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4.2 Gelenke des Schultergürtels

Der Schultergürtel besteht aus der Scapula und der Clavicula,


die über das Akromioklavikulargelenk miteinander verbunden
sind. Die Clavicula bildet außerdem mit dem Sternum das Ster-
noklavikulargelenk. Dies ist die einzige echte gelenkige Verbin-
dung zwischen Schultergürtel und Rumpf. Bei der Verbindung
zwischen Scapula und Rumpf steht die Muskelverbindung im
Vordergrund.

4.2.1 Skapulothorakale Gleitebene


(▶ Abb. 4.98)

Die skapulothorakale Gleitebene ist die Verbindung der Scapu-


la auf dem Thorax. Sie besteht aus 2 Gleitspalten, in denen sich
M. serratus
ein Flüssigkeitsfilm befindet. Sie sind jedoch nicht eingekap-
anterior
selt, sodass es keine echten Gelenke sind.

Der Gleitspalt zwischen der Rückenmuskulatur sowie Thora-


kalfaszie und dem M. serratus anterior ist nach medial offen.
Deshalb ist dieser Spalt von der Margo medialis her zugäng-
lich, z. B. für eine Massage des M. serratus anterior.

Der Gleitspalt zwischen dem M. subscapularis, der die Scapula


von innen auskleidet, und dem M. serratus anterior ist nach
Humerus
lateral offen. Um Triggerpunkte im M. subscapularis zu behan-
deln, kann von der Margo lateralis aus vorgegangen werden. Scapula
Allerdings ist es durch das feste Anliegen dieser Margo am
M. subscapularis
Thorax schwierig, unter die Scapula zu gelangen. Rücken-
muskulatur Thorakalfaszie

Abb. 4.98 Skapulothorakale Gleitebene.

Hochschild, Strukturen und Funktionen begreifen, Bd. 1 (ISBN 9783131104243), © 2016 Georg Thieme Verlag KG
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Knöcherne Strukturen

Scapula
▶ Abb. 4.99 a, b

Die Scapula ist ein im mittleren Bereich sehr dünner und sich
nach kranial verdickender platter Knochen. Hier gibt es 3 Kan-
ten, Margines, und 3 Winkel, Anguli.

Facies dorsalis
Die dorsale Fläche weist im oberen Drittel eine deutliche quer
verlaufende Erhebung auf, Spina scapulae, die medial mit
einem dreieckigen Feld, Trigonum spinae, beginnt und nach
lateral-kranial hin breiter wird, Acromion. Außerdem teilt die
Spina die dorsale Skapulafläche in eine Fossa supra- und infra-
spinata, wo die gleichnamigen Muskeln entspringen.

Acromion
Das Acromion überlagert das Schultergelenk im kranial-dorsa-
len Bereich. Es ist etwa 3 Querfinger breit und stellt ventral
mit der Facies articularis clavicularis eine plane und fast vertikal
gestellte gelenkige Verbindung zur Clavicula her.

Margo medialis
Der mediale Rand der Scapula ist der längste und verläuft
leicht bogenförmig mit der Konvexität nach medial. Oberhalb
der Spina ist der Bogen deutlicher ausgeprägt. Die Margo dient
den Mm. rhomboidei und M. serratus anterior als Ansatz.

Incisura Proc. Facies articularis


scapulae coracoideus clavicularis (acromia)

Margo Spina
Margo
superior scapulae
superior
Angulus Acromion Angulus
superior superior
Angulus
Fossa
lateralis Incisura
supraspinata
scapulae
Trigonum Cavitas
glenoidalis Facies
spinae
costalis
Tuberculum
Margo Margo
infraglenoidale
medialis medialis

Collum
scapulae
Fossa
infraspinata
Margo lateralis

Angulus Angulus
inferior inferior
a b

Abb. 4.99 Rechte Scapula.


a Ansicht von dorsal
b Ansicht von ventral

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Margo lateralis
Von dorsal gesehen, verläuft dieser Rand geradlinig von krani-
al-lateral nach kaudal- medial. Margo lateralis und medialis
treffen sich kaudal und bilden den abgerundeten Angulus infe-
rior. Kranial endet die Margo mit dem Angulus lateralis.

Margo superior
Der obere Rand der Scapula ist der kürzeste. Er beginnt medial
mit dem Angulus superior, der gegenüber der übrigen Scapula
leicht nach ventral abgeknickt ist und dem M. levator scapulae
als Ansatz dient.

Lateral endet die Margo mit dem Collum scapulae und dem
Angulus lateralis. Vom Kollum geht nach ventral der Proc. co-
racoideus ab. Medial neben dem Prozessus befindet sich ein
Einschnitt, Incisura scapulae. Er kann unterschiedlich tief aus-
gebildet sein und wird vom Lig. transversum scapulae superius
nach kranial abgeschlossen.

Proc. coracoideus
Er biegt vom oberen Rand der Scapula im rechten Winkel nach
ventral und dann nochmals fast rechtwinklig nach lateral ab.
An ihm sind zahlreiche Bänder und Muskeln befestigt. Zusam-
men mit dem Acromion und dem Lig. coracoacromiale bildet
er das Schulterdach.

Angulus lateralis
Die äußere Ecke der Scapula ist breit und dick und läuft mit
dem Collum scapulae aus, das die Cavitas glenoidalis trägt.
Kranial der Cavitas bildet sich das Tuberculum supraglenoidale
aus, ein kleiner Knochenvorsprung, an dem das Caput longum
musculus bicipitis entspringt. Kaudal der Gelenkpfanne ent-
springt das Caput longum musculus tricipitis vom Tuberculum
infraglenoidale.

Kranial der Cavitas und kaudal des Akromions liegt ein freier
Raum, durch den die Supraspinatussehne aus der Fossa supra-
spinata zum Humerus zieht.

Facies costalis
Die Seite zum Thorax hin ist eine konkav geformte Fläche und
dient hauptsächlich dem M. subscapularis als Ursprungsfläche.
Deshalb wird sie auch als Fossa subscapularis bezeichnet.

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Stellung der Scapula auf dem Thorax

2. Rippe
In der Frontalebene
▶ Abb. 4.100 a
Th 3
In normaler Position reicht die Scapula von der 2.– 7.Rippe,
und die Spina scapulae liegt etwa in Höhe des 3. Brustwirbels.

Von dorsal betrachtet ist die Scapula leicht nach lateral ge-
schwenkt. Das bedeutet, dass eine am Rand der Margo media-
lis liegende Linie und eine Linie durch die Dornfortsatzreihe 7. Rippe
einen Winkel von etwa 5 – 10° bilden.

In der Transversalebene
▶ Abb. 4.100 b

Bedingt durch die abgerundete Form des Thorax ist die Ruhe-
position der Scapula nach anterior ausgerichtet. Von kranial
5–10°
betrachtet, bildet eine durch die Spina scapulae gezogene
Längsachse mit der Frontalebene einen Winkel von 30 – 40°.
Das ist vor allem an der Stellung der Vavitas glenoidalis sicht- a
bar.

Die Clavicula bildet mit der Scapula einen Winkel von 60°.

In der Sagittalebene Längsachse


durch die
▶ Abb. 4.100 c
Spina scapulae

Ebenfalls bedingt durch den Thorax ist der Angulus inferior der
Scapula von lateral betrachtet um 20° nach dorsal gekippt.

Die hier angegebenen Normen der Skapulastellung auf dem


horizontale
Thorax sind notwendige Voraussetzungen für eine optimale Achse
Ausgangsstellung für die normale Schulterkinematik. Stel- 30°
lungsänderungen des Schultergürtels bei Bewegungen des b
Armes verändern diese Winkel.

KLINISCHER BEZUG
Skapula- vertikale Achse
Scapula alata
längsachse
Dabei handelt es sich um eine Schwäche bzw. Lähmung des
M. serratus anterior. Er ist dadurch nicht mehr in der Lage, die
Scapula am Thorax zu halten. In diesem Fall kann sich der
20°
Skapulawinkel in der Transversalebene von 35° auf mehr als
50° und mehr erhöhen.

Protraktion des Schultergürtels


Bei einem erhöhten Tonus des M. pectoralis minor kann der
von lateral betrachtete Skapulawinkel bei protrahierten Schul-
tern mehr als 20° betragen. Ursache ist der Zug des Muskels
am Proc. coracoideus nach ventral-kaudal, wodurch der An-
gulus inferior deutlich vom Thorax absteht.
c

Abb. 4.100 Stellung der Scapula auf dem Thorax.


a In der Frontalebene
b In der Transversalebene
c In der Sagittalebene

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Achse und Bewegungen der Scapula

Dank des Schultergürtels kann der Arm große Bewegungs-


exkursionen etwa wie ein Kran auf einer drehbaren Plattform
ausführen, wobei das Gestänge der Arm und die Plattform der
sagittale
Schultergürtel ist, der durch seine muskuläre Führung auf dem Bewegungsachse
Thorax verschoben werden kann. Die wichtigste Berwegung
der Scapula ist die Außenrotation, die vor allem bei Flexion
Linie entlang der
und Abduktion des Armes benötigt wird.
Margo medialis
60°

Sagittale Achse
▶ Abb. 4.101
vertikale Linie
Kapandji (1980) beschreibt die Ausrichtung der Achse recht-
Abb. 4.101 Sagittale Achse und Außenrotation der Scapula.
winklig zur Skapulaebene. Sie liegt in der Mitte und unterhalb
der Spina scapulae und wandert bei der Abduktionsbewegung
etwas nach kaudal.

Nach Poppen und Walker (1976) befindet sich die Achse zwi- Elevation
schen 0-30° Abduktion am kaudalen Ende der Spina scapulae
und bei 60 – 120° nahe der Glenoidbasis.

Außenrotation
▶ Abb. 4.101

Als Außenrotation wird das Schwenken der Scapula nach late-


ral bezeichnet. Dabei legt der Angulus inferior einen Weg von
etwa 10 cm nach lateral-kranial zurück. Der Angulus superior Depression
verlagert nur wenig, etwa 1 cm nach kaudal und medial. Um
das Schwenkvermögen zu beurteilen, wird eine vertikale Linie
parallel zur Wirbelsäule und eine Linie entlang der Margo me-
dialis zur Hilfe genommen. Der von beiden gebildete Winkel Abb. 4.102 Elevation und Depression der Scapula.
beträgt etwa 60°.

Die weiteren Bewegungen der Scapula auf dem Thorax sind


Gleitbewegungen und finden nicht um eine Bewegungsachse
statt. Abduktion

Gleitbewegungen
● Elevation
▶ Abb. 4.102

Die Verschiebung der Scapula nach kranial beträgt 8 – 10 cm.


● Depression
▶ Abb. 4.102 Adduktion

Die Verschiebung nach kaudal ist nur um 2 – 3 cm möglich.


● Adduktion bzw. Retraktion Abb. 4.103 Abduktion und Adduktion der Scapula.
▶ Abb. 4.103

Bei der Adduktion nähert sich die Margo medialis der Wirbel-
säule. Die Verschiebung umfasst etwa 2 – 3 cm. Außerdem er-
folgt zwischen Clavicula und Scapula eine Winkelvergröße-
rung um etwa 5°.
● Abduktion bzw. Protraktion
▶ Abb. 4.103

Bei der Abduktion entfernt sich die Margo medialis von der
Wirbelsäule, und der gesamte Schultergürtel verlagert sich
nach ventral. Diese Verschiebung beträgt 6 – 8 cm. Der skapu-
loklavikuläre Winkel verringert sich unwesentlich.

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