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Dachwelten

Hol zdach

Voll verschindelt
Zimmermann Jürgen Haller aus Mellau/Österreich
wollte ein modernes Holzhaus mit traditioneller
Verschindelung. An der Fassade kam Weißtanne,
auf dem Dach Alaska-Zeder zum Einsatz.

Text: Jörg Pfäffinger | Fotos: Norman Müller

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I ch bin ein planender Zimmermeis-


ter“, bekennt Jürgen Haller, der sein
Wohnhaus zusammen mit dem befreunde-
heimischen Schindeln aufweisen. So fügt
sich bei diesem Haus Altes und Neues –
eine moderne vorgefertigte Holzrahmen-
ten Architekten Dr. Peter Plattner aus Bozen konstruktion, die in nur drei Arbeitstagen
entworfen hat und damit beim Vorarlber- aufgerichtet war, und eine traditionelle Ver-
ger Holzbaupreis 2009 ausgezeichnet wur- schindelung nach „alter Väter Sitte“.
de. Holzhäuser und die Region Vorarlberg
gehören schon seit langer Zeit zusammen – Aus der Mitte gedreht
und wer wie Jürgen Haller als Zimmermeis- Das Satteldach hat eine Neigung von nur
ter am Fuße des Bergmassivs Kanisfluh lebt, 15 Grad und einen schräg über die Dachflä-
hat einen speziellen Bezug zu seiner Umge- che verlaufenden First. Diese Besonderheit
bung, zu den Bauten des Bregenzerwaldes fällt erst ins Auge, wenn man das Haus von
und besonders zu den örtlichen Handwerks- einem höher gelegenen Standpunkt aus be-
trachtet: Die 12,75 m
lange Firstlinie verläuft
»Das Satteldach hat eine schräg über bei gleichbleibender
die Dachfläche verlaufende Firstlinie.« Dachneigung schräg
über den Grundriss –
der First ist um 1,50 m
techniken und Baumaterialien. Daher wähl- aus der Mitte gedreht. Diese ungewöhnliche
te der Bauherr für die Bekleidung von Dach Anordnung war nicht nur eine Herausfor-
und Fassade ein traditionelles, im Neubau derung für den örtlichen Holzbauer Renato
selten gewordenes Baumaterial: Holzschin- Huber, sondern ergibt im Obergeschoss in
deln. „Die Fassade haben die Handwerker allen Innenräumen eine ebenso auffällige
mit Weißtannenschindeln ausgeführt, weil wie spannende Asymmetrie.
das hier eine übliche Bauweise ist – die Tan- Bei der Montage des Dachs setzten die
nen stammen aus den Wäldern am Pfän- Zimmerleute die schräg verlaufende First-
derstock“, sagt Haller, der die Vorarlberger pfette auf die Wandelemente auf und verleg-
Bautradition respektiert und sie selbst auch ten anschließend die vorgefertigten Dach-
handwerklich beherrscht. Das flach geneig- elemente, die durch den schrägen First bei
te Satteldach wurde aufgrund der wesent- einer konstanten Breite von 2 m alle unter-
lich höheren Witterungsbelastung jedoch schiedlich lang waren. Im Ortgang befindet
mit Schindeln aus Alaska-Zeder gedeckt, sich die innen liegende Regenrinne, die mit
die eine deutlich höhere Haltbarkeit als die einer integrierten Heizmatte ausgestattet ist,

▸▸Am Modell gut zu


erkennen: Die
Firstlinie verläuft
schräg über
die Dachfläche

◂◂Alt und neu:


Jörg Pfäffinger

Das moderne Holz-


haus erhielt
eine traditionelle
Verschindelung

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Gute Aussichten: Der


Bauherr kann die
grandiose Bergkulisse
sogar in seiner
Badewanne genießen

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Jörg Pfäffinger
▴▴Natürliche Patinierung: Die Fassadenschindeln aus heimischer Weißtanne sind mittlerweile vergraut, ▴▴Der schräge First sorgt im Obergeschoss für
was der Bauherr als materialtypisch wahrnimmt und daher auch schätzt interessante Asymmetrien

um die Vereisung im Winter zu verhindern. typisch wahrnimmt. Der Zimmerer fertig- verbindet das Büro durch eine Treppe mit
Das Regenwasser wird über sorgfältig ge- te das Dach übrigens völlig ohne CAD-Plä- dem Pkw-Stellplatz und dem Eingang zu
dämmte Rohre in der Wand abgeführt. ne – er zeichnete von Hand und berechnete den beiden Wohngeschossen, die zusam-
die Maße ebenfalls „traditionell“. Die CAD- men eine Fläche von 175 m² aufweisen. ■
Haltbares Holz fürs Dach Details hingegen zeichnete er erst für diese
Bei aller Vorliebe für heimisches Holz hat Publikation (siehe Kasten „Steckbrief “).
der Bauherr das Dach mit haltbareren
Schindeln aus Alaska-Zeder decken lassen. Grandiose Bergkulisse Steckbrief
Diese weisen eine höhere Wetterfestigkeit Die eher einfach anmutende Gebäude-
auf und haben auch auf dem Dach eine Ma- form – der Grundriss ist fast quadratisch –
Objekt/Standort:
terialgarantie von immerhin 20 Jahren. Bei verbirgt die konstruktiven Besonderheiten. Holzschindelhaus
der Verlegung klammerten die Handwer- Im Kellergeschoss sind die tragenden Wän- A-6881 Mellau
ker die einzelnen Schindeln direkt auf die de aus Stahlbeton, alles andere ist aus Holz.
Architekt:
vorgefertigten Dachelemente. Dabei muss- Das reicht, ganz im Zeichen des Vorarlber-
Arch. Dr. Peter Plattner
ten sie peinlich genau auf eine dreifache ger Holzhandwerks, vom Holzrahmenbau I-39100 Bozen
Überdeckung einer jeden Schindel achten, der Wände bis hin zu den Möbeln, die ganz
um für die dauerhafte Regensicherheit des in Weiß gehalten wurden. Zusammen mit Werkplanung und Bauleitung:
Jürgen Haller
Dachs zu sorgen. Sämtliche Blecharbeiten den weißen Innenwänden ergeben sich A-6881 Mellau
helle und großzügige
Räume, die durch große Holzbauarbeiten:
»Wegen der Wetterfestigkeit wurde Fenster den Blick in jede Zimmerei Renato Huber
A-6881 Mellau
das Dach mit Alaska-Zeder gedeckt.« Himmelsrichtung auf die
umgebende Bergkulisse Produkte:
lenken. Der monolithisch Holzschindeln aus Weißtanne
hatten die Klempner bereits vor der Verle- anmutende Baukörper hat deshalb einige (Fassade) und Alaska-Zeder (Dach)
gung der Schindeln erledigt, sodass diese an Kerben, die eine wunderbare Aussicht auf Hersteller:
First, Traufe und Ortgang lediglich unter das Bergpanorama ermöglichen. Sogar von »Der Schindeler« Albert Hager
die Bleche geschoben werden mussten. der eingelassenen Badewanne aus ist die A-6881 Mellau
„Die Schindelbelegung ist wegen der Aussicht schlichtweg grandios.
Unter www.dachbaumagazin.de finden
geringen Dachneigung durchaus gewagt“, Das 125 m² große Büro des Bauherrn, Sie im E-Paper an dieser Stelle
weiß Bauherr Jürgen Haller, der die bereits das bei Bedarf auch zur Einliegerwohnung einen Link zu weiteren Bildern und
einsetzende Vergrauung der Fassade und umfunktioniert werden kann, befindet sich Zeichnungen zum Projekt.
des Dachs als völlig normal und material- im Kellergeschoss. Ein separater Eingang

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