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6.1 Mechanische Regelung zeichnet. Der P‑Grad des Reglers wird ausgehend von der
oberen Leerlauf‑(Nulllast-)‑Drehzahl nLo auf die obere Voll‑
6.1.1 Aufgaben des mechanischen Drehzahlreglers lastdrehzahl nVo (Nenndrehzahl) bezogen:
Bild 6-2 Reglerkennfeld Leerlauf-Enddrehzahlregler mit positiver Angleichung; A Startregellage; B Leerlaufpunkt bei kaltem Motor; L Leerlaufpunkt bei warmem
Motor; nLu untere Leerlaufdrehzahl; n1 Angleichbeginn; n2 Angleichende; nVo obere Volllastdrehzahl; nLo obere Leerlaufdrehzahl
Bild 6-4 Systemübersicht Steuergerät: Links: Signalaufbereitung; Mitte: Digitaler Rechnerkern; Rechts: Endstufen zur Ansteuerung der Aktoren (BOSCH)
6.2 Elektronische Regelung 203
Bild 6-5
Schnittmodell Motorsteuergerät
(BOSCH)
Funktionen dar. Dabei ist ein wichtiger Aspekt der Beherr‑ kalischen Auflösung ohne Informationsverlust abbilden. In
schung eines hochkomplexen Systems seine Modularität, einer digitalen Signalbehandlung wird das Signal gefiltert,
d. h. die Unterteilung in beherrschbare Einzelfunktionen um EMV-Einstrahlung, Mikrounterbrechungen und andere
und die Wiederverwendbarkeit aus wirtschaftlichen Grün‑ Störungen auszublenden. Ebenso wird das Signal entspre‑
den. In einer Motorsteuerung müssen die Schnittstellen der chend der Kennlinie des Sensors linearisiert, so dass für die
Funktionen zunächst nach einheitlichen Kriterien definiert folgenden Regler der physikalische Wert der Messgröße zur
werden, dabei haben sich physikalische Größen (z. B. Dreh‑ Verfügung steht. Dieser physikalische Wert wird in heutigen
moment) gegenüber den früher verwendeten Messgrößen Rechnersystemen als 32‑bit Zahlendarstellung weiterverar‑
(z. B. Luftmenge) durchgesetzt. Die Architektur definiert beitet. Durch diese hohe Auflösung haben die Regelalgorith‑
auch die Kommunikation zwischen den Funktionen, z. B. men selbst keinen merkbaren Einfluss auf die Genauigkeit
wie Information bereitgestellt, angefordert und übertragen des Ergebnisses.
wird. Ebenso muss die Architektur das gewünschte Echtzeit‑
verhalten berücksichtigen: Manche Funktionen müssen syn‑ 6.2.5.3 Motorfunktionen
chron mit der Motordrehzahl berechnet werden (z. B. Ein‑
spritzsystem), andere wiederum laufen in festen Zeitrastern Als Motorfunktionen bezeichnet man alle Funktionen, wel‑
ab (z. B. Kommunikation mit anderen Steuergeräten im che den Verbrennungsprozess regeln, von der Erfassung der
Fahrzeug). Eine dritte Kategorie von Software ist ereignisge‑ Luftmenge bis zur Ansteuerung der Einspritzventile. Eine
steuert, d. h. die Software reagiert auf ein von außen eintref‑ besondere Kategorie von Motorfunktionen stellen dabei die
fendes Signal. Dies erfordert motorsteuerungstaugliche Abgasnachbehandlungsfunktionen dar, mit deren Hilfe Ver‑
Echtzeitbetriebssysteme gemäß OSEK-Standard (open sys brennung und Katalysatoren so geregelt werden, dass die
tems and the corresponding interfaces for automotive electro Abgasqualität optimiert und die gesetzlichen Grenzwerte
nics; www.osek.vdx.org). nicht überschritten werden.
Da der Umfang der Software sehr stark ansteigt, wird in Einen Überblick über die Motorfunktionen gibt Tabel‑
Zukunft die Software herstellerübergreifend in verschiedene le 6‑2, wichtige Abgasfunktionen sind in Tabelle 6‑3 zusam‑
Steuergeräte integriert werden müssen. Dazu wird als her‑ mengefasst.
stellerübergreifende Architektur AUTOSAR standardisiert
(www.autosar.org). Ziel ist, Modularität, Skalierbarkeit, Wie‑ Drehmoment Management
derverwendbarkeit, Portabilität und Standardisierung von
Schnittstellen zu erreichen, damit noch wesentlich komple‑ Das Drehmoment ist die dominierende physikalische Erhal‑
xere SW‑Systeme als heute zu vertretbaren Kosten beherrsch tungsgröße innerhalb des Antriebsstrangs. Sie ist für Benzin-
bar werden. und Dieselmotoren identisch, wodurch Funktionsstrukturen
unabhängig von der Art des gewählten Verbrennungsmotors
6.2.5.2 Digitale Regler sind. Deshalb wird der Antriebsstrang über das Drehmo‑
ment koordiniert. Der Fahrer fordert mit Betätigung des
Die digitale Realisierung der Regler in einem Mikroprozessor Fahrpedals ein bestimmtes Drehmoment an den Rädern.
system bringt gegenüber der analogen Darstellung eine Reihe Dieses wird zurückgerechnet über das Differenzial, das Ge‑
von Besonderheiten mit sich. So lassen sich z. B. fast beliebig triebe (mit Getriebeverlusten) zum Drehmoment an der
komplexe Regelalgorithmen darstellen. Die Regler unterlie‑ Kupplung. Da zu jedem Zeitpunkt verschiedene Hilfsaggre‑
gen keinerlei Alterungseffekten und die Grenzwertüberwa‑ gate (Klimakompressor, Lichtmaschine usw.) unterschied‑
chung kann zur Systemdiagnose verwendet werden. Mitei‑ liche Drehmomente für sich fordern, müssen diese bekannt
nander koppeln lassen sich Regler auf vielfältigste Weise, sein und in das Motorausgangsmoment eingerechnet wer‑
z. B. sind mehrere Regler zeitlich synchronisierbar und die den. Nach weiterer Berücksichtigung der Reibungsverluste
Eingangsgrößen können zeitgleich vielen Reglern zu Verfü‑ des Motors selbst ergibt sich das innere Drehmoment des
gung stehen, auch wenn sich diese Regler in mehreren Steuer Motors, welches die Basis für die erforderliche Einspritz‑
geräten befinden, die über ein Datennetzwerk miteinander menge ist. Allerdings wird in modernen Fahrzeugen der
in Verbindung stehen. Fahrerwunsch nicht in dieser direkten Weise umgesetzt:
Die Quantisierung der analogen Sensorsignale erfolgt Traktionskontrollsysteme, Fahrgeschwindigkeitsregelungen
üblicherweise mit 8‑bit Analog/Digital-Convertern (ADC), oder Bremsassistenten können zusätzlich das Radmoment
bei höheren Anforderungen an die Auflösung werden auch beeinflussen. Vorteile des Drehmoment-Managements lie‑
10‑bit ADC verwendet. Damit lassen sich der Messbereich gen insbesondere im Schutz der Komponenten des Antriebs
und die Genauigkeit der Sensoren im Rahmen ihrer physi‑ strangs durch Drehmoment-Begrenzungen, im ruckfreien
6.2 Elektronische Regelung 205
misches Modell der Auspuffanlage, ein thermodynamisches gerte und späte Nacheinspritzung mit Verbrennung im
Modell des Turboladers sowie der Katalysatoren. Oxidationskatalysator.
Die Lambda Regelung erfasst mit Hilfe eines Lambda- Ziel ist eine Erhöhung der Temperatur auf 600 °C, bei der
Sensors im Auspuff den Sauerstoffgehalt der Verbrennungs- der Ruß verbrennt. Der Ladezustand des Filters wird einer-
abgase. Über ein regelungstechnisches Modell wird der seits über ein Beladungsmodell aus den Betriebsparametern
Sauerstoffgehalt an der Position der Lambda-Sonde zunächst des Motors und seiner Betriebsdauer errechnet, andererseits
berechnet und mit dem gemessenen Wert verglichen. Die mittels Druckdifferenzsensor über dem Partikelfilter gemes-
Differenz geht als Korrekturgröße in das Luftmodell ein und sen. Aus der Plausibilisierung der beiden Informationen
dient dort der Korrektur von Luftmenge, Kraftstoffmenge kann das System Fehlfunktionen feststellen. Bei Erreichen
bzw. Abgasrückführrate. Damit kann das Abgas auch bei eines entsprechenden Ladezustandes schaltet das Steuerge-
instationärem Betrieb innerhalb enger Toleranzen und trotz rät in den Regenerationsbetrieb um. Dabei müssen sowohl
Altern der mechanischen Einspritzkomponenten konstant der Regenerationsbetrieb selbst als auch die Übergänge zum
gehalten werden. und vom Regenerationsbetrieb drehmomentneutral ablau-
Zur Reduktion von Dieselruß werden Dieselpartikelfil- fen, so dass der Fahrer von allem nichts spürt.
ter eingesetzt. Auf ihrer reaktiven Oberfläche lagern sich die Da Dieselmotoren im Normalbetrieb mit Sauerstoffüber-
Russteilchen an, wodurch der Katalysator nach einiger Zeit schuss betrieben werden, haben sie im Vergleich zu Otto-
verstopfen würde, weshalb der Ruß zyklisch im sog. Regene- motoren eine erhöhte Emission an Stickoxiden. Sie wird
rationsbetrieb abgebrannt werden muss. derzeit mittels zweier alternativer Maßnahmen reduziert:
Für die Regeneration gibt es verschiedene Maßnahmen Bei Pkw ist sowohl der NOX-Speicher-Katalysator NSC
zur Temperaturerhöhung, die wichtigsten sind die angela- (NOX Storage Catalyst) als auch die selektive katalytische
6.2 Elektronische Regelung 207
Reduktion SCR (Selective Catalytic Reduction) einsetzbar, Exemplarstreuungen bei der Herstellung des Injektors und
bei Nkw wird nur das SCR-Verfahren angewandt. verbessert damit die Emissionen. Dazu wird der Injektor bei
Beim NSC-Verfahren werden im normalen Fahrbetrieb seiner Herstellung vermessen und mit seinen charakteris
zunächst NOX und SO2 aus den Verbrennungsabgasen im tischen Parametern beschriftet. Diese Daten werden in der
Speicherkatalysator eingelagert. Ist der Katalysator voll, wird Motoren‑ bzw. Fahrzeugfertigung auf das Steuergerät als
im Abgasgemisch mittels sehr später zusätzlicher Einsprit‑ betriebspunktabhängige Korrekturwerte übertragen.
zungen ein Kraftstoffüberschuss erzeugt, mit dessen Hilfe Die Mengenausgleichsregelung (MAR) ermittelt anhand
zunächst im Oxidations-Katalysator CO erzeugt wird, der Ungleichförmigkeit der Kurbelwellendrehung Unter‑
welches im NSC die NOX zu N2 reduziert. Schließlich wird schiede im Drehmomentbeitrag der einzelnen Zylinder und
bei etwa stöchiometrischem Luft-/Kraftstoffgemisch die korrigiert diese. Damit ergibt sich eine verbesserte Laufruhe
Abgastemperatur im Katalysator auf über 650 °C erhöht, des ganzen Motors. Mit der Nullmengenkalibrierung
wodurch die Schwefelmoleküle, die sonst den Katalysator im (NMK) wird die Mengendrift der Voreinspritzungen kom‑
Laufe der Zeit zusetzen würden, ausgebrannt werden. pensiert, was der Emissions- und Geräuschminderung
Das SCR Verfahren dagegen verwendet ein deutlich kos‑ dient. Dazu wird im Schubbetrieb die Ansteuerdauer vari‑
tengünstigeres Katalysatormaterial in Verbindung mit der iert bis eine Veränderung der Motordrehzahl beobachtet
separaten Einspritzung einer wässrigen Harnstofflösung werden kann. Dies ergibt die kleinste drehmomentwirksame
vor den SCR-Katalysator. Diese Lösung (Handelsname Ansteuerdauer.
„AdBlue“) benötigt motorseitig keine Maßnahmen son‑ Die Druckwellenkorrektur (DWK) schließlich berück‑
dern kann separat im Abgastrakt dazugebaut werden. Aller‑ sichtigt, dass beim Öffnen des Einspritzventils der Kraftstoff
dings ist nach mehreren tausend Kilometern neben Kraft‑ druck nicht konstant bleibt sondern einbricht. Dadurch
stoff auch „AdBlue“ nachzutanken. entstehen Druckwellen zwischen Injektor und Rail, welche
die Einspritzmengen der nachfolgenden Einspritzungen
Einspritzmanagement beeinflussen. Mit Hilfe von betriebspunktabhängigen Kor
rekturwerten wird dieser Effekt korrigiert, was bei Mehrfach
Das Einspritzmanagement berechnet aus der Drehmoment einspritzungen die Mengentoleranzen einengt.
anforderung, den zusätzlichen Anforderungen aus der Ab‑
gasnachbehandlung und dem aktuellen Betriebspunkt den Überwachungskonzept
genauen Verlauf des Einspritzvorgangs. Ein Einspritzvor‑
gang in einem Common Rail System kann dabei aus mehre‑ Oberste Priorität bei der Auslegung des elektronischen Sys
ren Voreinspritzungen, einer oder mehreren Haupteinsprit‑ tems hat die Personensicherheit; bei einem Fahrzeug sind das
zungen sowie mehreren Nacheinspritzungen bestehen. Für vor allem die Fahrzeuginsassen. Deshalb befindet sich im
jede Einzeleinspritzung muss bei jedem Einspritzvorgang Steuergerät ein Überwachungskonzept aus drei voneinander
der Spritzbeginn relativ zum oberen Totpunkt des Zylinders unabhängigen Ebenen, die auch im Fehlerfall ein sicheres
und die Einspritzdauer berechnet werden und außerdem ist Beherrschen des Fahrzeugs ermöglichen. Falls keine andere
festzulegen, welche Einzeleinspritzungen für den Einspritz kontrollierbare Systemreaktion mehr möglich ist, wird der
vorgang erforderlich sind. Ein zusätzlicher Freiheitsgrad er‑ Motor abgestellt.
gibt sich daraus, dass der Einspritzdruck (Raildruck) betriebs Ebene 1 des Überwachungskonzepts sind die Fahrfunk
punktabhängig ebenfalls vom Steuergerät geregelt werden tionen mit ihren Plausibilisierungen und die Überwachung
kann. Die Einzeleinspritzungen haben sehr unterschiedliche der Eingangs- und Ausgangsschaltungen. Zu den Plausibili‑
Funktionen: Sehr frühe Voreinspritzungen dienen der Vor‑ sierungen gehört z. B. die gegenseitige Kontrolle, ob der
konditionierung des Zylinders für den nachfolgenden Ver‑ Ladedruck am Ausgang des Turboladers und der Atmo
brennungsvorgang, spätere Voreinspritzungen optimieren sphärendruck beim Start den gleichen Wert haben. Bei den
das Motorengeräusch, die Haupteinspritzungen dienen der Eingangs- und Ausgangsschaltungen wird über spezielle
Drehmomenterzeugung, frühe Nacheinspritzungen der Schaltungen ermöglicht, dass Kurzschlüsse oder Kabelfehler
Temperaturerhöhung des Abgases für die Abgasnachbe‑ direkt erkannt, im Fehlerspeicher abgelegt und Ersatzreak
handlung und späte Nacheinspritzungen liefern Kraftstoff tionen eingeleitet werden.
z. B. als Reduktionsmittel im Abgasnachbehandlungssys Auf Ebene 2 des Überwachungskonzepts wird aus den
tem. Sensor-Rohsignalen unabhängig von der Fahrsoftware eine
Darüber hinaus gibt es im Einspritzsystem vier Korrek‑ kontinuierliche Drehmomentenüberwachung berechnet.
turfunktionen der Einspritzmenge (siehe auch Abschn. Dazu wird einerseits über eine redundante Signalauswer‑
5.3.5.7): Der Injektormengenabgleich (IMA) kompensiert tung das maximal zulässige Moment berechnet und ande‑
208 6 Regelung und Steuerung der Kraftstoffeinspritzsysteme
Bild 6-7 Systemplan Sensoren am Dieselmotor 1 Luftmassenmesser; 2 Ladedruckfühler; 3 Regelklappe; 4 Abgasrückführungsventil; 5 Raildrucksensor; 6 Drehzahlgeber;
7 Fahrpedalmodul; 8 Abgastemperatursensor; 9 Lambdasensor; 10 Abgastemperatursensor; 11 Differenzdrucksensor
6.3 Sensoren 209
drucktechnik hergestellt. Die Hall‑Elemente sind in zwei welle zum oberen Totpunkt (OT) des ersten Motorzylinders
voneinander unabhängigen Hall-ICs, die auch die Ansteuer- berechnet. Damit können Emissionen reduziert und Kom‑
und Auswerteelektronik beinhalten, integriert. Das Sensor‑ fortfunktionen wie z. B. Schnellstart realisiert werden. Bei
ausgangssignal ist proportional zur Pedalstellung. Ausfall des Drehzahlgebers kann der Phasengeber dessen
Temperaturfühler (TF) erfassen die Temperatur von Funktion teilweise übernehmen.
Luft (LTF), Kühlwasser (WTF), Öl (OTF) und Kraft‑ Die elektrische Regelklappe (RKL, Bild 6‑7, 3) wird auf
stoff (KTF). Sie enthalten als Sensorelement i. d. R. einen der kalten Motorseite im Saugrohr in Strömungsrichtung
NTC-Widerstand mit negativem Temperaturkoeffizienten, vor der Abgasrückführeinleitung montiert. Sie ermöglicht
d. h. logarithmisch fallendem Widerstand bei steigender es, im Teillastbereich den Ansaugquerschnitt zu reduzieren
Temperatur. Die Zeitkonstante des TF ist abhängig vom und damit das Druckniveau hinter der Klappe zu regeln.
Einbau des NTC im Sensor (Wärmespeicher), der Art des zu Durch Schließen der Klappe wird die Strömungsgeschwin‑
messenden Mediums (Wärmekapazität) und dessen digkeit der Ansaugluft erhöht und folglich auch der Unter‑
Strömungsgeschwindigkeit (Menge der übertragenen druck hinter der Klappe. Die Unterdruckerhöhung bewirkt,
Wärme). Beim Lufttemperaturfühler ist die Zeitkonstante dass die Abgasrückführrate bis zu 60% erhöht werden kann.
aufgrund des meist verwendeten Kunststoffgehäuses sehr Diese Abgasrückführraten ermöglichen eine erhebliche
groß. Für hohe Dynamikanforderungen kann ein offen Emissionsreduzierung.
liegender NTC verwendet werden. Diese Variante wird auch Weitere Funktionen der Regelklappe sind:
in Heißfilmluftmassenmessern oder Ladedrucksensoren – Erhöhung der Abgastemperatur für die Regeneration des
eingesetzt. Partikelfilters durch Androsselung und Öffnen des Bypass
Der Drehzahlgeber (DG, Bild 6‑7, 6) erfasst die Motor‑ zum Ladeluftkühler,
drehzahl mit Hilfe eines mit der Kurbelwelle verbundenen – luftgeführte Regelung mit Lambda < 1 bei Regeneration
und gezahnten Geberrads. Der induktive Sensor enthält einen des NOX‑Speicherkatalysators,
von einer Spule umgebenen Weicheisenkern mit Dauer – Sicherheits- und Komfortabschaltung,
magnet und wird direkt gegenüber dem Geberrad positio‑ – Androsselung im Leerlauf zur Geräuschoptimierung
niert. Das Magnetfeld des Dauermagneten schließt sich über durch Absenkung des Zylinderspitzendrucks.
Weicheisenkern und Geberrad. Der magnetische Fluss durch
die Spule hängt davon ab, ob dem Kern eine Geberrad-Lücke Der Heißfilmluftmassenmesser (HFM, Bild 6‑7, 1) erfasst
mit großem Luftspalt oder ein Zahn mit kleinem Luftspalt die vom Motor angesaugte Luftmasse unabhängig von Tem‑
gegenübersteht. Ein drehender Motor führt durch die Zahn- peratur und Dichte und somit den für die Verbrennung zur
Lücken-Wechsel zu sinusförmigen Flussänderungen, die eine Verfügung stehenden Sauerstoff. Der Heißfilmluftmassen‑
sinusförmige Ausgangsspannung induzieren. Der Drehzahl‑ messer wird zwischen Luftfilter und Verdichter eingesetzt.
geber kann für den Einsatz kleinerer Geberräder mit Hall‑ICs Zur Erfassung des Luftmassenstromes wird dieser über eine
mit digitalem Ausgangssignal realisiert werden. dünne und beheizte Membran aus Silizium geführt. Die
Der Drehzahlgeber ermöglicht über die reine Erfassung Temperaturverteilung auf der Membran wird durch vier
der Motordrehzahl hinaus die Realisierung von Motorfunk‑ temperaturabhängige Widerstände erfasst. Der Luftmassen‑
tionen, bei denen z. B. auf Basis der Messung kleiner Dreh‑ strom verändert die Temperaturverteilung der Membran,
zahländerungen zylinderbezogene Korrekturen der Ein was zu einer Widerstandsdifferenz zwischen den stromauf
spritzmenge vorgenommen werden können. So können und stromabwärts liegenden Widerständen führt. Da die
kleinste Unterschiede in den jeweiligen Einspritzmengen Widerstandsdifferenz richtungs‑ und betragsabhängig ist,
der Einzelzylinder korrigiert (Mengenausgleichsregelung) kann der Heißfilmluftmassenmesser pulsierende Luft
oder Fahrzeug-Längsschwingungen unterbunden werden massenströmungen mit hoher Dynamik und richtigem Vor‑
(aktive Ruckeldämpfung). zeichen erfassen. Dadurch wird die genaue Berechnung des
Der Phasengeber (PG) erfasst die Position der Nocken‑ Luftmassenmittelwerts in der Motorsteuerung ermöglicht.
welle mit Hilfe eines mit der Welle verbundenen und Optional kann im Heißfilmluftmassenmesser zusätzlich ein
gezahnten Geberrads. Aufgrund der geringen Geberrad Temperaturfühler eingesetzt werden, um die Ansauglufttem‑
durchmesser kann kein induktiver Drehzahlgeber eingesetzt peratur zu erfassen.
werden. Der Phasengeber beinhaltet deshalb einen Hall- Da das erfasste Luftmassensignal als Istwert der Regelung
Sensor, welcher ähnlich wie beim Drehzahlgeber über das der Abgasrückführung und der Begrenzung der Kraftstoff-
Geberrad Magnetfeldänderungen erfasst und als aufberei‑ Einspritzmenge (Rauchbegrenzung) dient, ist eine hohe
tetes, digitales Signal ausgibt. Aus Phasen- und Drehzahlge‑ Genauigkeit des Heißfilmluftmassenmessers zur Erreichung
ber-Signalen wird die absolute Winkelposition der Kurbel‑ und Einhaltung der Emissionsgrenzen besonders wichtig.
210 6 Regelung und Steuerung der Kraftstoffeinspritzsysteme
Der Ladedruckfühler (LDF, Bild 6‑7, 2) misst den Druck Der Druckanschluss des Sensors dichtet den sehr hohen
der angesaugten Luft im Saugrohr, die vom Verdichter auf Raildruck (max. 180…200 MPa) mit einer sog. Beißkanten‑
einen höheren Druck aufgeladen wird. Damit gelangt mehr dichtung (Metall auf Metall) sicher zum Rail ab.
Luftmasse in die einzelnen Zylinder. Der Ladedruck dient Der Lambdasensor (LS, Bild 6‑7, 9) ermöglicht die Mes‑
der Ladedruckregelung. Mit dem aktuellen Istdruck und mit sung der O2‑Konzentration im Abgas, mit der das
der Motordrehzahl kann die eingebrachte Luftmasse berech‑ Luftverhältnis λ im gesamten Betriebsbereich des Motors
net werden. Die genaue Kenntnis der Luftmasse ist wichtig, bestimmt werden kann. Durch eine Diffusionsbarriere
damit dem Motor nicht zu viel Kraftstoff eingespritzt wird gelangt das Abgas in eine Messkammer, aus der der Sauer‑
(Rauchbegrenzungsfunktion). stoff durch die Sensorkeramik hindurch wieder in das Aus‑
Das Sensorelement des LDF besteht aus einem Silizium- puffrohr zurückgepumpt werden kann. Eine Regelschaltung
Chip, in dem durch Ätzen eine Membran erzeugt worden hält die O2‑Konzentration in der Kammer auf einem sehr
ist. Die Druckbeaufschlagung führt zu einer Durchbiegung niedrigen Wert (idealerweise auf null) konstant. Der Pump‑
der Sensormembran und zu einer Widerstandsänderung der strom, der hierbei fließt, ist ein Maß für die O2‑Konzentra‑
auf der Membran befindlichen Messwiderstände. Der LDF tion im Abgas.
ist als Absolutdrucksensor ausgeführt, d. h. auf der einen Das heute dominante Anwendungsgebiet des LS (in Ver‑
Membranseite wird der Messdruck angelegt, auf der ande‑ bindung mit dem Luftmassensignal des HFM) ist die Kor‑
ren befindet sich ein kleines, isoliertes Referenzvakuum. Die rektur der Einspritzmenge zur Einhaltung der Abgasemis
Auswerteschaltung, die auf dem Chip integriert ist, verstärkt sionswerte des Fahrzeugs über dessen Lebenszeit. Neu hin‑
die Widerstandsänderungen und wandelt sie in ein Span‑ zukommen wird der Einsatz des LS zur Überwachung und
nungssignal um, das dem Steuergerät zugeführt wird. Steuerung der Regeneration des NOX-Speicherkatalysators
Die Aufgabe des Differenzdrucksensors (DDS, Bild 6‑7, (NSC).
11) ist die Messung des Druckabfalls am Partikelfilter im Abgastemperatursensoren (ATS, Bild 6‑7, 8 und 10)
Abgassystem. Aus diesem lässt sich der Beladungsgrad des haben die Aufgabe, die Abgastemperatur an verschiedenen
Filters mit Ruß bestimmen. Bei entsprechender Beladung Punkten im Abgasrohr zu messen. Dabei unterscheiden sich
wird ein Regenerationszyklus eingeleitet. die Abgastemperatursensoren von anderen Temperatursen‑
Das Sensorelement des Differenzdrucksensors besteht aus soren im Wesentlichen im Messbereich und in der Dyna‑
einem ähnlichen Silizium-Chip wie beim Ladedruckfühler, mik. Wichtigste Einbaupositionen sind nach dem Oxida
jedoch wirken die beiden Messdrücke – Druck vor und tionskatalysator (DOC – Diesel Oxydation Catalyst) sowie
nach PDF – jeweils auf eine Druckmembranseite. Das vor und hinter dem Dieselpartikelfilter (DPF). Der ATS
Differenzdrucksignal wird gebildet durch den Messdruck dient dabei sowohl zur Überwachung und Steuerung des
der Membran-Vorderseite abzüglich des Messdrucks auf der DPF als auch zum Bauteilschutz im Falle eines unkontrol‑
Membran-Rückseite. Druckänderungen auf beiden Memb lierten Partikelabbrandes im Filter.
ranseiten führen zu einer geänderten Durchbiegung der Abgastemperatursensoren bestehen je nach Einsatzfall
Sensormembran und damit zu entsprechenden Widerstands und Messbereich aus keramischen Materialien, die einen
änderungen der Messwiderstände. Die Auswerteschaltung negativen Temperaturkoeffizienten aufweisen (NTC‑Kera‑
auf dem Chip verstärkt und wandelt die Widerstandsände‑ miken), aus Platin mit einem positiven Temperaturkoef
rungen in ein Spannungssignal, das dem Steuergerät zuge‑ fizienten (PTC) oder aus Thermoelementen. Das sind
führt wird. mechanisch verbundene, metallische Drähte, die – basie‑
Der Raildrucksensor (RDS, Bild 6‑7, 5) misst den Kraft‑ rend auf dem Seebeck-Effekt – eine elektrische Spannung
stoffdruck im Verteilerrohr (Rail) des Common Rail Ein‑ liefern, wenn sie einem Temperaturgradienten ausgesetzt
spritzsystems. Der aktuellen Raildruck bestimmt die einzu‑ werden.
spritzende Kraftstoffmenge und dient der Raildruckregelung Der NOX-Sensor ist ein wichtiger Sensor für die Überwa‑
als Istwert. chung und Steuerung von NOX-Katalysatoren. Der NOX-
Das Sensorelement des Raildrucksensors besteht aus einer Sensor ist prinzipbedingt in der Lage, neben der Stickoxid
Edelstahlmembran, auf der sich eine Widerstandsbrücke aus konzentration im Abgas auch den Lambdawert zu ermitteln.
Dünnschichtwiderständen befindet. Die Membranauslen‑ Er besteht aus einem Zwei-Kammer-Sensorelement. Das
kung bei maximalem Druck beträgt bei dieser Bauart nur Abgas gelangt durch eine erste Diffusionsbarriere in die
ca. 1 µm. Dennoch liefert die Widerstandsbrücke ein zwar erste Kammer, in der vergleichbar zum Lambdasensor der
kleines (10 mV), aber über die Sensorlebensdauer sehr sta‑ Sauerstoffgehalt ermittelt wird. Dabei wird der Sauerstoffge‑
biles und genaues Messsignal. Dieses wird in einer elektro‑ halt des in der Kammer befindlichen Abgases auf nahe null
nischen Schaltung verstärkt und zum Steuergerät geführt. reduziert. Das so aufbereitete Abgas gelangt über eine zweite
6.4 Diagnose 211
Diffusionsbarriere in eine zweite Kammer, in der durch eine worden. Die Entwicklung der Diagnose ist heute integraler
katalytische Reduktion dem Stickoxid der Sauerstoff entzo‑ Bestandteil der Motor-, System- und Komponentenentwick‑
gen und gemessen wird. Das Prinzip dieser Sauerstoffmes‑ lung und berücksichtigt den gesamten Fahrzeuglebenszyklus
sung entspricht ebenfalls dem des Lambdasensors. von der Entwicklung über die Produktion bis hin zum Ser‑
Mit diesem Sensor kann sowohl die Steuerung der NOX- vice.
Katalysatoren (Regelung auf minimale NOX-Konzentration) Im Fahrbetrieb sind die wesentlichen Aufgaben der Über‑
als auch eine Überwachung der für die Einhaltung der wachung und Diagnose die Sicherstellung der Zuverlässig‑
Abgasemissionsgrenzwerte wichtigen Baugruppen (Schwell‑ keit und die Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen,
wertüberwachung der NOX-Konzentration) realisiert wer‑ wohingegen im Schadensfall die schnelle Lokalisierung des
den. fehlerhaften Bauteils im Vordergrund steht (Bild 6‑8).
Für zukünftige Abgasnachbehandlungskonzepte, wie Die Überwachung und Diagnose im Fahrbetrieb basiert
z. B. Partikelfilter und NOX-Katalysatoren werden weitere auf einer kontinuierlichen Funktionsüberwachung im
Sensoren erforderlich sein, die sowohl für den Betrieb als Motorsteuergerät und beinhaltet auch die gesetzlich vorge‑
auch zur Überwachung der Systeme eingesetzt werden. schriebene On Bord Diagnostic (OBD) der emissionsrele‑
Neben Abgastemperatur und Abgasdruck werden vor allem vanten Komponenten und Systeme.
spezifische Schadstoffanteile im Abgasstrom, wie z. B. Koh‑ Zusätzlich zu den Ergebnissen der Diagnose im Fahrbe‑
lenwasserstoffe, Stickoxide und Ruß von Bedeutung sein. trieb können in der Werkstatt spezielle Diagnosefunktionen
aufgerufen werden, die entweder im Motorsteuergerät oder
6.4 Diagnose im Diagnosetester verfügbar sind. Darüber hinaus unter‑
stützen auch zusätzliche Prüf- und Messgeräte die geführte
Die Diagnose des Dieselmotors ist auf Grund der immer hö‑ Fehlersuche im Schadensfall.
heren Anforderungen und der Zunahme der Komplexität
der zum Betrieb verwendeten Systeme immer wichtiger ge‑
Bild 6-8 Diagnose und Überwachung im Fahrbetrieb und Diagnose in der Werkstatt
212 6 Regelung und Steuerung der Kraftstoffeinspritzsysteme
gnosetester variabel einsetzbar ist. Die Koordination dieser – mehrerer miteinander kommunizierender Steuergeräte im
Funktionalität erfolgt im MSG über den sog. Testkoordina‑ Fahrzeugverbund,
tor. Die Messergebnisse der unterschiedlichen Sensoren – höherer Anzahl von Einspritzungen pro Arbeitstakt (Vor-,
können entweder in Echtzeit oder zwischengespeichert an Haupt- und Nacheinspritzung),
den Diagnosetester übertragen und dort bewertet werden. – von Abgasnachbehandlungssystemen mit neuen
Alle Werkstattdiagnosefunktionen können nur bei ange‑ Anforderungen an die motorische Basisabstimmung,
schlossenem Diagnosetester und i. Allg. nur bei stehendem – höherer Anforderung durch die Emissionsgesetzgebung,
Fahrzeug genutzt werden. Die Überwachung der Betriebs‑ – gegenseitiger Beeinflussung der Applikationsdaten und
bedingungen erfolgt im Steuergerät. – Erweiterungen der Diagnostizierbarkeit.
6.5.3 Applikationsprozess und Methoden Das Ziel der statistischen Versuchsplanung ist es, die Anzahl
der Applikation der zu vermessenden Betriebspunkte massiv zu reduzieren
und für repräsentative Betriebszustände die jeweiligen loka‑
Im Applikationsprozess müssen die unterschiedlichsten Auf‑ len Modelle anhand möglichst weniger Parametervariationen
gaben gelöst werden. Die verwendeten Methoden und Hilfs‑ zu bestimmen. In den repräsentativen Betriebspunkten wer‑
mittel richten sich nach der Art und der Komplexität der den die einflussreichsten Parameter variiert und deren Be‑
Aufgabe sowie der Häufigkeit der Anwendung während des deutung auf Emissionen, Verbrauch, Leistung, Abgastempe‑
Projektfortschrittes. ratur, Geräusch, Verbrennungsdruckanstieg und Zylinder‑
Die erste Aufgabe besteht darin, die Sensoren und Steller druck gemessen.
so zu kalibrieren, dass die im Motorsteuergerät berechneten Wiederholungsmessungen und „Auffüllpunkte“ sowie
physikalischen Messgrößen bzw. die physikalischen Stell‑ Messpunkte im Grenzbereich dienen der Ermittlung der
größen möglichst genau mit den echten gemessenen Werten analytischen, lokalen Motormodelle, der Beurteilung der
am Motor bzw. im Fahrzeug übereinstimmen. Hierbei wer‑ statistischen Aussagefähigkeit der Ergebnisse, der Beurtei‑
den die besonderen Eigenschaften der Sensoren und Steller, lung des Modellfehlers und einer größeren Sicherheit gegen‑
die Einflüsse durch die Einbauverhältnisse, die Auswerte‑ über Messfehlern.
schaltung und die Abtastraten im elektronischen Steuergerät Entscheidend für die Qualität der Modelle sind auch die
berücksichtigt. Validiert wird die Applikation durch Referenz Reproduzierbarkeit der Messergebnisse sowie ein sicheres
messungen mit externer Sensorik. Erkennen von Ausreißern. Während des gesamten Messpro‑
Regelungstechnische Funktionen bestehen aus der Soll‑ zesses dürfen die durchgeführten Parametervariationen die
wertvorgabe, der Istwertermittlung, dem eigentlichen Regler motorischen und bauteilspezifischen Grenzen, wie zum
und der Stellgliedansteuerung. Anwendungsbeispiele hier‑ Beispiel der zulässige Zylinderdruck oder die maximale
für sind die Ladedruck-, Raildruck-, Fahrgeschwindigkeits- Abgastemperatur, nicht überschritten werden.
oder Leerlaufregelung. Die Sollwertvorgaben werden ent‑ Anhand der ermittelten Modelle werden stationär die
sprechend dem jeweiligen Betriebszustand, z. B. kalter/ optimalen Parameter für die Kalibrierung der Kennfeld‑
warmer Motor, den herrschenden Umgebungsbedingungen strukturen im Motorsteuergerät ermittelt. Da die Daten nur
und dem Fahrerwunsch angepasst. Die Auslegung der Reg‑ in einem groben Raster anhand einiger ausgewählter
ler erfolgt über die Streckenidentifikation (z. B. Ermittlung Betriebspunkte ermittelt worden sind, müssen die notwen‑
des Frequenzganges), Modellbildung der Regelstrecke und digen Zwischenbereiche über Interpolationsroutinen
der Anwendung von Reglerentwurfsverfahren (z. B. Bode berechnet werden. Die Kalibrierung erfolgt hier i. d. R. off‑
diagramm, Ziegler-Nichols, Polvorgabe). Eine anschlie‑ line. Das erzielte Ergebnis muss dann noch im stationären
ßende Überprüfung der Stabilität und der Regelgüte des Betrieb am Motorprüfstand und im dynamischen Betrieb
Regelkreises findet im Praxisbetrieb und unter Extrembe‑ am Fahrzeug validiert und dokumentiert werden.
dingungen statt. Der Stabilität ist im Hinblick auf Alterungs‑ Die bislang durchgeführten Applikationsaufgaben gehen
prozesse der Regelstrecke eine ganz besondere Bedeutung von mittelwertig liegenden Komponenten aus. Um die
zuzumessen. Die Simulation von Extremzuständen wird ermittelten Daten für einen Serieneinsatz zu bestätigen, ist
benutzt, um die Robustheit der bereits optimierten Systeme es zusätzlich erforderlich, den Einfluss von Exemplarstreu‑
zu ermitteln bzw. zu verbessern. ungen zu beurteilen. Dies kann entweder über ein Vertrim‑
Für die motorische Basisabstimmung hat die statistische men von Sensor- und Stellerkennlinien simuliert oder über
Versuchsplanung DOE (Design of Experiments) die kom‑ entsprechend vorbereitete Versuchsmuster experimentell
plette Rastervermessung ersetzt. Ursache hierfür ist die erprobt werden. Weiter besteht die Möglichkeit über intelli‑
drastisch zunehmende Komplexität der Optimierungsauf‑ gente Korrekturfunktionen Bauteiletoleranzen auszuglei‑
gaben aufgrund chen oder eine Drift zu korrigieren, so dass das applizierte
– der stetig zunehmenden Anzahl frei wählbarer Parameter System gegen Bauteilealterungen noch robuster wird, um
(z. B. Zeitpunkte und Mengenzumessung der Vor-, Haupt- negative Auswirkungen auf Fahrverhalten und Emissionen
und Nacheinspritzung, Raildruck, AGR-Rate, Ladedruck) zu vermeiden. Ein Beispiel hierfür ist die zylinderspezifische
und Korrektur der Einspritzmenge um eine hohe Laufruhe des
– der zunehmenden Anzahl vielschichtiger Optimierungs Motors zu erreichen.
kriterien und Betriebszuständen des Motors (z. B. Fett Motor- und Getriebeschutzfunktionen sorgen dafür,
betrieb, Magerbetrieb, Regeneration des Partikelfilters, dass zum Beispiel das maximale Drehmoment und die
Homogenbetrieb). maximal zulässige Motorbetriebstemperatur auch unter
Extrembedingungen (Hitze, Kälte, Höhe, Hochlastbetrieb)
216 6 Regelung und Steuerung der Kraftstoffeinspritzsysteme
nicht überschritten werden. Diese Funktionen werden auf unterstützen verschiedene Tools (Datenbanksysteme) den
Versuchsfahrten unter den o. g. Bedingungen oder klimati‑ Applikationsingenieur.
sierten Fahrzeugprüfständen appliziert und validiert. Aufgrund der zunehmend kürzer werdenden Entwick‑
Eine immer größere Bedeutung gewinnt die Applikation lungszeiten und der steigenden Komplexität gewinnt die
der Diagnoseumfänge der Motorsteuerung. Speziell ent‑ Entwicklung von verbesserten methodischen Ansätzen zur
wickelte Funktionen ermöglichen es dem Service defekte Applikation immer stärkere Bedeutung. Verfeinert werden
Bauteile zu ermitteln und eine geführte Fehlersuche durch‑ beispielsweise die Methoden zur automatischen Kalibrie‑
zuführen. Für die Applikation dieser Umfänge wird der im rung von Systemen, der Einsatz von „Hardware in the Loop-
gesamten Entwicklungsprozess gewonnene Erfahrungs‑ Systemen“ in der Applikation und die effizientere Ermitt‑
schatz herangezogen und fließt in die Kalibrierung ein. In lung von Parametriermodellen unter Berücksichtigung von
der Diagnoseapplikation wird ebenfalls festgelegt, welche dynamischen Vorgängen.
Ersatzreaktionen bei einem defekten Bauteil auszuführen
sind. Auslegungskriterien sind hier Fahrzeugsicherheit, Literatur
Schutz von Komponenten, Vermeidung von Folgefehlern
oder unerwünschten Folgereaktionen. 6-1 Robert Bosch GmbH: Gelbe Reihe. Technische Unter‑
Aufgrund der hohen Anzahl von Applikationsdaten, der richtung. Motorsteuerung für Dieselmotoren. 2. Aufl.
Aufgabenteilung zwischen den Fahrzeugherstellern, den S. 52–97
Zulieferern und Applikationsdienstleistern, der hohen 6-2 Moore, G. E.: Cramming more components onto inte‑
Anzahl von Datensatzvarianten (Fahrzeug-, Motor-, Getrie‑ grated circuits. Electronics 38 (1965) 8
be- und Emissionskombinationen) und des Simultaneous
Engineering von Komponenten, Software-Funktionen und Weiterführende Literatur
der Applikation selbst ist ein effizientes und wissensbasier‑
tes Datenmanagement zum Erreichen der definierten Ziele Robert Bosch GmbH: Dieselmotor-Management. 4. Aufl.
unbedingt erforderlich. Um dies effizient und unter den Wiesbaden: Vieweg 2004
bestehenden Qualitätsanforderungen zu bewerkstelligen