Bohn, R. (2000). 2 Arten von Semantisierungstechniken: Außersprachliche Semantisierung (gegenständliche, gestische, mimische und bildliche Veranschaulichung). Sprachliche Semantisierung a. einsprachig (in der FS) b. zweisprachig (Übersetzung in die MS) Zweisprachige Verfahren der Bedeutungsvermittlung (Bohn 2000: 69) Diese Verfahren gehen kontrastiv vor: Sie benutzen die muttersprachliche Kompetenz der Lernenden zur Erklärung fremdsprachlicher Bedeutungen. Die wichtigsten zweisprachige Verfahren sind folgende: Übersetzung: Voraussetzung ist, dass die Bedeutung eines Wortes in Ziel- und Ausgangssprache identisch ist, so dass der Gebrauch auch gleich ist: Geduld – paciencia (Spanisch), patience (Englisch), patience (Französich), υποµονή (Griechisch) Wortähnlichkeiten zwischen Mutter- und Fremdsprache: Akustische und / oder graphische Ähnlichkeiten: Schuh – shoe, Natur - nature Wortähnlichkeiten zwischen erster und zweiter Fremdsprache: fish – Fisch, apple – Apfel, book – Buch, invest – investieren Internationalismen: Musik, Minute, Doktor Verständnisskontrolle: Umkehrung der Bedeutungserklärung (Bohn 2000: 69) Die Verständniskontrolle ist die Umkehrung der Bedeutungserklärung: Die Lernenden weisen nach, dass sie den Inhalt bisher unbekannter Wörter verstanden haben. Der Unterschied liegt also lediglich in der „anderen Richtung“. Das heißt, dem Lehrer stehen analog zu den Verfahren der Bedeutungsvermittlung ebenso vielfältige Kontrollverfahren zur Verfügung: nichtsprachliche, einsprachige und zweisprachige: Übersicht der Kontrollverfahren (Bohn 2000: 74) Übersicht der Kontrollverfahren nonverbale einsprachige zweisprachige Gegenstände zeigen kontextualisieren Übersetung (lassen) Synonyme erfragen Fragen in der Visualisierung Antonyme erfragen Muttersprache Mimik / Gestik Wortfelder erstellen Geräusche Ordnen nachahmen (lassen) Mit Wortbildung arbeiten Mit Analogien arbeiten Mit Gleichungen arbeiten Mit Definitionen arbeiten Mit Paraphrasen arbeiten Mit Beispielsätzen arbeiten Fragen stellen Welches Verfahren soll ich wählen? Bedeutungserklärungen sollten sehr differenziert eingesetzt werden. Die Individualität der Lernenden sollte jedes Mal in Betracht gezogen werden. Die Erklärungsverfahren hängen von vielen Faktoren ab: Alter, Thema, Sprachniveau der leistungsschwächeren und leistungsstarken Schüler, Interessen der Lernenden, Lehrbuch, Zeit, Ausgangs- und Muttersprache der Lernenden und des Lehrers, Lernziel (Verstehen oder Verwenden), Anzahl der neuen Wörter, nachfolgende Übungen, vom Wort selbst, vom Allgemeinwissen usw. Wichtig: Man kann ein Wort besser lernen, wenn es über mehrere Kanäle wahrgenommen wird. Gute Freunde – Falsche Freunde Bei Wortähnlichkeiten besteht die Gefahr, dass eine ähnliche Bedeutung angenommen wird. Das sind die falschen Freunde: Apotheke – αποθήκη, Chef – σεφ, Grill – γκριλ Es gibt nicht nur falsche Freunde, sondern auch gute: Musik – µουσική, Mathematik – µαθηµατικά, Panther – πάνθηρας Muttersprachliche Interferenz Beim Erlernen der MS wird eine feste Verbindung zwischen dem Objekt und der muttersprachlichen Bezeichnung gebildet. Auch wenn man die MS in der Semantisierungsphase vermeidet, ist die MS dennoch im Gedächtnis der Lernenden präsent. Muttersprachliche Interferenzen werden demzufolge durch den Ausschluss der MS nicht beseitigt. Einwände gegen das zweisprachige Semantisieren Es gibt oft kein Übersetzungsäquivalent Eine muttersprachliche Interferenz kann zu einer Strukturenkonfusion zwischen MS und FS führen ABER: Es gibt oft mehr Entsprechungen als Unterschiede (Nowak) Vokalellernen (Carter: 1987) Anfänger: Das Vokabellernen anhand von paarlisten mit muttersprachlicher Übersetzung ist effektiver als einsprachige Semantisierungstechniken. Fortgeschrittene: Sie profitieren mehr durch Lernen der Vokabeln im Kontext. Semantisierung von Konkreta und Abstrakta Konkreta: Im Anfängerunterricht können Interferenzen kaum gefährlich werden, weil es im Bereich der Konkreta viele Analogien gibt. (z.B. Fernseher – telewisor). Man sollte Schüler trotzdem darauf hinweisen, dass sie nicht generalisieren sollten. Wortgleichungen gelten nur für die bestimmte Situation. Abstrakta: Manchmal ist einsprachige Semantisierung zeitraubend. Internationalismen und Zwillingsbrüder. Vorsicht: Falsche Freunde. Nicht-verbale und einsprachige Semantisierungsverfahren Bodensieck (1967) Bei nicht-verbalen Semantisierungsverfahren über 80% Fehldeutungen. Bei einsprachigen Worterklärungen ca. 50% Fehldeutungen. Die direkten Semantisierungstechniken sind also nicht immer erfolgreich. Konsequenzen der einsprachigen Worterklärung Mahnert (1986) Schlechte Lernende werden immer schlechter, da sie den Anschluss verlieren Clevere mogeln sich durch: sie lernen zu Hause die Vokabeln (zweisprachig) oder schlagen im Unterricht die Vokabelliste unter dem Tisch auf Undisziplinierte fragen den Nachbarn oder den Lehrer, ob die Bedeutung in der MS zutrifft. Gute Lernende versuchen, eine nur halb verstandene Vokabelerklärung von sich aus zu ergänzen. Dies kann zu falschen Ergebnissen führen. Sandwich-Technik Der Lehrer schiebt zwischen dem unbekannten Wort und deren Wiederholung eine Übersetzung ein. Dies geschieht mit zurückgenommener Stimme (die Übersetzung wird also zugeflüstert). Wie könnte man folgende Wörter erklären? Liebe Hass Tisch Osterhase Globalisierung Literatur Bohn, R. (2000). Probleme der Wortschatzarbeit. München: Langenscheidt. Nowak, E. (2000). „Einsprachig? – Zweisprachig? Übersetzung als Mittel der Semantisierung von Wortschatz.“ Fremdsprache Deutsch. Stuttgart: Klett Heft 23, 14-18