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Bohmer, Demert, Sommers – das pragmatische Profil

1 Das Wissensgebiet der Pragmatik


Schnittstelle verschiedener Disziplinen: hohe Heterogenität / Pluralismen

1.1 Womit befasst sich das Wissensgebiet der Pragmatik


Interpretation von sprachl. Äußerungen
a) Kontext der Äußerung
b) kommunikative Funktion
c) Strukturelle Aspekte (Texte und Gespräche)
linguistische Pragmatik oder pragmatische Linguistik

1.2 Die Entwicklung des Wissensgebietes


Charles Morris (1938): Pragmatik als Zweig der Semiotik (unter Syntax und Semantik)
→ Beziehung zwischen Zeichen und Benutzer
Chomsky (1957, 1965): formale Aspekte der Sprache
1970: pragmatische Wende: 1) Sprechakte und 2) Implikatur, Deixis, Präsupposition
a) theoretische Konzepte aus Philosophie
b) Pragmatik als Teilwissenschaft der Sprachwissenschaft

1.3 Theorien mit nachhaltigem Einfluss auf die Erforschung


pragmatisch-kommunikativer Verhaltensaspekte
1.3.1 Sprechakttheorie
Searle (1969)
1) Äußerungsakt: Äußerung der Worte und Sätze
2) Präpositionaler Akt: Sprachliche Inhalte durch Referenz (Bezugsnahme) und Prädikation
(Eigenschaft)
3) Illukotionärer Akt: kommunikative Intention
4) Perlokutionärer Akt: Wirkung des Sprechaktes
- direkte vs indirekte Sprechakte: Illokution wird direkt kommuniziert
1.3.2 Implikaturtheorie
Grice (1975, 1989)
Inferenz ↔ Implikatur in Abgleich mit Konversationsmaximen
1) Maxime der Quantität: so informativ wie erforderlich, nicht mehr
2) Maxime der Qualität: wahr, nicht falsch und nicht fehlende Evidenz
3) Maxime der Relevanz: relevant
4) Maxime der Modalität: Klarheit, nicht ungeläufige Ausdrücke, nicht Doppeldeutigkeit, kurz und
geordnet
bei Nichteinhaltung: Implikation einer Absicht
1.3.3 Relevanztheorie
Konversationsmaxime → alles durch Relevanzmaxime erklärbar
1.3.4 Die Erforschung des Gesprächs
Konversationsanalyse, Diskursanalyse, Gesprächsanalyse, Sprecheranalyse (turn-taking)
Sprecher – Hörer – Rollen
Nachbarschaftspaare: Grußformeln
Reparaturen: selbst / fremdinitiiert + selbst und fremdrepariert

1.4 Die Erforschung des kindlichen pragmatisch-


kommunikativen Verhaltens
Theoretischer und methodologischer Pluralismus
Erwachsenenorientiert vs Kinder erforschend

1.5 Fazit: mangelnde Vergleichbarkeit der Studienergebnisse

2 Bereiche kommunikativen Handelns


A: Ausdrücken – Wirken – B: Verstehen = Kommunikationsintention in C
Kommunikationsorganisation im Kommunikationskontext

2.1 Kommunikative Intentionen


1) Absicht, eine Wirkung beim Kommunikationspartner zu erzielen → Einstellungs → und
Verhaltensänderung => Was ist die Absicht?
2) Interpretation der Bedeutung => was kommt an?

2.2 Kommunikationsorganisation
Ablauf der Kommunikation: wann macht wer was? =^= Organisation, Koordination,
Aufrechterhaltung
a) Makroebene: globale Gesamtstruktur: Initiierung, Themenentwicklung, Abschluss
b) Mikroebene: Sprechzeiten und -pausen

2.3 Kommunikativer Kontext


Sprachliche Umgebung (Äußerung davor und danach)
physische Kontexte (Personen, Zeitpunkte, Orte)
soziale und kulturelle Kontexte (Beziehungsarten)
gemeinsamer Wissenshintergrund

2.4 Kommunikative und kognitive Ressourcen


2.4.1 kommunikative Ressourcen
Alle sprachlichen (Sprachverarbeitung) und nicht-sprachlichen Mittel (sonstige Zeichen) zum
Ausdruck und Verstehen = Kommunikative Intention

2.4.2 kognitive Ressourcen


Perkins (2007)
Inferenzen (logische Schlussfolgerungen)
Gedanken lesen (Theory of Mind)
exekutive Funktionen
Gedächtnis (Leistung und Kapazität)

3 Zielsetzungen, Grundannahmen und Entwicklung


des pragmatischen Profils
3.1 Zielsetzungen und Grundannahmen
3.1.1 Analyse pragmatisch-kommunikativer Fähigkeiten
Sprachliche Ressourcen
Kommunikative Ressourcen

3.1.2 Erfassung der alltäglichen kommunikativen Fähigkeiten durch das


Interviewverfahren
Methode: strukturiertes Interview (alltäglich)

3.1.3 Einbezug von Eltern, Betreuern und Lehrern in den


Interventionsprozess
Fähigkeitenfokus > Auffälligkeitsfokus, erneute Befragung: Fortschritterkenntnis

3.1.4 Erfassung kommunikativer Fähigkeiten mittels eine qual.-


deskriptiven Verfahrens
= nicht-standardisierte, nicht normiert

3.1.5 Erfassung der kommunikativer Fähigkeiten einer großen


Bandbreite von Kindern
Primär, sekundär + PLI (pragmatic language impairement)

3.2 Entwicklung der pragmatischen Profils


Forschungsliteratur + persönliche Erfahrung
verschiedene Überlegungen zum Inhalt der Fragen + Art / Formulierung

3.2.1 Reliabilität und Validität der Aussagen der Bezugsperson


Elternfragebogen: pro / contra?
3.3 Adaption und Erweiterung des Pragmatischen Profils für
den deutschen Kultur- und Sprachraum
Ergänzung
Darstellung des Pluralismus
Schema: Bereiche kommunikativen Handelns
Zusammenstellung: Elemente der kommunikative Analyse
Kurzbericht: Entwicklung kommunikativer Fähigkeiten

4 Zielgruppe und Aufbau des Pragmatischen Profils


4.1 Zielgruppe und Alterspanne
SES (andere primäre Störungsbilder)
SSES +/- late talker
PLI
Redeflussstörungen
Stimmstörungen
Seh- und Hörstörungen
physische Beeinträchtigung
Lernbedingungn

4.2 Aufbau des pragmatischen Profils


Interview I: bis 4;11: 38 Fragen
Interview II: 5-10: 32 Fragen
Fragen: wie reagiert / kommuniziert das Kind in spezifischen Situationen?
Teil A: kommunikative Intention: Ausdruck
Teil B: Reaktion und Kommunikation: Verstehen
Teil C: Kommunikationsorganisation
Teil D: kommunikativer Kontext

5 Handhabung des pragmatischen Profils


5.1 Material
Übersicht der Fragen, Interview Bogen, Protokollbogen
5.2 Durchführung des Interviews
5.2.1 Generelle Durchführung
Entspannte Umgebung
vorformulierte Beispiele bei Bedarf
Dauer: 30-45 Minuten

5.2.2 Flexibilität der Durchführung


Alterspannen
„Baukastensystem“ der verschiedenen pragmatischen Fähigkeiten

5.2.3 Erforschung der kommunikativen Fähigkeiten von Kindern m.


Migrationshintergrund
L1 / L2 dazu schreiben

5.3 Zusammenfassung und Einschätzung der


kommunikativen Fähigkeiten
5.3.1 Auswertung anhand des „Profils der individuellen
kommunikativen Fähigkeiten“

5.3.2 Orientierende Einschätzung des kindlichen kommunikativen


Verhaltens
Bereiche kommunikativen Handelns
Elemente der kommunikativen Analyse
Entwicklung kommunikativer Fähigkeiten

5.3.3 Differenzierung der Einschätzung des kindlichen kommunikativen


Verhaltens
Grundfähigkeiten, vermittelnde Fähigkeiten, Intention ...

5.4 Einsatz weiterer Verfahren zur Analyse des kindlichen


Verhaltens
Entwicklungsprofil (Zollinger 1999)
Heidelberger Marschak-Interaktionsmethode (Ritterfeld und Franke 1994)
Screening Lexikonerwerb (Dohmen und Vogt 2004)
Interaction Record (Anderson Wood & Smiten 1997)
Konversationsanalyse (Damico 1985; McTear 1985)
Children’s Communication Checklist (Bishop 1998), (auf dt.: Spreen Rauscher 2003a,b)
Autismusscreening (Adams 2002)

6 Elemente der kommunikativen Analyse


6.1 Erläuterungen der Funktionen und charakteristischen
Merkmale der einzelnen Fragen
6.1.1 Aufmerksamkeit
I: Fragen 1-2, 17-19
II: Fragen 1-2, 12
Aufmerksamkeit auf Ereignisse, Objekte und andere Person lenken
Aufmerksamkeit des Kindes erlangen
Signalisieren von Aufmerksamkeit und Interesse
Verständnis der Aufmerksamkeitslenkung durch hinweisende Signale

6.1.2 Ausdruck von Aufforderungen


I: Fragen 3-7
II: Fragen 3-4
Fähigkeit verschiedene Typen von Aufforderung auszudrücken (Objekte, Handlung, Wiederholung,
Hilfe, Info/Fragen)

6.1.3 Ausdruck und Reaktion auf Widerspruch


I: Fragen 8-9, 23
II: Fragen 17
Ausdruck und Ablehnung
Reaktion auf Widerspruch und Verhandeln
Ausdruck von Eigenständigkeit

6.1.4 Grüßen
Konvention um Kontakt ein- und auszuleiten → Erwartung des Gegenübers

6.1.5 Ausdruck von Emotionen


Kommunikation des Gefühlszustands
a) sozial akzeptiert
b) sozial nicht akzeptiert – Imitationen
6.1.6 Benennen und Kommentieren
Benennen → referentieller Gebrauch von Wörtern
Kommentar → benennen und persönliche Meinung

6.1.7 Informieren, Instruieren und Erzählen


Informieren: Erlebnisse mitteilen (vergangen und zukünftig)
Instruieren: Anweisung dialogisch
Erzählen: Geschichte
a) Kohäsion: Mikroenbene linguistischer Mittel
b) Kohärenz: Makroebene

6.1.8 Ausdruck von Humor und Reaktion auf Vergnügen


Ausdruck von Humor: Verstehen und Anwenden, emotionale Wirkung
a) narrative/linguistische Fähigkeiten
b) kognitive Fähigkeiten
Reaktion auf Vergnügen: lächeln, lachen → Zeichen des Verstehens

6.1.9 Präsupposition: vorausgesetzter gemeinsamer


Wissenshintergrund
Präsupposition: Basis für effektive, ökonomische Kommunikation → kogn. Fähigkeiten

6.1.10 Reaktion auf direkte oder indirekte Aufforderung


Direkte Aufforderung: wörtlich verstehen
Indirekte Aufforderung: situatives verstehen
Reaktion auf Informationsfragen: ja/nein oder offen?
a) Versteckt Kind?
b) Sind die antworten relevant?
c) minimale oder ausgedehnte Antworten?

6.1.11 Reaktion auf Idiome und Ironie


Idiom: „eingefrorene“ Bedeutung
Ironie: Gesagtes =/ Gemeintes → indirekte Information / Aufmerksamkeitslenkung

6.1.12 Organisation und Aufrechterhaltung einer Interaktion oder


Konversation
Initiieren und Abschluss einer Konversation: Interaktion, Thema
Thema einführen und entwickeln
Sprecherwechsel: simultanes sprechen, Pausen, Länge und Anordnung der Äußerungen
sich im Nachhinein an einem Gespräch beteiligen
Fragen
a) ist Interaktion generell möglich?
b) kann das Kind Interaktion initiieren und beenden
Redeverteilung
d) Unterbrechungen und Pausen
e) neues Thema initieren
f) Sprecherwechsel
g) neue Information und Themaentwicklung
h) wer entwickelt das Thema weiter?
i) wann und wie beteiligen?

6.1.13 Reparaturen und klärende Nachfragen


Reparaturen: liegen Probleme vor? welche Ursachen? Wie reparieren? Erfolgscheck?
Klärendes Nachfragen des Kindes

6.1.14 Kommunikativer Kontext


Personen, Umgebung, Routine, Situationen, Themen und Interessen, Bücher, alleine spielen →
gleichalt und erwachsen
soziale Konventionen (Höflichkeit)

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