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FR Bauingenieurwesen Skript

Modul Baumechanik III (BB 3403)


Prof. Dr.-Ing. Holger Schmidt Kraftgrößenverfahren

Der Grad der statischen Unbestimmtheit (Redundanz)

Man unterscheidet zwischen äußerlicher und innerlicher statischer


Bestimmtheit:

Beispiel: äußerlich statisch bestimmt


innerlich statisch unbestimmt

M Durch das Aufschneiden des Rahmens (Masche) erhält man ein sta-
tisch bestimmtes Tragwerk - einen geknickten Träger. Aus Gleichge-
N wichtsgründen müssen an der Schnittstelle jedoch drei Schnittkräfte
(N, Q, M) angetragen werden. Das Tragwerk ist deshalb innerlich
Q dreifach statisch unbestimmt. Daraus ergibt sich für das Gesamttrag-
werk eine dreifache statische Unbestimmtheit.

Abzählkriterium für allgemeine ebene Stabtragwerke: n = t + v + 3⋅ m − 3⋅s

s – Anzahl der Scheiben


Alle biegesteif miteinander verbundenen Stäbe können als eine gemeinsame Scheibe
gezählt werden.
m – Anzahl der geschlossenen biegesteifen Maschen ohne Verbindungen
v – Anzahl der Verbindungen

v = 3 (3 Schnittkräfte: M, V, N)
v = 2 (2 Schnittkräfte: V, N – Gelenk)
v = 2 (2 Schnittkräfte: M, V – Längskraftnullstelle)
v = 2 (2 Schnittkräfte: M, N – Querkraftnullstelle)
1 v = 4 (2 * 2 Verbindungskräfte zwischen den Stäben 1 und
3 2
2 und dem angeschlossenen Stab 3
v = (s - 1) · 2 bei s Stäben

t – Anzahl der Stützkräfte

t=3 t=2 t=1

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Arbeitsgleichungen zur Berechnung der Vor- und Belastungszahlen

Vorzahlen: Formänderungsanteile aus


1
a i , k = E c Ic ⋅ 1i ⋅ δi , k = ∑ l ⋅ ∫ M i M k dξ
'
s Biegemomenten
0
s
1
+ ∑ ls'' ⋅ ∫ N i N k dξ Längskräften
0
s
1
+ ∑𝑠𝑠 𝑙𝑙𝑠𝑠′′′ ∙ ∫0 𝑉𝑉𝑖𝑖 𝑉𝑉𝑘𝑘 𝑑𝑑𝑑𝑑 Querkräften
FF
+ ∑ ji jk E c Ic Stützenfederungen
j c Fj
M ji M kj
+∑ E c Ic Stützenfederungen – Drehfedern
j cM j

Belastungszahlen: Formänderungsanteile aus


1
a i , 0 = E c Ic ⋅ 1i ⋅ δi , 0 = ∑ ls' ⋅ ∫ M i M 0 dξ Biegemomenten
0
s
1
+ ∑ ls'' ⋅ ∫ N i N 0 dξ Längskräften
0
s
1
+ ∑𝑠𝑠 𝑙𝑙𝑠𝑠′′′ ∙ ∫0 𝑉𝑉𝑖𝑖 𝑉𝑉𝑘𝑘 𝑑𝑑𝑑𝑑 Querkräften
 1 ∆T 1 
+ ∑ lsIV  ∫ M i dξ + ∫ N i Ts dξ Temperaturänderungen
s 0 h 0

Fji Fj0
+∑ E c Ic Stützenfederungen
j c Fj
M ji M j0
+∑ E c Ic Stützenfederungen – Drehfedern
j cM j
+ ∑ Fji δ ej, 0 E c I c eingeprägten Lagerverschiebungen
j

+ ∑ M ji ϕej, 0 E c I c eingeprägten Lagerverdrehungen


j

ai,k – (E c Ic 1 ) - fache Formänderung des statisch bestimmten Hauptsystems an der

Stelle und in Richtung der Unbekannten i infolge der Einheitsunbekannten k


als Belastung – Vorzahl
ai,0 – (E c Ic 1 ) - fache Formänderung des statisch bestimmten Hauptsystems an der

Stelle und in Richtung der Unbekannten i infolge der gegebenen Belastung


– Belastungszahl
1i – virtuelle Belastung im Punkt i (Kraft bzw. Moment)

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ls' ; ls'' ; ls''' ; lsIV – reduzierte Stablängen


EI Rechteckquerschnitt κ = 1,2
ls' = ls c c
E s Is Vollkreisquerschnitt κ = 1,185
I-Querschnitt κ = A/ASteg
E c Ic EI A
ls'' = ls = ls c c ⋅ c
Es As Es Ac As
EI EI
ls''' = ls c c = ls c c κs = ls'' ⋅ 2(1 + µs ) ⋅ κs
G s A Qs G sAs
lsIV = l h ⋅ E c Ic ⋅ α T ,s
Index s – Nr. des betrachteten Stabes
Ec; Ic – Vergleichselastizitätsmodul; -trägheitsmoment (frei wählbar)
µs – Querdehnzahl
As
κs – Schubverteilungszahl; A Q = α Q ⋅ A s =
κs
As; Is; Es; Gs – Querschnittsfläche, Trägheitsmoment; E-Modul; G-Modul des Stabes
Mi; Ni; Vi – Schnittkräfte infolge der virtuellen Belastung 1i
Mk; Nk; Vk – Schnittkräfte infolge der virtuellen Belastung 1k
M0; N0; V0 – Schnittkräfte infolge der wirklichen Belastung
Fj0; Mj0 – Stützkraft-; Stützmoment infolge der wirklichen Belastung
Fji ; M ji – Stützkraft-; Stützmoment infolge der virtuellen Belastung

Index i – Name der betreffenden Unbekannten


ξ – x/l - bezogene Stablänge
cFj – Federsteifigkeit eines Lagers (Kraft/Verschiebung)
cMj – Drehfedersteifigkeit eines eingespannten Lagers (Moment/Verdrehung)
δej, 0 – eingeprägte Lagerverschiebung, nach unten positiv, wenn die virtuelle
Stützkraft Fj nach oben positiv ist

ϕej, 0 – eingeprägte Verdrehung einer Einspannung, mit der Uhr positiv, wenn das
virtuelle Einspannmoment M j gegen die Uhr positiv ist

∆T – Temperaturdifferenz zwischen Stabunter- und Staboberseite


TS – Temperaturänderung auf Höhe der Stabachse

Vorzeichenregelung: ∆T= Tu - To
To; Tu; Ts - Temperaturdifferenzen To
gegenüber einer Ausgangstemperatur
(z.B. Einbautemperatur) S TS
y
h

T > 0 ⇒ Erwärmung
T < 0 ⇒ Abkühlung Tu
z

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Das Gleichungssystem

a1,1 a1, 2  a1, k  a1, n  X1  a1, 0  0


   
a 2,1 a 2, 2  a 2, k  a 2, n  X 2  a 2, 0  0 In Matrizenschreibweise:
   
             A ⋅ X + A0 = 0
 ⋅  +   =  
a k ,1 a k , 2  a k , k  a k , n   X k  a k , 0  0 
Die Vorzahlenmatrix A ist quadratisch und
   
            
    symmetrisch zur Hauptdiagonalen.
a n ,1 a n , 2  a n , k  a n , n  X n  a n , 0  0

Die Ermittlung der endgültigen Stütz- und Schnittkräfte

Nach dem Superpositionsgesetz gilt:

S = S0 + X1 ⋅ S1 + X 2 ⋅ S2 +  + X k ⋅ Sk +  X n ⋅ Sn
Hierin bedeuten: S – Stütz- und Schnittkräfte im n-fach statisch unbestimmten System
S0 – Stütz- und Schnittkräfte im statisch bestimmten Hauptsystem infolge der
wirklicher Belastung
Sk – Stütz- und Schnittkräfte im statisch bestimmten Hauptsystem infolge der
Belastung mit der überzähligen Größe Xk (1 ≤ k ≤ n)

Rechenweg zur Ermittlung der Stütz- und Schnittkräfte

1. Bestimmung des Grades der statischen Unbestimmtheit


2. Wahl eines statisch bestimmten Hauptsystems
3. Belastung des statisch bestimmten HS mit der wirklichen Belastung und Ermittlung der hieraus
resultierenden Stütz- und Schnittgrößen (bei nur Temperatur entfällt 3.).
4. Belastung des statisch bestimmten HS nacheinander mit den Überzähligen Xi und Ermittlung
der resultierenden Stütz- und Schnittkräfte Si.
5. Ermittlung der reduzierten Stablängen
6. Ermittlung der Vorzahlen ai,k und Belastungszahlen ai,0 mittels Arbeitsgleichung
7. Aufstellen der Elastizitätsgleichung
8. Lösung des Gleichungssystems
9. Ermittlung der endgültigen Stütz- und Schnittkräfte S im statisch unbestimmten System durch
Superposition.
10. Zeichnen der endgültigen Schnittkraftdiagramme

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Der Reduktionssatz zur Formänderungsberechnung

Bei der Bestimmung von Verschiebungen oder Verdrehungen an n-fach statisch unbestimmten
Tragwerken sind die gleichen Berechnungsschritte wie bei statisch bestimmten Tragwerken
durchzuführen. Neben der Momentenfläche M(n) infolge der äußeren Belastung muß noch die
Momentenfläche M ( n ) infolge der virtuellen Belastung P = 1,0 kN bzw. M = 1,0 kNm am statisch
unbestimmten System ermittelt werden. Nach dem Reduktionssatz kann eine der beiden
Momentenflächen am statisch bestimmten Hauptsystem ( M ( 0 ) bzw. M ( 0 ) ) ermittelt werden. Bei
ausschließlicher Berücksichtigung der Biegemomentenanteile gilt dann:
1 1
E c I c ⋅ 1k ⋅ δ (kn ) = ∑ ls' ⋅ ∫ M ( n ) M ( 0 ) dξ bzw. E c I c ⋅ 1k ⋅ δ (kn ) = ∑ ls' ⋅ ∫ M ( 0 ) M ( n ) dξ
0 0
s s

Über den Reduktionssatz kann der Nachweis der Kontinuität eines Stabzuges und damit zur
Richtigkeit der Ergebnisse des Kraftgrößenverfahrens geführt werden. Führt man an einer Stelle
des Stabzuges einen gedachten Schnitt, dann müssen die gegenseitige Verdrehung oder
Verschiebung des Stabzuges gleich Null sein. Die Bedingung für die Kontinuität des Stabzuges
lautet:
1
∑l ⋅∫ M
s
'
s
0
(n)
M ( 0 ) dξ = 0

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