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Bild 15-1
Zusammenhang von Emission, Trans-
mission, Immission und Wirkung
462 15 Abgasemission von Dieselmotoren
Bild 15-2 Anthropogene Emission nach Verursachern in Deutschland: a Alle Quellen (Quelle: UBA 2003); b Verkehr (Quelle: UBA 2001)
15.1 Allgemeine Zusammenhänge 463
Unter Immission (engl. air quality) verstehen wir die ten, wie Kohlenmonoxid CO, unverbrannte Kohlenwasser-
nach der Transmission sich endgültig einstellende Konzent- stoffe HC, Stickstoffoxide NO, NO2 (NOX), Partikel, Schwe-
ration an einem bestimmten Ort, an dem z. B. Messungen felverbindungen, Aldehyde, Zyanid, Ammoniak, spezielle
an einer Straßenkreuzung vorgenommen werden. Die Im- Kohlenwasserstoffe, wie z. B. Benzol und polyzyklische aro-
mission ist die sich einstellende Belastung des Menschen matische Kohlenwasserstoffe, wie Phenatren, Pyren, Fluoren
oder der Natur durch die Abgasemission und Transmission. [15-3].
Unter Wirkung werden die Folgen der Immission auf die Bild 15-4 zeigt die Rohemission und ihre Zusammenset-
Umwelt, Lebewesen oder Güter verstanden. Die komplexen zung bei realer Verbrennung als Gewichtsanteil dargestellt.
Vorgänge des Emissionstransports führen zu täglichen und Der Schadstoffanteil ist bei Dieselmotoren wesentlich gerin-
jahreszeitlichen Schwankungen des jeweiligen Immissions- ger als bei Ottomotoren, allerdings entstehen beim Diesel-
ergebnisses. Daraus folgt, dass einerseits Grenzwerte für motor aufgrund der inhomogenen Gemischbildung noch
Emissionen von Abgasschadstoffen aus z. B. Fahrzeugen zusätzlich Partikel, d. h. Feststoffe (überwiegend Ruß) und
oder Hausheizungen und andererseits Grenzwerte für die als Kondensat vorliegende Komponenten. Die jeweilige
Luftqualität bzgl. Schwefeldioxid, Partikel, Blei und Ozon Zusammensetzung ist stark vom Betriebspunkt des Motors
[15-2] bestehen. abhängig. Bei Ottomotoren mit Ladungsschichtung, d. h.
Die beim Verbrennungsprozess entstehenden Abgas- inhomogenen Gemischanteilen, ist ebenfalls die Partikel-
schadstoffe können in unschädliche, d. h. unvermeidbare, emission zu berücksichtigen.
natürliche Verbrennungsprodukte, und andererseits in Insgesamt konnten die limitierten, schädlichen Abgas-
schädliche, d. h. limitierte und nicht limitierte Abgaskom- komponenten in den vergangenen Jahren dramatisch redu-
ponenten eingeteilt werden. Bild 15-3 zeigt die Zusammen- ziert werden und die Prognoserechnungen bis zum Jahr
setzung des Abgases bei idealer und vollständiger Verbren- 2020 bestätigen diesen Trend auch für die Zukunft, Bild 15-5.
nung mit reinem Sauerstoff. In diesem Fall entsteht neben Das Bild zeigt deutlich, dass insbesondere für die Stickoxid-
der gewünschten Wärme, die in mechanische Energie im und Partikelemission die dieselmotorisch betriebenen Fahr-
Verbrennungsmotor umgesetzt wird, nur Kohlendioxid und zeuge verantwortlich sind und hierauf die Reduzierungs-
das Verbrennungswasser. Beide Komponenten sind nicht maßnahmen zu konzentrieren sind.
schädliche aber klimarelevante Komponenten. Bei Verbren- Vor dem Hintergrund einer berechneten und mit hoher
nung mit Luft sind unter idealen Bedingungen neben den Wahrscheinlichkeit eintretenden Zunahme der mittleren
bereits erwähnten, nicht schädlichen Komponenten nur Erdtemperatur um etwa 1,5 bis 5 °C bis zum Ende dieses
noch Stickstoff bzw. im Falle des Dieselmotors mit Luftüber- Jahrhunderts werden zukünftig auch die Treibhausgase
schuss zusätzlich Sauerstoff im Abgas zu finden. limitiert werden. Verantwortlich für diesen „Treibhausef-
Bei der tatsächlich realen Verbrennung entstehen jedoch fekt“ sind vor allem Kohlendioxid CO2 und Methan CH4
weitere schädliche und deshalb z. T. limitierte Komponen- (überwiegend aus der Landwirtschaft). Weitere Treibhaus-
Bild 15-3
Abgaskomponenten bei idealer Ver-
brennung
464 15 Abgasemission von Dieselmotoren
gase, wie z. B. die Fluorkohlenwasserstoffe FCKW, Stick- – Erhöhung des Wirkungsgrades bei der Energiewandlung,
stoffdioxid N2O und Schwefelverbindungen haben z. T. ein – Einsatz emissionsreduzierender Kraftstoffe,
deutlich höheres, sog. Global Warming Potential (GWP), – Antriebs- und fahrzeugseitige Verbesserungen (Getriebe-
bezogen auf CO2, aber sie treten in deutlich geringeren Kon- auslegung, Rollwiderstand, Aerodynamik),
zentrationen auf und sind deshalb weniger relevant. – Antriebsenergiemanagement durch Einsatz optimierter
Der Anteil des CO2 an der prognostizierten Tempera- Antriebssysteme (Hybridisierung des Fahrzeugantriebs),
turerhöhung beträgt ca. 65%. Die Entwicklung der globalen – Dynamischer Verkehrslenkung (Verkehrsflusssteuerung
CO2-Emission zeigt Bild 15-6. Der verkehrsbedingte Anteil angepasst an das jeweilige Verkehrsaufkommen) und
liegt je nach Abschätzung zwischen 15 und 20%, Beispiel – Emissions- und verbrauchsarmer Betrieb durch den Fahrer
Bild 15-7. (Fahrerschulung).
Intensive politische und wirtschaftliche Diskussionen und
Anstrengungen werden neben den bereits vorhandenen Transmission und Immission stehen in enger Wechselwir-
Grenzwerten für die Luftqualität (Klimakonferenz, Kyoto- kung. Einflussfaktoren sind:
Protokoll, EU-Gesetze) auch zur Limitierung der CO2- – Lokale Emission,
Emission von Kraftfahrzeugen führen. So ist ein Flotten- – Straßenführung,
CO2-Wert für Pkw von 120 bis 130 g/km bis zum Jahr 2012 – Bebauung,
vorgesehen. – Verkehrsdichte,
Die schädlichen oder klimarelevanten Emissionen lassen – Klimatische Einflüsse:
sich in der Praxis nur durch das Zusammenspiel verschie- – Windstärke,
denster Maßnahmen, einem sog. Integrated Approach, wir- – Windrichtung,
kungsvoll reduzieren. Dies sind z. B.: – Temperatur,
– Festlegungen gesetzgeberischer Maßnahmen (Emissions- – Sonneneinstrahlung.
grenzwerte in Verbindung mit den zugrunde gelegten – Chemisch-physikalische Reaktionen.
Testzyklen),
– Begünstigung umweltfreundlicher Fahrzeuge durch Auf der Basis sog. Ausbreitungsmodelle und unter Berück-
Anreizsysteme; (Steuervorteil, Erhöhung der Attraktivität sichtigung der o. g. Einflussfaktoren lassen sich die zu erwar-
öffentlicher Verkehrsmittel usw.), tenden Immissionen an bestimmten geographischen Orten
– Verringerung der Emissionen am Entstehungsort durch vorausberechnen. Dies ist z. B. wichtig bei der Planung von
verbesserte Verbrennungsprozesse und Abgasnachbehand- neuen Wohngebieten und der damit zusammenhängenden
lung, Straßenführung. Während die Emissionen von Kohlenmon-
15.1 Allgemeine Zusammenhänge 465
Bild 15-5 Emissionsentwicklung, verursacht durch den Straßenverkehr in Deutschland (VDA Jahresbericht 2006)
Bild 15-7 Aufteilung der anthropogenen CO2-Emission auf die Quellen (VDA, 2003)
15.1 Allgemeine Zusammenhänge 467
(PM10, PM = Particulate Matter) wird die Masse aller im Ge RL 96/62/EG und der drei Tochterrichtlinien ist für 2007
samtstaub enthaltenen Partikel bezeichnet, deren aerodyna vorgesehen.
mischer Durchmesser bis zu 10 µm beträgt. Er repräsentiert Grenzwerte ab 1. Januar 2005:
den überwiegend inhalierbaren Anteil an der Gesamtstaub – 50 µg/m³ für den 24-Stunden-Mittelwert von PM10, es
masse. Feinstaub kann natürlichen Ursprungs sein (bei sind 35 Überschreitungen pro Jahr erlaubt,
spielsweise als Folge von Bodenerosion) oder durch mensch – 40 µg/m³ für den Jahresmittelwert von PM10.
liches Handeln (anthropogen) hervorgerufen werden. Fein Grenzwerte ab 1. Januar 2010:
staub entsteht aus Energieversorgungs- und Industrieanla – weiterhin 50 µg/m³ für den 24-Stunden-Mittelwert von
gen, aus stationären Feuerungsanlagen, bei der Metall- und PM10, es sind jedoch nur noch 7 Überschreitungen pro
Stahlerzeugung oder beim Umschlagen von Schüttgütern. In Jahr erlaubt,
Ballungsgebieten ist der Straßenverkehr oft die dominie – 20 µg/m³ für den Jahresmittelwert von PM10.
rende Staubquelle.
Als Bezeichnungen, die allerdings im Schrifttum nicht Die in der Tochterrichtlinie festgelegten Grenzwerte ba
einheitlich verwendet werden, sind in Gebrauch: sieren auf Arbeiten der WHO und liegen i. d. R. deutlich
Schwebstaub Teilchen bis zu einem dAero von unter den Werten früherer Regelungen. So ersetzen bei
(Total Suspended rund 30 µm (Gesamtstaub, alle luft- den Partikeln die neuen Grenzwerte für Feinstaub (PM10)
Particulates, TSP): getragenen Partikel) die bisherigen Grenzwerte für Gesamtschwebstaub (TSP,
Feinstaub (PM10): Teilchen, die einen größenselektie mit Partikeldurchmessern bis 40 µm). Mit der 22. Bundes-
renden Lufteinlass passieren, der Immissionsschutz-Verordnung (22. BimSchV, vom 11. 09.
für dAero = 10 µm einen Abscheide 2002), [15-2], wurden die Luftqualitäts-Rahmenrichtlinie
grad von 50% aufweist und die ersten beiden Tochterrichtlinien in deutsches Recht
Grobe Partikel: Teilchen größer als 2,5 µm umgesetzt.
(und kleiner als 10 µm Üblicherweise unterscheidet man zwischen anthropo
(im englischsprachigen Raum genen (von Menschen verursachten) und natürlichen Quel
„coarse fraction“) len. Beide Quellen lassen sich in primäre und sekundäre
Feine Partikel Teilchen, die einen größenselektie- Quellen unterteilen.
(PM2.5): renden Lufteinlass passieren, der Bei primären anthropogenen Quellen entstehen die
für dAero = 2,5 µm einen Abscheide Staubteilchen unmittelbar in diesen Quellen und werden
grad von 50% aufweist von ihnen frei gesetzt. Hierzu zählen ortsfeste (stationäre)
Ultrafeine Partikel Teilchen kleiner als 100 nm Quellen, wie Verbrennungsanlagen zur Energieversorgung
(PM0.1): (Kraftwerke und Fernheizwerke), Abfallverbrennungsanla
Nanopartikel: Teilchen kleiner als 50 nm gen, Hausbrand (Gas, Öl, Kohle u. a. feste Brennstoffe),
Industrieprozesse (z. B. Metall-, Stahlerzeugung, Sinteranla
Die Partikelfraktion PM2.5 wird auch als lungengängiger gen), Landwirtschaft und der Schüttgutumschlag.
Feinstaub bezeichnet. Mobile Quellen, wie der Straßenverkehr, z. B. Diesel-Nkw
Der aerodynamische Durchmesser dAero eines Teilchens und Diesel-Pkw, sind vor allem in Ballungsgebieten die
beliebiger Form, chemischer Zusammensetzung und Dichte dominierenden Quellen. Zu den Rußpartikeln aus dem Aus
ist gleich dem Durchmesser einer Kugel mit der Dichte ein puff sind beim Straßenverkehr zusätzlich der Abrieb der
Gramm pro Kubikzentimeter (1 g/cm³), welche in ruhender Reifen, Bremsen und Kupplungsbeläge sowie der wieder
oder wirbelfrei strömender Luft die gleiche Sinkgeschwin aufgewirbelte Straßenstaub als sog. diffuse Emissionen zu
digkeit hat wie das betrachtete Teilchen. berücksichtigen. Der Schienenverkehr, die Schifffahrt (mit
In der Europäischen Union sind mit der Luftqualitäts- Dieselmotoren) und der Luftverkehr sind weitere mobile
Rahmenrichtlinie (96/62/EG, über die Beurteilung und die Quellen mit nennenswertem Staub-Ausstoß.
Kontrolle der Luftqualität), die mit der sog. „1.Tochterricht Bei den sekundären anthropogenen Quellen werden
linie“ (1999/30/EG, über Grenzwerte für Schwefeldioxid, reaktionsfähige Gase freigesetzt (u. a. Schwefel- und
Stickstoffdioxid und Stickstoffoxide, Partikel und Blei in der Stickstoffoxide, Ammoniak), die sich über Reaktionen in
Luft) konkretisiert wurde, strenge Grenzwerte für die Luft der Atmosphäre in sekundäre Staubteilchen umwandeln.
qualität festgelegt worden. Diese Grenzwerte (Immissions Dazu zählen u. a. Ammoniumsulfate und Ammoniumnit
werte) besitzen rechtsverbindlichen Charakter, d. h. sie rate, die sich an bereits in der Atmosphäre befindlichen
„... dürfen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwir feinen Teilchen anlagern und so die Sekundäraerosole bil
kungen nicht überschritten werden“. Eine Novellierung der den.
468 15 Abgasemission von Dieselmotoren
Bild 15-8 Entwicklung des Staubausstoßes in Deutschland von 1990 bis 2002 (Quelle: UBA 2004)
Zu den natürlichen Quellen zählen Vulkane, Meere (See- – nicht enthalten sind:
salzaerosole), Waldbrände und biologisches organisches sowohl die Aufwirbelung und der Abrieb von der Straßen-
Material (z. B. Pflanzenpollen). Diese Teilchen können über oberfläche durch den Straßenverkehr als auch der erheb-
größere Entfernungen aus der ursprünglichen Quellregion liche Abrieb der Reifen und Bremsen.
verfrachtet werden und so einen Beitrag zum Ferntransport
leisten. Verweildauer in der Atmosphäre und möglicher Der Anteil der Dieselrußpartikel am Feinstaub ist schwer ab-
Transportweg werden durch die Teilchengröße entscheidend zuschätzen. Lokal in städtischen Gebieten mit hohem Ver-
bestimmt. So können kleine Teilchen innerhalb von weni- kehrsaufkommen kann der Anteil relativ hoch sein. Dort
gen Tagen über einige tausend Kilometer transportiert wer- ergreifen die Behörden Maßnahmen gegen den erhöhten
den. Ein Beispiel ist der Saharastaub, der – je nach Wind- Verkehr mit hohem Dieselrußausstoß. Weiterhin wird durch
richtung – bis nach Europa oder Amerika gelangen kann. strengere Emissionsgrenzwerte (Euro 5 und 6) und steuer-
Der Staubausstoß in Deutschland hat sich in den letzten liche Anreize die Ausrüstung der Dieselfahrzeuge mit Diesel-
15 Jahren drastisch verringert. Beachtet werden muss dabei, partikelfiltern beschleunigt.
dass bis 2001 überwiegen der Gesamtstaub gemessen wurde. Gezeigt wird in Bild 15-9 eine Quellenanalyse vom PM10
Bild 15-8 zeigt die Entwicklung des Staubausstoßes mit fol- an einer verkehrsbelasteten Messstation in Berlin. Zu beachten
genden Randbedingungen: ist, dass dem Straßenverkehr 49% der Gesamtstaubbelastung
– Enthalten sind: anzulasten ist, jedoch nur 11% aus dem Auspuff der Fahrzeuge
Emissionen aus verkehrsbedingten und nicht verkehrs- des örtlichen Verkehrs stammen (etwa 8% Lkw, 3% Pkw).
bedingten Verbrennungsvorgängen, aus Industrieprozes- Nachdem verschiedene Studien gezeigt haben, dass Fein-
sen und Schüttgutumschlag. staub gesundheitsgefährdend ist, wurden entsprechend der
15.1 Allgemeine Zusammenhänge 469
Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) In den vergangenen Jahren gab es immer mehr Hinweise
Regelungen zur Reduzierung getroffen. darauf, dass es – im Gegensatz zu früheren Annahmen – bei
Ultrafeine Partikel haben nur geringe Massenanteile an Schwebstaub keine Schwelle gibt, ab der sich der Staub nega-
PM (wenige Prozent), weisen jedoch wegen ihrer großen tiv auf die Gesundheit auswirkt.
Anzahl (bis zu 90%) eine erhebliche Teilchenoberfläche auf. Befunde aus Kohortenstudien zeigen, dass infolge der
An dieser können sich schädliche Stoffe (zum Beispiel Inhalation von Feinstaub mit einer Verkürzung der Lebens-
Schwermetalle oder organische Stoffe, wie polyzyklische erwartung der Bevölkerung zu rechnen ist [15-5]. Derartige
aromatische Kohlenwasserstoffe oder Dioxine) anlagern. Studien sind jedoch nicht unumstritten.
Der Ruß aus dem Auspuff von Dieselfahrzeugen besteht
auch aus ultrafeinen Teilchen. Stickoxide NOX
Schwebstaubteilchen können als Fremdkörper dort, wo
sie im Körper abgelagert werden, eine Reizwirkung aus- Während im Brennraum beim Verbrennungsvorgang über-
üben, die zu entzündlichen Veränderungen führt. Je kleiner wiegend NO (ca. 60 bis 90%) und wenig NO2 entstehen, die
die Partikel sind, desto weiter können sie in die Atemwege als Gemisch betrachtet und mit NOX bezeichnet werden, ist
vordringen. Partikel über 10 µm Teilchengröße kommen für die Lufthygiene als Immission ausschließlich NO2 rele-
kaum über den Kehlkopf hinaus, nur ein kleiner Teil davon vant. NO2 wird gezielt beim Dieselmotor in den Katalysa-
kann die Bronchien und die Alveolen erreichen. Für Teilchen toren aus NO erzeugt und zur Oxidation der Rußpartikel wie
unter 10 µm und besonders für diejenigen unter 2,5 µm ist auch zur effizienten Reduzierung in DENOX-Systemen ein-
dies jedoch möglich. Ultrafeine Partikel, also solche, deren gesetzt. In der Luft wird NO zu NO2 oxidiert. Es handelt sich
Teilchengröße unter 0,1 µm liegt, können sogar über die dabei um ein Gas, das zu Schleimhautreizungen führt und in
Lungenbläschen in die Blutbahn vordringen und sich über Verbindung mit Feuchtigkeit ätzende Wirkung hat (saurer
den Blutweg im Körper verteilen. Regen). Besonders unter körperlicher Anstrengung führt es
470 15 Abgasemission von Dieselmotoren
bei Asthmatikern zu erhöhten körperlichen Belastungen. (Ozonloch). Abgasemissionen haben keinen Anteil daran.
Auf die Pflanzen wirkt NO2 „düngend“, d. h. wachstumsför Nach jüngsten Berechnungen wird bis etwa 2040/2050
dernd. dieses Ozonloch wieder geschlossen sein.
Nach [15-2] wird im Jahr 2010 in der EU ein Grenzwert b) Das bodennahe Ozon: Es wird als Sommersmog bei starker
von 40 µg/m2 NO2-Konzentration in der EU gelten. Sonneneinstrahlung aus dem Luftsauerstoff unter
Bild 15‑10 zeigt die aktuelle NO2-Konzentration, die seit Einwirkung von Photooxidantien (NOX, VOC, CO)
etwa 1997 unabhängig vom Ort konstant geblieben ist. Um gebildet und ist giftig, daher unerwünscht. Da diese
den genannten Grenzwert zu erreichen, sind erhebliche Vorläufersubstanzen z. T. aus den Kfz-Abgasen stammen,
Anstrengungen in allen Bereichen, d. h. nicht nur im Ver werden ab bestimmten O3-Konzentrationen Informatio
kehrsbereich, notwendig. nen bis zu Fahrverboten an die Verkehrsteilnehmer
gegeben, um den Kfz-Verkehr zu reduzieren. Stickoxide
Ozon O3 initiieren einerseits die O3‑Bildung, fördern andererseits
aber auch seinen Zerfall. So kann sich durchaus in
Beim Ozon sind zwei Wirkungsbereiche zu unterscheiden: ländlichen Gegenden eine höhere Ozon-Konzentration als
a) Die Ozonschicht: In einer Höhe von 30 bis 40 km in verkehrsreichen Stadtgebieten einstellen.
(Stratosphäre) wirkt Ozon als Filter gegen die harte UV-
Strahlung (UV-C und UV-B) und ist daher lebenswichtig. Ozon ist ein Reizgas und kann den Sauerstofftransport
In den letzten 20 Jahren konnte eine zunehmende Aus verändern. Es reduziert die Resistenz gegen Virusinfek
dünnung der Ozonschicht beobachtet werden, verursacht tionen, das pflanzliche Wachstum und beeinflusst die At
durch FCKW und Halone. Besonders im Frühling mung.
(September, Oktober) kommt es über der Antarktis zu
einer dramatischen Reduzierung der O3-Konzentration
Bild 15-12 Verfahren zur Bestimmung der Emission von periodisch regenerierenden Systemen
15.2 Abgasgesetzgebung 475
HC CO NOx PM
[g/km] [g/km] [g/km] [g/km]
Emissionen im 10.15-Mode
Long Term Targets seit 2004 0,12 0,63 0,28 0,052
(0,24) (0,98) (0,43) (0,11)
Emission im 11-/10.15-Mode
ab 2008:Emissionen im JC08-/10.15-mode
New Long Term Targets ab 1.9.2007 0,024 0,63 0,14 0,013
(0,032) (0,84) (0,20) (0,017)
Emissionen im JC08-/10.15-mode
Emissionen im JC08-/JC08-mode
Post New Long Term Targets ab ca. 2010 0,024 0,63 0,08 0,005
(0,032) (0,84) (*) (*)
Klammerwerte gelten für Kleinserien bis max. 2000 Fahrzeuge pro Typ und Kalenderjahr
* Grenzwerte sind noch nicht festgelegt
von Otto- und Diesel-Fahrzeugen. Die Einführungstermine 15.2.2 Abgasgesetzgebung für Nutzfahrzeugmotoren
sind zeitversetzt für Fahrzeuge aus japanischer Produktion
und Importfahrzeugen. Diese Praxis ist aber für die Zukunft 15.2.2.1 Prüfmodus und Abgasgrenzwerte
noch nicht festgeschrieben. Außerdem werden auch zwei
verschiedene Grenzwertsätze definiert, einer für Großserien Die Typenvielfalt der Nutzfahrzeuge, ihre Entwicklung zum
und der andere für Kleinserien bzw. geringe Importstück Komponenten-Truck sowie der Reifen- und Bremsenver
zahlen (max. 2000 Fahrzeuge pro Typ und Kalenderjahr), schleiß beim Rollenprüfstandsbetrieb haben für schwere
Tabelle 15‑5. Nutzfahrzeuge weltweit zu Emissionsprüfungen auf Motor
prüfständen geführt. Dabei erfolgt die Einteilung der Klassen
On-Board Diagnose (OBD) in der Europäischen Union wie in Tabelle 15‑6 dargestellt.
Da nicht jedes Einsatzprofil eines Motors geprüft werden
Um die Funktion der emissionsmindernden Bauteile auch kann, ist es erforderlich, den Motor in einem möglichst
im Betrieb des Fahrzeuges überwachen zu können, fordert typischen Prüfzyklus zu betreiben, um die Emissionen zu
der Gesetzgeber die sog. on‑board Diagnose. Diese Anforde bewerten und um den Zertifizierungsaufwand in Grenzen
rung wurde erstmalig in Kalifornien in 1988 mit der OBD I zu halten. Bei der Prüfung werden die Emissionen der fol
gestellt. Die aktuelle Version der Diagnose ist nun die OBD II genden Komponenten gemessen:
für Kalifornien. In der EU wurde die on‑board Diagnose mit – Stickoxide (NOX),
der Euro 3-Gesetzgebung ab dem Jahr 2000 eingeführt – Kohlenwasserstoffe (HC),
(EOBD). Die Aufgabe der OBD ist es, den Fahrer über Fehl – Kohlenmonoxid (CO),
funktionen oder gar Ausfälle von emissionsrelevanten Bau – Partikel (PM),
teilen durch eine optische Warnanzeige zu informieren. Die – sichtbare Emission (Abgastrübung).
erkannten Fehlfunktionen werden in einen Fehlerspeicher
eingetragen und können über eine genormte Schnittstelle Die in den verschiedenen Ländergruppen festgelegten Ab
mit einem externen Diagnosetool ausgelesen werden. Die gasgrenzwerte sind tabellarisch dargestellt, Tabelle 15‑7 und
OBD für USA und Europa unterscheiden sich im Wesentli 15‑8. Aus allen länderspezifischen Gesetzgebungen ist ein
chen durch die Überwachungsparameter und die Höhe des deutlicher Trend zu niedrigen Abgasgrenzwerten festzu
Emissionsschwellwertes, ab welchem eine Fehlfunktion an stellen. Die Grenzwertschärfe der einzelnen Länder ist nicht
gezeigt wird. direkt vergleichbar, da die Motoren auf den jeweiligen Prüf
zyklus abgestimmt werden müssen.
476 15 Abgasemission von Dieselmotoren
Tabelle 15-6 Fahrzeugklassen nach RREG 70/156/EWG1 für dieselgetriebene Fahrzeuge. Prüfandorderungen für gasförmige Emissionen und Partikel
Personenbeförderung Güterbeförderung
Klasse Sitzplätze2 zul. Gesamtgewicht Testzyklus Klasse zul. Gesamtgewicht Testzyklus
M1 ≤8 ≤3,5 t EUDC3 N1 ≤3,5 t Wahlweise EUDC3
>3,5 t ESC; ELR; ETC; ECE-R 49 oder ECE-R 49; ESC, ELR; ETC
M2 >8 ≤5 t ECE-R 49 N2 ≤3,5 t… ≤12 t ECE-R 49 (EUDC)4
ESC; ELR; ETC (EUDC)4
M3 >8 >5 t ECE-R 49 N3 ≤12 t ECE-R 49
ESC; ELR; ETC ESC; ELR; ETC
1 EUDC (ECE-R49) gültig für Straßenfahrzeuge mit mindestens 4 Rädern und einer Höchstgeschwindigkeit von mehr als 50 (25) km/h (ohne Arbeitsmaschinen).
2 Ohne Fahrer.
3 EUDC: Neuer Europäischer Rollen-Zyklus bis 120 km/h nach RREG 70/220/EWG.
4 Rollentest kann für M2- und N2-Fahrzeuge dann erfolgen, wenn Bezugsmasse 2840 kg nicht übersteigt.
ESC: European Steady Cycle.
ETC: European Transient Cycle.
ELR: European Load Responsetest.
Tabelle 15-7 Entwicklung der Grenzwerte gas- und partikelförmiger Emissionen dieselbetriebener Nutzfahrzeuge über 3,5 t in der EU
Nachfolgend werden die wichtigsten Prüfverfahren lichen Betriebshäufigkeiten konzentrieren sich auf den Be
beschrieben. reich hoher Drehzahlen. Die aus Verbrauchsgründen häufig
gefahrene Drehzahl des maximalen Drehmomentes ist nur
15.2.2.2 Amerikanischer Prüfzyklus sehr wenig berücksichtigt, weshalb sich die europäische Ge
setzgebung dem US-FTP bisher nicht anschließen konnte.
In den USA ist seit 1985 ein dynamisches Prüfverfahren für Die Tatsache, dass durch den Prüfzyklus die Fahrereig
Nutzfahrzeugmotoren vorgeschrieben, Bild 15‑13. Der Prüf nisse im realen Fahrbetrieb nicht erfasst werden, wurde
zyklus (US-FTP) ist in normierter Form (Drehzahl, Dreh dazu genutzt, die Applikation so durchzuführen, dass zu
moment) vorgegeben, dauert 20 Minuten und wird zweimal Lasten der NOX-Emission günstige Kraftstoffverbräuche im
gefahren (Kalt- und Heißtest). Für das Endergebnis wird der Feld erreicht werden. Dieser Missbrauch (cycle beating)
Kalttest mit 1/7, der Heißtest mit 6/7 gewichtet. Die wesent führte zu einer deutlichen Verschärfung der US Gesetzge
15.2 Abgasgesetzgebung 477
Ein europäischer Prüfzyklus wurde durch die UN Wirt Die Prüfzyklen in USA, Europa und Japan unterscheiden
schaftskommission für Europa (ECE) mit Sitz in Genf erst sich signifikant in ihren jeweiligen Betriebsbereichen,
mals 1982 im Rahmen der Regelung ECE R49 eingeführt. Bild 15‑23. Mit immer schärferen und sich weiter annä
Dieser Zyklus ist seit dem Jahre 2000 nicht mehr gültig. hernden Grenzwerten bedeutet das für einen weltweit täti
478 15 Abgasemission von Dieselmotoren
Bild 15-13
Drehmoment und Drehzahlverlauf im
USA-Transient-Testzyklus für Nfz-Die-
selmotoren
Bild 15-15
USA-Rauchtest
Bild 15-16
ESC (European
Stationary Cycle)
480 15 Abgasemission von Dieselmotoren
Bild 15-19
ETC (European Transient Cycle)
15.2 Abgasgesetzgebung 481
gen Nfz-Hersteller einen unverhältnismäßig hohen Entwick- ist wesentlich komplexer als bisher, wodurch das Risiko
lungsaufwand für die prinzipiell gleiche Abgastechnologie. einer Umgehung des Zyklus (sog. cycle bypass) minimiert
Auf Anregung der europäischen Nutzfahrzeugindustrie wird. Zusätzlich gibt es auch einen Stationärtest WHSC, da
hat deshalb die UN Wirtschaftskommission für Europa sich die Kombination von Transient- und Stationärtest
(ECE) im Jahre 1997 die Entwicklung eines Welt-Testzyklus inzwischen weltweit durchgesetzt hat.
für die Zertifizierung schwerer Nfz-Motoren übernommen.
Dieser Zyklus wurde 2006 als globale Richtlinie (gtr = global 15.2.2.6 Neue Elemente der Abgasgesetzgebung
technical regulation) verabschiedet und soll zu einer welt-
weiten Harmonisierung der Prüfprozeduren und Messtech- Bis zum Ablauf der Abgasstufe Euro III bestand die Abgasge-
niken führen. Für Europa ist der Einsatz frühestens mit setzgebung im Wesentlichen nur aus Testzyklus und dem
Euro VI im Jahre 2012 zu erwarten. Der Zyklus wurde aus jeweiligen Abgasgrenzwert. Ab Euro IV (2005) wird in der
Fahrdaten von über 80 Fahrzeugen weltweit entwickelt und EU erstmals das bereits von Pkw bekannte OBD (On-Board
ist ein Kompromiss aus europäischen, japanischen und Diagnose) System für Nfz verbindlich. Bei fehlerhaftem Ab-
amerikanischen Fahrprofilen, Bild 15-24. Er ist damit nicht gassystem wird der Fahrer durch eine Diagnoselampe darauf
repräsentativ für einen bestimmten Fahrzeugeinsatz (z. B. hingewiesen, eine Werkstätte zur Reparatur aufzusuchen.
Fernverkehr), ermöglicht aber die Entwicklung und Ver- Auch auf diesem Gebiet wurde durch die ECE bereits eine
wendung von effizienter Abgastechnologie für alle Be- globale Regelung (WWH-OBD) erarbeitet, die in 2006 ver-
reiche. abschiedet und voraussichtlich ab 2010 weltweit zur Anwen-
Wie bei US-FTP und ETC ist der transiente Prüfzyklus dung kommen wird.
(WHTC) in normierter Drehzahl und normiertem Dreh- Ein weiterer zentraler Punkt zukünftiger Abgasrege-
moment festgelegt, Bild 15-25. Der Hauptdrehzahlbereich lungen ist die Überwachung der Emissionen im Feld (In-
ist deutlich zu niedrigen Drehzahlen verschoben, die man Use Compliance). Hier wird das Nfz neue Wege gehen. Da
auch im tatsächlichen Fahrbetrieb findet. Die Normierung der Testzyklus auf den Motor bezogen, ein Ausbau des
Motors für die Prüfung aber unzweckmäßig ist, wird die Die von den Motoren einzuhaltenden Grenzwerte sind
Emission mit Hilfe portabler Abgasmessgeräte (PEMS = nicht Gegenstand der Norm, sondern werden von entspre
Portable Emissons Measurement System) direkt im realen chenden Gremien erarbeitet und dem Gesetzgeber zugeleitet.
Betrieb des Fahrzeuges gemessen. Die Ausführungsbestim
mungen sind zurzeit in Diskussion, die Einführung ist in 15.2.3.1 Stationäre Motoranlagen –
USA ab 2007, in Europa ab 2008 vorgesehen. Technische Anleitung Luft
Testzyklus Anwendungsbeispiele
C1 Off-Road Dieselmotor Baumaschinen, Landwirtschaftliche Geräte, Materialtransport
C2 Off-Road Ottomotor Baumaschinen, Landwirtschaftliche Geräte, Materialtransport
D1 Konstantdrehzahl Kraftwerke, Bewässerungspumpen
D2 Konstantdrehzahl Gas Kompressoren, Generatoren
E1 Marine Schiffe mit Dieselmotor unter 24 m Länge
E2 Marine Seeschiffe mit Konstantdrehzahl
E3 Marine Seeschiffe mit Propellerkurve
E4 Marine Sportboote mit Ottomotor unter 24 m Länge
E5 Marine Schiffe mit Dieselmotor unter 24 m Länge (Propellerkurve)
F Bahn Lokomotiven, Triebwagen, Rangierlokomotiven
G1 Kleinmotoren (Rasenmäher usw.) Zwischendrehzahlanwendungen
G2 Kleinmotoren Nenndrehzahlanwendungen
G3 Kleinmotoren Handgehaltene Geräte
sprechende Maßnahmen weiter zu senken (s. TA Luft 2002). Die Abgas-Grenzwerte sind abhängig von der Motorleis
Die jeweiligen Grenzwerte sind auf einen Sauerstoffgehalt tung festgelegt. Nach langen Verhandlungen ist es gelungen,
im Abgas von jeweils 5 Vol% zu beziehen. Testzyklen und Grenzwerte weltweit in hohem Umfang zu
Die Messung der Staubemissionen hat nach der VDI 2066 harmonisieren. Für Motoren in mobilen Maschinen und
emissionsnah, d. h. im heißen Abgas, zu erfolgen, während Traktoren gelten die in Tabelle 15‑12 angegebenen Grenz
sich die für Nutzfahrzeugmotoren und mobile Maschinen werte [15‑8], [15‑9].
vorgeschriebene Messung der Partikelemission auf eine
Verdünnung des Abgases bezieht. 15.2.3.3 Schiffsmotoren
Die in Tabelle 15‑11 angegebene thermische Leistung (Pth
in [MWth]) bezieht sich auf den gesamten Brennstoffdurch Die Zentralkommission für die Rheinschifffahrt (ZKR) hat
satz der jeweiligen Anlage. ein neues Kap. 8a „Emissionen von gasförmigen Schadstoffen
und luftverunreinigenden Partikeln aus Dieselmotoren“ in
15.2.3.2 Mobile Maschinen und Traktoren die Rheinschiffsuntersuchungsordnung (RheinSchUO) auf
genommen, das in der ersten Stufe am 1.1.2002 in Kraft ge
Mobile Maschinen umfassen Anwendungen wie Radlader, treten ist, Tabelle 15‑13. Die Stufe II folgt ab dem 1.7.2007.
Bagger, Gabelstapler, Straßenbearbeitungsgeräte u. ä. Der Auch die europäische Kommission hat ihre Abgasrichtli
Zyklus nach Typ C1 wird verwendet, wenn in diesen Anwen nie 97/68/EG in der Änderung 2004/26/EG um Anforde
dungen Dieselmotoren eingesetzt werden. rungen für Binnenschiffsmotoren erweitert. Da das Technolo
Tabelle 15-11 TA Luft - Grenzwerte für stationäre Verbrennungsmotoren ≥ 1 MWth (für Deponiegas besteht keine Leistungsgrenze) in mg/m3
Staub 201)
SO2 Abhängig vom Kraftstoff, z. B. 350 bei Biogas oder Klärgas
Formaldehyd 60
Gesamt-C –
Chlor, Fluor, Halogene 3%
CO2) 3) a) Selbstzündungsmotoren und Fremdzündungsmotoren mit flüssigen Brennstoffen, Selbst- 300
zündungsmotoren (Zündstrahlmotoren) und Fremdzündungsmotoren mit gasförmigen
Brennstoffen (ausgenommen Bio-, Klärgas oder Grubengas)
b) Fremzündungsmotoren mit Bio- oder Klärgas4) < 3 MWth 10003) ≥ 3 MWth 650
c) Fremdzündungsmotoren mit Grubengas 650
c) Fremdzündungsmotoren mit Grubengas < 3 MWth 20003) ≥ 3 MWth 650
NOx3) a) Selbstzündungsmotoren mit flüssigen Brennstoffen < 3 MWth 1000 ≥ 3 MWth 500
b) Gasbetriebene Selbstzündungsmotoren (Zündstrahlmotoren) und Fremdzündungsmotoren
- Zündstrahlmotoren mit Bio- oder Klärgas < 3 MWth 1000 ≥ 3 MWth 500
- Magergasmotoren und andere 4-Takt-Ottomotoren mit Bio- oder Klärgas 500
- Zündstrahlmotoren und Magergasmotoren mit sonstigen gasförmigen Brennstoffen 500
c) Sonstige 4-Takt-Ottomotoren 250
d) Zweitaktmotoren 800
1) 80 mg/m3 bei ausschließlichem Notantrieb oder bis zu 300 Stunden zur Abdeckung der Spitzenlast bei der Stromerzeugung
2) Deponiegas z. Zt. allgemein 650 mg/m3
3) Emissionswerte finden keine Anwendung bei ausschließlichem Notantrieb oder bis zu 300 Stunden zur Abdeckung der Spitzenlast bei der Stromerzeugung
4) Bei Fremdzündungsmotoren mit Grubengas 650 mg/m3
Tabelle 15-13 Abgasgrenzwerte für Binnenschiffe nach der RheinSchUO in Abhängigkeit von Nennleistung PN und Nenndrehzahl nN
Stufe I:
Nennleistung PN [kW] CO [g/kWh] HC [g/kWh] NOx [g/kWh] PM [g/kWh]
37 ≤ PN < 75 6,5 1,3 9,2 0,85
75 ≤ PN < 130 5,0 1,3 9,2 0,70
PN ≥ 130 5,0 1,3 nN ≥ 2800 1/min = 9,2 0,54
500 ≤ nN < 2800 1/min = 45 nN–0,2
Stufe II:
PN [kW] CO [g/kWh] HC [g/kWh] NOx [g/kWh] PM [g/kWh]
18 ≤ PN < 37 5,5 1,35 8,0 0,8
37 ≤ PN < 75 5,0 1,3 7,0 0,4
75 ≤ PN < 130 5,0 1,0 6,0 0,3
130 ≤ PN < 560 3,5 1,0 6,0 0,2
PN ≥ 560 3,5 1,0 nN ≥ 3150 min–1 = 6,0 0,2
343 ≤ n < 3150 min–1 = 45 x nN(–0,2) – 3
n < 343 min–1 = 11,0
gieniveau zwischen EU- und ZKR-Vorschrift nahezu gleich wegen des finanziellen Ungleichgewichts zwischen zusätz
ist, ist eine gegenseitige Anerkennung der Vorschriften (EU lichen Betriebskosten und möglicher Gebührenermäßigung
vs. ZKR) sichergestellt. nicht ein.
Die IMO (International Maritime Organization) hat für
Schiffsdieselmotoren mit einer Leistung > 130 kW ab 15.3 Schadstoffe und ihre Entstehung
1.1.2000 Grenzwerte für die NOX-Emissionen festgelegt,
Tabelle 15‑14 [15‑10] bzw. Bild 15‑26. Es ist geplant, die Bei der ideal verlaufenden motorischen Verbrennung von
abhängig von Einsatz (Hauptantrieb oder Hilfsmotor) und Kohlenwasserstoffen (HC: Hydrocarbons) entstehen neben
Betriebsweise (konstante Drehzahl oder Propellerantrieb) der gewünschten Wärmeenergie als Produkte lediglich Was
nach den in Bild 15‑27 angegebenen Testzyklen ermittelten ser (H2O) und Kohlendioxid (CO2), wobei deren Mengen
Grenzwerte später an die weitere technische und umwelt- verhältnis vom H:C-Verhältnis des Kraftstoffs abhängt. So
politische Entwicklung anzupassen. wohl Diesel- als auch Ottokraftstoff können mit der Sum
Seit dem 1. Januar 1998 erhebt Schweden emissionsab menformel CxHy beschrieben werden, der ideale stöchiome
hängig Hafengebühren in Anlehnung an den IMO-Code trische Verbrennungsprozess liefert dann
[15‑11]. Der dadurch erhoffte Anreiz zum Einsatz einer
emissionsmindernden Abgasnachbehandlung trat jedoch . (15-1)
Bild 15-26
IMO-Grenzkurve für die NOx Emission
von Schiffsdieselmotoren mit
Pn > 130 kW und Testergebnissen
nach CLEAN
Bild 15-28
Schadstoffkonzentrationen im Abgas
eines Dieselmotors bei Variation des
Luftverhältnisses λ (nach [15‑14])
serstoffen (HC) hauptsächlich Kohlenmonoxid (CO) durch wird im Folgenden detaillierter auf die Entstehung der ver
unvollständige Verbrennung. Grund für die unvollständige schiedenen Schadstoffe eingegangen.
Verbrennung ist ein Erlöschen der Flammenfront an der
kalten Brennraumwand oder in Quetschspalten. Bei inho 15.3.1 Stickoxide (NOX)
mogenen Brennverfahren mit λ > 1, der typischen diesel
motorischen Verbrennung, aber auch bei geschichtet betrie Von den unterschiedlichen Stickstoffoxiden (NO, NO2, N2O,
benen Ottomotoren mit Direkteinspritzung, entsteht als N2O3, N2O5) werden in nennenswerter Menge lediglich die
weiterer Schadstoff Ruß, Bild 15‑28. Verbindungen NO und NO2 (Stickstoffmonoxid und Stick
Die Hauptvorteile des Dieselmotors – geringer Verbrauch, stoffdioxid) erzeugt. Abkürzend für die Summe von NO und
hohes Drehmoment bei niedriger Drehzahl – entfalten sich NO2 wird häufig die Bezeichnung NOX (Stickoxide) verwen
gerade bei abgasturboaufgeladenen Motoren mit Direktein det.
spritzung. Dieses Brennverfahren ist gekennzeichnet durch Der wichtigste Entstehungsmechanismus von NOX ist die
örtlich stark schwankende Luftverhältnisse. Im Inneren der Bildung von thermischem NO, wie sie von Zeldovich 1946
einzelnen Flammen, die sich um die Einspritzstrahlen aus erstmals beschrieben wurde [15-13]. Im Einzelnen treten
bilden, besteht Luftmangel (λ << 1), zwischen den Ein folgende Elementarreaktionen auf:
spritzstrahlen und an der Brennraumwand besteht Luft
überschuss (λ >> 1). Ruß entsteht in Bereichen von Luft O2 ⇔ 2 · O (15-2)
mangel, Stickstoffoxide entstehen hauptsächlich direkt hin
N2 + O ⇔ NO + N (15-3)
ter der lokal sehr heißen Flammenfront. Die Entstehung der
beiden Hauptschadstoffe bei der dieselmotorischen Ver O2 + N ⇔ NO + O (15-4)
brennung ist also direkt an das Brennverfahren gekoppelt.
Die kontinuierliche Absenkung dieser Schadstoffe, bei OH + N ⇔ NO + H (15-5)
gleichzeitig stetiger Verbrauchsabsenkung und Leistungsop
timierung, ist unverändert der Fokus der Entwicklung von Die Gleichungen (15-3) und (15-4) beschreiben die Zeldo
Dieselmotoren bis in die heutige Zeit [15‑12]. Bevor in vich-Kettenreaktion: Bei Vorhandensein von elementarem
Abschn. 15.4 innermotorische Maßnahmen und in Sauerstoff (O) entsteht NO und N aus N2. Im folgenden
Abschn. 15.5 nachmotorische Maßnahmen (Abgasnachbe Schritt reagiert der entstandene molekulare Stickstoff (N)
handlung) zur Emissionsminderung beschrieben werden, mit O2 zu NO und O, womit der Kreislauf geschlossen ist
15.3 Schadstoffe und ihre Entstehung 491
und die Reaktionskette von vorne beginnt. Gl. (15-5) durch spätes Einspritzen und Verbrennung nach OT ande
beschreibt die NO Entstehung in brennstoffreichen Zonen, rerseits, begrenzt werden. Abgasrückführung senkt das
wie sie hinter der Flammenfront anzutreffen sind. Sauerstoffangebot, wodurch zum einen die NOX-Entstehung
Das Vorhandensein von atomarem Sauerstoff, welcher bei direkt reduziert wird. Gleichzeitig wird durch die geringere
Temperaturen oberhalb von 2200 K aus molekularem Sauer Sauerstoffkonzentration die Brenngeschwindigkeit redu
stoff entsteht Gl. (15-2), ist Grundbedingung für den Start ziert, was seinerseits die lokalen Spitzentemperaturen
der Zeldovich-Reaktionen nach Gl. (15-3) und (15-4). Eine begrenzt. Eine weitere Reduktion der lokalen Spitzentempe
der Voraussetzungen für die NO Entstehung sind also hohe raturen bei Abgasrückführung wird durch die höhere spezi
Spitzentemperaturen, wobei explizit darauf hingewiesen fische Wärmekapazität der dreiatomigen Gase (CO2 und
werden soll, dass es sich hierbei um lokale Spitzen H2O) im rückgeführten Abgas erreicht. Die verschiedenen
temperaturen und nicht um mittlere Brennraumtempera motorischen Verfahren zur Reduktion der NOX-Emissionen
turen handelt. Die zweite Grundvoraussetzung für die NO werden detailliert in Abschn. 15.4 diskutiert.
Entstehung ist die Anwesenheit von überschüssigem Sauer Der Anteil von NO2 an den gesamten NOX-Emissionen
stoff, also lokaler Luftüberschuss [15‑13]. beträgt beim Ottomotor 1‑10%, beim Dieselmotor 5‑15%,
Ideale Bedingungen für die NOX-Entstehung liegen beim wobei im unteren Teillastbereich bei entsprechend nied
Ottomotor bei λ = 1,1 vor, beim Dieselmotor ist das Maxi rigen Abgastemperaturen auch höhere Konzentrationen
mum der NOX-Konzentration im Abgas zu etwas höherem festgestellt werden können [15‑14]. Innermotorisch bildet
Luftverhältnis hin verschoben. In Bild 15‑28 sind die Kon sich NO2 aus NO durch Reaktion mit HO2- und OH-Radi
zentrationen der unterschiedlichen Schadstoffe über dem kalen. Die wahrscheinlichste Gleichung lautet:
Luftverhältnis λ aufgetragen [15‑14]. Die NOX-Konzentra
NO + HO2 ⇔ NO2 + OH (15-5)
tion weist für fallendes λ einen kontinuierlich wachsenden
Verlauf auf, was auf die steigende Abgastemperatur zurück Bei Umgebungstemperatur liegt das chemische Gleichge
zuführen ist. Bis zu einem Wert von λ = 2 begünstigt die wicht nahezu vollständig bei NO2. In der Atmosphäre rea
steigende Prozesstemperatur trotz abnehmendem Sauer giert NO mit Ozon bei Lichteinfall zu NO2, wobei sich das
stoffgehalt die Zunahme der NOX-Konzentration. Unterhalb Gleichgewicht nach einigen Stunden bis Tagen – abhängig
von λ = 2 steht bei weiter steigender Abgastemperatur lokal von den Umgebungsbedingungen – einstellt.
nicht mehr ausreichend freier Sauerstoff zur Verfügung. Der Weitere Mechanismen der NO-Entstehung, wie promptes
Gradient der NOX-Konzentration als Funktion des Luftver NO aus der Reaktion von N2 mit Kraftstoffradikalen, NO
hältnisses nimmt ab und es entsteht ein lokales Maximum. aus im Brennstoff gebundenem Stickstoff oder Bildung von
Die Zeldovich-Reaktionen sind Gleichgewichtsreaktionen, NO aus N2O haben bei der dieselmotorischen Verbrennung
deren Gleichgewichtsparameter in Abhängigkeit von der eher untergeordnete Bedeutung.
Temperatur bekannt sind. Allerdings sind die Verbren
nungsvorgänge bei der motorischen Verbrennung so schnell, 15.3.2 Partikel (PM)
dass die Gleichgewichtskonzentrationen üblicherweise nicht
erreicht werden und die tatsächlichen NOX-Konzentra Unter den Partikelemissionen eines Fahrzeugs wird nach den
tionen unter denen liegen, die beim thermischen Gleichge gesetzlichen Prüfbestimmungen üblicherweise die Gesamt
wicht erreicht würden. Andererseits führt das Absinken der masse von Feststoffen und angelagerten flüchtigen oder lös
Brennraumtemperatur während der Expansionsphase dazu, lichen Bestandteilen verstanden. Die Prüfbedingungen sind
dass die Rückreaktionen nach den Gl. (15-3) und (15-4) hierbei genau festgelegt: eine Abgasprobe wird mit gefilterter
„eingefroren“ werden. Eine NO‑Rückbildung findet unter Umgebungsluft verdünnt und auf maximal 52 °C abgekühlt
halb von ca. 2000 K nicht mehr signifikant statt, wodurch im [15‑15]. Die Partikel werden auf einem definierten und kon
tatsächlichen Abgas die NOX-Konzentrationen über den ditionierten Probenträger abgeschieden, die Gesamtmasse
Gleichgewichtskonzentrationen liegen. Eine Vorhersage der wird durch Wägung bei definierten Bedingungen ermittelt.
NOX-Emissionen ist somit nicht über Gleichgewichtsreak Ein Beispiel für eine typische Partikelzusammensetzung
tionen alleine, sondern nur unter Zuhilfenahme der Reak ist in Bild 15‑29 dargestellt [15‑16]. Der Abbildung ist zu
tionskinetik und unter Berücksichtigung des Zeitablaufs der entnehmen, dass der überwiegende Anteil der Partikel aus
tatsächlich stattfindenden Verbrennung möglich. Ruß – aus elementarem Kohlenstoff – besteht. Auf diesen
Über den Prozessablauf kann beim Dieselmotor starker wird weiter unten noch näher eingegangen. Den zweitgröß
Einfluss auf die Höhe der NOX-Emissionen genommen ten Anteil stellen organische Verbindungen dar, die aus
werden. So kann die Verbrennungstemperatur durch Küh unverbrannten Kohlenwasserstoffen bestehen, die aus dem
lung von Ladeluft und rückgeführtem Abgas einerseits, Schmieröl oder dem Kraftstoff selbst stammen können. Bei
492 15 Abgasemission von Dieselmotoren
Bild 15-29
Typische Partikelzusammensetzung
mit serienmäßigem Oxidationskata-
lysator (nach [15-16])
den oben beschriebenen Bedingungen für die Partikelent denen Luftmangel besteht. Bei Vorkammermotoren älterer
nahme und -wägung wird der Taupunkt von zahlreichen Bauart waren dies u. a. Wandfilme, an denen durch Verko
Kohlenwasserstoffen unterschritten: es kommt zu Konden kung des Kraftstoffs z. T. große Rußpartikel entstanden
sation und Anlagerung der Verbindungen an den Feststoff [15‑18], die dann im Abgas sichtbar wurden. Bei modernen
kernen. Dieselmotoren mit Direkteinspritzung sind die Partikel
Der Sulfatanteil der Partikel wird im Wesentlichen durch üblicherweise deutlich kleiner, und somit im Abgas nicht
den Schwefelgehalt des Kraftstoffs und des Motorenöls mehr sichtbar, auch sind die Entstehungsprozesse deutlich
bestimmt. Der Schwefel oxidiert im Verbrennungsprozess unterschiedlich. Zurzeit existieren zwei – hier stark verein
zu SO2, bei Abgastemperaturen oberhalb von 450 °C zu SO3. facht dargestellte – Ruß-Entstehungshypothesen [15‑19]:
Der letzte Oxidationsprozess kann auch durch eine nachge
schaltete Abgasnachbehandlung an einem Oxidationskata Elementarkohlenstoff-Hypothese
lysator gefördert werden [15‑17]. Über die Bildung von
Sulfat-Ionen entsteht durch das Zusammenwirken mit Was Bei dieser Hypothese wird davon ausgegangen, dass der
ser Schwefelsäure (H2SO4), die im abgekühlten Abgas an Kraftstoff bei den hohen Verbrennungstemperaturen disso
den Partikeln kondensiert. Metalloxide entstehen als Pro ziiert – also zerlegt in seine Elementarbausteine Kohlenstoff
dukte von Additiven zum Schmieröl oder zum Kraftstoff und Wasserstoff – vorliegt. Die Wasserstoffmoleküle diffun
und sind in den Partikelemissionen nur als Spuren enthal dieren wesentlich schneller zur sauerstoffhaltigen Umge
ten. Wenn dem Kraftstoff ein Additiv zur Partikelfilterrege bung, als die größeren Kohlenstoffatome. Diese bilden über
neration hinzugegeben wird, können diese Oxide einen ihre 4fach Valenzen unter Sauerstoffentzug sehr schnell Clus
signifikanten Anteil an der Partikelmasse annehmen. ter, wobei bevorzugt hexagonale und pentagonale Strukturen
Die in Bild 15‑29 dargestellte Partikelzusammensetzung entstehen. Es formen sich gekrümmte Schalen, die innerhalb
entspricht dem Mittelwert von Messungen an verschiedenen von Millisekunden zu typischen Partikelgrößen von etwa
Pkw und kann je nach Fahrzeugbetrieb und -art stark vari 10 nm anwachsen.
ieren. So wird ein Nutzfahrzeugmotor, betrieben bei hoher
Last, einen größeren Anteil von elementarem Kohlenstoff Polyzyklen-Hypothese
aufweisen, bei Pkw im Teillastbetrieb kann der Anteil an
Kohlenwasserstoffen den in Bild 15‑29 dargestellten Wert Bei dieser Hypothese wird Ethin (früher: Acetylen, C2H2)
deutlich übersteigen. eine entscheidende Bedeutung zugesprochen. Das Ethin
Ruß stellt den größten massebezogenen Anteil an den wird durch Pyrolyse – Zersetzung des Kraftstoffs unter Aus
Partikeln. Dieser Anteil kann durch motorische Maßnah schluss von O2 – von Aliphaten und Aromaten unter Abspal
men beeinflusst werden und soll im Folgenden näher tung von Wasserstoff gebildet. Ausgehend von einer poly
beschrieben werden. Ruß entsteht generell in Zonen, in zyklischen Struktur kann durch wiederholte Anlagerung von
15.3 Schadstoffe und ihre Entstehung 493
Ethinmolekülen eine graphitische Struktur wachsen [15‑20]. lichen Emissionen der Fahrzeuge im dargestellten Betriebs
Ein fortschreitendes Wachstum durch wiederholte Anlage punkt und weist im Maximum Schwankungen bis zum
rung von Ethin ist links oben in Bild 15‑30 angedeutet. Die Dreifachen auf. Die Form der Verteilung und die Lage des
entstehenden Makromoleküle krümmen sich durch die Bil Maximums ist hingegen nahezu unabhängig vom Fahrzeug
dung von gelegentlichen 5fach Ringen. Mehrere dieser Mole und wird als charakteristisch für alle modernen Brennver
küle lagern sich in Schichten übereinander ab, es entstehen fahren angesehen.
die sog. Primärpartikel. Der Entstehungsprozess ist in Ein Großteil des während der Verbrennung entstandenen
Bild 15‑30 visualisiert. Die entstehenden Primärpartikel ha Rußes oxidiert noch im Brennraum. Diese Nachverbren
ben eine typische Größe von 2–10 nm. nung findet bei Temperaturen oberhalb 1000 K statt, sobald
Nach beiden Entstehungshypothesen bilden sich zunächst sich die Verbrennungsgase mit der verbliebenen Frischluft
sog. Primärpartikel mit einem Durchmesser von unter mischen, d. h. wenn wieder ausreichend Sauerstoff zur Ver
10 nm. Die Partikel sind annähernd sphärisch mit einer fügung steht. Im Gegensatz zum Ottomotor sinkt die
Dichte um 1,8 g/cm³. Aus diesen Primärpartikeln entstehen Mischungstemperatur bei mager betriebenen Dieselmo
im Folgenden die eigentlichen Rußpartikel durch Agglome toren während der Expansionsphase rasch unter einen kri
ration, wobei die einzelnen Partikel aneinander haften blei tischen Wert und die Nachoxidation wird eingefroren. Die
ben. Einige typische Agglomerate sind in REM Aufnahmen verbleibenden Partikel werden ausgestoßen und können nur
in Bild 15‑31 dargestellt. Die Dichte der sehr lockeren durch Abgasnachbehandlung mit einem Partikelfilter (siehe
Agglomerate beträgt lediglich 0,02‑0,06 g/cm³ [15‑21]. Abschn. 15.5) beseitigt werden [15‑17].
Die Agglomerate wachsen zunächst sehr schnell durch
den Zusammenschluss von Primärpartikeln mit hoher 15.3.3 Kohlenmonoxid (CO)
Beweglichkeit. Bei abnehmender Konzentration von Pri
märpartikeln und durch die verminderte Beweglichkeit der Die Kohlenmonoxid (CO)-Emission von Dieselmotoren ist
größeren Agglomerate nimmt das Größenwachstum jedoch i. Allg. sehr niedrig und steigt bei einem konventionellen
ab [15‑22], und es stellt sich eine typische Größenverteilung Brennverfahren lediglich bei Annäherung an die Rußgrenze
der Agglomerate ein. Diese Größenverteilung ist auch für an. Im übrigen Kennfeld ist ausreichend Sauerstoff für die
unterschiedliche Motoren recht einheitlich. In der Regel vollständige Oxidation des Kraftstoffs vorhanden, allerdings
findet man eine Log‑Normal Verteilung um einen Wert von ist hierfür eine gute Durchmischung der teilverbrannten
ca. 80–100 nm. In Bild 15‑32 sind die Größenverteilungen Gase mit der verbleibenden Frischluft bei ausreichend hohen
der Partikelemissionen unterschiedlicher Fahrzeuge bei Temperaturen Voraussetzung. Nebenkammermotoren, mit
einem konstanten Betriebspunkt, der einer Fahrzeugge deren intensiver Gemischverwirbelung beim Überströmen
schwindigkeit von 100 km/h entspricht, dargestellt [15‑23]. aus der Vorkammer in den Hauptbrennraum weisen beson
Die Absolutanzahl der Partikel entspricht den unterschied ders niedrige CO-Emissionen auf [15‑18]. Moderne Brenn
494 15 Abgasemission von Dieselmotoren
verfahren weisen Drall- und/oder Quetschströmungen auf, einigen Motoren wird einer der Füllungskanäle in diesem
mit deren Hilfe die Gemischbildung luftseitig gestützt wird. Bereich geschlossen, um dadurch den Drall, d. h. die luftsei-
Die Abstimmung von der Luftströmung in der Brennkam- tige Gemischbildung zu fördern.
mer, der Brennkammergeometrie und der Einspritzgeome- Jüngste Untersuchungen [15-24] haben gezeigt, dass der
trie aufeinander minimiert die CO-Emissionen, wobei die Anteil von CO aus dem fetten Strahlkern an den CO-
Optimierung im gesamten Kennfeld erfolgen muss. Beson- Gesamtemissionen gering ist. In diesem Bereich ist die
deres Augenmerk ist hier auf den unteren Teillastbereich zu Temperatur ausreichend hoch, um eine vollständige Oxida-
legen, da die Nachoxidation von CO hier aufgrund der nied- tion von CO zu CO2 bei der sich nach Brennende anschlie-
rigen Temperaturen früher zum Erliegen kommt [15-24]. Bei ßenden Vermischung mit Luft zu gewährleisten.
15.4 Innermotorische Maßnahmen zur Schadstoffreduktion 495
Tabelle 15-15 Verschiedene Maßnahmen zur Brennverfahrenoptimierung bei Dieselmotoren und deren Einfluss auf unterschiedliche Parameter
müssen. Für die Bewertung wurde ein modernes DI-Brenn- Für vier ausgewählte Spritzbeginne aus Bild 15-33 sind
verfahren zugrunde gelegt. die während des Motorbetriebs gemessenen Zylinderdruck-
Der Tabelle ist zu entnehmen, dass keine der Maßnahmen verläufe in Bild 15-34 dargestellt. Die einsetzende Verbren-
positiv auf alle Parameter wirkt. Um einen nachteiligen nung ist in dieser Darstellung durch den Druckanstieg nach
Effekt zu kompensieren, ist häufig eine Kombination von dem oberen Totpunkt (OT) zu erkennen. Bei frühem Ein-
mehreren Maßnahmen erforderlich. So wirkt sich beispiels- spritzbeginn verläuft dieser Druckanstieg steiler, als bei
weise eine Erhöhung des Einspritzdrucks nur in Kombinati- Einspritzung und Verbrennung weit nach OT. Der flachere
on mit Abgasrückführung positiv auf die NOX-Emissionen Druckanstieg bei später Verbrennung ist auf die fortschrei-
aus. Ausgewählte Maßnahmen sollen im Folgenden detail- tende Expansion zurückzuführen. Einerseits begrenzt sie
liert diskutiert werden. den Druckanstieg direkt, andererseits führt die Expansion
zu niedrigeren Brennraumtemperaturen und damit zu einer
15.4.1 Spritzbeginn langsamer ablaufenden Verbrennung. Aus den gezeigten
Druckverläufen lässt sich ableiten, dass die in den Zylindern
Der Spritzbeginn war der erste Parameter der dieselmoto- auftretenden Spitzentemperaturen ebenfalls mit spätem
rischen Einspritzung, auf den gezielt betriebspunktabhängig Einspritzbeginn niedriger ausfallen werden, da die durch die
Einfluss genommen werden konnte. Bereits bei einigen Ver- langsamere Verbrennung entstehende Wärme mehr Zeit
teilereinspritzpumpen konnte der Spritzbeginn zunächst hat, sich aus der direkten Verbrennungszone heraus zu ver-
mechanisch und später über ein elektrisch angesteuertes teilen. Wie in Abschn. 15.3.1 erläutert, ist neben dem Sauer-
Magnetventil kontrolliert werden. stoffangebot die lokale Spitzentemperatur ein entschei-
Die Wichtigkeit des Einspritzbeginns für die motorischen dender Parameter für die Bildung von NOX, womit sich
Emissionen ist in Bild 15-33 veranschaulicht. Die NOX- und schlussendlich aus den Zylinderdruckverläufen in Bild 15-34
PM-Emissionen sind für unterschiedliche Spritzbeginne die bei spätem Einspritzbeginn sinkenden NOX-Emissionen
aufgetragen, wobei 0° Kurbelwinkel (0° KW) den oberen (Bild 15-33) erklären lassen.
Totpunkt kennzeichnet. Deutlich ist der stetige Anstieg der In Bild 15-33 ist eine Partikelzunahme mit spätem Ein-
Partikelemissionen und der kontinuierliche Abfall der NOX- spritzbeginn zu erkennen. Dies ist ein typisches Beispiel für
Emissionen zu erkennen. Den Messungen liegt ein Nutzfahr- die erwähnten Zielkonflikte bei der Minimierung aller Emis-
zeugmotor bei mittlerer Last und 1425 min–1 zugrunde. sionsparameter. Die Partikelzunahme gilt mit Ausnahme der
Niedriglastbereiche für den größten Teil des Kennfelds. kontinuierliche Erhöhung des maximalen Einspritzdrucks
Ursache für die steigenden Partikelemissionen sind die mit [15-25]. Der Einfluss des Einspritzdrucks auf NOX- und
fallender Gemischdichte abnehmende Güte der Gemisch- PM-Emissionen (hier ist die Messgröße Schwarzrauch (SZ)
aufbereitung sowie die reduzierte Nachoxidation der Partikel angegeben) und auf den spezifischen Verbrauch be ist für
aufgrund der niedrigeren Temperaturen im Brennraum. einen Teillastpunkt eines Pkw-Motors bei 50% Last und
Im unteren Lastbereich kann man auch ein Abnehmen n = 1400 min–1 in Bild 15-35 dargestellt.
der Partikelemissionen mit spätem Einspritzbeginn Im unteren Bildteil ist der oben diskutierte Anstieg des
beobachten. Ursache sind hier die fallenden Temperaturen spezifischen Verbrauchs für späten Spritzbeginn für alle
im Brennraum, die verhindern, dass Partikel überhaupt untersuchten Einspritzdrücke zu erkennen. Hierbei ist ent-
gebildet werden [15-24]. Allerdings muss in diesen Fällen scheidend, dass für höhere Einspritzdrücke ein deutlich
ein deutlicher Anstieg der CO- und HC-Emissionen sowie späterer Spritzbeginn ohne Verbrauchsnachteil eingestellt
des Verbrauchs hingenommen werden, so dass diese Strate- werden kann, als bei niedrigen Einspritzdrücken. Im hier
gie zur simultanen Reduktion von NOX und Partikeln nur dargestellten Beispiel verschiebt sich das Minimum des spe-
bedingt verwirklicht werden kann. zifischen Verbrauchs von –19 °KW bei 500 bar Einspritz-
Weiterhin wirkt sich der späte Spritzbeginn nachteilig auf druck auf –12 °KW bei einem Einspritzdruck von 1100 bar.
den spezifischen Verbrauch aus (hier nicht dargestellt). Der Die Gründe hierfür sind zum einen die kürzere Einspritz-
Verbrauchsnachteil lässt sich ebenfalls anschaulich aus den dauer – da die Einspritzrate mit dem Einspritzdruck
Zylinderdruckverläufen aus Bild 15-34 ableiten: die schnelle ansteigt – und die mit steigendem Einspritzdruck verbes-
Verbrennung nahe OT bei frühem Einspritzbeginn ähnelt serte Qualität der Gemischaufbereitung. Die Schwerpunkt-
der verbrauchsoptimalen isochoren Verbrennung, während lage der Verbrennung, die im Wesentlichen den spezifischen
eine Annäherung an die isobare Verbrennung bei später Verbrauch bestimmt, kann also in etwa konstant gehalten
Einspritzung zu einer Verbrauchsverschlechterung führt. werden.
Der entscheidende Vorteil eines höheren Einspritzdrucks
15.4.2 Einspritzdruck ist im mittleren Bildteil in Bild 15-35 an der deutlich redu-
zierten Partikelemission – hier ist die Schwärzungszahl SZ
Seit der Einführung von Dieselmotoren mit Direkteinsprit- dargestellt – zu erkennen. Für steigende Einspritzdrücke sin-
zung erfolgte durch technische Weiterentwicklungen eine ken die Rußemissionen bei konstantem Spritzbeginn deut-
498 15 Abgasemission von Dieselmotoren
lich ab, ein Anstieg ist bei steigendem Einspritzdruck erst setzt. Die Abgasrückführrate xAGR ist definiert als das Ver-
bei wesentlich späteren Spritzbeginnen zu beobachten. Der hältnis von rückgeführtem Abgasmassenstrom zu Gesamt-
Grund hierfür ist wieder in der verbesserten Gemischauf- massenstrom im Ansaugtrakt:
bereitung zu finden. Zum einen ist die Rußentstehung durch
verbesserte Zerstäubung bei höherem Einspritzdruck gerin-
ger, zum anderen wird die Nachoxidation durch die höhere (15-6)
Gemischbildungsenergie gefördert.
Allerdings wirkt sich ein höherer Einspritzdruck über Sie beträgt bei modernen Brennverfahren bis zu 50% und
höhere lokale Spitzentemperaturen negativ auf die NOX- wird über ein elektrisch oder pneumatisch angesteuertes
Emissionen aus. Bei konstantem Spritzbeginn steigen die Ventil geregelt. Die Frischluftmasse wird über einen Heiß-
NOX-Emissionen mit steigenden Einspritzdrücken signifi- filmmassensensor ermittelt.
kant an. Vergleicht man die NOX-Emissionen hingegen bei In Bild 15-36 ist der Einfluss der Abgasrückführung auf
konstantem spezifischem Verbrauch, so relativiert sich der spezifischen Verbrauch, Geräusch sowie HC- und PM-Emis-
Vergleich (z. B. weisen die NOX-Emissionen bei minimalem sion als Funktion der NOX-Emissionen dargestellt. In der hier
spezifischem Verbrauch bei –19 °KW für 500 bar Einspritz- gewählten Darstellung wurden die gemessenen NOX-Emis-
druck und bei –12 °KW für 1100 bar Einspritzdruck etwa sionen als Abszisse gewählt und die anderen Größen auf den
konstante Werte von ca. 16 g/kWh aus). Eine deutliche Ordinaten in den einzelnen Teilbildern als abhängige Größen
Reduktion der NOX-Emissionen bei Erhöhung des Einspritz- dargestellt. Die einzelnen, experimentell ermittelten Punkte
drucks ist durch Kombination mit Abgasrückführung (siehe ergeben sich durch eine Variation der AGR Rate. Im Teilbild
Abschn. 15.4.3) zu erreichen. Dieser Strategie sind aller- unten rechts entstehen in Abhängigkeit von der AGR-Rate die
dings Grenzen gesetzt. Abhängig vom Brennverfahren und typischen PM-NOX Trade-off-Hyperbeln. Die Untersuchung
vom Lastpunkt existiert eine Obergrenze für den Einspritz- erfolgte für zwei verschiedene Einspritzdrücke. Die AGR-
druck oberhalb der eine weitere Anhebung des Drucks Rate steigt in den einzelnen Teilbildern jeweils von rechts
keine weiteren Vorteile bringt. nach links von 0% auf den Maximalwert von hier 40%.
Für beide Einspritzdrücke ist in allen Diagrammen eine
15.4.3 Abgasrückführung kontinuierliche Reduktion der NOX-Emissionen für stei-
gende AGR-Rate zu erkennen. Die langsamere Verbren-
Abgasrückführung (AGR) wird bei Pkw heute flächen- nung, die Spätverschiebung des Brennbeginns durch Ver-
deckend als wichtiges Mittel zur Reduktion von NOX einge- größerung der Zündverzugszeit und die Vergrößerung der
15.4 Innermotorische Maßnahmen zur Schadstoffreduktion 499
spezifischen Wärmekapazität durch den höheren Anteil Bei Erhöhung der AGR-Rate liegt der Verlauf des PM-
von dreiatomigen Gasen (Inertgas) in der Zylinderfüllung NOX Trade-offs für 800 bar Einspritzdruck deutlich unter
wirken alle reduzierend auf die maximale lokale Spitzen dem für 600 bar. Dieser Effekt wird als erhöhte AGR-Verträg-
temperatur und somit auf die NOX-Emissionen. Der Ein lichkeit bezeichnet. Da die Gemischbildungsenergie nun
fluss der AGR-Rate auf HC-Emissionen fällt beim hier überwiegend aus dem Einspritzstrahl gewonnen wird, ist
untersuchten Motor recht gering aus. In den beiden unteren eine stärkere O2‑Reduktion durch Erhöhung der AGR-Rate
Teilbildern ist hingegen ein Anstieg sowohl der PM-Emis möglich, ohne dass die PM-Emissionen zu stark ansteigen.
sion als auch des spezifischen Verbrauchs zu erkennen. Der Abhängig vom Brennverfahren sind dieser Vorgehensweise
Anstieg des Kraftstoffverbrauchs wird durch die lang jedoch Grenzen gesetzt.
samere Verbrennung und damit durch eine Verschiebung Die in Bild 15‑36 im Teilbild unten rechts eingezeichnete
des Verbrennungsschwerpunkts nach spät bewirkt. Der Gerade markiert ein Verhältnis der NOX-Emissionen zu den
Hauptgrund für die höheren Rußemissionen ist in der PM-Emissionen von 10:1, was einer typischen Pkw-Appli
Begrenzung des für die Rußoxidation ebenfalls erforder kation noch Euro 4 entspricht, da die gesetzlich festgelegten
lichen Sauerstoffs gegeben. Der durch die AGR reduzierte Grenzwerte der Emissionen eben dieses Verhältnis aufwei
Sauerstoffgehalt wirkt sich stets vermindernd auf die NOX- sen. An den Schnittpunkten der Trade-offs mit dieser Gera
Emissionen und erhöhend auf die Rußemissionen aus. Die de kann abgelesen werden, dass eine Erhöhung des Ein
im Teilbild unten rechts entstehenden Hyperbeln sind spritzdrucks von 600 auf 800 bar die NOX- und die PM-
charakteristisch für die Zielkonflikte bei der Optimierung Emissionen um ca. 35% reduziert. Im Teilbild unten links ist
von Dieselmotoren. für diesen Betriebspunkt eine Reduktion des spezifischen
Der in Abschn. 15.4.2 diskutierte Effekt, dass die NOX- Kraftstoffverbrauchs von ca. 3% zu erkennen.
Emissionen ohne weitere Maßnahmen bei Erhöhung des Nachteilig wirkt sich eine Erhöhung des Einspritzdrucks
Einspritzdrucks ansteigen, ist in Bild 15‑36 ebenfalls zu lediglich auf das Geräusch aus (Teilbild oben links). Die
erkennen. Die mit den Kreisen gekennzeichneten Punkte Erhöhung des Geräuschs ist auf die größere Kraftstoffmasse
markieren diejenigen Experimente, bei denen die Emis zurückzuführen, die während des Zündverzugs eingespritzt
sionen ohne AGR gemessen wurden. Deutlich ist die Erhö wird und bei Brennbeginn nahezu schlagartig verbrennt. Bei
hung der NOX-Emissionen mit dem Einspritzdruck zu konstanter AGR-Rate ist der chemische Zündverzug kons
erkennen, wobei die PM-Emissionen deutlich niedrigere tant, der physikalische wird durch die kleineren Tröpfchen
Werte aufweisen. bei höherem Einspritzdruck geringfügig verringert, aller
500 15 Abgasemission von Dieselmotoren
dings überwiegt hier der Effekt der höheren Einspritzrate gemessenen Druckverlauf dar. Bis zum Brennbeginn der
bei höherem Einspritzdruck. Haupteinspritzung (ca. 12 °KW nach OT) entspricht dieser
Die Pilot- oder Voreinspritzung als wichtigste innermoto Druckverlauf dem eines geschleppten Motors (Schlepp
rische Maßnahme zur Reduktion des Verbrennungsge kurve). Der steile Druckanstieg bei Brennbeginn bis
räuschs soll im Folgenden diskutiert werden. ca. 15 °KW nach OT führt zu unerwünscht hoher
Geräuschemission. Druck-Oszillationen nach Brennende
15.4.4 Piloteinspritzung sind Artefakte, die auf das Messverfahren zurückzuführen
sind.
Die sog. Pilot- oder Voreinspritzung (PI: Pilot Injection) hat Die drei unterschiedlich grau gefärbten Kurven wurden
sich bei DI-Dieselmotoren als wirkungsvolle Maßnahme zur mit unterschiedlich großen Voreinspritzmengen ermittelt.
Geräuschreduktion etabliert. Hierbei werden in kurzem zeit Ansteuerbeginn von Haupt- und Voreinspritzung wurden
lichen Abstand vor der Haupteinspritzung kleine Mengen dabei konstant gehalten. Der Brennbeginn der Voreinsprit
(1‑3 mm³ pro Einspritzung) Kraftstoff eingespritzt. Brenn zung ist an dem Druckanstieg bei ca. 12 °KW vor OT zu
beginn dieser kleinen Menge ist typischerweise kurz vor OT. erkennen, an dem der Druckverlauf signifikant von der
Resultat ist eine Erhöhung von Temperatur und Druck im Schleppkurve abzuweichen beginnt. Jeweils etwa bei OT
Brennraum vor Einspritzbeginn der Haupteinspritzung. Ty wird ein lokales Druckmaximum erreicht, wobei der Abso
pische Zylinderdruckverläufe für einen Teillastpunkt mit lutwert von der Größe der Voreinspritzmenge abhängt und
unterschiedlichen Piloteinspritzmengen sind in Bild 15‑37 mit dieser ansteigt.
bei konstantem Ruß/NOX-Verhältnis von 1:10 dargestellt. Die bei zunehmender Voreinspritzmenge steigenden
Im unteren Diagrammteil ist der Nadelhub des Injektors Zylinderdrücke und ‑temperaturen führen zu einer Verkür
dargestellt. Parameter der unterschiedlichen Kurven ist die zung des chemischen Zündverzugs für die Haupteinspritz
Menge der Piloteinspritzung. Eine Verlängerung der Ein menge. Dieser ist in Bild 15‑37 an dem Druckanstieg, der
spritzdauer der Piloteinspritzung mit steigender Vorein den Brennbeginn der Haupteinspritzung kennzeichnet
spritzmenge ist in der Abbildung zu erkennen. Die Dauer (6–12 °KW nach OT) und für steigende Voreinspritzmen
der Haupteinspritzung ist entsprechend verkürzt, um die am gen immer näher nach OT wandert, abzulesen. Gleichzeitig
Prüfstand eingestellte Last konstant zu halten. ist in der Abbildung zu sehen, dass der Gradient des
Die schwarze Kurve im oberen Diagrammteil stellt den Druckanstiegs der Haupteinspritzung für steigende Vorein
im Zylinder während des Betriebs ohne Voreinspritzung spritzmengen – im hier gewählten Beispiel bei etwa kon
stantem Maximaldruck – stets kleiner wird. Die Gründe wobei dieser Effekt stark vom Brennverfahren und vom
hierfür sind bereits diskutiert worden: Ein kürzerer Zünd- Betriebspunkt abhängt.
verzug führt zu einer kleineren während des Zündverzugs Ein negativer Effekt der PI ist die deutlich reduzierte AGR-
eingespritzten Kraftstoffmenge. Die schnelle Verbrennung Verträglichkeit des Brennverfahrens, wie sie im Teilbild
dieser Menge bei Brennbeginn bestimmt den Druckanstieg unten rechts zu erkennen ist. Dieser nachteilige Effekt ist
und das Verbrennungsgeräusch. Der Zylinderdruckgradient umso größer, je größer die Pilotmenge ist. Im Hinblick auf
ist deshalb ein Maß für die Höhe des Verbrennungsge- eine kombinierte Optimierung von Geräusch und Partikeln
räuschs. wird damit die Wichtigkeit einer präzisen Einspritzung von
Der Einfluss der Voreinspritzmenge auf das Geräusch kleinsten Pilotmengen unterstrichen [15-25]. Ein Teil der
und die Emissionen in Abhängigkeit von der Abgasrück- Vorteile beim PM-/NOX-Trade-off und beim spezifischen
führrate ist in Bild 15-38 als Funktion der NOX-Emissionen Verbrauch, die durch die Erhöhung des Einspritzdrucks
dargestellt. gewonnen wurden, geht also wieder verloren, da das gestie-
Die Art der Darstellung ist bereits aus Bild 15-36 bekannt: gene Verbrennungsgeräusch bei manchen Anwendungsfällen
Durch Variation der AGR-Rate wurden die unterschied- durch eine Piloteinspritzung kompensiert werden muss. Eine
lichen Kenngrößen als Funktion der NOX-Emissionen dar- Optimierung des Gesamtsystems erfordert also wieder eine
gestellt. Im Teilbild oben links ist die oben diskutierte gewichtete Betrachtung aller Einflussgrößen.
Abnahme des Verbrennungsgeräuschs durch die Vorein- Moderne Brennverfahren setzen zur weiteren Optimie-
spritzung abzulesen. Bereits bei 0,5-1 mg3 Pilotmenge pro rung eine zweite Piloteinspritzung und/oder eine kurz nach
Einspritzung wird ein Minimum erreicht. Eine weitere der Haupteinspritzung positionierte Nacheinspritzung ein.
Erhöhung der Pilotmenge auf 1,5 mg3 führt zu einem Während die zweite Piloteinspritzung zur weiteren Opti-
Geräuschanstieg: das Verbrennungsgeräusch wird jetzt mierung des Geräuschs eingesetzt wird, reduziert die ange-
durch die Verbrennung der Voreinspritzmenge selbst lagerte Nacheinspritzung die Rußemissionen. Durch eine
bestimmt. Weiterhin ist zu erkennen, dass eine steigende Erhöhung der Turbulenz in der Brennkammer, verursacht
AGR-Rate bei allen Voreinspritzmengen zu einer leichten durch die angelagerte Nacheinspritzung, wird die Rußoxida-
Geräuschreduktion führt. Diese ist auf eine langsamere Ver- tion gefördert. Gleichzeitig wird die Temperatur bei Brenn-
brennung durch den verminderten Sauerstoffgehalt der ende gesteigert, was sich ebenfalls positiv auf die Rußoxida-
Verbrennungsluft zurückzuführen. tion auswirkt. Die Wirksamkeit der angelagerten Nachein-
Die Piloteinspritzung führt zu einer Verringerung der spritzung hängt dabei stark vom Brennverfahren und dem
HC-Emissionen wie im Teilbild oben rechts dargestellt, betrachteten Kennfeldbereich ab.
15.4.5 Kühlung von AGR und Ladeluft Aus thermodynamischer Sicht ist es dabei nicht relevant,
ob die Reduktion der Gastemperatur an den Einlassventilen
Eine möglichst niedrige Temperatur der Ladeluft vor den durch Kühlung der rückgeführten Abgasmasse, oder durch
Einlassventilen ist aus verschiedenen Gründen vorteilhaft. Kühlung der verdichteten Ladeluft erfolgt.
Zum einen führt die mit sinkender Temperatur steigende In Bild 15-39 sind die NOX- und Partikelemissionen als
Dichte der Ladeluft zu einer effizienten Befüllung der Zylin- Funktion der AGR-Rate für zwei unterschiedliche Tempera-
der. Man spricht von thermischer Entdrosselung des Motors. turniveaus nach Verdichter (T2) dargestellt. Im oberen
Als Folge steigt die AGR-Verträglichkeit und die Emissionen Teilbild ist das resultierende Luftverhältnis dargestellt. Spe-
von NOX und PM lassen sich weiter senken. Außerdem führt zifischer Kraftstoffverbrauch und Geräuschemissionen
die thermische Entdrosselung über den Weg eines höheren sowie Ladedruck und Abgasgegendruck wurden bei den
Luftverhältnisses zu einem Verbrauchsvorteil, was den posi- einzelnen Messungen gleichgestellt. Ganz rechts in der
tiven Einfluss der AGR und Ladeluftkühlung für das ther- Abbildung ist für eine AGR-Rate von 0% an dem höheren
modynamische Verhalten des Motors unterstreicht. Wert für O im oberen Teilbild zu erkennen, dass die nied-
Sowohl die Verdichtung der Ladeluft im Turbolader, als rigere Temperatur zu einer besseren Befüllung der Zylinder
auch die Rückführung von heißem Abgas bewirken eine führt. Im unteren Teilbild sind bei abgeschalteter AGR für
Steigerung der Lufttemperatur am Zylindereinlass, weswe- kältere Ansaugluft geringere NOX-Emissionen abzulesen,
gen Verfahren entwickelt wurden, die Temperatur zu welche auf die niedrigeren resultierenden Spitzentempera-
begrenzen. Diese sind der nahezu flächendeckende Einsatz turen zurückzuführen sind. Verbessertes Emissionsverhal-
von Ladeluftkühlern, und insbesondere bei Pkw der Einsatz ten mit Abgasrückführung ist für den Fall der niedrigeren
von Verfahren zur Kühlung des rückgeführten Abgases. Lufttemperatur in Bild 15-39 ebenfalls zu erkennen: deut-
Letzteres kann durch eine lange Leitungslänge, durch Lei- lich höhere AGR-Raten mit entsprechend niedrigeren NOX-
tungsführung durch den Zylinderkopf hindurch und/oder Emissionen können ohne einen zu hohen Anstieg der Par-
durch einen mit Kühlwasser gekühlten Wärmetauscher tikelemissionen angewendet werden.
erfolgen. In zahlreichen Anwendungen kann die Kühlleis-
tung geregelt werden, oder das Kühlaggregat in einem 15.5 Abgasnachbehandlung
Bypass umgangen werden, um bei Kaltstart das Motorkühl-
wasser für die Erwärmung der Fahrgastzelle schnell aufhei-
15.5.1 Einleitung
zen zu können, oder um einen Anstieg der HC- und CO-
Emissionen durch zu niedrige Brennraumtemperaturen bei Die Emissionsgrenzwerte für Dieselfahrzeuge sind in den
Betrieb im unteren Teillastbereich zu vermeiden. letzten Jahren kontinuierlich gesunken und weitere zukünf-
tige Reduzierungen sind bereits vereinbart. Unter dem Be bedingungen können sich innerhalb weniger Sekunden
griff Emissionsminderung werden alle Techniken und Sys erheblich ändern. Hierdurch wird die sog. Raumgeschwin
teme verstanden, die dazu beitragen, dass die Emissionen des digkeit (das Verhältnis von Abgasvolumenstrom zum Volu
Fahrzeugs bzw. des Motors reduziert werden. Emissionsmin men der einzelnen katalytischen Komponenten) im gleichen
derungssysteme müssen neben den gesetzlichen Anforde Maße geändert. Die Raumgeschwindigkeit ist ein Maß für
rungen auch anderen technischen Rahmenbedingungen die Verweilzeit des Abgases im Katalysator. Bei zu kurzen
(z. B. Bauraum, Abgastemperaturen) und ökonomischen Verweilzeiten kann das Gas nur unzureichend reagieren
Vorgaben genügen. und der Umsatz wird verringert. Die Katalysatoren müssen
Die Emissionsminderung lässt sich in motorische Maß deshalb so dimensioniert werden, dass auch bei hohen
nahmen und nachmotorische Maßnahmen, die häufig auch Abgasmassenströmen ein genügend großer Umsatz sicher
als Abgasnachbehandlung zusammengefasst werden, unter gestellt wird. Mit zunehmender Komponentengröße steigt
teilen. jedoch auch deren thermische Masse, was sich auf den Tem
In der Vergangenheit konnten zunächst die Senkung der peraturverlauf der stromabwärts liegenden Komponenten
Emissionsgrenzwerte durch Verbesserungen in der moto auswirkt. Die Berücksichtigung derartige Wechselwirkungen
rischen Verbrennung mit entsprechenden Minderungen der und die Gesamtsystemoptimierung hinsichtlich aller Anfor
Rohemissionen erreicht werden (s. Abschn. 15.4). Trotz sich derungen sind Gegenstand der Systementwicklung, die im
weiter verringernder Rohemissionen ist abzusehen, dass Anschluss an die Beschreibung der Komponenten erörtert
dies zukünftig nicht mehr ausreichend sein wird. wird.
Unter dem Begriff Abgasnachbehandlung werden die Abgasnachbehandlungskomponenten stellen strömungs
Systeme zusammengefasst, die sich im Abgasstrang befin technische Hindernisse dar, welche in Abhängigkeit vom
den und deren primäre Funktion es ist, die motorischen Abgasvolumenstrom einen Abgasgegendruck verursachen.
Emissionen zu mindern. Zu ihnen gehören Katalysatoren, Dieser Abgasgegendruck muss vom Motor überwunden
Sensoren, Partikelfilter sowie Hilfssysteme, z. B. zur Ein werden und erhöht die Ladungswechselverlustarbeit. Im
bringung eines Reduktionsmittels oder zur Unterstützung ungünstigen Fall führt dies zu einem messbaren Kraftstoff
der Partikelfilterregeneration. Abgasnachbehandlungssyste mehrverbrauch. Dies bedeutet zum einen eine Erhöhung
me verringern überwiegend durch chemische Prozesse die der Betriebskosten und zum anderen eine Erhöhung der
Schadstoffkonzentration. Beim Partikelfilter kommt zusätz CO2-Emission. Bei der Auslegung von Abgasnachbehand
lich eine physikalische Abscheidung hinzu. lungssystemen muss deshalb auf möglichst geringe Strö
Neben dem gewünschten Umsatz der Schadstoffe gibt es mungsverluste geachtet werden.
eine Reihe zusätzlicher technischer Anforderungen, die bei Der Strömungswiderstand führt außerdem zu einer
der Auswahl der Systeme beachtet werden müssen. Im Fol Dämpfung des abgasinduzierten Motorgeräusches. Durch
genden werden diese Randbedingungen kurz vorgestellt, den Betrieb des Fahrzeugs werden Beschleunigungsmomente
bevor dann die einzelnen Komponenten beschrieben wer auf den Abgasstrang übertragen. Diese mechanischen Belas
den. tungen müssen bei der Konstruktion der Bauelemente und
Die Abgastemperaturen moderner Dieselmotoren sind des Gesamtsystem berücksichtigt werden. Diese Aspekte
meist so gering, dass die chemischen Prozesse selbst beim werden an anderer Stelle behandelt (s. Abschn. 13‑2).
Einsatz hochwertiger Katalysatoren häufig kinetisch limi Im motorischen Abgas ist Wasserdampf enthalten, welches
tiert sind. Zudem sind die Abgastemperaturen stark von den nach dem Abstellen des Motors beim Auskühlen des
motorischen Betriebsbedingungen insbesondere vom Dreh Abgasstrangs kondensiert. Dieses Abgaskondensat enthält
moment abhängig. Sie können Werte zwischen der Außen auch korrosive Bestandteile, die sich durch Reaktion mit den
temperatur (unmittelbar nach dem Motorstart), bis zu über im Abgas enthaltenen Stickoxiden und dem Schwefeldioxid
700 °C bei Volllast erreichen. Typischerweise liegen die bilden. Der Korrosionsschutz muss bei der Konstruktion und
Temperaturen im vorderen Unterbodenbereich des Werkstoffauswahl berücksichtigt werden.
Abgasstrangs beispielsweise beim europäischen Fahrzyklus Ein geeignetes Abgasnachbehandlungssystem erfüllt die
zwischen 150 °C und 250 °C. Bei der Auslegung der Kompo Anforderungen bezüglich der Minderung mehrerer Schad
nenten und ihrer Positionierung muss deshalb neben der stoffe, unter Berücksichtigung der genannten Restriktionen
Optimierung der chemischen Reaktionsrate auch auf den zu möglichst geringen Kosten. Bei der Auslegung ist eben
Bauteilschutz geachtet werden. falls auf eine ausreichend lange Lebensdauer des Systems zu
Der Abgasmassenstrom hängt ebenfalls sehr stark von den achten. Neben den bereits erwähnten korrosiven und
motorischen Betriebsbedingungen, insbesondere Drehzahl, mechanischen Belastungen muss auch die Alterung der
Aufladegrad und Abgasrückführungsrate ab. Diese Betriebs katalytischen Schichten berücksichtigt werden.
504 15 Abgasemission von Dieselmotoren
Die Auslegung ist durch die Vielzahl der Anforderungen mischen oder metallischen Wabenstruktur, in welcher das
und Wechselwirkungen komplex und für jede Fahrzeugserie Abgas durch dünne, etwa 1 mm breite Kanäle geleitet wird.
individuell zu optimieren. Die Kanalwände bestehen aus einer Trägerstruktur aus Kera
Zunächst werden die einzelnen Komponenten eines mik oder Metall, die mit einer edelmetallhaltigen Kata
Abgasnachbehandlungssystems vorgestellt. Diese haben lysatorschicht (sog. Washcoat) überzogen ist. Beim Durch
neben einer Hauptfunktion meist noch Nebenfunktionen. strömen des Katalysatorkörpers gelangen die zu oxidieren
Durch eine geeignete Auslegung von Abgasnachbehandlungs den Komponenten des Abgases durch Diffusion an diese
systemen mit einer dazugehörigen Abstimmung der moto Katalysatorschicht und werden oxidiert.
rischen Rohemission lässt sicht die Komplexität und der Die wesentlichen Einflussgrößen auf den Umsatz sind:
Aufwand der gesamten Emissionsminderung verringern. – Aktivität der Katalysatorbeschichtung,
Dieser Aspekt der Systemauslegung soll im daran anschlie – Größe und innere Geometrie des Katalysators, damit
ßenden Teil angesprochen werden. verbunden die Verweildauer des Gases, bzw. die
Raumgeschwindigkeit,
15.5.2 Komponenten der Abgasnachbehandlung – Katalysatortemperatur,
– Konzentration der Reaktionspartner.
15.5.2.1 Diesel-Oxidations-Katalysator (DOC)
Die katalytische Aktivität der Beschichtung wird wesentlich
Der Diesel-Oxidations-Katalysator (DOC – Diesel Oxida durch die Art und Menge des Materials sowie die räumliche
tion Catalyst) war der erste Katalysator, der serienmäßig in Struktur der Oberfläche festgelegt. Im DOC werden Edelme
Dieselfahrzeugen eingesetzt wurde. Seine primäre Funktion talle der Platingruppe (Platin, Palladium) eingesetzt, welche
ist es, die motorischen Kohlenmonoxid- (CO) und Kohlen in Form sehr kleiner Partikeln (Größenordnung wenige nm)
wasserstoff- (HC) Emissionen mit dem Restsauerstoff des auf einem oxidischen Washcoat (Aluminiumoxid, Ceroxid
Abgases zu den harmlosen Gasen H2O und CO2 zu oxidie oder Zirkonoxid) dispergiert sind. Der Washcoat sorgt für
ren. Hierfür werden edelmetallhaltige Beschichtungen ein eine sehr große innere Oberfläche, stabilisiert die Edelmetall
gesetzt. Moderne Abgasnachbehandlungssysteme umfassen partikel gegenüber Sinterung und unterstützt die ablau
noch zusätzliche Komponenten und der DOC übernimmt in fenden Reaktionen entweder direkt durch Reaktionen an der
diesen Systemen noch weitere Funktionen: Grenze zwischen Partikel und Substrat oder indirekt durch
– Oxidation der flüchtigen Bestandteile der Partikel Adsorption von Katalysatorgiften. Die eingesetzte Katalysa
(adsorbierte Kohlenwasserstoffe). Hierdurch wird die tormenge, auch häufig als Katalysatorbeladung bezeichnet,
Partikelmasse um bis zu 30% vermindert. liegt im Bereich 50–90 g ft-3 (1,8‑3,2 g l–1).
– Verbesserung des Verhältnisses aus Stickstoffdioxid (NO2) Wesentliche strukturelle Merkmale des Katalysatorkör
zu Stickstoffmonoxid (NO). Dieser Schritt ist für die pers sind seine Außenmaße (Durchmesser und Länge), die
Stickoxidminderung insbesondere für den SCR-Prozess Dichte der Kanäle (angegeben in cpsi–Channels Per Square
förderlich. Inch) und die Wandstärke zwischen den einzelnen Kanälen.
– Freisetzung von Wärme durch die Oxidation von bewusst Diese Eigenschaften bestimmen die mechanische Stabilität,
zugeführten Kohlenwasserstoffen und CO (sog. „Kat den Abgasgegendruck und das Aufwärmverhalten des Kata
brenner“). Hierdurch wird die Temperatur des Abgas lysators.
systems nach DOC erhöht. Man wendet dies an, um die für Typische Werte für die Raumgeschwindigkeit liegen zwi
die Partikelfilterregeneration erforderliche Temperatur schen 150.000 bis 250.000 h–1. Der Abgasvolumenstrom
erhöhung zu unterstützen. Außerdem wird diese Tempera- hängt u. a. vom Hubraum des Motors ab. Setzt man das
turmanagementmaßnahme eingesetzt, um Denoxierungs Volumen des Katalysators in Beziehung zum Hubraum, so
systeme nach dem Start möglichst schnell auf Betriebs ergeben sich Werte von VKat /VHub= 0,4–0,8.
temperatur zu bringen, was eine Verbesserung des NOX- Wie bereits in der Einleitung beschrieben, hängt die Kata
Umsatzes bewirkt. lysatortemperatur vom Betriebszustand des Motors ab.
– Durch den Einsatz geeigneter Beschichtungen ist es Steigt die Abgastemperatur nach Abgasturbolader, so folgt
außerdem möglich, NOX durch eine Reaktion mit HC und mit einer durch die thermische Masse des Abgasstrangs
CO in geringem Umfang (etwa 5‑10%) zu reduzieren. bedingten Verzögerung auch die Katalysatortemperatur. In
Bild 15‑40 ist ein typischer Umsatzverlauf für die CO-Oxi
Alle diese Funktionen werden durch das gleiche Prinzip er dation dargestellt. Man erkennt einen sehr steilen Anstieg
füllt, das durch die Grundstruktur des Katalysators ermög des Umsatzes. Die Abgastemperatur, bei der der Umsatz
lich wird. Der Katalysatorkörper besteht aus einer kera 50% beträgt, wird als Light-Off-Temperatur (Anspringtem
15.5 Abgasnachbehandlung 505
15.5.2.2 Partikelfilter Bild 15-41 Filterstruktur. 1 Rohabgas vom Motor, 2 Gehäuse, 3 Keramik-
pfropfen, 4 Wabenkeramik, 5 ausströmendes Abgas
Die Aufgabe des Partikelfilters (DPF: Diesel Particle Filter)
ist es, einen sehr hohen Anteil der Partikel aus dem Abgas
strom abzutrennen. Auf Grund der geringen Partikelgröße
(Großteil unter 100 nm, siehe Abschn. 15.3.2) bietet nur die
Filtration einen hinreichend großen Abscheidewirkungsgrad eine poröse Wand geführt wird („geschlossene“ Filtersys
bei geringem Aufwand. teme). Bei den keramischen Extrudaten ist hierfür jeder Ka
Die zunehmende Filtratmenge vergrößert mit der Zeit nal jeweils alternierend an der Vorder- oder an der Rückseite
den Strömungswiderstand über den Filter, was einen verschlossen (Bild 15‑41). Die Extrudatwände werden hier
höheren Kraftstoffverbrauch verursacht. Es ist deshalb durch zu einer porösen Filterfläche mit einer sehr großen
erforderlich, den Filter in gewissen Intervallen zu regenerie Oberfläche (etwa 1 m2 lFilter–1). Beim Durchgang durch die
ren, das heißt durch geeignete Betriebsbedingungen, die poröse Wand lagern sich die Partikel zunächst durch Diffu
brennbaren Bestandteile des Filtrats zu oxidieren (die nicht sion an die innere Oberfläche der Poren an. Nach kurzer Zeit
brennbaren Bestandteile des Filtrats bleiben als Asche bildet sich an der Oberfläche der Wände zunächst eine dünne
zurück). Der Betrieb lässt sich also in lange Phasen der Par Oberflächenfiltratschicht aus, welche eine wesentlich geringe
tikelabscheidung unterbrochen durch kurze Regenerations Porengröße aufweist als die Trägerstruktur und in der Folge
phasen unterteilen. Der Betrieb eines Partikelfilters erfor den größten Teil der Partikel abfiltriert. Mit zunehmender
dert deshalb eine Betriebsstrategie sowie weitere Komponen Beladungszeit wächst die Filtratschichtdicke, wodurch sich
ten die zusammen das DPF-System bilden. Es wird im Fol zunächst der Durchströmungswiderstand und im weitern
genden zunächst die für die Abscheidephase wichtige Struk Verlauf auch der Strömungswiderstand in den Einlasskanä
tur des DPF beschrieben, dann auf die Regenerationsphase len des Filters erhöht. Der Strömungswiderstand und der
eingegangen und schließlich die weiteren Bestandteile eines Filtrationswirkungsgrad hängen von der Wanddicke (0,3–
DPF-Systems erörtert. 0,4 mm) und der Größe der Poren ab. Außerdem ist die
Die Anforderungen an einen Partikelfilter sind: Kanaldichte (100–300 cpsi) wichtig für den Strömungswi
– Hoher Abscheidegrad auch für sehr kleine Partikel (je nach derstand. Eine hohe Kanaldichte erhöht zwar die innere
Gesetzgebung und Rohemission 50% bis 95%), Oberfläche und verringert hiermit den Wanddurchtrittswi
– Geringer Strömungswiderstand, derstand, führt auf der anderen Seite aber auch zu kleineren
– Thermische Beständigkeit, gegen die bei der Regeneration Kanaldurchmessern. Dies vergrößert den Strömungswider
auftretenden Temperaturen von bis zu 1000 °C, stand in den Kanälen, insbesondere wenn der Querschnitt
– Gute strukturelle und strömungstechnische Toleranz der Zulaufkanäle durch das Oberflächenfiltrat zusätzlich
gegenüber nicht oxidierbaren Partikelbestandteilen verengt wird. Bei einer neuen Entwicklung ist der Durch
(Filterasche). messer der einlaufenden Kanäle größer als der Durchmesser
der ablaufenden Kanäle, was den dort auftretenden Strö
Derzeit befinden sich vier Filtertypen in der Anwendung: mungsverlust durch ein Oberflächenfiltrat und die Verträg
a) Keramisches Extrudat aus Cordierit, lichkeit gegenüber Ascheablagerungen verbessert.
b) Keramisches Extrudat aus Siliziumcarbit (SiC), Sintermetallfilter werden aus Filtertaschen zusammenge
c) Sintermetallfilter (besonders für den Retrofitmarkt), setzt, die am Eingang zunächst einen großen Eintrittsquer
d) Partikelabscheider mit offenen Strukturen. schnitt aufweisen, der sich in Strömungsrichtung zuneh
mend verjüngt. Auch diese Geometrie führt zu einer Verrin
Die ersten drei Filtertypen basieren auf dem sog. Wand gerung des Zuströmverlustes und zu einer höheren Asche
stromfilterprinzip, bei dem die komplette Abgasmenge durch verträglichkeit.
15.5 Abgasnachbehandlung 507
Bei Wandstromfiltern wird das gesamte Abgas filtriert, ratur angehoben. Grundsätzlich kann die DPF-Temperatur
was zu Filterwirkungsgraden von über 95% für das gesamte durch Verschlechterung des Motorwirkungsgrads (Einspritz
relevante Größenspektrum (10 nm‑1 µm) führt. Kann der verlaufsänderung), durch Verringerung des Abgasmassen
Filter nicht rechtzeitig regeneriert werden, z. B. weil bei stroms (Ladedruckabsenkung, Androsseln) oder durch
einer Nachrüstlösung nicht alle Maßnahmen zur Einleitung nachmotorische Temperaturerhöhung (z. B. „Catalytic-Bur
einer Regeneration zur Verfügung stehen, so kann der ner“ am DOC) erhöht werden. Bei allen Maßnahmen muss
Abgasgegendruck soweit ansteigen, dass der Motorlauf darauf geachtet werden, dass der Restsauerstoffgehalt am
behindert wird. Dieses Verblocken des Filters ist bei DPF ausreichend hoch für eine zügige Regeneration ist
„offenen“ Partikelabscheidern nicht möglich. (>5%). Die Maßnahmen sind abhängig vom Motorbetriebs
In der Struktur des offenen Partikelabscheiders wird das punkt und werden zu Maßnahmenpaketen zusammenge
Abgas nicht zwangsweise durch eine Wand geführt, son fasst (Bild 15‑42).
dern zunächst durch in die Filterkanäle hineinragende Im Bereich 1 (Nennleistungsbereich) sind die motorischen
Taschen umgelenkt. Das Gas erhält hierdurch einen Impuls, Temperaturen bereits so hoch, dass keine weiteren Maßnah
der es in Richtung einer porösen Kanalwand beschleunigt. men eingeleitet werden müssen. Dieser Bereich kommt im
Bei geringer Filterbeladung durchdringt es ähnlich wie Pkw-Betrieb sehr selten vor.
beim Wandstromfilter zu einem großen Teil die Kanalwand
und baut ein Filtrat auf. Mit steigendem Durchtrittswider
stand nimmt der Anteil des durch die Wand durchtre
tenden Gases ab und der Anteil, der sich im Kanal an der
Tasche vorbei bewegt, nimmt zu. Bei derartigen Strukturen
ist der Abscheidewirkungsgrad deshalb abhängig von der
Beladung und liegt im realen Einsatz zwischen etwa 30%
und 70%.
Ähnlich wie beim DOC, richtet sich die Baugröße und
damit die Filterfläche des Filters nach dem Hubvolumen
(typischerweise VDPF/VHub = 1,2–2,0).
Die Regeneration des Filters ist je nach Auslegung und
Rohemission nach 300‑800 km erforderlich. Ruß verbrennt
mit dem im Abgas enthaltenden Sauerstoff oberhalb von
etwa 600 °C zu CO2 unter Wärmefreisetzung. Auslegepunkt
für die Regeneration ist die akkumulierte Rußmenge (je
nach Filtermaterial 5–10 g l–1). Ist diese Menge zu groß, so
kann es bei der exothermen Regeneration zu lokalen Tem
peraturüberhöhungen kommen, welche das Substrat bzw.
ggf. die katalytische Beschichtung schädigen.
Die zur Regeneration erforderlichen Temperaturen liegen
nur im Nennleistungsbereich des Motors vor. Es müssen
deshalb zusätzliche Maßnahmen und Hilfsmittel vorgese
hen werden, welche eine rechtzeitige Filterregeneration auch
im üblichen Fahrbetrieb ermöglichen.
Es gibt folgende Regenerationsstrategien:
1. Nichtkatalysierte Oxidation durch Restsauerstoff bei
550–650 °C,
2. Additiv unterstützte Regeneration,
3. Regeneration mit NO2,
4. Regeneration mit katalytisch beschichtetem Filter.
Nichtkatalytische Oxidation
Bei der nichtkatalysierten Oxidation wird durch verschie Bild 15-42 Motorische Maßnahmen zur Abgastemperaturanhebung
dene Maßnahmen die Filtertemperatur bis zur Zündtempe
508 15 Abgasemission von Dieselmotoren
setzt werden. Der Effekt ist zwar wesentlich geringer als beim rend der Regenerationsphase wird der Rußabbrand in
Einsatz von Kraftstoffadditiven, dafür entstehen andererseits Abhängigkeit von der Filtertemperatur und dem Sauerstoff
keine Additivaschen. massenstrom berechnet.
Die katalytische Beschichtung erfüllt mehrere Funktio Ein sog. Koordinator bestimmt aus den mit beiden Ver
nen: fahren ermittelten Werten der Rußmasse, die für die Rege
– Oxidation von CO und HC, nerationsstrategie maßgebliche Rußmasse.
– Oxidation von NO zu NO2. Mit der Regenerationsstrategie wird entschieden, wann
eine Regeneration ausgelöst wird und welche Maßnahmen
Wie beim DOC können auch am CDPF HC und CO unter eingeleitet werden. In Abhängigkeit vom eingesetzten Mate
Wärmefreisetzung oxidiert werden. Der entstehende Tempe rial wird ein Schwellwert für die Rußmasse festgelegt, ab der
raturhub wirkt in diesem Fall direkt an der Stelle, an der hohe eine Regeneration erfolgen soll, um eine thermische Schädi
Temperaturen zur Zündung des Rußes erforderlich sind. Die gung des Substrats während der Regeneration zu verhin
Wärmeverluste, welche bei der Verwendung eines vorgela dern. Es ist sinnvoll, eine Regeneration vorzuziehen, wenn
gerten katalytischen Brenners auftreten, können vermieden besonders günstige Verhältnisse (z. B. Autobahnfahrt) vor
werden. Wie beim katalytischen Brenner wird das erforder liegen. Die Regenerationsstrategie legt in Abhängigkeit von
liche HC und CO entweder durch eine motorische Nachein der Rußmasse, sowie des Motor- und Fahrzeugbetriebszu
spritzung oder durch eine nachmotorische Dosiereinrich stands fest, welche Regenerationsmaßnahmen durchzufüh
tung dem Abgasstrang zugeführt. ren sind. Diese werden als Statuswert den anderen Motor
An der katalytischen Beschichtung wird außerdem NO zu steuerungsfunktionen übergeben.
NO2 oxidiert. Dieses kann im geringen Umfang die Rußoxi Zur Vermeidung unkontrollierter Überhitzungen im Fil
dation bei niedrigen Temperaturen unterstützen. ter oder eines unkontrollierten Regenerationsabbruchs wird
Ein DPF-System besteht neben dem Partikelfilter aus die DPF-Temperatur während der Regeneration geregelt.
weiteren Komponenten: Als Stellgrößen stehen der Einspritzverlauf und die Luftmas
– DOC, der als katalytischer Brenner und zur Anhebung des se zur Verfügung.
NO2-Anteils verwendet wird,
– Temperatursensor vor DOC. Dient dazu, die HC-Umsatz 15.5.2.3 NOX-Reduktions-Katalysatoren
fähigkeit am DOC („Light-Off “-Zustand) zu bestimmen,
– Differenzdrucksensor. Dieser misst die Druckdifferenz Ähnlich wie bei der Partikelminderung können nur einige
über den Partikelfilter, aus dem sich mit dem Abgasvolu der theoretisch denkbaren Verfahren zur NOX-Minderung
menstrom der Strömungswiderstand errechnen lässt, im Fahrzeug umgesetzt werden.
– Temperatursensor vor DPF, der zur Bestimmung der DPF- Die bei Benzinmotoren erfolgreich eingesetzten Dreiwe
Temperatur dient. Diese Temperatur ist wichtig, um die gekatalysatoren, bei denen NOX mit sehr hohem Umsatz bei
Regeneration zu steuern. λ = 1 mit HC und CO zu N2, H2O und CO2 reagieren, lassen
sich im mageren Dieselabgas nicht einsetzen. Hier konkur
Ein DPF-System muss außerdem über geeignete Steuerge riert die gewünschte Reduktion von NOX mit der Reduktion
rätefunktionen verfügen, welche die Regeneration steuern des Restsauerstoffs, der in etwa 1000fach höherer Konzen
und überwachen. Während der Beladungsphase muss zu tration vorliegt.
nächst der Beladungszustand des Partikelfilters erfasst wer Derzeit befinden sich zwei Verfahren (SCR und NSC) in
den (Beladungserkennung). Hierfür werden verschiedene der Markteinführung.
Verfahren eingesetzt. Mit Hilfe des Differenzdrucksensors
wird der Strömungswiderstand bestimmt, der mit zuneh Selektive katalytische Reduktion (SCR)
mender Filterbeladung ansteigt. Die Korrelation zwischen
Rußmenge und Strömungswiderstand wird durch den Ein Beim SCR-Prozess (Selective Catalytic Reduction) wird NOX
fluss der Morphologie (z. B. Gleichverteilung der Schicht in einem geeigneten Katalysator mit Ammoniak (NH3) als
dicke über den Filter, Porosität des Filtrats) der Rußschicht Reduktionsmittel zu Stickstoff reduziert. Der SCR-Prozess ist
gestört, die von den zurückliegenden Betriebsbedingungen in Großfeuerungsanlagen bewährt und befindet sich bei
abhängt. Nutzfahrzeugen (seit etwa 2005) in der breiten Markteinfüh
Es wird deshalb zusätzlich die eingelagerte Rußmenge rung. Auch erste Anwendungen im Pkw. (ab etwa 2007) sind
modellbasiert berechnet. Diese ergibt sich aus der Integrati geplant.
on des motorischen Rußmassenstroms. Weiterhin wird der Die eigentliche SCR-Reaktion verläuft im Wesentlichen
Rußabtrag durch den CRT®-Effekt mit einbezogen. Wäh gemäß den folgenden Reaktionsgleichungen:
510 15 Abgasemission von Dieselmotoren
4 NO + O2 + 4 NH3 → 4 N2 + 6 H2O (15-11) Bei niedrigen Temperaturen (<300 °C) läuft die Reaktion
überwiegend über die Gleichung (15-12) ab. Zur Steigerung
NO + NO2 + 2 NH3 → 2 N2 + 3 H2O (15-12)
des Umsatzes befindet sich deshalb vor dem SCR-Katalysa
6 NO2 + 8 NH3 → 7 N2 + 12 H2O (15-13) tor und vor der Eindosierstelle ein oxidierender Katalysator,
der das NO2- zu -NOX-Verhältnis auf etwa 50% anhebt. Der
Eine Reaktion des Reduktionsmittels mit Sauerstoff findet Oxidations-Katalysator kann entweder der DOC oder ein
im SCR-Katalysator bei den fahrzeugüblichen Temperaturen CDPF sein.
unter 550 °C nicht statt, das heißt die Selektivität bezüglich Die NOX-Minderung ist über die SCR- und Hydrolyse
der NOX-Reduktion ist 100%. In den meisten Fällen domi reaktionen direkt mit der zudosierten AdBlue-Menge ver
nieren die beiden ersten Reaktionen. Die erforderliche bunden. Das Massenverhältnis aus AdBlue-Bedarf und
Reduktionsmittelmenge lässt sich dann direkt aus der ge NOX-Minderung beträgt 2 gAdBlue/gNOx. Das Dosierver
wünschten NOX-Minderung berechnen. Bezogen auf ein hältnis α (auch „Feed-Verhältnis“ genannt) ist definiert als
Tankintervall würde sich ein beträchtlicher NH3-Bedarf er das molare Verhältnis von zudosiertem NH3‑Äquivalent zu
geben (je nach Rohemission ca. 0,3%–1% der Kraftstoff dem im Abgas vorhandenen NOX. Die theoretisch maximal
menge), dessen Speicherung im Fahrzeug auf Grund der mögliche NOX-Minderung entspricht dem Dosier
Toxizität von NH3 sicherheitstechnisch bedenklich ist. verhältnis α. Bei α = 1 ist theoretisch eine vollständige
NH3 kann im Fahrzeug jedoch verhältnismäßig einfach NOX-Beseitigung möglich. Wird über eine längere Dauer
auch aus einer Reihe von Vorläufersubstanzen erzeugt wer mit α > 1 dosiert, so wird die Adsorptionsfähigkeit des
den. Diese Vorläufersubstanzen unterscheiden sich hin Katalysators überschritten und nicht umgesetztes NH3 ver
sichtlich Speicherdichte, Giftigkeit, Verfügbarkeit und Stabi lässt den SCR-Katalysator (NH3-Schlupf). NH3 hat eine sehr
lität voneinander. In den 90er Jahren hat sich die europä niedrige Geruchsschwelle (15 ppm in Luft). Ein zu großer
ische Automobilindustrie im Hinblick auf die Nutzung im NH3-Schlupf würde zu einer Geruchsbelästigung in der
Nkw auf die Verwendung einer 32,5%igen wässrigen Harn Umgebung führen. Neben der Umsatzoptimierung, welche
stofflösung (Markenname AdBlue®) geeinigt. Harnstoff durch ein möglichst großes Dosierverhältnis ermöglicht wird,
wird großtechnisch als Düngemittel eingesetzt und ist che muss deshalb auch auf einen möglichst kleinen NH3-Schlupf
misch bei Umweltbedingungen ausreichend stabil. Harn geachtet werden. Neben der Schlupfbegrenzung durch ein
stoff ist außerdem gut in Wasser löslich und bildet als genügend kleines Dosierverhältnis kann das entweichende
32,5%igen Lösung ein eutektisches Gemisch, dessen Gefrier NH3 auch durch einen nach geschalteten Oxidations-Kata
punkt –11 °C beträgt. lystor (Sperrkatalysator) beseitigt werden.
Die Harnstoff-Wasser-Lösung wird vor dem SCR-Kataly In ausgeführten Systemen kann der erreichte Umsatz
sator eindosiert und der enthaltene Harnstoff hydrolysiert kleiner als das über das Dosierverhältnis definierte theore
im Abgasstrang bei Temperaturen ab etwa 250 °C in einem tische Umsatzpotenzial sein. Für diese Abweichung gibt es
zweistufigen Prozess über Isocyansäure als Zwischenpro eine Reihe von möglichen Gründen:
dukt zu NH3. – Auch bei α < 1 kann ein NH3-Schlupf auftreten, wenn eine
unzureichende Homogenisierung der AdBlue-Lösung im
(NH2)2CO → NH3 + HNCO (Thermolyse) (15-14)
Abgas zu einer inhomogene Reduktionsmittelkonzentra
HNCO + H2O → NH3 + CO2 (Hydrolyse) (15-15) tion am Eintritt des SCR-Katalysators führt. Der erreichte
NOX-Umsatz wird um die durchtretende NH3‑Menge
In einer Nebenreaktion können aus der Isocyansäure feste gemindert.
Ablagerungen (Biuret und höhermolekulare Verbindungen) – Bei einer unvollständigen Hydrolyse geht Reduktionsmittel
entstehen. Zur Vermeidung dieser festen Ausscheidungen ist durch die Bildung von Abscheidungen für die SCR-Reak
es erforderlich, dass die Hydrolysereaktion durch die Wahl tion verloren.
geeigneter Katalysatoren und genügend hoher Temperaturen – Bei hohen Temperaturen kann ein Teil des NH3 durch
(ab etwa 250 °C) ausreichend schnell erfolgt. Oxidation mit Sauerstoff reagieren.
Das entstehende Ammoniak wird im SCR-Katalysator – Ist das NO2- zu -NOX-Verhältnis zu groß, so kann ein Teil
adsorbiert und steht dann für die SCR-Reaktionen zur Ver des NO2 gemäß Gleichung (15‑13) reagieren. Für diesen
fügung. Hohe Umsätze lassen sich mit NH3 im Temperatur Anteil ist der NH3-Bedarf um 30% größer als bei den
bereich von 180 °C bis 450 °C erreichen. Unter Berücksich Reaktionen gemäß den Gleichungen (15-11) und (15-12).
tigung der vorgelagerten Hydrolysereaktion ist ein dauerhaft
hoher Umsatz mit Harnstoff-Wasser-Lösung erst ab 250 °C Wie bereits beim DOC und DPF richtet sich das SCR-Kata
möglich. lysatorvolumen nach dem Hubraum (VSCR/VHub = 1,0–2,5).
15.5 Abgasnachbehandlung 511
Im praktischen Einsatz kann bei einem NH3‑Schlupf von – DOC oder CDPF, zur Erhöhung des NO2- zu -NOX-
<20 ppm ein NOX-Umsatz von 90% erreicht werden. Verhältnis,
Der erreichbare Umsatz hängt sehr stark von der Dosier – Temperatursensor nach SCR-Katalysator zur Bestimmung
strategie ab. In der einfachsten Ausführung wird das Reduk der SCR‑Temperatur,
tionsmittel mit einem konstanten Dosierverhältnis dosiert. – NOX-Sensor nach SCR (optional) zur Bestimmung der
Die erforderliche Reduktionsmittelmenge, die sich aus dem NOX-Konzentration und bei geeigneter Querempfind
NOX-Massenstrom ergibt, kann beispielsweise über Motor- lichkeit der NH3‑Konzentration,
oder Fahrzeugversuche ermittelt werden. Die Dosierfreigabe – NOX-Sensor vor SCR (optional) zur Verbesserung der
erfolgt, wenn die Temperatur am SCR-Katalysator die Arbeits Regelgüte,
temperatur (z. B. 250 °C–450 °C) erreicht hat. Diese einfache – Tanksystem zur Speicherung der Harnstoff-Wasser-
Dosierstrategie ist für einen stationären Motorbetrieb geeig Lösung, einem integrierten Füllstandsensor, einer Heizung,
net. Sie ist nicht geeignet, um bei im Fahrzeugbetrieb einem Temperatursensor (optional) und einem Qualitäts
üblichen dynamischen Betriebsbedingungen einen hohen sensor (optional),
NOX-Umsatz bei geringem NH3‑Schlupf zu erreichen. – Fördermodul bestehend aus einer Pumpe, welche die
Der SCR-Katalysator besitzt ein sehr gutes NH3-Speicher Harnstoff-Wasser-Lösung vom Tank zum Dosiermodul
vermögen (ca. 1 g l–1). Das Speichervermögen ist stark tem fördert. Bei einer luftunterstützten Gemischbildung, wird
peraturabhängig (z. B. ab 350 °C nur noch 10% vom Nieder außerdem mit einem Luftregelventil und einem Luft-
temperaturwert). Das Speichervermögen hat den Vorteil, drucksensor ein geeigneter Luftmassenstrom vom Luft
dass eine kurzzeitige Überdosierung von AdBlue nicht vorratsbehälter (Nkw‑System) zum Dosiermodul
direkt zu einem NH3-Schlupf führt und auch bei Tempera eingestellt,
turen, die zu niedrig für eine Hydrolysereaktion sind, ein – Dosiermodul, in dem durch ein Magnetventil eine exakte
NOX-Umsatz mit dem eingespeicherten NH3 ablaufen kann. Menge an Harnstoff-Wasserlösung eingestellt wird. In
Auf der anderen Seite besteht durch die Temperaturabhän einem luftunterstützten System gelangt diese Menge
gigkeit des Speichervermögens die Gefahr, dass bei zu zusammen mit der Druckluft in eine Mischkammer,
schnellen Temperaturerhöhungen ein Teil des adsorbierten von wo aus eine Leitung das Aerosol zur Eindosierstelle
NH3 desorbiert, was zu einem NH3‑Schlupf führt. Zur im Abgasrohr transportiert. In Systemen ohne Luftun
Beherrschung dieser Eigenschaft besitzt eine erweiterte terstützung erfolgt die Zerstäubung und Gemischbil
Dosierstrategie ein Speichermodell, welches die Speicherfä dung über eine entsprechende Düse direkt am Abgas
higkeit und den Speicherzustand des SCR-Katalysators rohr,
berücksichtigt. Der Speicherzustand des SCR-Katalysators – Steuerungseinheit, welche die Sensoren ausliest und ge-
wird durch die eindosierte Reduktionsmittelmenge erhöht mäß der Dosierstrategie die entsprechenden Aktoren
und durch den NOX-Umsatz und den auftretenden ansteuert. Gleichzeitig werden die Komponenten über
NH3‑Schlupf verringert. Ziel ist es, einen hohen NOX- entsprechende Diagnosefunktionen überwacht. Die
Umsatz mit einem temperaturabhängig optimalen Speicher Kommunikation mit dem Motorsteuergerät erfolgt über
zustand zu erreichen. In Phasen abnehmender Speicherfä einen CAN‑Bus.
higkeit wird deshalb die Dosiermenge gegenüber der Dosie
rung mit konstantem Dosierverhältnis verringert, bei NOX-Speicherkatalysator (NSC)
abnehmender Temperatur erhöht.
Ein hoher Umsatz mit geringem NH3‑Schlupf ist nur Der NOX-Speicherkatalysator (NSC – NOX-Storage-Catalyst;
möglich, wenn die Berechnung des Speicherzustands kor auch LNT – Lean NOX Trap) ermöglicht die NOX-Minde
rekt ist. In realen Systemen führen Driften in der Reduktions rung ohne einen zusätzliche Betriebsstoff zu tanken
mitteldosierung und Abweichungen in der NOX-Rohemis (Bild 15‑44).
sion dazu, dass der berechnete Speicherzustand vom realen Der NOX-Abbau erfolgt dabei in zwei Schritten:
Zustand abweicht, was entweder in einem zu geringen NOX- – Beladungsphase: NOX wird im mageren Abgas in die Spei
Umsatz oder bei hohen Dosierverhältnissen zu einem kon cherkomponente des Katalysators eingespeichert.
tinuierlichen NH3‑Schlupf führen würde. Höchste Umsätze – Regenerationsphase: das eingespeicherte NOX wird ausge
können erreicht werden, wenn die NOX‑ und NH3‑Konzen speichert und in fettem Abgas zu N2 reduziert.
trationen nach SCR-Katalysator gemessen werden und die
Dosierung entsprechend nachgeregelt wird. Die Beladungsphase dauert betriebspunktabhängig etwa
Ein vollständiges AdBlue‑SCR‑System umfasst folgende 30–300 s, die Regenerationsphase etwa 2–10 s. Durch diese
Komponenten und Teilsysteme (Bild 15‑43) Betriebsweise, werden die zu reduzierenden Stickoxide zu
512 15 Abgasemission von Dieselmotoren
nächst aufkonzentriert. Nur in der sehr kurzen Regenera- gebildete Nitrat instabil und es kommt zur thermischen Aus-
tionsphase werden diese aufkonzentrierten NOX zusammen speicherung von NOX.
mit dem Restsauerstoff durch das Reduktionsmittel redu- Neben der genannten Speichermöglichkeit als Nitrat
ziert. Der Anteil des bei der NOX-Reduktion parasitär wir- besitzt der Katalysator auch in begrenztem Umfang die
kenden Sauerstoffs wird hierdurch erheblich reduziert. Der Möglichkeit, NOX bei niedrigen Temperaturen in einer sog.
Reduktionsmittelbedarf kann dadurch auf einen Kraftstoff- Oberflächenspeicherung zu binden. Dieser Speicher reicht
mehrverbrauch von 2–4% begrenzt werden. aus, um beispielsweise während der Startphase, mit geringen
Katalysatortemperaturen, Stickoxide im ausreichenden
NOX-Einspeicherung Umfang zu speichern.
Der NSC ist mit chemischen Verbindungen beschichtet, Die Bildung der Nitrate aus den Karbonaten ist eine
welche eine hohe Neigung haben, mit Stickoxiden eine feste, Gleichgewichtsreaktion. Mit zunehmender Menge an
aber chemisch reversible Verbindung einzugehen. Beispiele gespeicherten Stickoxiden (Beladung) nimmt die Fähigkeit
hierfür sind die Oxide und Karbonate der Alkali- und des Katalysators, weiter Stickoxide zu binden, ab. Hierdurch
Erdalkalimetalle, wobei auf Grund des Temperaturverhal- steigt die durchgelassene NOX-Menge mit der Zeit an. Es
tens besonders häufig Bariumverbindungen verwendet wer- gibt zwei Möglichkeiten um zu erkennen, wann der Kataly-
den. sator so weit beladen ist, dass die Einspeicherphase beendet
Zur Nitratbildung muss NO schrittweise oxidiert werden. werden muss:
NO wird zunächst an einer katalytischen Beschichtung zu – Ein modellgestütztes Verfahren berechnet unter Berück-
NO2 oxidiert. Das NO2 reagiert anschließend mit den Spei- sichtigung des Katalysatorzustandes die Menge der einge-
cherverbindungen in der Beschichtung und Sauerstoff (O2) speicherten Stickoxide, daraus das verbleibende Speicher-
zum Nitrat: vermögen, den Einspeicherwirkungsgrad und damit die
Menge der durchgelassenen NOX.
BaCO3 + 2 NO2 + 1/2 O2 ' Ba(NO3)2 + CO2 (15-16)
– Ein NOX-Sensor hinter dem NOX-Speicherkatalysator
Der NOX-Speicherkatalysator speichert so die vom Motor misst NOX im Abgas und bestimmt so den aktuellen Füll-
emittierten Stickoxide ein. Die Speicherung ist nur in einem grad.
materialabhängigen Temperaturintervall des Abgases zwi-
schen 250 und 450 °C optimal. Darunter ist die Oxidation Zur Begrenzung des NOX-Durchtritts muss der Speicherka-
von NO zu NO2 sehr langsam, oberhalb von 450 °C ist das talysator nach der Einspeicherphase regeneriert werden.
514 15 Abgasemission von Dieselmotoren
Regeneration des NSC der als Dieselspray, als verdampfter Kraftstoff oder in Form
Bei der Regeneration werden die eingelagerten Stickoxide hochreaktiver Spezies, meist als Reformatgas (H2/CO-
aus der Speicherkomponente ausgespeichert und in die un Gemisch) erfolgen. Der Eingriff in die motorische Verbren
bedenklichen Komponenten Stickstoff und Kohlendioxid nung, insbesondere die Applikation einer Späteinspritzung
konvertiert. Die Vorgänge für die Ausspeicherung des NOX kann entsprechend verringert werden. Zur Verminderung
und die Konvertierung laufen getrennt ab. des Reduktionsmittelbedarfs sollte jedoch die Luftmasse
Dazu muss im Abgas ein Sauerstoffmangel (λ<1, auch z. B. durch Absenkung des Ladedrucks oder durch Andros
„fette Abgasbedingung“ genannt) eingestellt werden. Als seln abgesenkt werden.
Reduktionsmittel dienen die im Abgas vorhandenen Kom
ponenten Kohlenmonoxid (CO) und Kohlenwasserstoffe Desulfatisierung
(HC). Die Ausspeicherung – im folgenden beispielhaft mit Ein Problem von NOX-Speicherkatalysatoren ist ihre Schwe
CO als Reduktionsmittel dargestellt – geschieht in der Weise, felempfindlichkeit. Die Schwefelverbindungen im Kraftstoff
dass das CO das Nitrat (z. B. Bariumnitrat Ba(NO3)2) zu NO und Schmieröl werden während der Verbrennung zu Schwe
reduziert und zusammen mit Barium wieder das ursprüng feldioxid (SO2) oxidiert. Die im NSC eingesetzten Verbin
lich vorliegende Karbonat bildet. dungen zur Nitratbildung (BaCO3) besitzen eine sehr große
Bindungsstärke (Affinität) zum Sulfat, welche die Bindungs
Ba(NO3)2+3 CO → BaCO3+2 NO + 2 CO2 (15-17)
stärke des Nitrats übersteigt. Die Sulfate werden bei einer
Dabei entstehen CO2 und NO. Eine Rhodium-Beschichtung normalen Regeneration nicht entfernt, so dass die Menge des
reduziert anschließend die Stickoxide in einer vom Dreiwe gespeicherten Sulfats während der Betriebsdauer allmählich
gekatalysator bekannten Weise mittels CO zu N2 und CO2: ansteigt. Dadurch sind weniger Speicherplätze für die NOX-
Speicherung vorhanden und der NOX-Umsatz nimmt ab.
2 NO + 2 CO → N2 + 2 CO2. (15-18)
Speicherkatalysatoren erfordern deshalb die Verwendung
Mit zunehmendem Fortschritt der Regeneration wird weni von schwefelfreiem Kraftstoff (≤10 ppm).
ger Stickoxid ausgespeichert und damit weniger Reduktions Selbst beim Betrieb mit Kraftstoff mit einem Schwefelge
mittel verbraucht. halt von 10 ppm wird wegen der abnehmenden NOX-Spei
Es gibt zwei Verfahren, das Ende der Ausspeicherphase zu cherfähigkeit nach einer Fahrstrecke zwischen 500 und
erkennen: 2.500 km eine Schwefelregeneration (Desulfatisierung)
– Das modellgestützte Verfahren berechnet die Menge der erforderlich. Hierfür wird der Katalysator für eine Dauer
noch im NOX-Speicherkatalysator vorhandenen Stickoxide, von mehr als 5 min auf typischerweise über 650 °C aufge
– Eine Lambda-Sonde hinter dem Katalysator misst den heizt und mit Pulsen von fettem Abgas (λ < 1) beaufschlagt.
Sauerstoffüberschuss im Abgas und zeigt einen λ‑Wechsel Die möglichen Maßnahmen zur Temperaturerhöhung ent
auf λ<1 an, wenn die Ausspeicherung beendet ist (CO- sprechen dabei denjenigen zur DPF-Regeneration. Durch
Durchbruch). diese Bedingungen wird das Bariumsulfat wieder zu Barium
carbonat umgewandelt. Bei der Desulfatisierung ist durch
Die für die Regeneration erforderlichen fetten Betriebs die Wahl einer geeigneten Prozessführung (z. B. oszillie
bedingungen (λ < 1) können beim Dieselmotor durch Spät rendes λ um 1) darauf zu achten, dass das ausspeichernde
einspritzung und Ansaugluftdrosselung eingestellt werden. SO2 nicht durch Mangel an Rest-Sauerstoff zu Schwefelwas
Auf Grund der Drosselverluste und der nicht wirkungsgrad serstoff (H2S) reduziert wird (alternativ muss ein entspre
optimalen Kraftstoffeinbringung wird der Motor während chender „Sperr-Kat“ vorgesehen werden).
der Regenerationsphase mit einem schlechten Wirkungsgrad Die bei der Desulfatisierung eingestellten Bedingungen
betrieben. Um den Kraftstoffmehrverbrauch gering zu hal müssen außerdem so gewählt werden, dass die Katalysato
ten, sollte deshalb das Verhältnis der Dauern von Regenera ralterung nicht übermäßig erhöht wird. Hohe Temperaturen
tionsphase zur Einspeicherphase möglichst klein gehalten (typischerweise >750 °C) beschleunigen zwar die Desulfati
werden. Bei der Umschaltung von Mager- auf Fettbetrieb sierung, bedingen aber auch eine verstärkte Katalysatoralte
sind uneingeschränkte Fahrbarkeit sowie Konstanz von rung. Eine katalysatoroptimierte Desulfatisierung muss
Drehmoment, Ansprechverhalten und Geräusch zu gewähr deshalb in einem begrenzten Temperatur- und Luftzahl
leisten. fenster erfolgen und dabei den Fahrbetrieb des Fahrzeugs
Eine weitere Möglichkeit fette Betriebsbedingungen ein nicht beeinträchtigen.
zustellen, ist die nachmotorische Einbringung von Reduk Für die Auslegung von Speicherkatalysatoren ist vor allem
tionsmittel. Ähnlich wie beim Betrieb des katalytischen der Einspeichervorgang von Bedeutung. Die Einspeicher
Brenners (s. Abschn. 15.5.2.1) kann die Einbringung entwe effizienz hängt von der Katalysatortemperatur, der Edelme
15.5 Abgasnachbehandlung 515
tallbeladung, der Raumgeschwindigkeit und der verfüg NSC‑System kommt es je nach gewünschter NOX‑Min
baren Speichermenge ab. Das Verhältnis aus Katalysator derung und Systemauslegung zu einem Kraftstoffmehr
volumen zum Hubraum (VNSC/VHub) beträgt 0,8‑1,5. Die verbrauch von 2 bis 4%. Die Betriebskosten sind für
effiziente Oxidation von NO über NO2 zum Nitrat und die SCR‑Systeme bei vergleichbarer NOX-Minderung geringer
möglichst vollständige Nutzung der HC-Verbindungen bei als für NSC‑Systeme.
der Regeneration erfordern eine hohe Edelmetallbeladung
von etwa 100 g ft–3. Gelingt es den NSC möglichst motornah 15.5.3 Abgasnachbehandlungssysteme
anzubringen, so kann er die Funktionen des DOC überneh
men, so dass diese Komponente entfallen kann. Für die Gesamtauslegung eines Abgasnachbehandlungssys
NSC-Katalysatoren erlauben über die Lebensdauer eine tems (Bild 15‑45) ist zunächst das Wissen um die Funktion
NOX-Minderung von 50% bis 80%. jedes einzelnen Systembausteins erforderlich. Zusätzlich ist
es jedoch auch wichtig, die Wechselwirkung der Abgasnach
Vergleich der NOX-Minderungssysteme behandlungskomponenten untereinander zu verstehen. Es
muss außerdem darauf geachtet werden, dass durch eine gute
NSC- und SCR-Systeme unterscheiden sich durch eine Viel Abstimmung zwischen motorischen Maßnahmen der Emis
zahl von Eigenschaften. Die Entscheidung, welches System sionsminderung und dem Abgasnachbehandlungssystem
in einem Fahrzeug eingesetzt werden soll, hängt stark von eine robuste, hocheffiziente Schadstoffminderung mit mög
den Anforderungen und Rahmenbedingungen ab. Im Fol lichst geringem Aufwand erreicht wird.
genden werden die für die Entscheidung wichtigsten Unter Im Folgenden wird zunächst auf die Wechselwirkung der
schiede diskutiert. Abgasnachbehandlungskomponenten untereinander einge
– Der aus heutiger Sicht maximal erreichbare Wirkungsgrad gangen und dann die Verknüpfung mit der motorischen
von SCR-Systemen ist größer als derjenige von NSC- Emissionsminderung erläutert.
Systemen. Dieses Kriterium ist wesentlich, wenn es um
die Einhaltung sehr ambitionierter NOX-Grenzwerte 15.5.3.1 Wechselwirkung der Abgas-
geht. nachbehandlungsteilsysteme
– SCR-Systeme benötigen einen weiteren Betriebsstoff (z. B.
AdBlue®). Dies hat drei Konsequenzen, die zu beachten Die Abgasnachbehandlungskomponenten sind im Abgas
sind: strang seriell angeordnet, d. h. das physikalisch‑chemische
a) Der Betriebsstoff muss in der betreffenden Region zur Verhalten einer Komponente hat Auswirkung auf die strom
NOX-Minderung zugelassen sein. abwärts liegenden Komponenten. Für alle Komponenten ist
b) Die Betankung muss in geeigneten Intervallen gesichert der Abgasmassenstrom unter Berücksichtigung einer gerin
sein. gen Laufzeitverzögerung (Größenordnung 0,1–1 s) gleich.
c) Der Betriebsstoff muss im Fahrzeug bevorratet werden,
was Platz erfordert und – je nach Betriebsstoff – Thermische Kopplung
Maßnahmen zum Gefrierschutz und zum Auftauen
erforderlich macht. Losgelöst von ihrer chemischen Funktion besitzen alle
Abgasnachbehandlungskomponenten einschließlich der
Bei Nkw-Systemen wird derzeit in Europa eine flächen Rohre eine Wärmekapazität. Ändert sich die Temperatur des
deckende AdBlue-Infrastruktur aufgebaut, welche die Abgases vor einer Komponente, so führt dies zu einer
Befüllung im Tankintervall ermöglicht. Für Pkw könnte Temperaturänderung der Komponente und einer gedämpften
ein etwa 20 bis 25 l großer Tank auch für ein Wartungs Temperaturänderung des Gases hinter der Komponente
intervall ausreichen, so dass das Nachfüllen über Werkstät (thermischer Tiefpass mit einer Zeitkonstante in der Grö
ten möglich wäre. ßenordnung 10–100 s). Gleichzeitig wird Wärme aus dem
– Die hubraumproportionalen Katalysatorkosten sind bei Abgassystem über die Außenwand (Rohrwand, Katalysator
SCR‑Systemen geringer als bei NSC‑Systemen. Dafür gehäuse) an die Umgebung abgegeben, so dass weiter strom
entstehen durch das AdBlue‑System Fixkosten. Für Pkw abwärts liegende Komponenten eine geringere mittlere Tem
mit geringem Hubraum sind deshalb die Kosten für ein peratur aufweisen als stromaufwärts liegende Komponen
NSC‑System geringer, während für Nkw SCR‑Systeme ten.
preiswerter sind. Wie im vorigen Abschn. beschrieben, erfordern alle che
– Die Art und Höhe der Betriebskosten sind unterschiedlich. mischen Prozesse je nach Komponente minimale Arbeits
Beim SCR‑System wird AdBlue verbraucht, beim temperaturen von 150 °C (Light‑Off CO‑Oxidation) bis
516 15 Abgasemission von Dieselmotoren
Komponente
DOC CDPF NSC SCR Einspeicherung Regeneration
Schadstoff HC X –– –– – –
CO X –– –– –– –
Partikel – X – O –
NO – – X X X
NO2 + + X X X
X: Hauptzweck der Komponente; --: Schadstoff wird stark reduziert; –: Schadstoff wird reduziert; O: Keine Änderung; +: Schadstoff wird vermehrt;
: Schadstoff fördert Prozess stark; : Schadstoff fördert Prozess; : Schadstoff behindert Prozess.
relative Anordnung der Komponenten zu entscheiden. Aus der historischen Entwicklung heraus wurden Abgas
Neben der thermischen Kopplung ist der Einfluss der nachbehandlungssysteme zunächst ohne Eingriff in die
Schadstoffe auf die Funktion der Komponenten wichtig. Im motorische Verbrennung betrieben. Der DOC erreicht
Folgenden werden beide Wechselwirkungen gemeinsam kurze Zeit nach dem Motorstart die für die CO- und HC-
diskutiert. Oxidation erforderliche Light‑Off‑Temperatur und bleibt,
Befindet sich der DPF vor dem NOX‑Minderungssystem, abgesehen von langen Schub- oder Leerlaufphasen, bis zum
kann die DPF‑Beladung durch den CRT®‑Effekt verringert Abschalten des Motors oberhalb dieser Temperatur. Ähnlich
werden. Unter günstigen Bedingungen können hierdurch verhält es sich mit SCR‑Systemen. In den ersten Anwendun
die Regenerationsintervalle erheblich verlängert werden. gen wurde die für die angestrebte NOX-Konvertierung erfor
Außerdem ist es in dieser Anordnung leichter möglich, den derliche Dosiermenge über Motorprüfstands- und Fahr
DPF auf die Regenerationstemperatur zu bringen und dort zeugversuche ermittelt und entsprechend der so gewonnen
zu halten, da der thermische Tiefpass des NSC- oder Applikationsdaten in den Serienfahrzeugen zudosiert. Erst
SCR‑Katalysators entfällt. Andererseits führt die relativ bei höheren Anforderungen an die NOX‑Minderung wird
große Wärmekapazität des DPF dazu, dass das NOX-Minde die Berücksichtigung von Schwankungen in der motori
rungssystem erst sehr spät nach dem Start die Betriebstem schen NOX‑Emission so wichtig, dass nur mit Hilfe einer
peratur erreicht. Für hohe NOX‑Konvertierungsraten müs Regelung der Dosiermenge die Umsatzwerte erreicht wer
sen deshalb Startheizmaßnahmen vorgesehen werden. den können. Auch hier werden jedoch die motorischen
Befindet sich hingegen ein beschichteter DPF hinter einem Betriebsparameter während des Betriebs nicht an die Erfor
SCR‑System, so kann der DPF gleichzeitig die Funktion dernisse der Abgasnachbehandlung angepasst.
eines Sperrkatalysators für einen möglichen NH3‑Schlupf Diese Situation ändert sich, wenn Speicherkatalysatoren
übernehmen. oder Partikelfilter eingesetzt werden. Beide Systeme müssen
Die Fülle der Argumente zeigt, dass es keine allgemein regelmäßig regeneriert werden, wobei die Betriebsparame
gültige Empfehlung bezüglich der relativen Anordnung ter weit außerhalb des für Dieselmotoren üblichen Bereichs
geben kann. Häufig wird erst in Kombination mit der eingestellt werden. Beim Partikelfilter kommt hinzu, dass
Motor- und Fahrzeugauslegung klar, welche Anordnung für mit steigender Beladung der Abgasgegendruck steigt. Hier
das betreffende Fahrzeug die größeren Vorteile aufweist. durch steigt zunächst der Druck nach Turbolader und in der
Folge der Druck vor der Turbine. Diese Druckerhöhung
15.5.3.2 Wechselwirkung zwischen motorischen erhöht nicht nur die Ladungswechselverlustarbeit, sondern
Betriebsparametern und Abgasnachbehandlung hat auch Einfluss auf das Druckgefälle über die AGR‑Stre
cke. Eine Änderung des Abgasgegendrucks muss deshalb
Der vorangegangene Abschn. zeigte wie komplex die Wech vom Luftsystem ausgeglichen werden. Die Betriebsparame
selwirkung zwischen den verschiedenen Komponenten im ter ändern sich somit kontinuierlich mit dem Füllstand des
Abgasnachbehandlungssystem ist. Auch zwischen der moto Filters.
rischen Verbrennung und der Abgasnachbehandlung gibt es Auf Grund der Komponentenkosten, der komplexen
eine Reihe von Abhängigkeiten, die es im Sinne einer Ge Wechselwirkungen der Komponenten untereinander und
samtsystemauslegung zu optimieren gilt. der Rückwirkungen auf den Motorbetrieb ist es verständ
518 15 Abgasemission von Dieselmotoren
lich, dass versucht wird, die Emissionsziele mit möglichst 15.6.1 Abgas-Messanlagen für
geringer Komponentenzahl zu erreichen. Über die motori gasförmige Emissionen
schen Betriebsparameter (z. B. AGR‑Rate und Einspritzzeit
punkte) ist es möglich, das Verhältnis zwischen Ruß- und Die Messung der einzelnen Schadstoff-Konzentrationen er
NOX‑Emission zu verändern (sog. Ruß‑NOX‑Trade‑Off). folgt durch einzelne Abgasanalysatoren, die in einer AMA
Mit diesem Hilfsmittel gibt es zwei Hauptstrategien zur Ver zusammengebaut werden. Solche Anlagen (Bild 15‑46) be
ringerung des Aufwands in der Abgasnachbehandlung: stehen aus einer Basiseinheit, die eine Abgasprobe aus dem
a) eine Ruß‑optimierte Verbrennung mit einer nachmotori Abgastrakt des Motors entnimmt, das Probengas zur Anlage
schen NOX‑Minderung fördert, konditioniert und den einzelnen Analysatoren zur
b) Eine NOX‑optimierte Verbrennung mit einer nachmotori Messung der Konzentrationen zuführt. Zusätzlich sind auch
schen Partikelminderung. eine Vielzahl an Ventilen, die die verschiedensten Betriebs-
und Kalibriergase ebenfalls den Analysatoren zuführen, not
Bei der Ruß‑optimierten (und NOX‑reichen) Verbrennung wendig. Die Probenkonditionierung verhindert, dass sich
kann ein sehr günstiger motorischer Wirkungsgrad erreicht die Zusammensetzung der Probe auf dem Weg zu den Ana
werden. Außerdem entfällt der Gegendruckbeitrag des Par lysatoren verändert, wie zum Beispiel die Verhinderung von
tikelfilters, der ebenfalls zu einem spürbaren Kraftstoffmehr Kondensation von Wasser oder Ablagerungen von gewissen
verbrauch führt. Bei Nkw‑Anwendungen, bei denen die Be Kohlenwasserstoffverbindungen beim Dieselabgas. Außer
triebskosten sehr wichtig sind, ist deshalb die nachmoto dem werden aus dem Probengas zum Schutz der Analysa
rische NOX‑Minderung (mit einem SCR‑System) die Vor toren Partikel herausgefiltert.
zugslösung.
Andererseits werden in naher Zukunft die Partikelgrenz Null- und Endpunkt-Einstellung (Kalibrierung)
werte erheblich gesenkt. Sind die Partikelgrenzwerte nicht Bei allen Gasanalysatoren ist der regelmäßige Abgleich der
oder nur mit einem erheblichen Aufwand innermotorisch Null- und Endpunktkalibrierung erforderlich (Bild 15‑47). Je
zu erreichen, so kann es im Sinne einer Gesamtsystemopti nach Anwendung erfolgt diese vor jeder Messung oder zumin
mierung vorteilhaft sein, einen Partikelfilter mit einem sehr dest einmal pro Tag. Dazu werden ein Nullgas und ein Kali
hohen Abscheidewirkungsgrad einzusetzen und durch eine briergas aus Gasflaschen dem Analysator zugeführt und dessen
NOX-optimierte (und partikelreiche) Verbrennung den Auf Messwert auf die bekannte Konzentration dieser Kalibriergase
wand der nachmotorischen NOX‑Minderung zu vermeiden. abgeglichen. In der Regel erfolgt diese Kalibrierung vollauto
Dieser Weg wird derzeit bei europäischen Pkw‑Anwen matisch. Die absolute Genauigkeit der Messung ist maßgeb
dungen beschritten. lich von der Genauigkeit dieser Kalibriergase abhängig.
Schließlich gibt es neue Märkte für Dieselfahrzeug, z. B.
USA, bei denen sowohl die Partikel-, wie auch die Linearisierung
NOX‑Grenzwerte so gering sind, dass alle Maßnahmen der Um die Genauigkeit der Messwerte zwischen Nullpunkt und
innermotorischen und nachmotorischen Emissionsminde dem Endpunkt des Analysators sicherzustellen, wird eine Li
rung ergriffen werden müssen. Obwohl der hiermit verbun nearisierung durchgeführt (Bild 15‑48). Dazu werden über
dene Aufwand erheblich ist, kann der Weg angesichts der den Messbereich verteilt unterschiedliche Gaskonzentra
Alternativen lohnenswert sein. Denn nach wie vor sind Die tionen dem Analysator zugeführt und die Messwerte mit den
selmotoren den Ottomotoren im Wirkungsgrad erheblich erwarteten Konzentrationen verglichen. Im Falle von größe
überlegen. Dies ist angesichts weltweit begrenzter Kraftstoff ren Abweichungen (> 2%) wird eine mathematische Korrek
reserven und der CO2‑Emissionen ein zunehmend wichtiges tur der Messwerte durchgeführt (Linearisierungskurve).
Argument, die Steigerung des Dieselanteils voranzutreiben. Eine solche Linerarisierung oder zumindest deren Überprü
fung wird üblicherweise in Abständen von 3 Monaten durch
15.6 Abgasmessverfahren geführt. Die Vergleichskonzentrationen werden aus Null-
und Kalibriergas in einem hochgenauen und mehrstufigen
Abgas Messsysteme bestehen hauptsächlich aus Abgas-Mess Gasteiler zusammengemischt.
anlagen und Verdünnungssystemen. Für die Bestimmung
der umweltrelevanten Massenemission sind einerseits die Diagnosetests
Konzentrationen und andererseits die Abgasvolumina des Je nach Analysatortyp und Anwendung werden eine Vielzahl
Motors zu bestimmen. von Diagnosetests durchgeführt, die die Messqualität der
Anlagen sicherstellen. Dazu gehören unter anderem Quer
empfindlichkeitstests, die sicherstellen, dass der Messwert
15.6 Abgasmessverfahren 519
einer Gaskomponente nicht oder nur minimal durch andere für die einzelnen Kohlenwasserstoffmoleküle. Dies wird als
Gaskomponenten beeinflusst wird, oder Dichtheitstests der Strukturlinearität bezeichnet und mit Responsefaktoren ge-
Anlage. kennzeichnet. Diese Responsefaktoren geben den Unter-
schied zwischen dem Messwert des FID und der wirklichen
15.6.1.1 Messung der Kohlenwasserstoffe Konzentration der einzelnen Kohlenwasserstoffe an. Typi-
scherweise liegen sie zwischen 0,9 und 1,1.
Die Messung von Kohlenwasserstoffen erfolgt mittels eines Bei der Messung von Kohlenwasserstoffen im Abgas von
Flame Ionisation Detektors (FID) (Bild 15-49). Im Abgas Dieselmotoren muss die komplette Abgasprobe von der
gibt es eine Vielzahl von unterschiedlichen Kohlenwasser- Entnahmestelle bis zum FID auf 190 °C beheizt sein, da
stoff-Verbindungen. Im Regelfall ist es nicht von Bedeutung Dieselmotorenabgas viele Kohlenwasserstoffe enthalten, die
diese einzeln zu erfassen, sondern deren Gesamtsumme. Das unterhalb dieser Temperatur bereits kondensieren würden.
FID-Messprinzip misst die meisten unterschiedlichen Koh- Ohne diese Beheizung würden die dann kondensierten
lenwasserstoffverbindungen und ermöglicht damit dieses Kohlenwasserstoffe nicht gemessen werden und auch die
Summenergebnis. Gaswege verunreinigen.
abgegeben. Das entstehende Licht wird mit Fotodioden oder alles NO2 bereits zu NO umgewandelt wurde, getrocknet
Photomultiplieren gemessen. Die Intensität des Lichtes ist und dann ein nicht beheizter CLD Detektor eingesetzt.
direkt proportional zur NO-Konzentration in der Messzelle. Das sog. NOX-Quenching tritt auf, wenn NO2* Moleküle
noch vor der Lichtabgabe mit anderen geeigneten Molekülen
NO + O3 o NO2 + O2 (15-19)
kollidieren. Dann wird die Energie nicht als Licht sondern
bei ca. 90% der NO Moleküle in der Probe
an das andere Molekül abgegeben. Damit wird weniger Licht
NO + O3 o NO2* + O2 (15-20) erzeugt und es kommt zu einem zu kleinem Messwert. Im
bei ca. 10% der NO Moleküle in der Probe Abgas sind solche Moleküle vor allem H2O und CO2. Solche
Kollisionen treten öfters auf und damit ergibt sich auch ein
NO2* o NO2 + hQ (15-21)
größerer Quenching-Effekt, umso mehr Moleküle in der
mit h ... Planckkonstante
Messzelle sind. Daher werden die meisten CLD Analysatoren
hQ ... Lichtquantum (Photonen) (15-22)
im Vakuum (ca. 20 bis 40 mbar absolut) betrieben, womit die
Das benötigte Ozon O3 wird im Analysator selbst in einem Anzahl an Molekülen und damit das Quenching-Potenzial
Ozongenerator aus Sauerstoff O2 erzeugt, je nach Analysator- deutlich verringert wird.
typ geschieht dies aus reinem Sauerstoff, synthetischer Luft Neben der Kalibrierung und Linearisierung des Analysa-
oder Umgebungsluft. tors sind zwei Diagnosetests besonders wichtig beim CLD,
Ein CLD kann nur NO messen. Um NOX (NOX = NO + einmal der H2O- und CO2-Quenchtest, der das Maß an
NO2) messen zu können werden vor dem CLD Detektor alle Quenching überprüft und zum Anderen der NO2/NO-
NO2 Moleküle in NO umgewandelt. Dies geschieht in einem Konvertertest, der die Umwandlungsfähigkeit und Effizienz
beheizten NO2/NO Konverter, der ähnlich einem Katalysa- überprüft. Typischerweise soll die Effizienz über 90% lie-
tor diese Umwandlung bewerkstelligt. gen.
Da NO2 auch mit Wasser reagieren kann, muss zumindest
bis zum NO2/NO Konverter jegliche Wasserkondensation 15.6.1.3 Messung von Kohlenstoffmonoxid (CO)
verhindert werden. Anderenfalls würde das zu messenden und Kohlenstoffdioxid (CO2)
NO2 verloren gehen und sich aggressive Säuren bilden.
Üblicherweise werden deshalb der komplette Messgasweg Die Messung von Kohlenstoffmonoxid CO und Kohlenstoff-
und der Analysator beheizt. Bei älteren Analysatoren wurde dioxid CO2 erfolgt mittels Non-Dispersive Infra-Red Analy-
das Probengas erst nach dem NO2/NO-Konverter, in dem satoren (NDIR) (Bild 15-51).
522 15 Abgasemission von Dieselmotoren
schiedlichen Gasen. Bei CO- und CO2-Analysatoren ist das stoffmoleküle ins Zentrum des Magnetfeldes zu kommen. In
besonders eine Querempfindlichkeit zu Wasserdampf. Bei diesem Zentrum ist aber eine Quarzkugel, die keine magne-
CO-Analysatoren kommt es auch zu einer Querempfind- tische Eigenschaft aufweist. Da ein solcher Detektor sym-
lichkeit zu CO2. Eine solche Querempfindlichkeit bedingt metrisch ausgeführt ist, gibt es sowohl zwei Magnetfelder als
immer eine Erhöhung des Messwertes. Typischerweise wird auch eine zweite Quarzkugel. Beide Kugeln sind mit einem
das Probengas bei Rohabgas zuerst getrocknet bevor es zu Arm verbunden, man spricht auch von einer Hantel. Diese
den NDIR Analysatoren strömt. Damit ist eine Queremp- Hantel ist drehbar gelagert. Die Sauerstoffmoleküle, die ins
findlichkeit zu Wasser nicht mehr relevant. Nur in der ver- Magnetfeld drängen, versuchen die Hantelkugeln zu ver-
dünnten Beutelmessung (CVS-System) muss feuchtes Gas drängen. Je höher die Sauerstoffkonzentration ist, umso
gemessen werden. In solchen Applikationen sind Wasser- größer ist diese Verdrängungskraft. Auf der drehbaren Achse
Querempfindlichkeitstests (Interferenzchecks) erforderlich. der Hantel ist ein Spiegel montiert. Mittels eines Lichtstrahls
und eines Lichtdetektors wird die Auslenkung gemessen.
15.6.1.4 Messung von Sauerstoff O2 Entweder ist die Auslenkung selbst das Messsignal, oder es
wird über ein geregeltes Magnetfeld die Kugel immer im
Die Messung der Sauerstoff-Konzentration im Abgas Zentrum gehalten, dann ist der dazu nötige elektrische Strom
erfolgt mittels eines paramagnetischen Detektors (PMD) das Messsignal. In beiden Fällen ist das Messsignal direkt
(Bild 15-52). proportional zur Sauerstoffkonzentration im Probengas.
Das Messprinzip ist auch gering sensitiv zu NO, NO2 and
Messprinzip PMD: CO2, da diese Gase auch einen leicht paramagnetischen
Sauerstoff ist eines von wenigen Gasen, die eine paramagne- Effekt aufweisen. Da diese Gase in jeder Abgasmessanlage
tische Eigenschaft haben. In einer Messzelle wird das Pro- gemessen werden, wird diese geringe Querempfindlichkeit
bengas an einem starken Magnetfeld vorbeigeführt. Auf- mathematisch korrigiert. Da diese Querempfindlichkeit
grund ihrer magnetischen Eigenschaft versuchen die Sauer- relativ klein ist, spielt sie auch nur bei Ottomotoren eine
Rolle, die bei λ = 1 und darunter nur einen sehr kleine O2- Spiegels ergeben sich Weglängenunterschiede und daraus
Konzentration haben. Ohne Korrektur können Fehler in der Interferenzeffekte beim wieder vereinten Strahl. Abhängig
Größenordnung von 5000 ppm auftreten. von der Stellung des beweglichen Spiegels kommt es zu
Auslöschung oder Verstärkung einzelner Wellenlängen. Der
15.6.1.5 Sondermesstechnik so kontinuierlich modifizierte Infrarot-Strahl wird durch
die Messzelle geführt und es kommt zur Absorption einzel
Die oben angeführten Messprinzipien sind die Standard- ner Wellenlängen durch die unterschiedlichen Gaskompo
Messmethoden, oft auch konventionelle Messtechnik ge nenten in der Abgasprobe. Mittels der Fourier-Tranfor
nannt. Das sind auch die Messprinzipien, die in den meisten mation wird aus den Interferogrammen durch komplexe
Abgasgesetzgebungen [15-26], [15-27], [15-28], [15-30] vor mathematische Formeln ein Infrarot Spektrum (Intensität
geschrieben sind. Besonders im Forschungs- und Entwick über Wellenlänge) berechnet und mit speziellen Auswerte
lungsbereich werden auch andere Meßmethoden benötigt methoden lassen sich daraus die Konzentrationen der ein
und eingesetzt. Dies er-folgt, um ein noch besseres Bild von zelnen Gaskomponenten ermitteln.
der Abgaszusammensetzung zu erhalten und auch Gaskom
ponenten zu messen, die nicht oder noch nicht durch die Massenspektrometer (MS)
Gesetzgebung erfasst sind. Nachstehend sind einige solcher MS ermöglicht die Messung von vielen Gaskomponenten
Messmethoden aufgelistet. im Abgas. Dazu wird das Probengas ionisiert, das kann z. B.
mittels Reaktantgasen oder elektrischer Ionisation erfolgen.
Schnelle Messtechniken (Ultra Fast Response) Im Analysator werden die Ionen nach ihrer Masse getrennt.
Diese beruhen auf den konventionellen Messprinzipien, wie Dafür gibt es mehrere Methoden, alle beruhen aber darauf,
oben dargestellt. Die Messsysteme sind aber auf schnelle Sig dass es zu Unterschieden in der Bewegung der Ionen im
nal-Ansprechzeiten von wenigen Millisekunden getrimmt. Analysator kommt, abhängig von deren Masse. Das können
Dadurch ergeben sich allerdings deutlich geringere Stand zum Beispiel Laufzeitunterscheide oder unterschiedliche
zeiten und kürzere Wartungsintervalle. Kurvenradien bei der Ablenkung sein. Solche Geräte wer
den wegen ihrer Komplexität jedoch eher im Laborbereich
Non Dispersive Ultraviolett Analysator (NDUV) eingesetzt als im regulären Prüfstandsbetrieb. Besonderen
Ähnlich einem NDIR-Analysator werden auch hier Gaskom bei der Messung von Schwefelkomponenten (SO2, H2S,
ponenten gemessen. Im Gegensatz zum NDIR wird aber ul COS) und Wasserstoff H2 werden MS Systeme verwendet.
traviolettes Licht verwendet. Diese Analysatoren werden
meistens zur Messung von NO, NO2 und NH3 eingesetzt. Dioden-Laser-Spektroskopie (DIOLA)
Dies ist ähnlich zum Infrarot Messprinzip wie es in NDIR-
Fourier Transform Infrarot Spectroscopy (FTIR) Analysatoren verwendet wird, jedoch ergeben sich sehr
Das ist eine optische Messmethode, die eine Vielzahl an Ab kurze Signal-Ansprechzeiten. Sie finden besonders bei der
gaskomponenten zeitgleich misst. Die Messung basiert auf Entwicklung von Katalysatoren Anwendung.
der Absorption von infrarotem Licht durch die einzelnen
Gaskomponenten. Besonders für moderne Dieselmotoren Abgas-Verdünnungssysteme
mit Abgasnachbehandlungssystemen, wie NOX-Speicher- Prinzipiell erfolgt die Bestimmung der umweltrelevanten
und SCR-Katalysatoren und Dieselpartikelfilter wird die Schadstoffmassen im Abgas aus der Konzentration der je
FTIR verbreitet eingesetzt. In diesen Anwendungen ist be weiligen Abgaskomponente, deren Dichte und dem Abgas
sonders die differenzierte Messung von NO, N2O, NO2, NH3 volumenstrom des Motors. Im stationären Motorbetrieb ist
und anderen Abgaskomponenten wichtig. dies eine relativ einfache Aufgabe. Im instationären Betrieb
FTIR verwendet ein breites Wellenband im Infrarot um ist es dagegen eine eher komplizierte Messtechnik, die so
zeitgleich alle Spektralinformationen der Abgasprobe zu wohl den schnellen Änderungen im Abgas folgen, als auch
erfassen. Die Intensität der einzelnen Infrarot-Wellenlängen Konzentrationen über mehre Zehnerpotenzen genau mes
wird kontinuierlich verändert. Das erfolgt mittels eines sen können muss. Zusätzlich ist auch der sehr dynamische
Michelson-Interferometers. Die Infrarotstrahlung der Licht Abgasvolumenstrom zu messen. Die gemessenen Daten
quelle wird mit einem Strahlungsteiler in zwei Strahlen müssen dann vor der weiteren Berechnung zeitlich genau
aufgeteilt. Einer der Strahlen trifft auf einen beweglichen zugeordnet werden, da jedes Signal unterschiedliche Lauf
Spiegel, der andere auf einen fixierten Spiegel. Anschließend zeitverzögerungen aufweist. Diese Anforderungen waren
werden die beiden Strahlen wieder zu einem Strahl zusam am Beginn der Abgasgesetzgebung nicht erfüllbar, daher
mengeführt. Durch die kontinuierliche Bewegung des einen wurde nach alternativen Methoden gesucht, die diese Auf
15.6 Abgasmessverfahren 525
(15-23)
Vollstrom-Verdünnung CVS
Durchflussmessung und aktive Regelung tionalität gegeben. Für die Partikelmessung ist der Einsatz
In einigen neueren Gesetzgebungen ist auch die Verwendung von Düsen in der Probenentnahme nicht zulässig, da es zu
einer Durchflussmessung und die aktive Regelung des Ge Partikelabscheidung an der Düsenverengung kommt und
bläses zulässig. die niederen Drücke hinter der Düse zu einer veränderten
Die Durchflussmessung erfolgt dann entweder mit einer Partikelformation führen können. Entweder wird hier die
unterkritisch betriebenen Düse (Sub-Sonic-Venturi, SSV). Partikelentnahme proportional zum CVS-Durchfluss aktiv
Da in dieser Düse nicht wie bei der CFV Schallgeschwindig nachgeregelt (moderne Partikelsammler) oder die Tempera
keit erreicht wird, erfolgt die Berechnung des Durchflusses tur vor der CVS-Venturi wird durch den Einsatz eines Wär
mittels des Differenzdruckes an der Düse nach der Bernoulli- metauschers vor der CVS-Venturi konstant gehalten und
Gleichung. Alternativ werden auch Ultraschall-Durchfluss damit auch der Durchfluss. Da eine CVS über den Verdün
messer (Ultrasonic Flow Meter, UFM) verwendet. nungslufteingang immer offen ist zur Umgebung kommt
es zu keinen signifikanten Druck-Veränderungen, die den
Übliche Durchflussbereiche eines CVS-Systems Durchfluss verändern würden.
Je nach Anwendung und Motorgröße werden CVS-Systeme
mit unterschiedlichen Durchflussbereichen eingesetzt. Der Anforderungen bei der Messung von Dieselmotoren
Durchfluss muss hinreichend groß sein um eine Wasserkon Bei der Messung von Dieselabgas bestehen noch zusätzliche
densation im System zu verhindern, und bei Dieselmotoren Forderungen, die hauptsächlich die Messung von Partikel- und
die Temperatur des verdünnten Abgases bei der Partikelmes Kohlenwasserstoff-Emissionen betrifft, siehe Bild 15-56.
sung immer unter 52 °C zu halten. Für die Partikelmessung wird ein sog. Verdünnungstun
Nutzfahrzeugmotoren 120…180 m3/min nel an der CVS verwendet. Im Grunde ist dies nur ein
Personenkraftwagen 10…30 m3/min langes gerades Rohr aus Edelstahl, mittels dem eine realis
Motorräder 1…5 m3/min tische Partikelformation stattfinden soll. Der Durchmesser
ist so zu wählen, dass immer eine turbulente Strömung
Probennahme an einer CVS gegeben ist und die Reynolds Zahl (Maß für die Turbulenz)
Für die Analyse der verdünnten Konzentrationen in der CVS über 4000 liegt. Die Länge soll so sein, dass die Verweilzeit
wird nur eine kleine Menge an Gas aus der CVS entnommen. des verdünnten Abgases im Tunnel ausreichend ist, um die
Damit werden Beutel gefüllt, die vor dem Test evakuiert wur Partikelformation in der Umwelt zu simulieren. Üblicher
den und nach dem Test analysiert werden. Die Abgaskon weise wird dazu eine Länge des Verdünnungstunnels vom
zentration im Beutel ergibt einen zeitlichen Mittelwert über 10 fachen des Durchmessers verwendet. Die Verdünnung
den Test. Für die Bestimmung der Partikelemissionen wird muss auch groß genug sein um die Temperatur des ver
das verdünnte Abgas über Analysefilter geleitet, auf denen dünnten Abgases an der Stelle der Partikelmessung immer
die Partikel aus der entnommenen Probe abgeschieden wer unter 52 °C zu halten. Bei Nutzfahrzeugen reicht dazu meist
den. Die Analysefilter werden vor und nach der Messung die Verdünnung der bereits sehr großen CVS-Anlagen nicht
gewogen um die Menge der abgeschiedenen Partikel zu be aus. Es wird dann eine doppelte Verdünnung durchgeführt,
stimmen. bei der der entnommene kleine Probenstrom aus der CVS
Damit die Bestimmung der Gesamtemissionsmassen aus nochmals verdünnt wird. Man spricht von einer sekundären
dem gesamten CVS-Volumenstrom während der Messung Verdünnung.
und den im Beutel gemittelten Konzentrationen sowie der Die Partikel Messung selbst erfolgt am Ende des Verdün
abgeschiedenen Partikelmasse am Filter korrekt erfolgt, ist nungstunnels, mittels eines Partikel Sammlers (PTS). Dieser
es nötig, dass der Probenstrom in den Beutel und durch den zieht eine einstellbare Menge an verdünntem Abgas über
Partikelfilter proportional zum CVS-Durchfluss ist. Analysefilterplättchen. Diese Filter werden vor und nach der
Da der Durchfluss an einer CVS nicht absolut konstant Messung abgewogen, und aus dem Gewichtszuwachs und
ist sondern abhängig vom Druck und der Temperatur vor den Durchflüssen werden die Partikelemissionen berech
der Düse leicht variieren kann, muss entweder der Proben net.
strom diesen Änderungen proportional folgen oder es wird Kohlenwasserstoffverbindungen sind im Dieselabgas
der CVS-Durchfluss hinreichend konstant gehalten. Für die deutlich höhersiedend als die im Abgas aus Ottomotoren.
gasförmigen Abgaskomponenten, die in die Beutel gefüllt Dies rührt von der Herstellung des Kraftstoffes her. Verein
werden, ist dies im Falle einer CFV-CVS erfüllt, wenn auch facht dargestellt besteht Benzin aus Kohlenwasserstoffen die
dieser Probenstrom über eine CFV erfolgt. Damit ist jegli bis zu 200 °C verdampfen und Diesel aus solchen die zwi
cher Druck- oder Temperatur-Einfluss für beide Düsen schen 200 °C und 400 °C verdampfen. Daher können Koh
(CVS- und Proben-Düsen) identisch und die nötige Propor lenwasserstoffe vom Dieselabgas auch bei höheren Tempe
528 15 Abgasemission von Dieselmotoren
raturen noch kondensieren und werden damit nicht mehr „CVS-Prinzip“ mit gefilterter Luft gemischt und ein Teil-
als gasförmige Komponenten gemessen und führen zu Ver- strom des verdünnten Abgases, der eine Temperatur <52 °C
unreinigungen der Messsysteme, die nachfolgende Mes- aufweisen muss, über inerte Filter mit >99% Abscheidegrad
sungen negativ beeinflussen würden, man spricht von gezogen. Aus dem Massenzuwachs des Filters wird die
Hang-Up-Effekten. Deshalb werden die Kohlenwasserstoffe Emission berechnet. In Bild 15-56 ist dies für eine Anlage
nicht aus den Beuteln gemessen, wie bei Ottomotoren, son- mit Sekundärverdünnung, wie sie für Nutzfahrzeuge übli-
dern direkt vom CVS-Verdünnungstunnel. Alle gasführen- cherweise verwendet wird, schematisch dargestellt. Bei Pkw
den Leitungen und Komponenten für die Kohlenwasser- wird die Emission des Fahrzeugs am Rollenprüfstand im
stoffmessung, inklusive des Analysators (FID) werden auf Prinzip gleich, jedoch ohne Sekundärverdünnung, gemes-
190 °C beheizt. Damit wird eine solche Kondensation unter- sen.
bunden. Partikel setzen sich aus Ruß, adsorbierten organischen
Bei Nutzfahrzeugmotoren wird zusätzlich zu der Kohlen- Komponenten, kondensierter und adsorbierter Schwefel-
wasserstoffmessung auch noch die Stickoxidmessung beheizt säure und festen Bestandteilen wie Abrieb, Aschen etc.
und direkt aus dem Verdünnungstunnel durchgeführt. zusammen. Kondensierte und adsorbierte Substanzen wer-
den im Wesentlichen erst im Verdünnungstunnel gebildet,
15.6.2 Messung der Partikel- und Staubemission aber auch die Rußkonzentration ist – entgegen ersten
Erwartungen – zwischen Motor und Mess-Filter nicht völlig
15.6.2.1 Partikelemission – Verdünnungstunnel stabil [15-29]. Es ist daher einsichtig, dass schon kleine
Änderungen in der Auslegung der Verdünnungs- und Parti-
Die in allen gesetzlichen Bestimmungen angegebenen kelsammelanlage einen Einfluss auf die gemessene Partikel-
Grenzwerte für die Partikelemission beruhen auf einer inte- masse hat.
gralen Messung durch gravimetrische Bestimmung der Par- Um bei abnehmender Partikel-, vor allem auch Ruß-
tikelmasse nach Verdünnung in einem Vollstrom- oder Teil- Emission die Wiederholbarkeit und Reproduzierbarkeit der
stromtunnel, wie sie zuerst von der US EPA („environmental Messmethode zu erhöhen, hat die US-EPA ab 2007 das Ver-
protection agency“) definiert [15-26] und dann weltweit dünnungs-, Partikelsammlungs- und Wäge-System genauer
übernommen wurde [15-27], [15-28]: Abgas wird nach dem spezifiziert [15-30], [15-31].
15.6 Abgasmessverfahren 529
In der EU (und damit in fast allen Ländern Asiens und Kondensationskernzähler (PNC), andrerseits werden die
Lateinamerikas) ist für Nutzfahrzeuge die Verwendung von flüchtigen Nanopartikel Anteile eliminiert, sodass nur nicht-
Teilstromverdünnungstunneln erlaubt [15-32], die einen flüchtige Partikel, d. h. hauptsächlich Rußpartikel gezählt
konstanten Prozentsatz des Abgases verdünnen, wie es in werden. Der Hintergrund für diese Anforderung hat zwei
der Norm ISO 16183 festgelegt ist [15-33]. Dem Platz- und Seiten. Einerseits scheinen nichtflüchtige Partikel toxikolo-
Kostenvorteil dieser Systeme – siehe Prinzip-Darstellung gisch relevanter für die menschliche Gesundheit zu sein,
Bild 15-57 – steht eine aufwändige Regelung der Massen- andrerseits hat sich herausgestellt, dass es extrem schwierig
ströme gegenüber. Zusätzlich müssen mehrere Randbedin- ist, Emissionen von flüchtigen Partikeln reproduzierbar zu
gungen beachtet werden, damit die gemessene Emission messen. Das ist kein Problem der Messung per se – flüchtige
gleich der einer Vollstromanlage ist [15-34].
15.6.2.2 Partikelzählung
Partikel können genauso gezählt werden wie feste – aber die 15.6.2.4 Alternative Verfahren
Bildung von homogen kondensierten Kohlenwasserstoffen
und Sulfaten nach Partikelfilter ist extrem empfindlich auf Die gravimetrische Ermittlung der Partikelemission hat gra-
kleinste Änderungen der Motor- oder Abgaskonditionie- vierende Nachteile: sie ist aufwändig und integrierend. Für
rung. Drittens wird vor dem PNC noch mal verdünnt, um die Motorentwicklung ist jedoch häufig eine schnelle Mes-
das Abgas abzukühlen und die Partikelanzahl weiter abzu- sung und/oder die Zeitzuordnung der Emission zu den dy-
senken. namischen Fahrzuständen erforderlich. Es wurden daher
Das derartig konditionierte Abgas kann auch auf Parti- eine Reihe einfacherer und/oder dynamischer Messverfah-
keleigenschaften wie Größenverteilung, aktive Oberfläche ren entwickelt. Im Allg. weichen die Messgrößen aber von
etc. untersucht werden (nicht notwendig nach PMP). den gesetzeskonform ermittelten Partikeln ab, und die ermit-
Kondensationskernzähler (Condensation Particle Coun- telten Korrelationen sind nur bedingt gültig. Eine besondere
ting) sind die empfindlichsten Systeme zur Messung der Rolle nimmt hier allerdings die Messung der Rußemission
Partikelanzahl (Particle Number Counting) im sub-µ- ein, da diese auch für sich allein genommen ein wichtiger
Bereich bis hin zu einigen Nanometern. Das Prinzip eines
CPC ist in Bild 15-59 dargestellt. Aus Nanopartikeln werden
durch heterogene Kondensation von übersättigtem Dampf
„Mikropartikel“ generiert. Diese werden anschließend mit-
tels einer Streulichtmethode gezählt.
15.6.2.3 Staubmessung
Bild 15-66 TEOM: Glaskanüle mit dem Filter an der Spitze. Die Vibrationsfre-
quenz der Glaskanüle ändert sich bei Beladung des Filters [15-40]
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