeit-
me nsche n vor 15000 od er
noch meh r Jahren überhaupt
in de r Lage . d en Oz ean zu
überq uere n'! Der nor weg i-
sc he Anthropolog e und
Abenteure r T hor Heyerdahl
ist 194 7 m it e inem Balsa-
t1oß . wie es die präko lumbi-
sc hen Einwoh ne r Pe rus be-
nutzt hatten . in 10 1 Tagen
94 GEO EPOCHE
Im Hütrk nochen
des Kennewiek Man
steckt eine Basalt -Speer-
spitze. deren Form zu
denen des - c esceae-.
Typus (rechts oben)
gehört. Doch gestorben
is t er daran nicht . denn
teilweise war bere its
Knochengewebe über dffi
Spitze gewachsen
6920 Kilo meter vo n Pe ru
zu den Tu umotu - Inseln in
Pol ynesien gesegelt . Er
wollte beweise n. dass be-
reits die Erst be wohner
Süd amerikas die Paz ifikin -
se ln h ätten errei cht habe n
kön nen.
Die Mög lichke it aber .
das" Poly ne ste r viel früh er
in die umgekehrte Richtung
nach SUdamerika gesegelt
se in kö nnten. hau e er offen-
bar nic ht erw oge n.
Der aus tralis che Archäo-
loge Robert Bcdnarik und
sein Kapitän Bob Hobman
haben 1998 IU be we ise n
versuch t. d as s de r Mensch
sogar sch on vor weit mehr
a ls 60 000 Jahren vo n l ndo-
nesien aus pe r Floß Ausua-
lien habe erreic hen können.
Aus Ba mbus. Teakholz
und Palmb lättem ba ute n sie
e in Floß. das nur m it Seile n
aus Pfl an ze nfa sern zu sam -
me ngebunde n war. Im De-
zember 1998 stac hen sie m it
ihrem Steinzei tgefährt von
der Insel Timor aus in See
und schafften es mit ei ne m
fünfköpfige n Te am. in nur
13 Tagen A usrralien IU er-
re iche n.
Bcdnariks Yennutung .
Australien se i schon vo r
60000 J ah ren von Einwan-
derern auf dem Seeweg er-
rei cht wurden. w ird auch
durch den ..Mungo Man" ge-
stützt - e in ru nd 62000 Ja h-
re al tes Männerskclctt, das
am Lake Mu ngo im Süd -
os ten Australicns entdeckt
worden ist. Dieser vorge-
schichtlich e Mensch hat nur
über" M ee r nach Auvtralien
ko mmen können. denn eine
La nd verb indu ng gab es hie r
nicht. De shalb ist anzu neh-
me n. das s die Vorfahren der
austral isch en Aborigines m it
Boo t ode r Flo ß vo n l ndn ne-
sien he rübe rgekommen sind.
wen n d ie Menschen also
schon vor etwa 60000 Jah-
ren hoch seetü chtig waren.
waru m sollen sie es nicht
auch vor 15000 0d er 20000
Jahren gewesen sein'? Die
Verm utu ng. Amer ika sei
nic ht nu r von Großwildjä -
gern auf dem Landweg, son-
dern auch vo n Seefahrern
und Fisc hern übe r den See-
weg besi ede lt worden. kann
j eden fa lls nicht mehr als un-
sinnig ve rwo rfen werden.
D oc h nic ht nu r A ust ra-
h er. Polynesier und
As iate n haben vor den Clo -
vis -M enschen A merika bc -
siedel t: sondern auch Eu-
ropäe r. Das zum indes t ver-
mutet Dcn nis Stanford. Le i-
ter d er A nthro polo gie abte i-
lung um Na tio n M useu m 01'
Natural Histo ry in w ashi ng-
ton D,C. W ären die C lovis -
Me nschen a us Sibi rien ge -
komme n. dann hätte man
dort von ihn en hinterlassene
Werkzeuge od er we nigste ns
Vo rläufer davon finden müs-
sen. sag t Stanford . In Sibi-
rien se i lang e da nach - auch
von ihm - geforsc ht worden.
abe r dabei sei weni g an s
Licht gekommen. was a ls d i-
re kter Clovis-Vcrlaufer tau-
gen könnte.
Denn die Clovis-Technik
sei ziemlich ei nzigart ig in
de r Welt : D ie We rkzeuge
se ien immer beidseitig.
näm lic h ..bifacial". bearbe i-
tet worden. wäh rend die ver-
glei chbaren Stei nzeitkulm-
ren in Europ a und As ien
übe rwiege nd ..unifacial " ge -
arbe itet hätt en
Ein langer Mar sch nach
Osten über s Eis?
Allerd ings gebe es da
Aus na hmen. zum Be isp iel
d ie Ste ing eräte des Sc lu-
tree n. hergestel lt vo n Men-
sehen, di e vo r 16 500 bis
22 000 Jahren im heu tige n
Fra nkreich. Portugal u nd
Spanien gel ebt habe n. De re n
Techn ik der Stcin bearbei-
rung se i zwa r älter al s die
de r Cl o vis-Mcnsc hen. abe r
se hr ahnlie h. Desha lb. so
Stanford. ist nic ht un wahr-
sc he inlie h. dass Steinzeit-
Euro päer irgend wann ir-
gen dw ie den Spru ng nach
Am eri ka geschafft haben.
Auch Michael Co llins un-
ters tützt diese The se. Dieser
Arch äologe. der ebenfalls
Produkte der Clovis- mit de -
nen der Solurrcen- Kultu r
verg lichen hat. will bishe r 18
Ä hnlic hke ite n entdeckt ha-
ben und schließt daraus: ..Da
nun m al keine eindeutigen
Vorg änger de r Clo vis-Ku ltur
in O sta sien zu finden wa ren.
ist es an der Zeit. das Dog ma
von der Herkunft der ame ri-
ka nischen Ure inwo hne r aus
Sibirie n in Frage zu stellen ."
Die ve rblüffende Ahnlieh -
keit zwischen den Clo vic-
und den Soturre en -Speer-
sp itzen könnte in de r Tat
dafür sprechen. dass Eu-
ropäer. wie spä ter dann die
Wikinge r. übe r den At lant ik
nac h Ameri ka gekommen
seie n.
Diese Ann ahm e deckt
sic h mit de n Verm utungen
Stanfords. der ei ne Passage
der Solu treen- vtenschen
übe r den Atlantik ebenfalls
für möghc h häll . (Doch kei -
ne Tbe,e ohne Antithese:
Kürzlic h h <!1 der An thropo-
loge Lawrence Guy Siraue
von de r Universuy of Xew
~l ex i co . g roße Bede nke n an-
gemeldet. Sch lie ßlich ende-
te die Solutreen-Tradino n
ei nige tause nd Jahre. bevor
d ie Clcvis- K ult ur in X ord-
amer ika L U datieren ist - \"on
der pro blemati schen Annah-
me ei ner Übe rquerung des
Atlant ik ganz abgesehen. j
it dem Boo t übe r den
M Atlan tik - ist das über-
haupt Hlrstellbar"? William
Fitzhugh , Direkto r des Zen-
trums fü r a rktische Stud ien
an Wash ingto ns Srnitbson-
ian lnsut ution meint : Vi el-
leicht haben d ie ..Solurrea -
ner" gar ke ine Fahrz e uge
gebraucht. Der Nordat la ntik
.... ar damals von Norwegen
bis Xeufundla nd zugefroren.
von Fran kre ich nach Eng-
la nd zu kommen d ürfte auch
für Stei nzeitme nschen kein
Proble m gewe sen sein. Von
dort harten sie nach Sc hott-
land ge langen kö nne n. und
da nn sei es nich t mehr sehr
weil gewe sen nach Island.
Von lsla nd aus hätten sie
dan n - immer an der Eiskan-
te des At lantik entlang. sich
von Robben und Fisc he n
ernä hrend - im Prinzip lU
Fuß übers Eis nach Grön-
land. Xe cf undla nd und :-:0-
\·a Scotia gehe n kön ne n. Be-
quem sei de r Fußmarsc h si-
e her nicht gewesen. aber der
andere. der von Clovis-Dok-
trinären favoris ierte durch
die Tundra Sibiriens und
übe r d ie: Beringstraße nach
- -Fürdie Steinzeit denn wir klic h? Die Ant wort
lieferte d ie Radiokarbo n-
waren die Clovis-S itzen Datierung anhand des fü nf-
ten linken Mine lhan dkno-
___H~igh- Tech chen s: vor 9460 Jahren.
Daraufhin sah sich C hat-
rers den Sehädel des Ke nne-
.....ick vlan gerrauer an und
Alaska. sei ja auch nich t ge- pi-eh für Paläoind ianer , aber klassifizierte ihn als ..kauka-
rade ein Spaz iergang gewe- könnten zu moderne n Euro- soid-ähnhch", Dieser Be-
se n. ameri kanern passe n. Nicht ... griff mei nt e ine Sch ädel-
1996 e rhie h die Europäer- sprach gegen ei n Alte r der form . die in Europa ve rbrei-
Th ese kurzfristig .... eueres Knoc hen von et.... a 100 Jah - tet i..t - aber a uc h in Süd -
Gew icht: durc h de n Fund ren. zuma l nebe n de m Ske - ostasien und bei de n Ainu.
des so genannten Kenne- lett auch Bausc hutt au s de m Ja pa ns L'reinwo hnern.
wiek Man. Z..... ei Student e n späten 19. Jahrhunden lag.
Hätte da nicht eine Jahr- aren Ame rikas Urein-
haue n im So mmer je nes Jah-
res an ein em Flussufer im
us-Snuu Washington ei nen
tausende alte indianisc he,
von Knoche ngew ebe um-
W wo hner tatsäc hlic h aus
Europa ge komme n"! Hatten
Toren sch ädel zutage gcför- wachse ne Speerspitze im wirklich Ur-Ureinwohner be-
de rt. Für den dazu gerufenen Beckenknoc hen ges tec kt ... reits Zeh ntause nde von Jah-
Gericht...medizine r und An- ren jagend und sammeln d
thropologen James Charters auf dem Kontinent zuge-
ei n Rou tine fall . Xachde m
man in drei Woc he n fast alle
Das Alt er der Knoch en
wird zur polit isch en Frage bracht. als vor 13350 Jahren
von Xorden her d ie: Asiate n
Knoc hen des Skel ens aus Die Sache: war also mer k- übe r die Bering-B rück e an -
dem Fl u-,.. geborgen hatte. würdig . Wann lebte und vor rück ten und sie: womög üc h
sc hien zunächst alles klar zu a llem w ann starb dieser rund ausrottete n?
sein . Sch ädelform und Ge- 1.75 xterer große Mann im Um die Frage. ..... er die e r-
vichtcbildung waren unty - Alter z w ischen 45 und 50 sten Ameri kaner waren. ..... 0-
Die Clovis-f(uftur, worden. Die Spitzen
die in Nordamerik a vor waren unte n eingekerbt,
etwa 13000 Jahren so dass sie stabil
vorrerrscrue. isrvor· mit dem SChaft verbun-
zugsweise an ihren bis den werden kann ten.
zu 20 Zentimeter langen der zwor vermutlich
Speerspitzen erkenn- mit einem knöch erne n
bar. Sie sind fi)r Werkzeug geg lätt et
eine Steinzeitkuftur worden war
ungewöhnlich aufwen-
dig bearl;)eitet
her sie kamen. wie sie leb ten
und was aus ihnen geworden
iSI. wurde nun plötzlich auch
in der ame rikanischen Öffe nt-
lichkeit eine hitzige Debatte
geführt, die vor allem durch
da.. <;0 genan nte Xagpra-Ge-
setz ausge löMworden ist.
Der ......ati ve America n
Graves Proteenon and Repa-
trianon Ace von 1990 ver-
pflichtet die Regierung. Re-
likte md ianicc her Toten den
je weilige n Stä mmen zurüc k-
zugebe n. damit diese sie wie-
der bes talle n und ihnen an
e inem mög lichst unauffi nd-
bare n On ih re Tote nruh e
zurü ckgeh en können (siehe
Seite 1(6 ).

Ge ric hte ents chelden,

wem die Gebeine gehö ren
Es dauerte nicht lange. da
verlang ten mehrere indiani -
sche Stämm e d ie Herausgabe
des Kenne.....ic k ~ I an - zum
Entsetzen de r Archäolo gen.
Denn sie verfügen nicht über
so viele alle Ske lette. dass sie
getrost auf de n Kennewi ek
Man verzichten könnten.
Doug la.. Ow cley \ '010 x tuse-
um of Natural HislOl): in
Washingto n beziffert die
Zah l gut erhaltener nordam e-
rikaniscber Funde män nli-
cher Skelette mit einem Alter
von über 9(XlO Jahren auf nur
sechs. Der Kenne wiek Man
wäre Nummer sieben
Auße rde m verfechten die
Wisse nschaf tler den Sta nd-
punkt. der Kenn ewie k Man
gehe d ie Ind ianer übe rhau pt
nichts an. weil er offen bar
gar nic ht ind ianischen Ur-
sprungs sei. Das Xagpra-Ge-
setz dü rfe in diesem Fa ll
nicht ange wendet werd en.
da es sich au sdrüc klic h nur
auf india nische Knoc hen-
funde bez iehe .
Trotzdem wo llte die C S-
Regierung die Knoc he n an
die Stäm me herausgeben . Da
Studenten legen Bodensctlichten im Meadowcroft Rockstl ei ter frei.
Dieser Felsüberhang in Pennsylvania wurde über Jahr tause nde von Mensc hen als
Unter sch lupf genutzt . Die äftesten Funde sind fas t 1 7 000 Jahre alt
Logen acht namhafte Gelehr-
te vor Ge richt und verlan gten
erst ein mal de n Xachweis.
dass es sich beim Kennewiek
Man tatsächlich um einen in-
dianisc hen l'rahn hand ele .
Und solange das nicht ge-
klärt isr. forschen zumindest
e inige Wissensc ha ftler im
Regierungsa uftrag weit er am
Kenne wiek Man.
Eine n Te ilsie g könne n
die Fo rsche r inzwi sc hen
verzeic hnen . Die Anthro -
polo ge n Joseph Powell und
Jerorn e Rose haben den
Sc hädel des v t unnes ve r-
mes ...e n und die Da ten mit
den e nts preche nden Cha-
ra kte risiik a andere r prähi-
stortsc ber und heutiger Be-
völ kere ngen vergl ic hen .
Resultat: kein Indianer.
aber auch kein Europä er.
Vielmehr ähneh der Schäd el
definitiv denen von Polyne-
..iem sowie denen der Ainu.
der Ureinw ohner der beuu-
gen j apanisc hen Insel Hok -
kaido. Sachalins und der Ku-
rilen . Vielleicht also kam en
die Ahnen dev Ke nnewiek
~ I an aus Südostasie n.
Jüngst e Erkennt nis:
Einwanderer kamen vter-
mal über die Beringst raße
Der geheimnisvolle Frem-
de ist den Forsc he rn offen-
bar zur richtigen Zei t in die
Hände ge fallen. Das wich-
tigste wis sensc haftlic he In-
stru me nt der Archäolo ge n.
die Altcrs best imm ung mit
Hilfe der Radiok arbon -Me-
thode. wird inz.....ischen e r-
gänzt durch immer mehr
verfeinert e und be...se r e nt-
wicke lte D:\S·Analyse n -
also durch L ntersuchungen
de.. Erbg utes. die e ine Be-
stimmung ermöglichen. zu
welcher Pal äo- Volksgruppe
Jah rtause nde a lle mensc hli-
c he Re likte geh ört haben.
Lm letztlic h entsc heiden
zu könn en . we m der Ke nne -
wick xtan gehö ren M>II - de n
Indiane rn ode r der \\ "issen-
schaft -. hat die Ug- Reg ie-
rung deshalb verfügt. dass
Experten von Incgesam t sie-
ben Unive rsit ären anband
seine r D\'S hera usfinden
solle n. wes Sta mmes Kind
der geheimnisvolle Ur-Ame-
rikaner ist.
Diese Aufgabe gestaltet
sich offe nbar schwi eriger als
gedacht: •.Erst müssen wir
genug Kollage n in den Kno-
chen finde n. um eine erfolg -
reiche DSS-Ana lyse durch-
führen zu könne n". sagt
Franci-, \ 1c~l anamon . der
Leiter der Umersuchun gen
und verantwortlic he Archäo-
loge des Xanon alpark d iens-
tes. Die Chancen seie n aller-
ding s mehr ah sc hlecht. denn
da .. Wasser. in dem der Ken-
newic k :\1an über Jahrtausen-
de gelegen hat. kö nnte das

GEO EPOCHE 97
 gesamte Ko llag en - die
Hauptkom pone nte des Kö r-
pergewebes - bereits aus den
Knoc hen herausgewaschen
habe n.
nab häng ig davon haben
U russisc he und ameri ka-
nische W isse nsc ha ftler den
Genpool sib irischer Eski-
mos mi t dem von Europäern
und Ind ianern verglichen.
Erge bnis: Es hat vermu t-
lieh mehre re Ei nwa nde-
rungswelle n über die Be -
rings traße ge ge be n:
• eine ers te aus Südostsibirl-
en (35 000 - 25 000 Jahre vor
unserer Z eit ):
• eine zwe ite aus de r sibiri -
schen Baik al-A mur-R egio n
(vor 35000 -25 000 Jah ren ):
• eine dri tte aus Nordostchi-
na (vor 30 000 -24000 Jah-
ren) und
• eine vierte aus Europa (vor
30000 - 15 000 Jahren ).
Hinte rgru nd der Fors chun-
gen : D ie Wissen schaftler ha-
ben zum einen genetische
Übereins timmungen zwi -
War die eine
Kultur das Erbe
der anderen? Die
Clovis-Spi tzen
(obere Reihe) ähn eln
denen der süd·
westeuropäischen
Solutreen-Kultur
{unten} in meh reren
Merkmalen. etwa
In der beidseitigen
Bearbeitung. Der
gekrümmte Schaber
aus Rillt (ganz
oben) ist ebenfalls
ein Werkzeug der
Clovis-Epoche
98 GEOEPOCHE
seh en de n Ureinwohnern Si-
biriens und der Mehrheit der
no rdame rikanischen India-
ner en tdeckt. zum anderen
DNS-Gemeinsa mke itc n zwi-
sche n Europäern und ein er
Han d voll Indianerstämme
des Nordens. etwa den Noor-
ka, Ojibwa. Sioux und xava-
jo (die einst im Norden sie-
de lten) . Die Datierungen der
Ein wa nderungswellen wie-
de rum lassen sich vom Grad
der "genetischen Durchml-
schung" der jeweiligen Völ-
ker ab leiten.
Die Genese der Sprac hen
Nic ht nur Ge neti ker. auch
Lin gu isten stützen die M ul-
ti- Im mi grante n - H ypo the se.
Johanna ~ichols von der
Univer sity of California in
Berkeley etwa hat von Alas-
ka bis Feuerland 143 india-
nisc he Sprachgru ppe n ge -
zä hlt, die sich so stark von-
ei nan der unterscheiden wie
be ispielsweise das Französi-
sc he vom Japanischen.
Wenn sich zwei Spr ac hen
aus einer einzigen en twi-
ckeln und zu einem solch
großen Unterschied fü hren.
dann seien. schätzt Johanna
Nichols. allein für diesen Pro-
zess mindestens 6000 Ja hre
nötig. Und für die Her ausbil-
dung je ner 143 Sprac hen aus
einer einzigen veranschlagt
sie sogar 60 000 Jah re.
Die se Zeit von 60 000
J ahren könne abe r. so Jo-
hanna Niehots. halbiert wer-
den. wenn man mehr er e Ein-
wanderungs welle n mit un-
terschiedlichen Sprache n
ann ehme. Das bed eutet: Die
ersten Einwanderer sind vor
et wa 30000 J ah re n in d ie
x eue Welt gekommen - was
sich mit der Vermutung der
Geneti ker deckt,
Doc h Johan na Niehots
geht mit ihre n T hesen noch
weiter: Da sie die größte
Sprachenvielfalt an der Pa -
zifik küste ausgemacht hat.
vermutet sie, da ss die mei-
sten Menschen Amerika
ent lang des west lichen Kü-
stenstreifens erre icht haben.
Xach ihren jü ngsten For-
schungcn sind allerdings
die Vorfahren der Völker
östlich der Rockie s vor
mehr als 22000 Jahren ins
La nd ge kom men - also
schon vor de m Gletsc her-
Ma xim um der jüngsten
Eiszeit; ihre Nac h barn im
Weste n fol gte n er st 10000
Jah re später.
Die Archäologe n werden
also noch ei ne Weile weiter
und vo r a llem tiefer graben
müssen, um zu beweisen,
was einige vo n ihnen, unter-
stützt von Geneti kern und
Ling uiste n, vermu ten. Bis
sie fündig werd en , wird
wohl der Clovis- Mythos
weiter erodi ere n und sich
die Meinung d urchsetzen.
d ie D ennis Sta nford bereits
für gesichert hält: .Es ist
klar. dass A meri ka durch
mehrfache Ei nwa nderungs-
wellen währe nd ei nes lan-
gen Zeitraums be siedel t
worden ist - von vielen
Men schen viele r verschie-
dener Rassen."
Anders gesagt: Schon in
der Steinzeit war Amerika
das . was es später erneut
werden sollte: e in me/ring
pot , ein Sch mel ztiege l der
Völker. 0
Chris\ ia<1 Nümberger. 49. lebt als
freier Autor ;<1 Mal<1l_ Zuletzt Mt er
$ Ie~ in se,nem Buch . O,e Machtw irl·
schart- (dtv) mrt den . neoliberalen
Oen~m uste,n - jener FUhrungseiiten
besc:häftigt. die aus _gnadenlosem
Eig eninte~sse" die Global is~rung
vorant' e.ben. W.ss.ensc:haftl,che Be-
arbeItung: Dr,AniS Herold.
 T R I 0 N

Wer war
T E

aner GEOEPOCHE 101

VONLEO~HUP: ROMAN-ILLUSTRA-
TIONENVON NEWELL. C_WYETJ1
ake Geo rce in
L der Koloni e Xew
York ~ Au" ust
1.15.L Die An-
greifer kommen
mitten in de r Nach t von Xor -
den her mit Lastkäh nen und
Kanus über de n 50 Kilometer
langen See. Die dun kle n
W älder au f de n umge bende n
Hügel n sind still- auch dan n
noch. als die Männ er das Süd-
ufer erreic hen. Kei n Schuss,
kei n Warnruf ert önt. als ein e
Vorhut au s Ind ianern und
Waldläufern im Dickicht ver -
sch w inde t. um den Lande-
platz zu sic hern . Dan ach ge-
he n sec hs Bataillon e ..Grau -
röcke - franz ösische Trup-
pen - vo n Bor d. Sie liehen 36
175 5 greifen, wie es dieser mehr teilige Stich darstellt. Franzosen und Indianer die am Huds on marschierenden
Englander an (links) und drä ngen sie zum Lake George zurück. wo sich die Briten verschanzen und erfolgreich ver teidigen
(rechts). c cooere Darstellung dieses Krieges ist der ers te Indianerroman Amerikas
Kanonen und vier sch were
Mörser hinter sich her.
Die 257 0 Soldaten sind de r
Kern eine r großen Invasio ns-
armee, in der nebe n ihnen
fast ebe nso viele weiße Fre i-
wi llige aus Kanada und etw a
1800 Indianer kämpfen.
Während d ie weiße n An-
greifer am Ufer has tig Befe-
stigu nge n errichten. schwär-
men die Indi aner in den Wald
aus. bis vie die feindl iche
Stellung seh en kön nen : die
hölzern en Palisaden von Fon
William Henry. Der Stütz-
pu nkt ist von 500 Briten be-
mannt - den .. Rorröck en'':
1800 "eitere Verteidiger ha-
be n im Fon keinen Platz
meh r gefu nde n und sich de s-
halb in eine m befestigten La-
ger zwischen dessen O stseire
und einem Sumpf ei ngerich-
tet. Don sind auch viele Frau-
en und Kinder der britischen
Soldaten und der Siedler un-
tergebracht.
Für die Indianer ist Fort
William Henry eine riesige
hölzerne Sch atzt ruhe. Ihre
französischen Verbündeten
wolle n es nur zers tören - die
Krieger mit den rot und
schwa rz bemalten Gesichtern
da gegen hoffen. dort plün -
dem zu könne n. Gewehre,
Pul ver. Kugeln. Messer, Bei-
le. Decken. Schm uck, Ru m
und die Skalp s der besi egten
Fe inde wollen sie von diesem
Feldzug zurück in ihre Hei-
mat bringen.
Seit dre i Jahre n führen
Fra nkreich und Großb ritan -
nien Krieg um Nordamerika
- darum. wer diesen Te il des
Kontinents beherrsc hen soll :
französische Händ ler auf der
Suc he nac h Pelzen oder land -
hungrige britisc he Sied ler?
Keine de r beiden Mäc hte
will das Lan d unter der Herr-
schaft de r Indianer bela ssen -
aber ohne dere n Hilfe kann
keine Seile in die sem Kampf
siegen . Es gilt also . die India-
ner fast um je de n Pre is als
Verbündete zu gew inne n -
die aber in jede m Fall zu
den Verlierern des Krieges
gehören we rden.
Paris scheint bei de r Suc he
nach Verstärk ung zunächst
erfolgreic her zu sein . Zwar
habe n sich an diesem Abend
im Augu st 1757 auc h einige
Indianer ge me insam mit den
Briten in Fon wllliam He nry
versc ha nzt. doch die meisten
Stämme zwische n der Kolo -
nie Xew York und dem Tal
des Ohio sind Verbündete der
Franzosen. Bis jelll hat sich
diese Entscheidung für sie
ausgezahlt. denn die Briten
ha ben bere its zahl reiche Ge -
fec hte verloren.
end die nächste Katastro-
phe des Krie ges stelu Lc ndo n
unmittelbar bevor . . _
irw: Woche nach der Lan-
E dung haben die Franzosen
Fort William Henry sturmreif
geschossen. Ged eckt VOll
ihre m Kanonenfeuer. habe n
die Angreifer Schützengräbe n
bis auf rund 200 vteter an
die Palisaden heran gegraben.
JeU! könn ten sie mil ihren
~1ÖN'm den Stützpunkt in
Trümmer legen . Ihre Ge gner.
die vergebens au fVeN ärku ng
gehofft haben. geben auf .
Die Kapitul at io nsbed in-
gung en sind generös : Die
Briten dü rfen nach Süden ab-
ziehen : mit ihren Waffen -
wenn auch urigelade n - . in
Uniform und mit alle n Reg i-
merusfahncn. So habe n sie.
jede nfalls nach den Beg riffen
jener Tage . zwar ihr Fo rt.
nicht abe r ihre Ehre verlore n.
Die Be siegten sollen am
nächsten Tag . dem 10. Au-
gust. abmarschieren. Die
Xach r ist unruhig. Während
die nervösen Briten ihre Sa -
chen packe n. entgleitet de n
Franzosen die Kontro lle über
ihre ind ianischen Verbunde -
ren. Die Krieger sind wü tend.
denn sie fühlen sich betro -
gen : Die We ißen haben sich
geeinigt. und sie sollen nun
leer ausge hen - kein Skalp.
ke ine Beu le für sie .
Zwar wag t es nie mand . of-
fen zu meutern. doch die In-
dianer entz iehe n sich einfach
den Grauröcken. Die meis te n
Krieger übernachten nic ht in
ihren Lagern . son de rn ver -
schwinden im Wald. Die
Franzose n und die Brite n ha-
be n mitbe kommen. dass d ie
India ner sich abgesetzt ha-
ben. aber kein Weißer ahnt.
woh in s ie gegangen sind .
Am näc hsten Morgen ver-
lasse n di e Brite n das Lager -
ihr Befeh lshaber zu Pferd .
die Kom panie n de r Armee
und der Siedlermiliz zu Fuß:
de r Union Jack und die Regi-
mentsfahnen flartem im
Wind, die Einheiten mar-
schieren in militäri scher Ord -
nung. sogar eine Kanon e
schleppen sie hinter sic h her.
Ihnen folgt der Tros s von
Frauen . Kindern. verbünde-
ten Indian ern . schwar zen
Skl aven und Verwundelen
Wer sich noch irgendwie auf
de n Beinen halten kann.
macht sich mit auf de n Weg,
Kaum ist das Lager verlas-
se n. stürmen einige Indiane r
hin ein und plündern. was die
Verlierer zurückgelassen ha-
be n. Sie treffe n auf 17 Ver-
wundete . die so schwac h
sind . das s sie nicht mitge-
nom men werd en ko nnte n
Die Ind ianer töten und ska l-
pie re n die :l.l änne r. Die Fr..i n-
zosen greifen nic ht ei n. son -
dern legen fackel n :10 Fort
William Henry. um es niede r-
zubrennen.
Die Abzie he nde n wissen.
dass das nächste brit ische
Fort vier Tagesmärsche wei -
ter südlich liegt. Sie wiss en.
dass Franzosen und Indianer
Fort Will iam Hen ry zerstören
we rde n und ah nen wahr-
sc hei nlich. was ihren Ver-
w undet en dort gerade wider-
fahrt . Die Männer und Frau -
en sin d bere its am Ran de der
Pan ik . noch ehe sie einen e in-
zige n feindlichen Ind ianer
gese hen haben.
len.
Dann we rde n sie überfal -
In diesem giftihrlicMn .\10-
mem l~g1t· Mag uo die Hanae
an die Lippen will schrie Jei1/~1/
tädlich~n und schrecklichen
Krie!:JnJj hinaus . ."' ehr als
2000 wahnsinnige Ullde bra-
chen allf dieses SigtUl!hin aus
dem Uald. Da Iod war aber-
oll. und das in seiner schrrck-
liehst,." und scbocaermdsten
Form: Wide r'3tanJ jUhn~ nur
dazu. die J fö rder noch mehr
:u rri~n. die ihre wutenden
Schläge selbst dann noch fiihr -
teil. als ihll' Opfer längst keine
Kraft meh r hatten. um sich ~I
wehren: Das Blut fluß wie ein
reißenderSrrrJIIL Als die Eil/ge-
borenen. t'rhit:! und wuhnsin-
nig J:e/llacht 1'(111 diesem An-
blick. dies erblickten, knieten
sich \'ielt'Clllf llie Erde lind tran -
km die blutrote Fhu,
So besc hrei bt James Feni-
more Cooper in seinem Ro-
man .Der letzte Mohik ane r"
den Cb erfall auf die abzie -
henden Brite n. Se in Buch isl
nicht nur das ers te Werk der
Weltliter atur. das de n bri -
tisch -franz ösischen Kamp f
um die Herr schaft Nur dame -
nk as dichterisc h verarbeitet.
es wird auch zum künstleri -
sche n Archetyp. der bis heute
unsere Vorstellung vo m le-
ben der Ind ia ne r und der
wei ßen Pioniere in den Wäl-
dern des :"ordens bestimmt.
Coopers Roman erscheint
GEO EPOCHE 103
 Histori ker. dass ..nur" zwi-
sehen 69 und 184 Weiße er-
schlage n und skalpie rt wor-
den sind .
Der Kamp f um Fun Wil-
liam Henry ist zwar eine
schwere Xiedcrlagc der Bri-
ten, aber wede r die op fer-
reichste noch militärisch
wichtigste des Kriege s. Doch
das Massaker an den Englän-
dern wird zum Menetekel,
den n es lässt die schlimmsten
Albträume vieler Sied ler
wahr werden: hilflos den
in den riesigen Wäldern
verstec kten. skal pjagenden
..Wilden" ausgeliefert zu sein.
Diese Demütigun g werde n
die engfisc hen Pioniere de n
Indianern niema ls verge be n.
Sel bst mehr als eine Gene-
ration später ist da s Trauma
noc h so stark. da ss Cooper es
zu einer Schlüsselszene se i-
nes berühmtesten Re muns in-
spiri ert. "D er letzte Mohik a-
ner" wird wie kein ande res
Bu ch über viele Lesergene ra-
tiunen das populäre Zerrbild
vom treuen {aber auch blut-
rünsrigen j. vom weise n (aber
auch verschlagenen), vom
.xdlen' ' (aber auch ..barbari -
sche n" ) Indianer prägen .
fast 70 Jahr e nach di esem Komp anien laufen in ge -
Kampf. doch in der übertri e- schlossene r Fonnation weg .
J ames Fen imore Cooper ist
ein Getriebe ner. Er wird
1789 als eines von zwöl f
be n hohen Zahl der Angreifer doch Hunderte von Weißen Kindern eine s vermög ende n
und der Schilderu ng ihr es schle ichen sich in die Wälde r und politisch ei nfluss reichen
..wahnsi nnigen" Blutd urstes und hoffe n. sich irgendwie Mannes geboren . der e ine ei -
refle ktie rt er noch imm er die zum näch sten Fort durc h- gene Stadt in Upsrare New
grenzenlose Angst der Bri- schlagen zu könne n. York gegründet hat: Coo-
ten. A ls die ersten eberleben - per stown arn Lak e Orsego .
..Die Indianer suchten sich den di e britischen Linien er- Doch das ererbte Vermögen
di e Xe ger , Mula tten und Indi- re ichen. verb reiten sie die reicht nicht für ein Leben in
aner aus. versc hleppte n sie in Geschicht e des ..Massakers M üßiggang - zumal James
di e W älder", berichtet ein vo n Fort William Hen ry"; vo n 1821 an nich t nur für sei-
Zeitgenosse . .wir wissen H underte. nein 1000 . nein ne eigene Familie aufko m-
nicht. was a us ihnen gewor- 1500 Weiße seien hinge - men muss . sondern auch für
den ist. Dann stürzten sie er- schlachtet word en. die Witwen und Kinder sei-
ne ut he rvor. um uns er e :\Iän- Tatsäch lich aber tauch en in ner ver storbe nen Brüder.
ner 7.U töten:' . de n fo lgen den Woc hen viele Coope r versucht sein Glüc k
Der geo rdn ete Abzug wird Totg eg laubte aus ihren Ver- als Schriftsteller. und scho n
zur wilden Fluc ht. Viele stecken auf. Heute schätzen sei n zweiter Roman w ird ein
104 GEO EPOCHE
Erfolg. Ob wo hl er später
wegen ma ncher kr itische n
Äußeru ng über seine Heimat
heftig angefe indet wird. geht
de r 1851 gestorbene Autor
als erster bedeut ende r Ra-
maneierder USA in di e Lire-
raturge schichte e in.
..Der letzte Mohikaner" ist
der populärste Teil der fünf
.Ledersrrumpfv-Gcschichten.
Sie erzähle n vorn Lebe n des
weißen Trappers :--;atty
Bumppo. den d ie Indianer
..Lederstru mp f" ode r .Fal-
kenauge" nen ne n. Als junger
Mann j agt und käm pft er mit
ihnen in de n Wäldern der Ko-
lonie Xew York. und wie sie
verabsc he ut er die we iße Zi -
vilisarion mit ihren Straße n
und Städten. Je we ite r die
Siedler vordringen. desto
weiter weich t er nach We-
sten. Im letzten Tei l (..Die
Prärie") lebt - und stirbt - der
inzw ische n über 80 Jahre alte
Falk ena uge bei de n Bison ja-
ge nden Pawnee der Prärien.
..Dcr letzte Mohika ner"
spielt im Som mer und Herbst
1757. Coope r ken nt und liebt
die von schroffen Bergrücke n
und Flus stälern durch zogene
Wild nis ö stlich de r Große n
See n. in de r er e ine n G roßte il
seines Lebens verbrin gt.
Falkenauge , der unerschüt-
terliche weiße Pelzj äger.
macht sich in die sem Buch
mit seinen beiden indiani-
sehen Fre unden - de n Mohi-
kan er- Häuptlingen Uncas
und Chingachgook - sowie
dem engli sch en Major Dun -
ca n Heyward au f. zwei Töch-
ter eines britis che n Generals
zu retten. Die sind in den Wir-
re n des Krieges m it den Fran-
zosen zwis chen die Fronten
ger aten und den blutrü nstigen
Hurone n des Häuptlings Ma-
gua in die Hände gefa llen.
Am End e einer dramati -
schen Verkettung von Ent-
führun gen. Überfallen und
 1 701 beende t ein
Frie-
de nsv ert rag vor
überg e-
hend den seit 16
89
schwe lenden Kri
eg de r
Eng lil nde r und Iro
ke -
sen gegen die Fra
n~
sen un d deren ind
iani-
sche ve round ete
. Der
Text de s Dokum
ents ist
französiSch vertaB
t.
die Hil up tli nge der
Abe-
naxi. der Alg on kin
un d
der anderen bet
e iligten
Slam me unt erz eic
hnen
ihn mit einem Bil
d ihrer
Jeweili gen rctem
OOCh die Ruhe ist re-
t'e
,,.. -, kurz:
Ein Jahr da nach
bricht
der Krieg wieder
aus

Verfolgungsja gden kön nen
di e vier xt änner Alice. eine
der beide n Töc hter. in Sicher-
he it bringen. Doc h Coru. die
ältere der zwei Schwestern.
sti rbt - ebe nso Uncu s. der im
Kampf um de ren Lebe n fallt.
Falkenuuge trauen um ihn
ge meins a m m it Chi nguch-
gook . e inem Häuptling ohne
Sohn und oh ne Volk - dem
..tetztenMohikaner".
Aber haben Magua.
Ch ingac hgook und l" ncas
wirklich ge lebt? Wer waren
die l ndia ne rstärnme. die de n
Briten so verheerende xie-
de rlage n zufügten? Wofür
haben sie gekäm pft? Und hat
106 GE O EPOCH[
es je ei nen .Jemen Mohika-
ner" gege ben?
z u jen er Zeit tobt überall
auf dem Globus de r erste
Welt krieg der Geschichte:
Briten und Franz ose n kämp -
fen gege neina nde r in Europa,
in Nordamerika. in de r Kari-
bik, in Indien. ja selbst in
Afrika. Für die Herrscher in
Lo ndon und Paris si nd die
Wä lder der Kolo nie X ew
York nur Xebenkriegsschau-
plätze - doch die xtenscben
dort kä mpfen um Alles od er
Nichts. Ob Indianer. tranzö-
sisc ber Pelzh ändle r oder eng-
lischer Ko lonist. jeder weiß :
Wer de n Krieg verliert. der
vertiert das La nd und muss
für immer von don ver-
sch.....inden.
Se it 150 Jahren ringen Eu-
ropas Mächte bere its um
d ie Vorherrschaft in Xord-
ame rika . Ho lländer. Sch we-
de n und Franzosen lockt vor
allem der Pelzhand el. Sie
tausche n bei de n Ind ianern
Gewehre. Pulver. Kugeln .
Eisenwerkzeuge. Tö pfe. De-
cken ode r Rum geg en Pelze
ein. die sie mit großen Ge-
wi nnen nach Europa sende n.
wo sie unter anderem zu mo -
dischen Hüte n verarbeite t
werden . Auch die Bri ten pro-
fitieren von d iesem Handel -
doch sie allein sind von
Anfang an auc h aggr ess ive
Kotomafisten. die nic ht nur
Handelspoeten. sondern in
großem Maßstab auc h Far-
me n und Städte gründen.
1689 wird das eu ropäische
Ringe n zum Zwe ika mpf:
Großbritannien und Frank -
reich führen einen verbiese-
ne n. nur gele gen tlic h von un-
sic heren Fried ensjah ren un-
terbrcc henen Krieg. Dabe i
geht es nicht mehr allein um
Nordamerika. son dern dar -
um. wer die vteere und damit
de n Zugang zu den wichtig-
sten Kolonien. also: wer die
Wel t beherrsc ht.
1757 ist dieser globale
Konfl ikt in seiner entschei-
de nden Phase. Die M ilitär-
masch inen von Lon don und
Paris sind hochgerüstet. In-
nerha lb de r nächsten 24 Mo-
nate wird sich entsche iden.
we lche Seite den Showd own
gewinnen wird .
Frankreich komrollie n mit
nur rund 50000 ~I ann Ost-
ka nada und das :'>Ii\si\sipp i·
Tal bis hinunter zur .\t ündung
- einen riesigen Halbboge n
durch Xordamerika. der die
britische n Ocrküs ren- Kolo-
men von Mame bis Geo rgla
umsch ließ t (s iehe Karte n Sei -
le 110 und Seite 178.)
Das Gebiet de r Engl änder
ist zwar viel klei ner. abe r un-
gleich dichte r besiedelt . Alle
25 Jahre verdoppelt sich d ie
Zahl britisch er Kolonisten
durch Gebu nen und Neuein-
wanderet. 1750 leben bereits
fast 1.3 ~ti1liOßen Menschen
in Londons ame rikan ischen
Ko lo nien. 1760 werde n e~
knapp 1.6 ~ lil lionen sein.
Die erste n britische n Sied -
ler. die tief er ins Land vor-
dri ngen. sind aber keines-
wegs die Vorhu t jenes woh l-
organisie rten und zynis ch
durchg efü hne n Rau b- und
Vernicht ungszug es. ats wel-
eher d ie ..Eroberung des Wes-
ten s" späte ren Genera tione n
erscheint. Ihr Misstraue n. ih-
re Brutalitä t geg enüber de n
Indianern ist oft nicht mehr
als die Fol ge nac kter Panik in
der riesigen. unü ber sicht li-
che n Wild nis.
Cooper schreibt:
Die l"f'rängstigten Kaloni-
Slm gloubl~n.. dass j~du
mndHoß aus den unendli-
eben U'lild~m des mw ens
den Kriegsruf der Wi/dm
mittrug. Der schreckliche
Charakter ihrer gfUwm/m m
Feinde erhöhte unendlich die
üblichen Schrecken der Krie-
ge. Kein Ohr in den Provinzen
war .fO tal/b. als dass es nicht
mit Eif er die Erzählung ir.
gendeines minerndchttichen
Mordes xernmkf'l1 htme. in
d('1l1'II dir Eingeborenen die
barbarischen Hauptdarsteller
waren. Kur:. der xroße Ein-
fluß der Angst zerst öne dir
(}berl~.~ll/Igen der Vem w!lf
und machte aus denen. die
sich ihrer Topferleeit hatten er-
mnem sollen: Sklaven ihrer
niede rsten Leidenschaften.
Doc h die Ind ianer sind
längst zwischen die Fronte n
de r Solda ten und Sied ler ge-
raten . Sie habe n keine C han-
ce mehr.auseigener Kraft ihr
Land zu verteidigen. Sie
müssen sich irge ndwie mit
den We ißen arrangieren. Die
Wahl sch eint leic ht zu fallen:
Auf eine n Fra nzos en kom-
men 17 Briten - und die Ab-
gesandten des Pariser Herr-
schers raube n ke in Land wie
die englischen Siedler. son-
dern hand eln nur mit Pelzen.
Tatsächl ich entscheiden
sich viele Stämme. etwa die
Huronen. für ein Bündnis mit
den ..Gr auröcken'', Andere
suche n ihr Heil bei den Briten
- und wieder andere sind zu
diese r Zeit bereits so schwach
und demoralisiert. dass sie
kau m noch zu strategischen
Entscheidunge n fähig sind.
Wie zum Beispiel die Mo-
h ikaner.
ommer 1757 im Tal des
S Oh io: Das Dorf der Lang-
häuser steht auf einem H ü-
gel. we nige Meter vorn Ufe r
eines kle inen Flusses ent-
fem t. Die vier Bauwerke,
jedes fast 30 Me ter lang, se-
he n aus wie übergroße. um-
gedrehte Kanus: Ju nge. eng
zusammengebundene Ba um-
stamme bilden die W änd e.
Platten aus Ulmenrinde das
Dach. Eine Palisa de umgibt
die Siedlung. davor lieg en
Felder. auf denen Mai s.
Bohnen. Kürbisse und So n-
nenblumen zwischen den
Stümpfen abgehackter Bäu -
me reifen.
Hier leben ru nd 100 India-
ner. Sie tragen Hemd. Leg-
gings und Mokassins aus
Hirschleder. deko riert mit
Perlmuttperlen und Stachel -
schweinborsten . Manche der
Männer und Fra uen sind täto-
wiert. sie trage n Nasenringe
aus getriebenem Silber. ihre
Bogen und Pfeife n sin d mit
Kupferornamenten verziert.
Frauen. Kinder und alte Man -
ner lasse n ihr Ha ar lang her-
unte rhängen : die Schädel de r
Krieger aber sind kahlrasiert
bis auf eine mit Feit hochge-
stellte Locke. in de r bei

~d
LAKE Gp l

.. 0/
Dieser Plan von 1 75 7 illustriert den Kampf um das britische Fort William Henry (oben am Seeufer) - ein e --
Schlüsse/szene auch im .Lederstr ump f•. Die Buchs taben A. B und C stehen für von den Engländern verteidigte Höhenzuge.
o für ein Lager vor der Fes te. Die Franzosen und Indianer komm en über den See, umgehen die Stellung, kf!Jmpfen
sich von Suden heran (E. F) und feuern mit Mörsern, bis die Verteidiger kapitulieren

Häuptlinge n eine Truthahn-
feder steck t.
Das Lebe n im Dorf wird
nicht vom Häuptling oder
den Kriegern bestimmt. son-
dern vo n den Frauen: Jedes
Langhaus un tersteht einer
Clan-Älteste n: verw andt mit-
einander ist, wer dieselben
weiblic he n Ahne n hat. Heira -
tet ein Mann . dann zieht er
ins Langhau s seiner Frau ,
nimmt aber viele Verpflich-
tunge n geg en über der Fa mi-
lie seiner Mutte r mit.
D ie Weiße n nenn en sie
,,~tahican" oder .. ~l o h i ka­
ner". sie selbst beze ichnen
sich als ,,:-'I uhhekunneuw" ,
.das Volk an dem großen
108 GEO EPOCHE
Wasser, das nie stillsreht".
Doc h längst kling t die ser Na-
me wie bitterer Hohn.
Ein st lebten die Mohikaner
tatsäc hlich am Hudson. ihrem
"gro ßen Wasser" , Um 1600
wohnt en dort mindestens
4500 Mensche n in 40 Dör-
fern. 1613 haben mehrere
Häuptl inge der Mohikaner ein
Abkommen mit niederländi-
sche n Pelzhändlern gesc hlos-
sen - der erste Vertrag, den die
Indianer Xordameri kus mit
Weißen eingegangen sind .
Doch innerhalb weniger
Jahrzehnte haben etliche
Kriege mit anderen Stämmen
- abe r auch mit den Weißen -
sow ie verheerende, von Eu-
ropuem eing eschleppte Seu-
chen wie Pocken ode r Typhus
die Mohikaner um meh r als
drei Viertel dezimiert.
Seit fast 100 Jah re n be reits
im der Stamm durchs Land :
Kleine Gru ppen sind nach
Kanada geflohen, andere
nach Massachusetrs. wieder
andere nach Pennsylvania.
Das Volk ist nun so zer-
spre ngt. dass die Mohik aner
nicht mehr gemei nsam han-
deln können, In ma nchen de r
Dörfer hungern die Men-
schen, wei l für den traditio -
ne llen Landbau die Zei t, das
Wissen. manchmal auch die
Kraft ver loren gegange n ist:
viele Krieger sind de m Alk o-
hol verfallen.
Einige christianisierte .\.-10-
hikaner leben in der Missi-
onssied lung Stockbridge in
Massaehesens. Sie stehen
loyal zu den Briten, obwohl
weiße Siedler be reits bego n-
nen haben, das letzte India-
nerland an sich zu reiß en . Ein
paar Hundert geflo hene Mo-
hikaner versuchen dagegen.
sich im Tal des Ohio. südlich
der Gro ßen Seen, Hund erte
von Meilen entfernt. ein neu-
es Leben aufz uba uen
Aber während die Mohik a-
ner zu Vertrieb enen herabge -
su nken sind . haben fünf an -
der e Stämme nicht nur ihre
Jagdgru nde verteidigt, son-
dern ihre Mac ht soga r ausge-
baut : zur Liga der Irokesen.
B ereits vor mehreren Jahr -
hunderten haben sich
die Stämm e der Moh awk.
Oneida. Onondaga. Caycga
und Senec a zusam me nge-
schlossen, zur .Konföderation
der fünf Rat sfeuer'' (später
werden als sechster Stam m
die Tuscarora aufgeno m-
men). Niemand weiß gena u,
wann die my thisch en Häupt-
linge Deganawida und Hia-
watha ihre bis dahi n verfein -
deten Stämme zum "Volk de r
Langhäuser" vereint haben ,
Es muss irgendwann zw i-
schen 14 00 und 1500 gewe-
sen sein .
Eine Legende der Iroke sen
berichtet vom letzt en Krieg
der Mohawk geg en di e Se ne-
ca. den eine Sonnenfinstern is
beendete. Sie war als über-
natürliches Friede nsze ichen
interpretiert wo rde n - und
trat zu je ner Ze it des Jahres
auf. als ..das Gros kn iehoch
stand". Die e inzige Sonnen-
finsternis im Früh som mer je-
ner fraglichen Epoc he aber
ere ignete sic h am 28. Juni
1451.
Mehr als dre i Jah rhunderte
\ "0[ Washington und Jeffer-
son haben die Irokesen dam it
die ersten " Vereinigten Staa-
ten von A meri ka " gegrü ndet.
Regelmäßig entse nden di e
12 000 Ange hörigen der fünf
Stämme 50 Häuptl inge in den
liga-Rat, der - eins ti mmig c-
über alle wichti gen Fragen zu
entscheiden hat. vor alle m
über Krieg und Frieden.
Xach außen treten die Iroke-
sen geschlossen und gu t or-
ganisiert auf , im Innem regelt
der Rat Konflikte , e he die zu
offenem Kamp fe skalieren.
Diese Eintracht macht die
Iro kesen mäc htig . Sie kon-
tro llieren 1757 d as schwer
zugängliche, von vielen Flüs -
sen durc hzoge ne, abe r für
Briten und Franzose n strate-
gisch gleichermaßen wichti-
ge Waldgebiet in der Kolonie
Xew York.
Alle sechs Stämme zusam-
men stellen nicht e inma l
2000 aktive Kriege r. doch die
sind so star k, dass die Weißen
lieber mit ihne n ve rhandeln
als gegen sie kämp fen. 1710
habe n gar dre i Mohawk an
Bord eines br itischen Sch if-
fes nac h Lo ndon segeln dür-
fen , wo sie von Königin
Anna persönlich empfa ngen
und beschenkt worden sind
(siehe Seite 129 ).
Denn im Kampf der Eu-
ropäer um L and und Pelze
haben sich die Irokesen fur die
Bri ten entschieden. Das Indi-
anervolk mit der straffsten
und effektivste n Organbat i-
on verbündet sich mit der
aggressivsten und weit aus
größten Gruppe der kolo-
nial en Eroberer - eine fast
unschl agbare Kombination.
Die Irokesen schützenXew
York und die anderen Xeu -
England- Kolonien vor einer
französischen Invasion aus
dem Norden. Kleinere Stäm-
me werden zwischen den Bri-
ten und Irokesen aufgerieben
und völl ig vernichtet.
D er Häuptl ing eines Stam-
mes. der zunächst vo n den
Irokesen besiegt und dann
von den Engländern um den
Rest seines Landes betrogen
wor den ist, beschwert sich
bei der Regierung der Kolo-
nie Pennsylvania. Daraufhin
herrscht ein Irokese ihn an:
..Wir haben euch erobert. Ihr
seid Frauen, weil wir euch LU
Frauen gemaehr haben. Gebt
den An spruch auf eure alle n
Länder auf und geht nach
Westen. Versucht niemals
wi eder. Land zu verkaufen.
Jetzt verschwindet von hier "
Doch längst nicht all e
Stämme des Xordostens sind
so zerspl ittert wie die vtcöi-
kaner oder so gedemütigt.
dass sie sich widerstandlo s
von den I rokesen beschimp-
fen und von den Engländern
vertrei ben lassen.
Die Huronen. die beson-
ders unter den Kriegszügen
der Irokesen leiden müssen.
die Ouawa, Sauk. Fox und
viele andere stell en sich auf
die Seite der Franzosen. Sie
sind M eister im Guerill akrieg
der großen Wälder. Alle i n im
Ohio-Tal sterben zw ischen
1755 und 1758 mehr als 2500
britische K olonisten: 600
weitere werden vo n Indianern
gefangen genommen. (Die
Regierungen der K olonien
Pennsylvania und xew Jersey
reagieren darauf mit einer Be-
lohnung für j eden Indian er-
skalp. der ihnen abgelie fert
wird.) Nach dem Fall von
Fon Wil li am H enry scheint
für die Franzosen nun der
Weg frei zu sein. um sowohl
in die Kolonie Xew York als
auch im; Kernland der Irokc-
scn einzufallen .
~ .h J; .e .1iJVliJ
~">e .fj .e .l=:
? 9 ,? ) - - '.;.- . 7_
? .;.>}~ ", ..~..;. ~ ~
~ '· ~' t ~ t t l.' ~
f';:E< ['1' .1:'
Doch dann. i m Wi nter Weißen seine entscheidende
1757/58. zieh! der Tod ein in Wendung nimmt: 1758 ro stet
die D örfer der Irokesen, der London neue Rot ten und Ex-
Mohikaner und der anderen ped itionsarmeen aus. die über
Stämme. Wieder einmal. wie den A tlantik gesendet wer-
schon mehrf ach in den ver- den. Ein Jahr später erohen
gangeneu Jahrzehnten. wüten ein e britisch e Flotte Quebec.
die Pocken unter den I ndi a- Frankreichs wichtigst e Fes-
nern. In den La nghäusern l ie- tung in Xordamerika.
gen viele Männer. Frauen Von diesem Schl ag können
und Kinde r im Sterben. sich die Grauröcke nicht
Der Wider stand der India- mehr erholen. Sie sin d zah-
ner in dieser Region bric ht lenmäßig hoffnu ngslos unter-
genau zu dem Zeitpunkt 7.U- legen. ihre indianischen Ver-
summen. als der K rieg der bündeten siechen dahin - und
-
Die Franzosen doku- Hirsch-Monde s
m enti eren scho n früh Juli (B) losge schickt.
die Zeichen-Sprache der Die Männ er waren 21
Indianer. Eine Skizze Tage mit dem Kanu (C)
von 1666 kopie rt Pikto- sow ie sieben Tage zu
gramme. die Irokes en in Fuß unter wegs (D). Nach
Bäume ritzten (oben ). weiteren drei ragesmär-
Die Schildkröt e mit dem sehe n haben sie aus
Tomahawk im Bild obe n Richtung der aufgehen-
links soll anzeigen . den Sonne ein Irokesen-
dass Männer des Dorf (E) erreicht. 120
Schildkröten-Clans auf Männer wurden von dem
Kriegspfad sind . 17 0 3 Angriff überrascht (F). Elf
gibt ein Chronist mit er- Irokesen werden getö-
gener Hand Nach richte n tet. 50 gerangengenom-
~ wieder, die Indianer ge- m en (G). Die Angreife r
zeichnet hatt en und bek lagen neun Tote und
die von einem französ i- zwörtverwu ndete (H).
schen Feldzug handeln Der Kampf war auf be i-
(links). Danach hat den Seiten heftig (I), die
Frankreich 18 0 Solde- Irokesen flo hen oder
ten (A) aus Montr ea! im zogen sich kämpfend
ersten Viertel des zurück (K)
nun sind ste auch noch von
ihren Nac hschublinien aus
Euro pa abgeschnitten. denn
nach de m Fall Quebecs gibt
es kei nen Hafen mehr. den
französisc he Schiffe noch
sicher anlaufe n kö nnten .
Vier Jahre später ist der
Kri eg entsc hieden. Loridon
hat ges iegt. Bis auf die Spani-
er. di e mit ei nigen schwachen
Militärstationen noch Gebie -
te im Süden des Ha lbkonti-
nents halte n. stehe n keine eu-
ropä isc hen Riva len mehr ge -
gen die bri ti schen Kolo nisten
in Nordameri ka.
Die Mohikaner und ande re
kle ine Stämme sind du rch
Auf dieser im Original über fünf Quadratmeter groBen Karte von 1 733 sind
Englands Kolonien rot eingefärbt. Die Zahl der dor t lebenden Weißen - zu dieser Zeit
rund e ine Million - übertrifft schon bald darauf die all er Indianer Nordamerikas
den Krieg und die Seuc hen
so gesc hwächt. das, sie den
inS O hio-Tal strömenden
Siedlern nichts mehr entg e-
gensetze n können. Sie wer-
den auf wen ige Reservate
zu sammengedrängt ode r we i-
tcr nach Westen getrieben,
ins heutige Wisconsin und
nach Kansas
Die Iro kesen stehen zwa r
auf Seite der Gewinne r. doch
sie sind für die we ißen Sie ger
nicht nur als Hilfstnippe n
überflü ssig. sondern gerade-
zu lästig geworden. 1770 le-
ben be reits knapp 2.15 Mil-
ho nen We iße in den Koloni-
en - sie sind den Irokesen da-
mit an Zahl rund tausendfach
überl egen.
Trotzdem kann sich die
Iro kesen-Liga noc h einige
Jahre halten. Doch als 1775
der amerlk anische Unabhän-
gigkeitskrieg aus bricht. sind
die Stämme uneins: Einige
Häupt linge bleiben neu tral.
andere unterstütze n die Bri-
ten. wieder andere sympath i-
sieren mit den Ameri ka nern -
verlieren werde n sie alle.
Soldaten der Unabhä ngig -
keirs partei vertreiben sie au s
ihrem Land. Am Ende de s
Krieges 1783. sind de m ei nst
mächtigsten Bund in der Ge-
sc hichte der India nervölker
Xordame rikas nur wenige
Reservate in Kanada und den
CSA gebliebe n.
A l'i sich James Fe nimore
Cooper knapp 70 Jahre
später daranmach t. die Ge-
schichte des .Frcnc h und In-
dian War" litera risch lU verar-
beite n. ist nicht nu r mancher
Stamm ausgelöscht. sondern
auc h fastjede Erinneru ng. Be-
denkenlos kann der Autor
desh alb Name n und Episoden
durcheinande rwe rfe n.
Die Huronen des .Jcrztcn
Mohikaners" sind bei ihm
nicht - wie in der Realität -
vers pren gte Flüchtlinge . son -
dern die nahezu allmächtigen
Herre n der Wälder an der
Gren ze zu Kanada : dafür
komm en ausgerec hnet die
Irokesen in Coopers Roman
nicht vor. Einen Häuptling
numens Uncas hat es zwar
tatsächlich gegeben. doch leb-
te der von 1605 bis 1682 in
Connecticut und nicht um
1750 in xew York: er war
auch kein Mohik aner (eng-
lisch .~'>1ahi("(/n " ). sondern
ein;'vfohe.\lan.
Doch trotz alle r verfal-
schungen und Klischees: Als
erster Schriftsteller präsennen
Cooper mit den Häuptlingen
Ching achgook lind uncas
zwe i Indianer. die nich t allein
schon wegen ihrer Herkunft
blutrünstig und •.unzivilisicr-
bar" sind. Er beklagt den Xie-
derecnc ihrer Kullur und setzt
dcn~ Vtilkcm des Nordosten
ein - wenn auch histo risch
unkorrektes - literari sche s
Denk mal.
Die ollgemeine Allf merk-
samkeit richtete sich wiede r
auf Chingachgook. 211m er-
Hell xtat wäh rend der ton-
gen Begrdbnis -eremonienwar
seine Stimme ilar :u vemeh-
//leI/.
.. Warum (rauem meine
Brüder: " sagte er und blickte

ollf die dU/IUe Gruppe der
verlasse nen Krieger. die ihn
umstanden. " Wa rulII weinen
meine Tochter! Weil ein j un -
ger Ma nn in die ewigen Jagd-
gründe eil/gegangen ist: weil
ein Häuptling seine Ze it eh-
renvoll ge lebt hal .1 Er war
gilt: er war pflichthell'llßt : er
war tapf er. Manitu bratecht
solche Krieger. und er hat ihn
abberufen. Doch ich. der
Sohnund der Hl/ er eines Un-
cas. ich bin eine verbra nnte
Kief er in der Licht ung, die
die We{ßen geschlagen ha-
ben. Me in Volk ist von den
Ufern de s g roß en Sa lzsees
versenwunden und I' (}/! de n
Hügeln der Dela wa re, Ich
bin allein:'
(:·\PI'IIU, REGIO:\, US-\
Hrgini a * Washin gtoll. UC * \lClQland
Erleben Sie lebendige Gcsctncntc!
So klagt Chingachgook.
der letzte seines Stammes. am
Grabe seines toten Sohnes Besuchen Sie Vrratn!a. Xlarvlu nd li nd die
Uncas. Doch auch diese Sze- Hauptstadt \Vas h in~t on , DC - die Region mit
ne. mit der Coo per seinen der medtterruncn Gelassenheit dem reichen
Buchtitel begründet. ist histo- Kulturerbe einer jungen 'vatlon und dem unver-
risch nicht zu halten: Die we-
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Mohikaners'; 0
Für den Journal'Sllln Leo Philip w al
die Arbeit an dieser historisch..., Re-
portage eine WiederbegegnllIlQ mrt Virginia* Woshington,DC* Maryland
dem lede'51rumpf. dessen Abenteuef
ihn als Kind gefesselt hatten. Capiul Region USA
Newell C. Wy..th (1682-1945). e.ner
der bekanntesten Buchkunstler der CRUSA, Abt. Go. Sporthallenst r, 7. 64850 scnaamem
USA, schuf ce lIIustratjonet1 zum
. Letzten ~oni i<aIler· im JaI1ra 1919.
G EOEP OCHE 111
 INDIANERINNE

Bei vielen indianischenVölke

SPINNENFRAU
ausgedrückt hat: ,.Es ist wich-
tig. gut zu den Frauen zu sein
in der Blüte unsere r Mannes-
jahre, weil wir am Anfang wie
am Ende unseres Lebens unter
ihren Händen sitze n."
Der Mann hatte für Jagd-
Sie warendie HüterinnenderHerdfeuer, derMythen und Bräuche. Doch beute und Schutz zu sorgen.
die Frau den Haushalt zu orga-
mitunter gingen sie auch auf die Jagd, logen gegen den Feind und nisieren. die Felder zu bestel-
len ode r Frücht e und Beeren
sammelten Skalpe. Andere berieten mit über Krieg oder Frieden und zu sammel n. Bei den Stäm-
men der Großen Ebenen zer-
setzten unfähige Häuptlinge ab. Und einige gönnten sich ein lockeres legten Fraue n die Bisons.
präparierten die Häute, aus de-
Liebesleben oder verwetteten beim Glückspiel Hausrat und Schmuck nen sie die Tipis zuschnitten
und Kleider sowie Mokassins
fertigten. Bei den Navaj c
sch oren sie die Schafe. die ih-
VON HARAlD EGGEaRECIfT die sie in ihren ..grausamen" Ojibwa oder in den Wüsten nen gehörten. versponnen die
Bräuchen und ihrem Denken des Südwestens wie die Apa- w elle und webten prachtvolle
ie meistenWeißen

D
sahen die ~Iu...tter
undEhefrauen stul-
zeT Jäger und Krie-
ger als unterdrück-
te Wesen: Sie gebaren deren
Kinder. zogen sie groß. sie
kochten für ihre Herren und
warenihnensklavischzu Dien-
sten, mussten Vielweibereidul-
den und hatten nichts zu sagen .
Besuchten Europäer ein
Dorf. dann nahmen sie Frauen.
wenn überhaupt nur von fern
wah r. wie sie zwischen den Ti-
pis hin - und herhuschten. auf
den Feldern schufteten oder
hochbepackt als menschliche
Traget iere hinter den Pferden
hertroneten, auf dene n die
Männer ntren. . der ganzen Gruppe - moch ten
Und galten den Weißen
schon die männlichen Indianer
nur als heidnische Barbaren.
kaum verstehen wollten - wie
schemenhaft und fremd muss
ihnen dann erst der Alltag in-
dianischer Frauen vorgekom-
men sein. Tatsächlich war de-
ren Leben voller Mühsal und
Plackerei. aber doch ganz an-
ders strukturiert und respek -
tiert. als die patriarchalisch ge-
prägten Weißen zu erkennen
meinten.
Bei den Indianern bildeten
die Frauen die Basis der Fa-
milie, sorg ten für deren Zu-
sammenhalt und bewahrten
die kulturelle Tradition des
Volkes. Sie bestimmten Ein-
teilung und Erledigung ihrer
Arbeiten selber und redeten mit
in den politischen Belange n
diese nun unter den Bedingun-
gen der Wälder nördlich der
Großen Seen leben wie die
che, in den Langhäusern der
Irokesen-Stämme im Nord-
osten oder in den Subtropen
von Floride wie die Sem inole.
Insgesamt herrschte auf
dem riesigen Kontinent. je
nach Volk und Lebensumstän-
den unterschiedlich, ein fein
austariertes Verhältnis zwi-
schen der Märmer- und der
Frau enwen. die gleichwohl
deutlich voneinander getrennt
waren. Männer suchten nor-
malerweise die Gesellsc haft
ihrer Geschlechtsgenossen, mit
denen sie sich unterhielten und
ihre Alltagsangelegenheiten
erledigten. Und ebenso benah -
men sich die Fraue n. Selbs t
gegessen wurde bei manchen
Stämmen separat.
Dennoch galt. was der 92-
jährige Sioux He Dog gegen-
über einer Anthropologi n SO
Decken und Teppiche daraus.
Trotz des unablässigen Ar-
beitsdrucks fanden die Frauen
Zeit fiir Sport - etwa Schwim-
men. Reiten oder Lacrosse, ein
Spiel, das dem Hockey ähnelt
und bei vielen Völkern des
Ostens sehr beliebt war. Man-
che Frauen verfie len dem Wür-
fel- und andere n Glü cksspielen
so sehr, dass sie ihre Kleider.
ihren Schmuck und sogar ihren
Hausrat verwetteten.
Das Frauendasein begann
mit dem Einsetzen der Periode.
Schon während der Kindheit -
bei den India nern wurden
Heranwachsende nicht ge-
schlagen - führten die Er-
wachsenen ihren Nachwuchs
behutsam an dessen späteren
Aufgaben heran . begleiteten
die M ädchen ihre Müller. Tan-
ten und Schwestern beim Bee-
warendie Frauen keineswegs die ergebenenDienerinnenihrer Männer
rensam meln. Wurzelngraben.
wasser-und BrennholzboIen.
~lil der ersten Menstrualion
wurde es ernst. Wegen der als
geflihrlich eingeschätzten Kräf-
te seines Blutes hatte das Mäd-
chen sich abzusondern;Es zog
sich in eine kleine Hüne außer-
halb des Dorfes oder in ein
eigenes Zelt zurück. Ältere
Frauen. etwa die Mutter oder
Großmutter, bereiteten die
Heranwachsende während der
Isolation auf ihre künftige
Rolle '-01". Danach galt das
),1ädchcn als Frau: es konnte
heiraten. Kinderbekommen. er·
nähren und aufziehenund '-011-
gültiges Mitglied der Gemein-
schaft sein. Aber auch später
musste sichjede Fraujeden),10-
nat zur lL it der ),Iensuuation
füreinigeTage zurückziehen.
.Kinaaldä" nennen die Xa-
vajoauchheutenocheinevier-
Vorratshaftung: Cheyenne-Frauen troc knen Fleisch und Wurste in der Sonne
tägige Zeremonie.mit der der
Dbergang vom Mädchen zur
Fraugefeiertwird. Wichtigster
Teil des Rituals ist das Backen
eines großen Kuchens: Das
Mädchen mahh drei Tage lang
Mais. den die Verwandtenher-
beigebracht haben.Am vierten
Tag wird aus dem Teig ein Ku-
chen geformt und dann in ei-
nem Erdofen gebacken.
Währenddessen stimmt man
unter Leimag eines Sängers
rituelle Lieder an. und alle
Teilnehmer müssen die S acht
über wach bleiben. damit das
Mädchen von L'" ngltick ver-
schont bleibt. Am nächsten
Morgen verteilt die Jungfrau
dann den Kuchen an alle. Die-
sesFest soll die Initantin stark,
fleißig und fruchtbar machen.
Außerdem festigt es die Zu-
sammengehörigkeitder Dorf-
gemein sehen .
Zuneigung und Liebe der
Partner zueinander waren bei
einer Heirat nicht notwendig.
allerdings auch nicht hinder-
lieh. Eltern oder auch Brüder
beeilten sich - schon wegen
des verbreiteten Prinzips der
vorehelichen Keuschheil -.
die Tochter oder Schwester
rasch zu vermählen. Häufig
verabredeten Familien schon
Hochzeitsk leid:
Eine Wishram-Braut
aus dem Nordwest en
trägt das Vermögen
ihrer Familie an Hals
und Nase. Muschel·
und Schneck ensc hale n
waren die Währung
ihres Stammes
frühzeitigEhen. die darauf ab-
zielten, Besitz. Sicherheil und
gesellschaftliche Reputation
aufbeiden Seite n zu mehren.
DerHJreheliche Umgang der
Geschlechler miteinandervan-
ierte dagegen starlr. unter den
Völkern. Soprahlten Huronen-
mädchengeradezumit der Zahl
ihrer Liebhaber. ebenso die
Natcbez am unteren ~1i ssi ssip­
pi. Die Apachehieltendagegen
auf strenge Moral. bei ihnen
gab es .Ans tandsdamen", die
die Jungfrauen im Auge behiel-
ten und jeglichen Kontakt zu
jungen Männem unterbanden.
Bei manchen Völker war
jungen Unverheirateten sogar
das Reden mit Mannern verbo-
ten. wie der Autobiografie ei-
ner Frau vom Stamme der Fox
zu entnehmen iSI. Sie hatte
trotzdem mit einem jungen
Mann einige Wone gewech-
selt. weil sie ihn liebte. Die
Ellern aber hielten den Auser-
wählten für einen Tunichtgut.
wie es dessen Vater war - und
harten ihre Tochter schon seit
langem einem anderen ver-
GEOEPOCHE 113
 Wollten dieFrauen derIrokesen keinenKrieg, ließen sieihre Männe
sprochen. Nach zähem Ringen
gab die Iv-Jährige nach und
heiratete, wie die Eltern es
wollten. ,,Aber ich konnte nicht
aufhören. an den anderen zu
denken, denn er war es. den ich
liebte." Fünf Jahre nach dem
Tod ihrer Mutter trennte sie
sich von ihre m Ehemann und
heiratete ihren Geliebten.
Zu Scheidungen kam es
häufig - wohl weil viele der
vorab arrang ierten Ehen miss-
rieten. Wohnte die Indianerin
mit ihrem Gatten bei derFami-
lie ihrer Mutter, brauchte sieoft
nur dessen Siebensachen vor
die Tür zu stellen, um ihn los-
zuwerden. Danach konnte sie
erneut heiraten. Wohnte sie bei
der Familie ihres Mannes,
konnte sie dessen Behausung
verlassen, womöglich mit den
Kindern, und zu ihren Ehern
zurückkehren.
Signal: Eine Hopi-
Frau frisi ert ein jun-
ges Mädchen. An
den kuns tvoll hoch-
geflochtenen Haaren
ist zu erkennen,
dass es noch unver-
heiratet ist
Den Eheschließungen gin-
gen Werbungen voraus;häufig
musste ein Brautpreis gezahlt
werden. Je höher dieser war,
umso größer die Ehre für sie
und ihre verwandten. Mancher
Häuptling oder besonders gute
Jäger hatte mehrere Frauen,
doch waren dem männlichen
Egoismus bei solcher Polyga-
mie Grenzen gesetzt: Die Erst-
frau musste zuvor um Erlaub--
nis gebeten werden, diese
blieb Chefin des Hauses und
tat sich mit der Zustimmung
oft leicht, weil nun die Hausar-
beir auf mehrere Arme verteih
werden konnte.
Alle Indianerinnen waren
religiös und spirituell geprägt.
Bei den Navajo sahen sie sich
als "Töchter der Spinnenfrau"
- als Erbinnen der Kunst jener
Göttin, die das Spinnen und
Weben in die Welt gebracht hat.
Während die Zeremonialtänze
der Männer Jagd- und Kriegs-
glück beschworen. dienten d ie
Rituale der Frauen und ihrer
geheime n Gesellschaften der
Fruchtbarkeit des Bodens und
der Sorge um die Ernährung.
Im Alter angesehene
Heilerinnen
Die .,Weiße-Bisonkuh-Frau-
en'' bei den Mandan und Hidat-
sa in den Großen Ebenen such-
ten mit rituellen Tänzen, die
Bisonherden anzulocken. Da-
bei ahmten sie unter Masken
die Bewegungen der Herden-
tiere nach. Und die .Gansge-
sellschafr' zelebrier te Rituale,
die das Gedeihen von Getreide
und Früchten fördern sollten.
Bei den Irokesen und ande-
ren Völkern des Nordostens
hauen die Frauen, über die
stets die Na mens- und Erb-
schaftslinie n liefen, Einfluss
auf alle sozialen und politi-
schen Entschei dungen. 1724
schrieb der französische Jesui-
tenpater Joseph F. Lafitau:
.Nichts jedoch ist wirklicher
als die Überlegenheit der
Frauen. Sie bilden eigentlich
die Nation; nur durch sie fin-
den Blutsadel. Stammbaum
und Familie ihre Kontinuität.
Bei ihnen liegt alle wahre Au-
torität. Das Land, die Felder
und die Ernten gehören ihnen.
Sie sind die Seelen der Rats-
versammlung, Schiedsrichte-
rinnen in Krieg und Frieden.
Sie verfügen über den öffentli-
chen Schatz. Ihnen werden die
Sklaven zugeteilt."
Im traditionellen Langhaus
herrschten die Matronen; sie
konnten die Häuptlinge be-
stimmen . Versagte einer, wur-
de er nach meh rfacher Ver-
warnung abgesetzt. Zu den
Ratsversammlungen waren die
Frauen zwar nicht zugelassen,
doch nahmen sie indirekt Ein-
fluss - durch einen von ihnen
gewäh lten Sprecher. Da sie
die wirtschaftlichen Verhält-
nisse des Stammes bis zur
Verteilung der Lebensmittel
einschließlic h der von den
Männem erjagten und gefisc h-
ten Tiere zu organisieren hat-
ten, auch den Proviant für
Kriegszüge, konnten sie die
Austeilung von Mais und Mo-
kassins verweigern. wenn sie
gegen eine n Krieg waren.
Die Menopause bedeutete
die Befreiung von Schwanger-
nicht an dieVorräte
schaft. Kindererziehung und
Menstruationstabus. Jetztkonn-
ten manche Frauen ..Medi zin-
trau" werden, denn die Heil-
kräfte der Pflanzen konnten
nunnichtmehrdurchihre Mo-
natsblutungen als gefährdet
gelten. Ältere Frauen trugen
auchdie Verantwortung für die
Trauerfeiern. Sie waren zu-
ständig für Klagegeschrei und
Gesänge. besuchtendie Gräber
undsonstigen Bestattungsorte.
Wenn die letzte Stunde ei-
ner Indianerin nahte. wurde
sie in vielen Stämmen ange-
kleidet. bemalt und sogar be-
reits zur Bestattung hergerich-
tet. Sie starb nicht allein. Bei
den Omaha ermutigten die
Trauemden die Sterbende auf
ihrem Pfad ins Jenseits: .Du
stehst im Begriff. zu den Bi-
sons zu gehen. Du wirst zu un-
seren Vorfahren heimkehren.
Du wirst zu den vier Winden
gehen . Sei stark!" Dan n wu rde
sle begraben: oft tötete man
ihr Lieblingspferd und hangte
den Schweif am Grab auf.
Die Choc ktaw im Süden
legten die Leiche auf ein Ta-
tengerüst. Nachdem dann de r
Leichnam verwest war , rief
man die Knoc hensammler. die
mit ihren Fingernägeln die Ge-
beine säu berten und dann her-
abreic hten. Das Gerüst und
sonstige Relikte wurde n ver-
brannt, die Knoc hen in einen
Sarg gelegt und in einem Bein-
haus beigesetzt.
Die Lebe nsbahnen der
Frauen waren gesellschaftlich
fixiert. und doch wurden sie
·4 -
Familienleben; Frauen und Kinder der SeminoJe in einer offenen Hütte
häufig du rchbrechen. Wer ei-
nen Weißen heiratete - de r
Stammesdiplomatie halber,
vielleicht auch aus Liebe -
und diese besondere Stellung
zur Vennittlung zwischen den
Kult uren nutzte. konnte auf
beiden Seiten geachtet und
berühmt werden . etwa die
Creek Cousaponokeesa (d ie
Weiße n nannten sie Mary
M usgrove ). die Mohawk De-
gonwadonti (Molly Bram),
oder die Cherokee Nanyehi
(Nancy Ward).
Das Ged ächtnis ih re r Welt
Manche Frauen stießen so-
gar in klassische Männerdomä-
nen vor, gingen auf die Jagd
oder zogen in den Krieg. Bei
den Ojibwa etw a griffe n die
Frauen. wenn der Mann krank.
faul. abwesend oder tot war,
selbst zur Jagdwaffe: schon
junge Mädchen begleiteten ih-
re Väter auf der Pirsc h.
Bei den Sioux nahmen
manche Frauen an der Bison-
jagd teil. nahmen aktiv am
Krieg teil. töteten und skal-
pierten sogar Feinde. Bei den
Cherokee wurden Kriegerin-
ne n in einen Frauenrat ge-
wählt. konnten über Krieg und
Frieden mitreden und übe r
das Schicksal von Gefange-
nen mitbestimmen . Und 1..0-
zen. die Schwester eines
berühmten Anführers de r Chi -
ricahua-Apache, gal t als beste
Reiterin. Lassowerfenn und
Pferderäuberin ihres St am-
mes : sie wurde als Späherin
ausgeschickt und als talen tier -
te Strategin mit zum Kriegsrat
gebeten.
Durch den Siegeszug des
Weißen Mannes verloren die
ind ian ischen Völ ker mit ih-
rem Land . den Bisons, den
Begräbnisstätten schließlich
auch ihre soziale Identität. In
de n Reservaten, die vielfach
Internierungslagern glichen,
' ",.
• .~ ... .
hallen Jagd und Krieg keine
Bedeutung mehr. Womit hät-
ten die Männer nun Ruhm und
Ehre gewinnen kön nen? Alko-
holismus. Arbe itslosigkeit und
Kriminalität begannen un ter
den Kriegern vo n einst zu
grassieren (und grassie ren bis
in die Gegenwart ).
Anders d ie Frauen. Sie
mussten we iter den Haus-
halt führen. die Kinder auf-
ziehen. ihre Familie zusam-
me nhalten. Deshalb gelle n
gerade sie heu te als das Ge -
dächtnis der indian ischen
wett. als diejenige n. die die
Sprachen. Ritu ale und Tradi-
tionen ihre r Ahnen bewahrt
haben: stolze Hüterinnen des
Glaubens. des Selbstbewusst-
sei ns und der Kraft indiani-
scher Kulturen. 0
Dr. Ha ra ld Eggebrecht, 54. war
schon als Kind l>eberIndianer als Cow·
boy und beschä lt igte sich in se;nef
DIssertation m~ dem Aben teuetToman
im 19. Jahrhundert. unte r anderem
am Beisp iel J. f': Coopers, Er lebt als
freier Pubfrz;st in Miineneo.
GEOEPOCHE 115
Biso
 "
VON AND REAS WEN DEROTH;
ZEICH NUNGE N KARLBOOM ER
D
Winter des J.ahres
1833 Ist um Ober -
lauf des :\1 I SS0 U-
n außergewöh nlich
streng. Au f dem
Fluss lieg! e ine dicke Eis-
schiehr. Die Konturen von
Fon Clark an seinem wes tli-
chen Ufer verschwinden fast
im Weiß eines Schneesturms.
An einem Tag im Novem-
ber machen sich im Fort zwei
Männer auf. um ein Indianer-
volk zu bes uche n. Sie tragen
eur opäische Reisekleidung
mit hohe n Hüten und Gam a-
sche n. Ihr Ziel : das Dorf Mih-
Tutta-Hangk usch. nicht weit
vom Fort entfernt. Hier leben
in 65 kuppelfö rmig en. zur
Winter szeit halb unter dem
Sc hnee verborgenen Häusern
etwa 950 Menschen vom Volk
der Mandan.
Die beiden bärtigen An-
kömm linge werden freu ndlich
emp fangen und zu einer der
Behau sung en geführt , Drin-
nen ist es verqualmt. abe r er-
trägl ich wann, Der Raum ist
gege n die kalte Winterl uft mit
Bären-. Bison- und Hirschfel-
len ausgek leidet. An einer
Seite sind mehrere Pferde an-
geb unden
Rund 15 Frauen. Männer
und Kinder hocken in dem
Erd haus und blicken die Be-
sucher neugie rig an. Über den
jüngeren der beiden Weißen
haben sie von benachbarten
Stä mmen bereits Wunderdin-
ge ge hört.
.Du kannst sehr richtig
schr eiben" . lohen sie ihn . Es
ist ihre Umsch reib ung für ein
Talent des Weißen, für das es
in ihrer Spra che kein passen-
des we rt gibt. Der Bärt ige
ist Zeichner: mit dem "sehr
richtigen Schreiben" meinen
die Ind ianer seine Bilder und
Skizzen mit Bleistift und Was-
serfarbe. die sie bewundern -
und wohl auch fürchten. Denn
seine Porträt s, haben sie ge-
hört. solle n gefä hrlich e magi-
sche Wirkung haben .
Der Schöpfer de r wunder-
samen Bilder ist ein 24-jäh-
riger. aus Züric h stammender
Maler : Karl Bodmer. Vor
einem Jahr hat der ju nge
Schweizer im Rheinland den
dam als 50-jährigen Prtvatge-
lehn en AlexanderMaximilian
Prinz zu Wied-Neuwied ge-
troffen. Durch Alexander von
Humboldt inspiriert, ber eitete
sich dieser nach einer Brasi-
lienreis e nun auf eine Xord-
arnerika-Expedinon vor - und
suchte gerade einen Zei chner.
der die Reise dokumentie-
ren solle. Das Werk m it dem
Titel ..Reise in das Innere
Xor ö-America''. das die bei-
den 1839 herausbringen wer-
de n. gilt heute noch als grü nd-
lichs te frühe eth nograph ische
Studie über die Indianer am
obe ren Missouri.
Am 10. April 1833 haben
die beiden Europäe r in St.
Louis das Dampfschiff .Yel-
low Stolle " bestiegen. um
den Missouri flussaufwärts
zu erk unden. Vier Mona te
später erre ichen sie Fort
xracxenzteim heut igen Mo n-
rana. Während sie dort ftir
mehrere Wochen Rast ma-
che n, komm t es unmittelbar
vor dem Fort zu einer blutige n
Schlacht dreier mitein ander
verfein derer Indianerstämme
- der Assiniboin. der Cree und
der Bleckfoot - mit Dutzen -
den HlO Toten . Der Prinz ist
so schockiert , dass er auf
die Durchquerung der Rock y
Mounteins verzichtet und
umz ukehren besc hließ t.
Für Karl Bodmer. der bis
dahin wegen deren Ang st vor
de m bösen Zauber nur wen ige
Indianer porträtieren konnt e.
ist die Schlach t indes ein
Glücksfall : Ein alter .\l ann
Magische Symbole
sollten bei den Assiniboin
die Bisons locken
narnens Pioch-Kiaiu . den er
kurz zuvor dennoch hat skiz-
zieren dür fen. zählt zu den
weni gen unv erletzten Üterle-
benden der unterlegenen
Bleckfoot. Des halb werden
Bodmerv Zeichnungen nun
günsti ge Kräfte zugespro-
che n. und d ie Ind ianer stelle n
sich ihm jetzt bereitwillig als
.\l odel1e zur Verfügung.
Bodmet fertig t Hunderte
von Skizzen an. ze ichnet Krie-
ger und Frauen• Medizinman-
ner und Kinder - \'or allem
Angehörige der Ponca. Hi-
datsa und Asstniboin . Genau.
detai lverlie bt und ohne ro-
mantisc he Verkläru ng hält er
Bisonherde n in weiten Gras-
landsc haften fest. reißen de
Flüsse. heilige Stätren und
Baumgräber. Tipis und Dör-
fer. Alltagsgege nstä nde wie
Pfeifen und Tomahawks. :\10-
kassins und Sc hneeschuhe.
Schilde und Fede rsch muck .
Als der Winter kommt. be-
sch ließ en die beide n Europä-
er. einige Zeit bei den Mandan
zu verbringen : Der Prinz will
eine Grammatik ihrer Sprache
zusa mmenstellen.
Die Weißen und ihr kanadi -
scher Dolmetscher verbrin gen
viele lange Aben de am Feuer
und lassen sich vom Leben
der Mandan erz ählen. Sie er-
GEO EPOCHE 125
fahren. dass uns ichtbare
Grenzen das Dorf tren nen :
Der Stamm ixt in zwe i Grup-
pen geteilt. deren eine aus
LV.ei und dere n andere aus
drei C lans be sieht. Heira ten
sjnd nur jen-eus der unsicht-
baren Trennlinieerlaubt.
Wie andere Plains-Völker
auch. habe n die Mandan feste
Regeln für Alltag und Feier-
tag . Jedem ist ein e feste Rolle
in der Gesellsch aft zuge-
v. ie-en. Maxi milian schre ibt:
..Streiugkeuen habe ich nie
unter ihne n bemerkt. wohl
aber weit mehr Einigkeit und
Ruhe als in unsere m l ivili-
vierten Europa. --
Viel weiß de r Prinz auch
über das Verhältnis von Mann
und Frau zu berichten: ..Sprö-
digkeit ist nicht die Tugend
der indianischen Weiber: oft
haben sie zwei. dre i und mehr
Liebhaber: '
en d andererseits: ..Es ist
eine Hauptbeschäftigung de r
jungen Männer, be i den ~ Iäd ­
eben und We ibern ihr Glüc k
zu versuchen. und dies füll l
auße r dem Putz den größten
Teil ihrer Zeit aus. Sie haben
eine besonders merkwürdige
An . ihre Groß taten in diesem
Feld zur Scha u zu tragen. Sie
suchen mit der Zah l ihrer Er -
oberungen LU glän zen und
mark iere n die Anzahl der be -
siegten Schönen durch BUn-
de! von gesc hälten. an de r
Spitze rot ge malten Weiden -
rute n. und hier zeigt jedes
e inze lne Rütche n e ine Hel-
dentat an: '
Manche ~ l än n er nehmen
sich bis zu ach t Ehef rauen -
verausgesetzt. die sind einve r-
stande n. Auf unverheiratete
Sch wes tern ihrer Frauen ge-
winne n ..ie auch eine An Vor - zeicnnet : eine Keule in Form eew öhnljche Bisonfelle wen
emes Gewehrkoloens mit Stahl- e .
kaufs recht So ko mmt es vor. klinge. ein Koptschmuck aus !sI J.emand abe r tatsäe blich m
da" ein Mandan sich eine Hirschhaar mit Adler feder. ein Be.Slll emer solch en K~t~r-
ganze Sch westernschar ins
Hau s holt . weil es dann wen i- Pteite nkopf , ein SChapf/affel gendwann opfern: so vertan-
ger Unf rieden gibt.
mit Geweih-Griff und ein Reifen-
126 GEOEPOCH E
Ehel iche Treue für verhei-
ratete Frauen ist ein Ideal.
Doch einmal im Jahr, beim
Bison-Fest. sind Streifzüge
erlaubt . Xachdemdie Männer
mit Tänzen und Gebete n die
himmlischen Mächte angeru -
fen haben. damit sie. so MaJli-
milian zu wi ed. .de n Jägern
und den Waffen günstig sei-
en" . mü..sen sich die Frauen
vorübergehend von ihren
~tän ne m trenne n und ..ich
fremde n hingeben. um die
Heroen an zulocken.
xur mit Bisonfellen beklei-
der. fordern sie nacheinander
mehrere Au serwählte auf. ih-
nen an ei ne einsam e Stelle im
Wald zu folgen. Ein Mann
kann sich von die ser Pflicht
loskaufen. doch das tun die
wenig..ten.
.Auch uns boten einige
Frauen diese Ehre an" ,
.;:.;......
~
I!i't·i!·~·'" schreibt vl avimilian . .,\\-ir
verzichteten aber darauf. in-
dem wir ihnen Gesc henk e
anboten . Dann zog en wir
un.. zum Schlafen zurück . um
weiteren Aufforde rungen zu
entgehen."
Viel Fra u. viel Ehr ist herr-
schende.. Prinzip. Uud die
Gattinnen können das Anse-
:...-~ ~~~;. . hen des Galten weiter meh-
ren. indem ..ie ihm reichli ch
Felle gerben. darau s Klei-
dung sstücke fertige n und die
prächti g besticken . Denn dann
hat der Ehegemahl viel zu
verschenken - und Großzü-
gigke it grh bei diesen India-
nern als höchste Tugend . Er-
..taum bem erkt der Prinz:
.Angesehene \Iän ner sind
meist arm,"
Am höchsten geschätzt
wird da.. Fell der seltenen
Sorgsam von Bodmer g~ we ißen Bisonk uh _ es i..t 60
__ . .'
aus Stein geschnitte ner keit gelangt. mu.... er sie Ir-
aus Horn, eine Reitpeitsche gen es die Regeln.
spiel, das hoc hgeschleuder t
und mit einem Pfeil .abg~
seness en- wurde
Oie ~länner sind. je nach
Alter und Tapferkeit. Mitghe -
der unterschiedlicher Bünde:
Zehnjährige werden bei den
..Törichten Hunden" aufge-
nommen. Krieger bis 25 ge-
hören der ..Krähenbande' und
danac h de n .Soldaterr an.
~ lil 50 ..teigen die \Iänner
bei den ..Bisons" aus. um ~lil'
gfied der ..Schwarzsch wan-
zigen Hirsche " zu .... erden .
Der alle Mandan-Krieger
Dipäuch t.Zerbrochener Arrn"I
erzähl t v-onden Mythen seine..
Volkes. Von den Toten. die als
Sterne Olm Himmel wiede r-
kehren. Vom Regenbogen. der
als Geist die Sonne begleitet.
Vom Donner. der durch den
Flügelschlag eines großen Vo-
gels entsteht. Vom Herrn des
Lebens. der in der Sonne
woh nt und Erde und vten-
sehen geschaffen hat. Und
von dem Geist Rokanka-Taui-
hanka. der auf dem Abe nd-
slern lebt und die Menschen
beschützt.
Zur Feier der Schöpfu ng be-
gehen die Mandan alljährlich
da .. viertätige Okjppe-Fest. In
Tänzen wird die Erschaffu ng
der Welt. der Menschen,
Pflanzen und Tiere darge stellt.
Zu dem Fest geh ört auch die
\ lan er. Freiw illige fasten
mehrere Tage lang: dann las-
sen sie ..ich tiefe Wunden ins
Fleisch schneiden. Stump fe
~l e ..ser werden ihne n durch
die Trapezmuskeln getrieben
und d ie Wunden mit daumen-
dicken Holzpflöcken durch-
stoße n. Dann werden sie daran
mit Seilen aufgehä ngt mit Bi-
sonschäd eln beschwert und
zur Decke der ~Iedii:inhülte
hochgezogen.
Erst wenn die Gem an er-
ten in Ohn macht falle n. lässt
man sie hinab : dann m ü..-
sen sie aus eige ner Kraft
aufstehen . Manchmal hacken
ihnen Krieger nun einen
Finger ab. und sie werden "0

_.. -~
( ~
• J "
Eine Se ite aus dem
von Bodmet illu striert en
dreibandig en Werk -Reise in
das Innere Nord-America·.
Darunter e in Tabak-
beutel aus Otterfell
lange über den Boden ge-
schlei ft. bi ~ alle Gewichte
ausgeris!>C'ß sind.
Solche Selb stkasteiung
bringt sie, glauben die \liin-
ner. dem Übc matürtichen nä·
her. Die Narben werden später
\ oller 5\01, getragen. Je häu-
figer sich ein Mann diesen
Qualen auesetzt. desto höher
wird er geachtet.
An Ruhm aber kann esnie-
mand mit Häuptling Matö-
Tope (,.Vier Bären" ) aufneh-
men. den der Prinz in seinem
Expeduion sbe richt als ..'-or-
lÜ g liebe n Ch arakter- rühmt.
vtatö-Tope hat viele Feinde
gelmet - und tritt ..... ie ein le-
bender Prospekt seiner Hel-
denta ten auf.
Im Haar lf"gl er eine n ge-
schnitzten Dolch: Einst hat er
einem Cheyen ne- Häuprling
da s x tesser im Kampfe entri s-
sen und ihn damit erstec hen .
Daneben stecken sec hs höl-
le rne Kriegs-Stäbchen - für
jede seiner Schuvsve rletzu n-
gen. An seinem Hinterkopf
ist die gespaltene Schwu ng.
feder eines Truthahn s befe s-
tigt: Zeugnis für eine Pfeil-
wu nde. 17 gelbe Streifen auf
sei nen A rmen verkünden die
Zahl seine r Heldentaten. Lnd
eine auf die Brust gernalte
Hand bedeu tet. das , er viele
Gefa ngene ge macht hat.
, Prinz Maximilian notiert
dazu: ..Ein '0 aufgeputzter
Krieger braucht mehr Ze it zu
I
seiner Toilette als die elegan-
I
teste Pariser Dame : '
Mehr als I'UnI' Monate lang
studieren die beide n Europäe r
das Leben der Ma ndan. Der
Winter ist hart : Die Indianer
haben kein Jagdglück . emäh-
ren sich (a,t aussc hließlic h
von gekochtem vtais. M anche
verschm ähen nicht einmal
Tierkadaver. die im A u" an-
getrieben .... erden.
Dann erkran kt der Prinz:
Ein Bein schwill t an. verfärbt
sich violett . die Schwellu ngen
nehme n zu. star kes F ieber tritt
auf.
EN eine indianische Med i-
zin kann ihm helfen : Er v er-
lehn große Menge n wilde n
Knoblauchs. und allmählich
bessert sich sein Zusta nd. Und
obwohl die Gramma tik de r
Mandan-Sprache noch nicht
vollendet ist. nehm en die bei-
den Europäer Absc hied und
reisen im April 183-' heim .
Fünf Jahre später ersche int
ihr Bericht in dre i Bände n.
Die•.Reise in das Innere Nord-
Ameri ca". illustriert mit 81
Bod met -Stichen. ist aber nur
für einen exkfusiven Kreis
vermögender Liebhaber er-
sc h.... Ingfich .
Dennoch mache n allein in
Deutschland his heut e 100
.\l il1io nen Le-er mit diesem
Wer\. Beka nntschaft - w enn
auch nur indi rekt: Vie le der
darin beschriebenen Figuren
und Erlebn isse fauc he n in
den Romanen e ines Schri ft-
stellers auf. de r de n Bericht
\\ieds und Bodmers in der
Königlichen Ö ffentl ichen Bi-
blio thek zu Dresden ge lese n
und ihn für seine Bücher aus -
geschlachtet hat: Karl ~I ay.
1867 stirbt Prinz Ma ximi-
lian.. .lndianer-Bodmer ". wie
Kollegen de n Schweizer nun
spöttelnd nenne n, zieh t als
Maler nach Paris. Dort lebt
er bis l U sei nem Tod 1893.
als Landschaft s- und Tierma-
ler hoch geac htet - auch wenn
seine Indianerbilder in Ver-
gevcenheit gera ten.
Zu den .\fandan unter ~ tarö-
Tope aber komm t da... große
Sterben . Am 12. Xo vernber
1833 haben die xten-cben im
Dorf .\f ih-Tuua . Hangl..u'>Ch
ungewöhnlich viele Stern -
-chnuppen beobachtet. Xach
ihrer Vorstellung kündi gt das
den Tod vieler ~1enf>Cben an.
1837 w üten tatsächlich unter
ihnen die Pocken. Von de n ins-
gesamt 1600 Manda n überle-
ben nur 31 - unter ihnen auch
~ l atO- Tope.
Doc h alle Mir gfieder seiner
Familie sind Opfe r der Seuche
geworden. und so besteigt er
einen Hügel in der Nähe des
Dorfes. um dort zu hungern.
bis auch ihn der Tod erre icht.
Xach sechs Tage n sc hleppt
sich der alle Häuptling mit
letzte r Kraft zurück in sein
Haus und legt sich niede r ne-
ben die Leichen seine r Frauen
und Kinder.
Dann lieht er eine Bison-
haut über seinen Kopf und
stirbt.
A....... Wlff'deoroth . 3S. ~ AiS
AutO'" 1'1 84ot'Ion UI'ld sehreibI rege!-
maa.g t.:.rGEOUI'ldGEOEPOCHE.
GEO EP OCHf 127
 INDIANERFUHRER

Von Ost nachWest,vom 16. bis ins 19 . Jahrhundert

steht früher oder später jeder Häuptling vor dieser

Frage: Kann mein Volk denAnsturm derWeißen über-

leben - und wie? Manche entscheiden sich für den

Kampf, andere passen sich und ihr Volk fast bis zur
~f ETACOMET und gre ife n die eng li-
Unkenntlichkeit den Eindringlingen an. Einige lndla- ca. 16 37 -1 67 6 schen Siedlungen an.
Wampanoag Von 90 Ort schaften
nerführererweisen sich in Krieg oder Unterwerfung bren nen s ie 52 nieder;
600 Europ eer komme n
als besonders geschickt oder skrupellos - und wer- Kein Indianer führer um. Doch schon bald
wird einem Sieg uber wendet sich das Blatt.
die erste n britischen Zunachst schicken die
den noch zu l ebzeiten legendär. Helfen wird ihnen Siedler so nahe korn- Briten Verstärkung
men wie Metac omet. zu den Siedlungen und
beides nicht:Am Ende siegen stetsdie neuen Herren Hauptiing der Wampa- schlagen die Indianer
noag an der Nordost· zuruck. Nachdem die
kus te Amerikas. Zwar Soidaten im Juli Meta-

Sollen sie hat sein Vater bereits

sich anpassen - oder
1 621 einen Friedens-
vertrag mit den Wei-
comets Frau und Sohn
gefangen genommen
haben, bricht der Auf-
Ben gesc hloss en, doch st and der Indianer zu-
Metacomet - den die sammen. Am 12. Au·

Krieg führen? Briten King Philip nen-

nen - erkennt, dass
sein Volk auf die Dauer
gust 1676 spüren Ha.
scher Metacomet in
einem Wald am Mount
mit den Einwanderern, Hope auf und vier teilerl
die sich in viele Belan- ihn bei iebendigem
ge der Wampanoag Leibe. Seinen abge-
einmischen , nicht fried- schlagenen Kopf Mn-
lieh zusammenleben ' gen sie in die Hafen-
kann. 1676 schließen s tadt Plymouth und
sich nahezu alle präsentieren ihn dort
Indianers tämme im 20 Jahre lang zur
Süden des heutigen Abschreckung.
New England unt er Me-
128 GEO EPOCHE tacomet zusammen
I-
SAGA YEATHQUA
PIETHTOW
ca.1680-ca.1710
MOhawk
1710 landet im tondo-
ner Hafen ein SChiff
mit exotischen Gästen:
Vie r Indianer frJhrer
gehen lIon Bord, darun-
ter Sa Ga YeaCh Qua
Pieth Tow, ein Häupt·
li ng der Monawk . Sei t
acht Jahren führen
die Br ite n In dessen
Heimat am omeao.see
Krieggegen die Fran-
zosen. Die Mehrheit
der Mo naw k kä mpft
bereits au f seite n t on-
don s. Je tzt hat Hön i-
gin Anna die Indianer
nach f ng/a nd e inge-
laden. um das Bündnis
zu fes tigen. Sie lasst
de n Gäs te n Englands
Errungenschafren
vorfUhren -/8dt de n
Mo hawk-Haupr/ing be i-
sp ie lswe is e in d ie Oper
ein - un d g ibt e ine m
Ma ler de n Auftrag .
ihn zu pe>rtriJtieren. Der
Plan ge ht auf: Sa Ga
YeaCh Qua Pieth Tow
bekräftigt den Pakt mit
de n Engländern - ein e
Allianz , di e fast 70 Jah-
re lang halten wird.
b is zu seinem Enke l)o-
s eo n Brant. Im Gegen.
sug befiehlt die Kön i-
gin . am Mohawk River
e in Fort zu bauen. das
die Indianer vor Angr if·
fen der Franzosen
sc h ützen soll. Tatsäc tr
lieh leben die Mo hawk
lang e in rela ti ver
Sicherhe it - bi s zum
Ende des UnabhBngig-
kei tskrieg es 1783:
Nach dem Sieg der
Kolon is te n ube r d ie Bri-
ten fllichten di e Mo-
t1awk nach Kanada. Sa
Ga Yeath QuaPieth
Towabe r war be reits
kurz n ach s eine r Rlick-
kehr aus Europa
gestorben.
TECDISEH
ca . 1 768-1813
Shawnee
Tecumsehs Vision
is t der Albt ra um der
Weiße n : M it eine r Uni-
on der Indianer will der
Hä uptli ng d er Shawnee
den Vormarsch de r
Siedler stoppen. Aus·
löser is t ein unfairer
Hand el: 1809 kauft
Willia m Ha rr iso n, Gou-
verneur von Indi ana
un d spAt erer U5-Präsi-
ceor. mehreren Häupt-
ling en e ine Milli on
He kta r Land geg en Wa-
ren im Wert von 7000
Dollar und e ine jähr-
liche Zahlung von 1750
Dollar ab. Aus Protest
sc hlie ße n s ich Indi aner
aus mindes ten s 1 7
Stä m me n Tec umsehs
Einigung sbewegung
an. darunter Kri eger
de r cnew e. d er
Kick apoo . der Potawa-
tomi. Ke in Volk s oll
künftig ohne Einw ill i-
g ung der a nd eren Land
verka ufe n dürfen_ in-
nerh alb kurzer Zeit
formt Tecu mseh ein en
de r g rOßten Indiane r·
bünde der Geschich te
- eine Allianz. d ie von
de n Groß en Seen bis
zum Golfvon Mexiko
reicht, von der Ostküs-
te bis zum MiSSiSSippi.
Doch der Zusammen-
sch luss übe rs teh t
schon s ein e erste Pro·
fung nicht: 1811 be-
fieh lt tecumsens Bru-
de r Tenskwa tawa vor·
s chne ll e ine n Angriff
auf Ha rri so ns Truppen
- un d verl iert den
KEmpf; das Bii ndnis
b richt au seinander.
Dennoch kämpft Te-
cu mseh weiter g eg en
die Am eri kane r -
nun als verb ündeter
der Br ite n . Er fällt
in einer SCh lac ht a m
5 . Oktober 1813.
~IAQL: IN ~ A umsichtige Maquinna OSCEOLA Taktiker keine Chance:
es. 175f3-ca, 1820 hat daran entscheiden- es. 1800-1838 Mit Guerilla·Attacken
Nootka den Anteil: Er unter- Seminole uberwältigen Seminole-
weist sein Volk in den Krieger die Soldaten
Handelsabläufen, oder locken sie ins
-Schaut nach, was ase- sorgt dafür, dass die Schon als Kind muss Sumpfland der Ever-
se Leute nerwonent-, Preise stabil bleiben, Osceola vom Volk der glades. Liberale Nord-
befiehlt Maquinna, und kümmert sich um Creek mit seinen Eltern staat/er wenden sich
Häuptling der Nootka gute Beziehungen zu vor den weißen Land- gegen den Krieg In Fton-
im Nordwesten, als den Kapitänen - bis besetzem zu den Semi- da, feiern Osceola gar
im März 1778 die -öts- 1803, als ihn der Skip- noie nach Aorida flüch- als _Indian gentleman -,
covery - des englischen per eines Handels- ten. Noch einmal will Bei Friedensverhand-
Entdeckers James schiffes der Lüge oe- er sich nicht vertreiben lungen im Oktober
Cook vor Vancouver Is- zichtigt.. Daraufhi n lässt lassen: Als die Regie- 1837 nimmt ein US-Ge-
land Anker wirft. Zur Maquinna ihn und rung beschließt, auch neral den Anführer der
Begrüßung der nem: die ganze Mannschaft die Semmote umzu- Sem inole wider alle
den legt er einen Um- niedermetzeln. Fortan siedeln , führt er den Vereinbarungen gefan-
hang aus Seeotter- meiden die Weißen Stamm 1835 in den gen. Drei Monate spä-
pelz an. Cook ist von die Küste von Yuquot. längsten Indianerkrieg ter stirbt Osceola an
der Schönheit des Pel- Der Handel stagniert- gegen die US-Army osr- Malaria; sein Volk wird
zes so angetan, dass auch, weil die Seeotter lieh des Mississippi. in Reservate nach
die beiden einen Han- fast ausgerottet sind. Gleich zu Beginn tötet Arkansas und Otaeno-
del mit Fellen begin- Um 1820 wird Maqui n- Osceote zwei seiner er- mageschickt.1970
nen . Innerhalb von 25 . na bei einer Familien- bittertsten Feinde: spricht die Indian
Jahren wird aus Yu- fehde von seinem Onkel einen Seminole.-Häupt· Claims Commission
cuot, dem bescheide- ertränkt. Von den Jing, der sein Stam-- den Seminole zwölf MiI·
nen Sommerlager Nootka sterben noch mesgebiet aufgeben lionen US-DoJlarEat.
der Indianer an der vor 1881 mehr als zwei will, und einen Indianer- schädigung für ihr ver-
Küste, der weltgroßte Drittel an eingeschlepr:r beauftragten. In den lorenes Land zu,
Umschlagplatz für ten Krankheiten , folgenden zwei Jahren
Otter·, Biber·, Marder· haben die US-Truppen
und Neatette. Der gegen den gewieften
KEOKrK 1813 erreicht GEROX I~IO und tötet; eine fünfjährige
ca. 1783-1848 Keokuk sein Ziel: Die ca. 1825-1909 Farmertochter hängt er
Sauk und Fox Sauk und Fox wählen Apache an einem Ae ischerhaken
ihn zum Häuptli ng. auf. Mehrmals setzen
Keokuks guter Draht zu U5-Truppen Geronlmo
Keokuk kiimpft nicht den Generalen bewahrt Sommer 1886: 5000 fest. doch immer wieder
gegen die Weißen, son- das Volk zwar vor US-Soldaten und 3000 gelingt es ihm auszubre-
dern ver folgt eine an- Krieg und Hunger - doch Mexikane r j agen einen chen. Nachdem er sich
dere Taktik, um seine m das ist bitter erkauft: Mann - Geronimo. Als sch ließ lich ergeben
Volk am Rock River Um 1840 müssen die sich der AnfUhrer der ChI- hat , reagiert die Army bru-
im heutigen U5-Staat Sauk und Fox nach lowa ricahua-Apache wenige tal: In Ketten werden
I/Iinois den Frieden umsiedeln. Selbst da Monate später ergibt, ist die cnmcenue nach non-
und sich an der Macht wirbt Keokuk noch um einer der gefUrchtetsten da gebracht, viele sterben
zu erhalten: Während Geduld - womöglich , Widerstandskämpfer dort In den Kerkern
sein Rivaie Black weil er an den Land- außer Gefecht. Kaum ein an Schwindsucht. 1894
Hawk die Amerikaner verkäufen gut verdient. anderer Indianer führer mussen die Uberleben-
bekriegt , schmeichelt Schließ lich muss er hat so lange gekämpft den nach Oklahoma
Keokuk sich bei den mit seinen Leute n in ein wie Geronimo. 1876 sind ubers lede ln. Geronimo
U5-GeneriMenein. Fur Reser vat nach Kansas die Chiricahua aus Ihrer selbst endet als Ausstel-
die Widersttmdler un- umziehe n. Dort s tirbt Heimat im Grenzgebiet lungsstuck: Präsident
ter seinen Stammesge- der Häuptling der Sauk zu Mexiko in ein Reser- TModore Rooseve lt pra.
nossen ist er ein \!er· und Fox 1848 als wohl- vat im Odland vonArizona sentier t ihn 1901 bei
rater, doch ein groBer haben der, abe r von und New Mexico vertrie- seinem Amtsantritt wie
Teil der Sauk und Fox vielen in seinem Volk ben worden. se ithe r eine Trophäe . 1909 st irbt
steht hint er ihm. veracht eter Mann. macht aeronimo - dem der alt e Rebell. Erst
Mithilfe der Armee mexikanisch e Solda- viele Jahre spa rer dur-
baut er seine Fuhrungs- ten in einem Hinterhalt fen die letzten 187 Chiri-
pos ition aus, besänf- 1844 fast die gesamte cahua zunick nach
tigt die Zweifler mit Ge- Familie ermordet NewMexico.
schenken und bringt haben - mit einer Gue-
seine Gegenspieler mi t rill atruppe das Grenzge-
Intrigen zu Fall. biet unsicher, raubt GEQEPO CHE 131
WASHAKlE
ca. 1804-1900
Shoshone
_Ihr dürft nicht gegen
die Weißen kämpfe n.
Ich rate nicht nur da-
von ab, ich verbiete
es euch /. So versucht
Washakie 1862 die
Shoshone von Über fal-
len auf Siedler trecks
im Great Basin abzuhal-
ten. Denn der Haupt -
/ing is t uberzeugr , dass
se in Volk die Imm igran-
ten nicht bes iegen
kann, Also kooperie rt
er mit ihnen: Seine
Wind-River-5hos hone
fassen Pioniere durch
ihr Land ziehen und
kampfen an der Seite - rung für das verlorene
der Army gegen die
Sioux, auch 18 76 am
Linie Bighom . Zun8chst
zeigt s ich die Regie-
rung erkenntlich: Die
Shoshone bekommen
ein fruchtbares Reser-
vat in Wyoming zuge-
wiesen . Dbwohl der CHIEFJOSEPH tein: Mal umzingelt
Hauprfing dem Farmer- 1840-1904 er mit 1 00 Kriegern
leben nichts abgewin- Nez Perce 600 Kavalleristen, bis
nen kann - -eoaaenm seine r ecte entkom-
potato!· , sch impft e- - . men kannen, mal lasst
lässt er sein Volk die Die Zeitungen nennen er nacht s die Pack-
Landwirtschaft lem en ihn wegen seines see- muli s der Soldaten aus-
und sch ickt die Kin- tegiSChen Genies re- einander j agen. In
der zur SChule, ganz spek tvoll den .indiani· 115 Tagen legen die
wie Washingron es sehen Napoieon . - A üchtlinge mehr als
wünscht. Doch selbst doch ein Feidherr hat 2500 Kilometer zurück,
dieser treue Veroün- Chief Joseph (ein müssen sich aber
dete wird getäuscht: Christ , den die Indianer sch ließ lich doch erge-
Um 1880 mussen die Hinmat6wyalah tqui t ben. 431 Überleb ende
Shoshone einen Teil nennen. -öo nner zieht werden in ein Reser-
ihres Reservats aus- aufuberdem Land-) vat in Oklahoma ge-
gerec hnet an ihre nie sein wollen. Der zwungen, 70 sterben
argsten Feinde , die Krieg is t ihm aufge- unter wegs. Erst 1885-
Arapaho, abtreten. Erst zwungen worden: Nach kOnnen 118 von
1938, fast 40 Jahre der Ermordung meh- ihnen zurück zu ihrem
nach Washakies rerer Siedler durch drei Stamm nach Idaho.
Tod. wird der Stamm junge Nez Perce ist er Chief Joseph aber wird
von der U$Regie- aus Sorge yor vergel- in ein Reser vat an
tung im Sommer 1877 die kanadische Grenze
Land entschäd igt. mit 700 Stammesan- verbannt. Dor t stirbt
gehOrigen in die Berge er am 21 . September
Montanas geflUchtet. 1904 - seinem Arzt
Die Army verfolgt den zufolge an gebroche-
Treck, doch Chief nem Herzen.
Joseph kann sie durch
taktis che Meister-
leistungen absc hüt·
QUA:-lAH PARKER j äger verlieren , er- REDCLOL'D WeiBenjedo ch nicht
es. 1850-1 911 kenntQuanah,dass ca. 1820-1909 an den Ver trag halten,
comsrcne die Indianer keine Ogla /a-Sioux bricht der Krieg 18 74
Chance haben gegen erne ut aus. Red Cloud
die Weißen mit den kämpft allerdings nur
Quanah Parker is t ein überlegenen Geweh- Seinen Namen verdankt noch mit Worten : Ange-
Halbblut. Seine Mutte r, ren. 1875 geht er Red Cloud (_Mahpiya sichts der Überm acht der
die Weiße Cynthia Ann ins Reservat, lernt Luta ·) einem Meteoriten, U5-Truppen gibt er Waf-
Parker. war im «maes. bei der Familie seiner der in seiner Geburts- fengängen keine Chance
alter von Kwaha di- Mutter Englis ch und nacht einen Sch warm mehr. lungere Stammes-
Comanche entführt wor· den Anbau von Baum- roter Wolken an den Him- bruder timten sich von
den und erst mit etwa wolle , gibt sein Wis- mel gemalt hat. Schon ihm nun verraten. Doch
30 Jahren 18 62 von sen an die Indianer als jun ger Krieger öoer- weder ihre ersten Erfolge
Texas-Rangers gegen weiter. Er wird Sheriff, fällt er Siedler und Gold- im Kampfgegen die
ihren Willen zu den Schulvors teher und schur fer, lässt Tele- Army noch Red Clouds
Eltern zurückgebracht Richter, gewinnt Präsi- grafenm aste n niede r- Gesp räche mit Präside nt
worden. Schon als dent Theodore Roose- reißen und Poststationen Ulysses S. Grant ver-
15-Jähriger schließt velt zum Freund stürmen. Im Dezember hindern, dass die Sioux
sich Quanah Kriegern und wird Mitbegründer 186 6 erobert Red csoua, in immer kleinere Reser-
auf deren RaUbzügen der Native American nunmehr Häuptling der vate gedrängt werde n.
an der Grenze zwi- Church - einer Syn- Oglala. mi t 2000 Man- 1909 s tirbt der einzige
schen Texas und Mexi- these von Christentum nern For t Phi! Keamy und Häuptling. der die U$-Re-
ko an und wird schon und indiani schen lässt alle dor t sta tionier- gi erung im Westen
bald einer der An- Religionen. 1911 stirbt ten 8 0 Soldaten umbrin- j emals zum Rückzug ge-
führer. Sie überfallen Quanah Parker. der gen. Daraufhin zieht sich zwungen hat, ver-
Siedlung en und Fort s . letzte Kriegshä uptling die Army 1868 zurück bitt er t und haib blind
rauben Vieh und der comercre. als und überlässt den India- im Reservat
sammeln Skalps. Doch angesehener Mann. nern im zweit en Vert rag
als 700 Kwahadi von Laramie einen Teil Torben Müller/Katja Trippe l
1874 die Schlacht der Großen Ebenen
von Adobe Walls gegen als _Great Sioux eeser:
nur 28 weiße Bison- vstion-. Da sich die GEOEPOCHE 133
 Ein Held

-- .. ...
~ '.,- ~

-,
\

Das Ende der .S ioux-Kriege. ; Fast 300 Indianer ste rben 1890
am Wounded Knee im Kugelhagel der 7th Cavalry: ihre Leichname
werden in ein Mas se ngrab gewor fen
und seine Tragödie
Die Great Plains, um 1870; Immer weiter dringen die weißen Siedler
vor in Richt ung Westen, immer weniger Platz bleibt den Indianer-
völkern der großen Grasebenen - vor allem den Sioux unter ihrem
spiritue llen und militä rischen Füh-
rer Sitting Bull. Im Sommer 1876
kommt es am Utt le Bighorn River
zu einer folgenreichen Schlacht
VO NDIRK l EHM ANN
L
itlle BiR!rOl.'11 vottcv.
M Ql1Itlnq TerrjtoQ"
24. /lIl1i 1876. Ein-
gehüll t in ein BIso n-
feil. die Haare zu ei-
nem Strang geflochten. steht
Tatanke lyotanke auf einem
Hügel oberhalbdes LiuleBig-
horn River. Tief steht die Son-
ne am Horizont. Der Mann
hat sein Gesicht mit heilige n
Zeich en bemalt. Er entnimmt
einem mit gefärbten Stachel-
schweinborsten verzierten Le-
derbeutel seine Pfeife. entzün-
det den Tabak und bläst den
Rauch in die heiligen vierma l
vier Richtungen. so zum Hirn-
mel. zur Sonne. zu Wind und
Mo nd.
Tatan ka Iyotanke ist ein In-
diuner vom Volk der Lakota-
"
Sioux und ein Wiease Waken.
ein ..heilige r Mann" - ein le-
ben des Bindeglied zwisc hen
Heu te und xtorgen. zwisch en
der realen und der Welt des
Übernatürlichen. die waka n
ist. ..unbegreiflich". Tatanke
lyota nke ist aber nich t nur e in
spiritueller. sondern auc h e in
weltlicher Führer in Krieg und
Frieden.
Vom Kamm des Hügels
geht der Blick weit über das
Tal. An manchen Stellen
bricht der Bergrücken sch roff
ab. mit tiefen Schluchten und
zerklüfteten Felsüberhangen.
an anderen Stellen münden
sanfte. grüne Flanken in weite
Wiesen. Ein Fluss mäandert
durch eine Sen ke. die Ufer
sind dicht gesäumt von Bü-
schen und hoch gewa chse nen
Pappeln.
Eine gewaltige Zelt stadt
erstreckt sich unten im Tal.
größer als alle. die Tarunka
Iyotanke in seinem ~5-jäh ri­
gen Leben gesehen hat. Direkt
unterhalb des Höhenzuges ha-
ben sich die Cheyen ne nieder -
gelass en . Dahinter lagern
sechs Stäm me der Lakora-
Sioux. Die Tipis stehen je-
weils im Kreis um das Zelt des
Stammesfüh rers. vorn die
Zeltz irkel der Brule und
Oglata. dahinter die der Sans
Are und der Minneconjou.
Am südlichen Ende des Tals.
vor der markanten Schleife
des Flusses. si nd die Zelte der
Sihasapa und der Hunkpapa
aufgebau t. zu dene n Taranka
lyotanke gehört.
Xur selten versammeln sich
so viele Indiane r an einem On
- gut 7000 Menschen in 1000
Tipis. darun ter ru nd 1500
Krieger.
Wolken steigen aus der
Pfeife des heilige n Mannes in
den wind stillen Abe ndhirn-
mel. Der Rauch trägt den
Atem des Le bens zu Waken
Tanka. dem ..Gr oßen Geh eim-
nis der Kräfte" . An ihn richtet
GE O EPOCHE 135
Tatanka Iyotanke seine Wane:
..Im Namen meines Volkes
bitte ich Dich. nimm diese
Friedenspfeife. Wo immer die
Sonne, der Mond. die Erde.
die vier Winde sind. da bist
auch Du. Ich bitte Dich. schüt-
ze mein Volk. Bewa hre uns
vor Elend und Unglück."
G leißend rot ver sinkt die
Sonne hinterden Rocky Moun-
tains. Wegen einer alten
Fußver letzung auf die Schul-
ter e ines Kriegers gestützt.
klettert Tatanka Iyotanke hin -
kend zurtick ins Tal.
Die meisten ..Fettesser''. so
heißen die Weißen in der
Sprache der Lakota. haben
noch nie von Tatanka lyotan-
ke geh ört. Doch das wird sich
in den nächsten Tagen ändern.
Dann wird sein Name für die
schlimmste Niederlage ste-
hen, die Indianer der GS-Ar-
mee jemals zugefü gt haben.
Und dafür werden die Weißen
Tatanka Iyotanke - Siuing
Bull. wie sie ihn in ihrer Spra-
che nennen - j agen wie ein
Tier und jedes seiner vorha-
ben nervös verfolge n bis zum
Ende seiner Tage.
elbst M itte des 19. Jahr-
S hundert s ist für d ie weißen
Siedler das Innere des Komi-
nents noch eine fremde Welt.
Wer dennoch auszieht, sich in
den riesigen Regionen des
westlichen Nordamerika an-
zusiedeln, muss eine gewal-
tige Ebene durchq ueren. die
sich von Texas im Süden ent-
lang der Roc ky Mount eins bis
weit in die kanadischen Xorth-
west Terrirories erstreckt. Die
..Great Plains'' sind mit fast
drei Millionen Quadratkilo-
metern Räche eine der größ-
ten Gras landschafte n der Erde.
Sie ist eine riesige Bühne
ftir Xatur scbauspiele: Winier
mit Temperaturen von bis zu
minus 30 Grad und beißenden
Blizzard s; Frühlingsmonate
mit sintfl utartig en Wolken-
brüchen: glutheiße Sommer
ohne einen Tropfen Regen. in
denen Flüsse zu Rinnsa len
werde n und der Boden ver-
dom. Bisonherden ziehen
dann gigantisc he Staubfahnen
hinter sich her.
Noch um 1750 waren die
Plains nahezu mensc henleer.
Nur am Rand dieser Weite. in
den Galeriew äldern der Flüsse
und den Waldsäu men der Ge-
birge. lebten Dutzende Indiu-
nervölker-, vor allem als Jäger
und Samm ler. Doch dann
brachte n spanische Siedler ein
Tier mit. das die Lebensweise
der Indiane r dram atisch verän-
derte: das Pferd.
Die Huftiere. die sie den
Weißen stah len oder die sie
aus den Herden der Mustangs
- ent laufener und verwilderter
Pferde - ein fingen. veränder-
ten binnen wen iger Jahre die
Lebensbedingunge n der Gras-
landvölker. Jäg er konnten die
Bisonherden nun schnell und
über große Distanzen verfol-
gen. Packpferde zogen weit-
aus schw erere Lasten als
Menschen ode r Hunde - eine
ungeheure Erleichterung für
Nomaden . die Vorräte und
Waffen in Mengen von On zu
Ort trans pon ieren konn ten.
Mit den Pferden und den
ebenfalls vo n den Weiße n er-
worbenen oder geraubten
Feuerw affen wurden die Indi-
aner 1U beritte nen Kriegern.
die blitzsc hnell zuschlagen
und sich ebe nso rasch wieder
zurückziehen konnten.
Eine Welle der Gewalt
markiert die Akqu isition von
Pferd und Feuerwaffen: Die
Stäm me. die als erste diese
beiden bege hrten Besitztü-
mer nutzten. überfielen ihre
Nach etlichen Über fällen
Nachbarn. eroberten große
der Sioux auf Siedlert recks und Poststationen
Jagdreviere und drängten an- zieht Washingto n die Arrny 1868 aus
dere Völker in Berge ode r dem Gebiet des Stammes zurück und garantiert ihm
Wüsten ab. Einige Stämme bei Verhandlu ngen in For t t sreme (Bild unten)
konnten nun mehr riesige Ge- Autonomie in einem Reser vat. Sechs Jahre später
ziehen abe r wieder Soldaten durchs Land der
Indian er (oben) - ein klare r Bruch des Vertra ges.
Der Krieg beginnt von neuem

biete kontrolliere n. So durch-
streifen die Sioux. eine Region
von 600000 Quadratkilome-
tern. mehr als anderthalbmal
so groß wie Deutschland.
Das Volk der Sioux. besteht
aus drei Untergruppen . die un-
terschi edliche Dialekte spre -
chen : Dakota . Nakora und La-
kota. Die Lakota (oder Teton)
wiede rum setzen sich aus sie-
ben Stämmen zusammen -
den Minn eco njou. Siha sapa .
Oohenrm pa. Sic angu. ltazip -
co . Oglala und Hunkpapa . Je-
der Stamm beste ht im Ideal-
fall aus sieben ..Tiogpaye''.
das sind Gem einschaften. in
denen sich jeweils meh rere
Tipi-Lager einem Anführe r
angeschlos sen haben.
Seil den fünfziger Jahren
des 18. Jahrhunderts sind die
Ein Vertrag soll
denFrieden bringen - und wird
schonbald gebrochen
Lakota ein Bisonjäger-Xoma-
denvolk. Sie binden ihren
Pferden (die sie Sunka Wakan
nennen: der ..unbegreifliche
Hund" ) ihre Besitztümer auf
Truvoi s - Trag egestellen -
und folgen den Bisons über
die Plains. Seit sie das Pferd
kenne n. verehren sie es so
sehr, das s sie ihm Klage lieder
singen. wenn es stirbt.
Durch das Reittier hat sich
auch eine neue Kultur rund
um die Jagd entwic kelt : mit
dem Bison als gleichermaßen
vergöttertem und todgeweih-
tem Kulto bjekt. Die Jäger
galoppie ren zwisch en die ton-
neuschw eren . bis zu zwei Me-
ter hohe n Tie re: mit Vorliebe
erlegen sie trächti ge Mutter-
tiere. weil sie das zarte Fleisch
der ungeborenen Kälber so
schätzen.
Die Frauen ferti gen aus den
Häuten Tipis und Mokas-
sinsohlen: das Flei sch kochen
sie mit wilde n M öhren und
Prärierüben oder trocknen es
zum mon atelan g haltbare n
Lebensmittelvorrar. Vor dem
Verleh r zerreiben sie dieses
Fleisch mit getrockneten Bee-
ren . vermischen es mit Talg
und formen daraus kleine
Bällchen.
Ihr virtuoser Umgang mit
de m " unbegreiflichen Eisen" .
dem Ge wehr. hat die Sioux zu
ebenso gefürchteten wie er-
folg reichen Kriegern gerna cht.
Sie überfallen andere Völker.
rauben den Pawnee die Ernte n
und den Crow die Pferde .
1831 erhält der So hn eines
Hunkpapa-Häuptlings den !\a-
men ..Springender Dach, ".
Kinder sind ..wakan" , ge-
heimni svoll. für die Sioux .
weil niemand vers teht. was
sie sagen . Springender Dachs
gehört eine r angese henen Fa-
milie an. die sich durch ge-
schickte Adoptions - und Hci-
rarspolitik großen Einfluss
erworben hat.
In seinen er sten Jahren
kennt der Junge die Weiße n
allen falls vorn Hörensagen.
Da, aber wird sich bald
ändern.
Colonel George A. Custer (si tzend), Befehlsha ber der Kavallerie
am Little Bighorn . mit seinen Indianerscouts
och 1847 haben d ie
N großen Graslandsch aften
und die Westküste für die wei-
ßen Amerikaner nicht s Ver-
locke ndes - gerade mal 459
Menschen leben in der Ba-
rack en- und Zelts tadt San
Francisco. Doch dann lösen
die Goldfunde in Kalifom ien
eine n Sturm von Glückss u-
chern aus. Zehntausende drän-
gen an die Pazifi kküste . Für
sie sind die Plains zunächst
nicht mehr als ein große s
Grasmeer. das sie mög lich st
schnell durchqueren wollen .
Zu ihrem Schutz handelt die
Regi erung 1851 ein Abkom-
men mit den Sioux. Chcycnne .
Ara paho und anderen Völkern
der Ebenen aus .
Doc h nur wen ige Häuptlin-
ge unterzeichnen die sen ersten
Vertrag von Laramie ; zude m
wis sen die Regierungsverire-
ter nicht. dass die Anführer
nur für ihre eigene kleine
Gruppe sprechen dürfen und
nicht für das gesam te Volk .
Während die Wei ßen glauben .
ein Abk ommen mit allen
Sioux geschlossen zu haben.
gilt der Pakt aus Sicht der In-
dia ner nur für wenige Gru p-
pen . Dieses Miss verständn is
ist der Einstieg in einen fatalen
Kreislauf der Vergeltu ng.
Der jun ge Mann. den seine
Eltern "Springender Dac hs"
genannt haben, ist zu diese m
Zeitpunk t bereits ein geach te-
ter Krieger. Als la-Jähriger
hat er in seinem ersten Kampf
gegen einen anderen India-
nerstamm einen feindli chen
Krieger mit der bloße n Hand
berührt. ein e Kühnheit. für die
ihm eine besondere Ehre zu-
teil wird: In einer Zeremonie.
bei der er als Symbol des Mu-
tes die erste Adlerfeder ange-
GEO EPOCHE 137
hefte t bekommt , erhält er den
Biszum letzten menro in Kaliformen. Ge -
x amen sein es Vaters - Tatun- MannwerdenCustersSoldaten schäftsleute planen den Bau
ka lyoianke, auf Englisch Sir- einer transkontinentale n Ei-
ring Bull . (Der Vater heiß t niedergemacht senbahn.
fortan Jumping Bull.) Der Zustrom weißer Pionie-
Schon bald gehört der re lässt nicht nach . Cberall in
Häu ptli ngssohn zu den ..Srark- Lakota verlacht. ..Schickt uns 1855 ist San Francisco be- dem expan dierenden Riesen-
herzen", dem einflussreich - Männer. d ie käm pfen kön- reit, eine Stadt mit 55000 reich C SA rebellieren nun die
sten Kriegerbund der Lakora. nen" . rufen die Krieger von Einwohnern, Als erster rege l- Ureinwohner. Von 1854 an
Alle Mitglie der sind woh lha- den Rück en ihrer Pferde . ..und mäßiger Transportdienst ver- überfallen die Sioux systema-
bend und trage n bestimmte keine Fraue n in Soldatenk lei- binde t bald der ButterfieI d tisch Siedlertrecks. Im Wa-
Insignien ihrer Zuge hörig keit. dem." Doch bald schon lernen Overland x lail Service den shington Territory am Pazifik
um so ihre n Rang innerhalb die Indianer die Unerbi tt- alten Osten mit dem neuen erheben sic h 1855 die Yakima.
der Brudersc haft anzuze ige n. lichke it der weißen Kriegs- Westen. ::!4 Tage benötigen \Valla Walla, Umatill a und
Sie feiern Feste und tanz en. maschinerie fürchten. die un- zum Beispiel die von vier im- Ceyuse. in Oregon die Takel-
reden über Kampf und Tapfer- ter eno rmem Materialeinsatz mer wieder ausgewec hselten ma und Tututni. in Plorid a die
keit. pr ahlen mit ihren im marschiert. zusch lagt, nach- Pferden gezogenen Kutschen Seminole.
Kampf erhalten en Wunden. setzt, zermü rbt. aufreibt. für die 4500 Kilometer von 1857 komm t es in Kan-
Den n d ie Zeiten haben sich Tipt on bei SI. Lou is nach San sas zum Krieg der Invasoren
dramatisch geändert. In lan-
S itting Bull kä mpft sich bei
den Starkherzen in weni -
gen Jahren bis in die Füh-
gen Trecks ziehen jetzt Tau-
sende von Siedlern und
Francisco . In sogar nur zeh n
Tagen schaffen die Reiter de s
Pony Express die 3200 Kilo-
gegen die Cheyenne. 1858
im Washin gto n Terr itory zu
Kämpfen gegen die Spokane.
rungsspitze vor. ~t i t 25 be- Glüc ksritt ern gen Westen . die meter lange Strec ke von SI. d ie Palouse und die Cceur
steht er die grö ßte Herausfor- es zu schützen gilt. Jose ph. xttssoun. nach Sacra- d' Alene. 1862 beginnt in Ari-
derung: Im Kampf mit eine m
feindlic hen Stam m wird er a n
ein e Lanze gebunden , die im
Boden steckt. Viele Kriegs-
brüder vor ihm sind bei dieser
waghals igen Mutprobe ge-
stor ben, Siuin g Bull aber
blei bt unverlet zt. Als ..Schär-
penrrä ger" ist er jetzt das an-
geseh enste Mitglied im Elite-
club der M ännerbünde.
Der ju nge Kriege r ist auch
ein mitre ißender Red ner, Zu-
dem gilt er als Visionär und
zeigt be sondere Fähigkeiten
im Lmgang mit dem Lber-
natürlic hen: w enn er Wakan
Tanka. dem Großen Geheim-
nis, mit seiner heiligen Pfeife
Tabak opfert . hat er die Fähig-
keit. kü nftige Ereignisse vor-
auszu sehen. Auch erzählt man
sic h. dass er mit Wölfe n und
Bisons sprech en könne. Die
Weißen. die Sold aten der Ar-
m)". werden ..wie Grashüpfer
kopfüber in das Lager der La-
kota fallen", verkündet er ein-
mal seinen gebannt lauschen-
de n Zuhörern .
Anfang s werde n die Solda-
ten . die ..Blauröcke ". von den
Am Abend des 25 . Juni 1 876 /iegen
30 0 Kavallerist en rot im Gras: die Schlacht am Little Bighorn.
gezeichne t von einem Indianer
zona der Aufstand der Apa-
che unter Coc hise. 1863
eröffnet die Army in Utah den
Krieg gege n die Sbcshone
und in Xew Mexico geg en die
Xavajo .
Cm 1865 ist der Wesre n fast
überall von den Weißen aufge -
teilt. Dabei liegt auf den Great
Ptains die Bevölkerungsdichte
noch imme r unter drei Ein-
wohne rn pro Quadratkilo n ie-
ter und .ist somit laut offiziel-
ler Definition "Wild nis" .
Slit dem Homestead Act
v-on 1862 hat Washing ton
Siedlungsw illige erm unte rt:
Wer fünf Jahre auf seiner
Scholle lebt, bekom mt dem
Geset z zufolge 65 Hektar
Land geschen kt. Der frucht-
bare Plainsboden liefen:präch-
tige Ernten. John Deere baut
den ersten Stahlpflug. mühe-
los wirft der die schwarze
Prärieerde um. Von Windmüh-
len getriebene Pumpen sorgen
für Bewässerung. Die Prärie
wird zum Acke r.
Xach Verabschiedung des
Pacilic Railway Act. der es er-
laub t. Indianerland für den
Gleisba u zu konfiszieren. lie-
._.
hen Eisenbahnprospektoren
unter Militärschutz über die
Plains und stecken die Trasse
für die Nonhem Pacific Rail-
road ab.
Amerika ist im Eisenbahn-
fiebe r. T rotz Bürgerk riegs und
Börsenkrachs treibe n Tausen-
Nachdem die
de irischer und chinesi scher
ahnungslosen Sioux
Arbe iter die erste Bahnlinie
den Schock über den An·
quer durch das Land . Weitere griff der US·Cavallry
Transkontinentalstrecken sind am Littl e Bigho rn uber-
geplan t. jede gilt den Weißen wunden haben, schlagen
als patrioti sches Projek t. sie - angeführ t von den
Die Indianer fühle n sich Lakat a·Häupt lingen Crazy
immer mehr in die Enge Horse und Gall (links) -
getrieben . Im Augus t 1862 zurück: Sie töte n und
über fallen Krieger der Santee- skalpieren jeden Wei-
ßen, der ihnen in
Dakota unter dem Häupt-
die Hände fäilt. so wie
ling Little Crow - von Regie- dieses Opfer eines
rungsvenretem und Händlern anderen Kampfes
um ihre Nahrungsrationen be -
trogen - einen Handelspe sten
in Minneseta. Sie töten drei
Männer, eine Frau und ein
Kind. Einem toten Händler
stopfen sie Gras in den Mund:
Der hatte . als sie ihn hungrig
um die ihnen zustehenden Le- begonne n: sie werden fast 30 lisade nbewehrter Stützpunkte
bensmittel gebe ten halten. sie Jahre lang dauern . den \Iissouri hinauf bis nach
höhnisch aufgefordert. Gras In einer Art Vorwärtsvertei- Fon Union im Norden. Die
zu fressen. digung attackiert die Armee nörd lichen Plains-Indianer
auch die Lakota und trei bt sie sind in einem 800 Kilo meter

B erauscht vom Erfolg der

Gewalt ziehe n Band en
wütende r San tee durch das
Terri torium Xonh Dakota und
den Bundesstaat Minnesore .
Die Siedler fl üchten vor der
Rebell ion der Indianer in die
Fons. Das herbe igerufene Mi-
litär geht gegen die Aufständi -
schen vor. von mehreren hun-
dert zum Tode Verurteilten
werden 38 am Ga lgen hinge-
richtet. die übrigen einge ker -
kert . Die ..Sioux Wars" haben
im Ju li 1863 über den Missou -
ri. Der vernic htenden Nied er-
lage bei Whitestone Hili folg t
der eben so fatale Kamp f am
Killdeer Mo untein . in dem
zwe i Soldaten, aber mehr als
100 Sioux sterben. Die India-
ner haben keine Chance gege n
die geballte Feuerkra ft der dis-
ziplin ien vorgehenden Army.
Das Militär richtet stä ndige
Posten auf den Plains ein. VO ll
Fort Randall im Süde n zieht
sich nunmehr eine Reihe pu-
langen Halbkreis umstellt. im
Rücken die Fel swä nde der
Rocky Mountains.
1867 wird Sitting Bull auf
einer großen Versammlung
der Stämme zum .Häuptling
der Sioux" gewählt. ein e in-
form elle Posi tion , die in der
lockeren Führungsstruktur tra-
ditione ll so nicht e xistiert - .
und eine schwere Bür de. denn
von der pro-amerikanischen
Frakti on sei nes Volkes wird
der 36-Jährige nicht als legit i-

GEOEPOCH[ 139
mer Vertrete r akzeptiert: auch
d ie Weiße n erkenn en ihren er-
_.
bitterten Gegne r nicht als Ver-
handlu ngspartner an.
x ech weiteren An griffen
de r Leketa unter Häuptling
Red Cloud gibt die eS·R e-
gierung drei Fort s in den
Plain s wieder auf und mac ht
den Indianern 1868 ein Ange-
bot: Es garan tiert ihnen ein
angeb lich selbstbestimmt es
Leben in der ..Gre at Siou x
Reservation" (dem heu tige n
South Dakota). einem gewal -
tige n Stück Land westl ich des
~t i s 'iouri River, aus dem
sic h das Militär zurückz iehen
will.
Viele Häuptlinge. darunter
Red Clo ud. unterschreiben
Auch Kriegerri tuale
den zweiten Vertrag von Lara-
wie der Grastanz der Laxeta
mie: Siuing Bull hingege n können den Vormars ch
weigert sich. das Abkomm en der Siedler nicht aufhalten.
zu unterzeichnen. Teile der Erst als 1889 ein indiani-
Lakota lassen sich im Reser- scher Vis ionar seinen An-
vat nieder . Andere. angeführt hängern Unver wundbarkeit
von Siuing Bull und dem verspricht, wenn sie den
Häuptling Crazy Horse. fol- Ritualen seines Geist erta n-
ge n weiter den Bisonherden in zes folgen. werden die
ekstatischen Zeremonien
de n Tä lern de s Yellowstone
für die weiße n zur Bedro-
und Powder River,
hung . Sitting Bull gerat in
den verdacht , sich dem Kult
echs Jahre spät er sch i,ckt
S der Armeegeneral Philip
Sheridan einen Späh trupp ins
anschließen zu wollen

Reservat. Die Truppe unte r

dem Kommando eine s jun gen
Offizi ers namens George A .
Custer soll in den Bleck Hilb
nach einem geeigneten Ort für
ein neues Fort such en: ein kla-
rer Bruch des Abkommens
von Laramie. Zufällig finden
die Soldaten in einem Bac h
Gold. die Neuigkeit spricht
sich rasch herum. und die In-
vesion der Glücksritter be-
ginru, Die Weißen kümmert es
nich t. dass das schroffe. von
dunklem Fichtenwald bedeck-
te Gebirge den Indianern als
spiritueller On gilt. als ~1 ind ­
punkt ihrer Welt.
Die Sioux . in Laramie noc h
unte reina nde r zers tritten. sind
jetzt wieder vereint im Zorn
auf die vielen Tausend G lücks-
riuer und Abe nteurer. die über
die ..Straße der Diebe" in die
Black HilI., einfallen. Da die
Ann ee nur halbherzige Versu-
che macht. die Goldweher 1 U
vertre ibe n. drohe n die India-
ner den Eindri nglinge n mit
Krieg .
Daraufb in bietet die Regie-
rung den Häuptlingen an.
ihne n die Black Hills abzu-
kaufen. Im Se ptember 1875
treffen sic h 20000 Siou x. be-
raten über das An gebot - und
lehnen es ab.
Wa,hingtons Reaktion ist
ein Ulnm atum. da, den Ver·
trag von Laramie endgültig ad
absurdurn fuhrt: Alle ..feindli-
eben Stämme" (womit jene
Völker gemei nt sind. die ein-
fach nur ihr Land verteidigen).
die sich nicht bis zum 31. Ja-
nuar 1876 der Kontrolle I on
Regierungsbeamten unterstel-
len. werden mit Krieg bedroh t.
Das Militär beginnt noch im
gleichen \\Inter. die Indianer
durch Wyormng und Xorth
Dakota zu hetzen. VIele kom-
men um.
Doch Sining Bull gibt nicht
klein bei. Er lässt das Ulti ma-
tum verstreichen und zieht
weiter mit seinem Volk durch
die Plainv,
Der 45-j ähri ge Heilige
~I a n nlebt in ritueller Arm ut.
Er nimmt an unzähl igen Son-
nentänzen reil. Narben an
Brust. Rücken und Armen be-
weisen die Selbst marter: In-
dem er sein Fleisc h und sein
Blut opfert. bittel er Wakan
Tanka. das Große Gehe imnis.
ihm Vlslone n zu schenken.
Be i der jün gsten Selbstgei-
ßelungweremonie. in deren
Verlauf er tanzend mit aufge -
rioenen Auge n in die Sonne
starrte. hat ihm sein Adop-
tivbruder 50 je weils streich-
bolzkopfgroße Hautst ücke aus
jedem Arm gesc hnitten. Am
Ende die..es Sonnentanz es hat

140 G EO EPOCHE
 Die Weißen werdenfür
immerverschwinden, prophezeit
derGeistertänzer
Siuing BuH in einer von völ-
liger Ersch öpfung erzeugten
Vision eine n Sieg gegen alle
Weißen vorausgesagt. die die
Indianer in ihrem Lager an-
greifen würden.
2 / Juni /876 Yel!mßlOlle
River Mon tune Territorv.
.:!500 Mann. darunter die 7.
eS-Kaval lerie, lagern am Zu-
sammenfluss des Yello wstone
River mit dem Rosebud Creek.
Die Truppe unter Brigadege-
neral Altred TeIT)' ist seit
Mitte Mai unterwegs. um die
Sioux endg ültig zu unterwer-
fen. TeIT)'s Indianerscouts
vom Volk der Arikara vermu-
ten einen Teil der Sioux im Tal
des Linie Bighom River. drei
Tagesmärsche weiter südlich .
Terry befiehlt eine Teilung
der Truppen: Colonel l ohn
Gibbon wird mit seiner Infan-
terie fluss aufwärts am Yellow-
stonc marschieren: Oberst-
leutnant GeorgeA. Custer soll
den kürzeren Weg am Rose-
bud Cre ek entlang nehmen.
um die strategi sche Zange von
Süden aus zu schließen (siehe
Karte Seite 178). Xoch am
selben Tag brechen beide auf.
..Also . Custer. sei nicht so
gierig und warte auf uns ". ruft
Oberst Gibbon seinem Kame-
raden zu. von dem jeder weiß.
wie erpi cht er auf frischen
Ruhm ist.
..Xein , werde ich nich t",
sche rzt der zurüc k.
Unter Custe rs Ko mmando
stehen kna pp 500 Mann. dar-
unter 30 Offi ziere. Am West-
ufer des Rosebud Creek stoßen
die Army-Kund schafter auf
Reste einer Kulthandlung: eine
Sonnentanz-Hütte. von deren
Dach die abgeschälte Kopf-
haut eines Weißen baum elt.
Sie finden die Spuren vie-
ler Tragegestelle. end Pferde-
dung. nicht älter als zwei Tage .
Gcorge Armsrrong Cucrer.
36. ist ein Exzentriker in Uni-
form. An der Militärakademie
West Point hat er 1861 den
schlechtesten Abschluss seines
Jahrgang s gemacht. doch ist er
schon mit 25 Jahren während
des Bürgerkrieges wegen be-
sonderer Tapferkeit zum Gene-
ralm ajor befördert worden.
Dass er dies en Rang späte r
wegen mehrerer Skandale wie-
der verloren hat. pass t eben so
zu seinem anmaßendem Geha-
be wie seine unsoldatisch lan-
ge blonde Haartr acht (sein
Spitzna me ist ..Leng Hain .
Custer und die meisten sei ner
Untergebenen verachten die
Indianer. Haben sie diese nicht
jah relang wie Tiere gejagt ?
SO/lllta!! )5 J Ulli H jU ag '
C uster steht auf einem Höhen-
LUg oberhalb des Litüe Big-
Auftritt bei den Weiße n: Als alter Mann
ste ht Sitting Bufl neben BuffaJo Bill auf der
Bühne eines Vari etes
hom River und sieht im Tal
vor sich ein paar Tipis: sehr
viel mehr kann er in dem duns-
tigen Schleier nicht erkennen.
Er befiehlt den Angriff. um
de n Überraschungseffekt. die
Konfusion. die Panik zu nut-
zen. die seine Soldaten aus-
löse n werden.
Seine kaltblütige Rech nung
scheint aufzuge ben . Bis in den
Morgen haben die Sioux und
Cheye nne gefeiert . Jetzt dö-
sen die Krieger über nächtigt
vor den Zelten. Die Fraue n be-
reiten die Mahlzeit zu und
küm mern sich um de n Abbau
der Tipis. Xur kurze Zeit hält
es so viele Indianer an einem
Ort . dann haben die Frauen al-
le essbaren Rüben und Wur-
zeln ausgegraben. die Männer
das Wild erle gt. die Pferde die
Wiesen abgegrast.
Drückende Schw ü le lieg t
über der Zellstadt. Plötzlich
der Ruf: ..Soldaten!" Wie ein
Steppenbrand rast die War-
nung von Tipi zu Tipi . Die
verwirrten Krieger springen
auf. greifen hast ig nach den
Waffen. Xlemand ahnt. was
ihn erwartet.
Es ist drei Uhr nachmittag s.
Custer läN seine 500 Männer
in drei Abt eilunge n angreifen.
Z unächst sind d ie Sioux und
Cheyenne vö llig überrascht.
Sie rennen ohne Ordnung
zwischen ihren Zelten heru m.
such en die Pferde . sche inen
fliehen zu wolle n. Doc h dann
rufen die Laketa-H äuptlinge
Crazy Horse und Gal! ihre
Krieg er zusammen. Die India-
ner haben de n erste n Schock
überwunde n und er kennen.
dass sie de n Kavalleristen an
Ko pfzahl gut dreifach überle-
gen sind.
:-'Iit einem Kriegsr uf be-
fiehl! Cruzy Hor se d ie Gegen-
anacke. Das Terr ain ist un-
übersich tlich . Von allen Sei-
ten greife n die Siou x an . Die
WUChl der Arrny-Artacke ist
gebrochen . die Solda ten zie-
hen sich auf den Hüge lkamm
zurück . Wer nicht schnell ge -
nug ist. wird getötet. Cbera ll
liegen Leichen. mit zerhack-
ten Gliedmaßen. aufgeschlitz-
ten Leibern. zerschlagenen
Gesichtern.
Im Tal da s Echo der
Sc hmerzensschreie. C u-te r
sammelt die Übe rlebenden
auf einem Hügel; die India-
ner attackieren weiterhin von
allen Seiten. In den folgenden
Stunden werden Cu ste rs Sol-
daten bis zum letzt en Mann
niedergemacht. Die Kavalle-
risten der anderen beiden Ab-
teilu ngen fliehen.
Siuing BuH feuert an die-
sem Tag wahrsc heinlich nicht
einen einzigen Sch uss ab. Er
bring t mögticherweis e Frauen
und Kinder in Sicherheit. und
als er zum Kam pfplatz zurück-
kehrt. i;t die Schlacht längst
entschieden: Es gibt keine
Soldaten mehr. die er noch an-
greifen könnte . Dennoch wird
sein Xame auf immer mit dem
Sieg um Little Bighom ver-
bunden sein.
Als sich die nachrückenden
Einh eilen des Regim ents unter
General Terry am 26 . 1uni dem
 Tal nähe rn. bietet sich ihnen
ein grausiger Anblick 300 tote
Soldaten. viele verst ümm elt
und skalpiert. liegen nackt in
der So nne, gefleddert bis zum
letzten Hemd Währe nd die
Soldaren Cusrers Bruder nur
an einer Tätowierungauf dem
Arm iden tifiziere n können.
liegt der erschossene Colonel
nackt . aber unversrummelt
Z\l. t scben de n Toten. 'eicht ein-
mal de n Skal p hat man ihm ge-
nommen. Die Siocx haben den
verhassten Peh in Han-ka.
..Long Ha;( '. nicht erkannt -
Cusrer halle sich die Haare
schneiden lassen.
Doch die Sieger vorn Liule
Bighom können ihre m Tri-
umph nicht we itere Erfolge
hinzufügen. wei l nun die
Kavallerie mir massiver Ver-
stär kung nac hrüc kt und die
Indianer währe nd des ganzen
Sommers und Herbs tes d urch
die Rocky Mounrain s hetzt.
Am Morgen
des 15. Dezember 1890
ums tellen 40 Indianer-
polizisten - daru nt er der
spät ere Todesschütze
Red Tomahawk (Mi tte) -
Sitting Bulls Blockhütre
im Rese rva t. Die Be-
hör den wer fen ihm vor,
die Lakota aufzu-
wiegeln. Am Ende liegen
Zw61f Tote am Bode n
Im nächsten. biner kalten win-
ter erhöht die Arrnv den
Druck : viele Lakota- Häupt-
linge kapitulieren schließlich.
we il die Fliehenden nich t
meh r auf die Jagd gehen k ön-
nen und deshalb hungern.
Xur Sittin g Bull bleibt un-
beugsam, Gemeinsam mit
über 1200 Anhanaem em-
komm t er den Sold;ten in die
Berge und überquert die Gren-
le nach Kanada. Die t:SA
verlangen die Auslieferung .
Die kanadische Regierung ge -
währt Sining Bull ein \or-
übergehendes Aufenthalts-
recht. aber bereitet da nn die
..Repatriierung" der Sioux
vor: sie streicht alle Lebens-
mittelhi lfen. Viele Anhänger
Sining Bulls sind inzwisc hen
entkräftet in die t: SA zurück-
gekehrt und haben sich der
A rmy ergeben.
Sc hließlich. nach vier Jah-
ren Exil. kehrt der Anfiihrer
Sie wollen den
Großen Anführer nur festnehmen.
Doch dann fallteinSchuss
der Sioux 188 1 mit etwa 100
verbliebenen Gefolgsleuten in
die CSA zurück .woer verbat-
tet wird . Doch man lässt ihn
wiede r frei: Die Indianer. ver-
armr. halb verhun ge rt und m0-
ralisch gebrochen. sind keine
Bedrohung mehr.
Die alte We lt des Sitting
Bull hat eich veränd ert: für
das freie Leben der Sioux ist
selbst in diesem weiten Land
kein Platz meh r: Die Bisons
sind fast ausgerottet. Eisen-
bahntrassen zerschneiden die
G reat Plains. An manchen
Stellen erheben sich wie Luft-
spiegelungen Ansammlu ngen
von Holz bausem aus der wo-
genden Graslandschuft. es
gibt sogar eine rich tige Stadt:
Fast 1000 vtenscben leben in
Bismarck.
Ein \'arirrir h,.ater in Uq -
{hiMmn 0 C 12 Jun i 1885
Die Show beginnt. Buhrufe
gellen durch die Aren a. als
der alte xtann auf seinem
Gr auschimmel in die Miue
reitet . Die Zuschauer sind
aus dem Häuschen. Der Mann
ist von Williarn Cody enga-
giert VI oroen. Der früh ere
Po ny-Express-Reiter und Bi-
sonjäger. der so viele Tiere
erlegt hat. das s man ihn
..Buffalo Bill" nennt. ist auf
die Idee gekommen. mit dem
\ l ythos des Wilden Westens
in den Großstädten des Ostens
Kasse zu machen. Er tingelt
mit einer Show durch die
Lande . in der Cowboys und
Indianer ihre Kunststücke
vorführen.
viele Zuschau er sind nur in
_Buffal o Bill Ccdy's Wi ld
w est Show " gekommen. um
den Mann auf dem Grauschim-
mel zu sehen: Sining Bull, den
..C ueter-Scbl äctner".
Jetzt steht er vor ihnen . eine
Fede rkrone auf dem Kopf:
Xerzfelle baumeln aus seinem
Haar. er trägt ein Hemd und
bestickte Leggings. vorn Hals
baumelt ein Kreuz. das ihm
ein Pater vor Jahren geschenkt
hat. Der 5.\. Jährige verz ieht
keine Mie ne. tiefe Falten
bilden ein Dreieck um Mund
und xase.
Stoisch wartet der Häupt-
ling. bis sich der Tumult ge-
legt hat. Dann erzählt er in sei-
ner Sprache '10m Lebe n auf
den Plains. von der Jagd auf
den Bison . L nd 'Ion seiner
Kin dheit. als die Sioux die
..Herren der Welt" waren .
Eine Stimme aus dem Off
macht daraus allerdings eine
haneb üchene Sch ilderung der
Schlacht am Linie Bighorn.
Das Publikum tob(.
Lange hat William Cody
nach e iner Zugnummer für
seine wildwesrsbow gesucht.
1885 konnt e er schließlich
Siuing Bull verpflichten. für
50 Dollar die Woche : ....eueres
Geld ' erdien t der alte Kriea er
mit dem Verka uf von Au;o.
grammk arten.
Siuing Bull genießt die
Auftrine in den Städten der
..Fen esser-'. (; berall scharen
sich die Mensc hen um ihn. er
gibt Au togra mme. malt seinen
Xamen in großen. krak eligen
Buchsraben - so wie es ihm
ein Händler im kanadischen
Exil beigebracht hat.
x ach Jahren de r Isolierung
im Reservat hat er offen bar
das Gefühl. endlich ....i eder
wichtig genommen zu \\ er-
den . Er sitzt mit seinem ern s-
ten. zerfurchten Gesicht unge-
zählten Fotogra fen M odell.
mal mit Kreu z um den Hab.
mal mit Keule in der Hand. In
Zeitungsinterviews gibt er va-
ge Antworten - etwa auf die
Frage. was er sei. M edizin-
mann oder Häuptling: ..Ich
bin ein ~ I ann .~
Später, zurückgekehrt in
die Great Sioux Reservenon
in Xorrh Dakota. wo rund
~500 Indianer von den kärgli -
chen Lebensmiu elrationen
de r eS-Regierung leben. be-
haup tet Siu ing BuH. der ame-
rikanische Präsident Grc ver
Cle vela nd habe ihn persönli ch
zum Häu ptling aller Sioux er-
klärt und soga r über den das
Reservat leitenden Indianer-
Agenten gestelh.
r-
"""
Sitting Bulls Festnahme und Tod, dargest ellt von einem indiani schen Zeichner
Tatsächlich hat er den Prä-
side nten getroffen und ihm
sogar die Hand geschüttelt -
doc h der Rest der Gesch ichte
ist frei erfunden: vielleiehr der
versuch eines alternde n An-
führe-s. m seinem Volk wie-
der Einfl ue, zu gewinnen.
Denn jetzt ist der stolze
Häuptling nur noch Indiane r
un ter Indianern.
Er wäre wahrscheinlich da-
zu verdammt . als hilflose r
Häuptling eines gebrochenen
Volkes langsam in eine m ab-
gelegenen Reservat zu ver-
dämm ern. wenn sein Ruhm
be i den Weißen nicht so groß
wäre. Denn weil sie ihn be-
wundern und fürchten . wird
Sirring BuH zum unfreiwilli-
,.
v •
gen. zum tragischen Haupt-
darst e ller im letzten Fre iheits-
kampf der Ind ianer.
1889 tnn eine An mdia-
nischer ~les , i as. ein Paiute
namens wcvoka. bei seinem
Stam m in Xevada auf. Xach
stundenlangen eks tatisc hen
..Geisten änzen" hat wovok a
Visio nen. die er seiner rasch
wachsenden .....nbängerschar
predigt: Die Indianer würden
bald ihr früheres freies Leben
wieder aufnehmen kön nen.
denn der Bison käme zur ück
und die Weißen würden für
immer versc hwind en.
Den in die Reservate ge-
dräng ten Indianern. denen kei-
ne Hoffn ung mehr geblieben
ist. mit Waffengewalt zu ob-
';; '.
;-;
"
'1
'\
" "•
\.
;
1
, wundbar machen soll. Die
.\
." ,
siegen. vers pricht Wo voka
mys tische Erlös ung: Sie rnüss-
ten nur seinem Kuli benr e-
ten. brauchten nur zu tanze n
und magisch bemalte Hem de n
TU tragen. die sie vor de n Ku-
geln der Weißen beschützten.
dann h ätte ihre ~ ot ein Ende.
wcvo kas Predigten fesseln
nicht nur sein eigenes Volk.
sondern auch vie le Krieg er
früher mite inande r verfeinde-
ter Stämme. Auch die Lakora
hören in ihrem Rese....-at von
sei ner Heilslehre. Im März
1890 schicke n sie eine grö-
ßere Delegation zum Walker
Lake. wo Wovoka lebt.
Der Visionär prophezeit.
d:J ~s im nächs ten Frühjahr.
wenn das Grus eine Hand
breit hoch gewachsen se i. die
A hnen wiede r auferstehen
würden. Es entsteht eine der
we nigen erfolg reic hen panin -
dianischen Bewegung en im
~jährigen Kampf der L r-
emwohnerXordamerikas.
viele Manner der Lakrxa
bekennen sich nun zu der Geis-
tertanzbewegung. Sie treffen
sich zu ruuetlen Sc hwitzbä-
dern. tanzen und tragen Jene
grell bemalten Hemde n. deren
Zauber ihre Träger unver-
lähmende Hoffnungslosigkeit
weicht neue m Mut.
S iUing BuU ist kein Anfüh-
rer der Ge isterte nzer. doc h
der 59- Jä hrige nutzt die Situa-
tio n. um seinen alten Füh-
rungvanspruch zu erneu ern .
Anfa ngs reag ieren Armee
und Regierungsvertreter eher
bel ustigt auf de n ..Messias-
wahn". Doch dann häufen
sich in wa-hing ton Berichte
über ..Chaos und Anarc hie" in
SOUlhund Xcrth Dakota. Die
Politiker befürchten einen In-
dieneraufstand - auc h de..-
halb. wei l die Regieru ng im
Jahr davor das Gebiet de r
Great Sioux Rese rven on in
GEOEPOCHE 143
sechs Reser vate unterteilt und
deren Fläche um mehr als
36000 Quadratk ilom eter ver-
kleine rt hat (das India nerland
wurde umgehend an weiß e
Siedler verkauft].
James Mcl.aughlin. der
Verwa lter der Stauding Rock -" .--
Rese rvation, in der Siui ng
Bultlebt. verfolgt das Treibe n
der Geistertänzer schon lang e
mit Argwohn. Als ihm seine
Gewährsleute zutragen. Sir-
ting Bull wolle in die Xach-
barre servarion Pine Ridge fah-
ren. um den neue n Messias der
Geistertänzer zu sehen. be-
fürch tet er. der einflussrei che
Alt häupt ling könne einen In-
dia neraufstand entfachen.
\1cLaughlin erw-irkt einen
Haftbefehl. der am 13. Dezem-
ber 1890 in Fort Yares. dem
Armeeposten der Standmg
Rock Reser va tion. eintri fft.
Mcl.augh lins Plan: Sining
Bul1 soll nicht vo n weiße n
Ordn ungsh ütern . sondern von
Indianerpoliziste n verhaftet
werd en - von Männern also.
die zum Teil zu seinen alten
Kampfgefährten gehöre n oder
sogar mit ihm verwandt stnd. Um sechs eh r. noch vor Crew Foot. der la-jäh rige ben Anhänger Siuing Bulls
Der Verwalter fürch tet. bei Morgengrauen. erreich en sie Sohn des Häuptli ngs. be- tot. darunter auch Crow Foot.
einem Eingrei fen weißer Sol- das Camp . Warnend schlagen schimpft hingegen seine n Va- sein Sohn.
daten könnt e aus dem ..Cus- die Hund e an. als Bull Head ter: ..Du hast dich einen tapfe- Im Morgengrauen suchen
ter-Schlächrer" ein Märtyrer an die Tür von Sining Bults ren Häuptling genann t. Und die Gefolgsleute des erschos-
werden . Denn och sorgt Mc- Blockhütte klopft. ..How. ti- jetzt lässt du dich so einfac h senen Hunkpapa Deck ung in
Laughlin da für. dass zwei mahel hiy u WO " - •.tretet ein" . mitn ehmen." ein em nahe gelegene n Wäld-
Kompan ien Solda ten zur Un - antwortet der von drinn en. So- Siui ng Bull stock t. der Vor- chen und feuern weite r auf die
rerstützung bereit ste he n fort packen Bull Head und wurf seines Sohnes hat ihn tief Polizisten. Erst jetzt greift die
der Sergeant Shave Head den getroffen. abseits wartende Kavallerie
isregen fall l, als sich eine Häupt ling an den Armen ; ein Voller Wut ergreift Catch -
E etwa 40 Mann starke Polt-
zc itru ppc am 15. Dezem be r
Polizist narne ns Red Toma-
hawk folgt mit dem Revolver
The-Bear sein e Winch este r.
legt an und trifft den Polizis-
ein und beende t da s Ge fech t.
Xoch bevor die Soldaten
Siuing Bulls Leiche auf ein en
frühmorgens um vier im Haus im Ansch lag. Der Verhaftete ten Bull Head in die Seile. Pferdewagen laden. um sie
eines der Vorgesetzten auf leistet kei nen Widerstand . Der Verwu ndete greift nach nach Fon Yates zu bringen.
ihren Einsatz vorbe reitet . Die Als die Truppe die Hütte seinem ~5er-Revol ve r und zertrümmert der Bruder eines
Stimm ung ist gedruckt. Eine verlässt. sind fast alle im schießt auf Sittin g Bull. Der der getöte ten Poliz iste n mit
Schnapsflasche kreist und Camp auf den Beinen . Catcb - sinkt. in de n Rücken getroffen. emem Ochsenjoch Sirring
Bull Head. der zum Chri ste n- The-Bear, ein Gefolgsman n zu Boden: und noch währ end Bulb Ge sicht. Zwei Tage spä-
tum kon venierte Kornman- Sirring Bulls. ruft aus der feind- der alte Häuptling fallt, feuert ter werden die Indi anerpo li-
dant der Polize itruppe. sprich t seligen Meng e den Polizis ten ihm Red Tom aha wk eine Ku- zisten unter Salutschüssen auf
ein Gebet. Kurz dara uf bre- zu: "Ihr denk t wohl. ihr könnt gel von hinten in den Kop f. dem katholischen Friedhof
chen die Män ner sch wer be- ihn mitnehmen. aber das wer- Wenige \l inuten späte r von Stauding Roc k feierlic h
waffnet auf. det ihr nich t:' sind fünf Polizisten und sie- zu Grabe getragen.

144 GEO EPOCHE

 Nach400 Jahren
Kampf sinddie Indianer
endgültig besiegt
Den nicht getauft en Sirting
Bull auf demselben Friedhof
beiz usetzen. wei gert sich der
Geistliche. So wird eine einfa-
che Holz kiste rnH der Le iche
Sitnng Bults auf dem Friedhof
von Fon Yates verscharrt;die
Beerdigung am 17. Dezember
1890daucn nur Minuten. Die-
ser Tod im Tumult aber ist
Aufta kt zum let zten Akt eines
langen Dramas.
Verstört fl üchten Hunderte
von Hunkpapa mittenim Win-
tcraus Standing Rock. EinTeil
schließt sich dem lungenkran-
ken Minneconjou-Häuptling
Big Foot an. Der führt rund
350 Indianer in die PineRidge
Reservation. verfolgt von .t70
Soldaten der 7. Kavallerie -
je ner Einhei t, die einst von
Custer kommandiert wurde.
Am 29. Dez ember 1890
umzi ngel n die So ldaten die
Hie beoden am Wounded
Knee. einer Ebene am Rande
der Roc ky ),Ioum ains. Die In-
dianer - vtänner. Frauen und
Kinder - kapitulieren sofort
und werden durchsucht (sie
haben nur .w Gewehre dabei.
darunt er alte Vorderlader).
Als sich aus der Waffe eines
jungen Kriegers ein Schuss
lih t (ohnejemanden zu verlet-
zen). feuern die Soldaten mit
ihren Hotcbkiss-Maschinen-
gewehren auf die Menschen.
Fast 300 Indianer sterben im
Kugelh agel. darunter viele
Frauen und Kinder. Die Toten
bleiben am Rande der Plains
liegen. Ein Blizzard verwen-
delt sie zu eisigen Mah nmalen
der letzten ..Schlacht'' zwi-
sehen Indianern und Weißen.
Später wirft man die Leichen
in eine groBeGrube.
Für ihren Einsatz am
Wounded Knee erhalten die
Soldaten der 7. Kavallerie
Ehrenrredaijlen vom l:S -Kon-
gsess. end auf dem Hügel im
Lirtle Bighom Vallcl. auf den
Siuing Bull einst gestiegen
WM. um für sein Volk zu bit-
ten. Sieht heute ein M onument
mit der Inschrift: .Z ur Erinne-
rung an die Offiziere und Sol-
daten. die am 25. und 26. Juni
1876 mit der 7.Kavallerie gegen
die Sioux-Indianer gekämpft
haben und gefallen sind:'
An die getö teten Indianer
erinnen nichts.
er Tag von Wounded
D Knee stel n am Ende des
400-jährigen Kampfes der In-
dianer um ihre Freiheit: das
Massaker ha ein bluuges Post-
skriptum zu einem Konflikt ,
in dem Amerikas Ureinwoh-
ner nie eine Chance hauen.
weil die Eroberer sie nicht nur
an Zahl und Technik. sondern
auch an Kaltblütigkeil und
Skrupellosigkeit übertrafen.
Doch Wounded Knee mar-
kien nicht nur den Untergang
einer. sondern zweier Welten.
Denn an jenem Dezembertag
erlischt nicht nur die kaum
vier Generationen ....uhrende
Kultur der Plains-lndianer -
sondern auch die ihrer Gegner.
der Pioniere. Goldsucher und
Revolverhelden des ..Wilden
westens''. Ftir die einen wie
für die anderen ist in einer Zi-
vilisanon. diejetzt zunehmend
von Kapital und Bürokratie.
von Technik und Massenge-
sellschaft geprägt .....ird. kein
Platz mehr. Cl
Ci Leh mann. 39. stud...-t ... HostOtl-
k leb!: aIlI Reporter in HarnbI#g_

Nach dem Tode Sifling BulJs fliehen

dessen Anhanger aus dem Reser vat und sch ließe n sich
einer Gruppe um den Hauptling Big Foot an. Am 29. Dezember 1890
werden die Flücht enden von Soldate n umzingelt. Als sich auf
Seiten der Indianer ein Schuss lös t. teuem die Kavalleristen in die Menge.
Unter den fast 300 Toten, die spate r mir Karren abtransportiert
weraen. iSt auch die im Schnee ersta rrte Leiche Big Foots
)
VON AND RIAN KREVE;
FOTOS: CHRIS RAINIEA

Indianer gfaubell gern.dass die

Ur ijkl1 rinfac h verschwinden
lI'~rd~11 - I 'i~ll~icht ::u Rauch
espiodieren -, 1\'~11I1 mall Ji~
nur 101l.1[~ K~I1U,1[ ignoriert,
S""'-~", .dn-~ -"'"b<
-aootf Slat ~ _T'h<
5..",,"fl-ullcr...
T"", ~ T~I ~ Tlo; Wor\Ir

a, Tuming Stone

D C;l, inn Resort. ein

vie rsröckige, L n-
geturn aus hell-
grauen Betonkur-
ven und getöntem Glas. steht
zwisc hen den Maisfeldern und
Pinienhainen des Oneid a-Re-
servats im Staat Ncw York.
als Mille der Stamm ein über-
dimensionales Heil in den
Boden gera mmt. um der Welt
der Weißen den Krieg zu er-
klären.
Da, iSI ke ine ungelenke
vtetapher - sond ern eher
schon ein Symbol. Die .Xew
York Times'' hat Ray Halbrit-
ter. den Chef des Kasinos und
.Deneraldirekror-' des Onei-
da-Stamme-; vor einige r Zeit
den gefährlichsten Ind ianer-
kriege r aller Zei len genannt.
Weil er begriffen habe. dass
das Sy-aem der Weißen am
effektivsten mit deren eigenen
.\lilleln zu schla gen sei: mn
Geld und akade mischer Bil-
dung.
Den Händen des 49-Jähri-
gen sieht man an. dass er
früher sein Ge ld als Bauarbei-
ter verdie nt hat. HeUle SiTZ! er
im drillen SToc k des Kasino-
komplexes in einem lederbe-
logenen Chefsesse l. An der
Wand Auvzelch nungen und
Diplo me.
Die Ba, is von Halb ritters
Ge-cbän-e rfclges isT die Ge-
setze-le ge in de n L'SA. die
den lndianerrese....aten we il-
reichende Autonomie garan-
tiert. Dazu gehören die Privi-
legien. Waren steuerfre i anzu-
biete n und lokale Angelegen-

GEO EPOCHE 163

helten selber regeln zu kön-
nen. Zum Beisp iel die Vergabe
von Glü ckss piellizenzen.
Und so sind die - fast über-
all sonst in den USA verbo te-
nen - Bingohallen und Kasi-
nos in den vergange neu Jahren
zur wichtigs ten Einkunfts-
quelle zahl reicher Reservate
gewo rden. Und zu einem Mil-
liardeng eschäft: Allein die
Oneida setzen mit Roulett und
Blackjack jährlich Hunderte
von Millio nen Dollar um.
Aber die Oneid a wollen
nicht nur von der weißen
Spielsuch t profitie ren - sie
verlangen auch Gerechtigkeit.
Von ihren rund 120000 Hektar
großen Jagdgründen im 18.
Jahrh undert ware n ihnen
knapp 100 Jahre später ganze
13 Hektar gebl ieben. Inzwi-
sehen haben sie mit Kasino-
Dollars gut 5000 Hektar zu-
rückgekauft.
Jetzt aber fordert die Onei-
da-Xario n in einer Aufsehen
erregenden Landklage insge-
samt 100 000 Hektar ihres ehe-
malige n Landes zurück. Und
die Chancen vor Gericht ste-
hen gut.
Von solchem Kampfgeist
sind die meisten der 556 otfizi -
eIl anerkannten Stämme und
Gruppen weit entfe rnt. Rund
zwei Millionen Indianer leben
heute in den USA. ein Drittel
von ihnen in Reservaten. Über
370 Verträge zwischen der US-
Regieru ng und den jeweiligen
Stämmen regeln die Gesund-
heits- und Sozialve rsorgung.
die öffe ntliche Alirnentierung
und andere Dienstleistungen
an die Indianer in den Reserva-
ten - auch wenn die meisten
der 35 I India nerterritorien nur
kleine R ecken auf der Land-
karte sind (in Golden Hill.
Connccticut. leben noch sechs
Indianer vom Stamm der Pan-
gusett auf einem gerade mal
Nach 100
Jahren Niedergang jetzt
ein neuer Anfang?
1000 Quadratmeter großen
Stück Land ).
Doch ob sie in Reservaten
oder in den Städten der Wei-
ßen siedeln. ob sie als Pueblo-
Bauern leben oder als Kasino-
Millio näre - die meisten In-
dianer scheitern nach wie vor
an den Bedingungen der ame-
rikanischen Gesellsc haft:
- Fa st ein Drillel iebt unter der
offizie llen Armutsgrenze (US-
Durchschnitt: 13 Prozent) ;
- zwische n einem Drittel und
der Hälfte der Sch üler verlas-
se n die High School ohne Ab-
sc hluss:
«ein er von sechs Jugendlichen
hat schon einmal einen Suizid
versucht - vierma l mehr als
der us-Durchschnur:
- einer von vier indianisch en
Oberstufenschülern ist alko-
holgefährdet:
- ein Drittel aller Indiane r
stirbt vor dem 45. Geburtstag
an alkoholbedingten Krank-
heiten: fast fünfmal so viele
wie im Schnitt der amerikan i-
schen Gesamtbevölkeru ng.
Die Monotonie des Reser-
vats blieb fiir J101wte, viel-
leicht Jahre beständig. bevor
ein Mann plötzlich eine Pisto-
le aus einem VersTeck holen
und einem anderen .Wann ins
Gesicht schießen wurde; oder
eine Gruppe Frauen eine an-
dere Frau aus ihrem Haus zer-
ren und ihr das linke AU/ie
glatt aus dem Schädel schla-
gen würde. Nach dieser ersten
Ge walUal wurden tivolisie-
rende Familien Rache schwö-
ren Imd Verge/wng üben. Da-
IUKh würden sich drei oder
der Menschen das Blur von
ihren Händen waschen und
in den Bergen verschwinden.
was weiße .\1ü11l1er dazu brin-
gen würde. Zeitungskommen-
rare zu schreiben. Diesen
Nachrichten würden Verhaf-
tung, Prozess. Urteil und eine
Busf ahrt ins Gefängnisjolgen.
Und dann. und nur dann, wür-
de sich die lange Stille, die
Monotoniewiedereinstellen.
Das Xavajo- Reservat im
Südwesten. fast so gro [~ wie
Bayern. ist exemplarisch für
die Probleme und die Chancen
der Indianer. Die Navajo, heu-
te der größte Stamm der USA.
kontro llieren ihr Territorium
mit 170000 Ein wohnern prak-
tisch selber. Sie haben eigene
Schulen und Krankenhäuser.
eine eigene Feuerweh r und so-
gar eine eigene Polizei. Wa-
shington beschränkt sich dar-
auf. die jährlichen Zuschüsse
zu überweisen und bei Kapi-
talverbrechen das FBI zu ent-
senden . Sonst aber hält sich
die Regierung zurück.
In der Hauptstadt der Navajo
hat sich das kaum positiv aus-
gewirkt. Window Rock ist eine
triste Ansamml ung flacher So-
zialbauten. Fast-Food-Buden
und Zweckgebäude in einem
von hohen Kalkfc1sen umgebe-
nen Talkessel. Vor dem Super-
markt hocken Arbeitslose.
Alkohol ist offiziell verbo-
ten. Dennoch wird er die meis-
ten dieser Mariner vermutlich
bald umbringen . Weil sie es
sich nicht leisten können. die
zehn Meilen bis zum nächsten
lizenzierten Schnaps laden IU
fahren. trinken sie ..Ocean w a-
ter": Das Gemisch aus Wasser
und Haarspray für zwei Dollar
führt schon nach wenigen
Schlucken zum totalen Rausch.
Die meisten Navajc leben
je doch nicht in städtischen
Kunstgeburten wie Window
Rock. sondern wie eh und je
verstreut auf ihren Farmen in
der Halbwüs te. Ihre Hauser
oder Wohnwage n sind meist
nur über meilenlange Schot-
terpisten zu erreichen . Dort
züchten sie Pferde und Schafe.
bauen Mais und KUrbis an.
weben Teppiche.
Solch weitgehende Selbst -
versorgung schlägt sich in den
offiziellen Statistiken kaum
niede r. Viele Navajo nehmen
zwar wenig Geld ein. sind aber
nach eigenem Verständnis
dennoch wohl habend: Ihr
Reichtum bemisst sich nach
der Größe ihrer Herden. Als
reich gellen auch jene. die die
komplizierten Heilgesänge
ode r andere Rituale beherr-
schen .
Alex Yazza hat gelernt. das
Leben im Spaga t zwischen
zwei Welten zu verbringen . Er
verhandelt genauso geschickt
mit den Beamten des Bureau
of Indian Affairs über die
Höhe staatlicher Zuschüsse
wie mit dem Stamm esrat und
verarmten Navajo über deren
Verteilung. Der 36 Jahre alte
Sozialarbe iter und studierte
Manager hat dafür gesorgt.
dass der Stamm das ehemals
staatlich e Wohlfahrtssystem
nunmehr komp lett selber or-
ganisiert.
Stundenla ng fahrt er mit
seinem Pick-up bis 7.U einem
einsamen Haus irgendwo in
der Halbwüs te - um etwa ei-
nen alten Nav ajo darüber zu
informieren. wie viel Unter-
stützung ihm zusteht. 0011 .
am Ende der Welt. holt Yazza
dann seinen Laptop mit dem
eingebauten Send et hervor
und nimm t via Satellit Kon-
takt mit dem Zentralbüro der
Xavajo auf. Sekunden später
hat er alle notwendigen Daten
auf seine m Bildschirm.
Die Fürsorge, die früher
nach dem Gießk annenprinzip
untersc hieds los ausg eschuuet
.... unk ..o ll nun zielge richtet
so verteilt werden. dass die
verarmten Familien dami t ei-
nen Xeuanfang aus eigene r
Kraft finanzieren können. So-
zialarbeiter ..teilen gemeinsam
mit den Betroffenen einen
.Leben..plan- auf. der detail-
liert ane Schritt e aufrührt
(Weiterbildung. Er nschul-
dung. Entzie hung..kuren ). die
aus der sozialen Abhängi gke it
führen sollen - dan n erst wer-
den die Gelder gew ährt.
• Lg -Zensusbehörde: Die zählt
Für die meinen Indianer sind
die Sterne nicht mehr als
weiße Groöveine. I'erstreut
über einem dunklen Friedhof
S!lo;rman Al" i., ,:rhe roogbc'l Indian In
Tbc """, I<!'·
Xavajo können - wenn sie
es denn w ollen - ihr ganzes
leben ausschließlich unter
Xavajo verbo ngen. mit Xach -
bam in ihrer Muttersprache re-
den und an allen traditiondien
Ritualen teilnehmen. Allen-
falls der Kauf \00 Werkzeugen
ode r Ersatzteilen zwi ngen zum
Besuch in einem On der
Weißen.
Schon die Tatsach e. dass
ein traditionelle.. Leben auf ei-
genem Land für sie möglich
ist. erhält ihnen eine Fonn von
Würde. die ..ie als Fürsorgefal-
le des Staate s längst verloren
hätten, $0 stellt sich ihnen
weit seltene r die Frage nach
der Identität. die andere India-
ner umtre ibt. Denn die Am-
wen darauf falh sch wer: In-
dem man '>0 lebt . '>0 wohn t. so
spric ht. '\() glaubt wie die Ah-
nen? Oder Kompromisse ein-
geht in Bildung. Berufsweh.
Religion? Wobei erst einmal
das w ichtig..te alle r offenen
Probleme zu klären ist: Wer ei-
gentlich iSiein Indianer?
Denn nicht einmal dafür
gibt es eine allgemeingültige
Defin ition. Für das Bureau of
Ind ian Affairv ist Indianer. wer
zu 50 Prozent - in Ausnahme-
fallen zu 25 Prozent - indiam-
scher Abs tammung ist und
Angehöriger eines der offiziell
anerkannten Stämme.
x un hat aber fa..t jeder
Stam m -.eine eigenen Defini-
uonskn tenen Xiemand weiß
also, wie viele der rund zwei
~1i1J ionen Ind ianer ..one half
or more Indian blood" habe n
und wie viele nur •.ofIndi an an-
cevry''sind. Simpel und doc h
ve rtrackt ist die Definition der
jeden als Indianer. der sich zu
einem solchen erklärt,
Inzwischen i..t der Wille . In-
d ianer 1U ..ein. fast so wichti g
wie die ethnische Abstam-
mung. Deshalb muss sich. wer
Ind ianer sein möchte. erst dar-
über klar .... erden. warum er
das will. Bejahen kan n da,
Wergenau
ist eigentlich ein
Indianer?
nur. wer überzeugt ist vom
fortd aue rnden Wert des india-
nischen kulturellen Erbes in
einer sich wandelnden Welt ,
li nd tatsächlich: So wie
einst Häuptlinge mit den wei-
ßen Errung enschuften Pferd
und Gewehr um ihr Land
kämpften. so verteidigen auch
heute Krieger mit den Waffen
der We ißen die Reste jenes
Erbe s.
Da i..t Wi noua LaDuk e. 41.
Öko- Politikerin mit Washing-
ton-Ambitionen. Sie kauf t
Land für ihren Stam m, die
Anishinaabe - und praktiz iert
da mit ein Denken in Besitz
und Titel. das ihren Vorfahren
fremd gew esen ist.
Da iSI RusseIl Means. 61.
ein altgedient er Indianerakti-
vist und Gelegenheitsschau-
..pieler in Hollywood. Er hat
seine politische Leh rzeit im
Ame rican Indian Movemem
absol viert. einer 1968 gegrün -
deten Organisation. die mit
militanten Aktionen wie der
Besetzung von wounded
Kneeebensoradikal gegen die
weißenprotest ierte wie gegen
das nach ihre r Meinung er-
starrte traditionelle indiani-
sche Establishment in den Re-
sen aten .. .lndianer", sagt Rus-
seil xteans...gehe n daran zu-
grunde. dass ihnen zu viel
Symparfue entgegengebracht
wird , Doch was sie wirklich
brauche n. das ist Recpej,t,'•
Und schließlich sind da der
Schri ftsteller Shennan Alexie.
34, und der Filmemacher
Cbris Eyre. 30. die für eine
neue. selb stironische. sich
nicht selbst bemi tleidende
Indianergeneration stehen .
Gemeinsam habe n sie nach
einer Kurzgeschichrensarnm-
lung von Alexie den Kinofilm
.Smoke Signals" produziert.
die grimmig-komische Ge-
schich te zweier jun ger India-
ner. die ihr Reservat in ldaho
verlassen. um in Phoenix. Art-
zona, die Asche des Vaters ei-
nes der beiden abz uholen -
und denen Amerika so fremd
ist. dass sie nicht ei nmal wis-
sen. ob ..ie für die Reise Pässe
brauchen ,
In Rückblenden erzählen
Eyre und Alexie vom Lebe n
der beiden Protagen ieten in
ihrem Reservat und lassen da-
bei kein heikles Them a aus:
weder die Alkoholprobleme
der Rese rvatsbewohner noch
deren verkommene Lebens-
umstände und dere n manch-
mal brutalen L:mga ng mitein-
ande r. Der Film gewann auf
Festivals etliche Preise. und
das Intellek tuellenblau ..The
\"ew 'rork er'' erklärte Sher-
man Alexie zu einem der bes-
ten Schriftsteller unler -W.
Alexie. Ex-Alk oholiker
(und Sohn z.... eier Alkoholi-
kerj. ist in einem Reservat der
SpokaneiCoeur d'A lene im
Nordwesren aufg ewac hsen -
einer tros tlesen Ecke im Xir-
gendwe, die er schon lange
hinter sich gelasse n hat und
wo er heure auch nicht mehr
beso nders gern gese he n wird.
•.Er beha uptet. seine Ge-
schichten se ien pure Fiktion",
erzäh lt der önhche Bibliothe-
kar, ..Aber wir hie r wissen alle
sehr genau . .....en er jewei ls ge-
meint har.:'
Immer wieder hat Alexie
die Suche nach der indiani-
schen Identit ät zum Them a
seine r Romane. Gedi chte und
Kurzgeschichten gemac ht end
so sehr er selbst. abe r auch
Mit streiter wie Chris Eyre
ode r RusseIl Means. schein-
bar vor Sefbctbewusstsem.
ja Cberheblich keit gegenüber
weißen strotzen, <;(I rollig und
frech sie sich gebe n. so tragen
sie doch alle d ie WL~UE in
sich. das Tra uma der vergan-
genen 500 Jahre . die ewige
Erinnerung an d ie Niederlase
ihrer Völker. •
In einer sei ner Geschichten
notie rt Ale xie: ••Mein Vater
hat mich nie mals Hoffnung
geleh rt. Standessen sagt e e~
mir imme r und immer wieder.
da ss unsere Hoffn ung nie
zurüc kkehren werde, und auch
wenn diese Lektion grausam
zu sein scheint. -.0 weiß ich
genug. um in einer Gruppe
Weißer stets mein Herz zu
bedecken." C!
AndIian K<eye. 37. ist ~
sponcletIt der .$iiddeutsche<l ze-
~- in ""- Yot1<_ Der Amertkaner
Chris ~irMer . 42. totograt>ett set
Ja"ren weI!WeIt indigoene V6Iket .
GEQEPOCHE 165
 CAMP
'--'U'-"'S';------,---_ --,---:;-----,-,-------,-----,..,------
Aus Fo r s c hu n g u n d Ge sel lsc ha ft
NDIANERMUSEUM tcr, plädiert für einen Kompromiss:
. Mit derunrechtmäßigen landnah-
me.den vielenVertragsbrüchenund
»Zeigen, wer wir demerzwungenen Lebenim Reser-
vatwar das 19.Jahrhundertkeinan-
wirklichsind« genehmesKapitel unserer Geschich-
te.Das messenwirrNar imMuseum
ansprechen, aber das 19. Jahrhun-
iele Bevölkerungs- und Inter- dert ist wahrlich nicht die Summe
V essengruppen derUSA haben
im Museumsviertel Vlln Wa-
shington D. C. ihrePilgerstärte
Nur dieIndianer, diezuerst hierwaren,
sind bislang leer eussesanäen••in-
unserer kulturellenIdentität."
Klar ist zumindest, dasses bei dem
Projekt um ,Geschichte und Gegen-
wart der amerikanischen Indianer
vonAlaska bisFeuenand' gehenund
dianischeKultlJr findet im Naturkun· dass eine indianische Sicht der Din-
demuseumstatt,gleichnebendenDi- gevermittelt werden soll. .Das Mu-
nosauriern", kritisiertder indianische seum ist eine Chance, der Welt zu
Museumsarchitekl DouglasCardinaL zeigen, wer und was wir wirklich
.scenstet oer Eindruck,wirzählten sind", betont West. Doch zu dem
nicht zudenMenscherl. sondern zu ,wir" gehören allein556 regierungs-
denprähistorischenLebewesen.' amtlich registrierte Stämme, und
Doch das soll sich ändern: Dem- insgesamt vertritt das Museum so-
nächst werden auch die amerikani- gar rund 1000 indianische Gruppie-
schen Ureinwohner mit einem eige-
nenHaus. dem"NationalMuseumof
rungen, deren Kulturen sich ebenso
stark unterscheiden wie in Europa
tneemencen Indian" lNMAf), in der die von Italienern, Finnenund Deut-
Hauptstadt vertreten sein. Das 140 schen.
Millionen Dollar leure Projekt soll "Selbst das Baumaterial ist umstrit-
2002fertigsein.
Doch Diskussio-
nen um Konzept
und Details halten
den Baubetrieb
ten", sodieMuseumssprecherin Ca-
rol Hicks. Viele Indianer glauben,
dass alten Steinen die Seelen ihrer
Vorfahren innewohnen. und schre-
cken daher davor zunick, sie zu
auf. Soll das Mu- stark zubearbeiten. "In einem Haus
seum zum Bei- aus Stein umgeben uns mit den
spiel die Höhe- Wänden und BödenunsereGroßvä-
punkte der india- ter", erklärt auchGardina!.
nischen Kultur Das Baukonzept des Museums soll
betonen - wie dem Rechnung tragen: Rund 30Pro-
manche fordern zent des Grundstücks werden mit
Ail~ - , oder muss Bäumen bepflanzt, aufweiteren30
11Id ;" n ~ r- Vig,o~ r : ~ n die Auslöschung Prozent entstehteine Landschaftmit
sina~ inem e,lder- der Indianer im Flusslauf und indianischen Kultur-
/;)Ogen cer .l magM e
d 'El)inal·i/i.IS Zentrum stehen? püanzen.Daseigentliche Museums-
dem 19. Jahrtwooen Richard West.der gebäude wird aus blassgelben
eMnommen designierte Direk- weichgeschwungenen Kalkstein-
mauemerrichtet und soll trotzseiner
fünf Stockwerke .ecker onduliert"
aussehen - . als wäre das Gestein
VOll Windund Wasser geformt" , so
Cardinal
Auch um die Exponate gibt es Aus-
einandersetzungen: Einige Indianer-
fiihrer haben angekündigt, von den
Weißen unrechtmäßig beschlag-
nahmte Objekte .recsr aeren' zu
wollen. Ein Großteil derAu sstellungs-
stücke stammt aus der Sammlung
des New Yorker aescnänsr emes
George Gustav Heye. Mehr ais ein
halbes Jahrtendert lang hatte Heye
von 2000 Indianern aus MuseumsbestaJXJ
indianische Kunst- und secraues-
gegenstände zusamm engetragen.
Als er 1957 starb, hinterließ erdem
Staat New York rund eine Million
Objekte.
Finanziert wird das ProjektNMAI zu
einemGrittel von derUS-Regierung;
den großen Rest sollen Spenden
erbringen'. Bisher haben 250000
Mäzene Geld überwiesen, darunter
die Schauspieler Kevin Costner und
Paul Newman. Der größte Betrag -
zehnMillionen Dollar - kamvonder
. Mashantucket Pequot Nation of
Conaecncut'', einem kleinen Volk an
der Ostküste.
ImNMAI sollen dieBesucher perscn-
liChe Erlahrungen mit der Kultur der
Lkeinwohner machen können. India-
ner werdensiedurch dieAusstellung
fiihrenund vomLeben ihrerVar1ahren
erzählen. Interessierten wirdgezeigt,
wie man Kanus baut oderWeidenkör-
be flicht. Und wer unbedingtwill, soll
auchindianisch musizieren undtan-
zenkönnen - wennauchnicht zuden
Klängen der Originai-Trommel von
Sitling Bull, einem der wertvollsten
ExponatederAusstellung.
Oie ist fürsoetwastabu.
MariaBenning
.AIS wäre das
Gestein vonWind
und Wasserge-
totmt-: Douglas
Cardinals Ent-
wurf des India-
ner-Museums in
Wasllington
" Nahere. über
die Mötllchkeit , för_
derndes Milgiied
zu werden. unter;
wwwsl.edu/nmal/
nav./ltm
_
LetztesGeleit; Die Überreste
werden im National Park von Pecosj
NewMexico bestallet
OTENEHRE
Die Heimkehr
der Ahnen
ie man erderUSA und Kana-
D dasführensen 25Jahren ei-
nenerbitterten Kampf gegen
Museumskuratoren und An-
thropclog en. Sie fordern: Gebt uns
die Gebeine unserer Toten zuriick
Denn Knochen, Schädel und Grab -
beigaben indianischer Vorfahren lie-
gen seit fast150Jahren in Vitrinen
und Kellern amernaniscber Museen,
Mindestens 80000 Skelette sonen
eingelagertsein.
In der zweitenHälfte des 19. Jahr-
hunderts machtensich in den USA
Forscher neren. die Gebeine und
Schädel der amerikanischen Urein-
wohn er systematisch zu untersu-
chen: Knochen wurden vermessen,
Köpfe mit Schrotkugelngelüllt - um
SO die Größe des Gehirns zuermit-
teln. Nachdem George A. Otis vom
"'my Medical Museum in Washing-
tonum1870 rund800Köpfeausge-
messenhatte,folgerte er: .üenIndia-
nern muss eine niedrigere Stellung
innerhalb der Menschheit zugewie-
senwerdenals bisher vermutet.' Er
halle zuerkennengeglaubt, dass in-
dianische Hirne klein erseien als die
derWeißen.
DieSchädelforscherwurdensichei-
nig: Amerikas Ureinwohner waren
von schwachem Verstand und nicht
zivilislerbar. Doch zufrieden gaben
sie sich damit nicht, sondern sam-
melten eifrig weiter, Anthropologen
brachen Indianergräber aufund ver-
kauften dieKöpfefürjefiinfOollaran
die Museen; komplette Skelette
brachten 20Dollar.Alleindierenom-
mierte Smithsonian lnsuunon in
Washington erwarbaufdiese Weise
dieGebeine von mehrals 20000Ur-
einwohnern.:
AuchdieArmy beteiligte sich ander
~ag d auf die Gebeine. Nach einem
Uberfall der US-Kavallerie auj die
Cheyenne am SandCreek inccora-
do1864 zogen Militärärzte über das
SChlachtfeld, Sie hackten den Toten
die Köpfe ab. enüeecnten sie und
schickten dieSChädel ans Army Me-
dical Museum.
Erst 1990 beschloss der US-Kon-
gress ein Gesetz zumSchutz indiani-
scher Gräber, den .Native American
Graves Protection and Pepatriaticn
Ac!" (Nagpra). Seither haben Völker
oder Stämme wie die Sioux oder
CtleyennedasRecht.dieGebeine ih-
rer Vorfahren zuruckzuseranqen. So
gaben beispielsweise am 22. Mai
1999 die Museen der Harvard Uni-
versity unddie Phillips Academ y in
Andover bei Boston die Überreste
von fast 2000 Peccs- und Jemez-
Pueblo-Indianern an deren Nach-
kommen in New Mexico zurück.
Knochen. SChädel und Grabbeigaben
wurdenin Ki stenverpacktundinden
Pecos National Hstcncal Park gefah-
ren. Vor derneuerlichenBestattung
erwiesen etwa 1000 Indianer den
GebeinenderTotendieletzte Ehre-
diesmal auf Dauer.
YorkPtjann
RCHAOlOGIE
Alt-Amerikas
längsteStraße
m Jahre 1989 entdeckte Bradley
I Lepper von der Hstorcal Soriefy
Dhlo einManuskript das die Pri-
vatgelehrten James und tnarles
Salisbury 1862 verfasst hatten. Dar-
in beschrieben die beiden Brüder,
wie sie den Verfauf eines uralten
Wegesgefundenhatten.dersichvon
Newark in Dhio nach Südwesten er-
streckte. Deutlich ließensich. sodie
Brüder. über etliche Kilometer zwei
parallele Mauem verfolgen - und
zwar viel weiter nach Süden, als
Forscher bisdahin gedacht hatten.
Doch diese Information verschwand
für über 100 Jahre in den Archiven.
Nun hatLepper sie in der American
Antiquarian Society in Worcester.
a essscncsens. wieder ausgegra-
ben, und seither lässt ihneine Pas-
sion nicht mehr los: dieSuche nacn
der großen Hopewell-Straße - ge-
baut von Indianern.dievon etwa 200
v cnr. bis400 n. Chr. am Oberlauf
des Ohio sowie am Zusammenfluss
von Mississippi und Missouri gesie-
delthaben.
Ihren Namen erhielten die Hopewell
von einerFarmimRoss County, Ohio.
wo lm 19.Jahrhundert erstmalsdie
für sie typischen Hügelbauten und
Artefakte entdeckt worden sind. Da-
zugehören Begräbnishügel, die bei
einem Durchmesser von 30 Metern
eineH{ihe vonzwölf Metern errecn-
nisse der 1600 Jahre alten Hopewe/H(ultur
ten und über einer hölzernen Grab-
kammer errichtet wurden.DieseHü-
gel waren oft von einem Ring etwa
meterhoher Erdwälle umschlossen,
mit Durchmessern von bisZu einem
halbenKilometer,
DerInhalt der Grabkammern erzählt
viel über die Hopewell, vor allem
über derenausgeprägte Vorliebe für
Luxusgüler aus den entlegensten
Regionen. Ganz offensichUich ver-
fügtendiese frühenIndianer über ein
weitreichendes xancersnetz. denn
unter den Grabbeigaben Die Indizien: kurze
fanden sichunter ande- strecken parallel ver-
rem kunstvoll gearbeile- laufender und etwa ein
te Snnouenenerroleme Meter hot er Erdwälle,
und Brustplatten aus deren Abstand vonein-
taee-sucencr-Kupfer. ander gleichbleibend 60
Glimmertafeln aus North Meter beträgt. Sollte
Carolina. Obsidian aus sich Leppera These be-
Wyoming und Idaho, tiertörmige stätigen,dass einst eineschnurgera-
Köpfe für zeremcnefpreteo aus de, 60Meterbreiteund90Kilometer
dem roten Catlinit Minnesotas so- lange Prachlstraße die Kultanlagen
wie Meerwasserschnecken (Kon- von Newark im Norden mit denen
chylien), Hai- oder AJligatorzähne voncüccme im Süden verbunden
und Barrakuda-Kiefer aus densüd- hat dann hätte erdamit dielängste
lichenKüstenregionen. prähistorische Straße Nordamerikas
Zwei bedeutende AnlagenderFeld- entdeckt. Sie wärenicht nur länger,
bau und Handel betreibenden Bope- sondern auch etwa 500Jahreälter
weil liegenin Onio. Es sinddie Erd- als jeder ,Highway· der legendären
werke von Newark und Chilicothe, snasan im Südwesten(siehe Seite
die sichmit Ausnahme der Abmes- 34).
sungen in verblüffend vielen Details Aber warum sollen die Hopewell
gleichen.aece Ku ttanlagensindaus überhaupt diese Straße angelegt
Erdwällen in bestimmten geometri- haben? Ist sievielleicht dem mythi-
schen Formen konstruiert: Ein Kreis schen .Weißen W€fl" der Deaware-
Indianer vergleichbar - ei-
nem Pfad, auf dem die
SeelenderToten ihreReise
in die Geisterwelt antraten
und damit zwei Welten
verbanden?
Von denDelaware des öst-
lichenWaldlandes wird be-
richtet, dass sie für diese
Jenseitsvision Dickicht
und Dornbüsche rodeten,
Bäume fällten, Steine und
Felsbrocken zur Seite
räumten unddann die rie-
Fig urine einer Frau und Voge/Malle: Zeug-
sige SChneise mit weißem
Sand ausstreuten. Ahnli-
im heu tig en Ohlo und lIIinois
cne Vorstellungen finden
sich auch in derRitualwelt
ist durch einen breiten Gang mit der Dnondaga, dieeinstmalsimheu-
einem Achteck verbunden. Das tigen Bundesstaat New York gelebt
AchteckvonNewark umschließt eine haben. So deutet nach Bradley Lep-
Fläche von knapp 18Quadratkilome· per einiges darauf hin, dass essich
ten. das von tnncotne immerhin bei dergroßen Hopewell-Straße um
nochfast dieHälfte. einen Pilgerweg gehandelt haben
Und üenau diese beiden Kultanlagen könnte, Einen Pfad. der die Kultge-
könnteneinst durchdiegroße Hope- meinschafl von Newark mit dervon
weil -Straße miteinander verbunden Chilicothe verbundenund durch je-
gewesensem. nes Ritual auch noch einen Weg in
Im Juli 2000 stellte Bradleyteroer dieGeisterwelteröffnet habe,
seineneuesten Ergebnisse der Fach- Trifft diese These zu, dann wären
welt VQr. Der Archäologe hatte sich die beiden einzigartigen Erdwerke
durch alle Lu flbildaufnahmen der womöglich einstvon Tausenden von
Region gewühlt, war selbst in ein Gläubigen alsDienst an den Göttern
Flugzeug gestiegen und hatte sicf errichtet worden - und die bei den
monatelang am BodenaufSpuren- Hopewell gefundenen LuxlJsgegen-
suche begeben. SChließlich konnte stände aus fernen Regionenwärenin
Lepper fünt Fundplätze ausmachen, WirkliChkeit kultische Opfergaben
an denen sich deutlicheAAzeichen gewesen, Anje Herold
für die von ihm angenommene
Straßenverbindung zwischen New-
arkundChilicothefinden. GEOEPOCHE 167
CAM PUS"---
RANSSEXUALlTÄT
Die Kinder der
Mondgöttin
D
er Maler. George Ca. ".inbrach-
te den Indianern, deren te-
ten er Inden drelßlgerJah-
ren des 19. Jahrhunderts
porträtierte, viel Syrnpatnle entge-
genund nahmgern an ihrem Alltag
teil.so befremdlich ihmmanche ih-
rer Brauche auch vorkamen. Aber
Hundefleisch essen war dieeine sa-
cne- ein Tanz. dessen Zeuge erbei
den sauk an den Großen seen wur-
de. eineandere. "Ichwünschte, die-
ser Brauch würde ausgelöscht. be-
vor noch mehrüber ihn geschrieben
wird", notierte er.
Was GaUin soempört hatte, wardas
Phänomen .Freurnann":Es gab bei
den Sauka ämer, die Frauenkleider
trugen, sich am liebsten bei den
Frauenaufhielten und diesenbei de-
renArbeiten nanen. Außerdem hal-
ten sie Sex mil den Männem des
Dorfes - die ihnen einmal Im Jahr
dankbar einen Tanz ausrichteten.
Dann standen die Jccocooa- buch-
stäblich imMittelpunkt: Umsie durf-
tensichnurdiejenigen Männer scha-
ren, die dasJahr über ihreGunst ge-
nossen hatten,
Oie saukhätten sich wahrscheinlich
über Gattins Entrüstung sehr ge-
wundert, denn die lcoocooa waren
ein fester Bestandteil ihrer Kultur,
und niemand fand etwas dabei,
wenn Männer sie hin und wieder
aufsuchten. Sie galten, wie Catlin
anmerkt, als "Medizin und heilig",
dennsie handelten auf übernatürli-
ches Geheiß: Während Geister den
meistenKnaben zurZeit der Visions-
suche denWeg ins Leben eines Jä-
gers und Kriegers
wiesen, erschien
einigen wamqen
die Mondgötlin
und oeamihnen,
fortanwieFrauen
zuleben.
Manche Knaben
der Omana er-
lebten in einer
Vision, dass die
Mondgotllleit ih-
168 GEO EPOCHE
nan sowohl einen Bogen als auch
einen Riemen zeigte, wie ihn die
Frauen zum Tragenvon Lasten be-
nutzten. Versuch te der Knabe, nach
dem Bogen zu greifen, kreuzte die
Göttin rasch die Arme, so dass er
startdessen den Lastriemen zu fas-
sen bekam. Auch das bedeutete,
dass er fortan alsFrau lebensollte.
Oie cmena nannten solche Frau-
männer.Mixuga" - .jernand.der aul
Geheißdes Mondes nancen'.
Überraschend sindsolcheVisionser-
lebnisse indeskaumgewesen, denn
jene Knaben, die zu Fraumannern
heranwuchsen, zeigten durchweg
schon von kleinauf mehr Interesse
an Frauenarbeit als an Jagd und
Krieg. Begeistert waren die Eltern
davon nicht immer, War der Junge
aber davon nicht abzuhalten, sich
wieeine Tochter zu benehmen, und
ward iese Neigung dann au~h noch
In einervscn vcn üt emeiür achen
abgesegnet worden, so fügte sich
meistdieFamilie.
Fraumänner gab es in mindestens
133 indianiscllenKulturenNordame-
rnas. Doch auch wenn siewieFrau-
en lebten, sogaltensieinihremVolk
keineswegs alsweiblich- aber aucn
nicht als MänneL Sondern als eine
Art drittes Geschlecht, das Männli-
chesundWeibliches inSichvereint -
eeetwas Besonderes, BeidenChey-
enne arrangierten Fraumänner oll
Hochzeiten, waren aber auch allge-
mein als Vermitllerinnen zwischen
den eescmecntem beliebt, da sie
sich gleichermaßen in Frauen wiein
Männer einfühlenkonnten,
Mancllmal schenkten die serswe-
sen den Fraumännem auch beson-
dere Gaben: Vrx allem dort. wodie
Heiltäligkeit ohnehin vor allem von
Frauen ausgeGbt wurde, waren sie
oftMedizin-.Frauen"_Bei den takcta
verdankten Kinder ihnenGlück brin-
gende Namen, bei einigen Ptams-
völkern nahten sie die schönsten
Tipisund dieprächtigsten mit Glas-
perien verzierten Kleidungsstücke.
Umgekehrt gab es bei manchen
Stämmen auch Frauen, die wie
Männer lebten, auf dieJagdgingen
und sich mit Frauen vemeraieten
sucn diese . Mannfrauen" hatten
sexuelle Beziehungen zum eigenen
Geschlecht.
Fraumannet kopierten Frauen oftbis
insDetail inKleidung. Haartracht und
Sprache, Doch während manche
auch kärperlich kaumvonFrauen zu
unterscheidenwaren, konntenanoe-
ren ihre eckigen Körperformen nur
unzulänglich unter ihren Kleidern
verbergen.
Wewtla etwa, eineLhamana.wiedie
Zuni ihre jraurnanner nannten, war
Ende des 19. Jahrhunderts einer der
größten Menschen im Pueblo, eine
lange Gestalt mit kantigem Gesicht.
Im Dor f hochangesehen:
.Fraumann. Wewha vom Stamm
der Zuni
Sie warmit der Elhnologin Mattlilda
COxe Stevensort befreundet.die da-
mals dieMythen der zunr aufzeich-
nete. Wewha war perfekt in allen
weiblichen Tätigkeiten und hochge-
achtet dafür. Doch als sie starb, zog
man ihr zuihrem Kleidnoch weiße
Baumwollhosen über, wiesie zunr-
Männer trugen. und begrubsie auf
demsüdlichenTeil desFriedhofs.
Der warden Männern vorbehalten
sabine Lang
ECHNIK
Kupferindustrie
vor5000 Jahren
H artnäckig...hält .SiCh se.lbst
unter Wissenschaftlern die
Auffassung, Nordamenkas
Indianer hatten 10 v()(\<.olum-
biseher Zeit kein Metall verarbeitet:
ein Urteil. das verwundert, da doch
dem spanischen Konquistador Her-
nando ee Solo im Jahre 1540 von
---1
derFürstin in tonacneeur (vermut-
lich im heufigen South Carolina)
nachAussage derCllronisten. Berge
von Kupler" überreicht worden sind.
TatsächlichentdecklenAmerikasUr-
einwohner aber bereits vor 7000
Jahren die reichen Kupferlagerslät-
ten imGebiet der Großen Seen, ins-
besondere um den Lake Superior.
Hier kommt gleich an mehreren
Fundplätzen elementares Kupfer
(alsokein EI7,sondern pures Metall )
nahe der Erdoberflächevor.
Zahllose Abbaugruben, gefüllt mit
Steinbrocken, Hammersteinen und
anderemGerät, zeugenvorn caman-
gen Tagebau. Demnach wurde das
Metall mit steinernen Hämmern aus
dem Gestein gebrochen, das Kupfer
ausgelesen, nur tecnt erwärmt und
dann ..kalt" - also nicht geschmol-
zen - in Formgehämmert.
Einige dieser Metallwerlaeuge wa-
ren Sten-, Holz- und Knochengerä-
tenaus anderen Regionen nachge-
baut. Zum Beispiel diesogenannten
uu-scmeuen- sichelformige Mes-
ser. die im Osten der Region aus
SChiefer und im westen aus Kupler
gearbeftet waren. Darüber hinaus
wurden Meißel, Speerspitzen mit
rönemanerunc sowie mit Widerha-
ken bewehrte Harpunen aus dem
Metall hergestelft - und sogar
Schmuckstücke,
Das älteste bisher bekannteKupfer-
artelakt Nordamerikas stammt vom
South Fowl Lake in Minnesota: eine
soeesonze. in deren Tüllenschaft
noch Reste des Holzstiels erhalten
sind.Alterdes Stiels: rund 6700 Jah-
re.lnsgesamt fanden Archäologenin
der Region bis heute weit Gber
20000 Metall-Artefakte, sodassdie
Wissenschaftler inzwischen von ei·
ner regelrechten Kupferindustrieseit
dem Jahr3000v. Chr. sprechen. Die
Produkte dieser Industrie wurden
auch gehandelt, zunächst regional.
dannineinem Umkreisvonetwa600
Kilometern, Seil etwa 1000 v. Chr.
gehörte Lake-Superior-Kupfer auch
zu den Femhandelsgütern, die bei
den Kulturen im Südosten begehrt
waren.
Susan Martin von der Michigan
Technological University, die sichmit
der Geschichteder indianischenMe-
tallverarbeihmq beSChäftigt, verrno -

tetsogar. dass KupferimBereich
der Großen Seen, speziell am
Fundplatz tac Labelle. bereits
um5800 v. ehr. bei derHerster-
lungvon WerkZeugenund Speer-
spitzen verwendet worden ist.
Damit könnte Kupfer in Nord-
amerika also schon früher. vor
fast 8000 Jahren, verarbeitet
wordensein. Anja Herold
Erl eb en Si e ei n S tü ck ursp r ün glic hes
AME Cowboys
IN DER H EIMAT MARK IG ER
GIBT ES M EHR Ranches
Indianern
HÖH EREN BEVÖl KERUNGSAN TEIL AN
ALS IN Jm EM ANDEREN BUNDE SSTAAT. H I ER SCH LAGT
DAS H ERZ DES
OKLAHOMA TOUR ISM AND RECREATION
15 !' . Rohi.,o". h;l< 801 • O~I .bom .
MEDIZIN
Heiler voller
Geisteskraft
arere sind in den Mund
M
durchs Ohr geschossen
worden, manche durch die
Brust. All diesund viele an-
deresetrecktehe Verletzungen heil-
ten sie durch ihre seltene Meister-
schaft imGebrauch von Pflanzenoder
teuflischen Zaubereien in kürzester
Zeit " So schrieb der Engländer Wii-
üam Wood 1639 über die Heilkunst
der Indianer,Was eter konntenindia-
nischeMedizinmänner wirl<lich?
Üblicherweise wirktenbei den Stäm-
men mehrere, lewens anoersspeaa-
UN D EIN EN
Cily. OK 1310Z • Ttl efon: 40'· H l·24Cl6 ' Fu'
lisierte Heiler. denn. so erklärte um .
1970 der Lakota Lame Deer, ,kein
Menschträumtvon aller Medizin. Du
musst dieHeilkunst dortanwenden,
wodeine Kräfteliegen."
Sosprach bei den takca der Kräu-
terheiler (PelotaWiCa&l) mit Pflan-
zen; derYuwipi-Mannheiltemit Hilfe
wundertätiger Steine; der Wapiya
konnte Krankheiten aus dem Körper
saugen, der Seher (Waayatan) Ereig-
nisse voraussagen; und derHeyoka.
derheilige Clown,verkehrte alles ins
Gegenteil, brachte die Menschen
zum Lachen und vertrieb so deren
Depressionen. Doch nur derWicasa
Waken, der Heilige Mann, war der
wahreHeiler, derall diese Künstebe-
herrschte.
Eines hattenalle Heilergemein:den
Glauben an eine übernatürliche
Kraft. diesich inVisionen erschloss.
40~·S2 1· )992 • "' ''·'' '.I",·.l ok.oom
Bei derSuche nach Krankheitsursa-
chen forschten sie vor allem in der
Psyche; und sospielte bei derGene-
sung vor allem derGlaube des Pati-
enteneineSchlüsselrolle
EinBesuchdes Heilkundigenbegann
meist damil, dass er unter Rasseln
und Trommeln seine Hilfsgeister an-
riefoder denPatienten bei einer Sit-
zung inderSChwitzhütte auf Diagno-
se und Therapie einstimmte. Denn
oft war Krankheiten mit Kräutern
nicht beizukommen. So konnte die
Diagnose ergeben, dass ein übel
wollender Medizinmann auf magi-
sche Weise einenGegenstand - oder
eine unsichtbare, SChmerzen verur-
sachende Substanz - in den Patien-
ten.cesct cssen- halte
Der Heiler saugtediese Krankheits-
ursache dann aus dem Körper des
Patienten und zeigte sie ihm. Sie
CAMPUS'-- _

Insekten auf dieWunden, ließen sie reich: Rund 50Tiere wurd en gelötet.
mitihrenGliedern deren Ränderzu- Am beliebtesten waren offensichtliCh
sammenkneifen und zwicktenihnen SChulter- und Buckenstikxe, oenn
danachdieKörperab. die 1993 und 1994 aufgefundenen
AuchVerletzungenaninneren Orga- Skelettewarenallenoch intakt.
nen sollen Medizinmänner geheilt Charakteristische SChnittspuren an
haben. Wirkungsvollstes Mitte! wa- den Knochen zeigten oen Wissen-
ren Blätter und Rinde der Zauber- schaftlern um leland Bement vom
nuss. Mit einem Sud davon behan- Archäologischen Dienst an der Uni-
delten Heiler Blutungen in lu nge, verstrofnueroma dass hier Gour-
Blase und Niere, MagenundDarm. rners am Werke waren- dennsehni-
Diese oft beschriebenenErfolgever- geUnterschenkel oderBauchspeck
wundern Experten vor allem des- stand en nicht auf der Speisekarte
i4... ";!;. halb, weil die Kenntnisse der India- oerPaläoindianer,die Bement durch
Die .Melsterin der Krankheit_ soll den leidenden Korper verlassen: ner in der menschlichen Anatomie die ebenfalls gefundenen Speerspit-
EinSchamane vom Stamm der Tlingit behandelt eine Frau begrenztwaren- sieseziertenkeine zen der Folsom-Kultur zugeordnet
menschlichen Körp er, entfernten nat Einer Kultur,die vor 13000Jah-
auchkeinerumore ren in den Plains die Nachfolge der
konntebeispielsweisedieGestalt ei- dieseWesen,war die ganzeGemein- Doch sollensieAbzesseoder Erkran- Clavis-Menschen angetreten hatte
nes kleinen Holzstücks Oder eines schaftdabei. Alles zusammen, das kungenvon Organen kuriert haben, (siehe ,Wer kam als erster nach
Stercnens haben. Damit bekam die Ritual,dieVersöhnung mitden Geist- indemsie an der darüberliegenden Amerika" aul Seite8B).
Erkrankung greifbare Foonen, und wesen. die Gegenwart von Familie Hautsolangesaugten, bisBlut kam Innerhalb von töcrstens zehn Jah-
allein dasBewusstsein,dass sie nun und Freunden, die dem Patienten - über die Art dieser Erkrankungen ren gelang den Palannolanem am
seinen Körper verlassen nane. beru- wegen seinesTabubruchsnicht län- aber gibt es keineAngaben. selben Ort noch mehrmals einähnli-
higteden Patienten- undförderte oft ger grollten, trugen nicht unwesent- In den meisten Fällenist das unge- cher Jagderlolg. Insgesamt müssen
dessen Genesung lichzur Heilung bei. w{ihnliche Könnenindianischer Heil- sichamsesverRiverruno 150 Ske-
In Fällen, in denen eine Krankheit Bei aller Psycho-Therapie waren die kundiger wissenschaftlich nicht be- lettegestapertund einegroße Sichel
ganz offensichtlich keine körperli- inoianischen Heiler aber durchaus in weisbar. Doch das. schreibt der aus Knochengebildet haben.
chen Ursachen hatte. war dieVor- der Lage, ihren Patienten handfest Chemiker Heinz J. Stammel in sei- Zwar hatcer Flussüber dieJahrtau-
stellung weit verbreitet,dass einem zuhelfen- mit Pllanzenarzneien.Al- nem Standardwerk ,Die Apotheke sende etwa die Hällte davon weg-
Menschen die Seele abhanden ge- lein gegen Verdauungsslörungen Manitous· . sei dennoch kein Grund, gespült, so dass die genaue Zahi
kommen sei, zum Beispiel, wenn er kanntendieMedizinmänner fast500 siefür , HokUSpokus' zuhalten. der erlegten Riesenbisons nicht
sich über etwas sehr erschrocken Präparate; sehr erfolgreich war ein Michael BretrinJSabine Lang mehrzuermitteln ist. Doch annanc
hatte. Breiaus der Frucht des Buttemu ss- der übrig gebliebenenSkelette und
Bei den Ouinault an der Nordwest- baums oderSudaus dessen innerer deren Einbettung in die Boden-
küsteschickte dann die Medizinfrau Rinde schichtenkonnte Bemeot einerder
in einem Zustand tiefer Trance ihre AuchgegenFieberwaren vieleMittel OLSOM -KULTUR führenden Experten für die Ge-
eigene Seele, geleitet von ihrem verbreitet - etwa ein Aufguss aus schichtedes Bisons in Nordamerika,
Schutzgeist, der des Patienten hin- den Blüten, cen Früchten und der
terher und horte diese vom Weg ins Wurzelrinde cee Blumenhartriegels »Dasälteste
Jenseits zurückinsleben. (ein guter Ersatz für Chinin, wie die
Das leben vieler IndianefVÖlker Schulmeoizin weiß) bemalte Etwas-
war durchdrungen von Tabus und Ano erePflanzenverhütetenSchwan-
Vorschriften, die den . Umgang gerschaften, führten zur Abtreibung or 10500 Jahren trieb eine
oer Menschen mit dem Übernatür- (etwaeinSud aus derwnoen Yam s-
lichen regelten, Wer diese Vorschrit- wurzel, dieDiosgenin enthält, einen
ten brach, der erzürnte die Geist- Wirkstoff in Antibabypillen) oder lei-
wesen. Diese schickten ihm dann tetenWehenein, sozum Beispiel ein
Krankheit und Tee aus geschälten, getrockn eten
V Gruppe vonJägern eineHerde
desinzwischen längst ausge-
storbenen Bison an/lquusinei-
nenkleinen GanyOn am aeeerRiver,
Die scssomrencreJagdwarerfolg-
rächten sich wo- und gemahlenen Blättern des Pei-
möglich an der genkaktus. Beuterest von
ganzen Dorfge- Arzte undMilitärs rühmten auch die Steinzeit-Indianern:
meinschaft in- Kunst der Medizinmänner. Wunden Schädelsfückeines
eem sie beispiels- zu behandeln. Mit Spinnweben, die Riesenbisons -
weise die Beute- zudem antiseptisch wirkten, stillten versehen mit einem
tiere zurückhiel- . sie Blutungen. Die Blackfoot nutzten roten Zickzack-
ten, so dass die Sporen des Bärlapp als Blutstiller, Muster
Menschen hun- Heiler vom Stamm cer Kiowa das
gernmussten,Ver- Pulvereines Bovist-Pilzes. Zum Ver-
söhnte der Heiler nähender Wunden verwendetensie
Menschenhaar, Rehsehnen und
Pflanzenfasern.
Um Wunden zu klammern, setzten
rnexikanische Heiler sogar Blatt-
170 GEOE POCHE sctm eiderameisenein: Sie legtendie
1 · - -- - - - - -- ---------

die Pausen zwischen den TreibJag- in allen Köpfen befand sich noch
den recntgenau abschätzen. Sie be- das Gehirn
trugen drei bismaximallUnfJahre- Üblicherweise entfernten die India-
und die Jagden landen stets im
Spätsommer statt. Demnach stapel-
nerdasHirn, umdamit dasFell zu
gerben. Dazu wurde dieHaut mit ei-
tesicham seeverRiverdieAusteute nem Brei aus Wasser undHirnrnasse
voninsgesamt dreiJagllausflügen. eingerieben, und dieimHirngewebe
Der Fundplati am seever Riverbirgt enthaltene Gerbsäure machte sie
aber noch viel mehr Informationen, haltbar. Dochwaroffenbar das leich-
zumindest fiir den, der in Knochen
lesenkann. öewcnt dieAusgrabun-
gen der University
of Dklahoma be-
reits 1994 teencet
te, dünnere Sommerfell der Bisons
von Cooper für die Fölsom-Jäqer
wert1os.
Imzweiten JahrderAusgrabung ent-
deckten die Archäologen auf dem
worden sind, gehen Knochenhaufenderersten Jagd ei-
die Studien an den nen zertrümmerten Bisonschädel.
Skeletten weiter. DasBesondere daran: Oie Stirn war
Dabei zeigte sich mit einem roten ZicKzack-Muster
zum Beispiel. dass aus Ocker bemalt Damit ist der
die FoISOrn-Jäger SChädeldas .äneste bemalteEtwas
denerlegten Bisons ncrcamernas' , wie esaement aus-
nicht das Fell abge- druckt. Und nicht nur das: Der be-
zogen netea. denn malte Schädel sei auch der erste
Beweis dafür, dass diesorsorn-aen-
sehen Ritualegekannt hätten.
Der Wissenschaftler sieht in dem
verzierten SChädel eine Art Talis-
man für eine weitere erfolgreiche
Jagd. Oie Suche nach Analogien
hat ihn bis in die Ukraine geführt,
wo steinzeitliche Jäger vor rund
20000 Jahren ebenfalls einen
Mammutschädel als Glücksbringer
mit einem ZickZack-Muster bemalt
haben.
In Nordamerika lässt sich dieses
Jagdrilual sogar bis zu den histori-
schen Indianerstämmen verl~en
Noch im 19. Jahrhundertplatzierten
die t ree undAs$iniboinamZielpunkt
ihrer Treibjagden neben Tabak und
einem Tuch auch Sisonschädel (sie-
he Seite 125). Meistenswaren diese
SChädel bemalt - und zwar rot. Wie
bei den Polsom-teuten
AnjaHerold
OMMUNIKATION
Der Kontinent
der Sprachen
erade noch vier Sprecher
G zählt heute daskalilornische
Atsug ewi, sechsdasOuinault
im US-Staat WashlOgton -
und nur ein einziger Mensch kann
noch im Eyak Süd-AJ askas reden:
Von den einst über 500 Indianer-
sprachen sind in Nordamerikagera-
de noch etwa 150 geblieben, ein
Drittel davon ist akut vom Ausster-
ben bedroht; 54 Sprachen werden
nur noch vonjeweils höchstens 20
Menschengesprochen.
DasSprachen sterbenhatvieleUrsa-
chen. Manche Stämme wurden

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schonkurz nach Ni-
kunl't der Europäer
durCh Kriege unden-
geschleppte Krank-
heiten mrtsamt ihren
Sprachen ausge·
IOSCht Verheerende
Folgenhatteaucn die
lllllianerpolillk der
Vereinigten Staaten:
um 1880 ridltete
Gas Bureau ofIndian
AffaJrs 1BlA) etenete ein. in uenen
indianisdle Kßder, meistweit ent-
lerntvon ilYell Heimat-Reservaten
lJIl<I ihrenrennen .zNi~slert· und
soihrenKlllturenl.IIdSpractlen ent-
fremdet werden SOllten. SChüler, die
ihre Mutterspractte gebraUChten,
wurden lIis ZIJ' MItte oes 20. jahr-
tencets verprügelt und gede-
mirttgt
Etwa 60 Spraclrtamilien gab es
einstin Noo1amerika: manche, wie
das Nadene - l Ueem dieIdiomeoer
NavaJo. uer Apache sowie vieler
Völker der kanaclisctlen sueeons
gehÖfen - , umfassen noch heute
Dutzende einzelnerSprachen.
Andere, wieetwadasZuni oder das
kalifomische Karak, bestehen nur
aus einer einzigen. Jsoaenen-
Sprache: Das heißt. sie sind mit
keiner anderen verwandt. Beson-
ders Kajfomien glich einst von
Du12enden kleiner Stamme be-
wohnt. einem sc acrenmosasc
Nachbarn konnten einander dort
manchmal so wenig verstehenwie
Deutsche undJapaner.
Diese soracnenaeitan galt es zu
überbrücken, wennVölker auieman-
dertraten - zum Beispiel beim Han-
del. Denn trotz aller ZwiStigkeiten
zwischen den Stämmen unterhiel-
ten sie doch auch friedliche Bezie-
hungen untereinander, und beim
Handeln ruhte aller Streit. Dazu ent-
wickeltendielr.dianer des NordWes-
tenseineArtPidgin-Ir.dianisch.
Bei demOrt TheDallesamColumbia
River imheutigen Bu~esstaat üre-
gonzum BeiSpiel trafen sich schOn
vorAnkunft derEuropäer JedesJahr
imSommerTausendevoolndianern
des Plateaugebietes, der Großen
Ebenenundder Westküstezueinem
großen Handelsfest. Oie Nez Perce
172 G EO EPOCHE
ausdenVorg ebirgen brachten ess-
bare PflanzenknolIen mit sowie Bi-
son- Ul1d eroee Felle. aber auch
Vorratstaschen aus Rohleder. Die
WlShram, die am f1schreiet1en Co-
lumba !Wer lebten, boten lachs
'e~. bis zu einer Million Pfund im
Jatv, getrocknet undpulverisiert
Von der NordWestkuste kamen
HaOOIef mit KaI1US. Muschelsthafef1
undFtschöl, ausKalifomiCf1 Kautleu-
te mit gelrOCknetem Wapiti- l,Il(I
HirSdTfleiSCh. set Ende oes 18.
Jahrtmooerts gelangten alldl eu-
ropäisChe Waren mit in Umlaut -
SChmuck, aascenen und Decken.
Hier, ZWischen Norawestkiis1 e und
The Dalles. entstand Ende des 18.
Jahrt1underts dersogenannte Chi-
nooI\-Jargon, cerensetzt mit engli-
schen und französischen LeIv1wör-
tem, llerVI dort waren die ersten
weiBen PetzhandelsstatiOnen des
NordWeStens entstanden.
Das Wof1 fur Amerikaner im CIli-
nook-Jargon war beispielsweiSe
. acscn-. weil die ersten Handels-
schiffe, die an der Pazifikkiiste
ansamen. aus dieserStadt imOsten
ausgelaufen waren. Gewehre
hießen . cer-u- ceen-, vom französi -
schen ,carabine-, Und Geld hieß
schliet1t und einfach , 000-ta", Aber
aucn das Wort .Pollatch' für die
versceweooenscten Ritualfeste der
NordwestkÜ$tenstämme stammt
aus demC1'I inook-Jargon: esteceu-
tet.aeten schenken".
Imlaufedes 19. Jahrhunderts wur-
de der Chinook-Jargon zur Ver-
kehrssprache entlang der West-
küste, zwischen den Indianerstäm-
men und zwischen Indianern und
Weißen, vonAlaskabisnachKalifor-
nienundbis weitins tancesinnere
Von 1891 bis 1905, als das Engli-
schediese uncoa üancedes lernen
Westens schon abzulösen beqann,
erschien in Kamloops sogar eine
Zeitung, die .Kamloops Wawa", im
Chinook-Jargon.
Auch die Handelsbeziehungen aut
Aus der Zeiche~
den P1ains verdichteten sich, nach-
sprache derOg/al8-
demdieIndianer dortdurchdie Ver-
Sjovx : 1rn;J18NU
breitung des Pferdes seit dem spä-
J<annlen rund
ten 17, JahrtlUndert sehr mobil ge-
1100 sprechende
worden waren. Es entstanden regel-
rechte Handelszentren: Diesesshaf-
ten Gartentlauem des oberenMls-
sourietwa,dieMandan, juoatsa und
Arikar.l. tasctnen bei ihren Nadl-
_
oam- Bison jagenden Nomaden
wieden Crew, Assiniboin, Cheyenne
oder Arapaho - Mais, Bohnen und
andere Anbaufrfdl te gegen ge-
trocknetes aeecn, Kleidungsstücke
aus BiSOnlederoder Bögef1 ausHör-
nern derBergschafe,
Auch hier gab es Verstindigungs-
probleme - die mit emer Zeichen-
seacre iJberwur.den wurden.
Diese, Poesie der Bewegung", wie
ein Forscher Sie genannt nat ent-
stand wahrscheinlich vor 1540 im
Gebiet des heutigen Texas. Rund
1100 Handbewegungen, ahnliCh
denen der heutigen Gehörtosen-
scacte. halfen tefm Abwickeln
von Handelsgeschäften. konnten
aber eecn Witze ur.d ganze Ge-
schichtenvermitteln- es gab sogar
ein Fragezeichen. Viele teoewesen
oder Gegenstände te sctneten die
Völkerder EbenendurchKombina-
ucoen mehrerer Gebärden, <las
Stinktier etwa durch. oeoes Tier"
und .aesreme- Rücken", oder
durch. uen esTIer"• •stinken- und
.sctaecnt'.
Aber selbst über grOßereDistanzen
konntenn caoer sidl verständigen:
mit den (später in Wildwest-Filmen
berühmt gewordenen) Rauchzei-
chen, dievonerhöhten Punktenaus
aufstiegen, Ortsnamen wie Signal
Bulle in Nebraska erinnern heute
noch an diese form derKommuni-
kation, Hierzubenutzte man Brenn-
material, das heftig Qualmte, etwa
feuchtesGrasoder grüne Zweige
Mit Hilfe einer Decke ließen sich
etwa 20 Rauchsäulen von unter-
Lugen schiedlicher Formund Farbe erzeu-
gen. 8ei denApache etwa, berichtet
einCt1fonisl, bedeutete "eineplötz-
liche Rau chwolke, diealsanmutige
Säule von der Berghöhe aufsteigt.
einfach nur die Ge<;lenwart einer
GruppeFremder aufder Ebene, Eine
schnelle Serie solcher Säulen aber
dient als Warnung, dass diese Rei-
>< senden schwer bewaffnet und zahl-
reich sind",
Der Vorteil dieser eptiSChen "Mor-
se-Zeichen" war, dass man sie gut
80Kilometer weit verstellen konnte
- auch wenn man das Apache
niCht tenerscnte. Ihr großer Nach-
Gesren teil: Siewarennur tagsüber und nur
bei qutemWeller zuempfangen_
sabineLang
CAMru.5
B ü c h'--e- --=---:-:-- -- - - - - - - - - - - - - - - - - -- -1
& Mus ee n
ÜCHER
Elmar Engel hat mehr Häuptlinge
auf dem Gewissen alsColonel Geor-
geA. üuster. Gern wäre er Indianer
geworden, doch leider wurde er im
Saarland geboren. Dashat ihn nicht
davon abgehalten, sich den von ihm
verehrten Helden literarisch - oder
sagen wir besser. schriftlich - zu
nähern.SitlingBull, recmsen. Chief
Joseph, Pontiac, Crazy Horse..Uncas:
Keiner istihm entkommen. Uber Ge-
ronimoschreibt er in seiner Roman-
biographie: Er.hätteauf unsere Mo-
ralvorslellungen gepfiffen, wenn er
sie überhaupt gekannt hätte. Trotz-
dem müssen wir ihm allen Respekt
zollen... EsislderliefeRespekt,den
man dem verwundeten ner ent-
gegenbringt, das sich irgendwo in
den Busch schleppt". Das hätte der
rnaracreosnscner chcsnen Jacq
auch nichtbesser sagenkönnen(bei
Lamuv).
Von führendenguthäuten empfoh-
len: selbst die Navajo, die sonstmit
den Büchernder WeißenihreHogans
beheizen, loben Tony Hillermans
Ganyon-Krimis (urKl haben ihn mit
ihrem . Special Friends of the Dne
Award" ausqezeichnetj, In den in-
zwischen rund zehn Mordgeschich-
ten müssen zwei lrdanerpolizisten
in den Reservaten Fälle aulklären,
die kein Weißer je durchblickenwür-
de- undtreffendabei schon mal auf
einen Mörder,der sichfürdenmythi-
schen Fruchlbarkeitsgott Kokopelli
hält. rna-na-nan - mehr davon - ,
wie derNavajo sagt (Rowohlt- und
Goldmann-TaschenbÜCher).
FrüheindianischeKarten undillus-
trierte Berichte(siehe Seile 109)hat
Rainer Vollmar aus internationalen
Archivenzusammengetragen - eine
einzigartige Kollektion. Doch Vor-
sicht Die Texte sind sehr wissen-
schaftlich gehalten (.Indianische
Karten Nordamerikas· , Dietrichne-
mer Verlag, 180Seiten; DM 88,- ),
Was war ein Kanahena?WaseinTa-
bute? Die Antworten darauf lein
Maisbrei, ein Kopfschmuck) und
2133 weitere Stichworte hat Ulrich
van derHeyden im.lndianer-LexikOn"
zusammengetragen (Lamuv, 400
Seiten;Sonderausgabe DM19.80),
174 GEO EPOCHE
Aus demDrehbuchder achtteiligen
Dokumentarsene. 500 Nations" hat
derHistoriker Alvin M, Josephy ein
Standardwerk gefertigt, das die Er-
oberung der Neuen Welt aus Sicht
der Indianer schildert. Beiöe sind
empfehlenswert: die sere wegen
ihrer Computer-RekOnstruktionen
antiker indianischer Städte, das
Buch wegen seiner oetatrecnen
Texte (viele OriginalZilatej und der
über 400 Abbildungen(Frederking &
Thaler; Buch: 470 Seiten, DM 98,- ;
VideOkassetten:jeDM 39,95).
l assenSie sich von dem schauri-
gen Kitsch-Cover und den schrott-
hässlichen Illustrationen nicht
schrecken: .Die Welt der Indianer"
bietet auf 480 Seiten, Übersichtlich
gegliedert, solide Informationen
(Fre<lerking &Tnaler: DM39,95).
SChöpfungsmythen,Au genzeugen-
berichte, Oral History: Auch James
wnson erzählt in "Und die Erde wird
weinen" dieGeschichte Nordameri-
kas aus der Sicht der Ureinwohner.
Interviews mil lndianem heute las-
senderengänzlich andereSichtwei-
se nachvollziehen (Oelllicke, 588
Seiten; DM 58,- ).
Weshalb heiratete Pocanontas ei-
nen Engländer? Welches SChicksal
erlitt Fanny Kelly. nachdemsie den
Sioux indieHändegefallenwar?Bri-
gitte weorecnt porträtiertrunf Frau-
en, die zwischen die Fronten gerie-
ien. DieFaktenstimmen, auch wenn
manchesklingt wievonElmar Engel
geschrieben: .Als diejunge Indiane-
m in das ,Rampenlicht der Ge-
schichte nat. ... hatten zwei ein-
schneidende Ereignisse ihren t e-
t ersctao in eine RiChtung gelenkt,
die ihr keineswegs am Wiegenbrett
gesungenworden war: (. Pocahon~
tas und andere Töchter Manilous";
tamw 240Seiten; DM19,80).
.Wir zogen los als Journalistenauf
der Jagdnach einer guten Geschich-
te.Wir kamenzurückalsKurierevon
einer anderen Weil"'; In17 Reporta-
genhabenSteveWall undHar'leyN-
den Momentaufnahmen vom Alltag
der Indianer in tristenWohn....acen-
siedlungen und am Fuß der B[ack
Hills zusammengestellt (.Hiiler der
Erde", Frederking & Thaler, 128 Sei-
len;DM29,80).
Die Mutter aller Lexika: Au! über
14000 senen breitenNchäologen,
Ellll1Ologen, Anlllropologen usw.ihr
Wissen aus. Kein Buch rur eine
Nacht, sondern einFreund fürst e-
ben(.Handbook of North American
Indians· , SmilllsonianInstitlllion: 20
Bände sind geplant, etwadieHälfte
davon ist bereits erschienen; Preis:
zwischenS52,- undS74,-).
Wer sich das "Handbook· nichtleis-
ten mag, findet alles Wissenswerte
auchindieser755-Seiten-Enzy\(lopä-
die. Mehr als 260 Facheure - Wis-
senschafller, Stammeslührer,SChrift-
steller- handein in 400 Artikeln die
wichtigsten Stichworte zur indiani·
sehen Geschichte ab(.Encydopedia
otNorll1 AmericanIndians", Houghton
Mifllin:S35,- ).
Eines der besten Bücter über die
P1ains-lndianer und deren teünm-
testen Häuptling: Christian reeet
führender deutschsprachiger India-
ner-Experte. beschreibt in kurzen
Kapitelndas Lebender Reiterl<rieger
unddie Wahrheit hinter demMythoS
Sitting Bull (.Der letzte Indianer",
128Seiten, DM40,- ; über das Hes-
secre tancesmeseum Darmstact,
Tel:06151 -185580).
SittingBullim Interview,das Tage-
bucheinerFox-Frau,die ViSioneines
xwanun-sehers: Neben Original-
texten versammelt dieserBand eine
systematische Übersicht aller acht
Ku ltu~i one n der nordamerikani-
schen Indianer, herausgegeben von
Prof. Dr.ChristianFeest 480 Seiten,
Großformat, viele Fotos: günstiges
Starnlardwerl< fürEinsteiger(. Kultu-
ren der nordamerikanischen India-
ner", Könemann; DM49,90)
Das Wh o's whoder Indianer: Indie-
sem biographischen Sammelwerk
werden600Häuptlinge, Krie{jerund
Politiker vorgestellt. Keine tränen-
feuchte VerkilSChung der edlen
Wilden, sondern angenehm nüchter-
ne Porträts bedeutender lrdianer
(undIndianerinnen) der verqanqenen
500Jahre(,rne EncyclopediactNa-
tive American Biography", Da carc
Press, 464 Seiten: S18,-) .
Schattentanqer nannten dielncta-
ner jene Männer, die von 1860 an
mit der Kamera durch ihr land zo-
gen. DieWeißenfofografiertenAmag
und Traditionen der Stämme: die
Tänze, die Begräbnisriten, die Rats-
versammlungen. t mcn Hiesinger,
Kunsthistoriker, hat den über 1DO
Fotos ausführliche Informationen
beigestelll (.Indianer in Nordameri-
ka", Prestel, 140Seiten; DM 48,- ).
Edward S. Curtis war derMaler un-
ter den Indianer1otogralen,seineAn-
fang des20. Jahrhundertsentstan-
denen Bilder waren scnön. aber
nicht immersorichtig schart(siehe
seile 10 in diesem Hell). Über 30
Jahre zog er quer durchden Konti-
nent. um die letzten Tageeinerun-
tergehenden Kultur zudokumentie-
ren (.Edward S. Curtis· , Taschen,
256 Seiten: DM49,95).
Die "Welt der lndianer'' fürdiejun-
ge GEOlino-Generation: die Sand-
malereien der Navajo, die Felsen-
städte der Anasazi, die Jagcttechnik
der Sioux, Kurze Texte, informative
susnancnen tcansee, 48 Seiten;
DM29,90).
George ist gerade neunJahre alt
als IrokesenseineFamilieüber1allen
und ihn entführen, Als .Blauvogel"
wächst er bei seinen Adoptiveltern
Kleinbär und Mittagssonne in die
Welt der Indianer hinein.Ein Klassi-
ker, empfohlenfür Kinder ab10 (An·
naJürgen: . BlallVogel", Ravensbur-
qer, 258 seeenDM 10,90).
Ein Nachschlagewerk, das kleine
Leser nicht nur in die Zeichenspra-
che der Indianer einführt, sondern
ihnen auch Basteflipps fürTipis und
Kochreze pte bietet, ist .MeyersGro-
ßes IndianerlexikOll", Fundiert und
verständlich schildert Hans Peter
Thiel die Theorien zur Besiedelung
AmerikaS ebenso wiedas Leben der
Indianer heute (Meyers Lexikonver-
lag,240Seiten; DM 29,90).
USEEN
Mehr als 100 Sammlungen in Nord-
amerikasindaussennesäen derKul-
turund KunstderIndianergewidmet
Hier zwölf derinteressantestenAus-
stellungen (weitere n ros bietet die
wetete v.ww-.hankSville.orgINAre
sourceslindicesINAmuseumS.html).
Ah·Tha·Thi·KiMuseum
Bio express Seminole Reservation
f.!Qrilla
Hervorragend ausgestattetes Kultur-
zentrum,mit Dioramen,diedasLeben
derSeminOleim18. und19,Jahrhun-
dertdarstellen, mit altenKörben, KJei-
dung und SChmuck und mit Lehr-
pfaden durch die Sümpfe ringsum
Auch im ArlgetlotdesRese,rvats: f.jr-
boot-Fahrten, Hütten für Üoemach-
tung (etwa 100kmwestlich vonFort
tauoercaie an der 1-75; W'MV.semi
noletrioe.comlmuseuml; Tel 001-
8631902-1113).
ButtaluBill Hislorical Center
CO!!y WVOming
Thema dieses riesigen Museums-
komplexes ist der .Wilde wester.
Als Teil derAnlage zeigt das Plains
Indian Museum ausgezeichnete
sammenaen zur Kulturder Indianer
in denGroßen Ebenen, darunter der
Sioux, der Crow, der Arapaho, der
ctevenne und der srosrore. AJI-
jährliCh MitteJuni großes Pow Wow
(720 Sheridan Ave.; www.bbhc.org;
Tel. 001-307/587-4771 ).
cneroxee Heritage Center
Tahlequah OklahQma
Im US-staat Oklahoma bewahren
viele der seit 1830 aus dem Osten
dort umgesiedelten Stämme Zeug-
nisse ihrer Kultur in kleinenMuseen.
Die Cherokee haben sogar ein kom-
plettes Dorf nachgebaut, indemdas
l eben ihrer Atmen im 15. Jahrhun-
dert authentisch rekonstruiertist. (5
kmsüdlich VOl1 taeqoan. off Hwy82;
www.powersource.comtheritage/;
Tel,001 -918/456-6007)
Edge uf the
Cedars stete Park Museum
Blandinq Utah
GroßeSammlungvon Anasazi-Kera-
mik aus Grabungen der rcu-ccr-
ners-aeecn. Unweit des Museums
liegen die Ruinen eines teilweise
freigelegten präkolumbischen Pue-
blos (560 West 400 North SI.;
http://parkS slale.ul.uslparks./w.oJv;l
ledge.htm;TeI.OO1-435/678-2238),
ueae-smesnee-m
Buffalo Jump
Fort Mdaod AJberta Kanada
Von der Unesco zum Welterbe er-
klärt: An diesem Steilabhang enec-
tenIndianervor ] 400Jahren Bisons,
indemsie dieHerden inwilder Stam-
pede über dieKlippetrieben. Das In-
terpretive Center - Ober siebenEta-
gen in den Hang gebaut - schildert
detailliert Lebensweise. Rituale und
Übe~ebenskünste der Bisonjäger (18
km nordwestlich VOll Fort Mcleod:
www.head-smashed-in.com; Tel.
001-4031553-2731).
Heard Museum
Phoenix M zona
Unangefochten die beste Ausstel-
lungzuKulturundKunst derStämme
im Wüstenland des Südwestens.
Zehn große Galerien zeigenWebar-
beiten der Navajo, einen rekonstru-
ierten Pueblo-Zeremonienraum und
- besonders spektakulär - einefa-
belhafte sammlung von Ka china-
Puppen, Exzellenter auseumsaceu
großer Kunstmarkt im März (2301
North Gentral Ave.: www.heard.org;
Tel,001-6021252-8840).
Jamestown 5ettiemenVPowhatan
IndianVillage
Williamsburg virginia
Das detailreichnachgebaute Dorfder
legendären "Prinzessin" Pocahontas
vom Stamm der Powhatan (siehe
Seite 55). Ausstellungen zurStam-
mesgeschichte: kOSliimierte . Bewoh-
ner'führen Maisanbau und Herstel-
lung von Jagdgerätvor (Jamestown
Road, WilliamslJurg: www.historyis
fun,org;Tel,001-757/253-4838).
MillicentRogers Museum
TaDS New Mexicn
1947 zogdie kunstsinnige Ölmillio-
nen-Erbin Millicent Rogers nach
Taos und begann Kunsthandwerk
derSüdwest-Stämme zuerwerben
Sie hinterließ eine exquisite samm-
lung vonSilber- und Türkisschmuck
sowie von Webereien. Sehenswert
sind auch die Arbeiten der Töpferin
MariaMarlinezausdemsenlIdefon-
soPueblo(ander US64, 5 kmnörd-
lich von recs: www.millicentrogers
org:Tel.001-505n58-2462).
MashantucketPeQuot Museum
andResearchCenter
Mashantuckel Connecticul
Ein Museum in einem knapp 200
Millionen Dollar teeren. 1998 eröff-
neten postmodernen aasoau finan-
ziert mit Kasinoprofiten. Auf fast
29000 qm zeigen die Peqoot die
Kultur der woocanc-stämme Neu-
englands. Filme, Dioramen, Multi-
media-Darstellungen (110 Peqcot
rralt www. masnaotucxetcomae
dexl.html: Tel. 001 -800141 1-9671),
ramäetsukt Culturalln stitute
Penl1lel0n Dreaon
Das Walla-Walla-Wort .tamastslikt"
im Namen des Instituts bedeutet
.umereten-. und genau das findet
hierstatt: Seit 1998 oräsenneren die
cevose. waaa-wena und Umatilla
ihr Erbe in einem hochmodernen
Museum: ihre traditionelle Lebens-
weise, die Geschichte des Dregon
Traif aus indianischer Sicht und die
leidvollen TagederZwangsinlemals-
schulen. Alles didaktisch perfekt ar-
TRAILS
• Lell.NI. ... . W. .Ie n de.
• Yell ow Sl on e &
Roek y """"nl. in.
_"""'_n__
e De . mil d .m Wo li lanzt
• N . t. . ... I. bn l . r l ori....
• W. .tk.n.de · N. I u< pu <
"' E....
... _ZM", ... _
ran,giert (10 km östlich an der1-84;
www.umatilla.nsn.usltamust.html:
Tel. 001-541!96B-9748).
TheJoumey Museum
BaoideiN $QqlhDakota
Der Name ist Programm: Das Mu-
seumlädt einzu ererzenese durch
dieBlack tiills, dieheiligen Berge der
Sioux. Umfassende sammlungen zu
Lebensweise und spiritueller Weit
derbisonjagendenVölkerder Großen
Ebenen, dazuGeologie- undPionier-
ausstellungen. Eine gute Einstim-
mung für Exkursionen in die großen
Sioux-Reservate VOll South Dakota
(222NewYork 51.; www.joumeymu
seum.org:Tel. 001 -6051394-6923).
UBCMuseumof Anthropology
VancouverKanada
Geheimnisvoll verwtnerte Totem-
pfäh le. geschnitzte Masken. mit
Schnitzereien verzierte Kisten und
Planken aus Zedernholz rur den
Hausbausowie Skulpturenaus Halb-
edelsteinen: Das Museum der Uni-
versify ct British CQlumbiabesitz!die
wohl besteKollektion von Kunstder
Norl1westküsten-indianer. Der Rah-
men ist passend: ein dramatischer
Bau auf einer Klippe über demPali-
fik, dervom kanadischen Stararchi-
tekten Arthur Erikson dertraditionel-
len indianischen Bauweise derBe-
gion nachempfunden wurde (6393
N. W. MarineDr.: www.moa.ubc.cal;
Tel. 001 -604/822-3825).
Museumslipps: Kar! Teuschl
us.
ZEITTAFE,J,.L~_~_~~_~_ _ ~_ _
v 0 ß Ma mmu t j ä ger ß Z U S t ä d t e 9 r Ü ß der ß Uß d US-B ü r g e r ß

AlÄOINDlANISCHE
ULTUREN
zwischen 200000'und 15000
v. ehr. MÖl;llicherweisehaben
Menschen ausEurasienund
Ozeanienschon irgendwannzu
diesem frühen ZeitpunKtAmerika
besiedelt. DieDatierungen sind
ateröcnstumstritten.
zwischen15 000und 9000v.
ehr. Nomadenwandem aussna-
nenaLJI einerl.andtlrlicke nacn
Alaskaund tesecen von dort
austastalleRegionen Amerikas.
11350-10900 v.ellr. ~:
Diese Ku~ ur. benanntnach ei-
nemFundort inNewMexico, ist
vorallemimNordosten unoin
den Plains verbreitet Typische
Fundesindbeidseitig bearbeilete
SteinwerkZeuge und geschäftete
Speersenzen CIOVis·Menschen
sind Großwildjäger und Sammler
tsene $eite88j.
11000 - 8000 v.Chr. ~·
AuchdieIndianer der Folsom-
Kultur sindGroßwildjäger inden
creat Plainsundanderen Regio-
nen Nordamenkas
RCHAISCHE KULTUREN
Zwischen 9000und8000v.Chr.
sterbendiemeistensrcanera-
tenwieMammutooerRiesenbi-
soninNordamerikaaus. DieIndi-
anerhänQen jetztvollständiQ von
der Jagd aufkleinere TIere. vom
Fischfang und Sammelnvon
Wildpllanzenab. Inmanchen Re-
gionen, etwa inder Subarkt s
undimlernenWesten. behalten
siebiszurAnkunftderEuropäer
diese Lebensweisebei.
9lXlO - 1000v. Chr.~
~: ImGebietder heu·
tigenUS-SlaatenUtah. Nevada
undArizona lert'genMenSChen
nicht nurprimitiveJag<lwaflen,
sondern auch dieerstenKörbe
Nordamerikas.
7500v. ehr. Zertdes.Kennewick
Man". derimNordwestenAmeri-
kas lebt undphysiognomischden
Polynesiernooer AinuJapans
gleicht
•Alleaal/!/181JS VGrlwIum!Ns(;!1er ze,r
sindNal1erlillgswerfe
176 GEOEPOCHE
7500 - 4500v.Chr. ~
1l1U: OieMenschendieser sten-
zeitlichen Kulturindenereat
Plainssindumherziehende Jä-
ger. diete-ee Fallenacmenen
SiekonservierenFleisch, indem
sieesmit rertencroBeerenin
Därmestopfen.
6000 - 1 000 v. C hr, ~
!dIJnilll:Jäger- undSammlefVÖl-
kerim üexetcer Großen Seen.
diealsersteinNordamerik.a
SpeerspitzenundWerkzeuge aus
kall gehämmertem Kupfer ver-
wenden.
ElDBAUKULTUREN
1500- 200 V. Chr. SM.fid.rll
Oie Ve rtreter dieser Kultur in Ge·
bieten derheutigenStaatenNi -
zona undNew Mexicojagen
wahrscheinlichuserste mrtPleil
undBogen.Außerdemgraben
siedieältesten Bewässerungs-
kanäle Nordamerikaslürihre
Felder~ diessn.eeco-rene ha-
ben Mais,Bohnen uM Kü rbis
wahrscheinlich ausMesoameri-
kaübernommen.Sie werden
sesshafteBauernuro eeen
Friedhöfean.
1000 v. Chr. - 100 n. ehr.~:
ImDhlo-Tal WOI1nenbiSZU 4D
Mena-LelJte gemeinsamin
Rundbauten; dieOörIer bestehen
auskaummehr als zelln solcher
Hauser. oerTolerlkultspiell eine
zentra leRol le. ue r Grabkam-
mernwichtigerPersonenschich-
tensiekonische,oft von Erdwäl ·
~n umgebeneGrabhügel von
manchmal 20 MeierHöheauf.
I<J.Jpferperlen. gravierteStein·
piänchenundaooere Grabbeiga·
ben zeugen voneinemweiten
Handelsnetz.
25{J v, Chr. - 1450n. Chr. !!&
~: Diese nichtganzeinhert-
IichKulturistnaCh denMogollon-
Bergen imSüdwestenbenannt.
Biszum11. Jahrhundert wohnen
dieIndlaner dortlnGrullenhau-
sem. später inmehrstöckillen
ollerirdischenGeMuden. Haupt-
nahlungsquelle: Wild- dazu
Mais. Bohnen. GemÜSekur1JfS,
NüsSe. Samen.Aus Baumwolle
gewebteKleidungund Decken.
Wahrscheinlichentstehenlocke·
reAllianzen mitdenAnasazi.
2OQ v.Chr.- 400n. Chr. ~
~: Die hierarchischgegliederte
bäuerlicheGesellschaft der
Hopeweil iebt inSledlUrJgen ent-
langder Flüsse imhelJtigen
Illinoisund Dhio,Elemente der
Adena-Kultur. soderGrabbau.
werd enübernommen. DieHope-
wen-reue bauenZeremonial-
Ko mplexe, dievermutlichnach
den Besnmen ausgerichtet sind.
DasHandelsnetl erstreckt SiCh
\'011 KanadabiSzumGoIl'lOnMe-
xiko: RohstoffewieMeteorelsen
und Glimmersch,elerwerden
zu Kunstwerkenverarbei tet. die
oft als Grabbeigabendienen. Um
400n Chr.beginnt der Ve rtall.
um Christi Geburt- 700 KQrb.:
~: IndenTrockengebieten
voo NewMexiCo, Colorado. Utah
undMZOna perfekuonieren
Indianer dieAechlkunst. SOgar
Behältnisse zum Kochen und
zum wassetransoct werden
ausruccaasen gelertigt,Grün-
dung dererstenDörferimSüd-
westen.
umChristi aeecn -reoe !:!Q:
!lQ.Ismn: ImSüden Arizonas bauen
die Hohokamdas größte prähi-
storische Bewässerungssystem
nördlichMexikos. Diegeregelte
Wasserzufuhrerm öglicht zwei
Ernten imJahr. Ballspielplälze
undabgeflachte. rrstx äusem be-
bauteHügelindenSiedlungen
weisen aufmescemereaoucne
Ein!lijssehin, Um 150Dbricht
dasSystemzusammen. vermut-
lichalsFlligevon Missernten
oder Ubertällender Apache
400 - 1300E!lJm!!l1: einKom -
plexmehrerer Stämme. dieum
400imheutigenUtah. Nevada
Coloradound'lIahe sesshaft
werd en. Spektakulärste Relikte
Hunderte von ~lsz eidJ nungen .
500- 1 400 ~: Von den
HOhokamwie aUChden Anasazi
beeinflusst.entwd<elt sichdie
Sinagua·KuIIurimTal desVerde
River imheutigenArizona. lhren
Hohepunkterreicht diese Kultur
etwa1100, nachdem ein Aus-
bruchdes Sunset-Vulkansden
BOdenmitNährstoffenangerei·
cherthatNiedergang rnolge
wiedernachlassenderFruct1t-
barkeitd er Boden
700-1300 8I!ami (s.Seite34)
875- heutePatayan: Kulturent-
langdesColorado imwesllichen
Arirona. DiePatayansindBau-
ern. aber auchnoch Jäger und
Sammler. VondenHonokam
haben sieim a.Jahrhundert
Feldbau- und Keram iktechniken
übernommen,Vermuliichsind
die Patayen Vor1ahren der heuti-
genyumasprachigenVölker (wie
derYuma. Ya~apai und Cocopa).
900-1 600 EQ!1 ~ Kultur
amoberen onc- Tal. deren An-
geMrige dortdieberühmlen
Bildhügel ceser Regionanlegen
- DarstellungenvonSchlangen.
Alligatorenundanderen. bis zu
382MeterlangenKreaturen
Was die Bildwerkebedeuten,ist
unbekannt.
1 l1OO - 1500 ~ : D ie
bäuerliche KulturimMlss,ssippi-
Ta l führt jraomcnender liopewell
fort. Um10Cl0 entstehen Städte.
dieccrcnAllianzenundTribut·
~erpft ichtu ngen rmtenencerver-
tencen sind. Diebekannteste
Metropole st Gahokla(nahedem
heutigenSI.Louis, lllinois).lnih-
rer Blütezeit 11050-1250) zahlt
sieetwa 20000Einwohner auf
rund zwö~ Quadratkilometem.
AlsdieEuropäer im 17.Jahrhun·
eertden Mississippierreichen.
istdiese Kultur bereitsvertallen
Nur das Sonnenkönigtumder
Nakhez Überdauert bisinstB
Jahrhundert.
zwischen1400 und1 600 ~
~: Irgendwannindieser
Ze~ verenenSiCh dieMOhawk.
oneioa. Dnondaga,Gayuga und
serece zur . KonfOrt!eraUOnder
fünl sarsreoer-. Siewirdzur
jührenden poli~schen Maettt des
Nordostens: 1715tretendie
ruscarca bei. Nachdemameri-
kanischenUnabhängigkeitskrieg
(1 775-1783)Sj)altetsi<:h der
Bund n eoenameruanscren
undeinen kanadischen Te il. die
beidebisheuteexistieren.
ERKAMPF GEGEN DIE
UROPAER
1492Kolumbusentdeckt die
.Neue"'Welt,larldet auf der Ba-
hama·lnsel Guanahani undkurz
darauf aufliiSpa!1iola{dem
heutigenHaiti).
1493AufHispaniolawirdNalli-
dad gegfündet, die erste spani-
scheSiedlungAmerikas. Plerd e
undSchweinekommenindie
NeueWeit
1491 Der GenueserKapitänGio·
vanniGaboto. der sichinengli-
sehen DienstenJonn Gebot
nennt,erreichtdenamerikani-
schenKontioentaufderHöhevon
Labradoroder Neufundland und
emärtes zumBesitz<!erbl'b-
sehen Krone, ücch seineten-
dungbleibt folgenlos- von einer
zweitenReise kehrt ernichtmehr
zurück
15{Jl Die erstenschwarzen sua-
ven werden nachAmerikaver-
schleppt
1513 Der SpanierJuanPonce ce
teon, Gouverneur VOll Hispanje-
ra. entdecklfloridaundentfuhrt
einigeder dortleberden Indianer
als SklaVl1n
1519Ar1 denvon Spaniernein-
geschlepptenPockensterben
über en Drittel derIndianer auf
Hispaniola
1521 Zumzweitenmal reist
Pooce det eön nach Florida
gre,ft dieCalusa-Indianer an.
verliertdieSchlachtundwird
tödlichverletzt
1531Papst Pauli ll. versucnter-
folglos, dieVersklavungderIndi·
aner zuverbieten
1539- 1542Herrenen ueSoto
marschiertaufderSuchenach
GolddurchFlofilla,Georgia, die
Carolinas unddann zum Missis-
sippi.Ernimmt 1540dielegen-
denumwollene Fürstm von cc-
titechequl alsGeisel undstirbt
1542 anerem Fieber. Die soac-
er ziehensichzurück. nachdem
sievoooen Natchezangegriffen
wordensiM
1540Francisco VazQuez ee
ücrenaoo uoterrnmmt einetxpe-
dibon insLandderPueb lOS
1565SI. Augustineinf lorldavon
Spanierngegru nde1. dieerste
dauertlafle Kolonie aufdem Ge·
biet derspäterenUSA
1605FranzosengründenPort
Royal,dieerstesllindigeKolonie
inNovaSCoM
1601 EnglischeKoionistengrün·
denJamestown (sieheSeite56).
1609SantaFe, dieHauptstadt
desheUtigenUS-SlaatesNew
Mexico, vonSpaniern gegründet.
1613 Holländer errichtenHan-
deispostenaufManhattanund
schließen einAbkommen mil
oen MoI1Iltanem - CIen ersten
Ver1TagZ"o'fischen E~ln:l
FidIarIem" NCllla:ner;ka
1620 ~ clef ~
. PilgeM.ter anclef 0s:kUste
1621 Freoensvertr'aglWisctlen
Massaso/lHa~'"lI clef Warn·
panoag, lIld oen PigeNätern.
1622- 1646Hiluptling Oped'tan-
canoughführt diePownalan il
einenKrieg gegendieenglisdlen
Ko IOllistenin Virglna. Nachan-
länglichen Erlolgenwerdendie
Indianer besiegt;sieverueren ihr
gesamtes la nd
1637 Die Ptq\lOl diSImheubgen
ConnectlCUl letlen. ereeeo sich
gegen dieKolonisten undwemen
ven1lChlend gest!'llagen
1643 Der engliSChe GeistliChe
we HandletI Roger Wialamsef-
stelltein Wötter1luCh def Algen-
Ul-Sprache
1676 Me:acomet.tIa..op(rog cler
Warnpanoag. ftM Iliieggegen
die$ledlefI.ncl win:I besIelll
1680E-.Aulstan:l derI'uel*l-ln-
dlanl:rsttWcIas~oer
SpanJ!f.
1694 OieNev-Engtand-ltDIonien
schließen e,nenFIiedensvertrag
mitden~esen.
1710Drei Gesanclte [!er Irokesen
undein Mollikarlefweroen nach
tenden einge laden undvon Kcin i-
gll1 Mna empfangen(siehe
Seite129),
1729/30 EinLandstreit ftihrtwm
Kampl derFranzosengegen die
Nalchel, dielastvoilst3ndigver-
nicl'ltetWerClefl.
1754 Gro6tll'ltaMienerktirt
franlIIeichin den Kolonien c1en
Il.r>eg: ll'I EInpa begirrller1756
(.~~ KrieO").
1m Fmzosen lIld 'IfrtJ(n)ete
nlianel" erobern das ~l\lsche
Fort WIiam HerwJ am Lake
GeorgtlSielle5eite100}.
1763 Frmeittl rMl SICh nacII
demF1ieclen von Parts aus ~
amenka zurocl\liehen. i'lnIac .
HauptIing lief Ottawa, eR ~
reOC!le Stamme von den GroBen
Seen bis zumlJIIeren M<SSissippi
Ln:!erhebt SlCh i'n Maigegen die
Brt..ett Der Aufstard tchedett Im
W>derstn:lclef F!)1s Detrorl. ln:l
PItt(heutt~
1783Nachdem SIegim l,Nb.
us-
l'ta:''Il.gkertSkrieg vertreiben
Truppen die lIllkesen ausihren
3.f19tSlammtetl Gebieten
1811-1813 DerSllawroee·
liaupuinI!Tecumsen versucht.
dieStämme nbrdlil;l1 des Qhio
gegendie Weißen zuvereinen.
DieUnionseheiterldurcl1 einen
voreiligenAngriffseines Bruders
Ienskwatawa
181 1 Braken .\'rowCoonCil:
Stammescesetr, (las esCreek·
Indianern 00; Todesstrale verbie-
tet,Stammesland zuverbtJ1en.
1813114 Krieg derCreek: Bes>egt
InttderStarnm 81OOOOuadrat-
I<ibmeler anee USA ab
181711818 Erster Semn;lfIe.
Krieg: DIe ß);wler ~ i'n
spaI'lISCI'Jen~~dell
\Icrma'1dlderEt6op;ier.Die l&\
stellen Spanoen oas lIlmat.lTl,
entw!:der Iie ~ zu kontral-
~en Oller FUidalIlfeOllssen
1819SpanenlJiUFbrldaandll!
USA'"
1821DerGeleIwtt 5eq~ , ein
CtJerot;ee. erarbertel in ZWoll
Jalnn e.ne ~ltlensdYitt!Ll' die
Sprache seines \'tIrkf$, S,eben
Jallfe spaler erschelnI dieWo-
chem:eitung .Chertlkee Pt1oeni~·
indieser Schrifl undin Enghseh.
1824GrüT1dungdesBureauol
Indian A!lairs(BIA). Esworodem
Kriegsministeriumunterstellt
1825D,e CIlippewa. Sau~ . Fox,
Menominee. Iowa,Sicw;. Winne-
tlagCl. Ottawa lJId Ptlt:Iwatomi
handeln mitwasNnglondie
Grenzen ihrerTemb"ien aus.
Doch bis 1850SD'lChI dieRegle-
rtIl'IQ Siedlern so~ lMlderei·
en zu. dass dieSt3ImleSdIlie6-
liehin die Ebeflfn west*:l1 des
MlSSissi(Jpi~.
1830DerM I3Il RemoYaI Act
~el ll.FI1arwnitleIllI" ~
UIg allernocllöstIlCtl des Mi$-
SlSSippiIebe"den ~ in
die heut!genStaaten ~
I.ncl Kans3:s beret.
1835-42 Zweiter SermTlOle-Kr1eg
1835-1837Krieg9*l'l ee
Cr~ ~Alallama
1837reseee n:l~ steroen
am otlerenMlSSOI.Iiandell
"""".
1838Autdem . Pladclef Trä"1en·
kommen 400J von15000aus
oemSUclwesten vertriebenen
Cl1erokee um.
1848Gold in Kal ~ornien: Gl fJcks·
sccrer strömen in den Westen.
DieUSA gliedernscnnach sieg-
reichemKrieg gegen Me ~iko dia
Gebietederheutigen aunees-
staarenKahtorr uen, utah, Neva·
da,Coloradound Ari~ona ein .
1851Vertrag von Fort Laramie
ts ere Seile 134)
1864MassakefderlJS-kavalle·
ream SaodCreek. CoIoraOO te-
ritOry_ HI.rlOertevon n:b..-.em
"'""""""'--
....erden n~Die
cIel'lserW1 aus~
BlXXIlrdaner. ~ NM-
jo. lJl'el'1len im ~abonsIi1-
gerFort Simler. HewMelicO. n-
ten'iert Sie lU'len erstV>!l' Jitl-
respiI:er in h angestwnrntes
LandnriK:kJleInn; dorthaben
SoIclcr.en iIzwisd1etI itIt Häuser
lers1trt.d ie~1If1iltet
une! dieFelder ven'lldltet
1868Zweiter Vertrag von Fort
lm"
1869Vollenclung tler lfarlSkQntl·
nentalenEisenbahristreCke
1870m UnterdenBllICk!oot.
AssiniboinundCree wiitet eine
._-
Pockenepidemie.
1871Indianervölkergellen niCht
JMI'r als soo.-ern Nationen.
LandbesitZ-Fragen werllen von
jelZtandl.fch~
1873-74Butlalo War; DIe OIe-
,eme, Atapa'Io, Con'on:he uncI
KiOwa ~ IM Gewalt. die
Ietzen8Istmerden in Okllh:lma
ln:l Texas var den weillen ..."
zu retten. Vergebens. MJtderlast
dgefI Ausrul!I.rlg dleSefWiCI-
rQ)er verierenOiehJ<inefdef
G-eal1'lilni1Te~
1876Siow: l.Il'Id D1eyeme
sr;llIageI'\ die US-ArmylIlll.ittIe
~ vatenjeglicl'le~­
1880MItlief Board~ SCIml
I'olk;ysolen ~inln­
tema1en~ .liYiIi­
Sietr werden; men wi'lI PTter
h)erem verblten. mMutter-
$Pl'Idlel\J ~hen.
1887Der Dawes General AkJI..
ment Aclbestrmnrtdie AuIteilung
des Reserva~ancles ane,nzeloe
Stwnrnesm~ieder - uncIro prak-
Usch dieAullösung cIer Stämme.
D<e ~janer sollen langlristig zu
$teuef zahlendenamefikani·
sehen Bürgerngemachtwerden.
1890SitringBullwirderschos-
sen, Kul ~ daraufkommt eszum
Massakervon Wound edxnee.
Damit ist derbewaffoole Wider.
stand derIndianer in Nord-
amerika gellfochefl.
N DER WELT DER WEISSEN
1898 MIt oem Cuts Actbeen:let
derKOr'lgres1i in ~ aIX1I
ImnaI llie Sou'Ier'amat der 1rOa·
ner Cbef Stammesla1d
1922 n ~ wirtl lIef
AI PuelltllMllls~ verabscIIe-
del lief F'uetIIo--h3ianem das
RecIIt aJ! ihr ~ zuspriCll\.
1924Sn)'der Att AAen lrIdIanem.
die inden USA geOOref1 sirv:t, wirtI
dieamerikarliSChe StaatstU-
ger9CI'laft QeWiflrt Da m~ smd
sie de itR l\Jmerstenmal niCht
merv Fremde in nrer Heimat
ab1930YleleInternatewerden
geschlossen,oieIndianerklTlder
dürlenaufScl1 ulen inderNi'lhe
ihrer Wonoorte gehen.
1934IndianReorganizaliooAct
D>e Auflösung vielerReservate
und(1am~ der Stammesgemein-
schaften hat ZU"Verarmung der
Indianer gef(M. Dasneue Ge-
setzbietet llieMOglidlke~ zur
WieOeremctrtung oder Neuorga.
ni:Salil:ll'lllefStfrnme.~ ·
fIl'Ie delmkratische Ver1assI$lg
1946 Die ~ Clai ms comm lS ­
sOl~ e'I1e BehOrde.
dieW~
sor\idle regm soll.
i1b 1950Termll'labon Policy: Alle
!II.Il'Ides$taaittleftYerpllid1ll.n-
oen geI1en nach I.ncl nacIIauf die
Stamme tbr, ~ versagt
dieRegierlIIg lIamitclenFIeser-
zum Beispiel inBildung une! Ge·
stIIlIlei1SfüI'
1956Relotat!(ll'l Policy: Inden
Staclten _den n&1zktle Alß-
~li.Iln(lianer l;e­
SdIaIlen. l.ITISieW\lsel zu es-
simileren. Etwa 35000~
'ttl'Iasseft dieReservate
1968 Grirldungoes AlM (Ameri-
can lnd<an MoYement). einer ra-
llik.alen llUgerrechlSO'ganisatiOn.
1970 f'rasldent NJ~ teenoet
formel dieTermnlabon PoIiCy.
Der Bluela ke, derheiligeSee
derTaos-Pueblo--Indlaner,wird
zurückgegeben.
1972 . MarschdergeOrochenen
Vertrage", Besetzungdes Bureau
of IndianAllairsifI Washi n~
durch Indianer.
1973Aulst<n:I am Wounded
xnee: A1M-M,tglieder besetzen
den Hin:IeIsroSten in Wounded
Knee "'Uage. umaJ PrttJeme
imPme Radge ReservatSwth
0ak0Ia. llI.Ifmerksam zu madlert.
1975nIoanSe!l-OetenTllnallOrl
Act Der 1ra9"fS$ sagt den
StVtlmen grDB~ tk1tef-
stlitzl.Il'Igllir~ unclan­
dere .Verp1'Iiclttoooen cIesBI,J\o
deS gegen(t!el' clen i'ldl3lllSChen
Gemer<scha~ . 1Il.
1990 OerNative AmerJ;;an
I.anguage:s Aclverp1lichleldie
Regieru"9 zum Erha ~ undZU"
FOrderung ll'Idianischef Spra-
chen. Der NativeAmerican
Graves Proteclion andRepatria-
tiorlAct regelt dieRlickgabe
VOll GebeinenausMuseenund
anderenEinriChtungen undden
SChutt ind,aniscner Grabstätten
2000Nisl\aNation: Den Niska-
Indlanefn ilTI NorclWestenoer ka-
nadischen Provinz British CoIum·
biawirdl1ie Verwattungshohe~
übere.n 2000Ouadra:kilometer
groBes GellieI zugestanden. Die
N,saa genießen weitgehende"'"
tonomie. mUssen lIatüf a!ler, an-
detsals dieReservats!>ewoIer
in den USA, Steuernzahlen_
~ September em:sctlJldi!ll SiCh
das Bu'eau d roM Allairs- rnrt
ZuSM'll'IU'I\ldeS Weißen HalMs
- bei den ~ Nordarneri-
-_tot....
kasfLI" die "ettIl'IiSChen SäU:le-
rungen" 1.ncl arm-e .Iurttrt:lare
DInge". ~ denendiese BetICroe
in den 175Jahren ihres Beste·
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Die Schlacht 3m Little Bighorn, 1876

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Engländer gegen Franlosen. 1755

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Virginia. um 1607

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 Die Indianer
Nordamerikas
um 1750

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2 Mohegan. Pequot
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5 Conoy
6 Nant le..' " ,
7 Namemond
8 Nottawa y
9 Chow an
10 Morat uc
11 5e<:ot an
12 Neuslok
13 Coree

Pueblo.lndianer
1 Kete.P\tebios
2 Towa-Pueblo5
3 Tew' -O$
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Vorko lumbi sche Völ ke r:

eine Ausw a hl <10 St ämmen
Coman ch e
PAIUTE ütergececrete Gruppe
Arapa ho Indianer.:;tamm
Konföderation

Grenzen
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lWischen IC.ulturräumen
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I'>eutige Sta atsgr en.zen