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S140 H¾MORRHAGISCHER SCHOCK nnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnn

­­ Definitionen der Schockformen 1 H. A. Adams, G. Baumann, A. Gänsslen, U. Janssens,


W. Knoefel, T. Koch, G. Marx, U. Müller-Werdan,
H. C. Pape, W. Prange, D. Roesner, T. Standl, W. Teske,
G. Werner, R. Zander, I. A. G. Schock1

Zusammenfassung. Der hypovolämische Schock ist ein Zu- butive shock induced by generalized and extensive vasodilatati-
stand unzureichender Durchblutung vitaler Organe mit konse- on with consecutive hypovolaemia due to an imbalance of sym-
kutivem Missverhältnis von Sauerstoff-Angebot und -Verbrauch pathetic and parasympathetic regulation of vascular smooth
infolge intravasalen Volumenmangels mit kritisch verminderter muscles.
kardialer Vorlast; er wird in vier spezielle Formen unterteilt
(hämorrhagischer Schock, hypovolämischer Schock im engeren Key words: Shock ± Hypovolaemic shock ± Cardiac shock ±
Sinne, traumatisch-hämorrhagischer Schock und traumatisch- Anaphylactic shock ± Septic shock ± Neurogenic shock
hypovolämischer Schock). Der kardiogene Schock ist durch eine
primäre, kritische Verminderung der kardialen Pumpleistung
mit konsekutiver inadäquater Sauerstoff-Versorgung der Or-
gane bedingt. Der anaphylaktische Schock ist eine akute Vertei-
Hypovolämischer Schock
lungsstörung des Blutvolumens im Sinn des distributiven
Schocks, der durch IgE-abhängige, Typ-I-allergische, klassisch- Definition
anaphylaktische Überempfindlichkeitsreaktionen bzw. physika-
lisch, chemisch oder osmotisch bedingte, IgE-unabhängige ana- Der hypovolämische Schock ist ein Zustand unzureichender
phylaktoide Überempfindlichkeitsreaktionen ausgelöst wird. Durchblutung vitaler Organe mit konsekutivem Missverhältnis
Der septische Schock ist eine Sepsis-induzierte Verteilungsstö- von Sauerstoff-Angebot und -Verbrauch infolge intravasalen
rung des zirkulierenden Blutvolumens im Sinne des distributi- Volumenmangels mit kritisch verminderter kardialer Vorlast
ven Schocks. Der neurogene Schock ist ein distributiver Schock (Tab. 1).
und beruht auf einer generalisierten und ausgedehnten Vaso-
dilatation mit relativer Hypovolämie infolge einer Imbalance Führende Symptome und Befunde
zwischen sympathischer und parasympathischer Regulation der
glatten Gefäûmuskulatur. Hypovolämischer Schock allgemein

Schlüsselwörter: Schock ± hypovolämischer Schock ± kardialer ± Agitiertheit und ggf. Bewuûtseinstrübung infolge zerebraler
Schock ± anaphylaktischer Schock ± septischer Schock ± neuro- Hypoxie.
gener Schock ± Hautblässe und Kaltschweiûigkeit infolge Vasokonstriktion
bei sympathoadrenerger Aktivierung; ggf. mit Zyanose
infolge vermehrter Sauerstoff-Ausschöpfung.
Definitions of shock types. Hypovolaemic shock is a state of ± Tachypnoe und Hyperventilation infolge Hypoxie und me-
insufficient perfusion of vital organs with consecutive imbal- tabolischer Azidose.
ance of oxygen supply and demand due to an intravascular vol- ± Hypotonie und Tachykardie infolge Hypovolämie und sym-
ume deficiency with critically impaired cardiac preload. Sub- pathoadrenerger Aktivierung.
types are haemorrhagic shock, hypovolaemic shock in the nar- ± Oligurie infolge renaler Minderperfusion.
row sense, traumatic-haemorrhagic shock and traumatic-
hypovolaemic shock. Cardiac shock is caused by a primary criti- Zur initialen klinischen Beurteilung des hypovolämischen
cal cardiac pump failure with consecutive inadequate oxygen Schocks dienen neben der Inspektion des Patienten insbeson-
supply of the organism. Anaphylactic shock is an acute failure
of blood volume distribution (distributive shock) and caused by
IgE-dependent, type-I-allergic, classical hypersensibility, or a 1
Weitere, an der Erarbeitung der Definitionen beteiligte Mitglieder der
physically, chemically, or osmotically induced IgE-independent IAG Schock: H.J Dieterich, W. Ertel, H.R. Figulla, R. Gärtner, M.M. Lerch,
anaphylactoid hypersensibility. The septic shock is a sepsis-in- E. Neugebauer, T. Pohlemann, M. Westphal
duced distribution failure of the circulating blood volume in the Die Arbeitsgruppe wurde gefördert durch die Firmen B. Braun
Melsungen AG und Fresenius Kabi Deutschland GmbH
sense of a distributive shock. The neurogenic shock is a distri-
Der Abdruck dieses Artikels erfolgte mit freundlicher Genehmigung
des Steinkopf-Verlages, Darmstadt. Die vollständige Publikation mit
zusätzlichen Abschnitten zur Pathogenese, Pathophysiologie und
Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2001;36 Supplement 2:S140 ± S143 weiterführenden Literatur ist in der Zeitschrift Intensivmedizin und
 Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York Notfallmedizin nachzulesen. Intensivmed 38:541-553 (2001)
ISSN 1430 ± 7790
Definitionen der Schockformen Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2001;36 S141

Tab. 1 Spezielle Formen des hypovolämischen Schocks Traumatisch-hypovolämischer Schock


± Hämorrhagischer Schock ± akute Blutung ohne wesentliche Beim traumatisch-hypovolämischen Schock wird das klinische
Gewebeschädigung Bild zusätzlich zu den obengenannten allgemeinen Sympto-
± Hypovolämischer Schock im engeren Sinne ± kritische Abnahme des men und Befunden durch das jeweilige Trauma mit entspre-
zirkulierenden Plasmavolumens ohne akute Blutung chenden Funktionsausfällen und Schmerzen bestimmt.
± Traumatisch-hämorrhagischer Schock ± akute Blutung mit
ausgedehnter Gewebeschädigung
± Traumatisch-hypovolämischer Schock ± kritische Abnahme des
Kardialer Schock
zirkulierenden Plasmavolumens ohne akute Blutung mit
Vorbemerkung
ausgedehnter Gewebeschädigung
Der kardiale Schock umfasst alle kardialen und extrakardialen
Erkrankungen, die zu einer unmittelbaren Funktionsstörung
dere das initiale Ausmaû von Hypotonie und Tachykardie sowie des Herzens mit nachfolgendem Schockzustand führen (Tab. 2).
darüber hinaus auch das Verhältnis beider Gröûen (Schock- Da es sich meist um direkte kardiale Funktionsstörungen
Index). Validierte hämodynamische Grenzwerte für das Vor- handelt, wird im folgenden weiterhin der Begriff ¹kardiogener
liegen eines hypovolämischen Schocks sind nicht bekannt; sie Schockª verwendet.
werden durch Alter (abweichende Normalwerte bei Neuge-
borenen, Säuglingen und Kindern), Begleiterkrankungen (z. B. Definition
diabetische Neuropathie) und vorbestehende Medikation (z. B.
b-Rezeptoren-Blocker) wesentlich beeinflusst. Der kardiogene Schock ist durch eine primäre, kritische
Verminderung der kardialen Pumpleistung mit konsekutiver
Relevante laborchemische Verlaufsparameter sind die Hämo- inadäquater Sauerstoff-Versorgung der Organe bedingt. Die
globin (Hb)-Konzentration bzw. der Hämatokrit (Hkt) sowie Diagnose wird anhand klinischer und/oder hämodynamischer
der Basen-Überschuss im Blut (Base Excess, BE) und die Laktat- Kriterien gestellt und erfordert den Ausschluss anderer korri-
Konzentration im Plasma. Eine normale Hb-Konzentration ist
in der Initialphase des unbehandelten hypovolämischen
Schocks nicht aussagekräftig, da die zellulären Blutbestandteile Tab. 2 Einteilung des kardialen Schocks
und das Plasma gleichmäûig und gleichzeitig verlorengehen
und die Mobilisierung interstitieller Flüssigkeit eine gewisse Myogen
Zeit benötigt. Ein Abfall der Hb-Konzentration kann daher nur
± Linksherzinfarkt, Rechtsherzinfarkt
im Zusammenhang mit der Volumentherapie interpretiert
± Ischämische, dilatative, restriktive Kardiomyopathie
werden. BE- und Laktat-Konzentration sind zur primären
Beurteilung des hypovolämischen Schocks nur qualitativ zu ± Myokarditis
interpretieren, wobei das Ausmaû des Basen-Defizits mit dem ± Pharmako-Kardiotoxizität bzw. Intoxikationen
Transfusionsbedarf und dem Komplikationsrisiko korreliert. ± Zytostatika, speziell Anthrazykline
± Kalzium-Antagonisten, b-Blocker, Antiarrhythmika, Digitalis,
Spezielle Formen des hypovolämischen Schocks ± Antidepressiva, Neuroleptika, Drogen
± Ventrikuläre Hypertrophie
Hämorrhagischer Schock Mechanisch
Beim hämorrhagischen Schock können alle obengenannten ± Herzklappenerkrankung (Stenose, Insuffizienz, kombiniertes Vitium)
allgemeinen Symptome und Befunde auftreten. ± Papillarmuskel-Dysfunktion bzw. -Ruptur
± Ventrikelseptum-Ruptur
Hypovolämischer Schock im engeren Sinne ± Ruptur der freien Ventrikelwand
± Hypertrophe Kardiomyopathie
Beim hypovolämischen Schock im engeren Sinne können
± Intrakavitäre Flussbehinderung
zusätzlich zu den obengenannten allgemeinen Symptomen
und Befunden Zeichen des protrahierten Volumenmangels ± Vorhofthromben, Ventrikelthromben
(Exsikkose) auftreten: ± Myxom, andere Herztumoren
± Trockene Schleimhäute, eingefallene Bulbi, verminderter ± Extrakardiale Flussbehinderung
Hautturgor mit stehenden Hautfalten. ± Lungenembolie
± Fieber (z. B. thyreotoxische Krise, Typhus abdominalis) oder ± Kardiale bzw. extrakardiale Füllungsbehinderung
Hypothermie (z. B. Cholera).
± Perikardtamponade
± Elektrolyt-Störungen, insbesondere Hypokaliämie und
Hypernatriämie. ± Spannungspneumothorax
± Aortendissektion

Traumatisch-hämorrhagischer Schock ± Traumatische Herzschädigung


Rhythmogen
Beim traumatisch-hämorrhagischen Schock wird das klinische ± Tachykarde Rhythmusstörungen
Bild zusätzlich zu den obengenannten allgemeinen Sympto-
± Supraventrikuläre bzw. ventrikuläre Tachykardie
men und Befunden durch das jeweilige Trauma mit entspre-
± Bradykarde Rhythmusstörungen
chenden Funktionsausfällen und Schmerzen bestimmt.
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gierbarer Faktoren (z. B. Hypovolämie oder arterielle Hypoxie) Atemwegsobstruktionen sind häufig und können bedrohlich
sowie den gleichzeitigen Nachweis einer kardialen Dysfunktion. werden; sie manifestieren sich extrathorakal durch Ödeme im
Larynx- und Pharynxbereich sowie intrathorakal durch Bron-
Führende Symptome und Befunde chialobstruktion. Das Hauptaugenmerk ist auf die mögliche
Entwicklung eines Larynxödems zu richten. Das laryngeale
Klinisch finden sich Zeichen der Kreislaufzentralisation wie Ödem ist die häufigste Todesursache bei anaphylaktoiden
± Agitiertheit und/oder Bewusstseinstrübung, Reaktionen und kündigt sich durch Heiserkeit und Stridor an.
± basse, kühle, schweiûige Haut und Es kann, ebenso wie die akute Schocksymptomatik, das einzige
± Oligurie. Symptom der Anaphylaxie sein.

Hämodynamisch liegt Gastrointestinale Symptome wie Übelkeit, Erbrechen, Durchfall,


± ein systolischer Druck < 90 mmHg und kolikartige Beschwerden, Harn- und Stuhldrang bzw. -abgang
± ein Herz-Zeit-Index < 2,2 l/min/m2 vor; sowie (selten) Darmblutungen beruhen einerseits auf einer
± der pulmonalkapilläre Verschlussdruck ist regelmäûig Permeabilitätsstörung des Magen-Darm-Trakts und anderer-
> 18 mmHg, beim Rechtsherzinfarkt kann er jedoch niedrig seits auf einer gesteigerten Darmmotorik infolge Stimulation
normal sein. von Histamin-Rezeptoren.

Über die hämodynamischen Reaktionen beim anaphylaktischen


Anaphylaktischer Schock
Schock liegen vorwiegend Kasuistiken vor. Im Vordergrund
Definition stehen Hypovolämie durch Vasodilatation und Flüssigkeits-
verschiebung in das Interstitium, Tachykardie (bei fulminan-
Der anaphylaktische Schock ist eine akute Verteilungstörung tem Verlauf initial auch reflektorische Bradykardie) sowie
des Blutvolumens im Sinn des distributiven Schocks, der durch erniedrigte kardiale Füllungsdrücke.
IgE-abhängige, Typ-I-allergische, klassisch-anaphylaktische
Überempfindlichkeitsreaktionen bzw. physikalisch, chemisch Wieweit zerebrale Symptome wie Schwindel, Verwirrtheit,
oder osmotisch bedingte, IgE-unabhängige anaphylaktoide Synkope, Krampfanfall und Bewusstseinsstörung Folge zere-
Überempfindlichkeitsreaktionen ausgelöst wird. braler Minderdurchblutung oder direkter Mediatoren-Einwir-
kung sind, ist nicht geklärt.
IgE-abhängige und IgE-unabhängige anaphylaktische Reaktio-
nen können klinisch nicht unterschieden werden; darüber
Septischer Schock
hinaus sind die Begriffe ¹anaphylaktischª und ¹anaphylaktoidª
im Schrifttum nicht einheitlich definiert. Im Weiteren werden Definition
beide Bezeichnungen als Oberbegriffe benutzt, ohne damit eine
Aussage zum Pathomechanismus zu implizieren. Der septische Schock ist eine Sepsis-induzierte Verteilungsstö-
rung des zirkulierenden Blutvolumens im Sinne des distribu-
Führende Symptome und Befunde tiven Schocks. Er entsteht infolge einer Invasion pathogener
Mikroorganismen oder deren toxischer Produkte und geht trotz
Kardinalsymptome sind adäquater Volumensubstitution mit einem systolischen arte-
± Hauterscheinungen, riellen Druck < 90 mmHg oder einem Blutdruck-Abfall
± Blutdruck-Abfall, > 40 mmHg vom Ausgangswert sowie den klinischen Zeichen
± Atemwegsobstruktion und einer eingeschränkten Organfunktion einher. Bei Patienten, die
± gastrointestinale Symptome. infolge einer Therapie mit inotropen oder vasoaktiven Sub-
stanzen nicht hypotensiv sind, aber Zeichen der Hypoperfusion
Das klinische Bild anaphylaktoider Reaktionen variiert interin- und Einschränkung der Organfunktion aufweisen, liegt eben-
dividuell stark, dies auch in Abhängigkeit vom Eintrittsort des falls ein septischer Schock vor.
Antigens, der Absorptionsrate und dem Grad der Sensibilisie-
rung. Initial können daher Hauterscheinungen, abdominelle Führende klinische Symptome und Befunde
Symptome oder respiratorische Beschwerden im Vordergrund
stehen. In schweren Fällen, etwa bei intravenöser Antigen- Eine Vielzahl infektiöser (Erreger) und nicht-infektiöser Noxen
Zufuhr, kann es ohne Hauterscheinungen und Atembeschwer- (z. B. Trauma) kann zu einer Entzündungsreaktion des Gesamt-
den unmittelbar zum Schock kommen. Das beschwerdefreie organismus führen, die in der Frühphase als typisches klini-
Intervall kann Minuten bis mehrere Stunden betragen, ganz sches Syndrom erkennbar ist. Diese systemische inflammato-
überwiegend treten die Symptome jedoch innerhalb der ersten rische Reaktion wird nach internationaler Übereinkunft als
Stunde nach Antigen-Exposition auf. Der Verlauf ist unbe- ¹SIRSª (Systemic Inflammatory Response Syndrome) bezeich-
rechenbar; anaphylaktoide Reaktionen können spontan zum net und wird durch das Vorhandensein von mindestens zwei
Stillstand kommen oder trotz adäquater Therapie progredient der folgenden vier Kriterien charakterisiert:
sein. ± Temperatur > 38,08 C oder < 36,08 C,
± Herzfrequenz > 90/min,
Die sich meist rapid entwickelnde systemische Reaktion geht in ± Tachypnoe mit einer Atemfrequenz > 20/min oder eine
mehr als 90 % der Fälle mit Hauterscheinungen wie Pruritus, Hypokapnie mit einem paCO2 < 32 mmHg,
Flush und Erythem einher; in schweren Fällen können Urtikaria ± Leukozyten > 12 000/l oder < 4000/l oder > 10 % unreife
und ein Angioödem (Synonym: Quincke-Ödem; subkutanes Formen.
Ödem) auftreten.
Definitionen der Schockformen Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2001;36 S143

Zur Verbesserung der Trennschärfe muss jedoch der klinische Das Blutvolumen verändert sich nicht, während die Kapazität
Gesamtzusammenhang (z. B. Ursache, Dauer, Komorbidität) des venösen Systems (Splanchnikusgebiet und/oder Skelett-
beachtet werden. muskel) steigt und der systemische Venendruck deutlich
abfällt.
Besteht neben dieser Konstellation eine nachgewiesene Infek-
tion oder liegt ein entsprechender Verdacht vor, wird die Führende Symptome und Befunde
Diagnose ¹Sepsisª gestellt. Eine ¹schwere Sepsisª liegt vor, wenn
Zeichen der Hypoperfusion mit Einschränkung von Organfunk- Zu den führenden Symptomen und Befunden zählen:
tionen hinzutreten. Ist die zugrundeliegende Verteilungsstö- ± Plötzlicher Blutdruck-Abfall,
rung des Kreislaufs so schwer, dass sich trotz forcierter ± Bradykardie,
Volumensubstitution (unter erweitertem hämodynamischem ± langsamer ¹springenderª Puls,
Monitoring) keine Stabilisierung des arteriellen Drucks errei- ± Bewusstseinsverlust, der bei bulbären Schädigungen schlag-
chen lässt, sind die Kriterien des ¹septischen Schocksª erfüllt. artig eintritt,
± blasse, warme und trockene Haut,
Sepsis und ihre Folgen sind ein kontinuierlicher Prozess, in dem ± Verlust der spinalen Reflexe und Sensibilität bei hoher
Sepsis, schwere Sepsis und septischer Schock ineinander medullärer Läsion.
übergehende klinische Stadien mit zunehmender Letalität
darstellen. Der Begriff ¹spinaler Schockª hat nichts mit den Schock-
Syndromen des kardiovaskulären Systems zu tun. Er beschreibt
Als allgemeine Befunde weisen die Patienten Störungen der neurologische Merkmale eines spinalen Durchgangsyndroms,
Vigilanz, Fieber (selten Hypothermie), Schüttelfrost und eine das durch schlaffe Paresen, Areflexie und Sensibilitätsverlust
Leukozytose (selten Leukopenie) auf. Die Haut ist heiû, gerötet gekennzeichnet ist.
und trocken; nur selten blass, kühl und feucht.
Index
Die Kreislaufreaktionen sind durch Tachykardie und initiale
Blutdruck-Schwankungen gekennzeichnet. Im Verlauf fallen DIC = Disseminated Intravascular Coagulation; Ig = Immun-
der systemvaskuläre Widerstand und der arterielle Druck ab. globulin; paCO2 = arterieller Kohlendioxid-Partialdruck; SHT =
Die für andere Schockformen typische Zentralisation tritt erst Schädel-Hirn-Trauma ; SIRS = Systemic Inflammatory Response
im Stadium der Dekompensation auf. Zu diesen Befunden Syndrome
treten die Zeichen der Herzinsuffizienz (im Sinne der septi-
schen Kardiomyopathie) und Myokardischämie in unter-
Prof. Dr. Hans-Anton Adams
schiedlichem Ausmaû hinzu.
für die I.A.G.-Schock
Neben der im Vordergrund stehenden Kreislaufinsuffizienz Zentrum Anästhesiologie, Medizinische Hochschule Hannover
sind spezielle Organsysteme in ihrer Funktion gestört, was als Carl Neuberg-Straûe 1
Multi-Organ-Dysfunktions-Syndrom (MODS) bezeichnet wird: 30625 Hannover
± Septische Enzephalopathie mit Verwirrtheits-Syndrom und/
oder progredienter Abnahme der Vigilanz bis hin zum Koma, E-mail: adams.ha@mh-hannover.de
± Störung des pulmonalen Gasaustauschs mit Tachypnoe,
Dyspnoe und arterieller Hypoxie,
± Oligurie und steigende Retentionswerte,
± gestörte Darmmotilität, erosive Gastritis und gastrointesti-
nale Blutungen,
± Störung der Leberfunktion mit Anstieg der Transaminasen
und intrahepatischer Cholestase,
± Anstiege von pankreasspezifischer Amylase und Lipase,
± disseminierte intravasale Gerinnung (DIC) mit Verminde-
rung von Thrombozyten, Fibrinogen und Gerinnungsinhibi-
toren.

Die mangelhafte Oxygenierung einzelner Organe führt insge-


samt zu metabolischer Azidose und Laktat-Anstieg.

Neurogener Schock

Definition
Der neurogene Schock ist ein distributiver Schock und beruht
auf einer generalisierten und ausgedehnten Vasodilatation mit
relativer Hypovolämie infolge einer Imbalance zwischen sym-
pathischer und parasympathischer Regulation der glatten
Gefäûmuskulatur.

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