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Aortendissektion

Dr. Florian Huber, MSc.


Klinik für Herz-, Gefäß- und Thoraxchirurgie
Thoraxschmerz
Differentialdiagnosen mit hoher Letalität
‘‘Big 5‘‘

Akutes Koronarsyndrom (ACS)

Akute Aortendissektion (AD)

Pulmonalarterienembolie (PAE)

Spannungspneumothorax

Mediastinitis

Bei Patienten in der Notaufnahme mit akuten (nicht-traumatischen) thorakalen Schmerzen ist die häufigste Ursache
(bis 25%) das akute Koronarsyndrom.

‘‘Big 6‘‘: siehe oben + Perikarderguss/-tamponade

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NOTFALL
Mortalität 1-2% pro Stunde
50% Letalität innerhalb von 48h
ab dem Schmerzereignis

IRAD: 30d mortalitiy 26,6%


GERAADA: 30d mortality 16,9%

15.10.2023 3
Akute Aortendissektion

Einriss der Gefäßintima mit intramuraler Einblutung

Aufspaltung der aortalen Wandschichten

Ausbildung eines wahren und eines falschen Lumen

Getrennt durch die Dissektionsmembran

Tsai et al. 2005

15.10.2023 4
Akute Aortendissektion

Lokalisation des „primären“, proximalen Entries

• Aorta ascendens 75%


• Aortenbogen 15%
• Aorta descendens 2%
• Kein Entry 8%

Conzelmann et al. 2016

15.10.2023 5
Aortendissektion – Klassifikation Stanford und DeBakey

Klinisch am gebräuchlichsten ist die


Stanford Klassifikation.

Stanford Klassifikation:

• A - Dissektion: betrifft die Aorta ascendens (mit variabler Ausdehnung nach distal)

• B - Dissektion: betrifft nur die Aorta descendens

DeBakey Klassifikation:

• Typ I: Entry in der Aorta ascendens mit Ausdehnung der Dissektion in die Aorta descendens

• Typ II: Dissektion betrifft nur die Aorta ascendens

• Typ III: Entry in der Aorta descendens mit variabler Ausdehnung nach distal
III a – betrifft nur die Aorta descendens thoracalis (bis zum Zwerchfell)
III b – Ausdehnung auch in die Aorta abdominalis

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Aortendissektion - Pathophysiologie

• akutes Ereignis
Inzidenz 3 : 100.000 pro Jahr, Männer > Frauen
typisch 60 - 80 Jahre alter Patient mit arterieller Hypertonie

• Einriss der Intima (proximales Entry)


50 – 65% in der Aorta ascendens = am häufigsten
10 – 20% im Aortenbogen
20 – 30% in der Aorta descendens (oft nahe der A. subclavia)

• Austritt von Blut in die Gefäßwand mit Dissektion der Media


und Ausbildung eines zweiten, sog. ‘falschen Lumens‘

• variable Ausdehnung der Dissektion nach proximal und/oder


distal

• ein oder mehrere distale Re-entries

• das ursprüngliche, ‘wahre Lumen‘ wird durch den hohen


Druck im falschen Lumen oft sichelförmig komprimiert

• variable Beteiligung von Seitenästen der Aorta +/-


Malperfusion (Minderdurchblutung) von Organen

• durch die Dissektion nimmt der Aortendurchmesser


schlagartig zu
Galvin et al, Annals of CTS, 5/2016
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Nienaber et al, Nature Reviews, 07/2016
Aortendissektion - Pathophysiologie

• wahres Lumen (allseits von Endothel begrenzt; = ursprüngliches Gefäßlumen)

• falsches Lumen (innerhalb der Media; wird nicht von Endothel begrenz): kann
vollständig perfundiert (durchblutet) oder (partiell/vollständig) thrombosiert sein

• proximales Entry und eines oder mehrere distale Re-entries

Sheppard et al; Br J Sports Med 2012 (Histologie); Kemp WL, www.accessmedicine.com (Pathologie) 8
Aortendissektion - Pathophysiologie

A B • dynamische Obstruktion (A):


das falsche Lumen komprimiert das wahre Lumen mit
dem abgehende Seitenast

• statische Obstruktion (B): der Seitenast ist selbst


disseziiert und dadurch eingeengt oder verschlossen

MALPERFUSION (Minderdurchblutung):

• Koronararterien: Rhythmusstörungen, Myokardinfarkt

• Bogengefäße: Schlaganfall, Synkope, RR - Differenz,


Pulsdefizit, Armischämie

• Interkostalarterien: spinale Ischämie mit Paraparese


oder Paraplegie

• Truncus coeliacus und A. mesenterica:


Darmischämie, Leber-/Milzinfarkt

• Nierenarterie: Kreatininanstieg, Niereninfarkt,


Nierenversagen, reno-vaskuläre Hypertonie

• Becken-/Beinarterien: Pulsdefizit, akute Ischämie

modifiziert aus Trimarchi et al; Annals of Cardiothoracic Surgery, 2014


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Klinisches Bild – Risikofaktoren

Arterielle Hypertonie: bis zu 70% der Patienten mit einer Aortendissektion sind Hypertoniker

Aortenaneurysma: Aneurysmen d. Sinus valsalvae, Ao. ascendens

bicuspide Aortenklappe

Bindegewebserkrankungen: Marfan Syndrom, Ehlers-Danlos Syndrom, Loeys Dietz Syndrom

höheres Lebensalter (80 - 90% der Pat. sind > 60 Jahre ) und männliches Geschlecht

positive Familienanamnese für Aortenerkrankungen

Intervention od. Operation im Bereich der Aorta: Herzkatheter, Herzoperation, TAVI, TEVAR…

andere: Trauma, starke isovolumetrische Belastungen, Kokain (RR-Entgleisungen),


Schwangerschaft im 3. Trimenon und peripartal, Vaskulitiden der großen Gefäße, Turner Syndrom,
Aortenisthmusstenose….

15.10.2023 10
Klinisches Bild – Diagnostik

Klinik: akute, heftige Thoraxschmerz


Pulsdefizit oder RR-Differenz
hämodynamische Instabilität
Synkope, fokal-neurologisches Defizit
Labor: nicht diagnostisch; D - Dimer erhöht; cTn können erhöht sein
Thoraxröntgen: nicht diagnostisch, kann normal sein, evtl. verbreiterte Aortenshilouette
EKG: nicht diagnostisch; häufig unspezifische Veränderungen; ST Hebungen möglich
Echokardiographie: die TEE hat eine hohe Sensitiviät und Spezifität für die Diagnose einer
Aortendissektion

Goldstandart in der Diagnostik: CT-Angiographie (CTA) der gesamten Aorta.

15.10.2023 11
Aortendissektion - Diagnostik

• Die CTA ist der Goldstandart in der Diagnostik der Aortendissektion (hohe Sensitivität und
Spezifität, Darstellung der gesamten Aorta, rasch verfügbar, kurze Untersuchungszeit).

• Diagnostisch ist der Nachweis einer Dissektionslamelle in der Aorta mit 2 Lumina.

• Das neu entstandene und oft sichelförmig imponierende falsche Lumen nimmt oft die 1/2 bis 2/3 der
Aortenzirkumferenz ein.

• Das wahre Lumen wird durch den hohen Druck im falschen Lumen oft zusammengedrückt.

• Eine statische Obstruktion von Seitenästen der Aorta (Dissektion setzt sich in die Abgänge fort) kann
im CT dargestellt werden, ebenso eine Organmalperfusion (z.B. Niereninfarkt, Darmischämie –
Zusammenschau mit Klinik, Labor…).

• Das Vorhandensein eines Perikard- oder Pleuraergusses kann im CT dargestellt werden.

• Die CTA ermöglicht eine Vermessung der Aorta bei geplanter Intervention (TEVAR bei komplizierter
B - Dissektion).

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Aortendissektion - Diagnostik

CT Angiographie (CTA) der Aorta = Goldstandard

A – Dissektion B – Dissektion
Dissektionslamelle in der Aorta ascendens Dissektionslamelle in der Aorta descendens
(mit Ausdehnung nach distal) (nicht aber in der Aorta ascendens)

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Aortendissektion - Diagnostik

CT Angiographie (CTA) der Aorta

Aortendissektion mit Organmalperfusion.

Colon Viszerale Ischämie: Dissektion des Truncus


coeliacus und der A. mesenterica superior
* (AMS) mit Ischämie des rechten Hemicolon
AMS Dissektionslamelle (Pneumatosis intestinalis*). Klinisch
bestanden abdominelle Schmerzen
(Vorstellungsgrund), im Labor eine
Aorta Leukozytose (16,7 G/l) und ein erhöhtes
Lactat (3,8 mmol/l).
li. Niere
Renale Ischämie: Dissektion der linken
Nierenarterie mit Niereninfarkt links. Klinisch
akutes Nierenversagen mit temporärer
Hämofiltration postoperativ.

20 – 40% der Dissektionspatienten haben abdominelle Schmerzen. Eine viszerale Ischämie ist nach
der Aortenruptur und der Tamponade die 3. häufigste Todesursache bei Dissektionspatienten.

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Aortendissektion - Diagnostik

Transösophageale Echokardiographie (TEE)

Aorta ascendens mit Dissektionslamelle (I) zwischen


dem wahren Lumen (T) und dem falschen Lumen (F).
Die Echokardiographie ermöglich (im Unterschied zur
CTA) auf die Beurteilung der Funktion der Aortenklappe
(AV).
Als Komplikation einer A - Dissektion kann eine akute
Aortenklappeninsuffizienz auftreten.

Auch die Aorta descendens kann in der TEE dargestellt


werden. Zu sehen die Dissektionslamelle (I), die
wahres und falsches Lumen trennt.

N Engl J Med 1993; 328:35-43


DOI: 10.1056/NEJM199301073280107

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A - DISSEKTION

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A Dissektion

• Die Standford Typ A Aortendissektion betrifft die Aorta


ascendens.

• Die Ausdehnung nach distal ist variabel:


DeBakey Typ I: Entry in der Aorta ascendes, Ausdehnung in die
Aorta descendens
DeBakey Typ II: Entry in der Aorta ascendens, auf diese
beschränkt

• Durch die Beteiligung der Aortenwurzel und der supra-aortalen


Gefäße (Bogengefäße) ergeben sich spezifische Komplikationen
und (im Vgl. zur Typ B Dissektion) eine erhöhte Mortalität (30-
Tage Mortalität bis 25% vs. 10% bei der B - Dissektion).

• Aufgrund der hohen Mortalität im Spontanverlauf ist eine


notfallmäßige herzchirurgische Versorgung indiziert.
Ausnahmen können sich bei moribunden Patienten, Patienten mit
fortgeschrittener Demenz oder bei irreversibler schwerer
neurologischer Beeinträchtigung ergeben.

• Häufigste Todesursache ist die Aortenruptur.


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A Dissektion - Therapie

Typ A-Dissektion
Sofortige Operationsindikation
A Dissektion - Komplikationen

Akute Aortenklappeninsuffizienz

• Bei Dissektion der Aortenwurzel kann eine akute AI durch


unterschiedliche Mechanismen entstehen:
- Dilatation der Aortenwurzel und des Klappenannulus (A)
- asymmetrischer Klappenschluß (B)
- Prolaps eines Segels (C)
- Prolaps eines Intimaflaps (Dissektionslamelle; D)

• In der Auskultation hört man ein neu aufgetretenes


Diastolikum.

• Durch die AI ist der linke Ventrikel akut volumenbelastet.

• Die Folge kann eine kardiale Dekompensation mit einer


Schocksymptomatik und einem kardialen Lungenödem sein.

• Die Beurteilung der Klappenfunktion erfolgt oft nach


Narkoseeinleitung in der TEE.

DOI:10.1161/CIRCULATIONAHA.112.113993
Hamirani et al

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A Dissektion - Komplikationen
Perikardtamponade

• Eine Tamponade ensteht durch die Ansammlung von


Flüssigkeit (Transsudat oder Blut) im Perikard.

• Durch die Kompression des Herzens wird die Füllung


beeinträchtigt, das Schlagvolumen nimmt ab.

• Die Folge ist eine Schocksymptomatik.

• Die Tamponade ist bei der A – Dissektion die 2. häufigste


Todesursache nach der Aortenruptur.

Schlaganfall
• Ein Schlaganfall betrifft 5 - 10% der Patienten mit einer A-
Dissektion.

• Ursache ist eine Dissektion der Bogengefäße mit cerebraler


Minderperfusion oder eine Embolisierung (aus dem
falschen Lumen, in dem Thromben entstehen können).

• Nicht jede Dissektion der Bogengefäße führt zu einem


Schlaganfall (Klinik entscheidend).

• Eine Paraparese der Beine ist Folge einer Rückenmarks-


ischämie (A. subclavia, Interkostalgefäße, Lumbalgefäße) und
betrifft 2 - 5% der Patienten.
RJ Valentine, Anatomic Exposures in vascular surgery, Tsukube et al, E-Journal of Cardiology Practice, Oct 2017 20
A Dissektion - Komplikationen
Akuter Myokardinfarkt

• Ein Myokardinfarkt kann bei Dissektion der Aortenwurzel


mit Verlegung der Koronarostien entstehen.

• Die Folge können Arrythmien (VT/VF), eine akute


Herzinsuffizienz und ein plötzlicher Herztod sein.

• Die rechte Herzkranzarterie (RCA) ist häufiger betroffen.

Mesenterialischämie
• Eine viszerale Ischämie entsteht durch eine Malperfusion
der darmversorgenden Gefäße.

• Das wichtigste Gefäß für die Versorgung des Darms ist die A.
mesenterica superior (AMS).

• Eine Darmischämie ist die 3. häufigste Todesursache bei


Dissektionspatienten.

• Schock und eine hochdosierte Katecholamintherapie


(Vasopressoren) können Ursache für eine nicht-okklusive
Mesenterialischämie (NOMI) im postoperativen Verlauf sein.
uptodate
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A Dissektion - Komplikationen

Weitere mögliche Komplikationen einer Aortendissektion können sein:

• Akutes Nierenversagen
- Niereninfarkt (renale Malperfusion durch die Dissektion)
- Schock
- Kreislaufstillstand
- hochdosierte Vasopressortherapie
- wiederholte Kontrastmittelexposition

• Extremitätenischämie
- Arm: Dissektion Truncus coeliacus bzw. A. subclavia; iatrogen durch Kanülierung der A. axillaris
- Bein: Dissektion der A. iliaca

• Paraparese oder Paraplegie

• postoperative Komplikationen
- Pneumonie / ARDS
- kardiales Versagen
- Durchgangssyndrom
- Multiorganversagen
- Sepsis

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A Dissektion - Operation

• Ziele der Operation sind:


- Verhinderung der Aortenruptur mit Perikardtamponade (Stabilisierung der Aorta ascendens)
- Beseitigung einer vorhandenen Aortenklappeninsuffizienz
- Sicherung der Koronarperfusion
- Beseitigung einer vital bedrohlichen Malperfusion
- Thrombosierung des falschen Lumens

• die Operation wird über eine mediane Sternotomie mit Verwendung der Herzlungenmaschine
(HLM) durchgeführt

• in einer kurzen Phase des hypothermen Kreislaufstillstands (24 - 30°C Körperkerntemperatur;


die zerebrale Perfusion wird über die HLM aufrechterhalten; das Gehirn ist besonders
empfindlich für eine Hypoxie) kann der Aortenbogen eröffnet, ein evtl. vorhandenes Entry reseziert
und ein prothetischer Ersatz (Dacronprothese) durchgeführt werden

• Je nach Befund (Lokalisations des Entry, evtl. vorhandenes Aneurysma, Aortenklappe) kommen
unterschiedliche Techniken zur Anwendung:
- suprakoronarer Aorta ascendens Ersatz (Ersatz der Aorta über dem Abgang der Koronarien)
- Aortenwurzelersatz (Bentall Operation): die Aortenwurzel inklusive der AK werden ersetzt
- Aorta ascendens und (Teil-) Bogenersatz
- Frozen Elephant Trunk (FET) Technik: Stentprothese in die Aorta descendens, Bogen- und Aorta
ascendens Ersatz mit Dacronprothese;

• meistens wird nicht die gesamte dissezierte Aorta ersetzt (Ausnahme DeBakey Typ II)

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A Dissektion - Operation

A Readaptierung und Klebung der dissezierten Wandschichten der Aortenwurzel bei


A
morphologisch intakter Aortenklappe

B suprakoronarer Aorta ascendens und Teilbogenersatz mit einer Dacronprothese

C Aorta ascendens und kompletter Bogenersatz

D Aortenwurzelersatz mit einem klappentragendem Conduit (künstliche Herzklappe),


sog. Bentall Operation mit Teilbogenersatz

B C D

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A Dissektion - Operation

Frozen elephant trunk (FET)

Durch den Stentgraft in der


Aorta descendens werden Re-
entries überdeckt. Ziel ist eine
bessere Entfaltung des wahren
Lumens und eine
Thrombosierung des falschen
Lumens.

FET: Stabilisierung der Aorta ascendens und des Aortenbogens


(prothetischer Ersatz) + Thrombosierung des falschen Lumens
in der verbleibenden dissezierten Aorta (durch Stentgraft)

Tian et al, Ann Cardiothoracic Surg, 2013; 2(5): 581-591


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A Dissektion - Langzeitverlauf

• Alle Patienten mit einer Aortendissektion brauchen eine


Nachsorge mit einer Schnittbildgebung (CTA oder MRA)

• Beim isolierten Aorta ascendens und Teilbogenersatz


bleibt das verbliebene falsche Lumen in 70 - 80%
perfundiert (Kommunikation mit dem wahren Lumen durch
Re-entries)

• Die dissezierte Aorta neigt zur Dilatation.


Risikofaktoren für eine späte Aortendilatation sind:
- keine Thrombosierung des falschen Lumens
- großer Aortendurchmesser bereits bei ersten Operation
- arterielle Hypertonie
- Marfan Syndrom
- junges Patientenalter
- Männer

• Nach 10 Jahren entwickeln 50 – 60% der Patienten ein


Postdissektionsaneurysma.
Aorta
descendens
• 25% benötigen eine Reoperation oder Intervention
(Implantation einer Stentprothese).

← Aneurysmatische Erweiterung der Aorta descendens thoracalis (60 mm) bei


einem Patienten mit Z.n. Bentall-OP bei A - Dissektion

Di Bartolomeo et al, Annals of CTS, 2013


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A Dissektion - Prognose
aus Kirklin et al, Cardiac Surgery, 4th edition, vol 1

Normalbevölkerung

Patienten mit A - Dissektion

• 30-Tages Mortalität bei der A - Dissektion liegt bei bis zu 25%.

• Risikofaktoren für ein perioperatives Versterben sind: präoperative Reanimation, präoperative


hämodynamische Instabilität bzw. Schock, Malperfusion, höheres Alter und hohe Komorbidität
(chronische Niereninsuffizienz) sowie kardiale Voroperation.

• Deutlich erhöhte Mortalität im Langzeitverlauf im Vergleich zur Normalbevölkerung, bedingt durch:


späte Aortenrupturen
Re-dissektionen
Aortenklappeninsuffizienz
Morbidität und Mortalität durch notwendige Reoperationen und Reinterventionen

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Postdissektionsaneurysma

Aneurysmatische Degeneration der dissezierten Aorta im Langzeitverlauf nach Aortendissektion


Durchmesser Aorta descendens 67 mm, A. iliaca links 45 mm
mehrzeitige Sanierung mittels mehrfach fenestrierter Endoprothese (FEVAR)

Thoracic Key, Chaper 91, Technique 28


B - DISSEKTION

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B Dissektion

• Die Stanford Typ B - Dissektion betrifft nur die Aorta descendens.

• Die Dissektion kann nur die Aorta descendens thoracalis betreffen


(DeBakey III a) oder sich auch in die abdominelle Aorta fortsetzten
(DeBakey III b).

• Das proximale Entry liegt typischerweise am oder knapp distal des


Abgangs der linken A. subclavia.

• Das Leitsymptom sind akute, heftige Brustschmerzen (80% der


Patienten). Über 60% der Betroffenen haben aber auch
Rückenschmerzen und 40% abdominelle Schmerzen.

• Bei Aufnahme haben viele Patienten eine hypertensive RR - Werte.


Eine Schocksymptomatik besteht bei <5% der Patienten.

• Eine Malperfusion kann zu folgenden Komplikationen führen:


Renale Ischämie / Niereninfarkt 15%
Viszerale Ischämie 7%
Ischämie der unteren Extremität 9%
Paraparese / Paraplegie 3%

• Die 30-Tages Mortalität liegt bei 10%, bedingt durch Aortenruptur


und Malperfusion (z.B. Darmnekrose).
V. Riambau et al; ESVS Guideline; EJVES 2017

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B Dissektion - Diagnostik

81 Jahre alte Patientin mit plötzlich aufgetretenen


Rückenschmerzen. RR 210/110 mm Hg.
In der CTA Aortendissektion beginnend an der linken
A. subclavia mit Ausdehnung bis knapp über das
Zwerchfell (Stanford Typ B, DeBakey III a). Das
falsche Lumen ist partiell thrombosiert.
Bestehendes Aneurysma der Aorta ascendens (45
mm) ohne Dissektion.

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B Dissektion - Einteilung

• Bei der B – Dissektion unterscheidet man eine komplizierte von einer unkomplizierten
Dissektion.

• Eine komplizierte B – Dissektion ist definiert durch das Vorhandensein eines (oder mehrerer)
der folgenden Kriterien:
- Aortenruptur
- zunehmendes periaortales Hämatom
- zunehmender hämorrhagischer Pleuraerguss
- Schock
- Organmalperfusion
- persistierende oder rezidivierende Schmerzen (trotz analgetischer Therapie)
- therapierefraktäre hypertensive Entgleisung (trotz antihypertensiver Therapie)
- initialer (gesamter) Aortendurchmesser > 5,5 cm
- rasche Zunahme des Aortendurchmessers in einer Kontroll-CT

• Liegt keines der o.g. Kriterien vor, handelt es sich um eine unkomplizierte B – Dissektion.

• Initial Maßnahmen bei einer B - Dissektion sind die Aufnahme auf eine Überwachungs- oder
Intensivstation, ein hämodynamisches Monitoring (EKG, invasive RR Messung) und die
rasche RR - Senkung sowie eine adequate analgetische Therapie.

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Therapie der unkomplizierten B - Dissektion

• Die unkomplizierte B - Dissektion wird initial konservativ behandelt:


- Aufnahme auf ICU mit hämodynamisches Monitoring
- RR Senkung (Ziel RRsystolisch von 100-120 mm Hg; HF 60-80/min): i.v. Betablocker (1. Wahl, z.B.
Labetalol, Esmolol) oft Kombination mit Vasodilatatoren erforderlich; später p.o. Medikation
- analgetische Therapie
- Verlaufskontrolle mit CT - Angiographie (nach 5 – 7 Tagen, je Klinik)

• spätere Verlaufskontrollen mit einer Schnittbildgebung (CTA oder MRA) sind erforderlich

• 30-Tages Mortalität 3 - 10%; 5-Jahres Überleben 50 - 82%

• Beträchtliche Inzidenz von aortalen Komplikationen im Langzeitverlauf:


- in 80% keine komplette Thrombosierung des falschen Lumens
- Dilatation der Aorta im Langzeitverlauf (50% nach 5 Jahren) mit Gefahr der Aortenruptur
- 25% Reinterventionen nach 5 Jahren

• Parameter für einen ungünstigen Verlauf sind:


keine vollständige Thrombosierung des falschen Lumens, ges. Aortendurchmesser > 40 mm, falsches
Lumen > 22 mm, großes proximales Entry > 10 mm, DeBakes III b

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Therapie der komplizierten B - Dissektion

• Die komplizierte B – Dissektion hat im Spontanverlauf eine höhere


Mortalität (30-Tage: bis zu 25%).

• Die komplizierte B - Dissektion wird interventionell mittels


Implantation eines thorakalen Stentgrafts (TEVAR, thoracic
endovascular aortic repair) behandelt.

• Die Implantation des gecoverten Stents erfolgt in das wahre


Lumen der Aorta. Dadurch wird:
- das proximale Entry verschlossen
- das wahre Lumen besser entfaltet
- der Blutfluss und der Druck im falschen Lumen reduziert
- das Risiko der Aortenruptur verringert
- eine (Teil-) Thrombosierung des falschen Lumens erreicht

• Die Thrombosierung des falschen Lumens ermöglicht ein


Remodelling der Aorta (Resorption des Hämatoms; Verkleben
der Wandschichten) und damit eine Stabilisierung der Aortenwand

• Proximal erfolgt die Verankerung in gesunder, nicht dissezierter


Aorta. Die Implantation erfolgte über die Leistenarterie unter
Durchleuchtungskontrolle (Hybrid-OP Saal).

S. Trimarchi et al; Annals of Cardiothoracic Surgery; 2014.


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Therapie der komplizierten B - Dissektion

A B D

A Angiographie mit KM Injektion in das wahre Lumen und Darstellung des proximalen Entries (Pfeil)
B,C thorakalen Stentprothese
D CT Angiographie Kontrolle nach TEVAR

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Therapie der komplizierten B - Dissektion

A
• Die Implantation des Stentgrafts erfolgt in die thorakale Aorta.
Im Bereich des Stents thrombosiert das Lumen meist vollständig.

• Vor allem bei Ausdehnung in die abdominelle Aorta (DeBakey III b)


kann das falsche Lumen allerdings zumindest teilweise weiterhin
über distale Reentries perfundiert sein (A).

• Eine Perfusion des falschen Lumens kann zur Dilatation der


Aorta (Postdissektionsaneurysma) und zur Aortenruptur
führen.

• Regelmäßige Nachsorgen mittels Schnittbildgebung (CTA oder


MRA) sind auch nach TEVAR erforderlich.
B
• Besteht eine statische Malperfusion (Dissektion reicht in den
Seitenast hinein), die sich nach TEVAR nicht bessert, kann die
zusätzliche selektive Implantation eines Stents in
organversorgende Arterie erforderlich sein (B).

• Mögliche Komplikationen bei TEVAR sind Blutungen im Bereich


der Punktionsstelle (Leiste), eine retrograde Dissektion (bei oder
nach Freisetzen des Stents dehnt sich die Dissektion in den
Bogen oder die Aorta ascendens aus – erfordert dann eine
Operation; Vgl. A - Dissektion) und eine Aortenruptur.

HJ Patel, Operative Techniques in Thoracic and Cardiovascular Surgery, 2007. Nienaber et al; Circ Cardiovasc Interv 2013
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