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Abgasemission von Dieselmotoren

15.1 Allgemeine Zusammenhänge thropogenen Emissionen aus dem Verbren­nungsvorgang des


Dieselmotors. Bild 15‑1 zeigt diese Wirkungskette mit den
Die direkte Abgabe der Abgaskomponenten aus Verbren­ wichtigsten anthropogenen Quellen [15‑1]. Die Abgaskom­
nungsvorgängen an die Umgebung, d. h. die Emission ist der ponenten können sowohl schädlich als auch unschädlich
primäre und wichtigste Prozess in einer Wirkkette von der sowie gasförmig, flüssig oder fest sein.
Emission über die Transmission zur Immission und Wir- Bild 15‑2 zeigt eine Übersicht über die anthropogenen
kung. Grundsätzlich unterscheiden wir natürliche Emis­ Emissionen und ihre Quellen in Deutschland.
sionen, z. B. aus der Vegetation, von Meeren, aus der Vulkan­ Unter der Einwirkung von Topographie, Klimaverhältnis­
aktivität oder aus der Fäulnis von Biomasse, und sog. anthro­ sen, Temperaturen, Feuchtigkeit und Luftbewegungen wer­
pogene, d. h. vom Menschen verursachte oder beeinflusste den die Abgaskomponenten verdünnt und physikalisch-
Emissionen, wie z. B. bei der Energieerzeugung, dem Ver­ chemischen Reaktionen unterzogen und durch den atmo­
kehr, der Industrie, dem Haushalt und der Landwirtschaft. sphärischen Transport über große Entfernungen verteilt
Wir beschäftigen uns nachfolgend ausschließlich mit den an­ (Transmission).

Bild 15-1 
Zusammenhang von Emission, Trans-
mission, Immission und Wirkung
462 15 Abgasemission von Dieselmotoren

Bild 15-2 Anthropogene Emission nach Verursachern in Deutschland: a Alle Quellen (Quelle: UBA 2003); b Verkehr (Quelle: UBA 2001)
15.1 Allgemeine Zusammenhänge 463

Unter Immission (engl. air quality) verstehen wir die ten, wie Kohlenmonoxid CO, unverbrannte Kohlenwasser-
nach der Transmission sich endgültig einstellende Konzent- stoffe HC, Stickstoffoxide NO, NO2 (NOX), Partikel, Schwe-
ration an einem bestimmten Ort, an dem z. B. Messungen felverbindungen, Aldehyde, Zyanid, Ammoniak, spezielle
an einer Straßenkreuzung vorgenommen werden. Die Im- Kohlenwasserstoffe, wie z. B. Benzol und polyzyklische aro-
mission ist die sich einstellende Belastung des Menschen matische Kohlenwasserstoffe, wie Phenatren, Pyren, Fluoren
oder der Natur durch die Abgasemission und Transmission. [15-3].
Unter Wirkung werden die Folgen der Immission auf die Bild 15-4 zeigt die Rohemission und ihre Zusammenset-
Umwelt, Lebewesen oder Güter verstanden. Die komplexen zung bei realer Verbrennung als Gewichtsanteil dargestellt.
Vorgänge des Emissionstransports führen zu täglichen und Der Schadstoffanteil ist bei Dieselmotoren wesentlich gerin-
jahreszeitlichen Schwankungen des jeweiligen Immissions- ger als bei Ottomotoren, allerdings entstehen beim Diesel-
ergebnisses. Daraus folgt, dass einerseits Grenzwerte für motor aufgrund der inhomogenen Gemischbildung noch
Emissionen von Abgasschadstoffen aus z. B. Fahrzeugen zusätzlich Partikel, d. h. Feststoffe (überwiegend Ruß) und
oder Hausheizungen und andererseits Grenzwerte für die als Kondensat vorliegende Komponenten. Die jeweilige
Luftqualität bzgl. Schwefeldioxid, Partikel, Blei und Ozon Zusammensetzung ist stark vom Betriebspunkt des Motors
[15-2] bestehen. abhängig. Bei Ottomotoren mit Ladungsschichtung, d. h.
Die beim Verbrennungsprozess entstehenden Abgas- inhomogenen Gemischanteilen, ist ebenfalls die Partikel-
schadstoffe können in unschädliche, d. h. unvermeidbare, emission zu berücksichtigen.
natürliche Verbrennungsprodukte, und andererseits in Insgesamt konnten die limitierten, schädlichen Abgas-
schädliche, d. h. limitierte und nicht limitierte Abgaskom- komponenten in den vergangenen Jahren dramatisch redu-
ponenten eingeteilt werden. Bild 15-3 zeigt die Zusammen- ziert werden und die Prognoserechnungen bis zum Jahr
setzung des Abgases bei idealer und vollständiger Verbren- 2020 bestätigen diesen Trend auch für die Zukunft, Bild 15-5.
nung mit reinem Sauerstoff. In diesem Fall entsteht neben Das Bild zeigt deutlich, dass insbesondere für die Stickoxid-
der gewünschten Wärme, die in mechanische Energie im und Partikelemission die dieselmotorisch betriebenen Fahr-
Verbrennungsmotor umgesetzt wird, nur Kohlendioxid und zeuge verantwortlich sind und hierauf die Reduzierungs-
das Verbrennungswasser. Beide Komponenten sind nicht maßnahmen zu konzentrieren sind.
schädliche aber klimarelevante Komponenten. Bei Verbren- Vor dem Hintergrund einer berechneten und mit hoher
nung mit Luft sind unter idealen Bedingungen neben den Wahrscheinlichkeit eintretenden Zunahme der mittleren
bereits erwähnten, nicht schädlichen Komponenten nur Erdtemperatur um etwa 1,5 bis 5 °C bis zum Ende dieses
noch Stickstoff bzw. im Falle des Dieselmotors mit Luftüber- Jahrhunderts werden zukünftig auch die Treibhausgase
schuss zusätzlich Sauerstoff im Abgas zu finden. limitiert werden. Verantwortlich für diesen „Treibhausef-
Bei der tatsächlich realen Verbrennung entstehen jedoch fekt“ sind vor allem Kohlendioxid CO2 und Methan CH4
weitere schädliche und deshalb z. T. limitierte Komponen- (überwiegend aus der Landwirtschaft). Weitere Treibhaus-

Bild 15-3
Abgaskomponenten bei idealer Ver-
brennung
464 15 Abgasemission von Dieselmotoren

Bild 15-4 Abgaskomponenten bei realer Verbrennung

gase, wie z. B. die Fluorkohlenwasserstoffe FCKW, Stick- – Erhöhung des Wirkungsgrades bei der Energiewandlung,
stoffdioxid N2O und Schwefelverbindungen haben z. T. ein – Einsatz emissionsreduzierender Kraftstoffe,
deutlich höheres, sog. Global Warming Potential (GWP), – Antriebs- und fahrzeugseitige Verbesserungen (Getriebe-
bezogen auf CO2, aber sie treten in deutlich geringeren Kon- auslegung, Rollwiderstand, Aerodynamik),
zentrationen auf und sind deshalb weniger relevant. – Antriebsenergiemanagement durch Einsatz optimierter
Der Anteil des CO2 an der prognostizierten Tempera- Antriebssysteme (Hybridisierung des Fahrzeugantriebs),
turerhöhung beträgt ca. 65%. Die Entwicklung der globalen – Dynamischer Verkehrslenkung (Verkehrsflusssteuerung
CO2-Emission zeigt Bild 15-6. Der verkehrsbedingte Anteil angepasst an das jeweilige Verkehrsaufkommen) und
liegt je nach Abschätzung zwischen 15 und 20%, Beispiel – Emissions- und verbrauchsarmer Betrieb durch den Fahrer
Bild 15-7. (Fahrerschulung).
Intensive politische und wirtschaftliche Diskussionen und
Anstrengungen werden neben den bereits vorhandenen Transmission und Immission stehen in enger Wechselwir-
Grenzwerten für die Luftqualität (Klimakonferenz, Kyoto- kung. Einflussfaktoren sind:
Protokoll, EU-Gesetze) auch zur Limitierung der CO2- – Lokale Emission,
Emission von Kraftfahrzeugen führen. So ist ein Flotten- – Straßenführung,
CO2-Wert für Pkw von 120 bis 130 g/km bis zum Jahr 2012 – Bebauung,
vorgesehen. – Verkehrsdichte,
Die schädlichen oder klimarelevanten Emissionen lassen – Klimatische Einflüsse:
sich in der Praxis nur durch das Zusammenspiel verschie- – Windstärke,
denster Maßnahmen, einem sog. Integrated Approach, wir- – Windrichtung,
kungsvoll reduzieren. Dies sind z. B.: – Temperatur,
– Festlegungen gesetzgeberischer Maßnahmen (Emissions- – Sonneneinstrahlung.
grenzwerte in Verbindung mit den zugrunde gelegten – Chemisch-physikalische Reaktionen.
Testzyklen),
– Begünstigung umweltfreundlicher Fahrzeuge durch Auf der Basis sog. Ausbreitungsmodelle und unter Berück-
Anreizsysteme; (Steuervorteil, Erhöhung der Attraktivität sichtigung der o. g. Einflussfaktoren lassen sich die zu erwar-
öffentlicher Verkehrsmittel usw.), tenden Immissionen an bestimmten geographischen Orten
– Verringerung der Emissionen am Entstehungsort durch vorausberechnen. Dies ist z. B. wichtig bei der Planung von
verbesserte Verbrennungsprozesse und Abgasnachbehand- neuen Wohngebieten und der damit zusammenhängenden
lung, Straßenführung. Während die Emissionen von Kohlenmon-
15.1 Allgemeine Zusammenhänge 465

Bild 15-5 Emissionsentwicklung, verursacht durch den Straßenverkehr in Deutschland (VDA Jahresbericht 2006)

oxid und Kohlenwasserstoffen inzwischen auf einem extrem Feinstaub


niedrigen Niveau angekommen sind, nicht zuletzt durch die
Einführung der Katalysatortechnik (3-Wege-Katalysator) bei Staub gehört zu den Luftschadstoffen, die die Luftqualität
benzinbetriebenen Fahrzeugen, sind bei dieselmotorisch be- bestimmen. Sämtliche in der Luft verteilten Feststoffe wer-
triebenen Pkw und Nfz besonders die Partikelemission (Fein- den – unabhängig von ihrer chemischen Zusammensetzung
staub) und die NOX-Emission relevant. Hinzu kommt das – unter den Begriffen „Staub“ oder „Partikel“ zusammen-
sich erst in der Atmosphäre bildende Ozon O3. gefasst. Für den Menschen bedeutsam sind vor allem die
Nachfolgend werden diese drei für die Lufthygiene und Feinstäube, die für das menschliche Auge nicht mehr wahr-
die Wirkung auf den Menschen wichtigen Komponenten nehmbar sind. Sie machen den gesundheitlich relevanten
näher betrachtet. Teil des Schwebstaubs aus und werden nach ihrem aerodyna-
mischen Durchmesser dAero klassifiziert. Als Feinstaub
466 15 Abgasemission von Dieselmotoren

Bild 15-6 Entwicklung der anthropogenen CO2-Emission, weltweit (Quelle: Lenz)

Bild 15-7 Aufteilung der anthropogenen CO2-Emission auf die Quellen (VDA, 2003)
15.1  Allgemeine Zusammenhänge    467

(PM10, PM = Particulate Matter) wird die Masse aller im Ge­ RL 96/62/EG und der drei Tochterrichtlinien ist für 2007
samtstaub enthaltenen Partikel bezeichnet, deren aerodyna­ vorgesehen.
mischer Durchmesser bis zu 10 µm beträgt. Er repräsentiert Grenzwerte ab 1. Januar 2005:
den überwiegend inhalierbaren Anteil an der Gesamtstaub­ – 50 µg/m³ für den 24-Stunden-Mittelwert von PM10, es
masse. Feinstaub kann natürlichen Ursprungs sein (bei­ sind 35 Überschreitungen pro Jahr erlaubt,
spielsweise als Folge von Bodenerosion) oder durch mensch­ – 40 µg/m³ für den Jahresmittelwert von PM10.
liches Handeln (anthropogen) hervorgerufen werden. Fein­ Grenzwerte ab 1. Januar 2010:
staub entsteht aus Energieversorgungs- und Industrieanla­ – weiterhin 50 µg/m³ für den 24-Stunden-Mittelwert von
gen, aus stationären Feuerungsanlagen, bei der Metall- und PM10, es sind jedoch nur noch 7 Überschreitungen pro
Stahlerzeugung oder beim Umschlagen von Schüttgütern. In Jahr erlaubt,
Ballungsgebieten ist der Straßenverkehr oft die dominie­ – 20 µg/m³ für den Jahresmittelwert von PM10.
rende Staubquelle.
Als Bezeichnungen, die allerdings im Schrifttum nicht Die in der Tochterrichtlinie festgelegten Grenzwerte ba­
einheitlich verwendet werden, sind in Gebrauch: sieren auf Arbeiten der WHO und liegen i. d. R. deutlich
Schwebstaub Teilchen bis zu einem dAero von unter den Werten früherer Regelungen. So ersetzen bei
(Total Suspended rund 30 µm (Gesamtstaub, alle luft- den Par­tikeln die neuen Grenzwerte für Feinstaub (PM10)
Particulates, TSP): getragenen Partikel) die bisherigen Grenzwerte für Gesamtschwebstaub (TSP,
Feinstaub (PM10): Teilchen, die einen größenselektie­ mit Partikeldurchmessern bis 40 µm). Mit der 22. Bun­des-
renden Lufteinlass passieren, der Immission­sschutz-Verordnung (22. BimSchV, vom 11. 09.
für dAero = 10 µm einen Abscheide­ 2002), [15-2], wurden die Luftqualitäts-Rahmenrichtlinie
grad von 50% aufweist und die ersten beiden Tochterrichtlinien in deutsches Recht
Grobe Partikel: Teilchen größer als 2,5 µm umgesetzt.
(und kleiner als 10 µm Üblicherweise unterscheidet man zwischen anthropo­
(im englischsprachigen Raum genen (von Menschen verursachten) und natürlichen Quel­
„coarse fraction“) len. Beide Quellen lassen sich in primäre und sekundäre
Feine Partikel Teilchen, die einen größenselektie- Quellen unterteilen.
(PM2.5): renden Lufteinlass passieren, der Bei primären anthropogenen Quellen entstehen die
für dAero = 2,5 µm einen Abscheide­ Staubteilchen unmittelbar in diesen Quellen und werden
grad von 50% aufweist von ihnen frei gesetzt. Hierzu zählen ortsfeste (stationäre)
Ultrafeine Partikel Teilchen kleiner als 100 nm Quellen, wie Verbrennungsanlagen zur Energieversorgung
(PM0.1): (Kraftwerke und Fernheizwerke), Abfallverbrennungsanla­
Nanopartikel: Teilchen kleiner als 50 nm gen, Hausbrand (Gas, Öl, Kohle u. a. feste Brennstoffe),
Industrieprozesse (z. B. Metall-, Stahlerzeu­gung, Sinteranla­
Die Partikelfraktion PM2.5 wird auch als lungengängiger gen), Landwirtschaft und der Schüttgutumschlag.
Feinstaub bezeichnet. Mobile Quellen, wie der Straßenverkehr, z. B. Diesel-Nkw
Der aerodynamische Durchmesser dAero eines Teilchens und Diesel-Pkw, sind vor allem in Ballungsgebieten die
beliebiger Form, chemischer Zusammensetzung und Dichte dominierenden Quellen. Zu den Rußpartikeln aus dem Aus­
ist gleich dem Durchmesser einer Kugel mit der Dichte ein puff sind beim Straßenverkehr zusätzlich der Abrieb der
Gramm pro Kubikzentimeter (1 g/cm³), welche in ruhender Reifen, Bremsen und Kupplungsbeläge sowie der wieder
oder wirbelfrei strömender Luft die gleiche Sinkgeschwin­ aufgewirbelte Straßenstaub als sog. diffuse Emissionen zu
digkeit hat wie das betrachtete Teilchen. berücksichtigen. Der Schienenverkehr, die Schifffahrt (mit
In der Europäischen Union sind mit der Luftqualitäts- Dieselmotoren) und der Luftverkehr sind weitere mobile
Rahmenrichtlinie (96/62/EG, über die Beurteilung und die Quellen mit nennenswertem Staub-Ausstoß.
Kontrolle der Luftqualität), die mit der sog. „1.Tochterricht­ Bei den sekundären anthropogenen Quellen werden
linie“ (1999/30/EG, über Grenzwerte für Schwefeldioxid, reaktionsfähige Gase freigesetzt (u. a. Schwefel- und
Stickstoffdioxid und Stickstoffoxide, Partikel und Blei in der Stickstoff­oxide, Ammoniak), die sich über Reaktionen in
Luft) konkretisiert wurde, strenge Grenzwerte für die Luft­ der Atmosphäre in sekundäre Staubteilchen umwandeln.
qualität festgelegt worden. Diese Grenz­werte (Immissions­ Dazu zählen u. a. Ammoniumsulfate und Ammoniumnit­
werte) besitzen rechtsverbindlichen Charakter, d. h. sie rate, die sich an bereits in der Atmosphäre befindlichen
„... dürfen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwir­ feinen Teilchen anlagern und so die Sekundär­aerosole bil­
kungen nicht überschritten werden“. Eine Novellierung der den.
468 15 Abgasemission von Dieselmotoren

Bild 15-8 Entwicklung des Staubausstoßes in Deutschland von 1990 bis 2002 (Quelle: UBA 2004)

Zu den natürlichen Quellen zählen Vulkane, Meere (See- – nicht enthalten sind:
salzaerosole), Waldbrände und biologisches organisches sowohl die Aufwirbelung und der Abrieb von der Straßen-
Material (z. B. Pflanzenpollen). Diese Teilchen können über oberfläche durch den Straßenverkehr als auch der erheb-
größere Entfernungen aus der ursprünglichen Quellregion liche Abrieb der Reifen und Bremsen.
verfrachtet werden und so einen Beitrag zum Ferntransport
leisten. Verweildauer in der Atmosphäre und möglicher Der Anteil der Dieselrußpartikel am Feinstaub ist schwer ab-
Transportweg werden durch die Teilchengröße entscheidend zuschätzen. Lokal in städtischen Gebieten mit hohem Ver-
bestimmt. So können kleine Teilchen innerhalb von weni- kehrsaufkommen kann der Anteil relativ hoch sein. Dort
gen Tagen über einige tausend Kilometer transportiert wer- ergreifen die Behörden Maßnahmen gegen den erhöhten
den. Ein Beispiel ist der Saharastaub, der – je nach Wind- Verkehr mit hohem Dieselrußausstoß. Weiterhin wird durch
richtung – bis nach Europa oder Amerika gelangen kann. strengere Emissionsgrenzwerte (Euro 5 und 6) und steuer-
Der Staubausstoß in Deutschland hat sich in den letzten liche Anreize die Ausrüstung der Dieselfahrzeuge mit Diesel-
15 Jahren drastisch verringert. Beachtet werden muss dabei, partikelfiltern beschleunigt.
dass bis 2001 überwiegen der Gesamtstaub gemessen wurde. Gezeigt wird in Bild 15-9 eine Quellenanalyse vom PM10
Bild 15-8 zeigt die Entwicklung des Staubausstoßes mit fol- an einer verkehrsbelasteten Messstation in Berlin. Zu beachten
genden Randbedingungen: ist, dass dem Straßenverkehr 49% der Gesamtstaubbelastung
– Enthalten sind: anzulasten ist, jedoch nur 11% aus dem Auspuff der Fahrzeuge
Emissionen aus verkehrsbedingten und nicht verkehrs- des örtlichen Verkehrs stammen (etwa 8% Lkw, 3% Pkw).
bedingten Verbrennungsvorgängen, aus Industrieprozes- Nachdem verschiedene Studien gezeigt haben, dass Fein-
sen und Schüttgutumschlag. staub gesundheitsgefährdend ist, wurden entsprechend der
15.1 Allgemeine Zusammenhänge 469

Bild 15-9 Feinstaubbelastung an einer verkehrsnahen Messstation in Berlin [15-4]

Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) In den vergangenen Jahren gab es immer mehr Hinweise
Regelungen zur Reduzierung getroffen. darauf, dass es – im Gegensatz zu früheren Annahmen – bei
Ultrafeine Partikel haben nur geringe Massenanteile an Schwebstaub keine Schwelle gibt, ab der sich der Staub nega-
PM (wenige Prozent), weisen jedoch wegen ihrer großen tiv auf die Gesundheit auswirkt.
Anzahl (bis zu 90%) eine erhebliche Teilchenoberfläche auf. Befunde aus Kohortenstudien zeigen, dass infolge der
An dieser können sich schädliche Stoffe (zum Beispiel Inhalation von Feinstaub mit einer Verkürzung der Lebens-
Schwermetalle oder organische Stoffe, wie polyzyklische erwartung der Bevölkerung zu rechnen ist [15-5]. Derartige
aromatische Kohlenwasserstoffe oder Dioxine) anlagern. Studien sind jedoch nicht unumstritten.
Der Ruß aus dem Auspuff von Dieselfahrzeugen besteht
auch aus ultrafeinen Teilchen. Stickoxide NOX
Schwebstaubteilchen können als Fremdkörper dort, wo
sie im Körper abgelagert werden, eine Reizwirkung aus- Während im Brennraum beim Verbrennungsvorgang über-
üben, die zu entzündlichen Veränderungen führt. Je kleiner wiegend NO (ca. 60 bis 90%) und wenig NO2 entstehen, die
die Partikel sind, desto weiter können sie in die Atemwege als Gemisch betrachtet und mit NOX bezeichnet werden, ist
vordringen. Partikel über 10 µm Teilchengröße kommen für die Lufthygiene als Immission ausschließlich NO2 rele-
kaum über den Kehlkopf hinaus, nur ein kleiner Teil davon vant. NO2 wird gezielt beim Dieselmotor in den Katalysa-
kann die Bronchien und die Alveolen erreichen. Für Teilchen toren aus NO erzeugt und zur Oxidation der Rußpartikel wie
unter 10 µm und besonders für diejenigen unter 2,5 µm ist auch zur effizienten Reduzierung in DENOX-Systemen ein-
dies jedoch möglich. Ultrafeine Partikel, also solche, deren gesetzt. In der Luft wird NO zu NO2 oxidiert. Es handelt sich
Teilchengröße unter 0,1 µm liegt, können sogar über die dabei um ein Gas, das zu Schleimhautreizungen führt und in
Lungenbläschen in die Blutbahn vordringen und sich über Verbindung mit Feuchtigkeit ätzende Wirkung hat (saurer
den Blutweg im Körper verteilen. Regen). Besonders unter körperlicher Anstrengung führt es
470    15  Abgasemission von Dieselmotoren

bei Asthmatikern zu erhöhten körperlichen Belastungen. (Ozonloch). Abgasemissionen haben keinen Anteil daran.
Auf die Pflanzen wirkt NO2 „düngend“, d. h. wachstumsför­ Nach jüngsten Berechnungen wird bis etwa 2040/2050
dernd. dieses Ozonloch wieder geschlossen sein.
Nach [15-2] wird im Jahr 2010 in der EU ein Grenzwert b) Das bodennahe Ozon: Es wird als Sommersmog bei starker
von 40 µg/m2 NO2-Konzentration in der EU gelten. Sonnenein­strahlung aus dem Luftsauerstoff unter
Bild 15‑10 zeigt die aktuelle NO2-Konzentration, die seit Einwirkung von Photooxidantien (NOX, VOC, CO)
etwa 1997 unabhängig vom Ort konstant geblieben ist. Um ge­bildet und ist giftig, daher unerwünscht. Da diese
den genannten Grenzwert zu erreichen, sind erhebliche Vorläufersubstanzen z. T. aus den Kfz-Abgasen stammen,
Anstrengungen in allen Bereichen, d. h. nicht nur im Ver­ werden ab bestimmten O3-Konzentrationen Informatio­
kehrsbereich, notwendig. nen  bis zu Fahrverboten an die Verkehrsteil­nehmer
ge­geben, um den Kfz-Verkehr zu reduzieren. Stickoxide
Ozon O3 initiieren einerseits die O3‑Bildung, fördern andererseits
aber auch seinen Zerfall. So kann sich durchaus in
Beim Ozon sind zwei Wirkungsbereiche zu unterscheiden: ländlichen Gegenden eine höhere Ozon-Konzentration als
a) Die Ozonschicht: In einer Höhe von 30 bis 40 km in ver­kehrsreichen Stadtgebieten einstellen.
(Stratosphäre) wirkt Ozon als Filter gegen die harte UV-
Strah­lung (UV-C und UV-B) und ist daher lebenswichtig. Ozon ist ein Reizgas und kann den Sauerstofftransport
In den letzten 20 Jahren konnte eine zunehmende Aus­ ­verändern. Es reduziert die Resistenz gegen Virusinfek­
dünnung der Ozonschicht beobachtet werden, verursacht tionen, das pflanzliche Wachstum und beeinflusst die At­
durch FCKW und Halone. Besonders im Frühling mung.
(September, Oktober) kommt es über der Antarktis zu
einer dra­matischen Reduzierung der O3-Konzentration

Bild 15-10  NO2-Immission in Deutschland und Grenzwerte


15.2  Abgasgesetzgebung    471

15.2 Abgasgesetzgebung technik die Lichtabsorptionsmessung und die Filtermessung


unterschieden. Einen direkten und eindeutigen Rückschluss
15.2.1 Abgasgesetzgebung für Pkw-Motoren auf das Partikelemissionsniveau im Rollenprüfstandstest
lassen die Ergebnisse aus diesen Messungen allerdings nicht
Die ersten Abgasvorschriften für Fahrzeuge mit Dieselmotor zu. Mittels der Dieselrauchprüfung können sinnvoll ledig­
entstanden Anfang der 1970er Jahre in den USA und etwas lich hoch emittierende Fahrzeuge ermittelt und auch in
später dann auch in Japan und Europa. Der Fokus der Ge­ bestimmten Fällen unerlaubte Veränderungen am Einspritz­
setzgeber liegt heute wie auch damals schon auf der Limitie­ system erkannt werden.
rung des Dieselrauchs, der Partikelemission und der Stick­
oxidemission. Der Abgastest soll eine quantitative Aussage 15.2.1.2 Gasförmige Emissionen und Partikelemission
über die Emissionen eines Fahrzeugszeuges unter repräsen­
tativen Bedingungen liefern. Dies erfolgt auf einem Rollen­ Für die Typprüfung von neuen Fahrzeugen sind die Emissi­
prüfstand und mit standardisierten Fahrzyklen. Da das Fahr­ onen von HC, CO, Stickoxid und Partikel im Fahrzyklus auf
verhalten in USA, Europa und Japan aber unterschiedlich ist, einem Rollenprüfstand zu ermitteln. Außerdem fordert der
haben sich parallel auch verschiedene Fahrzyklen für die Ab­ Gesetzgeber eine Überwachung der produzierten Fahrzeuge
gas- und Verbrauchsmessung entwickelt. Die wesentlichen und auch teilweise die Prüfung von Fahrzeugen im Verkehr (in
Fahrzyklen sind in Bild 15‑11 dargestellt. der EU können derzeit Fahrzeuge bis zu einer Laufleis­tung von
Während man anfangs dem Diesel bei den Stickoxiden 100.000 km der Prüfung unterzogen werden). Im Rahmen der
höhere Emissionen zubilligte, geht die Entwicklung der Typprüfung wird auch die Einhaltung der Emissions­grenz-
Ab­gasvorschriften in die Richtung der Gleichbehandlung werte über die Fahrzeuglebenszeit gefordert. Zur Nachweis­
von Otto- und Dieselmotoren, d. h. technologieneutrale erbringung hat der Hersteller hier i. d. R. die Wahl zwischen
Grenzwerte. der Anwendung von festen Verschlechterungsfaktoren (Ta­
Nach den Anfängen der Abgasgesetzgebung in USA, belle 15‑1) – die Emissionen werden über die lineare Regres­
Eu­ropa und Japan haben sich Vorschriften zur Begrenzung sion auf die Lebensdauer hochgerechnet – und der Durchfüh­
der Emissionen in vielen Ländern entwickelt. In mehr als 30 rung eines Dauerlaufes. Für die USA gilt die Option der festen
Ländern existieren heute unterschiedlich strenge Abgasvor­ Verschlechterungsfaktoren allerdings nur für Kleinserien und
schriften. Diese Vorschriften greifen aber im Wesentlichen ist darüber hinaus anpassungsbedürftig hinsichtlich der Dau­
auf die Beispiele USA, Europa und Japan zurück. Daher erlaufdistanz. Die Fahrzeuglebenszeit wird unterschiedlich
reicht eine Konzentration auf die Vorschriften dieser drei angesetzt. So muss in den USA der Nachweis über 120.000
Länder in den folgenden Betrachtungen. Meilen (193.000 km) erbracht werden, während man in
Euro­pa lediglich den Nachweis über 80.000 km fordert.
15.2.1.1 Dieselrauch Die Emissionen beim Rollenprüfstandstest werden aus
dem verdünnten Abgasstrom analysiert. Zusätzlich sammelt
Die Dieselrauchmessung, anfangs auch für die Bewertung ein durch einen Teilabgasstrom beaufschlagtes Filterplätt­
von Neufahrzeugen sinnvoll, macht wegen des insgesamt chen die Abgaspartikel, welche anschließend auf einer
niedrigen Emissionsniveaus heutzutage nur noch Sinn für Waage vor und nach dem Test gewogen werden. Die Diskus­
die Prüfung von Fahrzeugen im Verkehr. sion um das gesundheitsgefährdende Potential der Diesel­
Grundsätzlich unterscheidet man zwei Typen von Diesel­ rußpartikel führte auch zu der Frage, ob die Partikelmasse
rauchprüfungen. Zum einen kommt eine Volllastmessung hier die relevante Messgröße ist oder ob nicht etwa die
(hier werden je nach Vorschrift 4 bis 6 Punkte auf der Voll­ Anzahl der Partikel bestimmend für das Gesundheitsrisiko
lastlinie des Motors angefahren) und eine freie Beschleuni­ ist. In Europa überlegt man daher mittelfristig die Messung
gung (Beschleunigung des Motors bis zur Abregeldrehzahl) der Partikelmasse mit der Partikelanzahl­messung zu er­­
zur Anwendung. Darüber hinaus werden seitens der Mess­ gänzen.

Tabelle 15-1  Verschlechterungsfaktoren (DF – Deterioration Factor) in Europa/Japan

CO HC NOx Σ HC+NOx PM Dauerhaltbarkeit


EU 1,1 – – 1,0 1,2 80 000 km
Japan 1,2 1,3 1,0 – 1,2 80 000 km
472 15 Abgasemission von Dieselmotoren

Bild 15-11 Pkw-Abgastestzyklen


15.2  Abgasgesetzgebung    473

Mit der Markteinführung von Partikelfiltersystemen


Tabelle 15-3  Abgasgrenzwerte Kalifornien für „half useful life”  
haben die Gesetzgeber in Europa eine ergänzende Prüfung (50 000 Meilen)
von periodisch regenerierenden Partikelfiltern festgelegt.
Hier werden Emissionen und Verbrauch sowohl in der Par­ Emissionen im FTP-75 Zyklus
tikel-Akkumulationsphase als auch in der Regenerierphase NMOG CO NOx PM HCHO
ermittelt. So fließen also gewichtet die höheren Emissionen [g/mi] [g/mi] [g/mi] [g/mi] [g/mi]
während der Regenerierung des Partikelfilters in die Ender­
LEV 0,075 3,4 0,05 0,01 0,015
gebnisse mit ein. ULEV 0,040 1,7 0,05 0,01 0,008
SULEV* 0,010 1,0 0,02 0,01 0,004
15.2.1.3 Abgasvorschriften USA NMOG: Non-Methan Organic Glases
HCHO: Formaldehyd
Die verschiedenen Abgasgrenzwertstufen werden in den
* full useful life (120  000 Meilen)
USA Bund als „Tier“ (Stufe) bezeichnet. Die aktuelle Stufe ist
Tier 2. Diese unterscheidet wiederum verschiedene Grenz­
wertsätze (bin). Der Hersteller kann zwischen mehreren bin
wählen, muss jedoch beachten, dass der NOX‑Wert seiner
15.2.1.4 Abgasvorschriften Europäische Union
Fahrzeugflotte im Mittel 0,07 g/Meile (phase-in bis Modell­
jahr 2007) nicht überschreitet. Dies schränkt die Wahl der Erst spät hat die Entwicklung der Abgasvorschriften in der
möglichen Grenzwertsätze stark ein, da im Durchschnitt Europäischen Union (EU) mit der Abgasstufe Euro 1 An­
bin5 erreicht werden muss. Der am wenigsten strenge Grenz­ schluss an das Niveau der Gesetzgebung in USA gefunden.
wertsatz ist bin8. Wesentlich an den Abgasgrenzwerten in Mittlerweile ist man bei der Stufe Euro 4 (Tabelle 15‑4) ange­
den USA ist, dass sie sowohl für Diesel- als auch für Otto- langt, die seit dem 1.1.2005 für alle neuen Typen und seit
Fahrzeuge gelten, welches eine besondere Herausforderung dem 1.1.2006 für alle neu zugelassenen Fahrzeuge gilt. Es
an die Abgasreinigung des Dieselmotors ist, Tabelle 15‑2. gibt bereits weiterführende Festlegungen für Euro 5 (gültig
Des Weiteren wird die Einhaltung von Emissionsgrenzwer­ ab 1.9.2009) und zu Euro 6 (ab 1.9.2014). Gegenwärtig gelten
ten in Zusatzzyklen, der sog. Supplemental Federal Test Pro- in den Euro-Abgasstufen noch unterschiedliche Grenzwerte
cedure (SFTP) gefordert. für Otto- und Dieselmotoren. Außerdem werden Pkw noch
Ausgehend von der besonderen Situation bezüglich durch ihre zulässige Gesamtmasse unterschieden. Die Ab­
Klima, Bevölkerungsdichte und damit auch der Verkehrs­ gasgrenzwerte für Fahrzeuge mit einer zulässigen Gesamt­
dichte haben sich bis heute eigenständige Emissions­ masse von unter 2500 kg müssen strengere Werte erfüllen als
vorschriften für den Bundesstaat Kalifornien gehalten. Hier die Fahrzeuge mit 2500 kg und mehr. Von dieser Regelung
ersetzt der NMOG-Flottengrenzwert (Non Methan Organic profitieren im Wesentlichen Kleinbusse.
Gases) den in USA Bund gültigen NOX-Flottenwert. Der Die Abgasvorschriften in der EU werden durch die EU
NMOG-Flottenmittelwert eines Herstellers bestimmt die Kommission vorgeschlagen und durch die Institutionen
Stückzahlen in den 3 Grenzwert­klassen, die hier LEV (Low bestätigt. Mittlerweile werden immer häufiger Komponen­
Emission Vehicle), ULEV (Ultra Low Emission Vehicle) ten der Gesetzgebung, wie etwa Testverfahren aus der Arbeit
und  SULEV (Super Ultra Low Emission Vehicle) heißen, im World Forum For Harmonization der Vereinten Nationen
Tabelle 15‑3. Die kalifornischen Abgasgrenzwerte sind die (UN-ECE) übernommen. Ein Beispiel hierfür ist das Prüf­
strengsten weltweit. verfahren von Fahrzeugen mit periodisch regenerierenden
Abgasnachbehandlungssystemen wie dem Diesel­partikel­
filter. Bei diesem Verfahren wird der sog. Regenerierungs­
Tabelle 15-2  Abgasgrenzwerte Tier 2 bin8/bin5 für „half useful life”   faktor (ki) durch Messung der Emissionen vor, während und
(50 000 Meilen) nach der Regenerierung des Abgasnachbehandlungssystems
ermittelt, Bild 15‑12. Die Messwerte aus der Abgasprüfung
Emissionen im FTP-75 Zyklus mit einem unbeladenen Partikelfilter werden dann mit dem
NMOG CO NOx PM HCHO ki-Wert multipliziert.
[g/mi] [g/mi] [g/mi] [g/mi] [g/mi] Eine Fortschreibung der Euro-Stufen ist gegenwärtig in
Gang. Die anvisierten Einsatztermine liegen in 2009 bzw.
bin 8 0,100 3,4 0,14 0,02 0,015
bin 5 0,075 3,4 0,05 0,01 0,015 2014. Der Fokus der Verschärfung wird auf einer weiteren
Reduzierung der NOX‑Emissionen speziell beim Diesel­
motor liegen, um die zulässigen Emissionen von Otto und
474    15  Abgasemission von Dieselmotoren

Ob auch eine Änderung des Testzyklus kommen wird,


Tabelle 15-4  Euro4/5/6 Grenzwerte für Fahrzeuge mit Dieselmotoren
steht noch im Raum. Äußerungen des Gesetzgebers, dass
Europäischer Fahrzeugzyklus NEFZ der aktuelle Testzyklus NEFZ nicht mehr repräsentativ sei,
deuten dies zumindest an. Möglicherweise werden diese
CO HC + NOx NOx PM
[g/km] [g/km] [g/km] [g/kg] Aktivitäten mit jenen bei der UN-ECE koordiniert.

Euro 4 0,5 0,30 0,25 0,025


Euro 5 0,5 0,23 0,18 0,005
15.2.1.5 Abgasvorschriften Japan
Euro 6* 0,5 0,17 0,08 0,005
Die japanischen Großstädte mit ihren Ballungsräumen lei­
* gem. Verordnung 715/2007/EG den bereits seit langer Zeit unter dem Smog-Problem, verur­
sacht durch die hohen Konzentrationen von Kohlenwasser­
stoffen und Stickoxiden. Einen wesentlichen Beitrag hierzu
leistet der Straßenverkehr. Daher lag bei der Entwicklung der
Diesel näher aneinander zu rücken und dann in einer weiter Abgasgesetzgebung das Augenmerk besonders bei der Redu­
folgenden Stufe möglicherweise anzugleichen. Auch bei den zierung der NOX-Emissionen. Neben den Abgasgrenzwerten
Partikel­emissionen liebäugelt der Gesetzgeber mit Verän­ für das ganze Land gab es daher im sog. NOX-Control-Law
derungen. So gibt es Bestrebungen, neben der bisherigen strengere Werte für die Zulassung von Dieselfahrzeugen in
Messgröße Partikelmasse auch die Anzahl der emittierten den Ballungs­räumen. Aber auch in Japan geht die Fortschrei­
Partikel zu ermitteln. bung der Abgasvorschrift in Richtung der Gleichbehandlung

Bild 15-12  Verfahren zur Bestimmung der Emission von periodisch regenerierenden Systemen
15.2  Abgasgesetzgebung    475

Tabelle 15-5  Abgasgrenzwerte Diesel-Pkw Japan

HC CO NOx PM
[g/km] [g/km] [g/km] [g/km]
Emissionen im 10.15-Mode
Long Term Targets seit 2004 0,12 0,63 0,28 0,052
(0,24) (0,98) (0,43) (0,11)
Emission im 11-/10.15-Mode
ab 2008:Emissionen im JC08-/10.15-mode
New Long Term Targets ab 1.9.2007 0,024 0,63 0,14 0,013
(0,032) (0,84) (0,20) (0,017)
Emissionen im JC08-/10.15-mode
Emissionen im JC08-/JC08-mode
Post New Long Term Targets ab ca. 2010 0,024 0,63 0,08 0,005
(0,032) (0,84) (*) (*)
Klammerwerte gelten für Kleinserien bis max. 2000 Fahrzeuge pro Typ und Kalenderjahr
* Grenzwerte sind noch nicht festgelegt

von Otto- und Diesel-Fahrzeugen. Die Einfüh­rungstermine 15.2.2 Abgasgesetzgebung für Nutzfahrzeugmotoren
sind zeitversetzt für Fahrzeuge aus japanischer Produktion
und Importfahrzeugen. Diese Praxis ist aber für die Zukunft 15.2.2.1 Prüfmodus und Abgasgrenzwerte
noch nicht festge­schrieben. Außerdem werden auch zwei
verschiedene Grenzwertsätze definiert, einer für Großserien Die Typenvielfalt der Nutzfahrzeuge, ihre Entwicklung zum
und der andere für Kleinserien bzw. geringe Importstück­ Komponenten-Truck sowie der Reifen- und Bremsenver­
zahlen (max. 2000 Fahrzeuge pro Typ und Kalenderjahr), schleiß beim Rollenprüfstandsbetrieb haben für schwere
Tabelle 15‑5. Nutzfahrzeuge weltweit zu Emissionsprüfungen auf Motor­
prüfständen geführt. Dabei erfolgt die Einteilung der Klassen
On-Board Diagnose (OBD) in der Europäischen Union wie in Tabelle 15‑6 dargestellt.
Da nicht jedes Einsatzprofil eines Motors geprüft werden
Um die Funktion der emissionsmindernden Bauteile auch kann, ist es erforderlich, den Motor in einem möglichst
im Betrieb des Fahrzeuges überwachen zu können, fordert typischen Prüfzyklus zu betreiben, um die Emissionen zu
der Gesetzgeber die sog. on‑board Diagnose. Diese Anforde­ bewerten und um den Zertifizierungsaufwand in Grenzen
rung wurde erstmalig in Kalifornien in 1988 mit der OBD I zu halten. Bei der Prüfung werden die Emissionen der fol­
gestellt. Die aktuelle Version der Diagnose ist nun die OBD II genden Komponenten gemessen:
für Kalifornien. In der EU wurde die on‑board Diagnose mit – Stickoxide (NOX),
der Euro 3-Gesetz­gebung ab dem Jahr 2000 eingeführt – Kohlenwasserstoffe (HC),
(EOBD). Die Aufgabe der OBD ist es, den Fahrer über Fehl­ – Kohlenmonoxid (CO),
funktionen oder gar Ausfälle von emissionsrelevanten Bau­ – Partikel (PM),
teilen durch eine optische Warnanzeige zu informieren. Die – sichtbare Emission (Abgastrübung).
erkannten Fehlfunktionen werden in einen Fehlerspeicher
eingetragen und können über eine genormte Schnittstelle Die in den verschiedenen Ländergruppen festgelegten Ab­
mit einem externen Diagnosetool ausgelesen werden. Die gasgrenzwerte sind tabellarisch dargestellt, Tabelle 15‑7 und
OBD für USA und Europa unterscheiden sich im Wesentli­ 15‑8. Aus allen länderspezifischen Gesetzgebungen ist ein
chen durch die Überwachungs­parameter und die Höhe des deutlicher Trend zu niedrigen Abgasgrenzwerten festzu­
Emissionsschwellwertes, ab welchem eine Fehlfunktion an­ stellen. Die Grenz­wertschärfe der einzelnen Länder ist nicht
gezeigt wird. direkt vergleichbar, da die Motoren auf den jeweiligen Prüf­
zyklus abgestimmt werden müssen.
476    15  Abgasemission von Dieselmotoren

Tabelle 15-6  Fahrzeugklassen nach RREG 70/156/EWG1 für dieselgetriebene Fahrzeuge. Prüfandorderungen für gasförmige Emissionen und Partikel

Personenbeförderung Güterbeförderung
Klasse Sitzplätze2 zul. Gesamtgewicht Testzyklus Klasse zul. Gesamtgewicht Testzyklus
M1 ≤8 ≤3,5 t EUDC3 N1 ≤3,5 t Wahlweise EUDC3
>3,5 t ESC; ELR; ETC; ECE-R 49 oder ECE-R 49; ESC, ELR; ETC
M2 >8 ≤5 t ECE-R 49 N2 ≤3,5 t… ≤12 t ECE-R 49 (EUDC)4
ESC; ELR; ETC (EUDC)4
M3 >8 >5 t ECE-R 49 N3 ≤12 t ECE-R 49
ESC; ELR; ETC ESC; ELR; ETC
1  EUDC (ECE-R49) gültig für Straßenfahrzeuge mit mindestens 4 Rädern und einer Höchstgeschwindigkeit von mehr als 50 (25) km/h (ohne Arbeitsmaschinen).
2  Ohne Fahrer.
3  EUDC: Neuer Europäischer Rollen-Zyklus bis 120 km/h nach RREG 70/220/EWG.
4  Rollentest kann für M2- und N2-Fahrzeuge dann erfolgen, wenn Bezugsmasse 2840 kg nicht übersteigt. 
ESC: European Steady Cycle. 
ETC: European Transient Cycle. 
ELR: European Load Responsetest.

Tabelle 15-7  Entwicklung der Grenzwerte gas- und partikelförmiger Emissionen dieselbetriebener Nutzfahrzeuge über 3,5 t in der EU

1992/93 1995/96 2000/01 2005/06 2008/09 EEV****


Euro I Euro II Euro III Euro IV Euro V Sonderdefinition
Test­zyklus ECE-R49 ECE-R49 ESC ETC ESC ETC ESC ETC ESC ETC
CO g/kWh 4,5(4,9) 4 2,1 5,45 1,5 4 1,5 4 1,5 3
HC g/kWh 1,1(1,23) 1,1 0,66 0,46 0,46 0,25
NMHC g/kWh 0,78 0,55 0,55 0,4
NOx g/kWh 8,0 (9,0) 7 5 5 3,5 3,5 2 2 2 2
PM g/kWh 0,61(0,68)* 0,25** 0,13*** 0,21*** 0,02 0,03 0,02 0,03 0,02 0,02
0,36(0,4) 0,15 0,10 0,16
CH4 g/kWh 1,6 1,1 1,1 0,65
ELR Smoke m–1 0,8 0,5 0,5 0,15

Nachfolgend werden die wichtigsten Prüfverfahren lichen Betriebshäufigkeiten konzentrieren sich auf den Be­
beschrieben. reich hoher Drehzahlen. Die aus Verbrauchsgründen häufig
gefahrene Drehzahl des maximalen Drehmomentes ist nur
15.2.2.2 Amerikanischer Prüfzyklus sehr wenig berück­sichtigt, weshalb sich die europäische Ge­
setzgebung dem US-FTP bisher nicht anschließen konnte.
In den USA ist seit 1985 ein dynamisches Prüfverfahren für Die Tatsache, dass durch den Prüfzyklus die Fahrereig­
Nutzfahrzeugmotoren vorgeschrieben, Bild 15‑13. Der Prüf­ nisse im realen Fahrbetrieb nicht erfasst werden, wurde
zyklus (US-FTP) ist in normierter Form (Drehzahl, Dreh­ dazu genutzt, die Applikation so durchzuführen, dass zu
moment) vorgegeben, dauert 20 Minuten und wird zweimal Lasten der NOX-Emission günstige Kraftstoffverbräuche im
gefahren (Kalt- und Heißtest). Für das Endergebnis wird der Feld erreicht werden. Dieser Missbrauch (cycle beating)
Kalttest mit 1/7, der Heißtest mit 6/7 gewichtet. Die wesent­ führte zu einer deutlichen Verschärfung der US Gesetzge­
15.2  Abgasgesetzgebung    477

Die Europäische Gemeinschaft hat dann für Euro III ab


Tabelle 15-8  Entwicklung der Grenzwerte gas- und partikelförmiger Emis-
sionen dieselbetriebener Nutzfahrzeuge über 3,5 t in den USA bzw. über 2,5 t 1999 einen neuen Prüf­zyklus eingeführt, dessen Betriebs­
in Japan punkte durch umfangreiche Fahrmessungen bestimmt wur­
den [15‑6]. Die Motoren werden nach dem neuen Zyklus
Testzyklus USA Japan ESC (European Stationary Cycle) mit ELR (European Load
Gültig ab Reponse Test) bei drei Prüfdrehzahlen in mehreren Last­
FTP ESC D 13 JE05
[g/kWh] [g/kWh] [g/kWh] [g/kWh] punkten geprüft, Bild 15‑16. Der Prüfbereich bestimmt sich
aus der Volllastkurve des Motors, Bild 15‑17. Zur Absiche­
1998 NOx 5.4
HC 1.7
rung eines homogenen NOX Kennfeldes wird die NOX
CO 20.8 Emission in drei willkürlich vom Prüfer innerhalb des Prüf­
PM 0.13/0.07 bereiches ausgewählten Messpunkten ermittelt. Die dyna­
mische Partikelemission wird durch den ELR (European
1999 NOx 4.5
Load Response Test) begrenzt. Bild 15‑18.
HC 2.9
CO 7.4 Motoren mit Partikelfilter, Abgasnachbehandlungs-Syste­
PM 0.25 men zur Denoxierung und Gasmotoren sowie grundsätzlich
alle Euro IV und Euro V Motoren müssen zusätzlich im
2004 NOx 3.35 3.38
ETC Zyklus (European Transient Cycle) geprüft werden, der
HC 20.8 0.87
CO 0.13/0.07 2.22
von derselben Datenbasis abgeleitet ist, Bild 15‑19. Wie der
PM 0.18 US-Transienttest ist der ETC auf Basis normierter Drehzahl-
und Drehmomentwerte festgelegt, wird aber nur als Heiß­
2005 NOx 2.0
test gefahren und dauert 30 Minuten.
HC 0.17
Der sichtbare Rauch wird in Europa durch die Regelung
CO 2.22
PM 0.027 ECE‑R24 abhängig vom theoretischen Motor-Luftdurchsatz
begrenzt, Bild 15‑20. Um die Wirkung der ladedruckabhän­
2007 NOx 1.5 1.5 gigen Volllastmengenbegrenzungen zu prüfen, wird zusätz­
HC 0.19 0.19
lich der Rauchstoß bei freier Motorbeschleunigung aus dem
CO 20.8 20.8
PM 0.02 0.02
Leerlauf gemessen. Der ermittelte, und auf dem Motoren­
typschild angegebene Plakettenwert dient als Basis für die in
2009 NOx 0.3 0.3 0.7 einigen Ländern eingeführte Abgasuntersuchung (AU) und
HC 0.19 0.19 0.17
Feldüberwachung.
CO 20.8 20.8 2.22
PM 0.02 0.02 0.01
15.2.2.4 Japanischer Prüfzyklus

Wie in Europa wurde auch in Japan bisher ein stationärer


bung. Neben der zusätzlichen Einführung des Euro III ESC 13‑Punkte-Test (D 13) verwendet, dessen Prüfpunkte haupt­
Tests wurde ein Bereich des Motorkennfeldes festgelegt, die sächlich den Bereich des maximalen Drehmomentes und
sog. NTE (not‑to‑exceed) Zone, Bild 15‑14, in dem die Leerlaufes erfassen, Bild 15‑21. Seit 2005 gilt ein transienter
Emissionen den jeweiligen Grenzwert um nicht mehr als Prüfzyklus (JE 05), der im Gegensatz zu US-FTP und ETC
um einen von der Grenzwertschärfe abhängigen Faktor jedoch wie bei Pkw als Fahrzeugzyklus in km/h festgelegt ist,
überschreiten dürfen. Bild 15‑22. Die Prüfung selbst wird aber nach wie vor am
Für die Begrenzung der sichtbaren Emission (Abgastrü­ Motor vorgenommen. Dazu liefert der Gesetzgeber ein Re­
bung) ist ein dynamischer Prüfzyklus vorgeschrieben, der chenprogramm, mit dessen Hilfe der Fahrzeugzyklus in Ab­
aus verschiedenen Schub-, Last- und Verzögerungsphasen hängigkeit vom Fahrzeugtyp in den Motorzyklus umgewan­
aufgebaut ist, Bild 15‑15. delt wird.

15.2.2.3 Europäischer Prüfzyklus 15.2.2.5 Weltweit harmonisierter Prüfzyklus (WHDC)

Ein europäischer Prüfzyklus wurde durch die UN Wirt­ Die Prüfzyklen in USA, Europa und Japan unterscheiden
schaftskommission für Europa (ECE) mit Sitz in Genf erst­ sich signifikant in ihren jeweiligen Betriebsbereichen,
mals 1982 im Rahmen der Regelung ECE R49 eingeführt. Bild 15‑23. Mit immer schärferen und sich weiter annä­
Dieser Zyklus ist seit dem Jahre 2000 nicht mehr gültig. hernden Grenzwerten bedeutet das für einen weltweit täti­
478 15 Abgasemission von Dieselmotoren

Bild 15-13
Drehmoment und Drehzahlverlauf im
USA-Transient-Testzyklus für Nfz-Die-
selmotoren

Bild 15-14 USA-Kontrollzone (NTE)


15.2 Abgasgesetzgebung 479

Bild 15-15
USA-Rauchtest

Bild 15-16
ESC (European
Stationary Cycle)
480 15 Abgasemission von Dieselmotoren

Bild 15-17 Ermittlung des Prüfbereiches für ESC (European Stationary


Cycle) Bild 15-18 ELR (European Load Response Test)

Bild 15-19
ETC (European Transient Cycle)
15.2 Abgasgesetzgebung 481

Bild 15-20 Rauchgrenzkurven nach ECE-R 24 und A30, Schweden

Bild 15-21 Messpunkte und Wichtung im Japan-Dreizehn-Punkte-Test (D 13)


482 15 Abgasemission von Dieselmotoren

Bild 15-22 Japanischer Transient-Test (JE 05)

Bild 15-23 Betriebsbereiche im USA-, EU- und Japan-Test


15.2 Abgasgesetzgebung 483

gen Nfz-Hersteller einen unverhältnismäßig hohen Entwick- ist wesentlich komplexer als bisher, wodurch das Risiko
lungsaufwand für die prinzipiell gleiche Abgastechnologie. einer Umgehung des Zyklus (sog. cycle bypass) minimiert
Auf Anregung der europäischen Nutzfahrzeugindustrie wird. Zusätzlich gibt es auch einen Stationärtest WHSC, da
hat deshalb die UN Wirtschaftskommission für Europa sich die Kombination von Transient- und Stationärtest
(ECE) im Jahre 1997 die Entwicklung eines Welt-Testzyklus inzwischen weltweit durchgesetzt hat.
für die Zertifizierung schwerer Nfz-Motoren übernommen.
Dieser Zyklus wurde 2006 als globale Richtlinie (gtr = global 15.2.2.6 Neue Elemente der Abgasgesetzgebung
technical regulation) verabschiedet und soll zu einer welt-
weiten Harmonisierung der Prüfprozeduren und Messtech- Bis zum Ablauf der Abgasstufe Euro III bestand die Abgasge-
niken führen. Für Europa ist der Einsatz frühestens mit setzgebung im Wesentlichen nur aus Testzyklus und dem
Euro VI im Jahre 2012 zu erwarten. Der Zyklus wurde aus jeweiligen Abgasgrenzwert. Ab Euro IV (2005) wird in der
Fahrdaten von über 80 Fahrzeugen weltweit entwickelt und EU erstmals das bereits von Pkw bekannte OBD (On-Board
ist ein Kompromiss aus europäischen, japanischen und Diagnose) System für Nfz verbindlich. Bei fehlerhaftem Ab-
amerikanischen Fahrprofilen, Bild 15-24. Er ist damit nicht gassystem wird der Fahrer durch eine Diagnoselampe darauf
repräsentativ für einen bestimmten Fahrzeugeinsatz (z. B. hingewiesen, eine Werkstätte zur Reparatur aufzusuchen.
Fernverkehr), ermöglicht aber die Entwicklung und Ver- Auch auf diesem Gebiet wurde durch die ECE bereits eine
wendung von effizienter Abgastechnologie für alle Be- globale Regelung (WWH-OBD) erarbeitet, die in 2006 ver-
reiche. abschiedet und voraussichtlich ab 2010 weltweit zur Anwen-
Wie bei US-FTP und ETC ist der transiente Prüfzyklus dung kommen wird.
(WHTC) in normierter Drehzahl und normiertem Dreh- Ein weiterer zentraler Punkt zukünftiger Abgasrege-
moment festgelegt, Bild 15-25. Der Hauptdrehzahlbereich lungen ist die Überwachung der Emissionen im Feld (In-
ist deutlich zu niedrigen Drehzahlen verschoben, die man Use Compliance). Hier wird das Nfz neue Wege gehen. Da
auch im tatsächlichen Fahrbetrieb findet. Die Normierung der Testzyklus auf den Motor bezogen, ein Ausbau des

Bild 15-24 Häufigkeitsvergleich der Straßenkategorien in USA, EU und Japan


484    15  Abgasemission von Dieselmotoren

Bild 15-25  WHTC (Worldwide Harmonized Transient Cycle)

Motors für die Prüfung aber unzweckmäßig ist, wird die Die von den Motoren einzuhaltenden Grenzwerte sind
Emission mit Hilfe portabler Abgas­messgeräte (PEMS = nicht Gegenstand der Norm, sondern werden von entspre­
Portable Emissons Measurement System) direkt im realen chenden Gremien erarbeitet und dem Gesetzgeber zugeleitet.
Betrieb des Fahrzeuges gemessen. Die Ausführungsbestim­
mungen sind zurzeit in Diskussion, die Einführung ist in 15.2.3.1 Stationäre Motoranlagen –
USA ab 2007, in Europa ab 2008 vorgesehen. Technische Anleitung Luft

15.2.3 Abgasgesetzgebung für Industriemotoren Durch die Bundesimmissionsschutzverordnung (BImSchV)


werden die Emissionen stationärer Verbrennungsmotoren,
Unter Industriemotoren sind hier alle Motoren zu verstehen, wie z. B. für Notstromaggregate, Kraft-Wärme-Kopplungs­
die nicht in Straßenfahrzeugen eingebaut sind. Da dieser Be­ anlagen, Blockheizkraftwerke und dergleichen, begrenzt.
reich ein sehr weites Spektrum vom Rasenmähermotor bis Die TA Luft vom 24. Juli 2002 präzisiert die Ausführungsbe­
zum Schiffsdiesel umfasst, können im Folgenden nur die we­ stimmungen des Bundesimmissionsschutzgesetzes und gibt
sentlichen Regelungen abgehandelt werden. Um für dieses Anleitungen für die praktische Durchführung und Beispiele
breite Anwendungsspektrum entsprechende Emissionsbe­ vorliegender Rechtsprechung, Tabelle 15‑11.
grenzungen betriebsgerecht durchführen zu können, erar­ Für die Stickoxid- und Staubgrenzwerte wird nach Otto-,
beitete ein Gremium das Normenprojekt ISO 8178 [15‑7] Diesel- und Diesel-Gas-Motoren differenziert. Dabei ist zu
(s. Anhang: Normen und Richtlinien für Verbrennungsmo­ beachten, dass für einige Brennstoffe (Klär-, Bio- und Depo­
toren). Dabei werden für typische Einsatzzwecke bestimmte niegas) eine Dynamisierungsklausel für Emissionen (wie
Prüfzyklen zugeordnet, siehe Tabelle 15‑9. Die entspre­ Staub, CO, NOX, SO2 (für Bio- und Klärgas) und organische
chenden Testpunkte und Wichtungsfaktoren sind in Ta­ Stoffe) besteht. Danach sind alle Möglichkeiten auszuschöp­
belle 15‑10 zusammengefasst. fen, um die Emissionen durch dem Stand der Technik ent­
15.2  Abgasgesetzgebung    485

Tabelle 15-9   Testzyklen für Industriemotoren – Anwendungsbereiche

Testzyklus Anwendungsbeispiele
C1 Off-Road Dieselmotor Baumaschinen, Landwirtschaftliche Geräte, Materialtransport
C2 Off-Road Ottomotor Baumaschinen, Landwirtschaftliche Geräte, Materialtransport
D1 Konstantdrehzahl Kraftwerke, Bewässerungspumpen
D2 Konstantdrehzahl Gas Kompressoren, Generatoren
E1 Marine Schiffe mit Dieselmotor unter 24 m Länge
E2 Marine Seeschiffe mit Konstantdrehzahl
E3 Marine Seeschiffe mit Propellerkurve
E4 Marine Sportboote mit Ottomotor unter 24 m Länge
E5 Marine Schiffe mit Dieselmotor unter 24 m Länge (Propellerkurve)
F Bahn Lokomotiven, Triebwagen, Rangierlokomotiven
G1 Kleinmotoren (Rasenmäher usw.) Zwischendrehzahlanwendungen
G2 Kleinmotoren Nenndrehzahlanwendungen
G3 Kleinmotoren Handgehaltene Geräte

Tabelle 15-10  Testzyklen für Industriemotoren – Betriebspunkte und Wichtungsfaktoren

Nenndrehzahl Zwischendrehzahl Leerlauf


Drehmoment/Leistung* [%]
Typ 100 75 50 25 10 100 75 50 25 10 0
C1 0.15 0.15 0.15 0.10 0.10 0.10 0.10 0.15
C2 0.06 0.02 0.05 0.32 0.30 0.10 0.15
D1 0.30 0.50 0.20
D2 0.05 0.25 0.30 0.10
E1 0.08 0.11 0.19 0.32 0.30
E2 0.20 0.50 0.15 0.15
*E3 0.20 0.50 0.15 0.15
91% 80% 63%
*E4 0.06 0.14 0.15 0.25 0.40
80% 60% 40%
*E5 0.08 0.13 0.17 0.32 0.30
91% 80% 63%
F 0.25 0.15 0.60
G1 0.09 0.20 0.29 0.30 0.07 0.05
G2 0.09 0.20 0.29 0.30 0.07 0.05
G3 0.90 0.10
486    15  Abgasemission von Dieselmotoren

sprechende Maßnahmen weiter zu senken (s. TA Luft 2002). Die Abgas-Grenzwerte sind abhängig von der Motorleis­
Die jeweiligen Grenzwerte sind auf einen Sauerstoffgehalt tung festgelegt. Nach langen Verhandlungen ist es gelungen,
im Abgas von jeweils 5 Vol% zu beziehen. Testzyklen und Grenzwerte weltweit in hohem Umfang zu
Die Messung der Staubemissionen hat nach der VDI 2066 harmonisieren. Für Motoren in mobilen Maschinen und
emissionsnah, d. h. im heißen Abgas, zu erfolgen, während Traktoren gelten die in Tabelle 15‑12 angegebenen Grenz­
sich die für Nutzfahrzeugmotoren und mobile Maschinen werte [15‑8], [15‑9].
vorgeschriebene Messung der Partikelemission auf eine
Verdünnung des Abgases bezieht. 15.2.3.3 Schiffsmotoren
Die in Tabelle 15‑11 angegebene thermische Leistung (Pth
in [MWth]) bezieht sich auf den gesamten Brennstoffdurch­ Die Zentralkommission für die Rheinschifffahrt (ZKR) hat
satz der jeweiligen Anlage. ein neues Kap. 8a „Emissionen von gasförmigen Schadstoffen
und luftverunreinigenden Partikeln aus Dieselmotoren“ in
15.2.3.2 Mobile Maschinen und Traktoren die Rheinschiffsuntersuchungsordnung (RheinSchUO) auf­
genommen, das in der ersten Stufe am 1.1.2002 in Kraft ge­
Mobile Maschinen umfassen Anwendungen wie Radlader, treten ist, Tabelle 15‑13. Die Stufe II folgt ab dem 1.7.2007.
Bagger, Gabelstapler, Straßenbearbeitungsgeräte u. ä. Der Auch die europäische Kommission hat ihre Abgasrichtli­
Zyklus nach Typ C1 wird verwendet, wenn in diesen Anwen­ nie 97/68/EG in der Änderung 2004/26/EG um Anforde­
dungen Dieselmotoren eingesetzt werden. rungen für Binnenschiffsmotoren erweitert. Da das Technolo­

Tabelle 15-11  TA Luft - Grenzwerte für stationäre Verbrennungsmotoren ≥ 1 MWth (für Deponiegas besteht keine Leistungsgrenze) in mg/m3

Staub 201)
SO2 Abhängig vom Kraftstoff, z. B. 350 bei Biogas oder Klärgas
Formaldehyd 60
Gesamt-C –
Chlor, Fluor, Halogene 3%
CO2) 3) a) Selbstzündungsmotoren und Fremdzündungsmotoren mit flüssigen Brennstoffen, Selbst- 300
zündungsmotoren (Zündstrahlmotoren) und Fremdzündungsmotoren mit gasförmigen
Brennstoffen (ausgenommen Bio-, Klärgas oder Grubengas)
b) Fremzündungsmotoren mit Bio- oder Klärgas4) < 3 MWth 10003) ≥ 3 MWth 650
c) Fremdzündungsmotoren mit Grubengas 650
c) Fremdzündungsmotoren mit Grubengas < 3 MWth 20003) ≥ 3 MWth 650
NOx3) a) Selbstzündungsmotoren mit flüssigen Brennstoffen < 3 MWth 1000 ≥ 3 MWth 500
b) Gasbetriebene Selbstzündungsmotoren (Zündstrahlmotoren) und Fremdzündungsmotoren
- Zündstrahlmotoren mit Bio- oder Klärgas < 3 MWth 1000 ≥ 3 MWth 500
- Magergasmotoren und andere 4-Takt-Ottomotoren mit Bio- oder Klärgas 500
- Zündstrahlmotoren und Magergasmotoren mit sonstigen gasförmigen Brennstoffen 500
c) Sonstige 4-Takt-Ottomotoren 250
d) Zweitaktmotoren 800
1)  80 mg/m3 bei ausschließlichem Notantrieb oder bis zu 300 Stunden zur Abdeckung der Spitzenlast bei der Stromerzeugung
2)  Deponiegas z. Zt. allgemein 650 mg/m3
3)  Emissionswerte finden keine Anwendung bei ausschließlichem Notantrieb oder bis zu 300 Stunden zur Abdeckung der Spitzenlast bei der Stromerzeugung
4)  Bei Fremdzündungsmotoren mit Grubengas 650 mg/m3

Werte in mg/m3, O2-Gehalt 5 %


Tabelle 15-12  Grenzwerte für Motoren in mobilen Maschinen
15.2  Abgasgesetzgebung    487
488    15  Abgasemission von Dieselmotoren

Tabelle 15-13  Abgasgrenzwerte für Binnenschiffe nach der RheinSchUO in Abhängigkeit von Nennleistung PN und Nenndrehzahl nN

Stufe I:
Nennleistung PN [kW] CO [g/kWh] HC [g/kWh] NOx [g/kWh] PM [g/kWh]
37 ≤ PN < 75 6,5 1,3 9,2 0,85
75 ≤ PN < 130 5,0 1,3 9,2 0,70
PN ≥ 130 5,0 1,3 nN ≥ 2800 1/min = 9,2 0,54
500 ≤ nN < 2800 1/min = 45 nN–0,2
Stufe II:
PN [kW] CO [g/kWh] HC [g/kWh] NOx [g/kWh] PM [g/kWh]
18 ≤ PN < 37 5,5 1,35 8,0 0,8
37 ≤ PN < 75 5,0 1,3 7,0 0,4
75 ≤ PN < 130 5,0 1,0 6,0 0,3
130 ≤ PN < 560 3,5 1,0 6,0 0,2
PN ≥ 560 3,5 1,0 nN ≥ 3150 min–1 = 6,0 0,2
343 ≤ n < 3150 min–1 = 45 x nN(–0,2) – 3
n < 343 min–1 = 11,0

gieniveau zwischen EU- und ZKR-Vorschrift nahezu gleich wegen des finanziellen Ungleichgewichts zwischen zusätz­
ist, ist eine gegenseitige Anerkennung der Vorschriften (EU lichen Betriebskosten und möglicher Gebührenermäßigung
vs. ZKR) sichergestellt. nicht ein.
Die IMO (International Maritime Organization) hat für
Schiffsdieselmotoren mit einer Leistung > 130 kW ab 15.3 Schadstoffe und ihre Entstehung
1.1.2000 Grenzwerte für die NOX-Emissionen festgelegt,
Tabelle 15‑14 [15‑10] bzw. Bild 15‑26. Es ist geplant, die Bei der ideal verlaufenden motorischen Verbrennung von
abhängig von Einsatz (Hauptantrieb oder Hilfsmotor) und Kohlenwasserstoffen (HC: Hydrocarbons) entstehen neben
Betriebsweise (konstante Drehzahl oder Propellerantrieb) der gewünschten Wärmeenergie als Produkte lediglich Was­
nach den in Bild 15‑27 angegebenen Testzyklen ermittelten ser (H2O) und Kohlendioxid (CO2), wobei deren Mengen­
Grenzwerte später an die weitere technische und umwelt- verhältnis vom H:C-Verhältnis des Kraftstoffs abhängt. So­
politische Entwicklung anzupassen. wohl Diesel- als auch Ottokraftstoff können mit der Sum­
Seit dem 1. Januar 1998 erhebt Schweden emissionsab­ menformel CxHy beschrieben werden, der ideale stöchiome­
hängig Hafengebühren in Anlehnung an den IMO-Code trische Verbrennungsprozess liefert dann
[15‑11]. Der dadurch erhoffte Anreiz zum Einsatz einer
emissionsmindernden Abgasnachbehandlung trat jedoch . (15-1)

Das entstehende Wasser ist umwelttechnisch unbedenklich,


CO2 ist ungiftig, trägt aber signifikant zum Treibhauseffekt
Tabelle 15-14  Abgasgrenzwerte nach IMO für Schiffsdieselmotoren mit  
bei. Eine Reduktion der CO2 Emissionen erfolgt bei der mo­
einer Leistung ab 130 kW
torischen Verbrennung durch Absenkung des spezifischen
Nenndrehzahl nN in l/min NOx-Emission in g/kWh Kraftstoffverbrauchs (be).
Sowohl beim Otto- als auch beim Dieselmotor verläuft
0 < nN ≤ 130 17
die Verbrennung nicht ideal, und es entstehen weitere
130 < nN ≤ 2000 45 nN–0,2
Nebenprodukte, die z. T. umweltschädlich sind. Beim homo­
nN > 2000 9,8
genen Betrieb des Ottomotors (λ = 1) entsteht als Schadstoff
neben Stickoxiden (NOX) und unverbrannten Kohlenwas­
15.3  Schadstoffe und ihre Entstehung    489

Bild 15-26 
IMO-Grenzkurve für die NOx Emission
von Schiffsdieselmotoren mit
Pn > 130 kW und Testergebnissen
nach CLEAN

Bild 15-27  IMO-Testzyklen für Schiffsmotoren nach ISO 8178


490    15  Abgasemission von Dieselmotoren

Bild 15-28 
Schadstoffkonzentrationen im Abgas
eines Dieselmotors bei Variation des
Luftverhältnisses λ (nach [15‑14])

serstoffen (HC) hauptsächlich Kohlenmonoxid (CO) durch wird im Folgenden detaillierter auf die Entstehung der ver­
unvollständige Verbrennung. Grund für die unvollständige schiedenen Schadstoffe eingegangen.
Verbrennung ist ein Erlöschen der Flammenfront an der
kalten Brennraumwand oder in Quetschspalten. Bei inho­ 15.3.1 Stickoxide (NOX)
mogenen Brennverfahren mit λ > 1, der typischen diesel­
motorischen Verbrennung, aber auch bei geschichtet betrie­ Von den unterschiedlichen Stickstoffoxiden (NO, NO2, N2O,
benen Ottomotoren mit Direkteinspritzung, entsteht als N2O3, N2O5) werden in nennenswerter Menge lediglich die
weiterer Schadstoff Ruß, Bild 15‑28. Verbindungen NO und NO2 (Stickstoffmonoxid und Stick­
Die Hauptvorteile des Dieselmotors – geringer Verbrauch, stoffdioxid) erzeugt. Abkürzend für die Summe von NO und
hohes Drehmoment bei niedriger Drehzahl – entfalten sich NO2 wird häufig die Bezeichnung NOX (Stickoxide) verwen­
gerade bei abgasturboaufgeladenen Motoren mit Direktein­ det.
spritzung. Dieses Brennverfahren ist gekennzeichnet durch Der wichtigste Entstehungsmechanismus von NOX ist die
örtlich stark schwankende Luftverhältnisse. Im Inneren der Bildung von thermischem NO, wie sie von Zeldovich 1946
einzelnen Flammen, die sich um die Einspritzstrahlen aus­ erstmals beschrieben wurde [15-13]. Im Einzelnen treten
bilden, besteht Luftmangel (λ << 1), zwischen den Ein­ folgende Elementarreaktionen auf:
spritzstrahlen und an der Brennraumwand besteht Luft­
überschuss (λ >> 1). Ruß entsteht in Bereichen von Luft­ O2  ⇔  2 · O (15-2)
mangel, Stickstoffoxide entstehen hauptsächlich direkt hin­
N2 + O  ⇔  NO + N (15-3)
ter der lokal sehr heißen Flammenfront. Die Entstehung der
beiden Hauptschadstoffe bei der dieselmotorischen Ver­ O2 + N  ⇔  NO + O (15-4)
brennung ist also direkt an das Brennverfahren gekoppelt.
Die kontinuierliche Absenkung dieser Schadstoffe, bei OH + N  ⇔  NO + H (15-5)
gleichzeitig stetiger Verbrauchsabsenkung und Leistungsop­
timierung, ist unverändert der Fokus der Entwicklung von Die Gleichungen (15-3) und (15-4) beschreiben die Zeldo­
Dieselmotoren bis in die heutige Zeit [15‑12]. Bevor in vich-Kettenreaktion: Bei Vorhandensein von elementarem
Abschn. 15.4 innermotorische Maßnahmen und in Sauerstoff (O) entsteht NO und N aus N2. Im folgenden
Abschn. 15.5 nachmotorische Maßnahmen (Abgasnachbe­ Schritt reagiert der entstandene molekulare Stickstoff (N)
handlung) zur Emissionsminderung beschrieben werden, mit O2 zu NO und O, womit der Kreislauf geschlossen ist
15.3  Schadstoffe und ihre Entstehung    491

und die Reaktionskette von vorne beginnt. Gl. (15-5) durch spätes Einspritzen und Verbrennung nach OT ande­
beschreibt die NO Entstehung in brennstoffreichen Zonen, rerseits, begrenzt werden. Abgasrückführung senkt das
wie sie hinter der Flammenfront anzutreffen sind. Sauerstoffangebot, wodurch zum einen die NOX-Entstehung
Das Vorhandensein von atomarem Sauerstoff, welcher bei direkt reduziert wird. Gleichzeitig wird durch die geringere
Temperaturen oberhalb von 2200 K aus molekularem Sauer­ Sauerstoffkonzentration die Brenngeschwindigkeit redu­
stoff entsteht Gl. (15-2), ist Grundbedingung für den Start ziert, was seinerseits die lokalen Spitzentemperaturen
der Zeldovich-Reaktionen nach Gl. (15-3) und (15-4). Eine begrenzt. Eine weitere Reduktion der lokalen Spitzentempe­
der Voraus­setzungen für die NO Entstehung sind also hohe raturen bei Abgasrückführung wird durch die höhere spezi­
Spitzentemperaturen, wobei explizit darauf hingewiesen fische Wärmekapazität der dreiatomigen Gase (CO2 und
werden soll, dass es sich hierbei um lokale Spitzen­ H2O) im rückgeführten Abgas erreicht. Die verschiedenen
temperaturen und nicht um mittlere Brennraumtempera­ motorischen Verfahren zur Reduktion der NOX-Emissionen
turen handelt. Die zweite Grundvoraussetzung für die NO werden detailliert in Abschn. 15.4 diskutiert.
Entstehung ist die Anwesenheit von überschüssigem Sauer­ Der Anteil von NO2 an den gesamten NOX-Emissionen
stoff, also lokaler Luftüberschuss [15‑13]. beträgt beim Ottomotor 1‑10%, beim Dieselmotor 5‑15%,
Ideale Bedingungen für die NOX-Entstehung liegen beim wobei im unteren Teillastbereich bei entsprechend nied­
Ottomotor bei λ = 1,1 vor, beim Dieselmotor ist das Maxi­ rigen Abgastemperaturen auch höhere Konzentrationen
mum der NOX-Konzentration im Abgas zu etwas höherem festgestellt werden können [15‑14]. Innermotorisch bildet
Luftverhältnis hin verschoben. In Bild 15‑28 sind die Kon­ sich NO2 aus NO durch Reaktion mit HO2- und OH-Radi­
zentrationen der unterschiedlichen Schadstoffe über dem kalen. Die wahrscheinlichste Gleichung lautet:
Luftverhältnis λ aufgetragen [15‑14]. Die NOX-Konzentra­
NO + HO2  ⇔  NO2 + OH (15-5)
tion weist für fallendes λ einen kontinuierlich wachsenden
Verlauf auf, was auf die steigende Abgastemperatur zurück­ Bei Umgebungstemperatur liegt das chemische Gleichge­
zuführen ist. Bis zu einem Wert von λ = 2 begünstigt die wicht nahezu vollständig bei NO2. In der Atmosphäre rea­
steigende Prozesstemperatur trotz abnehmendem Sauer­ giert NO mit Ozon bei Lichteinfall zu NO2, wobei sich das
stoffgehalt die Zunahme der NOX-Konzentration. Unterhalb Gleichgewicht nach einigen Stunden bis Tagen – abhängig
von λ = 2 steht bei weiter steigender Abgas­temperatur lokal von den Umgebungsbedingungen – einstellt.
nicht mehr ausreichend freier Sauerstoff zur Verfügung. Der Weitere Mechanismen der NO-Entstehung, wie promptes
Gradient der NOX-Konzentration als Funktion des Luftver­ NO aus der Reaktion von N2 mit Kraftstoffradikalen, NO
hältnisses nimmt ab und es entsteht ein lokales Maximum. aus im Brennstoff gebundenem Stickstoff oder Bildung von
Die Zeldovich-Reaktionen sind Gleichgewichtsreak­tionen, NO aus N2O haben bei der dieselmotorischen Verbrennung
deren Gleichgewichts­parameter in Abhängigkeit von der eher untergeordnete Bedeutung.
Temperatur bekannt sind. Allerdings sind die Verbren­
nungsvorgänge bei der motorischen Verbrennung so schnell, 15.3.2 Partikel (PM)
dass die Gleichgewichtskonzentrationen üblicherweise nicht
erreicht werden und die tatsächlichen NOX-Konzentra­ Unter den Partikelemissionen eines Fahrzeugs wird nach den
tionen unter denen liegen, die beim thermischen Gleichge­ gesetzlichen Prüfbestimmungen üblicherweise die Gesamt­
wicht erreicht würden. Andererseits führt das Absinken der masse von Feststoffen und angelagerten flüchtigen oder lös­
Brennraumtemperatur während der Expansionsphase dazu, lichen Bestandteilen verstanden. Die Prüfbedingungen sind
dass die Rückreaktionen nach den Gl. (15-3) und (15-4) hierbei genau festgelegt: eine Abgasprobe wird mit gefilterter
„eingefroren“ werden. Eine NO‑Rückbildung findet unter­ Umgebungsluft verdünnt und auf maximal 52 °C abgekühlt
halb von ca. 2000 K nicht mehr signifikant statt, wodurch im [15‑15]. Die Partikel werden auf einem definierten und kon­
tatsächlichen Abgas die NOX-Konzentrationen über den ditionierten Probenträger abgeschieden, die Gesamtmasse
Gleichgewichtskonzentrationen liegen. Eine Vorhersage der wird durch Wägung bei definierten Bedingungen ermittelt.
NOX-Emissionen ist somit nicht über Gleichgewichtsreak­ Ein Beispiel für eine typische Partikelzusammensetzung
tionen alleine, sondern nur unter Zuhilfenahme der Reak­ ist in Bild 15‑29 dargestellt [15‑16]. Der Abbildung ist zu
tionskinetik und unter Berücksichtigung des Zeitablaufs der entnehmen, dass der überwiegende Anteil der Partikel aus
tatsächlich stattfindenden Verbrennung möglich. Ruß – aus elementarem Kohlenstoff – besteht. Auf diesen
Über den Prozessablauf kann beim Dieselmotor starker wird weiter unten noch näher eingegangen. Den zweitgröß­
Einfluss auf die Höhe der NOX-Emissionen genommen ten Anteil stellen organische Verbindungen dar, die aus
werden. So kann die Verbrennungstemperatur durch Küh­ unverbrannten Kohlenwasserstoffen bestehen, die aus dem
lung von Ladeluft und rückgeführtem Abgas einerseits, Schmieröl oder dem Kraftstoff selbst stammen können. Bei
492    15  Abgasemission von Dieselmotoren

Bild 15-29 
Typische Partikelzusammensetzung
mit serienmäßigem Oxidationskata-
lysator (nach [15-16])

den oben beschriebenen Bedingungen für die Partikelent­ denen Luftmangel besteht. Bei Vorkammermotoren älterer
nahme und -wägung wird der Taupunkt von zahlreichen Bauart waren dies u. a. Wandfilme, an denen durch Verko­
Kohlenwasserstoffen unterschritten: es kommt zu Konden­ kung des Kraftstoffs z. T. große Rußpartikel entstanden
sation und Anlagerung der Verbindungen an den Feststoff­ [15‑18], die dann im Abgas sichtbar wurden. Bei modernen
kernen. Dieselmotoren mit Direkteinspritzung sind die Partikel
Der Sulfatanteil der Partikel wird im Wesentlichen durch üblicherweise deutlich kleiner, und somit im Abgas nicht
den Schwefelgehalt des Kraftstoffs und des Motorenöls mehr sichtbar, auch sind die Entstehungsprozesse deutlich
bestimmt. Der Schwefel oxidiert im Verbrennungsprozess unterschiedlich. Zurzeit existieren zwei – hier stark verein­
zu SO2, bei Abgastemperaturen oberhalb von 450 °C zu SO3. facht dargestellte – Ruß-Entstehungshypothesen [15‑19]:
Der letzte Oxidationsprozess kann auch durch eine nachge­
schaltete Abgas­nachbehandlung an einem Oxidationskata­ Elementarkohlenstoff-Hypothese
lysator gefördert werden [15‑17]. Über die Bildung von
Sulfat-Ionen entsteht durch das Zusammenwirken mit Was­ Bei dieser Hypothese wird davon ausgegangen, dass der
ser Schwefelsäure (H2SO4), die im abgekühlten Abgas an Kraftstoff bei den hohen Verbrennungstemperaturen disso­
den Partikeln kondensiert. Metalloxide entstehen als Pro­ ziiert – also zerlegt in seine Elementarbausteine Kohlenstoff
dukte von Additiven zum Schmieröl oder zum Kraftstoff und Wasserstoff – vorliegt. Die Wasserstoffmoleküle diffun­
und sind in den Partikelemissionen nur als Spuren enthal­ dieren wesentlich schneller zur sauerstoffhaltigen Umge­
ten. Wenn dem Kraftstoff ein Additiv zur Partikelfilterrege­ bung, als die größeren Kohlenstoffatome. Diese bilden über
neration hinzugegeben wird, können diese Oxide einen ihre 4fach Valenzen unter Sauerstoffentzug sehr schnell Clus­
signifikanten Anteil an der Partikelmasse annehmen. ter, wobei bevorzugt hexagonale und pentagonale Strukturen
Die in Bild 15‑29 dargestellte Partikelzusammensetzung entstehen. Es formen sich gekrümmte Schalen, die innerhalb
entspricht dem Mittelwert von Messungen an verschiedenen von Millisekunden zu typischen Partikelgrößen von etwa
Pkw und kann je nach Fahrzeugbetrieb und -art stark vari­ 10 nm anwachsen.
ieren. So wird ein Nutzfahrzeugmotor, betrieben bei hoher
Last, einen größeren Anteil von elementarem Kohlenstoff Polyzyklen-Hypothese
aufweisen, bei Pkw im Teillastbetrieb kann der Anteil an
Kohlenwasserstoffen den in Bild 15‑29 dargestellten Wert Bei dieser Hypothese wird Ethin (früher: Acetylen, C2H2)
deutlich übersteigen. eine entscheidende Bedeutung zugesprochen. Das Ethin
Ruß stellt den größten massebezogenen Anteil an den wird durch Pyrolyse – Zersetzung des Kraftstoffs unter Aus­
Partikeln. Dieser Anteil kann durch motorische Maßnah­ schluss von O2 – von Aliphaten und Aromaten unter Abspal­
men beeinflusst werden und soll im Folgenden näher tung von Wasserstoff gebildet. Ausgehend von einer poly­
be­schrieben werden. Ruß entsteht generell in Zonen, in zyklischen Struktur kann durch wiederholte Anlagerung von
15.3  Schadstoffe und ihre Entstehung   493

Bild 15-30  Entstehung von


Rußpartikeln nach Siegmann
(nach [15-21]). 1 Polyzyklen
(PAK) Wachstum; 2 planares
Wachstum der PAK; 3 Rußkeim-
bildung durch Formung von 3D-
Clustern; 4 Wachstum der Ruß-
keime durch Kondensation

Ethinmolekülen eine graphitische Struktur wachsen [15‑20]. lichen Emissionen der Fahrzeuge im dargestellten Betriebs­
Ein fortschreitendes Wachstum durch wiederholte Anlage­ punkt und weist im Maximum Schwankungen bis zum
rung von Ethin ist links oben in Bild 15‑30 angedeutet. Die Dreifachen auf. Die Form der Verteilung und die Lage des
entstehenden Makromoleküle krümmen sich durch die Bil­ Maximums ist hingegen nahezu unabhängig vom Fahrzeug
dung von gelegentlichen 5fach Ringen. Mehrere dieser Mole­ und wird als charakteristisch für alle modernen Brennver­
küle lagern sich in Schichten übereinander ab, es entstehen fahren angesehen.
die sog. Primärpartikel. Der Entstehungs­prozess ist in Ein Großteil des während der Verbrennung entstandenen
Bild 15‑30 visualisiert. Die entstehenden Primärpartikel ha­ Rußes oxidiert noch im Brennraum. Diese Nachverbren­
ben eine typische Größe von 2–10 nm. nung findet bei Temperaturen oberhalb 1000 K statt, sobald
Nach beiden Entstehungshypothesen bilden sich zunächst sich die Verbrennungsgase mit der verbliebenen Frischluft
sog. Primärpartikel mit einem Durchmesser von unter mischen, d. h. wenn wieder ausreichend Sauerstoff zur Ver­
10 nm. Die Partikel sind annähernd sphärisch mit einer fügung steht. Im Gegensatz zum Ottomotor sinkt die
Dichte um 1,8 g/cm³. Aus diesen Primärpartikeln entstehen Mischungstemperatur bei mager betriebenen Dieselmo­
im Folgenden die eigentlichen Rußpartikel durch Agglome­ toren während der Expansionsphase rasch unter einen kri­
ration, wobei die einzelnen Partikel aneinander haften blei­ tischen Wert und die Nach­oxidation wird eingefroren. Die
ben. Einige typische Agglomerate sind in REM Aufnahmen verbleibenden Partikel werden ausgestoßen und können nur
in Bild 15‑31 dargestellt. Die Dichte der sehr lockeren durch Abgasnachbehandlung mit einem Partikelfilter (siehe
Agglomerate beträgt lediglich 0,02‑0,06 g/cm³ [15‑21]. Abschn. 15.5) beseitigt werden [15‑17].
Die Agglomerate wachsen zunächst sehr schnell durch
den Zusammenschluss von Primärpartikeln mit hoher 15.3.3 Kohlenmonoxid (CO)
Beweglichkeit. Bei abnehmender Konzentration von Pri­
märpartikeln und durch die verminderte Beweglichkeit der Die Kohlenmonoxid (CO)-Emission von Dieselmotoren ist
größeren Agglomerate nimmt das Größenwachstum jedoch i. Allg. sehr niedrig und steigt bei einem konventionellen
ab [15‑22], und es stellt sich eine typische Größenverteilung Brennverfahren lediglich bei Annäherung an die Rußgrenze
der Agglomerate ein. Diese Größenverteilung ist auch für an. Im übrigen Kennfeld ist ausreichend Sauerstoff für die
unterschiedliche Motoren recht einheitlich. In der Regel vollständige Oxidation des Kraftstoffs vorhanden, allerdings
findet man eine Log‑Normal Verteilung um einen Wert von ist hierfür eine gute Durchmischung der teilverbrannten
ca. 80–100 nm. In Bild 15‑32 sind die Größenverteilungen Gase mit der verbleibenden Frischluft bei ausreichend hohen
der Partikelemissionen unterschiedlicher Fahrzeuge bei Temperaturen Voraussetzung. Nebenkammer­motoren, mit
einem konstanten Betriebspunkt, der einer Fahrzeugge­ deren intensiver Gemischverwirbelung beim Überströmen
schwindigkeit von 100 km/h entspricht, dargestellt [15‑23]. aus der Vorkammer in den Hauptbrennraum weisen beson­
Die Absolutanzahl der Partikel entspricht den unterschied­ ders niedrige CO-Emissionen auf [15‑18]. Moderne Brenn­
494 15 Abgasemission von Dieselmotoren

Bild 15-31 Dieselpartikel-Agglomerate

Bild 15-32 Größenverteilung von


Partikelemissionen von 11 unter-
schiedlichen Pkw mit modernen Die-
selantriebsaggregaten (nach [15-23])

verfahren weisen Drall- und/oder Quetschströmungen auf, einigen Motoren wird einer der Füllungskanäle in diesem
mit deren Hilfe die Gemischbildung luftseitig gestützt wird. Bereich geschlossen, um dadurch den Drall, d. h. die luftsei-
Die Abstimmung von der Luftströmung in der Brennkam- tige Gemischbildung zu fördern.
mer, der Brennkammergeometrie und der Einspritzgeome- Jüngste Untersuchungen [15-24] haben gezeigt, dass der
trie aufeinander minimiert die CO-Emissionen, wobei die Anteil von CO aus dem fetten Strahlkern an den CO-
Optimierung im gesamten Kennfeld erfolgen muss. Beson- Gesamtemissionen gering ist. In diesem Bereich ist die
deres Augenmerk ist hier auf den unteren Teillastbereich zu Temperatur ausreichend hoch, um eine vollständige Oxida-
legen, da die Nachoxidation von CO hier aufgrund der nied- tion von CO zu CO2 bei der sich nach Brennende anschlie-
rigen Temperaturen früher zum Erliegen kommt [15-24]. Bei ßenden Vermischung mit Luft zu gewährleisten.
15.4  Innermotorische Maßnahmen zur Schadstoffreduktion    495

15.3.4 Kohlenwasserstoffe (HC) 15.4 Innermotorische Maßnahmen


zur Schadstoffreduktion
Unverbrannte Kohlenwasserstoffe (HC) können bei Diesel­
motoren emittiert werden, wenn unzureichend aufbereiteter Bei der Optimierung von Dieselmotoren bewegt man sich
Kraftstoff in Gebiete gelangt, in denen die Temperatur für generell in einem Zielkonflikt zwischen Verbrauchs- und
eine Verbrennung nicht mehr ausreicht. Bedingungen hier­ Emissionsminderung. Nur wenige Zusatzmaßnahmen er­
für bestehen im unteren Teillastbereich bei großem Luft­ lauben eine Optimierung beider Parameter gleichzeitig.
überschuss. Aufgabe des Einspritzsystems ist es, den Kraft­ Gleichermaßen können selten alle gesetzlich limitierten
stoff durch gute Zerstäubung so aufzubereiten, dass auch bei Schadstoffe mit einer Maßnahme gleichzeitig reduziert wer­
niedrigen Temperaturen eine vollständige Verdampfung er­ den. Die Feinab­stimmung eines Motors erfordert hier einen
folgen kann. Kompromiss. Weitere wichtige Parameter für die Motorab­
Weitere Quellen von HC Emissionen können örtlich sehr stimmung sind Komfort (Geräusch) und Motor­dynamik.
fette Gemischzonen, beispielsweise beim Auftreffen von Eine Herausforderung ist die Motorabstimmung im gesam­
Kraftstoffstrahlen auf die Brennraumwand, sein. Insbesonde­ ten Kennfeld – für den gesamten Drehzahlbereich bei unter­
re beim Kaltstart kann hier keine vollständige Verdampfung schiedlichen Lasten – da die Wirkung einiger Maßnahmen
gewährleistet werden und die HC Emissionen steigen an. sich auf bestimmte Bereiche des Kennfelds beschränkt und
Zündaussetzer wie bei der Verbrennung magerer Gemische sich in anderen Bereichen umkehren kann.
beim Ottomotor werden beim Dieselmotor üblicherweise Die Gewichtung der zahlreichen Optimierungsparameter
nicht beobachtet, da durch die Direkteinspritzung stets ein erfolgt bei den Schadstoffen nach den gesetzlichen Vorga­
Bereich mit annähernd stöchiometrischer Mischung und ben, beim Zielkonflikt hinsichtlich Komfort und Kraftstoff­
somit mit idealen Selbstzündungsbedingungen vorliegt. verbrauch nach Kundenwunsch. So ist beispielsweise das
Weiterhin ist der nach Einspritzende in den Düsenlö­ Verbrennungsgeräusch bei Pkw Motoren ein Parameter auf
chern und im Sackloch der Einspritzdüse enthaltene Kraft­ den zunehmend Augenmerk gelegt wird. Bei Nutzfahrzeu­
stoff eine Quelle der HC-Emissionen. Dieser Kraftstoff ver­ gen mit hohen Laufleistungen ist generell der Kraftstoffver­
dampft während der Expansionsphase bei Temperaturen brauch die entscheidende Größe für den Kundennutzen.
weit unterhalb der für eine Oxidation erforderlichen Grenze Selbstverständlich müssen insbesondere auch die Kosten bei
und wird unverbrannt in den Abgastrakt geschoben. Eine allen Motortypen berücksichtigt werden, um ein am Markt
Minimierung des Sacklochvolumens hat diese Quelle der konkurrenzfähiges Produkt anbieten zu können.
HC-Emissionen in den vergangenen Jahren deutlich redu­ Tabelle 15‑15 gibt einen Überblick über verschiedene,
ziert [15‑25]. heutzutage gängige Verfahren zur Motoroptimierung und
Sowohl Kohlenwasserstoffe als auch Kohlenmonoxid deren Einfluss auf die Schadstoffemissionen sowie den spe­
können mit Hilfe eines Oxidationskatalysators (siehe zifischen Kraftstoffverbrauch und das Verbrennungsge­
Abschn. 15.5) weiter reduziert werden [15‑17]. räusch. Die prinzipiellen Zusammenhänge sind dabei für
alle Fahrzeugtypen gleich, lediglich die Gewichtung ändert
sich nach den Markterfordernissen, so dass die unterschied­
lichen Maßnahmen im Einzelfall stets neu bewertet werden

Tabelle 15-15  Verschiedene Maßnahmen zur Brennverfahrenoptimierung bei Dieselmotoren und deren Einfluss auf unterschiedliche Parameter

Maßnahme NOx HC/CO Ruß be Geräusch


später Spritzbeginn + – – – +
Abgasrückführung + – – – +
gekühlte AGR + – + + 0
Aufladung - + + + 0
Ladeluftkühlung + – + + 0
Piloteinspritzung 0 + – 0 +
angelagerte Nacheinspritzung + 0 + – 0
Einspritzdruckerhöhung 0 + + + 0
abgesenktes Verdichtungsverhältnis + – + 0 –
496 15 Abgasemission von Dieselmotoren

müssen. Für die Bewertung wurde ein modernes DI-Brenn- Für vier ausgewählte Spritzbeginne aus Bild 15-33 sind
verfahren zugrunde gelegt. die während des Motorbetriebs gemessenen Zylinderdruck-
Der Tabelle ist zu entnehmen, dass keine der Maßnahmen verläufe in Bild 15-34 dargestellt. Die einsetzende Verbren-
positiv auf alle Parameter wirkt. Um einen nachteiligen nung ist in dieser Darstellung durch den Druckanstieg nach
Effekt zu kompensieren, ist häufig eine Kombination von dem oberen Totpunkt (OT) zu erkennen. Bei frühem Ein-
mehreren Maßnahmen erforderlich. So wirkt sich beispiels- spritzbeginn verläuft dieser Druckanstieg steiler, als bei
weise eine Erhöhung des Einspritzdrucks nur in Kombinati- Einspritzung und Verbrennung weit nach OT. Der flachere
on mit Abgasrückführung positiv auf die NOX-Emissionen Druckanstieg bei später Verbrennung ist auf die fortschrei-
aus. Ausgewählte Maßnahmen sollen im Folgenden detail- tende Expansion zurückzuführen. Einerseits begrenzt sie
liert diskutiert werden. den Druckanstieg direkt, andererseits führt die Expansion
zu niedrigeren Brennraumtemperaturen und damit zu einer
15.4.1 Spritzbeginn langsamer ablaufenden Verbrennung. Aus den gezeigten
Druckverläufen lässt sich ableiten, dass die in den Zylindern
Der Spritzbeginn war der erste Parameter der dieselmoto- auftretenden Spitzentemperaturen ebenfalls mit spätem
rischen Einspritzung, auf den gezielt betriebspunktabhängig Einspritzbeginn niedriger ausfallen werden, da die durch die
Einfluss genommen werden konnte. Bereits bei einigen Ver- langsamere Verbrennung entstehende Wärme mehr Zeit
teilereinspritzpumpen konnte der Spritzbeginn zunächst hat, sich aus der direkten Verbrennungszone heraus zu ver-
mechanisch und später über ein elektrisch angesteuertes teilen. Wie in Abschn. 15.3.1 erläutert, ist neben dem Sauer-
Magnetventil kontrolliert werden. stoffangebot die lokale Spitzentemperatur ein entschei-
Die Wichtigkeit des Einspritzbeginns für die motorischen dender Parameter für die Bildung von NOX, womit sich
Emissionen ist in Bild 15-33 veranschaulicht. Die NOX- und schlussendlich aus den Zylinderdruckverläufen in Bild 15-34
PM-Emissionen sind für unterschiedliche Spritzbeginne die bei spätem Einspritzbeginn sinkenden NOX-Emissionen
aufgetragen, wobei 0° Kurbelwinkel (0° KW) den oberen (Bild 15-33) erklären lassen.
Totpunkt kennzeichnet. Deutlich ist der stetige Anstieg der In Bild 15-33 ist eine Partikelzunahme mit spätem Ein-
Partikelemissionen und der kontinuierliche Abfall der NOX- spritzbeginn zu erkennen. Dies ist ein typisches Beispiel für
Emissionen zu erkennen. Den Messungen liegt ein Nutzfahr- die erwähnten Zielkonflikte bei der Minimierung aller Emis-
zeugmotor bei mittlerer Last und 1425 min–1 zugrunde. sionsparameter. Die Partikelzunahme gilt mit Ausnahme der

Bild 15-33 Einfluss von Spritzbe-


ginn auf PM- und NOX-Emissionen
eines Nutzfahrzeugmotors bei
1425 min–1 und mittlerer Last
15.4 Innermotorische Maßnahmen zur Schadstoffreduktion 497

Bild 15-34 Zylinderdruckverlauf für


vier unterschiedliche Spritzbeginne
(vgl. Bild 15-33)

Niedriglastbereiche für den größten Teil des Kennfelds. kontinuierliche Erhöhung des maximalen Einspritzdrucks
Ursache für die steigenden Partikelemissionen sind die mit [15-25]. Der Einfluss des Einspritzdrucks auf NOX- und
fallender Gemischdichte abnehmende Güte der Gemisch- PM-Emissionen (hier ist die Messgröße Schwarzrauch (SZ)
aufbereitung sowie die reduzierte Nachoxidation der Partikel angegeben) und auf den spezifischen Verbrauch be ist für
aufgrund der niedrigeren Temperaturen im Brennraum. einen Teillastpunkt eines Pkw-Motors bei 50% Last und
Im unteren Lastbereich kann man auch ein Abnehmen n = 1400 min–1 in Bild 15-35 dargestellt.
der Partikelemissionen mit spätem Einspritzbeginn Im unteren Bildteil ist der oben diskutierte Anstieg des
beobachten. Ursache sind hier die fallenden Temperaturen spezifischen Verbrauchs für späten Spritzbeginn für alle
im Brennraum, die verhindern, dass Partikel überhaupt untersuchten Einspritzdrücke zu erkennen. Hierbei ist ent-
gebildet werden [15-24]. Allerdings muss in diesen Fällen scheidend, dass für höhere Einspritzdrücke ein deutlich
ein deutlicher Anstieg der CO- und HC-Emissionen sowie späterer Spritzbeginn ohne Verbrauchsnachteil eingestellt
des Verbrauchs hingenommen werden, so dass diese Strate- werden kann, als bei niedrigen Einspritzdrücken. Im hier
gie zur simultanen Reduktion von NOX und Partikeln nur dargestellten Beispiel verschiebt sich das Minimum des spe-
bedingt verwirklicht werden kann. zifischen Verbrauchs von –19 °KW bei 500 bar Einspritz-
Weiterhin wirkt sich der späte Spritzbeginn nachteilig auf druck auf –12 °KW bei einem Einspritzdruck von 1100 bar.
den spezifischen Verbrauch aus (hier nicht dargestellt). Der Die Gründe hierfür sind zum einen die kürzere Einspritz-
Verbrauchsnachteil lässt sich ebenfalls anschaulich aus den dauer – da die Einspritzrate mit dem Einspritzdruck
Zylinderdruckverläufen aus Bild 15-34 ableiten: die schnelle ansteigt – und die mit steigendem Einspritzdruck verbes-
Verbrennung nahe OT bei frühem Einspritzbeginn ähnelt serte Qualität der Gemischaufbereitung. Die Schwerpunkt-
der verbrauchsoptimalen isochoren Verbrennung, während lage der Verbrennung, die im Wesentlichen den spezifischen
eine Annäherung an die isobare Verbrennung bei später Verbrauch bestimmt, kann also in etwa konstant gehalten
Einspritzung zu einer Verbrauchsverschlechterung führt. werden.
Der entscheidende Vorteil eines höheren Einspritzdrucks
15.4.2 Einspritzdruck ist im mittleren Bildteil in Bild 15-35 an der deutlich redu-
zierten Partikelemission – hier ist die Schwärzungszahl SZ
Seit der Einführung von Dieselmotoren mit Direkteinsprit- dargestellt – zu erkennen. Für steigende Einspritzdrücke sin-
zung erfolgte durch technische Weiterentwicklungen eine ken die Rußemissionen bei konstantem Spritzbeginn deut-
498 15 Abgasemission von Dieselmotoren

Bild 15-35 NOX Emissionen,


Schwarzrauch (SZ) und spezifischer
Kraftstoffverbrauch als Funktion des
Einspritzbeginns mit dem Einspritz-
druck als Parameter

lich ab, ein Anstieg ist bei steigendem Einspritzdruck erst setzt. Die Abgasrückführrate xAGR ist definiert als das Ver-
bei wesentlich späteren Spritzbeginnen zu beobachten. Der hältnis von rückgeführtem Abgasmassenstrom zu Gesamt-
Grund hierfür ist wieder in der verbesserten Gemischauf- massenstrom im Ansaugtrakt:
bereitung zu finden. Zum einen ist die Rußentstehung durch
verbesserte Zerstäubung bei höherem Einspritzdruck gerin-
ger, zum anderen wird die Nachoxidation durch die höhere (15-6)
Gemischbildungsenergie gefördert.
Allerdings wirkt sich ein höherer Einspritzdruck über Sie beträgt bei modernen Brennverfahren bis zu 50% und
höhere lokale Spitzentemperaturen negativ auf die NOX- wird über ein elektrisch oder pneumatisch angesteuertes
Emissionen aus. Bei konstantem Spritzbeginn steigen die Ventil geregelt. Die Frischluftmasse wird über einen Heiß-
NOX-Emissionen mit steigenden Einspritzdrücken signifi- filmmassensensor ermittelt.
kant an. Vergleicht man die NOX-Emissionen hingegen bei In Bild 15-36 ist der Einfluss der Abgasrückführung auf
konstantem spezifischem Verbrauch, so relativiert sich der spezifischen Verbrauch, Geräusch sowie HC- und PM-Emis-
Vergleich (z. B. weisen die NOX-Emissionen bei minimalem sion als Funktion der NOX-Emissionen dargestellt. In der hier
spezifischem Verbrauch bei –19 °KW für 500 bar Einspritz- gewählten Darstellung wurden die gemessenen NOX-Emis-
druck und bei –12 °KW für 1100 bar Einspritzdruck etwa sionen als Abszisse gewählt und die anderen Größen auf den
konstante Werte von ca. 16 g/kWh aus). Eine deutliche Ordinaten in den einzelnen Teilbildern als abhängige Größen
Reduktion der NOX-Emissionen bei Erhöhung des Einspritz- dargestellt. Die einzelnen, experimentell ermittelten Punkte
drucks ist durch Kombination mit Abgasrückführung (siehe ergeben sich durch eine Variation der AGR Rate. Im Teilbild
Abschn. 15.4.3) zu erreichen. Dieser Strategie sind aller- unten rechts entstehen in Abhängigkeit von der AGR-Rate die
dings Grenzen gesetzt. Abhängig vom Brennverfahren und typischen PM-NOX Trade-off-Hyperbeln. Die Untersuchung
vom Lastpunkt existiert eine Obergrenze für den Einspritz- erfolgte für zwei verschiedene Einspritzdrücke. Die AGR-
druck oberhalb der eine weitere Anhebung des Drucks Rate steigt in den einzelnen Teilbildern jeweils von rechts
keine weiteren Vorteile bringt. nach links von 0% auf den Maximalwert von hier 40%.
Für beide Einspritzdrücke ist in allen Diagrammen eine
15.4.3 Abgasrückführung kontinuierliche Reduktion der NOX-Emissionen für stei-
gende AGR-Rate zu erkennen. Die langsamere Verbren-
Abgasrückführung (AGR) wird bei Pkw heute flächen- nung, die Spätverschiebung des Brennbeginns durch Ver-
deckend als wichtiges Mittel zur Reduktion von NOX einge- größerung der Zündverzugszeit und die Vergrößerung der
15.4  Innermotorische Maßnahmen zur Schadstoffreduktion    499

Bild 15-36  Einfluss der Abgasrück-


führrate auf Geräusch, spezifischen
Kraftstoffverbrauch, HC- und PM-
Emissionen als Funktion der NOX-
Emissionen für unterschiedliche Ein-
spritzdrücke bei 2000 min–1 und 50%
Last

spezifischen Wärmekapazität durch den höheren Anteil Bei Erhöhung der AGR-Rate liegt der Verlauf des PM-
von dreiatomigen Gasen (Inertgas) in der Zylinderfüllung NOX Trade-offs für 800 bar Einspritzdruck deutlich unter
wirken alle reduzierend auf die maximale lokale Spitzen­ dem für 600 bar. Dieser Effekt wird als erhöhte AGR-Verträg-
temperatur und somit auf die NOX-Emissionen. Der Ein­ lichkeit bezeichnet. Da die Gemischbildungsenergie nun
fluss der AGR-Rate auf HC-Emissionen fällt beim hier überwiegend aus dem Einspritzstrahl gewonnen wird, ist
untersuchten Motor recht gering aus. In den beiden unteren eine stärkere O2‑Reduktion durch Erhöhung der AGR-Rate
Teilbildern ist hingegen ein Anstieg sowohl der PM-Emis­ möglich, ohne dass die PM-Emissionen zu stark ansteigen.
sion als auch des spezifischen Verbrauchs zu erkennen. Der Abhängig vom Brennverfahren sind dieser Vorgehensweise
Anstieg des Kraftstoffverbrauchs wird durch die lang­ jedoch Grenzen gesetzt.
samere Verbrennung und damit durch eine Verschiebung Die in Bild 15‑36 im Teilbild unten rechts eingezeichnete
des Verbrennungsschwerpunkts nach spät bewirkt. Der Gerade markiert ein Verhältnis der NOX-Emissionen zu den
Hauptgrund für die höheren Rußemissionen ist in der PM-Emissionen von 10:1, was einer typischen Pkw-Appli­
Begrenzung des für die Rußoxidation ebenfalls erforder­ kation noch Euro 4 entspricht, da die gesetzlich festgelegten
lichen Sauerstoffs gegeben. Der durch die AGR reduzierte Grenzwerte der Emissionen eben dieses Verhältnis aufwei­
Sauerstoffgehalt wirkt sich stets vermindernd auf die NOX- sen. An den Schnitt­punkten der Trade-offs mit dieser Gera­
Emissionen und erhöhend auf die Rußemis­sionen aus. Die de kann abgelesen werden, dass eine Erhöhung des Ein­
im Teilbild unten rechts entstehenden Hyperbeln sind spritzdrucks von 600 auf 800 bar die NOX- und die PM-
­charakteristisch für die Zielkonflikte bei der Optimierung Emissionen um ca. 35% reduziert. Im Teilbild unten links ist
von Dieselmotoren. für diesen Betriebspunkt eine Reduktion des spezifischen
Der in Abschn. 15.4.2 diskutierte Effekt, dass die NOX- Kraftstoffverbrauchs von ca. 3% zu erkennen.
Emissionen ohne weitere Maßnahmen bei Erhöhung des Nachteilig wirkt sich eine Erhöhung des Einspritzdrucks
Einspritzdrucks ansteigen, ist in Bild 15‑36 ebenfalls zu lediglich auf das Geräusch aus (Teilbild oben links). Die
erkennen. Die mit den Kreisen gekennzeichneten Punkte Erhöhung des Geräuschs ist auf die größere Kraftstoffmasse
markieren diejenigen Experimente, bei denen die Emis­ zurückzuführen, die während des Zündverzugs eingespritzt
sionen ohne AGR gemessen wurden. Deutlich ist die Erhö­ wird und bei Brennbeginn nahezu schlagartig verbrennt. Bei
hung der NOX-Emissionen mit dem Einspritzdruck zu konstanter AGR-Rate ist der chemische Zündverzug kons­
erkennen, wobei die PM-Emissionen deutlich niedrigere tant, der physikalische wird durch die kleineren Tröpfchen
Werte aufweisen. bei höherem Einspritzdruck geringfügig verringert, aller­
500    15  Abgasemission von Dieselmotoren

dings überwiegt hier der Effekt der höheren Einspritzrate gemessenen Druckverlauf dar. Bis zum Brenn­beginn der
bei höherem Einspritzdruck. Haupteinspritzung (ca. 12 °KW nach OT) entspricht dieser
Die Pilot- oder Voreinspritzung als wichtigste innermoto­ Druck­verlauf dem eines geschleppten Motors (Schlepp­
rische Maßnahme zur Reduktion des Verbrennungsge­ kurve). Der steile Druckanstieg bei Brennbeginn bis
räuschs soll im Folgenden diskutiert werden. ca. 15 °KW nach OT führt zu unerwünscht hoher
Ge­räuschemission. Druck-Oszillationen nach Brennende
15.4.4 Piloteinspritzung sind Artefakte, die auf das Messverfahren zurück­zuführen
sind.
Die sog. Pilot- oder Voreinspritzung (PI: Pilot Injection) hat Die drei unterschiedlich grau gefärbten Kurven wurden
sich bei DI-Dieselmotoren als wirkungsvolle Maßnahme zur mit unterschiedlich großen Voreinspritzmengen ermittelt.
Geräuschreduktion etabliert. Hierbei werden in kurzem zeit­ Ansteuerbeginn von Haupt- und Vorein­spritzung wurden
lichen Abstand vor der Haupteinspritzung kleine Mengen dabei konstant gehalten. Der Brennbeginn der Voreinsprit­
(1‑3 mm³ pro Einspritzung) Kraftstoff eingespritzt. Brenn­ zung ist an dem Druckanstieg bei ca. 12 °KW vor OT zu
beginn dieser kleinen Menge ist typischerweise kurz vor OT. erkennen, an dem der Druckverlauf signifikant von der
Resultat ist eine Erhöhung von Temperatur und Druck im Schleppkurve abzuweichen beginnt. Jeweils etwa bei OT
Brennraum vor Einspritzbeginn der Haupteinspritzung. Ty­ wird ein lokales Druckmaximum erreicht, wobei der Abso­
pische Zylinderdruckverläufe für einen Teillastpunkt mit lutwert von der Größe der Voreinspritzmenge abhängt und
unterschiedlichen Piloteinspritzmengen sind in Bild 15‑37 mit dieser ansteigt.
bei konstantem Ruß/NOX-Verhältnis von 1:10 dargestellt. Die bei zunehmender Voreinspritzmenge steigenden
Im unteren Diagrammteil ist der Nadelhub des Injektors Zylinderdrücke und ‑temperaturen führen zu einer Verkür­
dargestellt. Parameter der unterschiedlichen Kurven ist die zung des chemischen Zündverzugs für die Haupteinspritz­
Menge der Piloteinspritzung. Eine Verlängerung der Ein­ menge. Dieser ist in Bild 15‑37 an dem Druckanstieg, der
spritzdauer der Piloteinspritzung mit steigender Vorein­ den Brennbeginn der Haupteinspritzung kennzeichnet
spritzmenge ist in der Abbildung zu erkennen. Die Dauer (6–12 °KW nach OT) und für steigende Voreinspritzmen­
der Haupteinspritzung ist entsprechend verkürzt, um die am gen immer näher nach OT wandert, abzulesen. Gleichzeitig
Prüfstand eingestellte Last konstant zu halten. ist in der Abbildung zu sehen, dass der Gradient des
Die schwarze Kurve im oberen Diagrammteil stellt den Druckanstiegs der Haupteinspritzung für steigende Vorein­
im Zylinder während des Betriebs ohne Voreinspritzung spritzmengen – im hier gewählten Beispiel bei etwa kon­

Bild 15-37  Zylinderdruckverläufe


im Teillastbetrieb bei Variation der
Voreinspritzmenge
15.4 Innermotorische Maßnahmen zur Schadstoffreduktion 501

stantem Maximaldruck – stets kleiner wird. Die Gründe wobei dieser Effekt stark vom Brennverfahren und vom
hierfür sind bereits diskutiert worden: Ein kürzerer Zünd- Betriebspunkt abhängt.
verzug führt zu einer kleineren während des Zündverzugs Ein negativer Effekt der PI ist die deutlich reduzierte AGR-
eingespritzten Kraftstoffmenge. Die schnelle Verbrennung Verträglichkeit des Brennverfahrens, wie sie im Teilbild
dieser Menge bei Brennbeginn bestimmt den Druckanstieg unten rechts zu erkennen ist. Dieser nachteilige Effekt ist
und das Verbrennungsgeräusch. Der Zylinderdruckgradient umso größer, je größer die Pilotmenge ist. Im Hinblick auf
ist deshalb ein Maß für die Höhe des Verbrennungsge- eine kombinierte Optimierung von Geräusch und Partikeln
räuschs. wird damit die Wichtigkeit einer präzisen Einspritzung von
Der Einfluss der Voreinspritzmenge auf das Geräusch kleinsten Pilotmengen unterstrichen [15-25]. Ein Teil der
und die Emissionen in Abhängigkeit von der Abgasrück- Vorteile beim PM-/NOX-Trade-off und beim spezifischen
führrate ist in Bild 15-38 als Funktion der NOX-Emissionen Verbrauch, die durch die Erhöhung des Einspritzdrucks
dargestellt. gewonnen wurden, geht also wieder verloren, da das gestie-
Die Art der Darstellung ist bereits aus Bild 15-36 bekannt: gene Verbrennungsgeräusch bei manchen Anwendungsfällen
Durch Variation der AGR-Rate wurden die unterschied- durch eine Piloteinspritzung kompensiert werden muss. Eine
lichen Kenngrößen als Funktion der NOX-Emissionen dar- Optimierung des Gesamtsystems erfordert also wieder eine
gestellt. Im Teilbild oben links ist die oben diskutierte gewichtete Betrachtung aller Einflussgrößen.
Abnahme des Verbrennungsgeräuschs durch die Vorein- Moderne Brennverfahren setzen zur weiteren Optimie-
spritzung abzulesen. Bereits bei 0,5-1 mg3 Pilotmenge pro rung eine zweite Piloteinspritzung und/oder eine kurz nach
Einspritzung wird ein Minimum erreicht. Eine weitere der Haupteinspritzung positionierte Nacheinspritzung ein.
Erhöhung der Pilotmenge auf 1,5 mg3 führt zu einem Während die zweite Piloteinspritzung zur weiteren Opti-
Geräuschanstieg: das Verbrennungsgeräusch wird jetzt mierung des Geräuschs eingesetzt wird, reduziert die ange-
durch die Verbrennung der Voreinspritzmenge selbst lagerte Nacheinspritzung die Rußemissionen. Durch eine
bestimmt. Weiterhin ist zu erkennen, dass eine steigende Erhöhung der Turbulenz in der Brennkammer, verursacht
AGR-Rate bei allen Voreinspritzmengen zu einer leichten durch die angelagerte Nacheinspritzung, wird die Rußoxida-
Geräuschreduktion führt. Diese ist auf eine langsamere Ver- tion gefördert. Gleichzeitig wird die Temperatur bei Brenn-
brennung durch den verminderten Sauerstoffgehalt der ende gesteigert, was sich ebenfalls positiv auf die Rußoxida-
Verbrennungsluft zurückzuführen. tion auswirkt. Die Wirksamkeit der angelagerten Nachein-
Die Piloteinspritzung führt zu einer Verringerung der spritzung hängt dabei stark vom Brennverfahren und dem
HC-Emissionen wie im Teilbild oben rechts dargestellt, betrachteten Kennfeldbereich ab.

Bild 15-38 HC- und PM-Emissionen


sowie spezifischer Kraftstoffverbrauch
und Geräusch im Teillastbetrieb mit
und ohne Piloteinspritzung als Funk-
tion der NOX-Emissionen bei Variation
der AGR-Rate
502 15 Abgasemission von Dieselmotoren

15.4.5 Kühlung von AGR und Ladeluft Aus thermodynamischer Sicht ist es dabei nicht relevant,
ob die Reduktion der Gastemperatur an den Einlassventilen
Eine möglichst niedrige Temperatur der Ladeluft vor den durch Kühlung der rückgeführten Abgasmasse, oder durch
Einlassventilen ist aus verschiedenen Gründen vorteilhaft. Kühlung der verdichteten Ladeluft erfolgt.
Zum einen führt die mit sinkender Temperatur steigende In Bild 15-39 sind die NOX- und Partikelemissionen als
Dichte der Ladeluft zu einer effizienten Befüllung der Zylin- Funktion der AGR-Rate für zwei unterschiedliche Tempera-
der. Man spricht von thermischer Entdrosselung des Motors. turniveaus nach Verdichter (T2) dargestellt. Im oberen
Als Folge steigt die AGR-Verträglichkeit und die Emissionen Teilbild ist das resultierende Luftverhältnis dargestellt. Spe-
von NOX und PM lassen sich weiter senken. Außerdem führt zifischer Kraftstoffverbrauch und Geräuschemissionen
die thermische Entdrosselung über den Weg eines höheren sowie Ladedruck und Abgasgegendruck wurden bei den
Luftverhältnisses zu einem Verbrauchsvorteil, was den posi- einzelnen Messungen gleichgestellt. Ganz rechts in der
tiven Einfluss der AGR und Ladeluftkühlung für das ther- Abbildung ist für eine AGR-Rate von 0% an dem höheren
modynamische Verhalten des Motors unterstreicht. Wert für O im oberen Teilbild zu erkennen, dass die nied-
Sowohl die Verdichtung der Ladeluft im Turbolader, als rigere Temperatur zu einer besseren Befüllung der Zylinder
auch die Rückführung von heißem Abgas bewirken eine führt. Im unteren Teilbild sind bei abgeschalteter AGR für
Steigerung der Lufttemperatur am Zylindereinlass, weswe- kältere Ansaugluft geringere NOX-Emissionen abzulesen,
gen Verfahren entwickelt wurden, die Temperatur zu welche auf die niedrigeren resultierenden Spitzentempera-
begrenzen. Diese sind der nahezu flächendeckende Einsatz turen zurückzuführen sind. Verbessertes Emissionsverhal-
von Ladeluftkühlern, und insbesondere bei Pkw der Einsatz ten mit Abgasrückführung ist für den Fall der niedrigeren
von Verfahren zur Kühlung des rückgeführten Abgases. Lufttemperatur in Bild 15-39 ebenfalls zu erkennen: deut-
Letzteres kann durch eine lange Leitungslänge, durch Lei- lich höhere AGR-Raten mit entsprechend niedrigeren NOX-
tungsführung durch den Zylinderkopf hindurch und/oder Emissionen können ohne einen zu hohen Anstieg der Par-
durch einen mit Kühlwasser gekühlten Wärmetauscher tikelemissionen angewendet werden.
erfolgen. In zahlreichen Anwendungen kann die Kühlleis-
tung geregelt werden, oder das Kühlaggregat in einem 15.5 Abgasnachbehandlung
Bypass umgangen werden, um bei Kaltstart das Motorkühl-
wasser für die Erwärmung der Fahrgastzelle schnell aufhei-
15.5.1 Einleitung
zen zu können, oder um einen Anstieg der HC- und CO-
Emissionen durch zu niedrige Brennraumtemperaturen bei Die Emissionsgrenzwerte für Dieselfahrzeuge sind in den
Betrieb im unteren Teillastbereich zu vermeiden. letzten Jahren kontinuierlich gesunken und weitere zukünf-

Bild 15-39 Einfluss der AGR-Rate


auf NOX- und -Partikelemissionen,
sowie resultierendes O für unter-
schiedliche Lufttemperaturen nach
Verdichter (T2) für einen Teillastpunkt
bei ca. 50% Last und 2000 min–1
15.5  Abgasnachbehandlung    503

tige Reduzierungen sind bereits vereinbart. Unter dem Be­ bedingungen können sich innerhalb weniger Sekunden
griff Emissionsminderung werden alle Techniken und Sys­ erheblich ändern. Hierdurch wird die sog. Raumgeschwin­
teme verstanden, die dazu beitragen, dass die Emissionen des digkeit (das Verhältnis von Abgasvolumenstrom zum Volu­
Fahrzeugs bzw. des Motors reduziert werden. Emissionsmin­ men der einzelnen katalytischen Komponenten) im gleichen
derungssysteme müssen neben den gesetzlichen Anforde­ Maße geändert. Die Raumgeschwindigkeit ist ein Maß für
rungen auch anderen technischen Rahmenbedingungen die Verweilzeit des Abgases im Katalysator. Bei zu kurzen
(z. B. Bauraum, Abgastemperaturen) und ökonomischen Verweilzeiten kann das Gas nur unzureichend reagieren
Vorgaben genügen. und der Umsatz wird verringert. Die Katalysatoren müssen
Die Emissionsminderung lässt sich in motorische Maß­ deshalb so dimensioniert werden, dass auch bei hohen
nahmen und nachmoto­rische Maßnahmen, die häufig auch Abgasmassenströmen ein genügend großer Umsatz sicher­
als Abgasnachbehandlung zusammen­gefasst werden, unter­ gestellt wird. Mit zunehmender Komponentengröße steigt
teilen. jedoch auch deren thermische Masse, was sich auf den Tem­
In der Vergangenheit konnten zunächst die Senkung der peraturverlauf der stromabwärts liegenden Komponenten
Emissionsgrenzwerte durch Verbesserungen in der moto­ auswirkt. Die Berücksichtigung derartige Wechselwirkungen
rischen Verbrennung mit entsprechenden Minderungen der und die Gesamtsystemoptimierung hinsichtlich aller Anfor­
Rohemissionen erreicht werden (s. Abschn. 15.4). Trotz sich derungen sind Gegenstand der Systementwicklung, die im
weiter verringernder Rohemissionen ist abzusehen, dass Anschluss an die Beschreibung der Komponenten erörtert
dies zukünftig nicht mehr ausreichend sein wird. wird.
Unter dem Begriff Abgasnachbehandlung werden die Abgasnachbehandlungskomponenten stellen strömungs­
Systeme zusammengefasst, die sich im Abgasstrang befin­ technische Hindernisse dar, welche in Abhängigkeit vom
den und deren primäre Funktion es ist, die motorischen Abgasvolumenstrom einen Abgasgegendruck verursachen.
Emissionen zu mindern. Zu ihnen gehören Katalysatoren, Dieser Abgasgegendruck muss vom Motor überwunden
Sensoren, Partikelfilter sowie Hilfssysteme, z. B. zur Ein­ werden und erhöht die Ladungswechselverlustarbeit. Im
bringung eines Reduktionsmittels oder zur Unterstützung ungünstigen Fall führt dies zu einem messbaren Kraftstoff­
der Partikelfilterregeneration. Abgas­nachbehandlungs­sys­te­ mehrverbrauch. Dies bedeutet zum einen eine Erhöhung
me verringern überwiegend durch chemische Prozesse die der Betriebskosten und zum anderen eine Erhöhung der
Schadstoffkonzentration. Beim Partikelfilter kommt zusätz­ CO2-Emission. Bei der Auslegung von Abgasnachbehand­
lich eine physikalische Abscheidung hinzu. lungssystemen muss deshalb auf möglichst geringe Strö­
Neben dem gewünschten Umsatz der Schadstoffe gibt es mungsverluste geachtet werden.
eine Reihe zusätzlicher technischer Anforderungen, die bei Der Strömungswiderstand führt außerdem zu einer
der Auswahl der Systeme beachtet werden müssen. Im Fol­ Dämpfung des abgasindu­zierten Motorgeräusches. Durch
genden werden diese Randbedingungen kurz vorgestellt, den Betrieb des Fahrzeugs werden Beschleuni­gungsmomente
bevor dann die einzelnen Komponenten beschrieben wer­ auf den Abgasstrang übertragen. Diese mechanischen Belas­
den. tungen müssen bei der Konstruktion der Bauelemente und
Die Abgastemperaturen moderner Dieselmotoren sind des Gesamtsystem berück­sichtigt werden. Diese Aspekte
meist so gering, dass die chemischen Prozesse selbst beim werden an anderer Stelle behandelt (s. Abschn. 13‑2).
Einsatz hochwertiger Katalysatoren häufig kinetisch limi­ Im motorischen Abgas ist Wasserdampf enthalten, welches
tiert sind. Zudem sind die Abgastemperaturen stark von den nach dem Abstellen des Motors beim Auskühlen des
motorischen Betriebsbedingungen insbesondere vom Dreh­ Abgasstrangs kondensiert. Dieses Abgaskon­densat enthält
moment abhängig. Sie können Werte zwischen der Außen­ auch korrosive Bestandteile, die sich durch Reaktion mit den
temperatur (unmittelbar nach dem Motorstart), bis zu über im Abgas enthaltenen Stickoxiden und dem Schwefeldioxid
700 °C bei Volllast erreichen. Typischerweise liegen die bilden. Der Korrosions­schutz muss bei der Konstruktion und
Tempera­turen im vorderen Unterbodenbereich des Werkstoffauswahl berücksichtigt werden.
Abgasstrangs beispielsweise beim europäischen Fahrzyklus Ein geeignetes Abgasnachbehandlungssystem erfüllt die
zwischen 150 °C und 250 °C. Bei der Auslegung der Kompo­ Anforderungen bezüglich der Minderung mehrerer Schad­
nenten und ihrer Positionierung muss deshalb neben der stoffe, unter Berücksichtigung der genannten Restriktionen
Optimierung der chemischen Reaktionsrate auch auf den zu möglichst geringen Kosten. Bei der Auslegung ist eben­
Bauteilschutz geachtet werden. falls auf eine ausreichend lange Lebensdauer des Systems zu
Der Abgasmassenstrom hängt ebenfalls sehr stark von den achten. Neben den bereits erwähnten korrosiven und
motorischen Betriebsbedingungen, insbesondere Drehzahl, mechanischen Belastungen muss auch die Alterung der
Aufladegrad und Abgasrück­führungsrate ab. Diese Betriebs­ katalytischen Schichten berücksichtigt werden.
504    15  Abgasemission von Dieselmotoren

Die Auslegung ist durch die Vielzahl der Anforderungen mischen oder metallischen Wabenstruktur, in welcher das
und Wechselwirkungen komplex und für jede Fahrzeugserie Abgas durch dünne, etwa 1 mm breite Kanäle geleitet wird.
individuell zu optimieren. Die Kanalwände bestehen aus einer Trägerstruktur aus Kera­
Zunächst werden die einzelnen Komponenten eines mik oder Metall, die mit einer edelmetallhaltigen Kata­
Abgasnachbehandlungs­systems vorgestellt. Diese haben lysatorschicht (sog. Washcoat) überzogen ist. Beim Durch­
neben einer Hauptfunktion meist noch Neben­funktionen. strömen des Katalysatorkörpers gelangen die zu oxidieren­
Durch eine geeignete Auslegung von Abgasnachbehandlungs­ den Komponenten des Abgases durch Diffusion an diese
systemen mit einer dazugehörigen Abstimmung der moto­ Katalysatorschicht und werden oxidiert.
rischen Rohemission lässt sicht die Komplexität und der Die wesentlichen Einflussgrößen auf den Umsatz sind:
Aufwand der gesamten Emissionsminderung verringern. – Aktivität der Katalysatorbeschichtung,
Dieser Aspekt der Systemauslegung soll im daran anschlie­ – Größe und innere Geometrie des Katalysators, damit
ßenden Teil angesprochen werden. verbunden die Verweildauer des Gases, bzw. die
Raumgeschwindigkeit,
15.5.2 Komponenten der Abgasnachbehandlung – Katalysatortemperatur,
– Konzentration der Reaktionspartner.
15.5.2.1 Diesel-Oxidations-Katalysator (DOC)
Die katalytische Aktivität der Beschichtung wird wesentlich
Der Diesel-Oxidations-Katalysator (DOC – Diesel Oxida­ durch die Art und Menge des Materials sowie die räumliche
tion Catalyst) war der erste Katalysator, der serienmäßig in Struktur der Oberfläche festgelegt. Im DOC werden Edelme­
Dieselfahrzeugen eingesetzt wurde. Seine primäre Funktion talle der Platingruppe (Platin, Palladium) eingesetzt, welche
ist es, die moto­rischen Kohlenmonoxid- (CO) und Kohlen­ in Form sehr kleiner Partikeln (Größenordnung wenige nm)
wasserstoff- (HC) Emissionen mit dem Restsauerstoff des auf einem oxidischen Washcoat (Aluminiumoxid, Ceroxid
Abgases zu den harmlosen Gasen H2O und CO2 zu oxidie­ oder Zirkonoxid) dispergiert sind. Der Washcoat sorgt für
ren. Hierfür werden edelmetallhaltige Beschichtungen ein­ eine sehr große innere Oberfläche, stabilisiert die Edelmetall­
gesetzt. Moderne Abgas­nachbehandlungssysteme umfassen partikel gegenüber Sinterung und unterstützt die ablau­
noch zusätzliche Komponenten und der DOC übernimmt in fenden Reaktionen entweder direkt durch Reaktionen an der
diesen Systemen noch weitere Funktionen: Grenze zwischen Partikel und Substrat oder indirekt durch
– Oxidation der flüchtigen Bestandteile der Partikel Adsorption von Katalysatorgiften. Die eingesetzte Katalysa­
(adsorbierte Kohlenwasser­stoffe). Hierdurch wird die tormenge, auch häufig als Katalysatorbeladung bezeichnet,
Partikelmasse um bis zu 30% vermindert. liegt im Bereich 50–90 g ft-3 (1,8‑3,2 g l–1).
– Verbesserung des Verhältnisses aus Stickstoffdioxid (NO2) Wesentliche strukturelle Merkmale des Katalysatorkör­
zu Stickstoff­monoxid (NO). Dieser Schritt ist für die pers sind seine Außenmaße (Durchmesser und Länge), die
Stickoxidminderung insbesondere für den SCR-Prozess Dichte der Kanäle (angegeben in cpsi–Channels Per Square
förderlich. Inch) und die Wandstärke zwischen den einzelnen Kanälen.
– Freisetzung von Wärme durch die Oxidation von bewusst Diese Eigenschaften bestimmen die mechanische Stabilität,
zugeführten Kohlenwasserstoffen und CO (sog. „Kat­ den Abgasgegendruck und das Aufwärmverhalten des Kata­
brenner“). Hierdurch wird die Temperatur des Abgas­ lysators.
systems nach DOC erhöht. Man wendet dies an, um die für Typische Werte für die Raumgeschwindigkeit liegen zwi­
die Partikelfilterregeneration erforderliche Temperatur­ schen 150.000 bis 250.000 h–1. Der Abgasvolumenstrom
erhöhung zu unterstützen. Außerdem wird diese Tempera- hängt u. a. vom Hubraum des Motors ab. Setzt man das
turmanagementmaßnahme eingesetzt, um Denoxierungs­ Volumen des Katalysators in Beziehung zum Hubraum, so
sys­teme nach dem Start möglichst schnell auf Betriebs­ ergeben sich Werte von VKat /VHub= 0,4–0,8.
temperatur zu bringen, was eine Verbesserung des NOX- Wie bereits in der Einleitung beschrieben, hängt die Kata­
Umsatzes bewirkt. lysatortemperatur vom Betriebszustand des Motors ab.
– Durch den Einsatz geeigneter Beschichtungen ist es Steigt die Abgastemperatur nach Abgasturbolader, so folgt
außerdem möglich, NOX durch eine Reaktion mit HC und mit einer durch die thermische Masse des Abgasstrangs
CO in geringem Umfang (etwa 5‑10%) zu reduzieren. bedingten Verzögerung auch die Katalysatortemperatur. In
Bild 15‑40 ist ein typischer Umsatzverlauf für die CO-Oxi­
Alle diese Funktionen werden durch das gleiche Prinzip er­ dation dargestellt. Man erkennt einen sehr steilen Anstieg
füllt, das durch die Grundstruktur des Katalysators ermög­ des Umsatzes. Die Abgastemperatur, bei der der Umsatz
lich wird. Der Katalysatorkörper besteht aus einer kera­ 50% beträgt, wird als Light-Off-Temperatur (Anspringtem­
15.5 Abgasnachbehandlung 505

merklichen Temperaturerhöhung des Abgases. Ist eine Tem-


peraturerhöhung z. B. zur Einleitung einer Partikelfilterre-
generation gewünscht, so müssen zusätzliche Kohlenwasser-
stoffe vor dem DOC eingebracht werden. In diesem Fall
übernimmt der DOC die Aufgabe einer katalytischen Heiz-
komponente („katalytischer Brenner“ oder „Catalytic-Bur-
ner“). Die HC-Einbringung kann entweder durch eine
motorische Nacheinspritzung erfolgen oder durch eine
nachmotorische Einrichtung. In beiden Fällen lässt sich die
einzubringende Kraftstoffmenge aus der gewünschten Tem-
peraturerhöhung und dem Abgasmassenstrom berechnen.
Als Näherung gilt, dass eine Erhöhung der CO-Konzentra-
tion um 1% zu einem Temperaturanstieg von etwa 90 °C
führt. Die Energiefreisetzung erfolgt an der katalytischen
Oberfläche, welche die Wärme über Konvektion an das
Bild 15-40 CO- und HC-Umsatz in Abhängigkeit von der Katalysatortempe-
Abgas überträgt. Die Heizleistung ist durch die maximal
ratur
zulässige Temperatur des Washcoats limitiert (z. B. 800 °C).
Die motorische Nacheinspritzung ist so zu applizieren,
dass sie möglichst nicht mehr an der Verbrennung teil-
peratur) des Katalysators bezeichnet und liegt je nach nimmt, was ansonsten zu einer unerwünschten Drehmo-
Katalysatorzusammensetzung, Strömungsgeschwindigkeit menterhöhung führen würde. Andererseits führt eine zu
und Abgaszusammensetzung bei 150–200 °C. Der CO- späte Einspritzung dazu, dass ein Teil des Diesels bis zur
Umsatz liegt dann für höhere Temperaturen bei über 90%. Zylinderwand gelangt, was eine Schmierölverdünnung ver-
Die Oxidation von Kohlenwasserstoffen verläuft ähnlich, ursachen würde.
jedoch bei etwas höheren Temperaturen und hängt im Bei der nachmotorischen HC-Einbringung kommt es
Detail von der Zusammensetzung der Kohlenwasserstoffe darauf an, dass die geforderte Menge möglichst homogen
ab. So wird beispielsweise Methan erst bei sehr hohen Tem- über den Strömungsquerschnitt verteilt und vollständig
peraturen umgesetzt, während kurzkettige Alkene bereits verdampft zum Katalysator gelangt. Für diese Aufgabe sind
bei niedrigen Temperaturen reagieren. verschiedene Lösungsansätze in Entwicklung:
Eine wesentliche Funktion des DOC ist die Verbesserung – Die flüssige Einbringung eine Dieselsprays mit einem
des NO2- zu -NO-Verhältnisses. NO2 ist für eine Reihe von Dosierventil.
Abgasnachbehandlungssystemen (DPF, NSC, SCR) vorteil- – Die Einbringung von Diesel in Form von verdampftem
haft. NO und NO2 stehen in Anwesenheit von Sauerstoff in Kraftstoff.
einem Gleichgewicht zueinander, das bei niedrigen Tempera- – Die Einbringung von Gasen mit geringer Light-Off-
turen (<250 °C) auf der Seite des NO2 und für hohe Tempera- Temperatur, z. B. von H2/CO-Gemischen, welche
turen (>450 °C) auf der Seite des NO liegt. Der NO2-Anteil vorzugsweise direkt im Fahrzeug aus Diesel erzeugt
am NOX liegt im motorischen Abgas betriebspunktabhängig werden.
zwischen etwa 5 und 50% und damit für die meisten Betriebs-
bedingungen weit unter dem für die Abgastemperaturen gel- Die Wirksamkeit des Katalysators kann durch den Betrieb im
tenden Gleichgewichtswert. Durch katalytische Reaktionen Laufe der Zeit abnehmen. Man spricht in diesem Fall von Ka-
kann der DOC deshalb das NO2- zu -NO-Verhältnis ab etwa talysatoralterung. Zwei Alterungsmechanismen sind hierfür
180-230 °C in Richtung des Gleichgewichts erhöhen. Für wesentlich. Zum einen kann es bei sehr hohen Abgastempera-
hohe Temperaturen (>450 °C) sinkt dann die NO2-Konzen- turen zu einer Agglomeration der Edelmetallpartikel kom-
tration entsprechend dem thermodynamischen Gleichge- men, was die spezifische Edelmetalloberfläche verringert.
wicht mit steigender Temperatur. Außer der Abgastemperatur Zum anderen können Katalysatorgifte die Edelmetall-
ist auch die HC- und CO-Konzentration ein wesentlicher oberfläche entweder direkt belegen oder durch die Bildung
Faktor, der die NO-Oxidation beeinflusst. So kann der NO2- voluminöser Schichten auf dem Washcoat sie für die erforder-
Anteil durch Reduktion mit HC oder CO auch im mittleren lichen Diffusionsvorgänge unzugänglich machen. Das be-
Temperaturbereich unter den Ausgangswert sinken. kannteste Katalysatorgift ist der im Kraftstoff enthaltende
Auf Grund der geringen Konzentration führt die bei der Schwefel. Dieser bildet auf der Oberfläche Sulfate, welche die
Oxidation freiwerdende Reaktionswärme nicht zu einer Zugänglichkeit des Edelmetalls behindert. Moderne Kraft-
506    15  Abgasemission von Dieselmotoren

stoffe sind schwefelfrei oder zumindest schwefelarm, wodurch


die Gefahr der Verschwefelung des DOC verringert wird.
Ein Teil der Schädigungsprozesse ist irreversibel und es
muss durch die Wahl geeigneter Abgastemperaturen und
Kraftstoffqualitäten darauf geachtet werden, dass diese Pro­
zesse verhindert werden. Einige Katalysatorvergiftungen
sind hingegen reversibel und können durch Wahl geeigneter
Betriebsbedingungen rückgängig gemacht werden.

15.5.2.2 Partikelfilter Bild 15-41  Filterstruktur. 1 Rohabgas vom Motor, 2 Gehäuse, 3 Keramik-
pfropfen, 4 Wabenkeramik, 5 ausströmendes Abgas
Die Aufgabe des Partikelfilters (DPF: Diesel Particle Filter)
ist es, einen sehr hohen Anteil der Partikel aus dem Abgas­
strom abzutrennen. Auf Grund der geringen Partikelgröße
(Großteil unter 100 nm, siehe Abschn. 15.3.2) bietet nur die
Filtration einen hinreichend großen Abscheidewirkungsgrad eine poröse Wand geführt wird („geschlossene“ Filtersys­
bei geringem Aufwand. teme). Bei den keramischen Extrudaten ist hierfür jeder Ka­
Die zunehmende Filtratmenge vergrößert mit der Zeit nal jeweils alternierend an der Vorder- oder an der Rückseite
den Strömungswiderstand über den Filter, was einen verschlossen (Bild 15‑41). Die Extrudatwände werden hier­
hö­heren Kraftstoffverbrauch verursacht. Es ist deshalb durch zu einer porösen Filterfläche mit einer sehr großen
erforderlich, den Filter in gewissen Intervallen zu regenerie­ Oberfläche (etwa 1 m2 lFilter–1). Beim Durchgang durch die
ren, das heißt durch geeignete Betriebsbedingungen, die poröse Wand lagern sich die Partikel zunächst durch Diffu­
brennbaren Bestandteile des Filtrats zu oxidieren (die nicht sion an die innere Oberfläche der Poren an. Nach kurzer Zeit
brennbaren Bestandteile des Filtrats bleiben als Asche bildet sich an der Oberfläche der Wände zunächst eine dünne
zurück). Der Betrieb lässt sich also in lange Phasen der Par­ Oberflächenfiltratschicht aus, welche eine wesentlich geringe
tikelabscheidung unterbrochen durch kurze Regenerations­ Porengröße aufweist als die Trägerstruktur und in der Folge
phasen unterteilen. Der Betrieb eines Partikelfilters erfor­ den größten Teil der Partikel abfiltriert. Mit zunehmender
dert deshalb eine Betriebsstrategie sowie weitere Komponen­ Beladungszeit wächst die Filtratschichtdicke, wodurch sich
ten die zusammen das DPF-System bilden. Es wird im Fol­ zunächst der Durchströmungswiderstand und im weitern
genden zunächst die für die Abscheidephase wichtige Struk­ Verlauf auch der Strömungswiderstand in den Einlasskanä­
tur des DPF beschrieben, dann auf die Regenerationsphase len des Filters erhöht. Der Strömungswiderstand und der
eingegangen und schließlich die weiteren Bestandteile eines Filtrationswirkungsgrad hängen von der Wanddicke (0,3–
DPF-Systems erörtert. 0,4 mm) und der Größe der Poren ab. Außerdem ist die
Die Anforderungen an einen Partikelfilter sind: ­Kanaldichte (100–300 cpsi) wichtig für den Strömungswi­
– Hoher Abscheidegrad auch für sehr kleine Partikel (je nach derstand. Eine hohe Kanaldichte erhöht zwar die innere
Gesetzgebung und Rohemission 50% bis 95%), Oberfläche und verringert hiermit den Wanddurchtrittswi­
– Geringer Strömungswiderstand, derstand, führt auf der anderen Seite aber auch zu kleineren
– Thermische Beständigkeit, gegen die bei der Regeneration Kanaldurchmessern. Dies vergrößert den Strömungswider­
auftretenden Temperaturen von bis zu 1000 °C, stand in den Kanälen, insbesondere wenn der Querschnitt
– Gute strukturelle und strömungstechnische Toleranz der Zulaufkanäle durch das Oberflächenfiltrat zusätzlich
ge­gen­über nicht oxidierbaren Partikelbestandteilen verengt wird. Bei einer neuen Entwicklung ist der Durch­
(Filterasche). messer der einlaufenden Kanäle größer als der Durchmesser
der ablaufenden Kanäle, was den dort auftretenden Strö­
Derzeit befinden sich vier Filtertypen in der Anwendung: mungsverlust durch ein Oberflächenfiltrat und die Verträg­
a) Keramisches Extrudat aus Cordierit, lichkeit gegenüber Ascheablagerungen verbessert.
b) Keramisches Extrudat aus Siliziumcarbit (SiC), Sintermetallfilter werden aus Filtertaschen zusammenge­
c) Sintermetallfilter (besonders für den Retrofitmarkt), setzt, die am Eingang zunächst einen großen Eintrittsquer­
d) Partikelabscheider mit offenen Strukturen. schnitt aufweisen, der sich in Strömungs­richtung zuneh­
mend verjüngt. Auch diese Geometrie führt zu einer Verrin­
Die ersten drei Filtertypen basieren auf dem sog. Wand­ gerung des Zuströmverlustes und zu einer höheren Asche­
stromfilterprinzip, bei dem die komplette Abgasmenge durch verträglichkeit.
15.5  Abgasnachbehandlung    507

Bei Wandstromfiltern wird das gesamte Abgas filtriert, ratur angehoben. Grundsätzlich kann die DPF-Temperatur
was zu Filterwirkungs­graden von über 95% für das gesamte durch Verschlechterung des Motorwirkungsgrads (Ein­spritz­
relevante Größenspektrum (10 nm‑1 µm) führt. Kann der verlaufs­änderung), durch Verringerung des Abgasmassen­
Filter nicht rechtzeitig regeneriert werden, z. B. weil bei stroms (Ladedruckabsenkung, Androsseln) oder durch
einer Nachrüstlösung nicht alle Maßnahmen zur Einleitung nachmotorische Temperaturerhöhung (z. B. „Catalytic-Bur­
einer Regeneration zur Verfügung stehen, so kann der ner“ am DOC) erhöht werden. Bei allen Maßnahmen muss
Ab­gasgegendruck soweit ansteigen, dass der Motorlauf darauf geachtet werden, dass der Restsauerstoffgehalt am
be­hindert wird. Dieses Verblocken des Filters ist bei DPF ausreichend hoch für eine zügige Regeneration ist
„offenen“ Partikelabscheidern nicht möglich. (>5%). Die Maßnahmen sind abhängig vom Motorbetriebs­
In der Struktur des offenen Partikelabscheiders wird das punkt und werden zu Maßnahmenpaketen zusammenge­
Abgas nicht zwangsweise durch eine Wand geführt, son­ fasst (Bild 15‑42).
dern zunächst durch in die Filterkanäle hinein­ragende Im Bereich 1 (Nennleistungsbereich) sind die motorischen
Taschen umgelenkt. Das Gas erhält hierdurch einen Impuls, Temperaturen bereits so hoch, dass keine weiteren Maßnah­
der es in Richtung einer porösen Kanalwand beschleunigt. men eingeleitet werden müssen. Dieser Bereich kommt im
Bei geringer Filterbeladung durchdringt es ähnlich wie Pkw-Betrieb sehr selten vor.
beim Wandstromfilter zu einem großen Teil die Kanalwand
und baut ein Filtrat auf. Mit steigendem Durchtrittswider­
stand nimmt der Anteil des durch die Wand durchtre­
tenden Gases ab und der Anteil, der sich im Kanal an der
Tasche vorbei bewegt, nimmt zu. Bei derartigen Strukturen
ist der Abscheide­wirkungsgrad deshalb abhängig von der
Beladung und liegt im realen Einsatz zwischen etwa 30%
und 70%.
Ähnlich wie beim DOC, richtet sich die Baugröße und
damit die Filterfläche des Filters nach dem Hubvolumen
(typischerweise VDPF/VHub = 1,2–2,0).
Die Regeneration des Filters ist je nach Auslegung und
Rohemission nach 300‑800 km erforderlich. Ruß verbrennt
mit dem im Abgas enthaltenden Sauerstoff oberhalb von
etwa 600 °C zu CO2 unter Wärmefreisetzung. Auslegepunkt
für die Regeneration ist die akkumulierte Rußmenge (je
nach Filtermaterial 5–10 g l–1). Ist diese Menge zu groß, so
kann es bei der exothermen Regeneration zu lokalen Tem­
peraturüberhöhungen kommen, welche das Substrat bzw.
ggf. die katalytische Beschichtung schädigen.
Die zur Regeneration erforderlichen Temperaturen liegen
nur im Nennleistungsbereich des Motors vor. Es müssen
deshalb zusätzliche Maßnahmen und Hilfsmittel vorgese­
hen werden, welche eine rechtzeitige Filterregeneration auch
im üblichen Fahrbetrieb ermöglichen.
Es gibt folgende Regenerationsstrategien:
1. Nichtkatalysierte Oxidation durch Restsauerstoff bei
550–650 °C,
2. Additiv unterstützte Regeneration,
3. Regeneration mit NO2,
4. Regeneration mit katalytisch beschichtetem Filter.

Nichtkatalytische Oxidation

Bei der nichtkatalysierten Oxidation wird durch verschie­ Bild 15-42  Motorische Maßnahmen zur Abgastemperaturanhebung
dene Maßnahmen die Filtertemperatur bis zur Zündtempe­
508    15  Abgasemission von Dieselmotoren

Im Bereich 2, in dem sehr hohe Drehmomente angefor­ Additivsystem


dert werden, ist es wichtig, dass diese trotz der Regenera­
tionsmaßnahmen zur Verfügung gestellt werden. Die Im Additivsystem wird dem Kraftstoff ein Additiv (meist
Haupteinspritzung wird etwas nach spät verschoben, womit eine Cer- oder Eisenverbindung) zugesetzt. Bei der moto­
sich der Wirkungs­grad des Motors verschlechtert und die rischen Verbrennung wird das Metall an den Ruß angelagert.
Abgastemperatur wunschgemäß zunimmt. Zusätzlich Im Filter ergibt sich hierdurch eine Rußoberfläche, die mit
erfolgt eine angelagerte (frühe) Nacheinspritzung, die noch Mischoxiden dotiert ist, welche die Zündtemperatur auf
an der Verbrennung teilnimmt und einen weiteren Dreh­ 450–500 °C absenken. Die oben aufgezählten Maßnahmen
momentsbeitrag liefert. Diese Maßnahmen, die durch Ver­ können deshalb in ihrem Umfang reduziert werden. Nach
schlechterung des Wirkungsgrads auf eine Erhöhung der der Rußoxidation bleibt das Metalloxid als Rückstand im Fil­
Motorabgastemperatur zielen, werden auch als „Engine ter zurück und erhöht damit den Ascheanteil, der durch ther­
Burner“ bezeichnet. mische Regeneration nicht entfernt werden kann. Her­
Im Bereich 3, ist die Aufladung gering und das Luftver­ kömmliche Wandstromfilter müssen deshalb bei additivba­
hältnis bei optimaler Verbrennung bereits unter 1,4. Eine sierter Regeneration alle 120.000–180.000 km ausgebaut und
angelagerte Nacheinspritzung würde in diesem Fall örtlich mechanisch gereinigt werden.
zu sehr kleinen Luftverhältnissen und dadurch zu einem
starken Anstieg des Schwarzrauchs führen. Die Nachein­ Regeneration mit NO2
spritzung wird deshalb soweit verzögert, dass sie nicht mehr
an der Verbrennung teilnimmt (späte Nacheinspritzung). NO2 stellt ein sehr aktives Oxidationsmittel dar, das Ruß be­
Die zusätzlichen HC- und CO-Emissionen werden am reits ab Temperaturen von 250–350 °C oxidiert. Diese Tem­
DOC in Wärme ungesetzt („catalytic-burner“). peraturen werden bei Nkw-Anwendungen häufig und bei
Im Bereich 4 werden verschiedene Maßnahmen miteinan­ Pkw-Anwendungen beispielsweise bei Autobahnfahrten er­
der kombiniert. Zum einen wird durch eine Ladedruckab­ reicht. Bei der Rußoxidation bildet sich NO.
senkung der Abgasmassenstrom reduziert. Die Spätverschie­
2 NO2 + C → 2 NO + CO2 (15-7)
bung der Haupteinspritzung und eine angelagerte Nachein­
spritzung sorgen wie im Bereich 2 für eine weitere Erhöhung NO2 + C → NO + CO (15-8)
der Abgastemperatur. Die Anteile der einzelnen Maßnah­
men müssen im Hinblick auf Geräusch, Emissionen und CO + NO2 → CO2 + NO (15-9)
Verbrauch optimiert werden und sind meist nicht alle
CO + ½ O2 → CO2 (15-10)
gleichzeitig erforderlich.
Im Bereich 5 ist eine große Temperaturerhöhung von Aus den Gleichungen lässt sich erkennen, dass für die voll­
300–400 °C erforderlich. Die Luftmasse wird in diesem ständige Oxidation von Ruß die achtfache Masse an NO2
Bereich zusätzlich durch eine Drosselklappe reduziert. Hier­ vorhanden sein muss. Ist die Temperatur und das Massen­
durch sind weitere Maßnahmen zur Stabilisierung der Ver­ verhältnis ausreichend hoch (T>350 °C), so wird im Durch­
brennung, wie Erhöhung der Voreinspritzmenge und schnitt genauso viel Ruß oxidiert, wie neuer Ruß abgeschie­
Anpassung des Abstands zwischen Vor- und Haupteinsprit­ den wird. Man spricht dann von einem CRT®-Effekt (Conti­
zung erforderlich. nuous Regenerating Trap). Das erforderliche NO2 wird in
Im Bereich 6, bei sehr kleinen Drehmomenten, ist die vorgelagerten Oxidationskatalysatoren aus NO gebildet. In
Einleitung einer Regene­ration mit Temperaturen > 600 °C der Praxis wird stets ein gewisser Anteil des Rußes insbeson­
nicht möglich. dere in Hochlastphasen durch den CRT®-Effekt oxidiert.
In allen Bereichen hängt der Umfang der Maßnahmen Hierdurch können die Regenerationsintervalle vergrößert
maßgeblich von der zu erzeugenden Temperatur ab. Damit werden. Insbesondere für Pkw-Anwendungen ist jedoch die
die im Motor erzeugte Wärme möglichst vollständig im vollständige DPF-Regeneration durch Nutzung des CRT®-
Filter wirksam wird, sollte der thermische Verlust zwischen Effekts nicht für alle individuellen Fahrbedingungen erreich­
Motor und Filter gering gehalten werden. In vielen Anwen­ bar, so dass die oben erwähnten zusätzlichen aktiven Regene­
dungen befindet sich deshalb der Filter möglichst nahe am rationsmaßnahmen vorgesehen werden müssen.
Motor.
Eine andere Möglichkeit die erforderliche Regenera­ Katalytisch beschichtete Filter (CDPF)
tionstemperatur abzusenken besteht darin, die Rußoxida­
tion katalytisch zu unterstützen. Durch eine katalytische Beschichtung (coated DPF) des Fil­
ters kann die Regenerationstemperatur geringfügig herabge­
15.5  Abgasnachbehandlung    509

setzt werden. Der Effekt ist zwar wesentlich geringer als beim rend der Regenerationsphase wird der Rußabbrand in
Einsatz von Kraftstoffadditiven, dafür entstehen andererseits Abhängigkeit von der Filtertem­peratur und dem Sauerstoff­
keine Additivaschen. massenstrom berechnet.
Die katalytische Beschichtung erfüllt mehrere Funktio­ Ein sog. Koordinator bestimmt aus den mit beiden Ver­
nen: fahren ermittelten Werten der Rußmasse, die für die Rege­
– Oxidation von CO und HC, nerationsstrategie maßgebliche Rußmasse.
– Oxidation von NO zu NO2. Mit der Regenerationsstrategie wird entschieden, wann
eine Regeneration ausgelöst wird und welche Maßnahmen
Wie beim DOC können auch am CDPF HC und CO unter eingeleitet werden. In Abhängigkeit vom eingesetzten Mate­
Wärmefreisetzung oxidiert werden. Der entstehende Tempe­ rial wird ein Schwellwert für die Rußmasse festgelegt, ab der
raturhub wirkt in diesem Fall direkt an der Stelle, an der hohe eine Regeneration erfolgen soll, um eine thermische Schädi­
Temperaturen zur Zündung des Rußes erforderlich sind. Die gung des Substrats während der Regeneration zu verhin­
Wärmeverluste, welche bei der Verwendung eines vorgela­ dern. Es ist sinnvoll, eine Regeneration vorzuziehen, wenn
gerten katalytischen Brenners auftreten, können vermieden besonders günstige Verhältnisse (z. B. Autobahnfahrt) vor­
werden. Wie beim katalytischen Brenner wird das erforder­ liegen. Die Regenerationsstrategie legt in Abhängigkeit von
liche HC und CO entweder durch eine motorische Nachein­ der Rußmasse, sowie des Motor- und Fahrzeugbetriebszu­
spritzung oder durch eine nachmotorische Dosiereinrich­ stands fest, welche Regenerations­maßnahmen durchzufüh­
tung dem Abgasstrang zugeführt. ren sind. Diese werden als Statuswert den anderen Motor­
An der katalytischen Beschichtung wird außerdem NO zu steuerungsfunktionen übergeben.
NO2 oxidiert. Dieses kann im geringen Umfang die Rußoxi­ Zur Vermeidung unkontrollierter Überhitzungen im Fil­
dation bei niedrigen Temperaturen unterstützen. ter oder eines unkontrol­lierten Regenerationsabbruchs wird
Ein DPF-System besteht neben dem Partikelfilter aus die DPF-Temperatur während der Regene­ration geregelt.
weiteren Komponenten: Als Stellgrößen stehen der Einspritzverlauf und die Luftmas­
– DOC, der als katalytischer Brenner und zur Anhebung des se zur Verfügung.
NO2-Anteils verwendet wird,
– Temperatursensor vor DOC. Dient dazu, die HC-Umsatz­ 15.5.2.3 NOX-Reduktions-Katalysatoren
fähigkeit am DOC („Light-Off “-Zustand) zu bestimmen,
– Differenzdrucksensor. Dieser misst die Druckdifferenz Ähnlich wie bei der Partikelminderung können nur einige
über den Partikelfilter, aus dem sich mit dem Abgas­volu­ der theoretisch denkbaren Verfahren zur NOX-Minderung
menstrom der Strömungswiderstand errechnen lässt, im Fahrzeug umgesetzt werden.
– Temperatursensor vor DPF, der zur Bestimmung der DPF- Die bei Benzinmotoren erfolgreich eingesetzten Dreiwe­
Temperatur dient. Diese Temperatur ist wichtig, um die gekatalysatoren, bei denen NOX mit sehr hohem Umsatz bei
Regeneration zu steuern. λ = 1 mit HC und CO zu N2, H2O und CO2 reagieren, lassen
sich im mageren Dieselabgas nicht einsetzen. Hier konkur­
Ein DPF-System muss außerdem über geeignete Steuerge­ riert die gewünschte Reduktion von NOX mit der Reduktion
rätefunktionen verfügen, welche die Regeneration steuern des Restsauerstoffs, der in etwa 1000fach höherer Konzen­
und überwachen. Während der Beladungsphase muss zu­ tration vorliegt.
nächst der Beladungszustand des Partikelfilters erfasst wer­ Derzeit befinden sich zwei Verfahren (SCR und NSC) in
den (Beladungserkennung). Hierfür werden verschiedene der Markteinführung.
Verfahren eingesetzt. Mit Hilfe des Differenzdrucksensors
wird der Strömungswiderstand bestimmt, der mit zuneh­ Selektive katalytische Reduktion (SCR)
mender Filterbeladung ansteigt. Die Korrelation zwischen
Rußmenge und Strömungswiderstand wird durch den Ein­ Beim SCR-Prozess (Selective Catalytic Reduction) wird NOX
fluss der Morphologie (z. B. Gleich­verteilung der Schicht­ in einem geeigneten Katalysator mit Ammoniak (NH3) als
dicke über den Filter, Porosität des Filtrats) der Rußschicht Reduktionsmittel zu Stickstoff reduziert. Der SCR-Prozess ist
gestört, die von den zurückliegenden Betriebsbedingungen in Großfeuerungsanlagen bewährt und befindet sich bei
abhängt. Nutzfahrzeugen (seit etwa 2005) in der breiten Markteinfüh­
Es wird deshalb zusätzlich die eingelagerte Rußmenge rung. Auch erste Anwendungen im Pkw. (ab etwa 2007) sind
modellbasiert berechnet. Diese ergibt sich aus der Integrati­ geplant.
on des motorischen Rußmassenstroms. Weiterhin wird der Die eigentliche SCR-Reaktion verläuft im Wesentlichen
Rußabtrag durch den CRT®-Effekt mit einbezogen. Wäh­ gemäß den folgenden Reaktionsgleichungen:
510    15  Abgasemission von Dieselmotoren

4 NO + O2 + 4 NH3 → 4 N2 + 6 H2O (15-11) Bei niedrigen Temperaturen (<300 °C) läuft die Reaktion
überwiegend über die Gleichung (15-12) ab. Zur Steigerung
NO + NO2 + 2 NH3 → 2 N2 + 3 H2O (15-12)
des Umsatzes befindet sich deshalb vor dem SCR-Katalysa­
6 NO2 + 8 NH3 → 7 N2 + 12 H2O (15-13) tor und vor der Eindosierstelle ein oxidierender Katalysator,
der das NO2- zu -NOX-Verhältnis auf etwa 50% anhebt. Der
Eine Reaktion des Reduktionsmittels mit Sauerstoff findet Oxidations-Katalysator kann entweder der DOC oder ein
im SCR-Katalysator bei den fahrzeugüblichen Temperaturen CDPF sein.
unter 550 °C nicht statt, das heißt die Selektivität bezüglich Die NOX-Minderung ist über die SCR- und Hydrolyse­
der NOX-Reduktion ist 100%. In den meisten Fällen domi­ reaktionen direkt mit der zudosierten AdBlue-Menge ver­
nieren die beiden ersten Reaktionen. Die erforderliche bunden. Das Massenverhältnis aus AdBlue-Bedarf und
Reduktions­mittel­menge lässt sich dann direkt aus der ge­ NOX-Minderung beträgt 2 gAdBlue/gNOx. Das Dosier­ver­
wünschten NOX-Minderung berechnen. Bezogen auf ein hältnis α (auch „Feed-Verhältnis“ genannt) ist definiert als
Tankintervall würde sich ein beträchtlicher NH3-Bedarf er­ das molare Verhältnis von zudosiertem NH3‑Äquivalent zu
geben (je nach Rohemission ca. 0,3%–1% der Kraftstoff­ dem im Abgas vorhandenen NOX. Die theoretisch maximal
menge), dessen Speicherung im Fahrzeug auf Grund der mögliche NOX-Minderung entspricht dem Dosier­
Toxizität von NH3 sicherheitstechnisch bedenklich ist. verhältnis α. Bei α = 1 ist theoretisch eine vollständige
NH3 kann im Fahrzeug jedoch verhältnismäßig einfach NOX-Beseitigung möglich. Wird über eine längere Dauer
auch aus einer Reihe von Vorläufersubstanzen erzeugt wer­ mit  α > 1 dosiert, so wird die Adsorp­tionsfähigkeit des
den. Diese Vorläufersubstanzen unterscheiden sich hin­ Katalysators überschritten und nicht umgesetztes NH3 ver­
sichtlich Speicherdichte, Giftigkeit, Verfügbarkeit und Stabi­ lässt den SCR-Katalysator (NH3-Schlupf). NH3 hat eine sehr
lität voneinander. In den 90er Jahren hat sich die europä­ niedrige Geruchsschwelle (15 ppm in Luft). Ein zu großer
ische Automobilindustrie im Hinblick auf die Nutzung im NH3-Schlupf würde zu einer Geruchsbelästigung in der
Nkw auf die Verwendung einer 32,5%igen wässrigen Harn­ Umgebung führen. Neben der Umsatz­optimierung, welche
stofflösung (Markenname AdBlue®) geeinigt. Harnstoff durch ein möglichst großes Dosierverhältnis ermöglicht wird,
wird großtechnisch als Düngemittel eingesetzt und ist che­ muss deshalb auch auf einen möglichst kleinen NH3-Schlupf
misch bei Umweltbedin­gungen ausreichend stabil. Harn­ geachtet werden. Neben der Schlupfbegrenzung durch ein
stoff ist außerdem gut in Wasser löslich und bildet als genügend kleines Dosier­verhältnis kann das entweichende
32,5%igen Lösung ein eutektisches Gemisch, dessen Gefrier­ NH3 auch durch einen nach geschalteten Oxidations-Kata­
punkt –11 °C beträgt. lystor (Sperrkatalysator) beseitigt werden.
Die Harnstoff-Wasser-Lösung wird vor dem SCR-Kataly­ In ausgeführten Systemen kann der erreichte Umsatz
sator eindosiert und der enthaltene Harnstoff hydrolysiert kleiner als das über das Dosierverhältnis definierte theore­
im Abgasstrang bei Temperaturen ab etwa 250 °C in einem tische Umsatzpotenzial sein. Für diese Abweichung gibt es
zweistufigen Prozess über Isocyansäure als Zwischenpro­ eine Reihe von möglichen Gründen:
dukt zu NH3. – Auch bei α < 1 kann ein NH3-Schlupf auftreten, wenn eine
unzureichende Homogenisierung der AdBlue-Lösung im
(NH2)2CO → NH3 + HNCO (Thermolyse) (15-14)
Abgas zu einer inhomogene Reduktionsmittelkonzentra­
HNCO + H2O → NH3 + CO2 (Hydrolyse) (15-15) tion am Eintritt des SCR-Katalysators führt. Der erreichte
NOX-Umsatz wird um die durchtretende NH3‑Menge
In einer Nebenreaktion können aus der Isocyansäure feste gemindert.
Ablagerungen (Biuret und höhermolekulare Verbindungen) – Bei einer unvollständigen Hydrolyse geht Reduktionsmittel
entstehen. Zur Vermeidung dieser festen Ausscheidungen ist durch die Bildung von Abscheidungen für die SCR-Reak­
es erforderlich, dass die Hydrolysereaktion durch die Wahl tion verloren.
geeigneter Katalysatoren und genügend hoher Temperaturen – Bei hohen Temperaturen kann ein Teil des NH3 durch
(ab etwa 250 °C) ausreichend schnell erfolgt. Oxidation mit Sauerstoff reagieren.
Das entstehende Ammoniak wird im SCR-Katalysator – Ist das NO2- zu -NOX-Verhältnis zu groß, so kann ein Teil
adsorbiert und steht dann für die SCR-Reaktionen zur Ver­ des NO2 gemäß Gleichung (15‑13) reagieren. Für diesen
fügung. Hohe Umsätze lassen sich mit NH3 im Temperatur­ Anteil ist der NH3-Bedarf um 30% größer als bei den
bereich von 180 °C bis 450 °C erreichen. Unter Berücksich­ Reaktionen gemäß den Gleichungen (15-11) und (15-12).
tigung der vorgelagerten Hydrolysereaktion ist ein dauerhaft
hoher Umsatz mit Harnstoff-Wasser-Lösung erst ab 250 °C Wie bereits beim DOC und DPF richtet sich das SCR-Kata­
möglich. lysatorvolumen nach dem Hubraum (VSCR/VHub = 1,0–2,5).
15.5  Abgasnachbehandlung    511

Im praktischen Einsatz kann bei einem NH3‑Schlupf von – DOC oder CDPF, zur Erhöhung des NO2- zu -NOX-
<20 ppm ein NOX-Umsatz von 90% erreicht werden. Verhältnis,
Der erreichbare Umsatz hängt sehr stark von der Dosier­ – Temperatursensor nach SCR-Katalysator zur Bestimmung
strategie ab. In der einfachsten Ausführung wird das Reduk­ der SCR‑Temperatur,
tionsmittel mit einem konstanten Dosierverhältnis dosiert. – NOX-Sensor nach SCR (optional) zur Bestimmung der
Die erforderliche Reduktionsmittelmenge, die sich aus dem NOX-Konzentration und bei geeigneter Queremp­find­
NOX-Massenstrom ergibt, kann beispielsweise über Motor- lichkeit der NH3‑Konzentration,
oder Fahrzeug­versuche ermittelt werden. Die Dosierfreigabe – NOX-Sensor vor SCR (optional) zur Verbesserung der
erfolgt, wenn die Temperatur am SCR-Katalysator die Arbeits­ Regelgüte,
temperatur (z. B. 250 °C–450 °C) erreicht hat. Diese einfache – Tanksystem zur Speicherung der Harnstoff-Wasser-
Dosierstrategie ist für einen stationären Motorbetrieb geeig­ Lösung, einem integrierten Füllstandsensor, einer Heizung,
net. Sie ist nicht geeignet, um bei im Fahrzeugbetrieb einem Temperatursensor (optional) und einem Qualitäts­
üblichen dynamischen Betriebsbedingungen einen hohen sensor (optional),
NOX-Umsatz bei geringem NH3‑Schlupf zu erreichen. – Fördermodul bestehend aus einer Pumpe, welche die
Der SCR-Katalysator besitzt ein sehr gutes NH3-Speicher­ Harnstoff-Wasser-Lösung vom Tank zum Dosiermodul
vermögen (ca. 1 g l–1). Das Speichervermögen ist stark tem­ fördert. Bei einer luftunterstützten Gemischbildung, wird
peraturabhängig (z. B. ab 350 °C nur noch 10% vom Nieder­ außerdem mit einem Luftregelventil und einem Luft-
temperaturwert). Das Speichervermögen hat den Vorteil, druck­sensor ein geeigneter Luftmassenstrom vom Luft­
dass eine kurzzeitige Überdosierung von AdBlue nicht vorrats­behälter (Nkw‑System) zum Dosiermodul
direkt zu einem NH3-Schlupf führt und auch bei Tempera­ eingestellt,
turen, die zu niedrig für eine Hydrolysereaktion sind, ein – Dosiermodul, in dem durch ein Magnetventil eine exakte
NOX-Umsatz mit dem eingespeicherten NH3 ablaufen kann. Menge an Harnstoff-Wasserlösung eingestellt wird. In
Auf der anderen Seite besteht durch die Temperaturabhän­ einem luftunterstützten System gelangt diese Menge
gigkeit des Speichervermögens die Gefahr, dass bei zu zusammen mit der Druckluft in eine Mischkammer,
schnellen Temperaturerhöhungen ein Teil des adsorbierten von wo aus eine Leitung das Aerosol zur Eindosierstelle
NH3 desorbiert, was zu einem NH3‑Schlupf führt. Zur im Abgasrohr transportiert. In Systemen ohne Luftun­
Be­herrschung dieser Eigenschaft besitzt eine erweiterte terstützung erfolgt die Zerstäubung und Gemisch­bil­
Dosierstrategie ein Speichermodell, welches die Speicherfä­ dung über eine entsprechende Düse direkt am Abgas­
higkeit und den Speicherzustand des SCR-Katalysators rohr,
berücksichtigt. Der Speicherzustand des SCR-Katalysators – Steuerungseinheit, welche die Sensoren ausliest und ge-
wird durch die eindosierte Reduktionsmittelmenge erhöht mäß der Dosierstrategie die entsprechenden Aktoren
und durch den NOX-Umsatz und den auftretenden ansteuert. Gleichzeitig werden die Komponenten über
NH3‑Schlupf verringert. Ziel ist es, einen hohen NOX- entsprechende Diagnosefunktionen überwacht. Die
Umsatz mit einem temperaturabhängig optimalen Speicher­ Kommunikation mit dem Motorsteuergerät erfolgt über
zustand zu erreichen. In Phasen abnehmender Speicherfä­ einen CAN‑Bus.
higkeit wird deshalb die Dosiermenge gegenüber der Dosie­
rung mit konstantem Dosierverhältnis verringert, bei NOX-Speicherkatalysator (NSC)
abnehmender Temperatur erhöht.
Ein hoher Umsatz mit geringem NH3‑Schlupf ist nur Der NOX-Speicherkatalysator (NSC – NOX-Storage-­Catalyst;
möglich, wenn die Berechnung des Speicherzustands kor­ auch LNT – Lean NOX Trap) ermöglicht die NOX-Minde­
rekt ist. In realen Systemen führen Driften in der Reduktions­ rung ohne einen zusätzliche Betriebsstoff zu tanken
mitteldosierung und Abweichungen in der NOX-Rohemis­ (Bild 15‑44).
sion dazu, dass der berechnete Speicherzustand vom realen Der NOX-Abbau erfolgt dabei in zwei Schritten:
Zustand abweicht, was entweder in einem zu geringen NOX- – Beladungsphase: NOX wird im mageren Abgas in die Spei­
Umsatz oder bei hohen Dosierverhältnissen zu einem kon­ cherkomponente des Katalysators eingespeichert.
tinuierlichen NH3‑Schlupf führen würde. Höchste Umsätze – Regenerationsphase: das eingespeicherte NOX wird ausge­
können erreicht werden, wenn die NOX‑ und NH3‑Konzen­ spei­chert und in fettem Abgas zu N2 reduziert.
trationen nach SCR-Katalysator gemessen werden und die
Dosierung entsprechend nachgeregelt wird. Die Beladungsphase dauert betriebspunktabhängig etwa
Ein vollständiges AdBlue‑SCR‑System umfasst folgende 30–300 s, die Regenerationsphase etwa 2–10 s. Durch diese
Komponenten und Teilsysteme (Bild 15‑43) Betriebsweise, werden die zu reduzierenden Stickoxide zu­
512 15 Abgasemission von Dieselmotoren

Bild 15-43 SCR-System für Nfz (Bosch)


15.5 Abgasnachbehandlung 513

Bild 15-44 NOX-Speicherkatalysator System (NSC)

nächst aufkonzentriert. Nur in der sehr kurzen Regenera- gebildete Nitrat instabil und es kommt zur thermischen Aus-
tionsphase werden diese aufkonzentrierten NOX zusammen speicherung von NOX.
mit dem Restsauerstoff durch das Reduktionsmittel redu- Neben der genannten Speichermöglichkeit als Nitrat
ziert. Der Anteil des bei der NOX-Reduktion parasitär wir- besitzt der Katalysator auch in begrenztem Umfang die
kenden Sauerstoffs wird hierdurch erheblich reduziert. Der Möglichkeit, NOX bei niedrigen Temperaturen in einer sog.
Reduktionsmittelbedarf kann dadurch auf einen Kraftstoff- Oberflächenspeicherung zu binden. Dieser Speicher reicht
mehrverbrauch von 2–4% begrenzt werden. aus, um beispielsweise während der Startphase, mit geringen
Katalysatortemperaturen, Stickoxide im ausreichenden
NOX-Einspeicherung Umfang zu speichern.
Der NSC ist mit chemischen Verbindungen beschichtet, Die Bildung der Nitrate aus den Karbonaten ist eine
welche eine hohe Neigung haben, mit Stickoxiden eine feste, Gleichgewichtsreaktion. Mit zunehmender Menge an
aber chemisch reversible Verbindung einzugehen. Beispiele gespeicherten Stickoxiden (Beladung) nimmt die Fähigkeit
hierfür sind die Oxide und Karbonate der Alkali- und des Katalysators, weiter Stickoxide zu binden, ab. Hierdurch
Erdalkalimetalle, wobei auf Grund des Temperaturverhal- steigt die durchgelassene NOX-Menge mit der Zeit an. Es
tens besonders häufig Bariumverbindungen verwendet wer- gibt zwei Möglichkeiten um zu erkennen, wann der Kataly-
den. sator so weit beladen ist, dass die Einspeicherphase beendet
Zur Nitratbildung muss NO schrittweise oxidiert werden. werden muss:
NO wird zunächst an einer katalytischen Beschichtung zu – Ein modellgestütztes Verfahren berechnet unter Berück-
NO2 oxidiert. Das NO2 reagiert anschließend mit den Spei- sichtigung des Katalysatorzustandes die Menge der einge-
cherverbindungen in der Beschichtung und Sauerstoff (O2) speicherten Stickoxide, daraus das verbleibende Speicher-
zum Nitrat: vermögen, den Einspeicherwirkungsgrad und damit die
Menge der durchgelassenen NOX.
BaCO3 + 2 NO2 + 1/2 O2 ' Ba(NO3)2 + CO2 (15-16)
– Ein NOX-Sensor hinter dem NOX-Speicherkatalysator
Der NOX-Speicherkatalysator speichert so die vom Motor misst NOX im Abgas und bestimmt so den aktuellen Füll-
emittierten Stickoxide ein. Die Speicherung ist nur in einem grad.
materialabhängigen Temperaturintervall des Abgases zwi-
schen 250 und 450 °C optimal. Darunter ist die Oxidation Zur Begrenzung des NOX-Durchtritts muss der Speicherka-
von NO zu NO2 sehr langsam, oberhalb von 450 °C ist das talysator nach der Einspeicherphase regeneriert werden.
514    15  Abgasemission von Dieselmotoren

Regeneration des NSC der als Dieselspray, als verdampfter Kraftstoff oder in Form
Bei der Regeneration werden die eingelagerten Stickoxide hochreaktiver Spezies, meist als Reformatgas (H2/CO-
aus der Speicherkom­ponente ausgespeichert und in die un­ Gemisch) erfolgen. Der Eingriff in die motorische Verbren­
bedenklichen Komponenten Stickstoff und Kohlendioxid nung, insbesondere die Applikation einer Späteinspritzung
konvertiert. Die Vorgänge für die Ausspeicherung des NOX kann entsprechend verringert werden. Zur Verminderung
und die Konvertierung laufen getrennt ab. des Reduktionsmittelbedarfs sollte jedoch die Luftmasse
Dazu muss im Abgas ein Sauerstoffmangel (λ<1, auch z. B. durch Absenkung des Ladedrucks oder durch Andros­
„fette Abgasbedingung“ genannt) eingestellt werden. Als seln abgesenkt werden.
Reduktionsmittel dienen die im Abgas vorhandenen Kom­
ponenten Kohlenmonoxid (CO) und Kohlenwasserstoffe Desulfatisierung
(HC). Die Ausspeicherung – im folgenden beispielhaft mit Ein Problem von NOX-Speicherkatalysatoren ist ihre Schwe­
CO als Reduktionsmittel dargestellt – geschieht in der Weise, fel­empfindlichkeit. Die Schwefelverbindungen im Kraftstoff
dass das CO das Nitrat (z. B. Bariumnitrat Ba(NO3)2) zu NO und Schmieröl werden während der Verbrennung zu Schwe­
reduziert und zusammen mit Barium wieder das ursprüng­ feldioxid (SO2) oxidiert. Die im NSC eingesetzten Verbin­
lich vorliegende Karbonat bildet. dungen zur Nitratbildung (BaCO3) besitzen eine sehr große
Bindungsstärke (Affinität) zum Sulfat, welche die Bindungs­
Ba(NO3)2+3 CO → BaCO3+2 NO + 2 CO2 (15-17)
stärke des Nitrats übersteigt. Die Sulfate werden bei einer
Dabei entstehen CO2 und NO. Eine Rhodium-Beschichtung normalen Regeneration nicht entfernt, so dass die Menge des
reduziert anschließend die Stickoxide in einer vom Dreiwe­ gespeicherten Sulfats während der Betriebsdauer allmählich
gekatalysator bekannten Weise mittels CO zu N2 und CO2: ansteigt. Dadurch sind weniger Speicherplätze für die NOX-
Speicherung vorhanden und der NOX-Umsatz nimmt ab.
2 NO + 2 CO → N2 + 2 CO2. (15-18)
Speicherkatalysatoren erfordern deshalb die Verwendung
Mit zunehmendem Fortschritt der Regeneration wird weni­ von schwefelfreiem Kraftstoff (≤10 ppm).
ger Stickoxid ausgespeichert und damit weniger Reduktions­ Selbst beim Betrieb mit Kraftstoff mit einem Schwefelge­
mittel verbraucht. halt von 10 ppm wird wegen der abnehmenden NOX-Spei­
Es gibt zwei Verfahren, das Ende der Ausspeicherphase zu cherfähigkeit nach einer Fahrstrecke zwischen 500 und
erkennen: 2.500 km eine Schwefelregeneration (Desulfatisierung)
– Das modellgestützte Verfahren berechnet die Menge der erforderlich. Hierfür wird der Katalysator für eine Dauer
noch im NOX-Speicherkatalysator vorhandenen Stick­oxide, von mehr als 5 min auf typischerweise über 650 °C aufge­
– Eine Lambda-Sonde hinter dem Katalysator misst den heizt und mit Pulsen von fettem Abgas (λ < 1) beaufschlagt.
Sauerstoffüberschuss im Abgas und zeigt einen λ‑Wechsel Die möglichen Maßnahmen zur Temperaturerhöhung ent­
auf λ<1 an, wenn die Ausspeicherung beendet ist (CO- sprechen dabei denjenigen zur DPF-Regeneration. Durch
Durchbruch). diese Bedingungen wird das Bariumsulfat wieder zu Barium­
carbonat umgewandelt. Bei der Desulfatisierung ist durch
Die für die Regeneration erforderlichen fetten Betriebs­ die Wahl einer geeigneten Prozessführung (z. B. oszillie­
bedingungen (λ < 1) können beim Dieselmotor durch Spät­ rendes λ um 1) darauf zu achten, dass das ausspeichernde
einspritzung und Ansaugluftdrosselung eingestellt werden. SO2 nicht durch Mangel an Rest-Sauerstoff zu Schwefelwas­
Auf Grund der Drosselverluste und der nicht wirkungsgrad­ serstoff (H2S) reduziert wird (alternativ muss ein entspre­
optimalen Kraftstoffeinbringung wird der Motor während chender „Sperr-Kat“ vorgesehen werden).
der Regenerationsphase mit einem schlechten Wirkungsgrad Die bei der Desulfatisierung eingestellten Bedingungen
betrieben. Um den Kraftstoffmehrverbrauch gering zu hal­ müssen außerdem so gewählt werden, dass die Katalysato­
ten, sollte deshalb das Verhältnis der Dauern von Regenera­ ralterung nicht übermäßig erhöht wird. Hohe Temperaturen
tionsphase zur Einspeicherphase möglichst klein gehalten (typischerweise >750 °C) beschleunigen zwar die Desulfati­
werden. Bei der Umschaltung von Mager- auf Fettbetrieb sierung, bedingen aber auch eine verstärkte Katalysatoralte­
sind uneingeschränkte Fahrbarkeit sowie Konstanz von rung. Eine katalysatoropti­mierte Desulfatisierung muss
Drehmoment, Ansprechverhalten und Geräusch zu gewähr­ deshalb in einem begrenzten Temperatur- und Luftzahl­
leisten. fenster erfolgen und dabei den Fahrbetrieb des Fahrzeugs
Eine weitere Möglichkeit fette Betriebsbedingungen ein­ nicht beeinträchtigen.
zustellen, ist die nachmotorische Einbringung von Reduk­ Für die Auslegung von Speicherkatalysatoren ist vor allem
tionsmittel. Ähnlich wie beim Betrieb des katalytischen der Einspeicher­vorgang von Bedeutung. Die Einspeicher­
Brenners (s. Abschn. 15.5.2.1) kann die Einbringung entwe­ effizienz hängt von der Katalysator­temperatur, der Edelme­
15.5  Abgasnachbehandlung    515

tallbeladung, der Raumgeschwindigkeit und der verfüg­ NSC‑System kommt es je nach gewünschter NOX‑Min­
baren Speichermenge ab. Das Verhältnis aus Katalysator­ derung und Systemauslegung zu einem Kraftstoffmehr­
volumen zum Hubraum (VNSC/VHub) beträgt 0,8‑1,5. Die verbrauch von 2 bis 4%. Die Betriebskosten sind für
effiziente Oxidation von NO über NO2 zum Nitrat und die SCR‑Systeme bei vergleichbarer NOX-Minderung geringer
möglichst vollständige Nutzung der HC-Verbindungen bei als für NSC‑Systeme.
der Regeneration erfordern eine hohe Edelmetallbeladung
von etwa 100 g ft–3. Gelingt es den NSC möglichst motornah 15.5.3 Abgasnachbehandlungssysteme
anzubringen, so kann er die Funktionen des DOC überneh­
men, so dass diese Komponente entfallen kann. Für die Gesamtauslegung eines Abgasnachbehandlungssys­
NSC-Katalysatoren erlauben über die Lebensdauer eine tems (Bild 15‑45) ist zunächst das Wissen um die Funktion
NOX-Minderung von 50% bis 80%. jedes einzelnen Systembausteins erforderlich. Zusätzlich ist
es jedoch auch wichtig, die Wechselwirkung der Abgas­nach­
Vergleich der NOX-Minderungssysteme behandlungs­komponenten untereinander zu verstehen. Es
muss außerdem darauf geachtet werden, dass durch eine gute
NSC- und SCR-Systeme unterscheiden sich durch eine Viel­ Abstimmung zwischen motorischen Maßnahmen der Emis­
zahl von Eigenschaf­ten. Die Entscheidung, welches System sionsminderung und dem Abgasnachbehand­lungs­system
in einem Fahrzeug eingesetzt werden soll, hängt stark von eine robuste, hocheffiziente Schadstoffminderung mit mög­
den Anforderungen und Rahmenbedingungen ab. Im Fol­ lichst geringem Aufwand erreicht wird.
genden werden die für die Entscheidung wichtigsten Unter­ Im Folgenden wird zunächst auf die Wechselwirkung der
schiede diskutiert. Abgasnachbe­handlungs­komponenten untereinander einge­
– Der aus heutiger Sicht maximal erreichbare Wirkungsgrad gangen und dann die Verknüpfung mit der motorischen
von SCR-Systemen ist größer als derjenige von NSC- Emissionsminderung erläutert.
Systemen. Dieses Kriterium ist wesentlich, wenn es um
die Einhaltung sehr ambitionierter NOX-Grenzwerte 15.5.3.1 Wechselwirkung der Abgas­-
geht. nachbehandlungs­teilsysteme
– SCR-Systeme benötigen einen weiteren Betriebsstoff (z. B.
AdBlue®). Dies hat drei Konsequenzen, die zu beachten Die Abgasnachbehandlungskomponenten sind im Abgas­
sind: strang seriell angeordnet, d. h. das physikalisch‑chemische
a) Der Betriebsstoff muss in der betreffenden Region zur Verhalten einer Komponente hat Auswirkung auf die strom­
NOX-Minderung zugelassen sein. abwärts liegenden Komponenten. Für alle Komponenten ist
b) Die Betankung muss in geeigneten Intervallen gesichert der Abgasmassenstrom unter Berücksichtigung einer gerin­
sein. gen Laufzeitverzögerung (Größenordnung 0,1–1 s) gleich.
c) Der Betriebsstoff muss im Fahrzeug bevorratet werden,
was Platz erfordert und – je nach Betriebsstoff – Thermische Kopplung
Maßnahmen zum Gefrierschutz und zum Auftauen
erforderlich macht. Losgelöst von ihrer chemischen Funktion besitzen alle
Abgasnachbehandlungs­komponenten einschließlich der
Bei Nkw-Systemen wird derzeit in Europa eine flächen­ Roh­re eine Wärmekapazität. Ändert sich die Temperatur des
deckende AdBlue-Infrastruktur aufgebaut, welche die Abgases vor einer Komponente, so führt dies zu einer
Be­fül­lung im Tankintervall ermöglicht. Für Pkw könnte Tempera­turänderung der Komponente und einer gedämpften
ein etwa 20 bis 25 l großer Tank auch für ein Wartungs­ Temperaturänderung des Gases hinter der Komponente
intervall ausreichen, so dass das Nachfüllen über Werk­stät­ (thermischer Tiefpass mit einer Zeitkonstante in der Grö­
ten möglich wäre. ßenordnung 10–100 s). Gleichzeitig wird Wärme aus dem
– Die hubraumproportionalen Katalysatorkosten sind bei Abgassystem über die Außenwand (Rohrwand, Katalysator­
SCR‑Systemen geringer als bei NSC‑Systemen. Dafür gehäuse) an die Umgebung abgegeben, so dass weiter strom­
entstehen durch das AdBlue‑System Fixkosten. Für Pkw abwärts liegende Komponenten eine geringere mittlere Tem­
mit geringem Hubraum sind deshalb die Kosten für ein peratur aufweisen als stromaufwärts liegende Komponen­
NSC‑System geringer, während für Nkw SCR‑Systeme ten.
preiswerter sind. Wie im vorigen Abschn. beschrieben, erfordern alle che­
– Die Art und Höhe der Betriebskosten sind unterschiedlich. mischen Prozesse je nach Komponente minimale Arbeits­
Beim SCR‑System wird AdBlue verbraucht, beim temperaturen von 150 °C (Light‑Off CO‑Oxidation) bis
516    15  Abgasemission von Dieselmotoren

Bild 15-45  Gesamtsysteme zur Abgasnachbehandlung (HCI – HC-Injection)

250 °C (CRT®‑Effekt). Da unterhalb dieser Temperaturen Kopplung über Schadstoffe


kein Umsatz stattfindet, ist es für einen hohen Umsatz ent­
scheidend, darauf zu achten, dass die Komponenten mög­ Jede aktive Abgasnachbehandlungskomponente vermindert
lichst schnell nach dem Start des Motors ihre Arbeits­ gemäß ihrer Hauptfunktion mindestens eine Schadstoff­
temperatur erreichen. Aus diesem Grund werden die Kom­ komponente. Die anderen Schadstoffkomponenten können
ponenten möglichst motornah angebracht. Wärmeverluste diesen Prozess stören, fördern oder werden teilweise mit
über die Rohre können durch die Verwen­dung isolierter ­umgesetzt. Tabelle 15-16 gibt diese Wechselwirkungen
Rohre verringert werden. ­wieder.
Sehr schnelle Startvorgänge erfordern zusätzlich Start­ Eine besonders wichtige Kopplung ist die Förderung der
heizmaßnahmen, die im Prinzip den Maßnahmen zur Erhö­ Partikelminderung, durch NOX insbesondere durch NO2
hung der DPF‑Temperatur entsprechen. über den CRT®‑Effekt. Des Weiteren stören HC- und
Für die thermische Regeneration des DPF wird häufig ein CO‑Verbindungen die NOX-Einspeicherung im NSC und
Teil der erforderlichen Temperaturerhöhung über einen den SCR‑Prozess. In beiden Fällen ist NO2 eine Schlüssel­
vorgeschalteten katalytischen Brenner erreicht. Dies ist mit komponente, die in Anwesenheit von HC und CO zu NO
ein Grund dafür, dass sich ein DOC stets stromaufwärts reduziert wird.
eines DPF befindet. Befindet sich sowohl ein Partikelfilter als auch ein Stick­
oxidminderungssystem im Abgassystem, so ist stets über die
15.5  Abgasnachbehandlung    517

Tabelle 15-16  Wechselwirkung der Abgasnachbehandlungssysteme

Komponente
DOC CDPF NSC SCR Einspeicherung Regeneration
Schadstoff HC X –– ––    –      –   
CO X –– ––    ––    –   
Partikel – X – O –
NO – –    X X X
NO2 + +    X X X
X: Hauptzweck der Komponente; --: Schadstoff wird stark reduziert; –: Schadstoff wird reduziert; O: Keine Änderung; +: Schadstoff wird vermehrt;  
: Schadstoff fördert Prozess stark; : Schadstoff fördert Prozess; : Schadstoff behindert Prozess.

relative Anordnung der Komponenten zu entscheiden. Aus der historischen Entwicklung heraus wurden Abgas­
Ne­ben der thermischen Kopplung ist der Einfluss der nachbehandlungssysteme zunächst ohne Eingriff in die
Schadstoffe auf die Funktion der Komponenten wichtig. Im motorische Verbrennung betrieben. Der DOC erreicht
Folgenden werden beide Wechsel­wirkungen gemeinsam kurze Zeit nach dem Motorstart die für die CO- und HC-
diskutiert. Oxidation erforderliche Light‑Off‑Temperatur und bleibt,
Befindet sich der DPF vor dem NOX‑Minderungssystem, abgesehen von langen Schub- oder Leerlaufphasen, bis zum
kann die DPF‑Beladung durch den CRT®‑Effekt verringert Abschalten des Motors oberhalb dieser Temperatur. Ähnlich
werden. Unter günstigen Bedingungen können hierdurch verhält es sich mit SCR‑Systemen. In den ersten Anwendun­
die Regenerationsintervalle erheblich verlängert werden. gen wurde die für die angestrebte NOX-Konvertierung erfor­
Außerdem ist es in dieser Anordnung leichter möglich, den derliche Dosiermenge über Motorprüfstands- und Fahr­
DPF auf die Regenerationstemperatur zu bringen und dort zeugversuche ermittelt und entsprechend der so gewonnen
zu halten, da der thermische Tiefpass des NSC- oder Applikationsdaten in den Serienfahrzeugen zudosiert. Erst
SCR‑Katalysators entfällt. Andererseits führt die relativ bei höheren Anforderungen an die NOX‑Minderung wird
große Wärmekapazität des DPF dazu, dass das NOX-Minde­ die Berücksichtigung von Schwankungen in der motori­
rungssystem erst sehr spät nach dem Start die Betriebstem­ schen NOX‑Emission so wichtig, dass nur mit Hilfe einer
peratur erreicht. Für hohe NOX‑Konvertierungsraten müs­ Regelung der Dosiermenge die Umsatzwerte erreicht wer­
sen deshalb Startheizmaßnahmen vorgesehen werden. den können. Auch hier werden jedoch die motorischen
Be­findet sich hingegen ein beschichteter DPF hinter einem Betriebsparameter während des Betriebs nicht an die Erfor­
SCR‑System, so kann der DPF gleichzeitig die Funktion dernisse der Abgasnachbehandlung angepasst.
eines Sperrkatalysators für einen möglichen NH3‑Schlupf Diese Situation ändert sich, wenn Speicherkatalysatoren
übernehmen. oder Partikelfilter eingesetzt werden. Beide Systeme müssen
Die Fülle der Argumente zeigt, dass es keine allgemein­ regelmäßig regeneriert werden, wobei die Betriebsparame­
gültige Empfehlung bezüglich der relativen Anordnung ter weit außerhalb des für Dieselmotoren üblichen Bereichs
geben kann. Häufig wird erst in Kombination mit der eingestellt werden. Beim Partikelfilter kommt hinzu, dass
Motor- und Fahrzeugauslegung klar, welche Anordnung für mit steigender Beladung der Abgasgegendruck steigt. Hier­
das betreffende Fahrzeug die größeren Vorteile aufweist. durch steigt zunächst der Druck nach Turbolader und in der
Folge der Druck vor der Turbine. Diese Druckerhöhung
15.5.3.2 Wechselwirkung zwischen motorischen erhöht nicht nur die Ladungswechselverlustarbeit, sondern
Betriebsparametern und Abgasnachbehandlung hat auch Einfluss auf das Druckgefälle über die AGR‑Stre­
cke. Eine Änderung des Abgasgegendrucks muss deshalb
Der vorangegangene Abschn. zeigte wie komplex die Wech­ vom Luftsystem ausgeglichen werden. Die Betriebsparame­
selwirkung zwischen den verschiedenen Komponenten im ter ändern sich somit kontinuierlich mit dem Füllstand des
Abgasnachbehandlungssystem ist. Auch zwischen der moto­ Filters.
rischen Verbrennung und der Abgasnachbehandlung gibt es Auf Grund der Komponentenkosten, der komplexen
eine Reihe von Abhängigkeiten, die es im Sinne einer Ge­ Wechselwirkungen der Komponenten untereinander und
samtsystemauslegung zu optimieren gilt. der Rückwirkungen auf den Motorbetrieb ist es verständ­
518    15  Abgasemission von Dieselmotoren

lich, dass versucht wird, die Emissionsziele mit möglichst 15.6.1 Abgas-Messanlagen für
geringer Komponentenzahl zu erreichen. Über die motori­ gasförmige Emissionen
schen Betriebsparameter (z. B. AGR‑Rate und Einspritzzeit­
punkte) ist es möglich, das Verhältnis zwischen Ruß- und Die Messung der einzelnen Schadstoff-Konzentrationen er­
NOX‑Emission zu verändern (sog. Ruß‑NOX‑Trade‑Off). folgt durch einzelne Abgasanalysatoren, die in einer AMA
Mit diesem Hilfsmittel gibt es zwei Hauptstrategien zur Ver­ zusammengebaut werden. Solche Anlagen (Bild 15‑46) be­
ringerung des Aufwands in der Abgasnachbehandlung: stehen aus einer Basiseinheit, die eine Abgasprobe aus dem
a) eine Ruß‑optimierte Verbrennung mit einer nachmotori­ Abgastrakt des Motors entnimmt, das Probengas zur Anlage
schen NOX‑Minderung fördert, konditioniert und den einzelnen Analysatoren zur
b) Eine NOX‑optimierte Verbrennung mit einer nachmotori­ Messung der Konzentrationen zuführt. Zusätzlich sind auch
schen Partikelminderung. eine Vielzahl an Ventilen, die die verschiedensten Betriebs-
und Kalibriergase ebenfalls den Analysatoren zuführen, not­
Bei der Ruß‑optimierten (und NOX‑reichen) Verbrennung wendig. Die Probenkonditionierung verhindert, dass sich
kann ein sehr günstiger motorischer Wirkungsgrad erreicht die Zusammensetzung der Probe auf dem Weg zu den Ana­
werden. Außerdem entfällt der Gegendruckbeitrag des Par­ lysatoren verändert, wie zum Beispiel die Verhinderung von
tikelfilters, der ebenfalls zu einem spürbaren Kraftstoffmehr­ Kondensation von Wasser oder Ablagerungen von gewissen
verbrauch führt. Bei Nkw‑Anwendungen, bei denen die Be­ Kohlenwasserstoff­verbindungen beim Dieselabgas. Außer­
triebskosten sehr wichtig sind, ist deshalb die nachmoto­ dem werden aus dem Probengas zum Schutz der Analysa­
rische NOX‑Minderung (mit einem SCR‑System) die Vor­ toren Partikel herausgefiltert.
zugslösung.
Andererseits werden in naher Zukunft die Partikelgrenz­ Null- und Endpunkt-Einstellung (Kalibrierung)
werte erheblich gesenkt. Sind die Partikelgrenzwerte nicht Bei allen Gasanalysatoren ist der regelmäßige Abgleich der
oder nur mit einem erheblichen Aufwand innermotorisch Null- und Endpunkt­kalibrierung erforderlich (Bild 15‑47). Je
zu erreichen, so kann es im Sinne einer Gesamtsystemopti­ nach Anwendung erfolgt diese vor jeder Messung oder zumin­
mierung vorteilhaft sein, einen Partikelfilter mit einem sehr dest einmal pro Tag. Dazu werden ein Nullgas und ein Kali­
hohen Abscheidewirkungsgrad einzusetzen und durch eine briergas aus Gasflaschen dem Analysator zugeführt und ­dessen
NOX-optimierte (und partikelreiche) Verbrennung den Auf­ Messwert auf die bekannte Konzentration dieser Kalibriergase
wand der nachmotorischen NOX‑Minderung zu vermeiden. abgeglichen. In der Regel erfolgt diese Kalibrierung vollauto­
Dieser Weg wird derzeit bei europäischen Pkw‑Anwen­ matisch. Die absolute Genauigkeit der Messung ist maßgeb­
dungen beschritten. lich von der Genauigkeit dieser Kalibriergase abhängig.
Schließlich gibt es neue Märkte für Dieselfahrzeug, z. B.
USA, bei denen sowohl die Partikel-, wie auch die Linearisierung
NOX‑Grenzwerte so gering sind, dass alle Maßnahmen der Um die Genauigkeit der Messwerte zwischen Nullpunkt und
innermotorischen und nachmotorischen Emissionsminde­ dem Endpunkt des Analysators sicherzustellen, wird eine Li­
rung ergriffen werden müssen. Obwohl der hiermit verbun­ nearisierung durchgeführt (Bild 15‑48). Dazu werden über
dene Aufwand erheblich ist, kann der Weg angesichts der den Messbereich verteilt unterschiedliche Gaskonzentra­
Alternativen lohnenswert sein. Denn nach wie vor sind Die­ tionen dem Analysator zugeführt und die Messwerte mit den
selmotoren den Ottomotoren im Wirkungsgrad erheblich erwarteten Konzentrationen verglichen. Im Falle von größe­
überlegen. Dies ist angesichts weltweit begrenzter Kraftstoff­ ren Abweichungen (> 2%) wird eine mathe­matische Korrek­
reserven und der CO2‑Emissionen ein zunehmend wichtiges tur der Messwerte durchgeführt (Linearisierungskurve).
Argument, die Steigerung des Dieselanteils voranzutreiben. Eine solche Linerarisierung oder zumindest deren Überprü­
fung wird üblicherweise in Abständen von 3 Monaten durch­
15.6 Abgasmessverfahren geführt. Die Vergleichskonzentrationen werden aus Null-
und Kalibriergas in einem hochgenauen und mehrstufigen
Abgas Messsysteme bestehen hauptsächlich aus Abgas-Mess­ Gasteiler zusammengemischt.
anlagen und Verdünnungssystemen. Für die Bestimmung
der umweltrelevanten Massen­emission sind einerseits die Diagnosetests
Konzentrationen und andererseits die Abgasvolumina des Je nach Analysatortyp und Anwendung werden eine Vielzahl
Motors zu bestimmen. von Diagnosetests durchgeführt, die die Messqualität der
Anlagen sicherstellen. Dazu gehören unter anderem Quer­
empfindlichkeitstests, die sicherstellen, dass der Messwert
15.6  Abgasmessverfahren    519

Bild 15-46  Schematischer Aufbau


einer Abgasmessanlage (ISO 16183
[15-33])

Bild 15-47  Schema Kalibrierung Bild 15-48  Schema Linearisierung


520 15 Abgasemission von Dieselmotoren

einer Gaskomponente nicht oder nur minimal durch andere für die einzelnen Kohlenwasserstoffmoleküle. Dies wird als
Gaskomponenten beeinflusst wird, oder Dichtheitstests der Strukturlinearität bezeichnet und mit Responsefaktoren ge-
Anlage. kennzeichnet. Diese Responsefaktoren geben den Unter-
schied zwischen dem Messwert des FID und der wirklichen
15.6.1.1 Messung der Kohlenwasserstoffe Konzentration der einzelnen Kohlenwasserstoffe an. Typi-
scherweise liegen sie zwischen 0,9 und 1,1.
Die Messung von Kohlenwasserstoffen erfolgt mittels eines Bei der Messung von Kohlenwasserstoffen im Abgas von
Flame Ionisation Detektors (FID) (Bild 15-49). Im Abgas Dieselmotoren muss die komplette Abgasprobe von der
gibt es eine Vielzahl von unterschiedlichen Kohlenwasser- Entnahmestelle bis zum FID auf 190 °C beheizt sein, da
stoff-Verbindungen. Im Regelfall ist es nicht von Bedeutung Dieselmotorenabgas viele Kohlenwasserstoffe enthalten, die
diese einzeln zu erfassen, sondern deren Gesamtsumme. Das unterhalb dieser Temperatur bereits kondensieren würden.
FID-Messprinzip misst die meisten unterschiedlichen Koh- Ohne diese Beheizung würden die dann kondensierten
lenwasserstoffverbindungen und ermöglicht damit dieses Kohlenwasserstoffe nicht gemessen werden und auch die
Summenergebnis. Gaswege verunreinigen.

Messprinzip FID: 15.6.1.2 Messung der Stickoxide (NO und NOX)


Es brennt eine Flamme im Inneren der Messzelle, diese wird
erzeugt aus einem konstanten Fluss von synthetischer Luft Die Messung der Stickoxide NO und NO2 wird meist als
und einem Gasgemisch aus Wasserstoff und Helium. Die Summenmessung realisiert, man spricht dann von NOX.
Flamme brennt in einem elektrischen Feld zwischen Kathode Dazu wird typischerweise ein Chemo-Luminescence Detek-
und Anode. Dieser Flamme wird ein konstanter Durchfluss tor (CLD) verwendet (Bild 15-50).
des Probengases hinzu gemischt. Dabei werden Kohlenwas-
serstoff-Moleküle gekrackt und ionisiert. Die dabei erzeugten Messprinzip CLD:
Ionen transportieren einen sehr kleinen Strom zwischen Ka- Die Messung basiert auf dem Chemoluminescence-Effekt,
thode und Anode (Messsignal). Idealerweise würden alle der beim Zusammenmischen von NO und Ozon O3 entsteht.
Kohlenwasserstoffmoleküle in ionisierte Teile zerlegt, die Dabei wird in einer chemischen Reaktion NO und O3 zu
nur ein Kohlenstoffatom enthalten. Dann wäre auch der Io- NO2 umgewandelt. Ungefähr 10% dieser Reaktionen erge-
nenstrom proportional zur Anzahl von Kohlenstoffatomen ben NO2 in einem energetisch angeregten Zustand (NO2*).
mit einer Bindung zu Wasserstoff in der Abgasprobe. Prak- Nach kurzer Zeit fallen diese Moleküle aus dem energetisch
tisch funktioniert der Cracking- und Ionisierungsprozess angeregten Zustand wieder zurück in den Basiszustand; da-
jedoch nicht vollständig. Er hat aber eine konstante Effizienz bei wird der Energieüberschuss als Lichtquanten (Photonen)

Bild 15-49 Schema FID


(Flame Ionisation Detector)
15.6 Abgasmessverfahren 521

Bild 15-50 Schema CLD (Chemoluminescence Detector)

abgegeben. Das entstehende Licht wird mit Fotodioden oder alles NO2 bereits zu NO umgewandelt wurde, getrocknet
Photomultiplieren gemessen. Die Intensität des Lichtes ist und dann ein nicht beheizter CLD Detektor eingesetzt.
direkt proportional zur NO-Konzentration in der Messzelle. Das sog. NOX-Quenching tritt auf, wenn NO2* Moleküle
noch vor der Lichtabgabe mit anderen geeigneten Molekülen
NO + O3 o NO2 + O2 (15-19)
kollidieren. Dann wird die Energie nicht als Licht sondern
bei ca. 90% der NO Moleküle in der Probe
an das andere Molekül abgegeben. Damit wird weniger Licht
NO + O3 o NO2* + O2 (15-20) erzeugt und es kommt zu einem zu kleinem Messwert. Im
bei ca. 10% der NO Moleküle in der Probe Abgas sind solche Moleküle vor allem H2O und CO2. Solche
Kollisionen treten öfters auf und damit ergibt sich auch ein
NO2* o NO2 + hQ (15-21)
größerer Quenching-Effekt, umso mehr Moleküle in der
mit h ... Planckkonstante
Messzelle sind. Daher werden die meisten CLD Analysatoren
hQ ... Lichtquantum (Photonen) (15-22)
im Vakuum (ca. 20 bis 40 mbar absolut) betrieben, womit die
Das benötigte Ozon O3 wird im Analysator selbst in einem Anzahl an Molekülen und damit das Quenching-Potenzial
Ozongenerator aus Sauerstoff O2 erzeugt, je nach Analysator- deutlich verringert wird.
typ geschieht dies aus reinem Sauerstoff, synthetischer Luft Neben der Kalibrierung und Linearisierung des Analysa-
oder Umgebungsluft. tors sind zwei Diagnosetests besonders wichtig beim CLD,
Ein CLD kann nur NO messen. Um NOX (NOX = NO + einmal der H2O- und CO2-Quenchtest, der das Maß an
NO2) messen zu können werden vor dem CLD Detektor alle Quenching überprüft und zum Anderen der NO2/NO-
NO2 Moleküle in NO umgewandelt. Dies geschieht in einem Konvertertest, der die Umwandlungsfähigkeit und Effizienz
beheizten NO2/NO Konverter, der ähnlich einem Katalysa- überprüft. Typischerweise soll die Effizienz über 90% lie-
tor diese Umwandlung bewerkstelligt. gen.
Da NO2 auch mit Wasser reagieren kann, muss zumindest
bis zum NO2/NO Konverter jegliche Wasserkondensation 15.6.1.3 Messung von Kohlenstoffmonoxid (CO)
verhindert werden. Anderenfalls würde das zu messenden und Kohlenstoffdioxid (CO2)
NO2 verloren gehen und sich aggressive Säuren bilden.
Üblicherweise werden deshalb der komplette Messgasweg Die Messung von Kohlenstoffmonoxid CO und Kohlenstoff-
und der Analysator beheizt. Bei älteren Analysatoren wurde dioxid CO2 erfolgt mittels Non-Dispersive Infra-Red Analy-
das Probengas erst nach dem NO2/NO-Konverter, in dem satoren (NDIR) (Bild 15-51).
522 15 Abgasemission von Dieselmotoren

Bild 15-51 Schema eines zwei-kanaligen NDIR (Non-Dispersive Infrarot) Detektors

Messprinzip NDIR: messenden Gaskomponente in der Messzelle wird der Infra-


Ein breites Infrarot-Spektrum wird von einem Strahler aus- rotstrahl durch die Messzelle schwächer sein als durch die
gesandt. Diese Strahlung wird durch eine zweigeteilte Mess- Referenzzelle, da bereits Strahlung absorbiert wurde. Die
zelle geschickt. Ein Teil der Messzelle ist mit nicht absorbie- Strahlung in der Detektor-Kammer wird ebenfalls absor-
rendem Gas (z. B. Stickstoff N2) gefüllt, man spricht von der biert, da sie mit dem gleichen Gas gefüllt ist, das gemessen
Referenzzelle. Der andere Teil wird vom Probengas durch- werden soll. In der abgeschlossenen Kammer erhöht sich
strömt. Mit einem Chopper (z. B. rotierende Lochscheibe) durch diese Absorbtion die Energie und damit der Druck.
wird die Infrarot-Strahlung alternierend unterbrochen. Ent- Durch die unterschiedliche Strahlung der beiden Zellen
hält das Probengas Gasmoleküle, die im Infrarotbereich ab- kommt es in den beiden Detektor-Kammern zu einem
sorbieren, wie CO oder CO2, wird ein Teil der Strahlung von Druckunterschied, der gemessen wird. Dies erfolgt entwe-
diesen Molekülen absorbiert. Damit ist die Strahlung am der mittels einer beweglichen Membrane zwischen den
Ausgang der Messzelle geringer als die Strahlung durch die Kammern, deren Verbiegen kapazitativ gemessen wird (wie
Referenzzelle. im gezeigten Bild), oder mittels einer Durchflussmessung
Der Unterschied in der Intensität der austretenden Strah- der Ausgleichsströmung zwischen den beiden Kammern.
lung wird von einem Detektor gemessen. Auch der Detektor Das Messsignal ist umso größer, je größer die Konzentra-
besteht aus zwei Kammern, eine empfängt die Strahlung von tion des zu messenden Gases in der Messzelle ist. Der
der Referenzzelle und die andere jene aus der Messzelle. Zusammenhang zwischen Konzentration und Messsignal
Beide Detektor-Kammern sind jeweils mit dem Gas gefühlt, entspricht dem Lambert-Beer’schen Gesetz, welches eine
welches vom Detektor gemessen werden soll (z. B. CO oder nicht lineare Funktion ist. Daher müssen NDIR-Detektoren
CO2). Damit kommt es im Detektor zur Absorption der immer linearisiert werden.
Infrarotstrahlung, identisch wie in der Messzelle für diese Sehr viele Gase absorbieren im Infrarot, und es kommt
Gaskomponente. Abhängig von der Konzentration der zu auch zu Überlappungen der Absorptionsspektren von unter-
15.6 Abgasmessverfahren 523

schiedlichen Gasen. Bei CO- und CO2-Analysatoren ist das stoffmoleküle ins Zentrum des Magnetfeldes zu kommen. In
besonders eine Querempfindlichkeit zu Wasserdampf. Bei diesem Zentrum ist aber eine Quarzkugel, die keine magne-
CO-Analysatoren kommt es auch zu einer Querempfind- tische Eigenschaft aufweist. Da ein solcher Detektor sym-
lichkeit zu CO2. Eine solche Querempfindlichkeit bedingt metrisch ausgeführt ist, gibt es sowohl zwei Magnetfelder als
immer eine Erhöhung des Messwertes. Typischerweise wird auch eine zweite Quarzkugel. Beide Kugeln sind mit einem
das Probengas bei Rohabgas zuerst getrocknet bevor es zu Arm verbunden, man spricht auch von einer Hantel. Diese
den NDIR Analysatoren strömt. Damit ist eine Queremp- Hantel ist drehbar gelagert. Die Sauerstoffmoleküle, die ins
findlichkeit zu Wasser nicht mehr relevant. Nur in der ver- Magnetfeld drängen, versuchen die Hantelkugeln zu ver-
dünnten Beutelmessung (CVS-System) muss feuchtes Gas drängen. Je höher die Sauerstoffkonzentration ist, umso
gemessen werden. In solchen Applikationen sind Wasser- größer ist diese Verdrängungskraft. Auf der drehbaren Achse
Querempfindlichkeitstests (Interferenzchecks) erforderlich. der Hantel ist ein Spiegel montiert. Mittels eines Lichtstrahls
und eines Lichtdetektors wird die Auslenkung gemessen.
15.6.1.4 Messung von Sauerstoff O2 Entweder ist die Auslenkung selbst das Messsignal, oder es
wird über ein geregeltes Magnetfeld die Kugel immer im
Die Messung der Sauerstoff-Konzentration im Abgas Zentrum gehalten, dann ist der dazu nötige elektrische Strom
erfolgt mittels eines paramagnetischen Detektors (PMD) das Messsignal. In beiden Fällen ist das Messsignal direkt
(Bild 15-52). proportional zur Sauerstoffkonzentration im Probengas.
Das Messprinzip ist auch gering sensitiv zu NO, NO2 and
Messprinzip PMD: CO2, da diese Gase auch einen leicht paramagnetischen
Sauerstoff ist eines von wenigen Gasen, die eine paramagne- Effekt aufweisen. Da diese Gase in jeder Abgasmessanlage
tische Eigenschaft haben. In einer Messzelle wird das Pro- gemessen werden, wird diese geringe Querempfindlichkeit
bengas an einem starken Magnetfeld vorbeigeführt. Auf- mathematisch korrigiert. Da diese Querempfindlichkeit
grund ihrer magnetischen Eigenschaft versuchen die Sauer- relativ klein ist, spielt sie auch nur bei Ottomotoren eine

Bild 15-52 Schema PMD (Paramagnetischer Detektor)


524    15  Abgasemission von Dieselmotoren

Rolle, die bei λ = 1 und darunter nur einen sehr kleine O2- Spiegels ergeben sich Weglängenunterschiede und daraus
Konzentration haben. Ohne Korrektur können Fehler in der Interferenzeffekte beim wieder vereinten Strahl. Abhängig
Größenordnung von 5000 ppm auftreten. von der Stellung des beweglichen Spiegels kommt es zu
Auslöschung oder Verstärkung einzelner Wellenlängen. Der
15.6.1.5 Sondermesstechnik so kontinuierlich modifizierte Infrarot-Strahl wird durch
die Messzelle geführt und es kommt zur Absorption einzel­
Die oben angeführten Messprinzipien sind die Standard- ner Wellenlängen durch die unterschiedlichen Gaskompo­
Messmethoden, oft auch konventionelle Messtechnik ge­ nenten in der Abgasprobe. Mittels der Fourier-Tranfor­
nannt. Das sind auch die Messprinzipien, die in den meis­ten mation wird aus den Interferogrammen durch komplexe
Abgasgesetzgebungen [15-26], [15-27], [15-28], [15-30] vor­ mathematische Formeln ein Infrarot Spektrum (Intensität
geschrieben sind. Besonders im Forschungs- und Entwick­ über Wellenlänge) berechnet und mit speziellen Auswerte­
lungsbereich werden auch andere Meßmethoden benötigt methoden lassen sich daraus die Konzentrationen der ein­
und eingesetzt. Dies er-folgt, um ein noch besseres Bild von zelnen Gaskomponenten ermitteln.
der Abgaszusammensetzung zu erhalten und auch Gaskom­
ponenten zu messen, die nicht oder noch nicht durch die Massenspektrometer (MS)
Gesetzgebung erfasst sind. Nachstehend sind einige solcher MS ermöglicht die Messung von vielen Gaskomponenten
Messmethoden aufgelistet. im Abgas. Dazu wird das Probengas ionisiert, das kann z. B.
mittels Reaktantgasen oder elektrischer Ionisation erfolgen.
Schnelle Messtechniken (Ultra Fast Response) Im Analysator werden die Ionen nach ihrer Masse getrennt.
Diese beruhen auf den konventionellen Messprinzipien, wie Dafür gibt es mehrere Methoden, alle beruhen aber darauf,
oben dargestellt. Die Messsysteme sind aber auf schnelle Sig­ dass es zu Unter­schieden in der Bewegung der Ionen im
nal-Ansprechzeiten von wenigen Millisekunden getrimmt. Analysator kommt, abhängig von deren Masse. Das können
Dadurch ergeben sich allerdings deutlich geringere Stand­ zum Beispiel Laufzeitunterscheide oder unterschied­liche
zeiten und kürzere Wartungsintervalle. Kurvenradien bei der Ablenkung sein. Solche Geräte wer­
den wegen ihrer Komplexität jedoch eher im Laborbereich
Non Dispersive Ultraviolett Analysator (NDUV) eingesetzt als im regulären Prüfstandsbetrieb. Besonderen
Ähnlich einem NDIR-Analysator werden auch hier Gaskom­ bei der Messung von Schwefelkomponenten (SO2, H2S,
ponenten gemessen. Im Gegensatz zum NDIR wird aber ul­ COS) und Wasserstoff H2 werden MS Systeme verwendet.
traviolettes Licht verwendet. Diese Analysatoren werden
meistens zur Messung von NO, NO2 und NH3 eingesetzt. Dioden-Laser-Spektroskopie (DIOLA)
Dies ist ähnlich zum Infrarot Messprinzip wie es in NDIR-
Fourier Transform Infrarot Spectroscopy (FTIR) Analysatoren verwendet wird, jedoch ergeben sich sehr
Das ist eine optische Messmethode, die eine Vielzahl an Ab­ kurze Signal-Ansprechzeiten. Sie finden besonders bei der
gaskomponenten zeitgleich misst. Die Messung basiert auf Entwicklung von Katalysatoren Anwendung.
der Absorption von infrarotem Licht durch die einzelnen
Gaskomponenten. Besonders für moderne Dieselmotoren Abgas-Verdünnungssysteme
mit Abgasnachbehandlungssystemen, wie NOX-Speicher- Prinzipiell erfolgt die Bestimmung der umweltrelevanten
und SCR-Katalysatoren und Dieselpartikelfilter wird die Schadstoffmassen im Abgas aus der Konzentration der je­
FTIR verbreitet eingesetzt. In diesen Anwendungen ist be­ weiligen Abgaskomponente, deren Dichte und dem Abgas­
sonders die differenzierte Messung von NO, N2O, NO2, NH3 volumenstrom des Motors. Im stationären Motorbetrieb ist
und anderen Abgaskomponenten wichtig. dies eine relativ einfache Aufgabe. Im instationären Betrieb
FTIR verwendet ein breites Wellenband im Infrarot um ist es dagegen eine eher komplizierte Messtechnik, die so­
zeitgleich alle Spektralinformationen der Abgasprobe zu wohl den schnellen Änderungen im Abgas folgen, als auch
erfassen. Die Intensität der einzelnen Infrarot-Wellenlängen Konzentrationen über mehre Zehnerpotenzen genau mes­
wird kontinuierlich verändert. Das erfolgt mittels eines sen können muss. Zusätzlich ist auch der sehr dynamische
Michelson-Interferometers. Die Infrarotstrahlung der Licht­ Abgasvolumenstrom zu messen. Die gemessenen Daten
quelle wird mit einem Strahlungsteiler in zwei Strahlen müssen dann vor der weiteren Berechnung zeitlich genau
aufgeteilt. Einer der Strahlen trifft auf einen beweglichen zugeordnet werden, da jedes Signal unterschiedliche Lauf­
Spiegel, der andere auf einen fixierten Spiegel. Anschließend zeitverzögerungen aufweist. Diese Anforderungen waren
werden die beiden Strahlen wieder zu einem Strahl zusam­ am Beginn der Abgasgesetzgebung nicht erfüllbar, daher
mengeführt. Durch die kontinuierliche Bewegung des einen wurde nach alternativen Methoden gesucht, die diese Auf­
15.6 Abgasmessverfahren 525

gabe mit den damals verfügbaren Messgeräten und Compu-


tern erfüllen konnte. Durch die Verwendung der Vollstrom-
Verdünnung wurde dies erreicht. Auch wenn es heute mög-
lich ist diese Anforderungen ohne Verdünnung zu erfüllen,
ist die Vollstrom-Verdünnung noch in fast allen Abgasge-
setzgebungen verpflichtend gefordert. Ausnahmen sind nur
stationäre Abgastestes und bei den instationären Tests die
Europäische-Nutzfahrzeug-Abgasgesetzgebung ab EURO IV
(2005 [15-32]). Dieses etwas konservative Verhalten der Ge-
setzgebung beruht auch darauf, dass es dem Abnahmebe-
amten bei der wenig komplexen Vollstrom-Verdünnungs-
methode leicht möglich ist, die Richtigkeit bei gesetzlichen
Abgastest zu überprüfen.
Berechnung der Masse einer Schadstoffkomponente im
Abgas (vereinfacht):
Verwendete Größenbezeichnungen:
Qexh Volumendurchfluss des Motors
QCVS Volumendurchfluss der CVS-Anlage
VCVS Gesamtvolumen des verdünnten Abgases über die
Messzeit
q Verdünnungsverhältnis der CVS-Anlage
Concraw Konzentration der Schadstoffkomponente im
unverdünnten Abgas
Concdil Konzentration der Schadstoffkomponente im
Bild 15-53 Schema der Berechnungsmethoden für Abgasmassenemissio-
verdünnten Abgas nen (vereinfacht). 1 unverdünntes Abgas; 2 verdünntes Abgas; 3 Beutelmes-
ConcBag Konzentration der Schadstoffkomponente im sung
Abgasbeutel
U Dichte der Schadstoffkomponente
T Messzeit (Dauer des Testzyklus)
m Masse der Schadstoffkomponente Beutelmessung (verdünntes Abgas, s. Schema e, Bild
15-53):
Unverdünntes Abgas (s. Schema c, Bild 15-53): aus Gl. (15-24) wird mit

(15-23)

Verdünntes Abgas (s. Schema d, Bild 15-53):


aus Gl. (15-23) wird mit
(Gl. 15-25)

Die Verdünnung des Motorabgases hat auch den Effekt, dass


im verdünnten Abgas die Wasserkonzentration so weit abge-
senkt werden kann, das es zu keiner Wasserkondensation
mehr im Messsystem kommt. Voraussetzung dafür ist eine
hinreichend große Verdünnung. Durch die Verdünnung
werden auch chemische Reaktionen der einzelnen Abgas-
komponenten wie in der Umgebungsluft (Realbetrieb) simu-
liert, was besonders für die Partikelbildung entscheidend ist.
Durch die Verdünnung des Abgases bleibt die gesamte
Masse der Schadstoffe im Abgas vollständig erhalten, da kein
(15-24) Abgas entfernt wird. Durch die Zugabe von Verdünnungsluft
werden aber auch geringe Mengen an Schadstoffen hinzuge-
526 15 Abgasemission von Dieselmotoren

fügt, die bereits in der Umgebungsluft enthalten sind. Um das


Messergebnis dadurch nicht zu verfälschen, wird auch die
Verdünnungsluft in einem Beutel gesammelt und analysiert.
Bei der Ergebnisberechnung wird die Schadstoffmasse, die
durch die Verdünnung hinzugefügt wurde, wieder abgezo-
gen. Schadstoffe die mit der Ansaugluft dem Motor zugeführt
werden, werden nicht korrigiert und gelten somit als Abgase.

Vollstrom-Verdünnung CVS

Die Hauptfunktion einer CVS (Constant Volume Sampling)


liegt darin, das gesamte Abgas des Motors (Vollstrom) zu ver-
dünnen und den Volumenstrom des verdünnten Abgases
(Abgas und Verdünnungsluft) konstant zu halten. Das kann
mittels verschiedener Methoden erfolgen:
– CFV Critical Flow Venturi, überkritische Venturi Düse,
– PDP Positive Displacement Pump, Roots-Gebläse,
– SSV Sub Sonic Flow Venturi, unterkritische Venturi-
Düse mit geregeltem Gebläse,
– UFM Ultrasonic Flow Meter, Ultraschall-Durchflussmes-
ser mit geregeltem Gebläse.
Bild 15-54 Geschwindigkeits- v und Druckverlauf p über eine überkritische
CFV (Critical Flow Venturi) Venturi Düse
Das verdünnte Abgas wird mittels eines Gebläses durch eine
Venturi-Düse gesaugt. Durch die Verengung des Quer-
schnitts in der Düse erhöht sich dort die Strömungsge-
schwindigkeit. Wenn der Druckunterschied zwischen Dü- Es gibt keinen Einfluss auf den Durchfluss vom Druck hinter
seneinlass und der engsten Stelle ca. den Faktor 2 hat, erreicht der Venturi-Düse. Daher muss das Gebläse auch nicht gere-
man in der engsten Stelle Schallgeschwindigkeit. Da die Ge- gelt werden, es ist aber erforderlich, dass es stark genug ist
schwindigkeit nicht weiter gesteigert werden kann, ergibt um in der Düse überkritische Strömungsverhältnisse zu er-
sich damit ein konstanter Durchfluss, unabhängig wie stark zeugen.
das Gebläse hinter der Düse auch sein mag. Man nennt die- Üblicherweise werden 3 oder 4 unterschiedliche Venturi-
sen Zustand dann überkritisch und daher auch die Düse eine Düsen parallel geschaltet, um unterschiedliche Durchflüsse
überkritische Venturi Düse. einstellen zu können, je nach Motor und Test. Idealerweise
Der genaue Durchfluss kann aus dem Kalibrierparameter hat die jeweils nächst größere Venturi-Düse den doppelten
der Düse, dem Druck und der Temperatur am Düseneintritt Durchfluss. Damit können, wie im binären Zahlensystem,
berechnet werden. durch die Kombination von 4 Düsen 15 unterschiedliche
Durchflüsse realisiert werden, bei 3 Düsen 7 Durchflüsse.
(15-26)
PDP (Positive Displacement Pump)
VS Volumetrischer Durchfluss normiert auf die für die Eine andere Möglichkeit den Durchfluss einer CVS konstant
US Gesetzgebung geltenden „Standard“-Konditionen zu halten stellt die Positive Displacement Pump PDP dar,
bei 20 °C and 1013 mbar auch als Roots-Gebläse bekannt. Das Gas wird durch zwei
bzw. Drehkolben im Gehäuse gefördert, dabei wird das Volumen
für die europäische Gesetzgebung geltenden „Norm“- aber nicht komprimiert und der Volumenstrom ist direkt
Konditionen bei 0 °C and 1013 mbar, proportional zur Drehzahl der Pumpe.
KV Venturi-Kalibrierfaktor, abhängig vom engsten Düsen- Diese Variante der CVS hat den Vorteil, das der Durch-
querschnitt, fluss über eine Drehzahlregelung einstellbar ist. Vor allem
pV Absolutdruck vor der Venturidüse, wegen der hohen Kosten werden moderne CVS-Systeme
TV Temperatur vor der Venturidüse in Kelvin. nicht mehr mit PDP ausgeführt.
15.6  Abgasmessverfahren    527

Durchflussmessung und aktive Regelung tionalität gegeben. Für die Partikelmessung ist der Einsatz
In einigen neueren Gesetzgebungen ist auch die Verwendung von Düsen in der Probenentnahme nicht zulässig, da es zu
einer Durchfluss­messung und die aktive Regelung des Ge­ Partikelab­scheidung an der Düsenverengung kommt und
bläses zulässig. die niederen Drücke hinter der Düse zu einer veränderten
Die Durchflussmessung erfolgt dann entweder mit einer Partikelformation führen können. Entweder wird hier die
unterkritisch betriebenen Düse (Sub-Sonic-Venturi, SSV). Partikelentnahme proportional zum CVS-Durchfluss aktiv
Da in dieser Düse nicht wie bei der CFV Schallgeschwindig­ nachgeregelt (moderne Partikelsammler) oder die Tempera­
keit erreicht wird, erfolgt die Berechnung des Durchflusses tur vor der CVS-Venturi wird durch den Einsatz eines Wär­
mittels des Differenzdruckes an der Düse nach der Bernoulli- metauschers vor der CVS-Venturi konstant gehalten und
Gleichung. Alternativ werden auch Ultraschall-Durchfluss­ damit auch der Durchfluss. Da eine CVS über den Verdün­
messer (Ultrasonic Flow Meter, UFM) verwendet. nungslufteingang immer offen ist zur Umgebung kommt
es zu keinen signifikanten Druck-Veränderungen, die den
Übliche Durchflussbereiche eines CVS-Systems Durchfluss verändern würden.
Je nach Anwendung und Motorgröße werden CVS-Systeme
mit unterschiedlichen Durchflussbereichen eingesetzt. Der Anforderungen bei der Messung von Dieselmotoren
Durchfluss muss hinreichend groß sein um eine Wasserkon­ Bei der Messung von Dieselabgas bestehen noch zusätzliche
densation im System zu verhindern, und bei Dieselmotoren Forderungen, die hauptsächlich die Messung von Partikel- und
die Temperatur des verdünnten Abgases bei der Partikelmes­ Kohlenwasserstoff-Emissionen betrifft, siehe Bild 15-56.
sung immer unter 52 °C zu halten. Für die Partikelmessung wird ein sog. Verdünnungstun­
Nutzfahrzeugmotoren 120…180 m3/min nel an der CVS verwendet. Im Grunde ist dies nur ein
Personenkraftwagen   10…30 m3/min langes gerades Rohr aus Edelstahl, mittels dem eine realis­
Motorräder    1…5 m3/min tische Partikelformation stattfinden soll. Der Durchmesser
ist so zu wählen, dass immer eine turbulente Strömung
Probennahme an einer CVS gegeben ist und die Reynolds Zahl (Maß für die Turbulenz)
Für die Analyse der verdünnten Konzentrationen in der CVS über 4000 liegt. Die Länge soll so sein, dass die Verweilzeit
wird nur eine kleine Menge an Gas aus der CVS entnommen. des verdünnten Abgases im Tunnel ausreichend ist, um die
Damit werden Beutel gefüllt, die vor dem Test evakuiert wur­ Partikelformation in der Umwelt zu simulieren. Üblicher­
den und nach dem Test analysiert werden. Die Abgas­kon­ weise wird dazu eine Länge des Verdünnungstunnels vom
zentration im Beutel ergibt einen zeitlichen Mittelwert über 10 fachen des Durchmessers verwendet. Die Verdünnung
den Test. Für die Bestimmung der Partikelemissionen wird muss auch groß genug sein um die Temperatur des ver­
das verdünnte Abgas über Analysefilter geleitet, auf denen dünnten Abgases an der Stelle der Partikelmessung immer
die Partikel aus der entnommenen Probe abgeschieden wer­ unter 52 °C zu halten. Bei Nutzfahrzeugen reicht dazu meist
den. Die Analysefilter werden vor und nach der Messung die Verdünnung der bereits sehr großen CVS-Anlagen nicht
gewogen um die Menge der abgeschiedenen Partikel zu be­ aus. Es wird dann eine doppelte Verdünnung durchgeführt,
stimmen. bei der der entnommene kleine Probenstrom aus der CVS
Damit die Bestimmung der Gesamtemissionsmassen aus nochmals verdünnt wird. Man spricht von einer sekundären
dem gesamten CVS-Volumenstrom während der Messung Verdünnung.
und den im Beutel gemittelten Konzen­trationen sowie der Die Partikel Messung selbst erfolgt am Ende des Verdün­
abgeschiedenen Partikelmasse am Filter korrekt erfolgt, ist nungstunnels, mittels eines Partikel Sammlers (PTS). Dieser
es nötig, dass der Probenstrom in den Beutel und durch den zieht eine einstellbare Menge an verdünntem Abgas über
Partikelfilter proportional zum CVS-Durchfluss ist. Analysefilterplättchen. Diese Filter werden vor und nach der
Da der Durchfluss an einer CVS nicht absolut konstant Messung abgewogen, und aus dem Gewichtszuwachs und
ist sondern abhängig vom Druck und der Temperatur vor den Durchflüssen werden die Partikelemissionen berech­
der Düse leicht variieren kann, muss entweder der Proben­ net.
strom diesen Änderungen proportional folgen oder es wird Kohlenwasserstoffverbindungen sind im Dieselabgas
der CVS-Durchfluss hinreichend konstant gehalten. Für die deutlich höhersiedend als die im Abgas aus Ottomotoren.
gasförmigen Abgaskom­ponenten, die in die Beutel gefüllt Dies rührt von der Herstellung des Kraftstoffes her. Verein­
werden, ist dies im Falle einer CFV-CVS erfüllt, wenn auch facht dargestellt besteht Benzin aus Kohlenwasserstoffen die
dieser Probenstrom über eine CFV erfolgt. Damit ist jegli­ bis zu 200 °C verdampfen und Diesel aus solchen die zwi­
cher Druck- oder Temperatur-Einfluss für beide Düsen schen 200 °C und 400 °C verdampfen. Daher können Koh­
(CVS- und Proben-Düsen) identisch und die nötige Propor­ lenwasserstoffe vom Dieselabgas auch bei höheren Tempe­
528 15 Abgasemission von Dieselmotoren

Bild 15-55 Unterschiedliche Verdünnungssysteme zur Messung von Partikeln

raturen noch kondensieren und werden damit nicht mehr „CVS-Prinzip“ mit gefilterter Luft gemischt und ein Teil-
als gasförmige Komponenten gemessen und führen zu Ver- strom des verdünnten Abgases, der eine Temperatur <52 °C
unreinigungen der Messsysteme, die nachfolgende Mes- aufweisen muss, über inerte Filter mit >99% Abscheidegrad
sungen negativ beeinflussen würden, man spricht von gezogen. Aus dem Massenzuwachs des Filters wird die
Hang-Up-Effekten. Deshalb werden die Kohlenwasserstoffe Emission berechnet. In Bild 15-56 ist dies für eine Anlage
nicht aus den Beuteln gemessen, wie bei Ottomotoren, son- mit Sekundärverdünnung, wie sie für Nutzfahrzeuge übli-
dern direkt vom CVS-Verdünnungstunnel. Alle gasführen- cherweise verwendet wird, schematisch dargestellt. Bei Pkw
den Leitungen und Komponenten für die Kohlenwasser- wird die Emission des Fahrzeugs am Rollenprüfstand im
stoffmessung, inklusive des Analysators (FID) werden auf Prinzip gleich, jedoch ohne Sekundärverdünnung, gemes-
190 °C beheizt. Damit wird eine solche Kondensation unter- sen.
bunden. Partikel setzen sich aus Ruß, adsorbierten organischen
Bei Nutzfahrzeugmotoren wird zusätzlich zu der Kohlen- Komponenten, kondensierter und adsorbierter Schwefel-
wasserstoffmessung auch noch die Stickoxidmessung beheizt säure und festen Bestandteilen wie Abrieb, Aschen etc.
und direkt aus dem Verdünnungstunnel durchgeführt. zusammen. Kondensierte und adsorbierte Substanzen wer-
den im Wesentlichen erst im Verdünnungstunnel gebildet,
15.6.2 Messung der Partikel- und Staubemission aber auch die Rußkonzentration ist – entgegen ersten
Erwartungen – zwischen Motor und Mess-Filter nicht völlig
15.6.2.1 Partikelemission – Verdünnungstunnel stabil [15-29]. Es ist daher einsichtig, dass schon kleine
Änderungen in der Auslegung der Verdünnungs- und Parti-
Die in allen gesetzlichen Bestimmungen angegebenen kelsammelanlage einen Einfluss auf die gemessene Partikel-
Grenzwerte für die Partikelemission beruhen auf einer inte- masse hat.
gralen Messung durch gravimetrische Bestimmung der Par- Um bei abnehmender Partikel-, vor allem auch Ruß-
tikelmasse nach Verdünnung in einem Vollstrom- oder Teil- Emission die Wiederholbarkeit und Reproduzierbarkeit der
stromtunnel, wie sie zuerst von der US EPA („environmental Messmethode zu erhöhen, hat die US-EPA ab 2007 das Ver-
protection agency“) definiert [15-26] und dann weltweit dünnungs-, Partikelsammlungs- und Wäge-System genauer
übernommen wurde [15-27], [15-28]: Abgas wird nach dem spezifiziert [15-30], [15-31].
15.6 Abgasmessverfahren 529

Bild 15-56 Vollstromverdünnung


für die Zertifizierung

In der EU (und damit in fast allen Ländern Asiens und Kondensationskernzähler (PNC), andrerseits werden die
Lateinamerikas) ist für Nutzfahrzeuge die Verwendung von flüchtigen Nanopartikel Anteile eliminiert, sodass nur nicht-
Teilstromverdünnungstunneln erlaubt [15-32], die einen flüchtige Partikel, d. h. hauptsächlich Rußpartikel gezählt
konstanten Prozentsatz des Abgases verdünnen, wie es in werden. Der Hintergrund für diese Anforderung hat zwei
der Norm ISO 16183 festgelegt ist [15-33]. Dem Platz- und Seiten. Einerseits scheinen nichtflüchtige Partikel toxikolo-
Kostenvorteil dieser Systeme – siehe Prinzip-Darstellung gisch relevanter für die menschliche Gesundheit zu sein,
Bild 15-57 – steht eine aufwändige Regelung der Massen- andrerseits hat sich herausgestellt, dass es extrem schwierig
ströme gegenüber. Zusätzlich müssen mehrere Randbedin- ist, Emissionen von flüchtigen Partikeln reproduzierbar zu
gungen beachtet werden, damit die gemessene Emission messen. Das ist kein Problem der Messung per se – flüchtige
gleich der einer Vollstromanlage ist [15-34].

15.6.2.2 Partikelzählung

Da die Partikelemissionen moderner Verbrennungsmotoren


nur noch mit sehr empfindlichen Messgeräten erfasst wer-
den können, hat sich die PMP-Expertengruppe der UNECE-
GRPE mit neuen Messmethoden zur Partikelmessung
befasst. Die Empfehlung dieser Gruppe für weitere Zertifi-
zierungen sind neben einer modifizierten „US-2007“ Parti-
kelmessung („particulate measurement“) auch die Partikel-
zählung („particle number counting“) [15-35], [15-36].
Die PMP-Gruppe hat ein aufwändiges System zur Kondi-
tionierung des bereits verdünnten Abgases definiert, das in
Bild 15-58 schematisch dargestellt ist: Erstens, Abscheidung
von groben Partikeln, die nicht direkt aus der Verbrennung,
sondern von wiedereingetragenen Wandablagerungen stam-
men. Zweitens, hohe Abgasverdünnung und nachfolgendes
Aufheizen auf 400 °C. Dadurch erhält man einerseits die im Bild 15-57 Teilstromverdünnung für die Zertifizierung
praktischen Betrieb erforderliche niedrige Partikelanzahl im
530 15 Abgasemission von Dieselmotoren

Bild 15-58 Abgasaufbereitung für die Partikelzählung nach PMP [15-35]

Partikel können genauso gezählt werden wie feste – aber die 15.6.2.4 Alternative Verfahren
Bildung von homogen kondensierten Kohlenwasserstoffen
und Sulfaten nach Partikelfilter ist extrem empfindlich auf Die gravimetrische Ermittlung der Partikelemission hat gra-
kleinste Änderungen der Motor- oder Abgaskonditionie- vierende Nachteile: sie ist aufwändig und integrierend. Für
rung. Drittens wird vor dem PNC noch mal verdünnt, um die Motorentwicklung ist jedoch häufig eine schnelle Mes-
das Abgas abzukühlen und die Partikelanzahl weiter abzu- sung und/oder die Zeitzuordnung der Emission zu den dy-
senken. namischen Fahrzuständen erforderlich. Es wurden daher
Das derartig konditionierte Abgas kann auch auf Parti- eine Reihe einfacherer und/oder dynamischer Messverfah-
keleigenschaften wie Größenverteilung, aktive Oberfläche ren entwickelt. Im Allg. weichen die Messgrößen aber von
etc. untersucht werden (nicht notwendig nach PMP). den gesetzeskonform ermittelten Partikeln ab, und die ermit-
Kondensationskernzähler (Condensation Particle Coun- telten Korrelationen sind nur bedingt gültig. Eine besondere
ting) sind die empfindlichsten Systeme zur Messung der Rolle nimmt hier allerdings die Messung der Rußemission
Partikelanzahl (Particle Number Counting) im sub-µ- ein, da diese auch für sich allein genommen ein wichtiger
Bereich bis hin zu einigen Nanometern. Das Prinzip eines
CPC ist in Bild 15-59 dargestellt. Aus Nanopartikeln werden
durch heterogene Kondensation von übersättigtem Dampf
„Mikropartikel“ generiert. Diese werden anschließend mit-
tels einer Streulichtmethode gezählt.

15.6.2.3 Staubmessung

Stationär betriebene Dieselmotoren fallen in Deutschland


unter die Gesetzgebung der TA Luft. Die Probenahme erfolgt
nach VDI 2066 [15-38], bei der die Probe aus dem heißen
Abgas ohne vorherige Verdünnung gezogen wird, so dass die
Partikel praktisch keine kondensierten und adsorbierten An-
teile am Ruß enthalten. Diese „Staubmasse“ korreliert daher
nicht mit den Partikeln, die bei verdünntem Abgas gemessen
werden, wobei der Unterschied je nach Lastpunkt zwischen Bild 15-59 Funktionsprinzip eines Kondensationskernzählers (CPC) [15-37]
10% und 90% liegen kann.
15.6 Abgasmessverfahren 531

Bild 15-60 Prinzip der Smokemeter-Messung [15-39]

Indikator für die Verbrennungsqualität ist. Dafür wurden


mehrere Methoden entwickelt, die i. Allg. auf der starken
Bild 15-62 Photoakustisches Messprinzip [15-44]
Absorption von Strahlung durch Ruß basieren. Neuere Ver-
fahren weisen eine sehr gute Zeitauflösung und/oder sehr
hohe Empfindlichkeit auf.
Die wichtigsten alternativen Messmethoden sind in Tabel-
le 15-17 zusammengefasst und in den Bildern 15-60 bis
15-67 schematisch dargestellt. Für alle Meßmethoden gibt es
i. Allg. verschiedene Ausführungsformen und kommerzielle
Anbieter.
Wichtige weiterführende und/oder zusammenfassende
Information zu nichtkonventionellen modernen Methoden
der Dieselpartikelmessung finden sich in den Literaturzi-
taten [15-47] bis [15-50].

Bild 15-63 Prinzip der Laserinduzierten Glühemission, LII [15-45]

Bild 15-61 Prinzip der Opazimeter-


Messung [15-39]
532 15 Abgasemission von Dieselmotoren

Bild 15-64 Photoelektrisches Messprinzip [15-46]

Bild 15-66 TEOM: Glaskanüle mit dem Filter an der Spitze. Die Vibrationsfre-
quenz der Glaskanüle ändert sich bei Beladung des Filters [15-40]

Bild 15-65 Prinzip des Diffussionsladungs-Sensors [15-41]


15.6  Abgasmessverfahren    533

Tabelle 15-17  Vor- und Nachteile alternativer Methoden zur Partikel-/Rußmessung

Methode Vorteile Nachteile


Opazimeter –  F ür einige Zertifizierungstests, z.B. ELR vorgeschrieben. –  B ei probenehmenden Systemen Probeströme bis 40 l/min erfor-
[15-39] –  Robuste, kostengünstige, etablierte Methode zur Messung der derlich
Abgastrübung. –  Hohe Empfindlichkeit nur mit ausgefeilter Systemauslegung
–  Sehr gute Zeitauflösung, 0.1 sec möglich: große optische Weglänge L, gute thermische Konditio-
–  Hohe Empfindlichkeit (0.1% Opazität, entspricht ungefähr nierung.
300 µg/m3 Ruß). –  Relativ starke Querempfindlichkeit auf NO2
–  Mit spezieller Gasführung bis zu Abgasdrücken von 400 mbar
einsetzbar, Zusatz für höhere Drücke in Entwicklung.
–  Akzeptable Korrelation zur Ruß Konzentration (mg/m3) kann für
Motorenfamilien aufgestellt werden.
TEOM –  M
 essung der Partikel- (nicht Ruß-) Emission –  e rsetzt den Partikelfilter, erfordert aber Abgasverdünnung
[15-40] –  Ergebnis ähnlich der gesetzlich vorgeschriebenen Methode zur –  Volle Äquivalenz zur gesetzlich vorgeschriebenen Methode im all-
Partikelmessung gemeinen nicht gegeben.
–  Zeitauflösung im Sekundenbereich –  Empfindlichkeit abhängig von der Zeitauflösung, typisch 1 mg/m3
–  kostspielig
MASMO –  M
 essung der Partikel- (nicht Ruß-) Emission –  e rsetzt den Partikelfilter, erfordert aber hohe Abgasverdünnung
[15-41] –  Ergebnis ähnlich der gesetzlich vorgeschriebenen Methode zur –  Äquivalenz zur gesetzlich vorgeschriebenen Methode häufig un-
Partikelmessung vollständig.
–  Zeitauflösung im Sekundenbereich –  kostspielig
–  Empfindlichkeit ca. 1 µg/m3
–  Zusätzliche Abschätzung der mittleren Partikelgröße.
Smoke­­meter –  R obust, kostengünstig –  Integrierende Methode – zeitliche Auflösung ca. 1 Minute
[15-39] –  Etablierte Methode
–  Hohe Empfindlichkeit (0.002 FSN, entspricht ca. 20 µg/m3 Ruß)
bei längeren Entnahmezeiten
–  Mit „Sonderentnahme“ Vorrichtung ist eine Messung des Ab-
gases vor Dieselpartikelfilter möglich
–  Gute Korrelation zur Ruß Konzentration, (mg/m3), minimale
Querempfindlichkeit auf andere Abgaskomponenten.
Photoakustischer –  Hohe  Empfindlichkeit – typisch < 5 µg/m3 Ruß –  E rfordert Abgas-Verdünnung.
Ruß Sensor –  Sensor Signal direkt und linear empfindlich auf Ruß Konzentra­ –  Kalibriermethode nicht rigoros etabliert.
[15-42] tion, minimale Querempfindlichkeit –  Messung vor DPF erfordert Abgaskonditionierung
[15-43] –  Gute Zeitauflösung, ≈ 1 sec –  Regelmäßige Wartung einfach, aber erforderlich
[15-44] –  Anwendbar für Untersuchungen von Dieselpartikelfiltern.
–  Moderate Kosten.
–  Hoher Dynamikbereich (1: 10.000)
Laser Induzierte –  Hohe  Empfindlichkeit – typisch < 5 µg/m3 Ruß –  sehrhohe Kosten
Glühemission –  Sensor Signal direkt und linear empfindlich auf Ruß Konzentra­ –  Kalibriermethode nicht etabliert
[15-45] tion, minimale Querempfindlichkeit –  Hoher Dynamikbereich nur mit optischen Abschwächern erreich-
–  Gute Zeitauflösung, ≤ 1 sec bar (Einführen von Absorber Filtern)
–  Anwendbar für Untersuchungen von Dieselpartikelfiltern.
Photoelektrischer –  K ompaktes, kostengünstiges System –  Z eitauflösung, ≤ 10 sec
Aerosol Sensor –  Hohe Empfindlichkeit – typisch < 1 µg/m3 Ruß –  Starker Einfluss durch Substanzen mit hoher Photoemission (PAH)
[15-46] –  Empirische Korrelation der elektrischen Signals zur Rußemission
von Dieselmotoren häufig gegeben.
Diffussions La- –  K ompaktes, kostengünstiges System –  Nicht proportional zur Partikelmasse
dungs Sensor –  Misst die aktive Partikeloberfläche (Fuchs’sche Oberfläche) –  Zeitauflösungeinige Sekunden
[15-41] –  Hohe Empfindlichkeit – typisch < 1 µg/m3 Partikel
[15-46] –  In einigen Fällen wurde eine empirische Korrelation des Signals
[15-47] zur Partikelemission von Dieselmotoren gefunden
534 15 Abgasemission von Dieselmotoren

Bild 15-67 Dekati Mass Monitor


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