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4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

Jochen Fanghänel, unter Mitarbeit von Jürgen Giebel,


Thomas Koppe, Bärbel Miehe, Christian Splieth, Thomas Kocher,
Jens Weingärtner und Dietmar Kubein-Meesenburg

• Gehirnschädel. Er bildet die feste, knöcherne


Der Kopf hat als Sitz des Gehirns und der
Hülle für das Gehirn und enthält in besonderen
Sinnesorgane (Gehör-, Gleichgewichts-, Seh-,
Knochenkapseln, den Felsenbeinen, das Gehör-
Geruchs- und Geschmacksorgan) und als Ein-
und das Gleichgewichtsorgan. Wir unterschei-
gangstor des Luft- und Speiseweges eine mor-
den das konvexe Schädeldach, Calvaria, sowie
phologische Sonderstellung. Die für den Rumpf
den Schädelgrund bzw. die -basis, die Basis
charakteristische segmentale Gliederung der
cranii, die verhältnismäßig flach ist. Die Grenze
Knochen, Muskeln, Gefäße und Nerven ist am
zwischen beiden ist eine künstliche. Sie wird
Kopf nur schwer zu erkennen oder fehlt voll-
bei der Eröffnung der Schädelhöhle durch den
ständig. Bei den höheren Wirbeltieren wird die
Sägeschnitt des Anatomen gelegt. Wie am Kopf
Sonderstellung des Kopfes schon rein äußer-
des Lebenden lässt sich eine Stirn-, Schläfen-,
lich durch die Ausbildung des Halses betont.
Scheitel- und Hinterhauptgegend unterscheiden.
Die knöcherne Grundlage des Kopfes ist der
Diesen Gegenden entsprechen im wesentlichen
Schädel. Der Hals, Collum, ermöglicht die gute
die gleichnamig benannten Knochen.
Beweglichkeit des Kopfes und damit die volle
Ausnutzung der Sinnesorgane für die Orientie- • Gesichtsschädel. Er stellt die knöcherne Grund-
rung in der Umwelt. Er ist Sitz von Organen und lage für das Gesicht, enthält das Seh- und das
Leitungsbahnen. Das Knochengerüst wird von Geruchsorgan und trägt die Zähne. Er bildet den
der Halswirbelsäule gebildet. Anfangsteil des Luft- und des Speiseweges und
liefert die Streben, die den Kaudruck verteilen
Grenzen. Die Grenzlinie zwischen Kopf und Hals (Kaudruckpfeiler) und auf den Gehirnschädel
verläuft vom Kinn am Unterrand des Unterkiefers übertragen. An der Begrenzung der Nasen- und
entlang bis zum Kieferwinkel, steigt hinter dem der Augenhöhlen beteiligt sich auch der Gehirn-
Unterkieferast aufwärts bis zum Ohransatz und schädel.
zieht von dort horizontal bis zur Protuberantia
• Die Grenzlinie zwischen Hirn- und Gesichts-
occipitalis externa, einem meist gut tastbaren
schädel erkennt man besonders deutlich in der
Knochenvorsprung am Hinterhaupt. Die Grenzlinie
Seitenansicht, Norma lateralis (Abb. 4.9). Sie
zwischen Hals und Brust verläuft vom Oberrand
verläuft beim Menschen vom Oberrand der
des Brustbeins entlang dem Schlüsselbein zum
Augenhöhle zum Oberrand des äußeren Gehör-
Acromion (dem seitlich am weitesten ausladenden
ganges. Somit befindet sich der Gesichtsschädel
Teil des Schulterblattes, und von dort zum deutlich
vor und unter dem Himschädel.
vorspringenden Dorn des 7. Halswirbels (Vertebra
prominens). • Wirbeltheorie des Schädels. In dem Bestre-
ben, ein allgemeines Bauprinzip für den ganzen
Körper zu finden, haben Goethe und Oken im
Gliederung und Einteilung des Schädels
Schädel nach Wirbelelementen gesucht. Den
Wirbeln entsprechende Teile können wir im
Wir unterscheiden einen Gehirnschädel oder
Schädel des Menschen jedoch nicht finden, da
Neurocranium und einen Gesichts- bzw. Ein-
bei dem Anbau vom Palaeocranium zum auxi-
geweideschädel oder Viscerocranium.
metameren Neokranium nur das Material von

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178 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

Wirbeln, nicht fertige Wirbel, aufgenommen • Gesichtsschädel, Viscerocranium


wurden.
Siebbein, Os ethmoidale 1
• Übersicht über die Schädelknochen Nasenbein, Os nasale 2
Tränenbein, Os lacrimale 2
Der menschliche Schädel besteht in der Regel Untere Nasenmuschel, Concha nasalis inferior 2
aus 22 Knochen, von denen beim Erwachsenen Pflugscharbein, Vomer 1
21 so fest durch Nähte miteinander verbunden Jochbein, Os zygomaticum 2
sind, dass man sie nur schwer isolieren kann. Gaumenbein, Os palatinum 2
Nur der Unterkiefer ist mit dem Schläfenbein Oberkieferbein, Maxiila 2
gelenkig verbunden. Die meist platten Knochen Unterkiefer, Mandibula 1
begrenzen Höhlen, die das Gehirn und die Sin-
• Ossicula auditus
nesorgane aufnehmen.
Hammer, Malleus 2
• Gehirnschädel, Neurocranium Amboss, Incus 2
Steigbügel, Stapes 2
Hinterhauptsbein, Os occipitale 1
Keilbein, Wespenbein, Os sphenoidale 1 • Os sesamoideum
Stirnbein, Os frontale 1
Zungenbein, Os hyoideum 1
Scheitelbein, Os parietale 2
Nahtknochen, Os suturale, und Die Knochen des Schädeldaches und des Gesichts-
Fontanellenknochen variabel schädels sind Bindegewebsknochen, während die
Schläfenbein, Zeitbein, Os temporale 2 großen Schädelbasisknochen: Ossa occipitale (mit
Ausnahme der Squama), temporale (mit Ausnahme
der Squama) und sphenoidale Ersatzknochen
darstellen.

4.1 Entwicklung des knöchernen Schädels, Schiunddarm

Hirnschädel (Neurocranium) und Gesichtsschädel


Lernziele: Anlagematerial des Schädels, Chon-
(Viscerocranium) haben unterschiedliche Entwick-
drokranium, Desmokranium, Schiunddarm,
lungsgänge. Die embryologische Grundlage dieser
phylogenetische Entwicklung, kraniofaziales
Schädelanteile sind Chondrocranium (Gesamtheit
Wachstum, Schädelfehlbildungen
aller Knochen, die durch enchondrale Ossifikation
entstehen) und Desmocranium (Gesamtheit aller
In der Entwicklung des Schädels spiegeln sich im
Knochen, die durch desmale Ossifikation entste-
besonderen Maße komplexe phylogenetische und
hen). Außerdem wird hier auch noch Material aus
ontogenetische Vorgänge wider.
dem Schlundbogenapparat mit einbezogen.

4.1.1 Ontogenese des Schädels


4.1.1.1 Entwicklung des Neurokraniums
Das Anlagenmaterial des Schädels hat unter-
Schädelbasis (Basis cranii) sowie Schädeldach
schiedliche Herkunft.
(Calvaria) werden sowohl vom Chondro- als auch
• Kopfmesenchym, welches den kranialen vom Desmocranium geliefert.
Bereich der Notochorda umfasst
• Mesenchym der kranialen (okzipitalen) Somi- Chondrocranium
ten
• Aus dem Chondrocranium entstehen folgende
• Material der ersten beiden (3) Schlundbögen
Elemente des Neurokraniums:

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4.1 Entwicklung des knöchernen Schädels, Kiemendarm 179

Cartilago trabeculars
(Siebbein)

Ala orbitalis
,, " (kleiner Keilbeinflügel)

Ala temporalis
(großer Keilbeinflügel)

Cartilago hypophysealis ^ —
(Keilbeinkörper)

Parachordal-Knorpel
~ (Pars basilaris ""
des Hinterhauptbeins)
Labyrinthkapsel ^
(Felsenbein, Warzenfortsatz)

— • Cartilago occipitalis

a b

Abb. 4.1: Entwicklung des Schädels (verändert nach M. Clara), a. Knorpelschuppen der Schä-
delbasis, b. Übersicht über den knorpligen Anteil des Schädels (punktiert)

• Os occipitale (mit Ausnahme des oberen Anteils zwischen den Hypophysenknorpeln die Rathke-
der Squama occipitalis) Tasche (Hypophysentasche, s. Kap. 54.11.2,
• Os sphenoidale (mit Ausnahme der medialen S. 190) zu erkennen.
Lamelle des Proc. pterygoideus) • Weitere Knorpelanlagen entstehen beider-
• Os temporale (Pars petrosa) seits lateral von der genannten langgestreck-
• Os ethmoidale (Lamina cribrosa) ten Platte (Abb. 4.1). Es handelt sich um die
rostral gelegene Ala orbitalis (—> Ala minor
• Die Schädelbasis bzw. Anteile derselben ent-
des Os sphenoidalis) und die nach kaudal fol-
steht ab dem 2. Monat aus einer knorpeligen
gende Ala temporalis (—> Ala major des Os
Anlage, dem Chondrocranium (Abb. 4.1,
sphenoidale). Sie formieren sich um die sich
4.2). Das Mesenchym, welches den kranialen
entwickelnde Augenhöhle (-» Orbita). Seit-
Abschnitt der Notochorda umgibt, differen-
lich vom Parachordalknorpel befindet sich die
ziert sich beiderseits zum Parachordal-Knorpel
Labyrinthkapsel, welche das Ohrbläschen ein-
(Cartilago parachordals —> Pars basilaris des
schließt (—» Pars petrosa des Os temporale). Die
Os occipitale). Rostrai vom Parachordalknorpel
knorpeligen Nasenkapseln liegen vor und unter
liegen die Hypophysenknorpel (Cartilagines
den Trabekularplatten; sie sind nach unten offen
hypophyseales), nach deren Verschmelzung
und umschließen die Riechsäckchen. Aus ihnen
der Keilbeinkörper (Corpus ossis sphenoida-
entstehen auch Teile des Siebbeines.
lis) entsteht. Weiter rostal entwickeln sich die
• Die Strukturen des Chondrokraniums ver-
Trabekelplatten (Cartilagines trabeculars),
schmelzen miteinander (nur die Durchtritte
die nach Verschmelzung zum großen Teil das
für Gefäße und Nerven bleiben frei) und ver-
Siebbein (Os ethmoidale) bilden. Nach kaudal
knöchern durch enchondrale Ossifikation (Abb.
schließt sich an den Parachordalknorpel die
4.1 b). Diese Ossifikation vollzieht sich von
Cartilago occipitalis an, die sich später mit dem
mehreren Zentren aus. Während dieser Ver-
Parachordalknorpel verbindet. Die Cartilago
knöcherungsprozesse bleiben die basikranialen
occipitalis entsteht aus 3 Skierotomen, die okzi-
Svnchondrosen zunächst als Knorpelreste erhal-
pitalen Somiten entstammen, nachdem ein vier-
ten, die später auch verknöchern. Sie bilden
tes Skierotom rückgebildet wird. Durch diese
Wachstumszentren.
Entwicklung ist letztlich eine langgestreckte
Knorpelplatte entstanden, die von der Siebbein- • Die Wachstumsaktivitäten in den basikranialen
Nasenregion bis zur vorderen Begrenzung des Synchrondrosen werden durch das Wachstums-
Foramen magnum reicht. Material im Anlagen- hormon (STH) gesteuert, das die Proliferation
bereich des Os occipitale formiert sich um das der Knorpelzellen stimuliert.
Neurairohr (Abb. 4.1). Im Zentrum der Platte ist
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Os parietale x

Ala minor ossis sphenoidalis,


/ Canalis opticus
Ala major
ossis sphenoidalis

Nasenkapsel
Pars squamosa
ossis temporalis
Os lacrimaie

Os nasale

Ohrkapsel

Maxilla
Pars tympanica
ossis temporalis
Os zygomaticum

Processus styloideus, _ —
Cartiiago Meckeli
Foramen stylomastoideum

Mandibula

Halswirbel

Abb. 4.2: Seitenansicht des Chondrokraniums (blau) eines menschlichen Keimlings (3. Monat). Die Deckkno-
chen sind grau getönt (nach 0. Hertwig und F. Ziegler)

Zu den Synchondrosen bzw. Knorpelresten gehö- • Pars squamosa und Pars tympanica des Os tem-
ren: porale (aus Schlundbogenmaterial)

1. Synchondrosis sphenooccipitalis: Verknöche- • Wie ersichtlich ist, entstehen die Knochen des
rung im 20. Lebensjahr (oder etwas früher) Schädeldaches aus dem Desmocranium. Mit
2. Synchondroses intraoccipitales anterior und seiner Ausbildung werden die Elemente der
posterior: Verknöcherung im 5.-6. Lebensjahr Schädelbasis durch desmal verknöcherte Struk-
3. Synchondrosis sphenopetrosa und S. petroocci- turen ergänzt.
pitalis: Verknöcherung kurz vor oder nach der • Desmocranium. Es entwickelt sich unmittelbar
Geburt aus dem mesenchymalen Bindegewebe, das
4. Synchondrosis sphenoethmoidalis: Verknöche- die Hirnanlage umgibt. Die desmale Ossifika-
rung zur Zeit der Reife, sehr variabel tion beginnt etwa in der 8. Embryonalwoche
5. Synchondrosis intersphenoidalis: Verknöche- mit 5 Zentren: je 2 Zentren im Bereich der Ossa
rung frühzeitig, sehr variabel frontale und parietale sowie ein Zentrum in der
6. Symphysis mandibulae: Verknöcherung im späteren Squama des Os occipitale. Die Pars
1. Lebensjahr squamosa des Os temporale entstammt zwar
dem Material des ersten Schlundbogens, wird
aber später in das Schädeldach mit einbezogen.
Desmocranium (Abb. 4.2) Die Ossifikation vollzieht sich von den Kno-
chenkernen aus flächenhaft.
• Aus dem Desmocranium entstehen folgende
Dabei wird das Mesenchym bis auf schmale
Elemente des Neurokraniums:
Spalten, die Nähte oder Suturen, sowie breitere
• Os frontale (wird auch zum Viscerocranium Areale, die Fontanellen, reduziert.
gerechnet) • Suturen (Abb. 4.3). Sie bilden sekundäre
• Os parietale Wachstumszentren (suturales Wachstum), wel-
• Oberer Teil der Squama occipitalis ches beendet ist, wenn sie verknöchert sind. Die
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4.1 Entwicklung des knöchernen Schädels, Kiemendarm 181

folgenden medizinisch wichtigen Nähte verknö-


Hydrocephalus. 2. Die Palpation der Knochen-
chern erst im Erwachsenenalter:
ränder dient der Prüfung des Verknöcherungs-
• Sutura sagittalis: Verknöcherung im 20.-30. grades. Die vordere und hintere Fontanelle
Jahr geben dem Geburtshelfer eine Orientierung zur
• Sutura coronalis: Verknöcherung im 30.-40. Lage und Einstellung des Kopfes während der
Jahr Geburt (s. Kap. 3.6.2, S. 157). 3. Die anderen
• Sutura lambdoidea: Verknöcherung im 40.-50. Fontanellen sind klinisch unauffällig, da sie von
Jahr Muskulatur bedeckt und nicht tastbar sind.
Die Verknöcherung kann aber individuell auch
schon früher einsetzen. • Die Weichheit der jungen desmalen Knochen
• Alle anderen Suturen werden nach den benach- und ihre suturale Verbindung ermöglichen
barten bzw. verbindenden Knochen bezeichnet.
• eine maximale Formveränderung durch Kno-
• Über Naht- und Fontanellenknochen siehe Kap.
chenverschiebung bei der Geburt,
4.3.1.5, S. 196.
• eine optimale Anpassung des Schädeldaches an
• Fontanellen. Sie liegen an den Kreuzungsstel- die progressive Hirnentfaltung.
len von Suturen (Abb. 4.3).
• Große Fontanelle, Fonticulus anterior: hat
die Form einer Raute; Verschluss bis zum 4.1.1.2 Entwicklung des Viszerokraniums
2. Lebensjahr und Schiunddarms
• Kleine Fontanelle, Fonticulus posterior: hat
dreieckige Gestalt. Verschluss im 3. Monat Die Knochen des Viszerokraniums entstehen
• Vordere Seitenfontanelle, Fonticulus anterolate- größtenteils durch desmale Ossifikation. Einige
ralis: Verschluss im 6. Monat Elemente des Gesichtsschädels, die sich aus den
• Hintere Seitenfontanelle, Fonticulus postero- Knorpeln der Schlundbögen ableiten, entstehen
lateralis: Verschluss im 18. Monat durch chondrale Ossifikation.
• Desmale Knochen
Klinik: 1. Die vordere Fontanelle hat beim
Neugeborenen eine große Bedeutungfür die • Das Os frontale (Abb. 4.2) ist zunächst paarig
Funktion der erweiterten Seitenventrikel beim angelegt. Die Verschmelzung zu einem Kno-

Sutura frontalis Sutura coronalis


1 0s parietale
I Tuber frontale
0s frontale \ /
(Tuber) \
\

Fonticulus
, Sutura anterolateral
coronalis
0s sphenoidale , Sutura
— Fonticulus (Ala major)' lambdoidea
anterior
_ 0s occipitale
— Tuber
(Squama)
parietale

Fonticulus
Sutura
posterolateralis
sagittalis
Pars petrosa
Fonticulus
\ ossis temporalis
posterior
0s temporale Anulus tympanicus Pars lateralis ossis occipitalis
I Sutura lambdoidea (Pars squamosa)
0s occipitale

Abb. 4.3: Schädel eines Neugeborenen mit Suturen und Fontanellen, a. Ansicht von oben, b. Ansicht von lateral
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182 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

chen erfolgt im 2. Lebensjahr, die vollständige Hammer-Ambossgelenk Griffelfortsatz Meckel-Knorpel


Obliteration erst im 5. bis 8. Lebensjahr. Die
Naht kann manchmal sichtbar bleiben (Sutura
metoptica).
• Die Knochen der Nasenhöhle (mit Ausnahme
der Choncha nasalis inferior) entwickeln sich als
Deckknochen auf der knorpeligen Nasenkapsel,
die sich danach zurückbildet.
• Aus Material des ersten Schlundbogens (s. u.)
entstehen der Ober- und Unterkieferwulst. Das
mesenchymale Gewebe des Oberkieferwuls-
tes ist die Grundlage für die Entwicklung der
Maxilla, der Ossa palatinum und zygomaticum
sowie der Pars squamosa des Os temporale
(Abb. 4.2).
• Im Unterkieferwulst wird der Meckel-Knorpel
angelegt. Das ventrale Ende desselben degene-
riert; es dient als „Matritze" fiir den sich aus Abb. 4.4: Viszeralskelett des Menschen. Die einzelnen
dem umgebenden Mesenchym entwickelnden Schlundbögen bzw. Abkömmlinge sind durch ver-
schiedene Farben hervorgehoben
Unterkiefer (Abb. 4.2). Die desmale Ossifika-
tion der Unterkieferanlage beginnt etwa in der
6. Woche. Kleinere Bereiche, wie die Kinnpartie
Kiefergelenk, das als späteres Hammer-Amboss-
und der Proc. condylaris, verknöchern allerdings
Gelenk (Abb. 4.4) in den Dienst der Schalllei-
enchondral.
tung tritt. Das hintere Ende des Meckel-Knor-
• Chondrale Knochen im erweiterten Sinne pels wird zum Hammer umgebildet. Auf den
größeren vorderen Teil des Meckel-Knorpels
• Das Os hyoideum entsteht aus dem zweiten
lagert sich von außen Belegknochen (grau in
(Reichert-Knorpel) und dem 3. Schlundbogen-
Abb. 4.2) auf, der den Unterkiefer, die Mandi-
knorpel.
bula, liefert. Im Bereich der Mandibula geht der
• Aus dem dorsalen Ende des Meckel-Knorpels
Knorpel zugrunde. Die Mandibula gewinnt eine
entwickeln sich durch enchondrale Ossifikation
neue Gelenkbeziehung zum Schädel (Schläfen-
Malleus und Incus, aus dem des Reichert-Knor-
bein). Dieses neue Kiefergelenk des Menschen
pels der Stapes sowie der Proc. styloideus.
und aller anderen Säuger wird als sekundäres
• Schlundbögen und ihre Derivate Kiefergelenk dem primären Kiefergelenk aller
NichtSäuger gegenübergestellt.
Andere Begriffe dafür sind Kiemenbögen, Bran-
• Die Maxilla entsteht beim Menschen direkt aus
chialbögen, Viszeralbögen oder Pharyngeal bögen.
dem Bindegewebe, zeigt 6 Knochenkerne, von
Beim Menschen werden 4 Schlundbögen und
denen 5 bereits frühzeitig verschmelzen. Das
5 Schiundtaschen angelegt, die aber nicht mehr
6. Stück, das die Oberkieferschneidezähne tra-
nach außen durchbrechen. Das Material des 5.,
gende Incisivum, bleibt länger selbständig, ist
6. und 7. Bogens bleibt zwar erhalten, bildet aber
manchmal noch beim Jugendlichen durch die
keine Bögen mehr. Die Viszeralbögen des Men-
Sutura incisiva vom Oberkiefer getrennt. Der
schen bestehen aus Knorpel, Muskeln, Gefäßen
Deckknochen der Maxilla legt sich erst spät der
und Nerven.
Nasenkapsel an, die an dieser Stelle schwindet.
Die Ossa zygomaticum und palatinum entstehen
1. Knorpelanlagen der Schlundbögen ebenfalls direkt im Bindegewebe.
• Der 1. Schlundbögen (Mandibularbogen) lie- • Der 2. Schlundbögen (Hyoidbogen) liefert den
fert das dorsal gelegene Quadratum (den spä- Stapes, den Proc. styloideus, das Lig. stylohyoi-
teren Amboss) und das ventrale Mandibulare, deum und das kleine Horn des Zungenbeins. Der
das Meckel-Knorpel genannt wird. Zwischen Proc. styloideus verschmilzt bei der Verknöche-
Quadratum und Mandibulare liegt das primäre rung mit dem Felsenbein.
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4.1 Entwicklung des knöchernen Schädels, Kiemendarm 183

• Der 3. Schlundbogen bleibt nur in seinem • der 3. Schlundbogennerv der N. glossophaiyn-


ventralen Teil als großes Horn des Os hyoi- geus und
deum erhalten. Die ventralen Enden des 2. und • der 4. bis 6. Schlundbogennerv der N. vagus.
3. Bogens sind durch die Copula, den Zungen-
• Schiundfurchen
beinkörper, verbunden.
• Aus dem Material des 4. und 5. Schlundbogens Es handelt sich um entsprechende Einstülpungen
entsteht der Schildknorpel. von außen entsprechend den Kiementaschen. Sie
• Aus dem Material des 6. Bogens sollen sich der bilden sich bereits im 2. Monat wieder zurück.
Kehldeckel und die Cartilagines cuneiformes
• 1. Schiundfurche. Aus ihr entstehen die Ohr-
entwickeln.
muschelgrube und der äußere Gehörgang
• Das Material des 7. Schlundbogens soll den
(s. Kap. 7.1.1, S. 593).
Ringknorpel, die Gießbeckenknorpel und die
• 2., 3. und 4. Schiundfurche. Sie vertiefen sich
Knorpelspangen bzw. -platten der Luftröhre und
zur seitlichen Halsbucht. Diese wird von der
der Bronchien liefern.
Operkularfalte des 2. Kiemenbogens abgedeckt
und durch die Verwachsung derselben mit der
2. Muskeln, Nerven und Arterien
unteren Halsregion zur seitlichen Halsbucht,
der Schlundbogen
dem Sinus cervicalis, geschlossen. Unterbleibt
Damit die Schlundbogen in ihrer Einheit darge- der Verschluss, kommt es zur Bildung einer
stellt werden, sollen auch die Anlagen für die Mus- seitlichen Halsfistel. Der Sinus cervicalis ver-
kulatur, Gefäße und Nerven aufgeführt sowie die schwindet später.
Schiundfurchen und -taschen behandelt werden.
• Schlund- oder Kiementaschen
Muskelanlagen der Schlundbogen. Sie wandern
Der Schiunddarm stellt den obersten Abschnitt des
in die Kopf- und Halsregionen aus. Aus der Anlage
Vorderdarms dar und beginnt unmittelbar hinter
(s. auch Kap. 4.8, S. 225)
der Rachenmembran. Seine Seitenwände zeigen
• des 1. Schlundbogens entstehen die Kaumuskeln 5 Schiundtaschen, die sich zwischen den Schlund-
und vorderer Bauch des M. digastricus, M. my- bogen ausstülpen. Die Entodermzellen am Grund
lohyoideus, M. tensor velipalatini und M. tensor der Schiundtaschen bilden den Mutterboden für
tympani einige Organe (Abb. 4.5, siehe auch Abb. 4.74).
• des 2. Schlundbogens die mimischen Muskeln
• 1. Schiundtasche. Sie wird zu einem langen
und hinterer Bauch des M. digastricus, M. sty-
Schlauch ausgezogen. Ihr erweitertes Ende
lohyoideus, M. stapedius und das Platysma
liefert die Anlage der Paukenhöhle, Cavitas
• des 3. Schlundbogens der M. stylopharyngeus
tvmpanica, und die innere Epithelschicht des
und die oberen Pharynxmuskeln
Trommelfells. Aus dem Verbindungsstück
• des 4. bis 6. Schlundbogens die Gaumenmuskeln
entsteht die Ohrtrompete, Tuba auditoria, die
mit Ausnahme des M. tensor veli palatini, die
den Rachenraum mit dem Mittelohr verbindet
unteren Schlundschnürer sowie die Larynxmus-
(s. Kap. 7.1.2.3, S. 610).
keln
• 2. Schiundtasche. Sie bildet die Tonsillarbucht,
Schlundbogenarterien. Sie verschmelzen teil- aus deren Epithelzellen sich in Verbindung mit
weise miteinander und bilden die Hauptschlag- dem umgebenden Bindegewebe die Gaumen-
adern des Brust- und Halsbereichs, teilweise gehen mandel, Tonsilla palatina, entwickeln (s. Kap.
sie zugrunde (s. Kap. 3). 4.14.5, S. 311).
• 3. und 4. Schiundtasche. Sie wachsen nach
Schlundbogennerven. Sie begleiten die Muskeln
hinten und vorn aus. Die hinteren Epithelzel-
und versorgen außer diesen auch die oberen Ein-
len bilden die Anlage der Nebenschilddrüsen,
geweide, ζ. B. die Zähne, Schleimhaut der Zunge,
Glandulae parathvroideae, und die vorderen
den Kehlkopf.
das Anlagematerial des Thymus (s. Kap. 10.7.3,
• Der 1. Schlundbogennerv ist der N. trigeminus, S. 886). Die Organanlagen wandern abwärts,
• der 2. Schlundbogennerv der N. facialis, die Nebenschilddrüse aus der 3. Schiundtasche
gelangt zum unteren und die aus der 4. zum

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184 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

Anlage der
Paukenhöhle
— Anlage des äußeren
Gehörgangs

1 Anlage derTuba auditiva und Paukenhöhle

Operkular- 2 Anlage der Gaumenmandel


falte
3 Nebenschilddrüsenanlage

4 Thymusanlage

5 Ultimobranchialkörper

Sinus / r
cervicalis
Rest des Sinus cervicalis

Ductus thyroglossalis
Thymus
Gl. thyroidea

Derivate der Schiundtaschen

Abb. 4.5: Entwicklung des Schlundbogengebietes (aus G.-H. Schumacher). Derivate der Schiundtaschen (innen)
und Schiundfurchen (außen). Römische Zahlen: Schlundbögen

oberen Pol der Schilddrüse und der Thymus in 4.1.2.1 Proportionsverschiebungen


den Brustkorb. von Neuro- und Viscerocranium
• 5. Schiundtasche. Sie bildet mit ihrem Epithel zugunsten des ersteren
den Ultimobranchialkörper, der später in Form
• Zerebralisation
von parafollikulären Zellen oder C-Zellen in der
Mit der Entfaltung des Großhirns (Zerebralisa-
Schilddrüse zu finden ist (s. Kap. 4.11, S. 337).
tion, s. Kap. 2.6.2, S. 92) erfolgt eine Ausrun-
dung des gesamten menschlichen Schädeldachs.
4.1.2 Phylogenese Die Fläche der Deckknochen vergrößert sich.
Davon ist insbesondere das Os frontale betrof-
fen durch eine Aufrichtung und Auswölbung der
Keine Struktur des Körpers ist ein so markantes
Squama. Als Ergebnis dieser Entwicklungsvor-
Spiegelbild der Phylogenese wie der Schädel.
gänge liegt eine Vergrößerung der Hirnkapsel
vor (ζ. B. Orang Utan 300^180 cm 3 , Rezenter
Eine phylogenetische Betrachtungsweise ist
Mensch 1100-1900 cm3). Die Sinnesorgane,
wichtig, da der Säugetierschädel eine langwierige
insbesondere die Augen, haben ebenfalls einen
Entwicklung durchmacht und Neuerwerbungen
Einfluss auf die Gestaltung des Gesichtschä-
bekommen hat. Diese sind:
dels.
1. Sekundäres Kiefergelenk, Gehörknöchelchen
• Schwächere Ausbildung des Viszerokrani-
(s. Kap. 4.7.2, S. 221, Kap. 7.1.2.1, S. 600), 2.
ums, Vertikalisation
Sekundärer Gaumen (s. Kap. 4.13.4, S. 299) und
Mit dem aufrechten Gang des Menschen
3. Heterodontes und diphyodontes Gebiss (s. Kap.
(Vertikalisation) werden die vorderen Extre-
4.13.3, S. 281).
mitäten frei für bestimmte Verrichtungen, die
vorher vom Gebiss getätigt wurden. Beim Tier
Das Prinzip der menschlichen phylogene-
hat das Gebiss neben der Kaufunktion die Auf-
tischen Schädelentwicklung besteht in der
gabe des Erlegens der Beute, der Verteidigung,
Proportionsveränderung zwischen Neuro- und
des Werkzeugs (Nager!) und des Tragens der
Viszerokranium sowie in der Schädelbasiskni-
Jungen. Diese Funktionen treten beim Men-
ckung.
schen zurück.
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4.1 Entwicklung des knöchernen Schädels, Kiemendarm 185

• Kieferverkürzung und Entwicklung einer Os frontale


Parabelform der Zahnbögen. Die Zähne sowie
die Kau- und Nackenmuskulatur werden schwä-
Os occipitale
cher ausgebildet. Daraus resultieren grazilere
Knochenleisten als Ursprungs- und Ansatzort. Foramen
magnum
Lamina cribrosa
Fossa hypophysial is Clivus
4.1.2.2 Schädelbasisknickung

Sie ist ein Schlüsselereignis in der Phylogenese des


Schädels. Durch die Entwicklung des aufrechten
Os frontale
Gangs (Vertikalisation) knickt der Schädel in sich
ab, damit die Aug(Seh-)achse in der Horizontalen
Os occipitale
erhalten bleibt. Der Mensch hat die ausgeprägteste
Knickung, die individuell zwischen 90° und 116°
Foramen
betragen kann (Abb. 4.6). Die Knickung wird
\ magnum
durch den Winkel zwischen Clivus und der Ebene \ Clivus
der vorderen Schädelgrube ausgedrückt. Die Schä- t\
delbasisknickung hat auch eine Schädelverkürzung I Fossa hypophysial
(Brachykephalisation) zur Folge. Die Zerebralisa- Lamina cribrosa

tion unterstützt die Knickungsvorgänge.

Mit der Schädelbasisknickung hat der Schädel


auch eine andere Orientierung bekommen. Er muss Os frontale
beim Zweibeiner auf der Wirbelsäule balancieren. \

Während beim Vierfüßer das Foramen magnum


nach hinten unten zeigt, ist es beim Menschen
nach unten gerichtet. Foramen magnum und Con-
dyli occipitales sind weit nach vorn gelagert. Der
Schwerpunkt des menschlichen Schädels liegt etwa
3 cm vor den Hinterhauptskondylen. Damit ist die
Schultermuskulatur (s. Kap. 8.5.1, S. 644) und die \ \ Os occipitale
tiefe Nackenmuskulatur (s. Kap. 8.6, S. 648) auch \
\ Clivus Foramen
schwächer ausgebildet, und die sog. Muskelkämme Fossa magnum
der Vierfüßer sind überfällig geworden. Lamina cribrosa hypophysial

4.1.2.3 Weitere Faktoren


Abb. 4.6: Schädelbasisknickung (nach J. Fanghänel).
für die Schädelformung
a. Hund, b. Gorilla, c. Mensch. Deutlich ist der kleinste
• Umweltfaktoren und die Ernährung prägen Schädelbasiswinkel beim Menschen zu erkennen
den Schädel. So bilden sich je nach Ernährungs-
weise 1. Karnivoren (Fleischfresser), 2. Her- • Die Entwicklung der Sprache differenziert Mus-
bivoren (Pflanzenfresser) oder 3. Rodentia kelgruppen, welche an der Sprache mitbeteiligt
(Nager) heraus. sind (Artikulation, Mimik, Gestik). Durch eine
stärkere Wölbung des harten Gaumens hat die
Der menschliche Schädel weist durch die Zunge einen größeren Spielraum für die Artiku-
Anpassung an die omnivore Ernährungsweise lation. Letztlich haben auch endokrinologische
Besonderheiten auf, die sich in der Form der Zusammenhänge eine große Bedeutung.
Zähne, des Kiefergelenkes und der Kaumuskeln
widerspiegeln.

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186 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

4.1.3 Kraniofaziales Wachstum rend auf die Osteogenese. So entsteht beispiels-


weise der Proc. mastoideus erst nach der Geburt
• Die Steuerung des kraniofazialen Wachstums durch den Zug des M. sternocleidomastoideus.
ist ein komplexes Geschehen. Dabei unterliegt
• Die endgültige Schädelform wird durch Grö-
die Formwerdung des Schädels einem geneti-
ßenwachstum und Proportionsverschiebungen
schen Programm, das durch exogene Faktoren
zwischen Neuro- und Viszerokranium erreicht.
beeinflusst und modifiziert werden kann.
Das Viszerokranium ist beim Neugeborenen im
Verhältnis zum Neurokranium zunächst relativ
Die Entwicklung des Chondrokraniums ist
klein. Die Kiefer sind noch wenig entfaltet.
in erster Linie genetisch determiniert. Das
Somit ist das Gesicht niedrig und breit (Abb.
Wachstum des Desmokraniums wird dagegen
4.7).
vor allem durch umgebende lokale Faktoren
• Jeder Schädel ist asymmetrisch gestaltet. Klei-
(ζ. B. Muskulatur) beeinflusst. Die Gesamtheit
nere Seitendifferenzen gehören zur normalen
dieser Faktoren wird als „funktionelle Matrix"
„biologischen Varianz". Größere Abweichungen
(M. Moss) bezeichnet.
bezeichnen wir als Schädel-Gesichtsskoliosen.
Pränatal sind das chondrale und suturale Wachstum
dominierend. Das periostale Wachstum, von wel- 4.1.4 Fehlbildungen
chem das Dickenwachstum der Knochen ausgeht,
tritt erst postnatal auf. Dem chondralen Wachstum
Fehlbildungen treten auf als Defekte, Kranio-
kommt die Bedeutung eines primären Wachstums
schises, oder als vorzeitiger Schluss von Schä-
zu, während das suturale mehr eine sekundäre,
delnähten, Kraniosynostosen. Kombinierte
kompensatorische Aufgabe hat. Das Neurokra-
Fehlbildungen bilden Syndrome.
nium wird schon pränatal insbesondere durch die
Hirnentfaltung gestaltet. Die Schädelbasis knickt
durch den Wachstumsdruck des Gehirns vom
Keilbeinkörperkomplex nach hinten und seitwärts 4.1.4.1 Kranioschisis
ab. Das Schädeldach wird ausgerundet. Die Model-
lierung des Viszerokraniums erfolgt dagegen erst • Akranie: angeborenes Fehlen des Schädeldachs,
postnatal. Hier sind die Entwicklung der Augen und zumeist bei Anenzephalie (Abb. 4.8 e, f).
Nasennebenhöhlen sowie die Dentition als kausale • Anenzephalie (Krötenkopf, Froschkopf):
Faktoren zu nennen. Der Zug der sich entwickelten schwere, relativ häufig vorkommende Fehlbil-
Muskulatur wirkt am gesamten Schädel stimulie- dung (ca. 1:1000 Lebendgeborene). Vorliegen

Abb. 4.7: Das Verhältnis von Gehirn- (weiß) und Gesichtsschädel (grau). Die Schädel vom Neugeborenen (a),
Erwachsenen (b) und Greis (c) wurden auf die gleiche Höhe gebracht.
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4.1 Entwicklung d e s k n ö c h e r n e n S c h ä d e l s , K i e m e n d a r m 187

Abb. 4.8: S c h ä d e l f e h l b i l d u n g e n d u r c h
v e r s c h i e d e n e Nahtverschlussstörun-
gen, Defekte im Neurocranium,
Entwicklungsstörungen des Gehirns
u n d A b f l u s s s t ö r u n g e n d e s Liquor
cerebrospinalis, a. S c a p h o c e p h a l u s ,
b. T r i g o n o c e p h a l u s , c. O x y c e p h a l u s
o d e r Turricephalus, d. P l a g i o c e p h a -
lus, e., f. Akranie, g. M e n i n g o z e -
phalozele, h. H y d r o c e p h a l u s ( n a c h
J. F a n g h ä n e l )

einer Akranie sowie Fehlen von Gehirnteilen t> Vorzeitiger symmetrischer Verschluss der
bzw. völligem Fehlen des Gehirns. Sehr oft Kranznaht -> Turmschädel (Oxycephalus, Abb.
Fortsetzung des Defekts in den Zervikalbereich 4.8 c) ungleichmäßiger Verschluss der Kranz-
(Kraniorhachischisis) naht (und der Lambdanaht) -> Schiefschädel
• kombinierte Spaltbildung an Schädel und Wir- (.Plagiocephalus, Abb. 4.8 d)
belsäule. Fehlender Schluss des Neuroporus > Mikrozephalie: hier bleibt das Hirnwachstum
rostralis. Nicht mit dem Leben vereinbar. zurück oder bleibt völlig aus. Vorzeitiger Naht-
• Kranioschisis occulta: zumeist auf Stirn- und und Fontanellenverschluss.
Scheitelbeine begrenzte Defektbildung. Diese
Defekte sind oft mit einer Herniation von Teilen
des Gehirns (Enzephalozele) oder nur der der 4.1.4.3 Syndrome, Systemerkrankungen
Hirnhäute (Meningozele) verbunden (Abb.
4.8 g). • Crouzon-Syndrom: Pfeil- und Kranznaht sind
bei der Geburt bereits geschlossen. Früher
Schluss der großen und kleinen Fontanelle.
4.1.4.2 Kraniosynostosen, Kraniosteno- Hypertelorismus, Oberkieferhypoplasie, tiefer
sen, Stenokephalie Ohrenansatz. Normal verlaufende geistige Ent-
wicklung.
Vorzeitiger Nahtverschluss, vermutlich genetisch • Enslin-Syndrom(-Trias): Komplex aus Turm-
bedingt (prämature Synostosen) —> Schädelde- schädel, Exophthalmus und starke Wucherung
formitäten (Dyskranie). Die Schädelform hängt der Rachentonsille.
dabei vom Typ des vorzeitigen Nahtverschlusses • Mandibulofaziale Synosten: Komplex aus
ab. Beim männlichen Geschlecht häufigeres Vor- verschiedenen Entwicklungsstörungen im
kommen. Mittelgesicht. Zumeist Unterentwicklung von
Maxilla, ζ. Τ. Mandibula und Jochbogen. Hypo/
[> Vorzeitiger Pfeilnahtverschluss —» Kahnschädel
Hypertelorismus, Zahnfehlbildungen
{Scaphocephalus, Abb. 4.8 a)
• Störungen des Wachstums der basikrania-
Ο Vorzeitiger Verschluss der Stirnnaht —> Keil-
len Synchondroses. Die Schädelbasis bleibt
schädel (Trigonocephalus, Abb. 4.8 b)
in ihrem Längenwachstum zurück und die
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188 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

„Stemmkörperwirkung" der Synchondrosen • Hydrocephalus: Vergrößerung des Neurokra-


auf das Mittelgesicht bleibt aus (Zurückbleiben niums durch abnorme Wölbung der Calvaria
des Mittelgesichts, Boxer- oder Bulldoggenge- (Abb. 4.8). Volumenzunahmen durch Erweite-
sicht). rung der Hirnventrikel (Hydrocephalus internus)
• Arnold-Chiari-Syndrom: Herniation von Teilen bzw. des Subarachnoidalraumes (Hydrocephalus
des Cerebellum und der Medulla oblongata in externus) aufgrund von Abflussstörungen des
den Wirbelkanal sowie in die Halsregion hinein. Liquor cerebrospinalis.
Oft ist die hintere Schädelgrube unterentwickelt.
Die Ätiologie ist unbekannt.

4.2 Schädelansichten

Lernzicle: Beschreibung des Schädels aus ver- 4.2.2 Ansicht von der Seite,
schiedenen Ansichten Norma lateralis
Am Schädel werden verschiedene Standardansich- Der zentrale Knochen der Seitenwand des Neurokrani-
ums ist das Schläfenbein, Os temporale. Es steht (Abb.
ten definiert, die für die verschiedenen Fachdiszi-
4.9) nach hinten mit dem Hinterhauptsbein, Os oeeipi-
plinen wichtig sind.
tale, nach oben mit dem Scheitelbein, Os parietale, nach
vorn mit dem Keilbein, Os sphenoidale, in Verbindung.
Außerdem hängt es mit dem Viszeralschädel zusammen
4.2.1 Ansicht von oben, (im Kiefergelenk mit dem Unterkiefer, durch den Joch-
Norma verticalis fortsatz, Processus zygomaticus, mit dem Jochbein, Os
zygomaticum. Das Stirnbein, Os frontale, grenzt nach
In der Ansicht von oben sehen wir vorn das Stirnbein, in
hinten an das Keilbein und das Scheitelbein, nach unten
der Mitte die beiden Scheitelbeine, hinten das Hinter-
an verschiedene Knochen des Gesichtsschädels (Nasen-
hauptsbein. Die Sutura coronalis verbindet das Stirnbein
bein, Oberkiefer, Siebbein und Jochbein).
mit den Scheitelbeinen. Die Sutura sagittalis vereinigt
die beiden Scheitelbeine. Am Hinterhaupt stoßen in der Am Neugeborenenschädel können in der Seitenansicht
lambdaförmigen Naht, Sutura lambdoidea, die Schuppe (Abb. 4.3) Bestandteile des Schläfenbeins, die Schuppe,
des Hinterhauptsbeines und die Scheitelbeine zusammen. Pars squamosa, der Felsenbeinteil, Pars petrosa, und der
Diese Nähte sind beim jugendlichen Schädel ausgespro- Trommelfellring, Anulus tympanicus, unterschieden
chene Sägenähte (Suturae serratae). In ihrem Verlauf werden. Sie sind durch relativ weite Spalten oder Nähte
kommt es nicht selten (besonders häufig in der Lambda- noch teilweise voneinander getrennt. Sie entstehen auf
und Pfeilnaht) zur Bildung von selbständigen Nahtkno- verschiedener entwicklungsgeschichtlicher Grundlage.
chen, Ossa suturarum. Hier sind 2 kleine, durch Bindegewebe verschlossene
Am Schädel des Neugeborenen (Abb. 4.3) setzt sich die Fontanellen, die vordere Seitenfontanelle, Fonticulus
Pfeilnaht in die Stirnnaht, Sutura frontalis, fort. Diese anterolateral is (oberhalb des großen Keilbeinflügels),
trennt die beiden Stirnbeinhälften, verstreicht meistens und die hintere Seitenfontanelle, Fonticulus posterolate-
frühzeitig, bleibt aber in seltenen Fällen dauernd erhal- ralis (hinter der Pars petrosa) zu sehen.
ten. Dort, wo Stirn-, Pfeil- und Kranznaht zusammentref-
Klinik: Von topographischer Bedeutung ist die
fen, besteht beim Neugeborenen und Säugling eine mit
Bindegewebe ausgefüllte, rautenförmige Knochenlücke, Spina supra meatum, ein kleiner dornartiger
die vordere oder Stirnfontanellc, Fonticulus anterior. Vorsprung am hinteren oberen Umfang des
An der Vereinigung von Pfeil- und Lambdanaht liegt Porus acusticus externus. Sie dient zur Orien-
die dreieckige, hintere oder Hinterhauptfontanelle, Fon- tierung bei der operativen Eröffnung des War-
ticulus posterior (minor). Sie ist bei reifen Feten keine zenfortsatzes (Mastektomie) bei spezifischen
eigentliche Knochenlücke mehr, sondern nur noch eine Prozessen.
dreieckige Vertiefung, die der Spitze des Hinterhaupts-
beines entspricht. Schließlich sollen noch die bisher nicht erwähnten Nähte
genannt werden. Da sie nach den benachbarten Knochen
benannt werden, sind ihre Namen leicht abzuleiten. Wir
beginnen (Abb. 4.9—4.10) mit der Sutura frontozygo-

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4.2 Schädelansichten 189

Suturacoronalis
Linea temporalis inferior ! Os frontale (Squama frontalis)
\ I
\ 1
Linea temporalis superior /
\
\
\
Os sphenoidale (Ala major!
/
/

Os lacrimale
f (Crista lacrimalis posterior)
/

Crista lacrimalis anterior

^ Fossa sacci lacrimalis

Os nasale

Maxiila mit
Sutura^ Foramen infraorbitale
lambdoidea
— Spina nasalis
Ostemporale anterior
(Pars squamosa)
/
Porus acusticus externus, ^ ^ Os zygomaticum
Spina supra meatum y f

Processus mastoideus 7 / I Processus


/ ' coronoideus

Processus condylaris, Arcus zygomaticus J


Mandibula
Processus styloideus
(Foramen mentale)

Angulus

Abb. 4.9: S e i t e n a n s i c h t ( N o r m a lateralis) d e s S c h ä d e l s . Inset o b e n : d e u t l i c h e r k e n n b a r e A t r o p h i e d e r A l v e o l a r f o r t -


s ä t z e O b e r - u n d U n t e r k i e f e r b e i m Z a h n l o s e n z u e r k e n n e n ( n a c h G.-H. S c h u m a c h e r )

matica (Grenze zwischen Stirn- und Jochbein), folgen der unten in die Sutura oeeipitomastoidea (Hinterhauptsbein-
Sutura sphenofrontalis (Keil-, Stirnbein) bis zur Kranz- Warzenteil) aus. Die Sutura temporozygomatic·α trennt
naht, Sutura coronalis (Stirn-, Scheitelbein), verfolgen Schläfen- und Jochbeinanteil des Jochbogens.
nach hinten die Sutura sphenoparietal is (Keil-, Scheitel-
bein). Von ihrem Ende verläuft die Sutura sphenosqua-
mosa (Keil-, Schläfenbein) nach unten, die Sutura squa- 4.2.3 Ansicht von vorn,
mosa (Scheitel-, Schläfenbein) im Bogen nach hinten. Norma frontalis
Sie setzt sich nach hinten in die Sutura parietomastoidea
(Scheitelbein-Warzenteil) fort und läuft nach oben in die Der Hirnschädel wird in der Ansicht von vorn in der
Sutura lambdoidea (Scheitel-Hinterhauptsbein), nach Hauptsache vom Stirnbein gebildet (Abb. 4.10). Seine
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190 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

Sutura frontalis persistens


I
I
Os frontale
(Squama frontalis)

Glabella.
/ Arcus superciiiaris

Linea temporalis χ

\
\ Sutura frontonasalis

Sutura coronalis

Foramen Os parietale
supraorbitale

Foramen sive

Os sphenoidale Incisure supraorbitalis

(Ala major)
Os nasale,
Sutura fronto- Sutura internasalis
zygomatica
Canalis opticus
Os temporale
(Pars squamosa) ~ — Fissura orbitalis
superior

Os sphenoidale --
Os lacrimale
(Ala major)
(Fossa sacci lacrimalis)

Os zygomaticum
Fissura orbitalis inferior
mit Foramen Ν
Ν
zygomaticofaciale /
/ N
Sulcus infraorbitalis
Sutura zygomaticomaxiilaris
Maxilla
(Foramen infraorbitale)

Cavitas nasalis ossea, ^ ^ Os ethmoidale


Spina nasalis anterior (Concha nasalis media)

x
v . Septum nasi osseum,
Concha nasalis inferior

Ν
Foramen mentale Mandibula

Abb. 4.10: Ansicht eines Schädels von vorn (Norma frontalis). Im Os frontale ist eine persistierende Stirnnaht zu
erkennen

Pars orbitalis weist gegen die Augenhöhle und beteiligt ebenso wie die Stirnhöcker, Tubera frontalia, individuell
sich an der Bildung der Schädelbasis. Mittels eines schar- verschieden stark ausgebildet. Manchmal kann man auch
fen Randes, Margo supraorbitalis, geht die Pars orbitalis beim Erwachsenen noch eine mediane Stirnnaht feststel-
in die Squama frontalis über. Die konvexe Stirnschuppe len (Sutura frontalis persistens, Abb. 4.10). In dieser
ist die knöcherne Grundlage der Stirn. Oberhalb der Ansicht sehen wir noch die großen und kleinen Flügel
Nasenwurzel liegt ein erhabenes, ebenes Feld, die Gla- des Keilbeines. Sie begrenzen von hinten und oben her
bella. Von ihr verlaufen die Oberaugenbrauenwülste, die Augenhöhle und helfen gleichzeitig die Schädelbasis
Arcus superciliares, im Bogen nach lateral. Sie sind bilden.

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4.3 Schädelknochen 191

4.2.4 Ansicht von hinten, nuchae inferior in 4 Felder (Plana nuchalia) für den
Ansatz der kräftigen Nackenmuskulatur geteilt.
Norma occipitalis
Diese Ansicht zeigt als Hauptknochen die Schuppe des
Hinterhauptsbeines, Squama occipitalis, daneben noch 4.2.5 Innenansicht der Calvaria
die Pars petrosa des Schläfenbeins und die Scheitel-
Das durch einen horizontalen Schnitt abgetragene
beine. Die Squama occipitalis hat ungefähr in ihrem
Schädeldach zeigt an der konkaven Innenfläche die
Zentrum die höckerartige Protuberantia occipitalis
baumförmig verzweigten Sulci arteriösi, Furchen fur
externa. Von ihr ziehen kräftige Leisten, die Linea nuchae
die Aufnahme der Aa. meningeae (Abb. 4.18). In der
suprema und superior, im Bogen nach lateral. Sie grenzen
Mcdiansaggittalen verläuft der breite, flache Sulcus sinus
ein oberes, dreieckiges, glattes Feld (Planum occipitale,
sagittalis superioris, eine Furche fur den Sinus sagittalis
Oberschuppe) von einem unteren, viereckigen, mit
superior. Seitlich von dieser Furche finden wir Grübchen
Leisten und Gruben versehenen Feld (Planum nuchae,
von wechselnder Zahl und Größe, die Foveolae granulä-
Unterschuppe) ab.
res (für die Gramdationes arachnoideales).
Der untere Teil der Hinterhauptschuppe wird durch die
sagitale Crista occipitalis externa und die quere Linea

4.3 Schädelknochen
Pars orbitalis. Sie bildet das Dach der Augenhöhle
Lernziele: Beschreibung der Schädelknochen:
(s. Kap. 4.6.1.1, S. 217) und der Siebbeinzellen
Lage, Teile, Nachbarschaftsbeziehungen,
(s. Kap. 4.15.2.3, S. 324). Ihre Incisura ethmoidalis
Geschlechtsdimorphismus
nimmt die Lamina cribrosa des Siebbeins auf. Das
Foramen ethmoidale posterius führt Α., V. und
Die Knochenstruktur ist letztlich ein Ergebnis N. ethmoidales posteriores von der Augenhöhle
vorangegangener ontogenetischer und phyloge- in die hinteren Siebbeinzellen. Das Foramen eth-
netischer Entwicklungsvorgänge. moidale anterius fuhrt Α., V. und N. ethmoidales
anteriores aus der Augenhöhle in die Schädelhöhle.
Weiterhin finden wir die Spina trochlearis (für
4.3.1 Neurocranium die Anheftung der Trochlea, einer Knorpelspange
zum Durchtritt der Sehne des M. obliquus oculi
4.3.1.1 Stirnbein, Os frontale superior) (s. Abb. 6.27, S. 577), die Fossa glan-
dulae lacrimalis (lateral vorn, zur Aufnahme der
Es besteht aus der konvexen Squama frontalis, Tränendrüse), den Margo supraorbitalis, den
den paarigen, durch die Incisura ethmoidalis Margo sphenoidalis (für die Ala major), den Margo
getrennten, Partes orbitales und der Pars nasalis parietalis (fur das Os parietale) und den Processus
(Verbindung mit den Nasenbeinen), (Abb. 4.11, zygomaticus (fur das Os zygomaticum).
12).
Pars nasalis. Hier springt die Spina nasalis ossis
Squama frontalis. Wir unterscheiden eine kon-
frontalis vor.
kave Innenfläche, Facies interna, eine konvexe
Außenfläche, Facies externa, und die kleine Facies
temporalis. Der Margo supraorbital is trennt
die Facies externa von den Partes orbitales. Er
4.3.1.2 Hinterhauptsbein, Os occipitale
zeigt 2 Einschnitte bzw. Löcher, Incisura (Fora-
Das Os occipitale entsteht zum größten Teil als
men) frontalis und supraorbital is. An der Facies
Ersatzknochen, nur der obere Teil der Schuppe ist
externa finden wir Tuber frontale, Glabella, Arcus
Bindegewebsknochen.
superciliaris und Linea temporalis, die die kleine
seitliche Facies temporalis abtrennt. Von der Pars Das Os occipitale bildet die knöcherne Grundlage
nasalis geht die Spina nasalis ab (in Abb. 4.11 für den Hinterkopf, Occiput, und Gruben für das
gegabelt, zumeist einfach). Der Processus zygoma- Kleinhirn sowie die Hinterhauptspole der beiden
ticus stellt die Verbindung mit dem Jochbein, Os Großhirnhemisphären. Seine innere Fläche wird
zygomaticum, her. vor allem durch das Gehirn modelliert (Abb. 4.13),
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192 4 Kopf, Cranium, u n d Hals, C o l l u m

. Squama frontalis

Tuber frontale

Linea temporalis

Facies temporalis

Arcus superciliaris

- Processus zygomaticus
/
/ /
Margo supraorbitals / Incisure supraorbitalis
/
Glabella \ } Incisura frontalis
V
Spina nasalis

Incisura
Incisura supraorbitalis frontalis Pars nasalis Arcus sugerciliaris
\ \ /
Margo supraorbitalis
Spina trochlearis - \

Pars orbitalis
Fossa glandulae
(Facies orbitalis)
lacrimalis

Processus zygomaticus
Margo sphenoidalis

Margo parietalis • —

\ v.
[Foveolae ethmoidales] Incisura Foramen ethmoi- Foramen ethmoidale anterius
ethmoidalis dale posterius

Abb. 4.12: Stirnbein, O s frontale, v o n unten

die Außenfläche durch den Ansatz der Nackenmus- 4.3.1.3 Keilbein, Wespenbein,
kulatur (Abb. 4.14). Der beim Erwachsenen ein- Os sphenoidale
heitliche Knochen setzt sich, wie die Verhältnisse
beim Neugeborenen noch deutlich zeigen, aus Das Keilbein steht mit allen Knochen des Gehirn-
4 Bausteinen zusammen, die sich um das Foramen schädels und den meisten Knochen des Visze-
magnum so herumgruppieren, dass ein unpaares ralschädels in Verbindung. Es besteht aus dem
Stück, Pars basilaris, davor liegt, zwei seitlich Körper, Corpus, den kleinen Flügeln, Alae mino-
davon liegen, Partes laterales, und das 4. Stück, res, den großen Flügeln, Alae majores, und den
die Schuppe, Squama, hinter dieser Öffnung liegt. flügelartigen Fortsätzen, Processus pterygoidei
(Abb. 4.15,4.16).
Auch beim Os occipitale des Erwachsenen unter-
scheidet man noch diese 4 Abschnitte. Corpus ossis sphenoidalis. Es ist ein würfelartiger
Körper mit 6 Flächen. Die hintere Fläche steht
zunächst synchondrotisch, später synostotisch mit
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4.3 S c h ä d e l k n o c h e n 193

Squama occipitalis
Protuberantia occipitalis interna

Fossa cerebralis
/
/

M a r g o iambdoideus

Crista occipitalis interna Sulcus sinus transversi

Margo mastoideus
Fossa cerebellaris

Foramen magnum

Sulcus sinus sigmoidei

Canalis condylaris

Sonde im Canalis nervi hypoglossi Incisure jugularis

Processus intrajugularis
Tuberculumiugulare
Pars lateralis
Ν
S
Clivus
Sulcus sinus petrosi inferioris

Pars basilaris

Abb. 4.13: Hinterhauptsbein, O s occipitale. Ansicht von innen und vorn

der Pars basilaris des Os occipitale in Verbindung Kammern geteilt und ist vorn bis auf die zur Nasen-
(Clivus Blumenbach). Die obere Fläche (Abb. höhle führenden Aperturae sinuum sphenoidalium
4.31, Inset) ist tief zur Fossa hypophysialis ein- durch eine muschelförmige Knochenlamelle, die
gedellt. Hinten trägt sie das Dorsum sellae mit Concha sphenoidalis, verschlossen.
den seitlichen Processus clinoidei posteriores. Die
Alae minores. Sie bilden mit je 2 Wurzeln den
kleinen Processus clinoidei medii gehen von der
Canalis opticus. Sie begrenzen mit ihrer unteren
Vorderwand der Hypophysengrube ab. Die seitli-
Fläche die Augenhöhle, mit ihrer oberen die Schä-
chen Flächen tragen die Flügel, lateral vorn oben
delhöhle. Nach medial und hinten laufen sie in die
die schwertartigen Alae minores, lateral unten die
kräftigen Processus clinoidei anteriores aus.
Alae majores, lateral hinten unten die Processus
pterygoidei. Die vordere Fläche zeigt die paarige Alae majores. Sie werden nahe ihrer Wurzel
Apertura sinus sphenoidalis. Median zieht die vom Foramen rotundum und Foramen ovale
Crista sphenoidalis (zur Anlagerung der Lamina durchbohrt. Sie sind nach außen und aufwärts
perpendicularis des Siebbeins) senkrecht abwärts gekrümmt. Man unterscheidet 4 Flächen, 4 Ränder
und läuft in das Rostrum sphenoidale aus, das von und 1 Winkel.
den Flügeln des Pflugscharbeins umfasst wird.
Die Facies cerebralis weist gegen das Gehirn (Abb.
Der Körper des Keilbeins ist weitgehend ausge- 4.31). Die Facies temporalis liegt an der Außenflä-
höhlt. Die Keilbeinhöhle, der Sinus sphenoidalis che des Schädels (Abb. 4.9) und wird durch die
(s. Kap. 4.15.2.4, S. 324), ist durch das Septum Crista infratemporalis von der basalwärts gerich-
sinuum sphenoidalium in 2, häufig asymmetrische teten Facies infratemporalis getrennt. Die Facies
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194 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

Protuberantia
Squama occipitalis occipitalis externa
\ I Crista occipitalis externa

Linea nuchae superior

. Linea nuchae inferior

Foramen magnum

Canalis cortdylaris

Condylus occipitalis

Incisura jugularis

Processus intrajugularis ""


Sonde im Canalis nervi hypoglossi

Pars lateralis

^ Tufaerculum pharyngeum

Pars basilaris

Abb. 4.14: Hinterhauptsbein, O s occipitale. Ansicht von au

orbitalis begrenzt hinten und lateral die Augen- der Lamina medialis und lateralis, die die Fossa
höhle. Sie ist glatt und eben. Die Facies maxillaris pterygoidea zwischen sich fassen. Die zwischen
liegt unterhalb der vorigen und weist gegen die ihnen gelegene Incisura pterygoidea wird am voll-
Maxiila. Auf ihr mündet das Foramen rotundum. ständigen Schädel durch den Processus pyrami-
dalis des Gaumenbeins geschlossen. Die mediale
Der Margo frontalis steht mit dem Stirnbein, der
Lamelle läuft nach unten in einen Haken, Hamulus
Margo zygomaticus mit dem Jochbein, der Margo
pterygoideus, mit einem Sulcus fur die Sehne
parietalis mit dem Scheitelbein und der Margo
des M. tensor veli palatini aus. Die Wurzel der
squamosus mit dem Schläfenbein in Verbindung.
Flügelfortsätze wird von dem sagittalen Canalis
Der hintere Rand des großen Flügels ist dornartig
pterygoideus durchbohrt. Er mündet in die Fossa
zur Spina ossis sphenoidalis ausgezogen und wird
pterygopalatina. Unterhalb der hinteren Öffnung
vom Foramen spinosum durchbohrt.
des Kanals liegt die kahnförmige Grube, Fossa
Fissura orbitalis superior. Sie ist ein schräger, scaphoidea.
medial weiter, lateral enger Spalt zwischen größe-
Der Processus vaginalis geht von der medialen
rem und kleinerem Flügel.
Seite der Lamina medialis ab, legt sich der Unter-
Processus pterygoidei. Diese gehen nahezu fläche des Körpers an und reicht bis zu den Alae des
senkrecht nach unten ab, bestehen aus 2 Platten, Pflugscharbeins.

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4.3 Schädelknochen 195

. Γ
SP3SJ
---J.J Ala minor Canalis opticus Concha sphenoidal is
\ \ /
. \ Rostrum sphenoidale /
/

Facies temporalis alae


majoris
Facies orbitalis
Fissura orbitalis
superior
1B/F- Foramen rotundum
Apertura sinus sphenoidale A r

Foramen rotundum
Sulcus palatinus major
Canalis pterygoideus

Spina ossis sphenoidalis


processus
f pterygoidei
Lamina mediatis J

Incisure pterygoidea Hamulus pterygoideus

Abb. 4.15: Keilbein, Os sphenoidale, von vorn gesehen

Sulcus prechiasmaticus
[Spina ethmoidalis] /
Processus clinoideus
medius
Canalis opticus
Ala minor
Margo frontalis -

Margo parietalis —

Fissura orbitalis
Ala minor superior

~ ~ Processus clinoideus anterior


Ala major ~~ Foramen rotundum

Margo squamosus Foramen ovale

' — Foramen spmosum

Lingula sphenoidalis Spina ossis sphenoidalis


/
hypophysialis
Processus clinoideus
Sulcus caroticus
posterior

Abb. 4.16: Keilbein, Os sphenoidale, von der Schädelhöhle aus gesehen


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196 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

4.3.1.4 Scheitelbein, Os parietale sind. Sie entstehen aus Ossifikationszentren in


den Suturen (Nahtknochen) oder Fontanellen
Die beiden Scheitelbeine bilden den mittleren (Fontanellenknochen). Beispiele für erstere sind
Teil des Schädelgewölbes und die knöcherne die Ossa inter parietalia (zwischen den Ossa pari-
Grundlage für die höchste Erhebung des Schä- etalia) oder das sog. Inkabein (zwischen den Ossa
dels, den Scheitel. Das Scheitelbein ist eine in parietalia und dem Os occipitale, Abb. 4.17). Diese
zwei zueinander senkrecht stehenden Ebenen Schaltknochen sind letztlich in allen Suturen mög-
gebogene Knochenplatte, an der sich eine äußere, lich. Fontanellenknochen finden wir in der kleinen
konvexe Fläche, Facies externa (Abb. 4.17), und Fontanelle als Os apicis sowie in der großen Fonta-
eine innere, konkave Fläche, Facies interna (Abb. nelle als Os bregmaticum, die in vielen Spielarten
4.18), unterscheiden lassen. Die Nachbarknochen vorkommen.
des Scheitelbeines sind: Os occipitale (hinten), Os
frontale (vorn), Os temporale und Os sphenoidale
(seitlich). 4.3.1.6 Schläfenbein,
Os temporale (Abb. 4.18, 19)
4.3.1.5 Nahtknochen, Ossa suturalia,
Es besteht aus der Schuppe, der Pars squamosa,
und Fontanellenknochen
der Felsenbeinpyramide, der Pars petrosa, mit dem
Es sind überzählige Knochen, die bezüglich Warzenfortsatz als Grundfläche und dem Trommel-
Anzahl, Größe und Lokalisation sehr variabel fellteil, der Pars tympanica (Abb. 4.19-21).

Margo sagittalis
/ Linea temporalis superior
I /
I f
Linea temporalis inferior
/

Angulus frontalis
y
Angulus occipitalis

Margo occipitalis " Margo frontalis

\
Margo squamosus \
Angulus mastoideus Angulus sphenoidale

Abb. 4 . 1 7 : R e c h t e s Scheitelbein, O s parietale. Außenfläche, Inset o b e n rechts: Inkabein


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4.3 Schädelknochen 197

Sulcus sinus
Margo Foramen sagittalis
Angulus frontalis sagittalis parietale superioris Angulus occipitalis
\
\
I
\
\

Margo frontalis >.

Margo occipitalis

\
f \
/ \
/ \ \
/ \ \ \
/ \
\ \ \

Angulus sphenoidal Sulci Margo Angulus Sulcus sinus sigmoidei


arteriosi squamosus mastoideus

Abb. 4.18: Rechtes Scheitelbein, Os parietale. Innenfläche. Inset: Krönlein-Orientierungslinien zur Lagebestim-
mung der Äste der A. meningea media. Am Schnittpunkt der Linie 2-2 und a finden wir den vorderen Ast der
Arterie, der am häufigsten verletzt ist, am Schnittrand der Linie 2-2 und c den hinteren Ast. 1. Ohraugenlinie vom
unteren Orbitalrand zum oberen Rand des äußeren Gehörgangs (1-1). 2. Linie vom oberen Orbitalrand, parallel
zur vorigen (2-2). 3. Senkrechte auf der Mitte des Jochbogens (a). 4. Senkrechte auf dem Kiefergelenk (b). 5.
Senkrechte auf dem Hinterrand des Warzenfortsatzes (c)

In der Seitenansicht (Abb. 4.20) findet man an les Hufeisen das Trommelfell (Anulus tympanicus,
der Pars petrosa den Processus mastoideus, die Abb. 4.3).
Incisura mastoidea und das Foramen mastoideum
Der Griffelfortsatz, Processus styloideus, ist ein
auf.
Teil des Zungenbeinbogens (Abb. 4.4).
Pars squamosa. Von ihr geht der Processus zygo-
In der Schädelhöhlenansicht (Abb. 4.20) sieht man
matics aus. Dieser läuft nach hinten in die Linea
nur die Pars squamosa und die Pars petrosa.
temporalis inferior aus. An seiner Wurzel trägt er
das Tuberculum articulare, hinter dem die Fossa Pars petrosa. Sie besitzt 3 Flächen und 3 Kanten.
mandibularis liegt. Durch einen Knochenspan der Auf der oberen Fläche, Facies anterior befinden
Pars petrosa ist die Squama von der Pars tympanica sich:
getrennt. Vor dem Span liegt die Fissurapetrosqua-
• die Impressio trigeminalis, eine flache Mulde an
mosa, hinter ihm die Fissura petrotympanica.
der Pyramidenspitze für das Ganglion trigemi-
Pars tympanica. Sie legt sich als Belegknochen nale des N. trigeminus
von unten her an die Pars squamosa und petrosa, • die Eminentia arcuata, eine quere Erhebung, die
begrenzt den knöchernen Gehörgang von unten, durch den oberen Bogengang erzeugt wird
vorn und hinten. Oben, im Bereich der Incisura • das Tegmen tympani, die dünne Decke der Pau-
tympanica, fehlt die Pars tympanica. Im Dreivier- kenhöhle
telring der Pars tympanica findet sich ein Falz für • den Hiatus canalis n. petrosi majoris (Ν. VII),
das Trommelfell, Sulcus tvmpanicus. Die Pars eine Öffnung für den gleichnamigen Nerven
tympanica des Neugeborenen umgreift als schma-

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198 4 Kopf, Cranium, u n d Hals, C o l l u m

Margo parietalis
Sulcus a. temporalis
mediae Pars squamosa
/
\ y
\

Linea temporalis
\
\ Margo
sphenoidalis

Incisura parietalis

Processus
zygomaticus

Margo occipitalis
Tuberculumarticulare

Foramen mastoideum v Fossa mandibulares

Νχ Fissura petrosquamosa

Spina supra meatum x Fissura petrotympanica

Pars tympanica

Incisura mastoidea — \
\
/ Meatus acusticus
Processus styloideus
Processus mastoideus externus

Abb. 4.19: Rechtes Schläfenbein, O s temporale, in Seitenansicht

Margo parietalis
Pars squamosa

Eminentia arcuata
Margo sphenoidalis ^ ^ ^

Tegmen tympani

^ Margo superior
Fossa subarcuata partis petrosae
X
X
X
Sulcus sinus
Impressio trigemini " petrosi superiors
χ
Sulcus sinus
Apex partis petrosae
sigmoidei

Porus acusticus internus — "


Margo occipitalis
Sulcus sinus petrosi infenoris •*'
Apertura externa
Apertura externa canaliculi cochleae / aquaeductus vestibuli
/
Facies posterior partis petrosae Foramen mastoideum
Incisura jugularis
Processus styloideus

Abb. 4.20: Rechtes Schläfenbein, O s temporale, v o n der S c h ä d e l h ö h l e aus g e s e h e n . Sicht auf die Pars p e t r o s a
u n d pars s q u a m o s a des S c h l ä f e n b e i n s
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4.3 Schädelknochen 199

• den Sulcus η. petrosi majoris, eine Furche, die • den Sulcus sinus petrosi inferioris, eine schmale
von dem obigen Hiatus nach medial fuhrt Furche nahe der hinteren Kante für den gleich-
• den Hiatus canalis n. petrosi minoris, eine Öff- namigen Blutleiter
nung für den gleichnamigen Nerven • die Incisura jugularis, an der hinteren Kante,
• den Sulcus η. petrosi minoris, eine Furche, die die mit dem gleichnamigen Einschnitt des Os
vom Hiatus zur Fissura sphenopetrosa fuhrt occipitale das Foramen jugulare bildet
• die Apertura canaliculi cochleae, an der hinte-
Die obere Kante, Margo superior partis petrosae,
ren Fläche, eine kleine Öffnung für den Ductus
trägt eine flache Furche, den Sulcus sinus petrosi
perilymphaticus
superioris, und trennt die obere von der hinteren
• den Sulcus sinus sigmoidei, eine breite S-fÖr-
Fläche. Auf der hinteren Fläche, Facies posterior,
mige Furche für den gleichnamigen Blutleiter;
findet man:
• das Foramen mastoideum, im obigen Sulcus, die
• eine Öffnung, den Porus acusticus internus, die innere Öffnung für die V. emissaria mastoidea
in den Meatus acusticus internus, den inneren
Die untere Fläche, Facies inferior, wird im Kapitel
Gehörgang fuhrt (fur Nn. facialis, intermedius,
4.4.1.2, S. 206, besprochen (Abb. 4.21).
vestibulocochlearis und die A. labyrinthi,
(s. Kap. 7.2.4, S. 625) Die Felsenpyramide beherbergt das Innen- und
• die Apertura canaliculi vestibuli, lateral und Mittelohr (s. Kap. 7.2, S. 611).
unten von der vorigen, entlässt den Ductus
Warzenfortsatz, Proc. mastoideus (Abb. 4.19).
endolymphaticus zu dem zwischen beiden Dura-
Er ist ein Teil der Pars petrosa, fehlt beim Neuge-
blättern gelegenen Saccus endolymphaticus

Processus zygomaticus
ι Pars squamosa
I
U
/ /
/
Fissura petrosquamosa [Crista tegmentalis]

/
/ Fissura petrotympanica
/ / Canalis musculotubarius

Tuberculum Canaiis caroticus


articulare (Apertura internal

Canalis caroticus
Fossa mandibularis (Apertura externa)

Pars petrosa
Pars tympanica

Porus acusticus externus osseus Fossula petrosa

~ Apertura externa canaliculi cochleae


Processus styloideus.
Vagina proc. styl
Fossa jugularis. Canaliculus mastoideus
Ν
Processus mastoideus ^
Foramen stytomastoideum

Sulcus arteriae occipitalis


Incisura mastoidea ^

Foramen mastoideum
Außenfläche der Pars petrosa
[Pars mastoidea)

Abb. 4.21: Rechtes Schläfenbein, Os temporale. Basalansicht


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200 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

borenen noch völlig und beginnt sich erst mit dem 4.3.2.2 Untere Nasenmuschel,
Aufrichten des Kopfes unter der Zugwirkung des Concha nasalis inferior
M. sternocleidomastoideus im 1.-2. Lebensjahr
zu bilden. Seine Ausbildung ist von der Leistung Sie ist ein schalen- oder muschelförmiger Kno-
des M. sternocleidomeastoideus abhängig. Er ist chen, der an der lateralen Wand der Nasenhöhle
in der Regel pneumatisiert, d. h. enthält eine ganze liegt (siehe Abb. 4.103). Sie erstreckt sich von der
Anzahl kleiner Hohlräume, die mit Luft erfüllt Apertura piriformis bis zur Choana und besitzt
und mit Schleimhaut ausgekleidet sind. Diese 3 kleine Fortsätze. Mit dem vom oberen Rand
Hohlräume, Cellulae mastoideae, stehen über das senkrecht herabragenden Proc. maxillaris legt sie
Antrum mastoideum mit dem Mittelohr in Ver- sich vor die weite Öffnung des Sinus maxillaris.
bindung und bilden mit ihm einen einheitlichen Mit einem zweiten Fortsatz, Proc. ethmoidalis, der
Erkrankungsraum. sich an den Proc. uncinatus des Siebbeins anlagert,
beteiligt sich die untere Muschel nochmals an der
Einengung des Hiatus maxillaris. Ein dritter Fort-
4.3.2 Viscerocranium satz, Proc. lacrimalis, zieht zum Tränenbein auf-
wärts und bildet mit diesem zusammen die mediale
4.3.2.1 Siebbein, Os ethmoidale Wand des Tränennasenkanals.

Dieser Knochen hat zahlreiche lufterfüllte Hohl-


räume und besteht aus einer medianen, senkrechten
4.3.2.3 Nasenbein, Os nasale
Lamelle, Lamina perpendicularis, und 2 Sei-
tenteilen, Partes laterales, die oben durch eine
Beide Knochen bilden die knöcherne Grundlage fur
horizontale Lamelle, Lamina horizontalis, mitein-
den Nasenrücken (Abb. 4.22). Das Os nasale ist ein
ander verbunden sind (Abb. 4.103). Zur Orbita hin
kleiner viereckiger Knochen. Weiteres siehe Kap.
zeigt eine Lamina orbitalis.
4.15.1.1, S. 313.
Das Siebbein enthält in seinen Partes laterales Cel-
lulae ethmoidales, die zu den Nasennebenhöhlen
gehören (s. Kap. 4.15.2, S. 321). Zur Topographie
siehe Abb. 4.22.

Crista lacrimalis
Os lacrimale anterior maxillae
(Crista lacrimalis p o s t e r i o r e s \

Foramen ethmoidale
anterius et posterius - \1 - ^ - x
, _ . , _
^ - — ^ - ' _____ Sutura frontonasal is

— — Sutura internasal is

Lamina orbitalis ossis


Os nasale dextrum
ethmoidalis

Os nasale sinistrum
Canalis opticus — ~~

~ — Fossa sacci lacrimalis


Hamulus lacrimalis

~ — Apertura piriformis
Os zygomaticum — - — — ^ —
>

Spina nasalis anterior

Maxilla
(Foramen infraorbitale)

Abb. 4.22: Rechtes Tränenbein. Os lacrimale, und Nasenbeine, O s s a nasalia, in situ. Inset: Nasenbeine und
Siebbein, Os ethmoidalis, in situ
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4.3 Schädelknochen 201

4.3.2.4 Pflugscharbein, Vomer Der etwa viereckige Knochen hat 3 Fortsätze, die
nach den Knochen benannt sind, mit denen sie in
Es stellt eine dünne Platte dar, die zusammen Verbindung stehen: Proc. temporalis, maxi liar is
mit der Lamina perpendicularis des Siebbeins und frontalis (Abb. 4.23).
die knöcherne Nasenscheidewand bildet (s. Kap.
Der Knochen hat eine Facies lateralis sowie eine
4.15.1.3, S. 315, und Abb. 4.102). Oben weicht die
Facies orbitalis und temporalis. Es wird von einem
senkrechte Knochenplatte in 2 Flügel auseinander,
Kanal, Canalis zvgomaticus, durchsetzt, der in der
die Alae vomeris, die sich der Unterfläche des
Augenhöhle mit dem Foramen zygomaticoorbitale
Keilbeinkörpers anlegen. Der hintere, freie Rand
beginnt und sich im Innern des Knochens in zwei
dieses Knochens ist an der Bildung der Choanae
Kanäle spaltet, von denen der eine auf der Wangen-
beteiligt.
fläche, Foramen zygomaticofaciale, der andere auf
der Schläfenfläche, Foramen zygomaticotemporale
mündet.
4.3.2.5 Tränenbein, Os lacrimale

Es liegt vorn an der medialen Wand der Augenhöhle 4.3.2.7 Gaumenbein, Os palatinum
zwischen der Augenhöhlenplatte des Siebbeins und
dem Proc. frontalis des Oberkiefers (Abb. 4.22). Es bildet den hinteren Abschnitt des knöchernen
An seiner Orbitalen Fläche ist eine senkrechte Gaumens, teilweise die laterale Wand der Nasen-
Längsfurche, Sulcus lacrimalis, vorhanden, die höhle und besteht aus einer waagerechten und einer
zusammen mit der gleichnamigen Furche des Proc. senkrechten Lamelle.
frontalis maxillae eine Grube, Fossa sacci lacrima-
Lamina horizontalis (Abb. 4.24), die waagerechte
lis, für den Tränensack bildet. Diese Tränensack-
Lamelle, hat einen freien hinteren Rand, an dem
grube wird nach hinten durch eine scharfe Leiste,
sich das Gaumensegel anheftet. Der vordere Rand
Crista lacrimalis posterior, begrenzt. Die innere
grenzt an den Gaumenfortsatz des Oberkiefers. Die
Fläche des Tränenbeins deckt mit dem Siebbein die
der Nasenhöhle zugekehrten Flächen, Facies nasa-
vorderen Siebbeinzellen zu.
les, beider Gaumenbeine bilden an ihrer Vereini-
gungsstelle die Crista nasalis, die sich nach hinten
in die kurze, stumpfe Spina nasalis fortsetzt.
4.3.2.6 Jochbein, Wangenbein,
Os zygomaticum Lamina perpendicularis (Abb. 4.24), die senk-
rechte Lamelle, ist sehr dünn und lagert sich
Das Jochbein ist das Verbindungsstück zwischen der medialen Fläche des Proc. pterygoideus des
den Jochfortsätzen des Schläfen-, Oberkiefer- und Keilbeins sowie dem Körper des Oberkiefers an.
Stirnbeins (Abb. 4.9). An ihr unterscheidet man eine Facies nasalis und
maxillaris.

Processus frontalis Prozessus frontalis

Sonde im Foramen
Facies orbitalis zygomaticotemporale

Facies orbitalis
Foramen zygomaticofaciale
Foramen zygomaticoorbitale

Processus temporalis
Processus temporalis

Facies temporalis
Facies lateralis

[Processus maxillaris]

Abb. 4.23: Rechtes Jochbein, Os zygomaticum, von außen (links) und von innen (rechts)
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202 4 Kopf, Cranium, u n d Hals, C o l l u m

0s lacrimale Concha nasalis inferior __ — Processus orbitalis


Processus orbitalis
— Incisura sphenopalatina
Cellula ethmoidalis
— - Processus sphenoidalis
——_ Processus sphenoidalis, . Facies maxillaris
Incisura sphenopalatina laminae perpendicularis
_ Lamina perpendicularis - Sulcus palatinus major
mit Crista conchalis
_ Lamina horizontalis

Processus pyramidalis
Processus pyramidalis

Abb. 4.24: Rechtes G a u m e n b e i n , O s palatinum, von nasal her g e s e h e n , in L a g e b e z i e h u n g z u m Oberkiefer u n d


zur unteren N a s e n m u s c h e l (links). Rechtes G a u m e n b e i n v o n hinten (Mitte) u n d v o n vorn g e s e h e n (rechts)

Margo lacrimalis · Processus frontalis Foramen incisivum

Incisura lacrimalis^ Kieferkamm


Corpus maxillae Crista lacrimalis
anterior
Sulcus infraorbitalis

— Margo infraorbitalis
Facies orbitalis —

Processus
zygomaticus — Foramen infraorbitale

Tuber maxillae —
— Incisura nasalis

Foramina alveolaria
Corpus maxillae

Processus alveolaris • —
Juga alveolaria

Abb. 4.25: Rechter Oberkiefer. Maxiila, v o n außen g e s e h e n . Inset: K n ö c h e r n e r zahnloser G a u m e n eines Greisen-
s c h ä d e l s . Deutlich ist die Atrophie d e s Proc. alveolaris der Maxilla zu e r k e n n e n

4.3.2.8 Oberkiefer, Oberkieferbein, Maxiila von ihm ausgehende Fortsätze (Proc. frontalis,
zygomaticus, palatinus und alveolaris, Abb. 4.26)
Beide Oberkiefer bilden die knöcherne Grundlage
unterscheiden.
für das Obergesicht und bestimmen durch ihre
Form, Größe und Stellung im wesentlichen die Corpus maxillae. Er enthält den Sinus maxillaris
Form des Mittelgesichtes. Sie beteiligen sich an der (s. Kap. 4.15.2.1, S. 322), der an der isolierten und
Wandbildung der Augen- und Nasenhöhle sowie mazerierten Maxilla an seiner Nasenfläche eine
am Aufbau des Gaumens. Sie tragen die obere weite Öffnung, Hiatus maxillaris, besitzt (Inset
Zahnreihe und übertragen mit einem Stirn- und in Abb. 4.26). Durch Anlagerung benachbarter
einem Jochbogenpfeiler den Kaudruck auf den Knochen wird diese Verbindungsöffnung mit der
Hirnschädel. Nasenhöhle eingeengt.
Fortsätze. An jeder Maxiila kann man einen Unterhalb des Unterrandes der Orbita befindet sich
gedrungenen, kompakten Teil, den Körper, und das Foramen infraorbitale. Durch dieses Loch zieht
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4.3 Schädelknochen 203

Margo lacrimalis Incisura lacrimalis

Hiatus maxillaris
Processus frontalis

Crista ethmoidalis

Sulcus lacrimalis
-7 Anlagerungsfläche
/ für Os palatinum
Crista conchalis

Spina nasalis anterior

Processus palatinus

Canalis incisivus

/ /
Processus alveolaris Facies nasalis Sulcus palatinus major [pterygopaiatinus]

Abb. 4.26: Rechter Oberkiefer, Maxilla, von nasal aus gesehen

der N. infraorbitalis hindurch. Hier befindet sich Ansatz des M. masseter bzw. des M. pterygoideus
der Trigeminusdruckpunkt für den N. maxillaris. medialis. Der Vorderrand des Astes läuft nach
unten, lateral von der Zahnreihe, in eine Leiste,
4.3.2.9 Unterkiefer, Mandibula die Linea obliqua, aus. Auf der Innenfläche des
Kieferastes fuhrt das Foramen mandibulae Ν., Α.,
Der Knochen entsteht aus 2 Hälften, die beim Neu- V. alveolaris inferior in den Canalis mandibulae. Es
geborenen noch bindegewebig verbunden sind und liegt in der Höhe der Kauflächen der Mahlzähne.
sich im ersten Lebensjahr knöchern vereinigen. Er Medial ist es durch die Lingula mandibulae ver-
besteht aus dem basalen Körper, Corpus mandi- deckt. Dieser sehr variable Knochenspan kann bei
bullae, der beiderseits im Kieferwinkel, Angulus Mandibularisanästhesien das Einführen der Nadel
mandibulae, in den aufsteigenden Ast, Ramus man- erschweren. Er dient dem Lig. sphenomandibulare
dibulae, übergeht (Abb. 4.27). zum Ansatz. Vom Foramen mandibulae verläuft
der Sulcus mylohyoideus (für den gleichnamigen
Ramus mandibulae. Er endet oben mit dem
Nerven) ab- und vorwärts. Die oberhalb der Furche
Gelenkfortsatz, Processus condylaris, und dem
gelegene Linea mylohyoidea dient dem gleichnami-
spitzen Muskelfortsatz, Processus coronoideus.
gen Mundbodenmuskel zum Ursprung.
Am Gelenkfortsatz unterscheiden wir den quero-
valen Gelenkkopf, Caput mandibulae (Mandibu- Angulus mandibulae. Er befindet sich zwischen
laköpfchen), und einen Hals, Collum mandibulae. Basalfläche des Körpers und Hinterrand des Astes,
Der letztere zeigt an seiner Vorderfläche eine schwankt zwischen 90-140°, erreicht beim Neuge-
Grube, Fovea pterygoidea, für den Ansatz des borenen 150° und hat bei Anthropoiden meist 90°.
M. pterygoideus lateralis. Er scheint bei starker Kaumuskelentwicklung abzu-
nehmen (größere Fläche für den Muskelansatz).
Processus coronoideus. Er dient zum Ansatz des
M. temporalis, ist beim Erwachsenen spitz, beim Corpus mandibulae. Er bildet mit den Rami
Greis säbelförmig nach hinten gekrümmt, bei star- mandibulae einen parabolischen Bogen (Abb.
ker Muskulatur (Anthropoiden und prähistorischen 4.28). Die mit der Spaltlinienmethode dargestellten
Rassen) stumpf und abgerundet. Die Außen- und Osteone des Basalbogens verlaufen vom Kinn zum
Innenfläche des Kieferastes sind aufgeraut fur den Gelenkfortsatz, sind am Kinn unterbrochen. Der
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204 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

Processus condylaris Incisura mandibulae


\
\

Processus coronoideus
Fossa pterygoidea

Caput mandibulae —
Lingula mandibulae

Foramen mandibulae

Collum mandibulae Sulcus mylohyoideus

Ramus mandibulae

Pars alveolaris
Linea obiiqua

Tuberositas Jugum alveolare

masseterica

Angulus mandibulae

/ Protuberantia mentalis

Corpus mandibulae Foramen mentale Tuberculum mentale

Abb. 4.27: Unterkiefer, Mandibula. vorn. Inset: Zahnloser Greisenunterkiefer mit Schwund
der Pars alveolaris von innen Ansicht von rechts und

Processus condylaris
(Caput mandibulae)

Collum mandibulae

— Ramus mandibulae

Sulcus mylohyoideus

· Tuberositas pterygoidea

. — Angulus mandibulae

~ ~ — Linea mylobyoidea

~~ - Corpus mandibulae

Fovea submandibulars

- Fovea sublingualis

~ Fossa digastrica
Tuberculum mentale Spina mentalis

Abb. 4.28: Unterkiefer, Mandibula. Ansicht von hinten und unten. Inset: Zahnfächer, Alveoli dentales,
Ansicht von oben
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4.3 Schädelknochen 205

massive Basalbogen verjüngt sich nach oben zum zeigen im Oberkiefer 1 palatinales Unterfach und
Alveolarbogen. Dieser (Abb. 4.27, 28) ist etwas 2 bukkale Unterfächer, im Unterkiefer 1 proxima-
kleiner und enger als der Körperbogen. les und 1 distales Unterfach.
Kinnvorsprung (Abb. 4.22). Er besteht aus einem Alveolarfortsätze. Sie besitzen eine ausgespro-
erhabenen dreieckigen Feld, das nach oben in chene Spongiosastruktur. Die Trajektorien sind so
einen Vorsprung, die Protuberantia mentalis, und angeordnet, dass sie den Kaudruck von den Zähnen
nach unten lateral in 2 kleine Höckerchen, die auf den Kiefer übertragen (s. Abb. 4.33). Beim
Tubercula mentalia, ausläuft. Das vorspringende, Verlust von Zähnen schwindet der Alveolarfortsatz
positive Kinn ist ein Erwerb des rezenten Men- durch Inaktivitätsatrophie. Das Kinn springt dann
schen und beim Europäer am besten ausgebildet. scheinbar stärker vor. In Wirklichkeit ist der Mund
An der Außenfläche des Körpers sehen wir das eingefallen, wenn kein Zahnersatz getragen wird.
Foramen mentale. Es liegt beim Erwachsenen mit
erhaltenen Zähnen an der Grenze zwischen 1. und
2. Backenzahn, in der Mitte zwischen Basis und
4.3.2.11 Zungenbein, Os hyoideum
Alveolarrand. Es lässt Ν., A. und V. mentalis aus Das Zungenbein ist ein kleiner, spangenförmiger,
dem Canalis mandibulae zur Haut austreten. Beim unpaarer Knochen (Abb. 4.29). Es ist ein Sesam-
Neugeborenen, wo der Basalbogen noch schwach bein und damit frei zwischen zahlreichen Muskeln
entwickelt ist, liegt es näher der Basis, beim aufgehängt. Der Knochen befindet sich am Halse
zahnlosen Greisenkiefer mit rückgebildeter Pars an der Stelle, wo die Vorderfläche des Halses in
alveolaris nahe dem Oberrand. Die auf Biegung den Boden der Mundhöhle umbiegt (oberhalb des
beanspruchte Kinngegend ist an der Innenfläche Schildknorpels) und ist dort durch die Haut zu
noch durch die kräftigen Muskeln zum Ursprung tasten.
dienenden Spinae mentales verstärkt. Biegungs-
brüche des Unterkiefers liegen deshalb seitlich von
der Kinngegend.

Gruben. An der Innenfläche des Unterkieferkör-


pers (Abb. 4.28) seien noch paarige flache Gruben,
die Fovea sublingualis und die Fovea submandi-
bularis für die gleichnamigen Drüsen, sowie die
Fossa digastrica für denAnsatz des M. digastricus
erwähnt.
Pars alveolaris des Unterkiefers (Alveolarfortsatz)
und Processus alveolaris der beiden Oberkiefer Abb. 4.29: Zungenbein, Os hyoideum, von rechts vorn
tragen die Alveoli dentales, Fächer für die Wur- gesehen

zeln der Zähne. Die einzelnen Fächer sind durch


die Septa interalveolaria getrennt. Die Alveolen
Das Zungenbein besteht aus einem Körper,
der mehrwurzeligen Zähne sind durch die Septa
Corpus, und beiderseits je 2 Fortsätzen, die sog.
interradicularia weiter unterteilt (Abb. 4.28).
Hörner, Cornua: das große Zungenbeinhorn,
Cornu majus, das dorsokranialwärts gerichtet ist,
4.3.2.10 Vergleich zwischen Ober- und das kleine Zungenbeinhorn, Cornu minus, das
und Unterkiefer oft knorpelig bleibt und mehr kranialwärts steht.
Mit den Procc. styloidei der Schläfenbeine steht
Zahnbogen. Er bildet im Oberkiefer und im Unter-
letzteres beiderseits durch ein Lig. stylohyoideum
kiefer jeweils eine Parabel, jedoch verschiedenen
in Verbindung, welches auch verknöchern kann.
Grades. Weil der Zahnbogen des Oberkiefers meist
weiter gespannt ist, überragen die oberen Mahl-
zähne, Molares, die unteren ein wenig nach bukkal.
4.3.2.12 Gehörknöchelchen,
Die Alveoli für die 2 Schneidezähne, Incisivi, sind
im Oberkiefer rund, im Unterkiefer seitlich zusam-
Ossicula auditus
mengedrückt. Die Wurzelfacher der 3 Mahlzähne Sie werden im Kap. 7.1.2.1, S. 600, besprochen.
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206 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

Tab. 4.1: Geschlechtsdifferente Merkmale am Schädel (verändert nach R. Knußmann, 1988)

Schädelmerkmal
Neurocranium
Proc. mastoideus sehr klein bis klein groß bis sehr groß
Relief des Planum nuchae fehlend bis schwach stark bis sehr stark
Protuberantia occipitalis ext. sehr schwach bis schwach stark bis sehr stark
Os zygomaticum sehr niedrig, glatt bis niedrig glatt hoch bis sehr hoch,
unregelmäßige Oberfläche
Viscerocranium
Glabella sehr schwach bis leicht betont betont bis sehr stark
Arcus superciliaris sehr schwach bis leicht betont betont bis sehr stark
Tuber frontale u. parietale betont bis mäßig betont schwach bis fehlend
Margo supraorbital sehr scharf, rund bis scharf, rund leicht abgerundet bis stark abgerundet
Neigung des Os frontale vertikal bis fast vertikal leicht fliehend bis stark fliehend
Mandibula
Gesamtaspekt grazil bis mäßig grazil kräftig bis sehr kräftig
Mentum klein, rund bis klein kräftig bis sehr kräftig,
m. bilateralen Protuberantien
Margo inferior unter M 2 sehr dünn bis dünn dick bis sehr dick
(2. Molar)
Angulus mandibulae glatt bis fast glatt Vorsprünge bis starke Vorsprünge
Proc. condylaris sehr klein bis klein groß bis sehr groß

4.3.3 Geschlechtsdimorphismus Der Schädel des Mannes ist größer und schwerer
als der weibliche Schädel. Beim Mann hat der
Am knöchernen Schädel finden wir eindeutige Schädel stärker ausgeprägte Knochenleisten an den
geschlechtsspezifische Unterschiede (Tab. 4.1). Ansatzstellen der Muskeln.

4.4 Schädelbasis, Basis cranii

Lernziele: Basis cranii externa, Basis cranii 4.4.1.1 Vorderer Teil


interna: Fossae cranii, Foramina, Fissuren,
• Er gehört als knöcherner Gaumen dem Viscero-
Inhalt, Verbindungen
cranium an. Dieser ist gleichzeitig das Dach der
Mundhöhle und der Boden der Nasenhöhle und
Die Schädelbasis ist im Vergleich zum gewölb- besteht aus den Processus palatini der Maxilla
ten Schädeldach verhältnismäßig flach. Wir sowie aus der Lamina horizontalis des Os
unterscheiden an ihr eine Außen- und eine palatinum.
Innenfläche, eine innere und eine äußere Schä- • Hinter den oberen mittleren Incisiva befindet
delbasis. sich das Foramen incisivum für den N. naso-
palatine. Medial vom letzten Molaren treten
durch die Lamina horizontalis des Gaumenbeins
4.4.1 Äußere Schädelbasis, aus dem Foramen palatinum majus der N. pa-
Basis cranii externa (Abb. 4.30) latinus major und die A. palatina descendens,
durch die Foramina palatina minora die Nn.
Sie gehört im vorderen Drittel dem Gesichtsschä- palatini minores.
del, in den hinteren Zweidritteln dem Hirnschädel
an, wobei der vordere Teil eigentlich nicht mehr
4.4.1.2 Mittlerer Teil
zur Schädelbasis gehört.
Er wird vom Os sphenoidale und den beiden Ossa
temporalia gebildet.
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4.4 Schädelbasis, Basis cranii 207

Foramen incisivum
\ Sutura incisiva
Sutura palatina mediana ^ ^

Spina nasalis, Lamina horizontals ossis palatini

\
Vomer, Choana
Processus palatinus maxillae

Lamina medialis
Processus ^ Sutura palatina transversa
mit Hamulus \
pterygoideus Foramen palatinum majus
Lamina lateralis et minus

^ Fissura orbitalis inferior

Arcus zygomaticus ^ Crista infratemporalis

^ Canalis pterygoideus
Ala major ossis
sphenoidalis. ^
Foramen ovale Foramen lacerum

Tuberculum articulare Tuberculum


""" pharyngeum

Fossa mandibularis Foramen spinosum.


Sulcus tubae auditivae

Fissura petrotympanica, - Processus styloideus,

Sulcus tubae auditivae Canalis caroticus

Porus acusticus externus


Processus mastoideus

Foramen stylo-

Incisure mastoidea - mastoideum

^ Foramen jugulare
Sulcus arteriae _ ^ ^
occipitalis v
Condylus occipitalis

Foramen mastoideum

x
Foramen magnum
Canalis condylaris

~~ Linea nuchae inferior

[Planum nuchale]
Crista occipitalis externa

/
/ Protuberantia occipitalis externa
Linea nuchae superior

Abb. 4.30: Basalansicht (Norma basalis)

• Die Facies inferior des Schläfenbeins schiebt tige Aushöhlung, die Fossa jugularis, für die
sich zwischen das Hinterhauptsbein und den Aufnahme des Bulbus superior ν. jugularis. In
großen Keilbeinflügel. Ihr Hinterrand begrenzt der Tiefe dieser Grube beginnt der Canaliculus
mit dem Os occipitale das Foramen jugulare. mastoideus (für den Ramus auricularis n. vagi).
Unterhalb des Foramen befindet sich eine mäch-
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208 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

Medial vorn von der Fossa jugularis liegt die


t i c s , der Gelenkhöcker, Tuberculum articulare.
Apertura externa des Canalis caroticus, die
Er kann bei Gewalteinwirkung in die mittlere
Eintrittsstelle für die A. carotis int. in die Schä-
Schädelgrube einbrechen.
delhöhle. Zwischen dieser und der Fossa jugula-
ris finden wir die kleine Fossula petrosa mit der
äußeren Öffnung des Canaliculus tympanicus • Vom Os sphenoidale sind an der äußeren
für den N. tympanicus. Unmittelbar dahinter Schädelbasis das Corpus, die Alae majores und
liegt eine kleine dreieckige Grube mit der Aper- die Processus pterygoidei erkennbar. Am Keil-
tura externa canaliculi cochleae. beinkörper ist das Pflugscharbein befestigt. Es
Lateral von der Fossa jugularis liegt der Proces- gehört bereits zum Viscerokranium. Die Alae
sus styloideus. Sein Anfangsteil steckt in einer majores sind nach hinten und unten zur Spina
knöchernen Scheide (Vagina processus stylo- ossis sphenoidalis ausgezogen. Sie ist von dem
idei), die vom Boden der Paukenhöhle und von kleinen Foramen spinosum durchbohrt (für die
der Pars tympanica des Schläfenbeins gebildet A. meningea media). Medial und vorn von ihm
wird. Hinter dem Processus styloideus befindet mündet das Foramen ovale. Die Facies tempo-
sich das Foramen stylomastoideum (Austritt ralis der Ala major wird durch eine Knochen-
des N. facialis). leiste, Crista infratemporalis, unterteilt. Medial
von ihr entspringt ein Kopf des M. pterygoideus
Lateral vom Foramen befindet sich der Proces- lateralis.
sus mastoideus. Dieser zeigt an seiner medialen
• Die Processus pterygoidei ziehen an der
Seite einen tiefen Einschnitt, die Incisura mas-
Grenze von Körper und großen Flügeln abwärts.
toidea (Ursprung des Venter posterior m. di-
Sie bestehen aus einer Lamina medialis (bin-
gastrici). Medial von dieser verläuft der flache
degewebig vorgebildet) und Lamina lateralis
Sulcus a. occipitalis. Hinter dem Warzenfort-
(knorpelig vorgebildet), die durch die Fossa
satz, nahe dem Hinterhauptsbein, liegt zumeist
pterygoidea (Ursprung des M. pterygoideus
ein großes Foramen mastoideum (Emissarium
medialis) getrennt werden. Die Lamina medialis
mastoideum).
endet in Höhe des Gaumens mit einem Haken,
• Die Pars tympanica des Schläfenbeins bildet dem Hamulus pterygoideus, der einen feinen
den Boden und die Seitenwände des knöchernen Sulcus für die Sehne des M. tensor veli palatini
äußeren Gehörganges, Meatus acusticus exter- trägt. Die Wurzel des Processus pterygoideus
nus. Nach vorn trennt ein scharfer Knochenspan wird in sagittaler Richtung von dem Canalis
die Pars tympanica von der Pars squamosa. pterygoideus durchbohrt, der den N. petrosus
Dicht nebeneinander liegen hier die Fissura major und N. petrosus profundus in die Fossa
petrotympanica (Glaser-Spalte, Austritt der pterygopalatina führt und eine kleine Arterie
Chorda tympani) sowie die Fissura petrosqua- beherbergt. Unmittelbar unterhalb seiner hin-
mosa. teren Öffnung liegt an der Wurzel der Lamina
Vor dem Canalis caroticus liegt die Mündung medialis die Fossa scaphoidea. Sie dient einem
des Canalis musculotubarius, der durch eine Teil des M. tensor veli palatini als Ursprung.
knöcherne Scheidewand, Septum canalis mus-
culotubarii, in einen Semicanalis m. tensoris
tympani und einen Semicanalis tubae auditivae
4.4.1.3 Hinterer Teil
unterteilt wird.
• Die Pars squamosa des Schläfenbeins zeigt
Er wird von der Außenfläche des Os occipitale
unmittelbar vor der Pars tympanica die Gelenk-
gebildet. Es liegen vor dem Foramen magnum die
grube für den Unterkiefer, die Fossa mandibu-
Pars basilaris, seitlich von ihm die Partes laterales,
laris.
hinter ihm die Squama des Os occipitalis.
Klinik: 1. Die enge Nachbarschaft zum äußeren • Die Pars basilaris steht vorn durch die Syn-
Gehörgang erklärt, dass die Wand beim Sturz chondrosis sphenooccipitalis mit dem Keil-
(oder Schlag) auf den Unterkiefer einbrechen beinkörper, seitlich durch die Synchondrosis
kann. 2. Vor der Gelenkgrube liegt an der petrooccipitalis mit der Felsenbeinpyramide
Wurzel des Jochfortsatzes, Processus zygoma- in Verbindung. In der Mitte der Pars basilaris

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4.4 Schädelbasis, Basis cranii 209

erhebt sich das flache Tuberculum pharyngeum • Sie ist von zahlreichen großen und kleinen
für die Anheftung des Pharynx. Löchern, Kanälen und Spalten durchbrochen.
• Die Partes laterales tragen die Condyli occi- Diese lassen Gefäße und Nerven aus- und eintre-
pitales, 2 längliche, bikonvexe Gelenkfortsätze ten. Die Öffnungen schwächen die an sich schon
für die gelenkige Verbindung mit dem Atlas ungleich stark gebaute Basis noch weiter.
im oberen Kopfgelenk. Die Längsachsen ihrer
überknorpelten Gelenkflächen schneiden sich
vorn. Manchmal ist die Gelenkfläche durch eine 4.4.2.1 Vordere Schädelgrube, Fossa
quere Furche in ein vorderes und ein hinteres cranii anterior
Feld geteilt. Hinter dem Condylus mündet der
Canalis condylaris (Emissarium condylaris!). Sie ist die höchstgelegene der 3 Terrassen, ent-
Seitlich vom Condylus sind die Partes laterales spricht mehr einem Plateau und nimmt die Riech-
zur Insisura jugularis eingekerbt. Der Processus und Stirnlappen des Gehirnes auf.
jugularis springt hier gegen die Pyramide vor.
Der Processus intrajugularis unterteilt mit dem Knöcherne Grundlage
gleichnamigen Fortsatz der Pars petrosa das • die dünne Pars orbitalis des Os frontale
Foramen jugulare. Der Canalis n. hypoglossi • Corpus und Alae minores des Os sphenoidale
durchbohrt die Partes laterales quer.
Lamina cribrosa des Siebbeins. Auf ihr liegt der
• Auf der Squama occipitalis erhebt sich die
Bulbus olfactorius. Die in der Mitte gelegene Crista
Protuberantia occipitalis externa. Die seitlich
galli dient der Falx cerebri zur Anheftung.
von ihr ausgehenden kräftigen Lineae nuchae
superiores begrenzen nach oben das Ursprungs-
Wir unterscheiden an der vorderen Schädel-
feld für die Nackenmuskulatur. Es wird durch
grube ein unpaares Mittelfeld (das Dach der
die mediane Crista occipitalis externa und die
Nasenhöhle) und 2 seitliche Abschnitte (die
queren Lineae nuchae inferiores in 4 etwa gleich
Dächer der Augenhöhlen).
große Felder unterteilt.

Mittelfeld: Bestehend aus Lamina cribrosa und


4.4.2 Innere Schädelbasis, Basis Corpus ossis sphenoidalis. Von vorn nach hinten
cranii interna (Abb. 4.31) werden folgende Öffnungen benannt:
• Foramen caecum, (-> Nasenhöhle). Beim
Sie wird von folgenden, hinter einander gelagerten
Erwachsenen ein blind endendes Loch, beim
Knochen gebildet:
Kind häufig ein Kanal zur Nasenhöhle (V. emis-
• Os frontale saria-Verbindung zwischen Nasenvenen und
• Os ethmoidale Sinus sagittalis superior)
• Os sphenoidale • Lamina cribrosa, (—> Nasenhöhle) eine siebar-
• Os occipitale tige durchlöcherte Platte des Os ethmoidale seit-
• die paarigen, seitlich gelegenen Ossa tempora- lich der Crista galli. Sie lässt die Riechnerven,
lia. Fila olfactoria, zur Nasenhöhle und die A. eth-
moidalis anterior in die Schädelhöhle ein- und
Gegenüber dem einheitlich gebauten Schädeldach
nach Abgabe der A. meningea anterior, in die
zeigt sie folgende Charakteristika:
Nasenhöhle austreten. Sie stellt den Durchtritt
• Sie weist in Anpassung an die Himbasis 3 teras- für die Vv. ethmoidales sowie den N. ethmoidalis
senförmig hintereinander gestaffelte Gruben, anterior dar.
die vordere, mittlere und hintere Schädelgrube,
Seitliche Abschnitte. Gebildet von den Partes
Fossae cranii anterior, media und posterior,
orbitales des Stirnbeins und den Alae minores des
auf.
Keilbeins, zeigen sie die Impressiones digitatae,
• Gegenüber der relativ gleichmäßig dicken Schä-
Eindrücke durch die Stirnhimwindungen, und Leis-
deldecke finden wir an der Basis einen bunten
ten, die den Furchen des Stirnhirnes entsprechen.
Wechsel von dicken und dünnen Knochen bzw.
Der kleine Keilbeinflügel läuft nach medial in den
-abschnitten.
stumpfen Processus clinoideus anterior aus. Durch
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210 4 Kopf, Cranium, u n d Hals, Collum

Foramen caecum Crista frontalis Os ethmoidale (Lamina cribrosa)


ι /

- Fossa cranii a n t e r i o r

Canalis opticus,
. - Corpus ossis
Crista galli - sphenoidalis

^ Fissura orbital is superior


Impressiones digitatae ·

Ala minor ossis • Foramen rotundum


sphenoidalis
Sulcus caroticus,
Processus clinoideus Foramen lacerum
medius
• Fossa cranii media
Processus clinoideus
anterior — Foramen ovale

Fossa hypophyssalis— — Foramen spinosum.


Sulci arteriosi
Sulcus caroticus,.
Sulcus π. petrosi minoris
Lingula sphenoidalis

Dorsum sellae, Processus · - Sulcus η. petrosi majons


clinoideus posterior
Porus acusticus internus
Margo superior (partis
petrosae), Sulcus sinus
petrosi superioris - Foramen jugulare
Sulcus sinus petrosi
inferioris, Clivus (Pars - Foramen mastoideum
basilariis ossis occipitalis

Sulcus sinus sigmoidei - Canalis nervi hypoglossi

Sulcus sinus transversi Fossa cranii posterior

I
Crista occipitalis interna Protuberantia occipitalis interna Foramen magnum

Abb. 4.31: Innenfläche der S c h ä d e l b a s i s , Basis cranii interna. Inset unten: Details im
Bereich d e s Türkensattels (aus G.-H. S c h u m a c h e r )

Pneumatisation der Partes orbitales kann das Dach 4.4.2.2 Mittlere Schädelgrube, Fossa
der Augenhöhle 2 Lamellen haben. cranii media
Sie liegt tiefer als die Fossa cranii anterior und
Klinik: 1. Bei Schädelbasisprozessen kann es
nimmt die Schläfenlappen des Gehirns auf.
zu Geruchsstörungen und Persönlichkeitsverän-
derungen kommen. 2. Bei Kindern besteht die Knöcherne Grundlage
Gefahr der aufsteigenden Infektionen von der
• Ala major und Corpus des Os sphenoidale
Nase aus auf Grund der venösen Verbindungen
• Vordere Fläche der Felsenbeinpyramide
(Foramen caecum).
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4.4 S c h ä d e l b a s i s , Basis cranii 211

Reicht vom scharfen hinteren Rand des kleinen • Foramen ovale (—> Fossa intratemporalis) liegt
Keilbeinflügels bis zur oberen Kante der Felsen- weiter lateral und hinten und lässt den N. mandi-
beinpyramide, Margo superior partis petrosae. bularis und den Plexus foraminis ovalis austre-
ten.
Wir unterscheiden an der mittleren Schädel- • Foramen spinosum (—> Fossa infratemporale).
grube ein unpaares Mittelfeld und paarige, Es durchbohrt den hintersten Zipfel des großen
seitliche Gruben Keilbeinflügels, ist sehr klein und fuhrt die
A. meningea media mit sympathischem Plexus
Mittelfeld: Es beginnt vorn mit einer flachen sowie den Ramus meningeus des N. mandibu-
Furche, die zum Canalis opticus (Austrittstelle des laris von außen rückläufig in die Schädelhöhle
N. opticus und der A. ophthalmica) fuhrt. Hinter und die V. meningea aus der Schädelhöhle.
dem Sulcus fallt das Mittelstück zum Türkensattel, • Foramen lacerum (—> äußere Schädelbasis),
Sella turcica, ab. An der Vorderwand des Sattels ein unscharf begrenztes Loch zwischen dem
erheben sich die stumpfen Processus clinoidei ante- Hinterrand der Ala major des Keilbeines und
riores. Die Rückwand des Sattels, Dorsum sellae, der Spitze der Felsenbeinpyramide, ist am nicht
steigt steil an und endet mit einer stumpfen Kante, mazerierten Schädel durch eine faserknorpelige
von der die Processus clinoidei posteriores seitlich Platte verschlossen.
abgehen. An den Processus clinoidei in der Umge- Fissura sphenopetrosa (—> äußere Schädel-
bung des Türkensattels ist das Diaphragma sellae, basis) ist der seitliche Ausläufer des Foramen
eine horizontale Platte der Dura mater, befestigt. Es lacerum. Sie entlässt die Nn. petrosi major und
deckt die Hypophyse zu, welche sich in der Fossa minor, welche aus der Felsenbeinpyramide aus-
hypophysialis des Keilbeinkörpers befindet, und treten, zur äußeren Schädelbasis.
lässt nur ein feines Loch für den Hypophysenstiel • Canalis caroticus. Die innere Öffnung, Aper-
frei. Der Boden der Fossa hypophysialis ist nur tura interna canalis carotici, liegt unmittelbar
durch eine dünne Knochenlamelle von der Keil- hinter dem Foramen lacerum in der Spitze der
beinhöhle getrennt. Pyramide. Durch sie tritt die A. carotis interna
mit Plexus caroticus int. aus dem Felsenbein in
Paarige, seitliche Gruben. Sie werden von der
die Schädelhöhle, verläuft seitlich des Türken-
Ala major ossis sphenoidalis, der Facies ant. partis
sattels nach vorn und erzeugt dort den flachen
petrosae, und der Pars squamosa ossis tempora-
Sulcus caroticus. Hier hat sie engen Kontakt mit
lis, gebildet. Sie nehmen die Schläfenlappen des
dem Sinus cavernosus.
Gehirns auf.
• Hiatus canalis nervi petrosi minoris ist eine
feine Öffnung auf der Vorderfläche der Fel-
Öffnungen und Spalten
senbeinpyramide. Von ihr fuhrt eine schmale
• Canalis opticus (—» Orbita) für den Durchtritt Furche fur den N. petrosus minor (von Ν. IX)
des N. opticus und der A. ophthalamica mit sym- zur Fissura sphenopetrosa.
pathischem Plexus • Hiatus canalis nervi petrosi majoris ist nur
• Canalis ophthalmicus (—» Orbita, in 5 % der wenig größer als die vorige Öffnung und liegt
Fälle vorkommend) separater Kanal fur die A. unmittelbar hinter ihr. Durch ihn tritt der N. pe-
ophthalamica mit sympathischem Plexus trosus major (aus dem Ν. VII bzw. Intermedius)
• Fissura orbitalis superior (-» Orbita). Sie ist in die Schädelhöhle ein, verläuft in einem feinen
dreieckig, liegt zwischen Ala minor und major gleichnamigen Sulcus zur Fissura sphenope-
des Keilbeins und führt die Nn. ophthalmicus, trosa, durch die er zur Außenfläche des Schädels
oculomotorius, trochlearis und abducens aus gelangt.
der Schädelhöhle zur Augenhöhle sowie die
Besonderheiten der mittleren Schädelgrube
V. ophthalmica superior aus der Augenhöhle
heraus zum Sinus cavernosus. Vom Foramen spinosum läuft ein Sulcus arteri-
• Foramen rotundum (—> Fossa pterygopala- osus (fur die Α. meningea media) zur seitlichen
tina), dicht hinter voriger gelegen, durchbohrt Schädelwand und gabelt sich in einen vorderen und
die Wurzel der Ala major und führt den N. ma- hinteren Ast. Über die praktisch wichtige Lage-
xillaris aus der Schädelhöhle. bestimmung (Krönlein-Schema) siehe Abb. 4.18.

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212 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

Foramen caecum Stirnpfeiler {quer)


\ Lamina cribrosa
\

Crista gaiii \

Fila olfactoria
senkrechter Jochbeinpfeiler (quer)
/
N. opticus, A. opthalmica
vorderer Querbalken
/
/
V. opthalmica superior v
Canalis opticus

. F i s s u r a orbitalis superior
Nn. Ill, IV. V I , VI

Foramen rotundum

N. maxillaris _
Flügelfortsatzpfeiler
A. carotis interna

horizontaler Jochpfeiler
N. mandibulars
— Foramen ovale

A. meningea media Foramen spinosum

Nn. VII, VIII s


Foramen lacerum

V. jugularis interna, ^
Nn. IX, Χ, XI Porus acusticus internus

N. hypoglossus

/ hinterer Querbalken
/ \
V. emissaria mastoidea \
\
/
/ Foramen jugulare
V. emissaria condylans
/
/
A. vertebralis

hinterer Hinterhauptpfeiler

Abb. 4.32: Festigkeit der Schädelbasis. Links: Aus- und Eintrittsstellen der Nerven und Gefäße an der Schädelba-
sis. Rechts: Strebepfeiler punktiert, besonders dünne Stellen rot umrandet, Löcher schwarz, typische Bruchlinien

Die Spitze der Pyramide zeigt eine flache Delle,


und dünnen Stellen besonders geschwächt.
die Impresso trigemini, für das Ganglion trige-
Schädelbasisbrüche sind hier häufig, halten sich
minale (Gasseri) des N. trigeminus. Die Mitte der
an die Stellen des geringsten Widerstandes. Aus
Vorderfläche der Felsenbeinpyramide wird durch
der Verletzung der durch die Löcher tretenden
den oberen Bogengang zur Eminentia arcuata
Gefäße und Nerven (Blutungen, motorische
vorgebuckelt. Lateral und dorsal liegt das Tegmen
und sensible Ausfalle) kann man auf die Lage
tympani, die dünne Decke des Mittelohrraumes.
der Bruchlinie (Abb. 4.32) schließen. 2. Hypo-
Es trennt den Mittelohrraum von der Schädelhöhle.
physentumoren schädigen häufig die anliegende
An der oberen Felsenbeinkante verläuft der Sulcus
Sehnervenkreuzung. Operativer Zugang zu
sinus petrosi superioris für den Sinus petrosus
diesen Geschwülsten erfolgt durch Nasen- und
superior.
Keilbeinhöhle. 3. Schläfenlappenabszesse
können vom Mittelohr aufgrund der dünnen
Klinik: 1. Die Schädelbasis ist im Bereich der
Beschaffenheit des Tegmen tympani ausgehen.
mittleren Schädelgrube durch die vielen Löcher
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4.4 Schädelbasis, Basis cranii 213

4.4.2.3 Hintere Schädelgrube, sich mit einer sigmaformigen Krümmung nach


Fossa cranii posterior unten und medial zum Foramen jugulare wendet.
Öffnungen
Die Grube, noch tiefer gelegen, wird vorne begrenzt
durch das Dorsum sellae sowie durch die von vom • Foramen jugulare (-» äußere Schädelbasis).
medial nach hinten lateral verlaufende Pars petrosa Es liegt zwischen der Pars petrosa des Os tem-
und hinten durch den Sulcus sinus transversi des porale und der Pars lateralis des Os occipitale
Hinterhauptsbeins. An diesen Grenzen heftet sich lateral vom Foramen magnum und hat zumeist
das Kleinhirnzelt, Tentorium cerebelli, an. Diese dreieckige Gestalt. Beide Knochen zeigen
dachartig abfallende Platte der harten Hirnhaut hier eine Incisura jugularis, die zusammen das
schließt die in der Grube untergebrachten Hirnteile gleichnamige Loch begrenzen. Zumeist wird
(Kleinhirn, Brücke und verlängertes Mark) nach es durch die feinen, spitzen Processus intraju-
oben weitgehend ab. gulares in ein kleineres vorderes Loch (für den
Durchtritt des Sinus petrosus inferior, N. glosso-
Knöcherne Grundlage
pharyngeus, N. vagus mit Ganglion superius
• Os occipitale und N. accessorius) und ein größeres hinteres
• Pars petrosa des Schläfenbeines Loch (für die V. jugularis interna) unterteilt.
• Os sphenoidale • Foramen magnum (—> Wirbelkanal). Großes
ovales Loch. Es treten hindurch: die Medulla
Wir unterscheiden ein unpaares Mittelstück und oblongata, die Nn. accessorii, die Wurzeln der
paarige, seitliche Gruben. Nn. cervicales /, die Aa. vertebrales, Aa. spina-
les anterior und posteriores , die Rr. meningei
Das Mittelstück ist der Clivus, ein nahezu ebener, der Aa. vertebrales (jeweils mit sympathischen
vom Türkensattel zum Foramen magnum steil Geflechten) sowie die Plexus venosi vertebrales
abfallender Abhang. Der Clivus wird vom Körper interni.
des Os sphenoidale und vom Körper des Os occi- • Canalis nervi hypoglossi (—> äußere Schädel-
pitale gebildet. Zwischen beiden befindet sich die basis) durchbohrt die Condyli occipitales und
Synchondrosis sphenooccipitalis Auf ihm liegen fuhrt den N. hypoglossus und den Plexus canalis
Pons und Medulla oblongata. Zwischen Pons und nervi hypoglossi.
Clivus verläuft in der Medianebene die A. basilaris • Porus acusticus internus (—> Innenohr) Die
mit sympathischem Plexus. Am Seitenrand des ovale Öffnung befindet sich an der Facies pos-
Clivus verläuft jederseits der Sulcus sinus petrosi terior der Felsenbeinpyramide. Sie fuhrt in den
inferioris. Er zieht an der Unterkante der Felsen- Meatus acusticus internus, durch welchen die
beinpyramide entlang nach lateral und hinten zum Nn. facialis, intermedius und vestibulococh-
Foramen jugulare und enthält den Sinus petrosus learis in Begleitung der A. labyrinthi (aus der
inferior auf. A. basilaris) mit sympathischem Geflecht und
die V. labyrinthii ins Felsenbein ziehen.
Die paarigen seitlichen Gruben nehmen die
Hemisphären des Kleinhirns auf. Sie werden in Die Partes laterales des Hinterhauptbeins
der Mittellinie durch die Crista occipitalis interna begrenzen seitlich das Foramen magnum, sind
getrennt. Diese verläuft vom Foramen magnum zu in der Jugend durch Knorpelfugen, durch die
einem höckerartigen Vörsprung, der Protuberan- Synchondroses intraoccipitales anteriores von der
tia occipitalis interna. Von der letzteren zieht eine Pars basilaris, und durch die Synchondroses intra-
breite Furche, der Sulcus sinus transversi, nahezu occipitales posteriores von der Squama occipitalis
horizontal nach vorn bis zur Felsenbeinpyramide, getrennt.
wo er in den Sulcus sinus sigmoidei übergeht, der

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214 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

4.5 Konstruktiver Bau des Schädels

Lernziele: Schädelkonstruktionen, Festigkeit, besteht, kann der hintere Querbalken brechen,


Krafteinwirkung wobei die Nervi facialis und vestibulocochlearis
geschädigt werden können. 2. Röntgenaufnah-
Bedingt durch eine Rahmenkonstruktion hat der men in verschiedenen Ebenen geben uns am
Schädel einen funktionellen Bau mit einer großen Lebenden Aufschlüsse über Frakturen, Lage
Festigkeit. und Zustand der Nase und Nasenhöhlen, über
die Größe der Hypophysengrube usw. Probleme
Der Gehirnschädel ist eine basal abgeplattete, bei der Deutung der Röntgenaufnahmen ergeben
von vorn nach hinten in die Länge gezogene sich vor allem aus der Tatsache, dass die ver-
Hohlkugel. Am Schädeldach besteht er aus schiedenen Teile aufeinander projiziert werden.
ziemlich gleichmäßig dicken platten Knochen, Diese Schwierigkeiten werden heute durch CT
die eine stärkere, äußere kompakte Schicht, die und Äff?Γ weitgehend überwunden.
Lamina externa, und eine dünnere, innere kom-
pakte Schicht, die Lamina interna (vitrea), und
zwischen beiden eine variable Diploe zeigen. An 4.5.2 Pneumatisation
der Schädelbasis wechseln stärkere Streben mit und Kaudruckpfeiler
dünnen Stellen und zahlreichen Löchern.
Die Anordnung der Orbitae und der pneuma-
tischen Räume (Nasennebenhöhlen, s. Kap.
4.5.1 Verstärkungen 4.15.2, S. 321) haben eine Pfeilerkonstruktion
der Schädelkonstruktion des Viszerokraniums zur Folge (Abb. 4.33).

Die Rahmenkonstruktion des Schädels wird Die Streben des Gesichtsschädels haben dem
im Bereich der Schädelbasis durch Strebepfeiler Druck, den der Unterkiefer auf den Oberkiefer
gekennzeichnet (Abb. 4.32). ausübt, Widerstand zu leisten und den Kaudruck
auf den stärkeren Hirnschädel zu übertragen. Die
Strebepfeiler der Schädelbasis Spongiosa des Oberkiefers bildet über den Alve-
olen Druckkegel, die sich im sog. Basalbogen
• Medianer Längsbalken. Er beginnt am Tür-
sammeln.
kensattel, verläuft über den Clivus, umfasst das
Foramen magnum und erreicht über die Crista • Stirnnasenpfeiler. Sie leiten den Kaudruck von
occipitalis interna den Sulcus sinus sagittalis Incisivi und Canini und ζ. T. vom 1. Molaren
superior und über die Crista frontalis die Crista über den Stirnfortsatz des Oberkiefers um die
galli. Im Bereich der dünnen Siebbeinplatte und äußere Nasenöffnung herum zum mittleren Teil
der Hypophysengrube ist dieser Längsbalken der Stirn.
unterbrochen. • Jochbogenpfeiler. Er nimmt den Kaudruck vom
• Vorderer Querbalken. Er liegt an der Grenze 1. und 2. Molaren auf, leitet ihn lateral um die
zwischen vorderer und mittlerer Schädelgrube Augenhöhle. Wir können ihn vom Oberkiefer
und strahlt seitlich nach vorn und hinten aus. über dessen Jochfortsatz auf das Jochbein und
• Hinterer Querbalken. Er wird von den Pyrami- von dort verfolgen: als senkrechten Jochpfeiler
den geliefert. Die Basen der beiden Pyramiden über den Jochfortsatz des Stirnbeines auf die
werden noch durch einen Knochenrahmen ent- seitlichen Teile der Stirn (in Abb. 4.32 querge-
lang des Sulcus sinus transversi verbunden. An troffen), als horizontalen Jochpfeiler über den
ihnen entspringt das Kleinhirnzelt, das ebenso Jochbogen auf das Schläfenbein und entlang
wie die Hirnsichel die Festigkeit des Schädels der Schläfenlinie zum senkrechten Jochpfei-
verstärkt. ler zurück. Die Schläfengegend ist somit von
einem stärkeren Knochenrahmen eingefasst. Im
Klinik: 1. Da die Umgebung des Labyrinthes Bereich der eingerahmten Felder ist der Kno-
zeitlebens aus dem primitiven Faserknochen
chen relativ dünn.
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4.5 Konstruktiver Bau des Schädels 215

Abb. 4.33: Verstärkungspfeiler des Schädels von vorn und von der Seite (nach A. Benninghoff)
(oben). Trajektorien des Unterkiefers (unten)

• Flügelfortsatzpfeiler. Er leitet den Kaudruck aus. Dieser Verstärkungszug resultiert aus der
vom 2. und 3. Molar über den Proc. pterygoi- Zugwirkung des Schläfenmuskels.
deus und Teile des Keilbeinkörpers. • Trajectorium copolans, verstärkt die Incisura
mandibulae zwischen Gelenk- und Muskelfort-
satz.
4.5.3 Spezifische Strukturen • Trajectorium transversum, zieht in einer S-
der Mandibula Bogenform vom Proc. coronoideus zum Kiefer-
winkel.
Die Rahmenkonstruktion der Mandibula wird • Trajectorium radiatum, stellt den Druckkegel
durch Trajektorien gebildet, welche sich im unter jedem Zahn dar.
rechten Winkel schneiden und in dreidimensio-
Die Spongiosastrukturen sind auf Zugwirkung der
naler Anordnung verlaufen (Abb. 4.33).
Kaumuskulatur sowie auf den Kaudruck abge-
stimmt.
• Trajectorium dentale, durchzieht den Alveo-
larteil und trifft im Proc. condylaris auf das
• Trajectorium basilare, das im Basalbogen des 4.5.4 Beteiligung der Dura mater
Unterkiefers liegt.
• Trajectorium posticum, verstärkt den hinteren Die Dura nimmt auf o. g. Strukturen Einfluss.
Rand des Unterkieferastes, dem sich das Sie kann durch kleinste Spannungsreize die Bil-
• Trajectorium marginale am Kieferwinkel dung von Trajektorien am Schädel stimulieren.
anschließt.
• Trajectorium praeceps, beginnt am Proc. Die Dura mater selbst besteht aus trajektoriell
coronoideus und zieht am vorderen Rand des angeordneten kollagenen Fasern (Abb. 4.34). Das
Kieferastes abwärts zum Basalbogen. Auf der Stratum periostale bildet mit dem Schädelknochen
Außenseite läuft es in der Linea obliqua und einen osteoiibrösen Verband, der durch Durasep-
auf der Innenseite in der Linea mylohyoidea ten strebepfeilerartig verstärkt wird.

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216 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

Abb. 4.34: Verstärkungszüge der Schädelkapsel an den Befesti-


gungsstellen von harter Hirnhaut, Kau- und Nackenmuskeln (ver-
ändert nach G. T. Popa) (links). Mechanostruktur der Dura mater
(rechts) (beides nach G.-H. Schumacher)

4.5.5 Praktische Bedeutung • Breitflächige Gewalteinwirkung (ζ. B. beim


der Rahmenkonstruktion Sturz auf den Kopf). Sie pflanzt sich über
die Wände der Kugel fort, die dann an den
• Die Hohlkugel des Gehirnschädels zeigt eine schwächsten Stellen birst (Berstungsbrüche).
gewisse elastische Verformbarkeit. Sind die ver- Diese Berstungsbrüche finden wir vorwiegend
formenden Kräfte zu stark, kommt es zu Schä- an der Schädelbasis. Die häufigsten Bruchlinien
delfrakturen. Die ungleiche Wandstärke und der sind in Abbildung 4.32 eingetragen.
Aufbau der Wände erklärt manche Eigenart und
• Liegen sie im Bereich der vorderen Schädel-
die Lage der Brüche.
grube, so sind Blutungen bzw. Liquorabfluss
• Engumschriebene Gewalteinwirkung (Schlag
aus der Nasenhöhle (Lamina cribrosa!) oder
mit einem harten Gegenstand). Es kommt zu
Blutungen in die Augenhöhle, die sich nach
Impressionsfrakturen. Die Stelle wird gegen die
vom fortpflanzen und unter den Augenlidern als
Schädelhöhle eingedrückt, wobei die Bruchli-
Brillenhämatome erscheinen, charakteristische
nien vom Zentrum der Einwirkung aus radien-
Symptome.
förmig verlaufen. Häufig beobachtet man bei
• Bei Brüchen in der mittleren Schädelgrube
solchen Gewalteinwirkungen nur einen Bruch
stellen wir Blut- und Liquorabfluss durch Nase,
der Lamina interna, der leicht übersehen und
Rachen und eventuell den äußeren Gehörgang
erst an Hirnsymptomen erkannt wird. Ursprüng-
(aber nur bei verletztem Trommelfell) fest.
lich nahm man eine besondere Sprödigkeit der
• Bei Brüchen in der hinteren Schädelgrube tritt
Lamina interna an und nannte sie Tabula vitrea,
häufig Blut unter der Haut über dem Warzenfort-
Glastafel. Doch ist die Impressionsfraktur wohl
satz aus.
rein mechanisch zu erklären. Bei der Eindellung
kommt es an der Innenfläche zu einer Zug-, an • Axiale Belastung. Die Wirbelsäule kann mit
der Außenfläche zu einer Druckbeanspruchung. dem Rand des Foramen magnum des Os occapi-
Weil der Knochen auf Druck besser als auf Zug tale in die hintere Schädelgrube einbrechen.
beanspruchbar ist, muss die Lamina interna
zuerst brechen.
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4.6 Höhlen u n d G r u b e n 217

Klinik: 1. Schädelbrüche können zu Verletzun- IX, Χ, XI, XII) sind seltener verletzt, der N.VII
gen des Gehirns fuhren. Risse in den starrwandi- und die Äste der N.V dagegen häufiger. Der
gen Sinus durae matris haben oft Blutungen zur Ν. IV und N.VI haben einen langen intrakrani-
Folge. 2. Bei Schädelbasisbrüchen sind Nerven ellen Verlauf. Sie sind deshalb häufig verletzt.
und Blutgefäße, die durch Knochenlücken 3. Blutungen aus der A. meningea media führen
und Spalten durchtreten, besonders gefährdet. zu epiduralen Hämatomen, Blutungen aus den
Nerven mit kurzem intrakraniellen Verlauf (Nn. Brückenvenen zu subduralen Hämatomen.

4.6 Höhlen und Gruben


Wände
Lernziele: Orbita, Fossa temporalis, Fossa
infratemporale, Fossa pterygopalatinum: Form, • Obere Wand. Sie wird von der Facies orbitalis
Foramina mit Inhalt des Stirnbeins und der Ala minor des Keilbeins
gebildet. Man nennt sie auch Dach der Augen-
höhle. Das Dach trennt medial und vorn die
4.6.1 Viscerocranium Augenhöhle von der Stirnhöhle, dem Sinus
frontalis, weiter hinten die Augenhöhle von der
4.6.1.1 Augenhöhle, Orbita vorderen Schädelgrube und dem Stimlappen des
Gehirns. Vorn und lateral ist das Dach zur Fossa
Die Augenhöhle hat die Gestalt einer vierseiti- glandulae lacrimalis eingedellt.
gen Pyramide, deren Basis nach vom zeigt und • Mediale Wand. Sie steht etwa sagittal. Sie
den nahezu rechteckigen Augenhöhleneingang, wird vorn vom Tränenbein, Os lacrimale, in der
Aditus orbitae, bildet. Er wird von dem Margo Mitte von der viereckigen Lamina orbitalis des
aditus umrahmt, der oben vom Stirnbein, lateral Siebbeins und hinten vom Corpus ossis spheno-
und unten vom Jochbein und unten und medial idalis gebildet. Vorn liegt an der medialen Wand
vom Oberkiefer gebildet wird. Der mediale und eine tiefe Grube für den Tränensack, die Fossa
der laterale Rand stehen nahezu senkrecht, der sacci lacrimalis. Sie wird vorn von der Crista
obere und untere Rand fallen von medial nach lacrimalis anterior des Oberkiefers, hinten von
lateral ab (Abb. 4.35). der Crista lacrimalis posterior des Tränenbeins
begrenzt (Abb. 4.9). Nach unten setzt sie sich

Foramen supraorbitale Incisure frontalis

Os sphenoidale ^ Os frontale
(Ala minor)
_ Canalis opticus
Fissura orbitalis
superior
_ Os ethmoidale
Os sphenoidale 7 (Lamina orbitalis)
(Ala major) — Os lacrimale

Os palatinum
(Processus orbitalis)
Maxilla
Os zygomaticum
(Facies orbitalis)
Sulcus infraorbitals
/
Fissura orbitalis inferior Foramen i n f r a o r b i t a l

Abb. 4.35: Rechte Augenhöhle, Orbita. Die K n o c h e n sind farblich schematisiert. Inset: Prinzip
der Blow-out-Fraktur (aus G.-H. S c h u m a c h e r )
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218 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

in den Canalis nasolacrimal fort, der unter der eine Bindegewebsplatte und den glatten M. orbi-
unteren Nasenmuschel mündet. talis, der auch auf die Fissura orbitalis superior
• Untere Wand. Diese wird von der Facies orbi- ausstrahlt, verschlossen. Sie lässt einen Ast der
talis des Oberkiefers und des Jochbeins und V. ophthalmica inferior aus der Augenhöhle zum
dem kleinen Processus orbitalis des Gaumen- Plexus pterygoideus und den N. infraorbitalis
beins gebildet. Von der lateralen Wand wird aus der Flügelgaumengrube in den Sulcus und
sie durch die Fissura orbitalis inferior getrennt. Canalis infraorbitalis durchtreten.
Ungefähr auf der Mitte der Fläche verläuft der Der M. orbitalis (Müller-Muskel) wird vom
Sulcus infraorbitalis, der durch die Periorbita Sympathicus innerviert (aus Cg, Th ). Durch
verschlossen ist und sich nach vorn in den knö- seinen Tonus hilft er mit, die Lage des Augapfels
chernen Canalis infraorbitalis fortsetzt, der auf aufrechtzuerhalten. Beim Ausfall seiner Inner-
der Gesichtsfläche unterhalb des unteren Augen- vation sinkt der Augapfel leicht ein (Enophthal-
höhlenrandes ausmündet. mus, s. Horner-Syndrom Kap. 6.1.3., S. 573).
• Laterale Wand. Sie ist vom Dach durch die Fis- • Foramen ethmoidale anterius (—> Fossa cranii
sura orbitalis superior geschieden. Sie verläuft anterior), vorn am Oberrande der Lamina Orbi-
von vorn außen nach hinten innen, ist länger als tale des Siebbeins, entlässt Λ., V., N. ethmoidalis
die mediale Wand und bildet mit der der anderen anterior(ius) aus der Augen- in die Schädel-
Seite ungefähr einen rechten Winkel. Sie setzt höhle (s. Abb. 4.36).
sich zusammen aus der Facies orbitalis des • Foramen ethmoidale posterius (->· Fossa
Jochbeins und der des großen Keilbeinflügels. cranii anterior), hinten am Oberrand der Lamina
Die Achse der Orbita verläuft von der Mitte des orbitalis, lässt Α., V., Ν. ethmoidalis posterior
Aditus orbitae zur Mitte des Canalis opticus und aus der Augenhöhle in die Cellulae ethmoidales
schneidet sich mit der der anderen Seite ober- ein- bzw. austreten.
halb des Türkensattels. • Foramen zygomaticoorbitale (—» Gesicht), an
• Beziehungen zu Nasennebenhöhlen s. Kap. der Facies orbitalis des Jochbeins. Es entlässt
6.3.4, S. 587. den N. zygomaticus aus der Augenhöhle in
den Jochbeinkörper, weiter durch das Foramen
zygomaticofaciale zum Gesicht und durch das
4.6.1.2 Öffnungen der Orbita Foramen zygomaticotemporale zur Schläfenge-
gend.
• Aditus orbitalis nach außen
• Canalis nasolacrimal (-» Meatus nasi infe-
• Canalis opticus (—> Fossa cranii media). Er
rior). Er führt von der Fossa sacci lacrimalis ab-
fuhrt den N. opticus und die A. ophthalmica (aus
und dorsalwärts unter die untere Nasenmuschel.
der A. carotis interna)
• Fissura orbitalis superior (—» Fossa cranii
Klinik: 1. Die nasale Wand der Orbita ist am
media), zwischen Ala major, Ala minor und
dünnsten, hat mitunter Lücken, durch die Ent-
Corpus ossis sphenoidalis, ist medial breit, late-
zündungen der Siebbeinzellen sich zur Augen-
ral schmal, und bis auf die Durchtrittsstellen der
höhle ausbreiten können (retrobulbäre Abzesse).
V. ophthalmica superior und sämtlicher Augen-
2. In das Dach der Orbita kann die Stirnhöhle
höhlennerven durch Bindegewebe, dem glatte
weit hineinreichen (-> Übergreifen von Stirn-
Muskulatur beigemischt ist, verschlossen (Abb.
höhlenentzündungen nach unten zur Augen-,
4.31). Durch die Ursprünge der Augenmuskeln
nach oben zur Schädelhöhle). 3. Der Boden
(Abb. 4.31) wird sie in 3 Abschnitte unterteilt.
der Orbita und der N. infraorbitalis haben enge
Der laterale führt den N. frontalis, N. lacrimalis,
Beziehungen zur Oberkieferhöhle, Sinus maxil-
den N. trochlearis und die V. ophthalmica supe-
laris. Bei Gewalteinwirkungen auf das Auge
rior. Durch den mittleren (innerhalb des Muskel-
können 5/ow-owi-Frakturen (Einbrechen des
ringes) ziehen N. oculomotorius, N. nasociliaris
Orbitabodens mit Inhalt) entstehen. 4. An der
und N. abducens. Der mediale Abschnitt ist
Spitze der Orbita sind durch den Canalis opticus
vollständig verschlossen (s. Abb. 6.25, S. 575).
und die Fissura orbitalis superior Beziehungen
• Fissura orbitalis inferior (-» Fossa infratem- zur Schädelhöhle, speziell zum Sinus caverno-
poralis, Fossa pterygopalatine), zwischen Ala sus, gegeben (Blutungen]).
major ossis sphenoidalis und Maxilla, ist durch
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4.6 Höhlen und Gruben 219

A , V temporalis M. temporalis, A. maxillans, A a , Rr alveolares

Ν auriculotemporalis superficialis V. temporalis media N „ A. temporalis prof superiores posteriores


I /
I /
I /
A. zygomaticoorbital is

A temporalis media

M. pterygoideus lateralis

N., Aa. massetericae-

Verbindung zwischen Ν facialis — __


u. N. auriculotemporalis

Ν facialis. A. transversa faciei

Ν. buccal is —

Ν. lingualis, Μ pterygoideus m e d i a l i s "

A. carotis externa, V retromandibularis

Ν , A alveolaris inferior,-'
Raphe pterygomandibular

N. mylohyoideus

Verbindung zwischen Ν. buccalis und - '


Ν, facialis
\
A..V facialis R. marginalis mandibulae N., A, alveolaris inferior, N,, A. mentalis
n. fac . N. buccalis A. labialis inferior

Abb. 4.36: Topografie der tiefen Gesichtsgegend. Inhalt der Fossa infratemporalis. Der J o c h b o g e n ist ganz, M.
temporalis und Unterkieferast sind teilweise entfernt.

4.6.1.3 Inhalt der Orbita 4.6.2 Seitliche Schädelgegend


• Die Periorbita kleidet als Periost die knöcherne
Wir finden 3 Gruben. Sie enthalten Muskeln,
Augenhöhle aus. Durch den Canalis opticus und
Fett- und Bindegewebe, sind außerdem Ver-
die Fissura orbitalis superior geht sie in die Dura
zweigungsgebiete von Leitungsbahnen und
mater der Schädelhöhle über.
beinhalten Ganglien.
• Über den weiteren Inhalt der Orbita s. Kap. 6.4,
S. 587.

4.6.2.1 Schläfengrube, Fossa temporalis


4.6.1.4 Nasenhöhle, Cavitas nasi,
und Nasennebenhöhlen, Sie wird medial von der Schläfenbeinschuppe und
Sinus paranasales dem großen Keilbeinflügel begrenzt. Eigentlich
ist sie keine Grube! Oben verläuft die Linea tem-
Siehe Kapitel 4.15, S. 312. poralis superior, an welcher die Schläfenfaszie
ansetzt. Die Linea temporalis inferior dient dem
Ansatz des M. temporalis (Abb. 4.9). Die Grube
wird hauptsächlich von ihm und Fett ausgefüllt.
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220 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

Beide schützen den medial gelegenen Knochen, 4.6.2.3 Flügelgaumengrube,


der hier die dünnste Stelle des Schädeldachs Fossa pterygopalatina
bildet, vor Gewalteinwirkungen. Bei reduziertem
Fettgewebe (Alter, Krankheiten) erscheinen die Sie liegt zwischen der Rückfläche des Oberkiefers
Schläfen eingefallen, so dass man die Bewegungen und der Vorderfläche des Processus pterygoi-
des M. temporalis gut sehen kann. Die Fortsetzung deus des Keilbeins. Die Grube ist oben breit und
der Schläfengrube nach unten und medial ist die verjüngt sich nach unten zum Canalis palatinus
Unterschläfengrube. major. Das Dach wird vom Keilbeinkörper und
der Wurzel der Ala major, die mediale Wand von
der Lamina perpendicularis des Gaumenbeins, die
4.6.2.2 Unterschläfengrube, Vorderwand vom Körper des Oberkiefers (Tuber
Fossa infratemporalis maxillae), die Hinterwand von der Facies maxilla-
ris und dem Processus pterygoideus des Keilbeins
Sie ist die Fortsetzung der Schläfengrube medial gebildet. Die laterale Wand ist durch Bindegewebe
vom Jochbogen auf die äußere Schädelbasis und gegen die Fossa infratemporalis abgeschlossen
liegt unter der Schädelbasis zwischen Unterkie- (s.Abb. 4.109).
ferast und Proc. pterygoideus des Keilbeins. Vorn
In der Flügelgaumengrube liegt das parasympathi-
reicht sie bis zum Tuber maxillae, der dorsalen
sche Ganglion pterygopalatinum. In ihm wird das
Wand des Corpus maxillae, medial bis zur Lamina
1. Neuron der sekretorischen Leitung für die Trä-
lateralis des Proc. pterygoideus und seitlich bis zum
nendrüse, die Nasendrüsen und die Gaumendrüsen
Ramus mandubulae. Ihr Dach wird hauptsächlich
auf das 2. Neuron umgeschaltet.
vom großen Keilbeinflügel gebildet. Man erreicht
sie präparatorisch, wenn man den Jochbogen rese- Öffnungen
ziert.
• Foramen rotundum (—» Fossa cranii media) für
In der Fossa infratemporalis liegen die Mm. pte- den Durchtritt des N. maxillaris (Ν. V )
rygoidei, ein Ausläufer des Wangenfettpfropfes, • Canalis pterygoideus (-» Basis cranii externa)
(Bichat), die Aufzweigungen des N. mandibula- für den Durchtritt des N. canalis pterygoidei,
ris (N. V3), das Ganglion oticum (Umschaltung der sich aus dem N. petrosus major (parasym-
von Glossopharyngeusfasern für die Parotis), die pathisch vom Intermediusanteil des Ν. VII) und
A. maxillaris mit ihren Verzweigungen und der dem N. petrosus profundus (sympathisch aus
Plexus pterygoideus (Abb. 4.36). dem Plexus caroticus internus) zusammensetzt,
sowie für die A. canalis pterygoidei
Öffnungen
• Fissura orbitalis inferior (—» Orbita) für den
• Fissura orbitalis inferior (—> Orbita) fur den Durchtritt der V. opththalmica, des N. infraorbi-
Durchtritt der V. ophthalmica inferior, der talis und N. zygomaticus (beide von N. V2)
A. infraorbitalis, des N. infraorbitalis sowie des • Foramen sphenopalatinum (-» Cavitas nasi)
N. zygomaticus (von N. V2), für den Durchtritt der Rr. nasales posteriores
• Foramen ovale (—» Fossa cranii media) für den superiores laterales und mediales (von N. V2)
Durchtritt des N. mandibularis (N. V3), und der A. sphenopalatina
• Foramen spinosum (—» Fossa cranii media) • Canalis palatinus major (—» Cavitas oris) für
für die A. meningea und den R. meningeus (von den Durchtritt des N. palatinus major und der
Ν. V,) A. palatina descendens
• Fissura pterygomaxillaris (—> Fossa pterygo- • Fissura pterygomaxillaris (—» Fossa infratem-
palatine) fur den Durchtritt der A. maxillaris. poralis) fur die A. maxillaris

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4.7 Gelenke des Kopfes 221

4.7 Gelenke des Kopfes

culare eine S-förmige Gelenkbahn. Der vordere


Lernziele: Oberes und unteres Kopfgelenk,
Teil der Gelenkgrube und das Tuberculum
Kiefergelenk: Aufbau, Funktion. Kaumecha-
articulare sind von Faserknorpel bedeckt. Der
nismus
hintere Teil der Fossa mandibularis liegt extra-
kapsulär und ist von derbem Bindegewebe über-
Neben den Synarthrosen des Schädels wie Syn-
zogen.
chondrosen und Suturen gibt es auch Diarthrosen.
• Kiefergelenkkopf, Caput mandibulae. Er
befindet sich am Ende des Gelenkfortsatzes,
4.7.1 Kopfgelenke Proc. condylaris, (Abb. 4.27) und besitzt eine
walzen- bis ellipsenartige Form mit starken
Es gibt ein oberes Kopfgelenk (Articulatio atlan- individuellen Variationen. Nur selten sind die
tooccipitalis) sowie ein unteres Kopfgelenk (Arti- Gelenkköpfe in Bezug auf ihre Form und Stel-
culatio atlantoaxialis). lung spiegelbildlich. Beim Neugeborenen ist der
Gelenkkopf noch flach.
Diese gewähren dem Kopf eine relativ große
• Gelenkfläche (Abb: 4.27). Sie liegt hauptsäch-
Beweglichkeit. Ausführungen s. Kap. 8.2.4.,
lich auf der Vorderseite des Caput mandubulae
S. 640.
und ist mit Faserknorpel bedeckt, der im mittle-
ren Bereich dicker ist als in den Randzonen. Die
4.7.2 Kiefergelenk, Rückfläche des Kiefergelenkkopfes liegt eben-
Articulatio temporomandibularis falls noch intrakapsulär, ist aber von straffem
Bindegewebe bekleidet.
4.7.2.1 Embryologie • Kiefergelenkgrube, Fossa mandibularis (Abb.
4.30). Sie liegt an der Unterfläche der Schläfen-
Das Kiefergelenk des Menschen und der Säuge- beinschuppe. Sie ist etwa 2- bis 3mal größer als
tiere ist ein Neuerwerb. Man bezeichnet es daher die Gelenkfläche des Kieferkopfes und korres-
als sekundäres Kiefergelenk. pondierend zur Position desselben etwas schräg
gestellt. Die Gelenkfläche dehnt sich ventral
Es entsteht durch Anlagerung des Unterkieferkno- etwa bis zum Scheitel des Gelenkhöckers aus.
chens an den Schuppenteil des Schläfenbeins, es ist In der Tiefe der Gelenkgrube kann der Knochen
ein Anlagerungsgelenk, s. Kap. 4.1.1.2, S. 181. papierdünn sein.
• Gelenkscheibe, Discus articularis. Dem Con-
dylus sitzt er auf und unterteilt den Gelenkraum
4.7.2.2 Aufbau
in einen oberen und unteren Spalt. Die Grund-
Im Kiefergelenk artikulieren der walzenförmige, form des Discus ist ovoid gestaltet. Der Discus
an den Enden abgerundete Gelenkfortsatz des ist vorn, medial und lateral mit der Gelenkkapsel
Unterkiefers, Processus condylaris, mit der Fossa verwachsen. Bei geschlossenem Mund bedeckt
mandibularis und dem Tuberculum articulare er den Gelenkkopf kappenartig. Der zentrale
des Schläfenbeines (Abb. 4.30). Die anatomi- Abschnitt des Discus besteht aus straffem
schen, queren Achsen der beiden Gelenkfortsätze Bindegewebe, in den Randzonen finden sich
schneiden sich vor dem Foramen magnum, bilden außerdem noch Knorpelzellen. In dem Bereich,
somit einen nach vorn offenen stumpfen Winkel dem in der Ruhelage die Gelenkfläche das Caput
von 150°-165°. Zwischen den mit Faserknorpel mandibulae aufliegt, enthält der Discus Faser-
überzogenen artikulierenden Flächen liegt ein aus knorpel.
Faserknorpel bestehender Discus articularis.
Klinik: Bei Fehlbelastungen des Gelenkes
• Gelenkhöcker, Tuberculum articulare. Er
können Defekte im Discus auftreten. Des öfteren
besitzt eine schräg nach unten abfallende
sind damit auch degenerative Veränderungen am
Gelenkfläche. Im Sagittalschnitt zeigen die
Gelenkknorpel verbunden.
Fossa mandibularis und das Tuberculum arti-
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222 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

Abb. 4.37: Schematische Darstellung des Kiefergelenkes, a. Kieferschluss, b. bei der Öffnungsbewegung. Die
Verlagerungen des Kieferkopfes gegen den Discus articularis werden durch Kreise markiert, c. Ansatz der Kie-
fergelenkkapsel (blau) am Unterkiefer (aus G.-H. Schumacher)

• Kapsel und Verstärkungsbänder (Abb. Fasern) für die Synovia-Produktion. Sympathische


4.37 c). Die schwache, trichterförmige Gelenk- Nerven erreichen das Gelenk über die Gefäße.
kapsel entspringt am Rande der Fossa mandi-
bularis und schließt das Tuberculum articulare
ein. Sie setzt oberhalb der Fovea pterygoidea
4.7.2.4 Mechanik des Kiefergelenkes
am Unterkieferhals an. Sie ist so weit, dass der
Gelenkkopf nach vorn vor die Unterkieferhö-
• Das Kiefergelenk ist als eine Kombination
cker luxieren kann, ohne dass sie einreißt. Da sie
zweier Gelenke aufzufassen. Das untere, dis-
auch am Discus ansetzt, ist die Gelenkhöhle in
komandibulare Scharniergelenk und das obere,
eine obere diskotemporale und eine untere dis-
diskotemporale Schiebegelenk können getrennt
komandibulare Kammer unterteilt. Der Diskus
und gemeinsam benutzt werden. Rechtes und
trennt die obere und untere Gelenkkammer, die
linkes Kiefergelenk müssen stets gemeinsam
keinerlei Verbindung untereinander haben.
tätig sein. Die Form der Gelenkflächen, der
• Das dreieckige Ligamentum laterale (temporo- Zustand des Gebisses, die Form und Stellung der
mandibulare) verstärkt die schlaffe Kapsel und Zähne, die Kaumuskulatur und ihre Innervation
bremst das Zurückfuhren des Unterkiefers ab. sind Glieder eines funktionellen Systems, die
• Das Ligamentum sphenomandibulare von den Ablauf der Kieferbewegungen beeinflussen.
der Spina des Keilbeines zur Lingula mandi- Da die Zahnreihen als Führungsflächen dienen,
bulae und das Ligamentum stylomandibulare wird ein Fehlen der Zähne (beim Säugling und
vom Proc. styloideus zum Angulus mandibulae Greis), ein lückenhaftes Gebiss, ein Vor- und ein
haben keine Beziehungen zur Kapsel. Kopfbiss zwangsläufig die Form der Gelenkflä-
chen und den Bewegungsablauf abwandeln.
• In der Ruhestellung des Unterkiefers stehen
4.7.2.3 Gefäße und Nerven die Zähne nicht in Okklusion (s. Kap. 4.13.3.7,
S. 299). Der Gelenkkopf mitsamt dem Discus
Arterien. A. auricularis profunda (Pars mandibula- liegt im vorderen Teil der Gelenkgrube und auf
ris der A. maxillaris) dem hinteren Abhang des Gelenkhöckers.
• Bewegungsmöglichkeiten (Abb. 4.37)
Venen. Rr. articulares —» V. retromandibularis
1. Öffnungs- und Schließungsbewegung (Abduk-
Nerven. Sensible Fasern kommen aus den Nn.
tion und Adduktion) sind eine Scharnier-
auriculotemporal, massetericus, temporalis pro-
Schiebebewegung. Die Öffnung beginnt mit
fundus posterior und facialis.
einer reinen Scharnierbewegung. Recht bald
Parasympathische Fasern kommen über einen rutscht der Discus unter der Zugwirkung des
Gelenkast vom Ganglion oticum (sekretorische M. pterygoideus lateralis auf dem Gelenkhöcker
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4.7 Gelenke des Kopfes 223

nach vorn und unten. Gleichzeitig wandert der Backen- und Mahlzähne, kann zu Umbauvorgän-
Kieferwinkel nach hinten. Diese Drehung des gen am Kiefergelenk führen.
Kieferastes erfolgt um eine quere, durch das
Foramen mandibulae gehende Achse. Der in Klinik: Luxation des Kiefergelenkes. Zu starke
dieses Loch eintretende Nerv erleidet deshalb Öffnungsbewegungen können, zumeist bei
bei dieser Bewegung keine Zerrung. Der hinter angeborener Bereitschaft, zu Luxationen des
dem Kieferast gelegene Raum wird bei dieser Kiefergelenkes führen. Der Kieferkopf rutscht
Bewegung oben erweitert, unten eingeengt. dabei über das Tuberculum articulare hinweg
Öffnen und Schließen erfolgt ohne Artikulation nach vorn, der Mund bleibt offen.
der Zahnreihen gleichzeitig im rechten und
linken Gelenk. Beide Kiefergelenke arbeiten als
ein Scharniergelenk mit wandernder Achse.
4.7.2.5 Moderne Erkenntnisse
2. Das Vor- und Zurückschieben (Pro- und Retro- in der Kiefergelenksforschung
trusion) des Unterkiefers findet im oberen,
Die Funktion der Kiefergelenke und das Zusammenspiel
diskotemporalen Gelenk unter Führung der
von Mandibula und Maxiila insgesamt lässt sich durch
Zahnreihen statt (inzisales Gelenk, Abb. 4.38). ein vernetz/es Gesamtsystem verschiedener Gelenk-
Deshalb können der Zustand der Zahnreihen, systeme darstellen. Zu bestimmten Vernetzungen, die
Form und Stellung der Zähne sowie die Form bestimmten Mandibulafunktionen zugeordnet sind,
des Gelenkhöckers den Bewegungsablauf beein- gehören bestimmte Bewegungsmuster, die sich nach der
flussen. Der Discus gleitet mit dem Gelenkkopf Zahl der kinematischen Freiheitsgrade der Mandibula
auf dem Tuberculum articulare nach vorn. Bei ordnen lassen. Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei
starkem Vorbiss ist eine leichte Öffnungsbewe- der Tatsache, dass es für alle Gelenke des stomatogna-
gung nötig, um die Schneidezähne des Unterkie- then Systems - und in diesem Zusammenhang sind alle
einzelnen Zahnkontakte Gelenke - einen artikulären
fers an denen des Oberkiefers vorbeifuhren zu
Bewegungsraum gibt. Dies gilt also nicht nur für die
können.
Zähne, sondern auch für die Kiefergelenke. Die Artiku-
3. Die Seitwärts- oder Mahlbewegung (Medio- und lationsflächen sind dann voneinander abgehoben und die
knorpelig/knöcherne Führung des Gelenks aw/gehoben;
Laterotrusion) erfolgt ebenfalls unter Führung
es findet in dieser Funktion keine Kraftübertragung in
der Zahnreihen. Der eine Kopf dreht sich um
den diskludierenden Gelenkpaaren statt.
eine senkrechte Achse in der Pfanne; der andere
gleitet auf dem Gelenkhöcker nach vorn und • Gelenkzentrik
bringt die Zahnreihe seiner Seite zum Klaffen. Das Kiefergelenk befindet sich physiologischerweise in
Bei dieser Schwenkbewegung wird das Kinn auf centric relation (CR), wenn die Mandibula unter Kraft-
die Gegenseite verschoben. Das Mahlen findet schluss in maximaler Verzahnung in centric occlusion
auf der Seite der Drehung statt. (CO) ist (Kubein-Meesenburg): das Gelenkköpfchen
ist dabei anatomisch dem Wendebereich zwischen Emi-
• Anpassungsvorgänge am Kiefergelenk nentia und Gelcnkgrube zugeordnet. Unter Kraftschluss
wird die Maxilla von der Wirkungslinic der Gelcnk-
Beim Neugeborenen ist die Gelenkgrube flach;
kraft in diesem Wendebereich und die Mandibula im
das Tuberculum articulare fehlt noch. Beim zahn-
rostralen Rand des Köpfchens getroffen. Die minimale
losen Greisenkiefer flachen sich Gelenkgrube und Diskusstärke befindet sich dann zwischen Kondylen und
Gelenkhöcker ab. Beim Kind und Greis erfolgen Wendebereich (Abb. 4.38). Aus der CR-Position heraus
das Öffnen und Schließen deshalb vorwiegend folgt bei aufrechterhaltenem Kraftschluss das Gelenk
durch Scharnierbewegung. Beim Kopf- oder bei der kranialen Grenzfunktion in pro- oder retrusiver
Zangenbiss ist die Gelenkgrube flach, die Neigung Richtung. In beiden Fällen hat das Gelenk 2 kinematische
des Gelenkhöckers gering; es überwiegt die Gleit- Freiheitsgrade. Seine Funktion lässt sich auf die einer
bewegung. Beim starken Überbiss ist die Neigung pro- bzw. retrusiven dimeren Gelenkkette (dimeric link
chain) zurückfuhren (s. Kap. 2.2.2.2.5, S. 39). In unge-
des Gelenkhöckers steil; der Gelenkkopf ist stark
störten Gelenken wandert sowohl bei protrusiver als
gekrümmt, der Kieferhals nach vorn umgebogen;
auch bei retrusiver Funktion der Belastungsschwerpunkt
es herrschen die Scharnierbewegungen vor. Auch der Gelenkkraft auf dem Kondylus von seinem rostralen
einseitiger Verlust der Zähne, besonders der Rand nach dorsal - auf der maxillären Gelenkfläche
jedoch verlagert er sich, vom Wendepunkt ausgehend, in

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224 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

• 3 physikalisch differierende Funktions-


zustände der Mandibula sind ableitbar:
1. Okklusal-artikuläre Funktionen: Bewegungen mit
einem Freiheitsgrad.
Die okklusal-artikuläre Funktion ist primär als Sen-
sorfunktion zur optimalen Steuerung und Program-
mierung der anderen beiden Funktionsbereiche zu
betrachten. Aus der Zwangläufigkeit der kranialen
Grenzführung (Abb. 4.38) ergibt sich ein mathemati-
scher Zusammenhang zwischen anteriorer und poste-
riorer Führung (Kubein-Meesenburg, Nägerl).

2. Neuromuskulär-artikuläre Funktionen: Bewegungen


mit 2 Freiheitsgraden, keine Kraftübertragung, freie
Unterkieferbewegung.
Abb. 4.38: Zentrik des Kiefergelenkes (centric relation
= CR) und habituelle Interkuspidation (centric occlu- Die Positionen der Mandibula sind durch 2 Drehun-
sion = C O ) in übereinstimmender Unterkieferlage gen, um eine maxillär-neuromuskulär festgelegte und
(CR = C O ) . Biomechanische Idealanordnung aller eine entsprechende mandibulare Achse, festgelegt, die
Einzelgelenksysteme des stomatognathen Systems. dem Kiefergelenk nicht direkt zugeordnet sind. Bei
Viergelenk-Getriebe der protrusiven kranialen Grenz- der neuromuskulär-artikulären Funktion „schwebt"
bewegung: die überschlagene dimere Gelenkkette die Mandibula nach dieser Gesetzmäßigkeit durch
R, des Frontzahngelenkes und die gestreckte dimere den Raum, ζ. B. beim Sprechen und Singen.
Kette R2 des Kiefergelenkes sind durch die Maxilla
(Gestell) und die Mandibula (Koppel) zu einem Vierge- 3. Funktionszustände der Mandibula: Bewegungen mit
lenk-Getriebe gekoppelt. Die Verlängerungen der Glie- 3 Freiheitsgraden.
der der dimeren Ketten R, und R ? (Pleuel) schneiden Der Bolus wird mit Hilfe der Zunge zwischen die
sich im momentanen Drehpol Pprot der Mandibula Molaren geschoben. Der anteriore Zug am Kondy-
lus des M. pterygoid, lat. stellt nun zusammen mit
pro- bzw. retrusiver Richtung. Die theoretisch biomecha- der horizontalen Komponente des M. temporalis ein
nisch als physiologisch begründete Anordnung: „centric Kräftepaar dar, über dessen Drehmoment die Lage
occlusion = centric relation" (CO = CR) kann anhand der kaudal-kranialen Kraftwirkungslinie der übrigen
von Achsiogrammen empirisch bestätigt werden (Nägerl) Kaumuskulatur in anterior-posteriorer Richtung in
und begründet die gemeinsame Zentrik aller Gelenke des den Bolus verschoben werden kann. Kraftfreiheit
stomatognathen Systems gleichzeitig. Die Zentrik ist beim Kauen im Kiefergelenk ist möglich und Kie-
somit eine gemeinsame funktionelle Systemkonstante fergelenk und Frontzähne benutzen beim Kauen ihre
aller Gelenke des stomatognathen Systems und nicht Artikulationsräume.
eine manipulative Unterkieferposition eines möglichen
Behandlers. Zusammenfassend ist festzustellen, dass das stoma-
Ohne kompressive Gelenkkraft kann sich der Kondylus tognathe System, und mit diesem das Kiefergelenk,
durch Diskuseinzug von der temporalen Gelenkfläche das komplexeste Gelenksystem (Kauapparat mit allen
entfernen: die Führung durch die knöchernen Struk- seinen Bestandteilen) unseres Körpers darstellt. Es
turen ist dann aufgehoben. Das Gelenkköpfchen kann kann und es werden 3 verschiedene physikalische
„schweben". Jeder kondyläre Punkt besitzt somit einen Grundstrukturen angesteuert und ineinander umge-
artikularen Bewegungsraum, wie er für die Inzisalkanten schaltet.
der Frontzähne als Posselt-Diagramm bekannt ist: Kie-
fergelenke haben folglich, wie Zähne auch, ein gewisses
Disklusionspotenzial.

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4.8 Muskulatur des Kopfes und des Halses, Musculi capitis et colli 225

4.8 Muskulatur des Kopfes und d e s Halses, Musculi capitis et colli

dienen. Sie werden bei der Schlund-, Gaumen-


Lernziele: Mimische Muskulatur, Kaumus-
und Zungenmuskulatur besprochen.
kulatur, Halsmuskulatur: Ursprung, Ansatz,
Funktion

4.8.1.1 Mimische Muskulatur,


Musculi faciei (Abb. 4.39, 40)
4.8.1 Muskeln des Kopfes,
Musculi capitis • Herkunft. Sie stammt von der Muskulatur des
2. Schlundbogens ab, hat ihre alte Lage am Zun-
Wir unterscheiden
genbein aufgegeben und ist flächenhaft über den
• Mimische Muskulatur, eine oberflächliche Kopf gewandet. Für die Herkunft der mimischen
Lage, die enge Beziehungen zur Gesichtshaut Muskulatur spricht die Versorgung durch den
hat N. facialis, den Nerven des 2. Schlundbogens.
• Kaumuskulatur, eine tiefe Lage; Muskeln, • Lage. Sie umgibt die Öffnungen des Kopfes,
die die Bewegung des Unterkiefers gegen den beeinflusst ihre Form und Größe, setzt an der
Oberkiefer ermöglichen und die dem Schluckakt Haut und anderen Weichteilen des Gesichtes

M. auricularis superior M. temporoparietals


__ — - Galea aponeurotica
i
^ · Venter frontalis m. occipitofrontalis
^ _ M. auricularis anterior,
χ R. frontalis a. temporalis superficialis
ζ x / Pars orbitalis I
/ > M. orbicularis oculi
/ , Pars palpebralis |
/ . M. depressor supercilii '
/
/ , M. procerus

, Μ. levator tabu superioris alaeque nasi


Μ. nasaiis (Pars transversal,
M. levator nasi

M. occipitofrontal^
(Venter occipitalis)

Μ. trapezius ' Μ. levator tabu superioris


^ M. zygomaticus minor
s
\ " M. levator anguii oris [camnus]
\
M. orbicularis oris
Μ. zygomaticus major
ν \ N M. mentalis, Kinnhaut
\ ^
x
x \ ' Μ depressor labii inferioris
M. depressor anguii oris (triangularis)
N Μ. nsorius

Μ. splenius Glandula parotis, M. sternocleido-


capitis Ductus parotideus mastoideus

Abb. 4.39: Oberflächliche Lage der Kopfmuskeln, M. temporofrontalis (Varietät). Inset: Faserschema des M.
orbicularis oculi (nach J. Rohen)
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226 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

Galea aponeurotica
, Venter frontalis m. occipitofrontalis

/ M. temporalis. Fascia temporalis


y /
/ (Lamina superficialis et profunda, Fett)
/ / / Μ . corrugator supercitii
/ /
/ . Pars orbitalis
' /
• m. orbicularis oculi
/ / Pars palpebralis
/ /
/ , Μ procerus
/
/
, M . levator labii superioris alaeque nasi
/
/ / M . levator labii superioris

M . nasalis (Pars transversa),


M. levator nasi

M . levator anguli oris [caninus]


Venter occipitalis m. occipitofrontalis M . zygomaticus minor
Arcus zygomaticus, Lig. laterale M . orbicularis oris
M. masseter·- M . zygomaticus major
A. carotis ext., A. maxillaris,—
M . buccinator, Ductus parotideus
V. retromandibularis
- M . depressor labii inferioris
Venter posterior m. d i g a s t r i c i , -
M . sternocleidomastoideus - M . mentalis, Kinnhaut

M . trapezius "" ^ Μ . depressor anguli oris


x
M . splenius capitis - " •v. Μ risonus(abgeschnitten)
A. lingualis, Glandula submandibularis - — " ^ - Platysma, A. facialis
A. thyroidea superior, Μ . thyrohyoideus — " ^ """ Venter anterior m. digastrici,
Α. carotis c o m m u n i s , " ~~ *
-v. ^ M . mylohyoideus
Μ . omohyoideus (Venter superior)
Os hyoideum, Μ sternohyoideus

Abb. 4.40: Übersicht über die Kopfmuskeln, Glandula parotidea, Platysma und andere mimischen Muskeln sind
teilweise entfernt, um den M. masseter und die Fascia temporalis darzustellen.

an, verschiebt die Haut gegen die Unterlage und 4.8.1.1.1 Muskeln in der Umgebung
beeinflusst dadurch den Ausdruck des Gesich- der Lidspalte
tes.
1. IM. orbicularis oculi
• Faszien. Im Bereich des Gesichtes sind ober-
flächliche Faszien nur über dem M. temporalis Er besteht aus 2 Teilen,
(Fascia temporalis), über der Glandula paroti-
1. Pars palpebralis (auf den Augenlidern, Abb.
dea (Fascia parotidea) und über dem M. masse-
4.40)
ter (Fascia masseterica) vorhanden. Die mimi-
schen Muskeln haben keinen Faszienüberzug. O.: Lig. palpebrale mediale und benachbarter
Knochen (Crista lacrimalis posterior)
Klinik: Im Bereich der mimischen Muskeln /.: Lig. palpebrale laterale
breiten sich Infektionen der Haut (ζ. B. Furun-
2 Abschnitte der Pars palpebralis werden gesondert
kel) rasch in die Tiefe aus.
bezeichnet:

Fasciculus ciliaris ist der in den Lidkanten gelegene


Wir unterscheiden Muskeln in der Umgebung
Abschnitt, der die Moll-Drüsen umgibt. Die Pars
1. der Lidspalte, 2. der Nasenöffnung, 3. der
profunda (= Pars lacrimalis), die an der Crista
Mundöffnung (zirkuläres und radiäres Mus-
lacrimalis posterior entspringt und die Tränenkanäl-
kelsystem), 4. der äußeren Ohröffnung und
chen von Ober- und Unterlid umgibt, strahlt danach
5. Muskeln des Schädeldaches.
nach lateral in die Pars palpebralis ein.

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4.8 Muskulatur des Kopfes und des Halses, Musculi capitis et colli 227

Μ levatoi lalin malis den Lidrand und die Tränenpunkte nach innen
superior's a l a n q le nasi und zieht gleichzeitig mit dem stärkeren Horner-
Muskel den Lidapparat nach medial, wobei die
Tränenpunkte in den Tränensee eintauchen. Der senk-
rechte Schenkel der Tränenkanälchen wird durch den
spiraligen Sphinkter geschlossen (DruckefTekt), der
horizontale Schenkel durch die gleichzeitige Medial-
bewegung verkürzt und erweitert (Saugeffekt). Beim
Lidöffnen wird der senkrechte Schenkel erweitert,
der horizontale Schenkel verlängert. Die Kanälchen-
muskulatur arbeitet somit bei den Lidbewegungen als
Saug- und Druckpumpc (J. Rohen). Die Pars lacrimalis
übt gleichzeitig einen Druck auf den Augapfel aus, kann
ihn 1-1,7 mm rückwärts bewegen
• Die Pars palpebralis führt im Wechselspiel mit dem
Lidheber den Lidschlag aus, wobei sich die Lider wie
Schalen auf dem Augapfel verschieben.
• Die Pars orbitalis zieht beim starken Zukneifen der
Augen die Haut der Umgebung nach medial, wobei
am lateralen Augenwinkel radiäre Hautfalten, so
genannte „Krähenfüße" auftreten. Bei der Kontraktion
werden die Winkel der sich überkreuzenden Muskel-
bündel größer, die Spitzbogen flachen sich ab. Bei der
Abb. 4.41: Schema des radiären oralen Muskelsystems Lidöffnung führt der Stimmuskel die Orbitalisfasern in
mit Modiolus anguli oris (nach G.-H. Schumacher) ihre ursprüngliche Lage zurück..

M. levator palpebrae superioris, s. Kap. 6.3.1.1,


S. 581
2. Pars orbitalis (sich der Pars palpebralis peri- 2. M. depressor supercilii
pher anschließend, Abb. 4.40)
Er kann als Abspaltung des M. orbicularis oculi
0 . : Lig. palpebrale mediale und benachbarte Kno-
aufgefasst werden.
chen (Proc. frontalis maxillae, Pars nasalis
ossis frontale) 0 . : Oberhalb des Lig. palpebrale mediale vom
1.: Die Muskelfasern gehen ζ. T. lateral kontinu- Knochen (Abb. 4.40)
ierlich ineinander über, ζ. T. durchflechten sie 1.: Nach oben fächerförmig in die Haut der
sich mit anderen mimischen Muskeln (Venter Augenbraue
frontalis m. occipitofrontalis, Mm. corrugator F.: Der „Brauenkopf wird über das Auge nach
et depressor supercilii, M. levator labii superi- unten und medial gezogen. Das Auge bekommt
oris aleque nasi, Μ. levator labii sup., Μ. zygo- etwas „Drohendes" und „ Lauerndes"
m a t i c s minor), ζ. Τ. strahlen sie in die Haut
3. M. corrugator supercilii
von Augenbraue, Schläfe und Wange ein.
F.: Lidschlag, rasche momentane Verengung der Bedeckt ist er vom M. orbicularis oculi und Venter
Lidspalten, Lidschluss, länger dauernder leich- frontalis des M. occipitofrontalis (Abb. 4.40)
ter (im Schlaf) oder starker Schluss der Lider
O.: Medial am Stirnbein oberhalb der Nasenwur-
(beim willkürlichen Zukneifen) und Fortbewe-
zel, verläuft leicht lateralwärts
gung der Tränenflüssigkeit.
L: In die Haut über der Augenbrauenmitte
• Die Lidschlussbewegung beginnt mit einer Senkung F.: Am Ansatz dellt er die Haut ein. Außerdem
des Oberlides, das schließlich rasch nach medial schiebt er die Haut zu senkrechten Falten über
gefuhrt wird. Das Unterlid wird dagegen beim Hoch- der Nasenwurzel zusammen. Er vermittelt
schieben stetig stärker nach medial geführt. Dabei damit den Eindruck der Konzentration, des
verkürzt sich die Lidspalte um 1-2 mm.
Nachdenkens.
• Diese Bewegung der Lider nach medial begünstigt die
Fortbewegung der Tränenflüssigkeit zum Tränensee
und den Tränenpunkten. Dabei kantet die Pars lacri-

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228 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

4.8.1.1.2 Muskeln der Nasenregion 4.8.1.1.3 Zirkuläres Muskelsystem um die


(Abb. 4.39, 40) Mundspalten (Abb. 4.39, 4.40)
1. M. procerus 1. M. orbicularis oris
Ο. : Auf dem Nasenrücken, divergiert nach oben Ο.://.: Er bildet die muskulöse Grundlage der
/.: An der Haut der Glabella bzw. am Stirnmus- Lippen (Labia), ist mit der Haut fester verbun-
kel den als mit der Schleimhaut. Das Bindegewebe
F.: Er erzeugt Querfalten auf der Nasenwurzel, ragt zwischen die ringförmigen Fasern hinein
glättet die Haut der Glabella, ist der Antagonist und ist so fest mit der Haut verbunden, dass
des medialen Teiles des Stirnmuskels, indem er sich einzelne Faserbündel nur mit großer Mühe
die queren Stirnfalten aufhebt. präparieren lassen. Diese feste Verbindung von
Haut und Muskel gibt den Lippen wohl ihre
2. M. depressor septi eigenwillige Individualform. Die Durchflech-
Er kann als Teil des M. nasalis aufgefasst werden. tung der eigenen Fasern und das Zusammen-
spiel mit den in den Mundwinkel einstrahlen-
O.: Oberkiefer, oberhalb der Wurzel des mesialen den Fasern ermöglicht die mechanisch sehr
Incivius komplizierte Verformung der Lippen, wie sie
/.: Lamina medialis der Cartilago alaris major, für das Sprechen, Saugen, Pfeifen, Blasen usw.
vestibuläre Haut des Nasenseptums nötig ist.
F.: Er senkt die Nasenspitze.
Aus dem Ringverlauf machen sich Fasern frei, die
3. M. nasalis
nahezu senkrecht gegen das Lippenrot ausstrahlen.
Er besteht aus Sie können das Lippenrot nach innen ziehen und
damit die schmalen, geschlossenen Lippen hervor-
• einer Pars transversa
bringen. Andere Fasern strahlen in die Nasenschei-
• einer Pars alaris
dewand aus und können sie mit den M. depressor
Die Teile des Muskels bilden mit dem vorigen ein septi herabziehen. Weitere Fasern befestigen sich
nahezu zirkuläres Ansatzfeld um das Nasenloch. an der Alveolenwand der seitlichen Schneidezähne
des Ober- und Unterkiefers und wurden früher als
0.: Pars transversa. Vom Oberkiefer oberhalb Mm. incisivi bezeichnet.
der Wurzel des Caninus, die Pars alaris vom
Oberkiefer oberhalb der Wurzel des seitlichen F.: Schließen der Mundspalte, rüsselartiges Vor-
Incisivus schieben der Lippen
1.: Pars transversa. Zum mittleren Teil des
Nasenrückens in Form einer Aponeurose mit Klinik: In der Prothetik werden die Funktionen
der Gegenseite; des M. orbicularis oris zur Randabdichtung von
Prothesen genutzt.
Pars alaris in die Naseneingangsschwelle und
nach unten in die Nasolabialfalte, ein Teil zum
2. M. buccinator
Nasenftügelknorpel und zur Haut
Wangen- oder Trompetermuskel, bildet die musku-
F.: Verschluss des Naseneingangs. Der Nasenflü-
läre Grundlage für die Wange, Bucca.
gelknorpel wird nach unten gezogen.
0../I: Alveolarfortsatz des Ober- und Unterkiefers
im Bereich der letzten Molaren sowie von
der Raphe pterygomandibularis, einem Binde-
gewebsstreifen, der sich zwischen Unterkiefer
und Hamulus pterygoideus ausbreitet und
gleichzeitig Teilen des oberen Schlundschnü-
rers zum Ursprung dient. Die unteren Fasern
ziehen im Bogen nach oben und strahlen in
den M. orbicularis der Oberlippe, die oberen
verlaufen im Bogen nach unten und strahlen

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4.8 Muskulatur des Kopfes und des Halses, Musculi capitis et colli 229

in die Unterlippe aus. Die Fasern überkreuzen lippenfurchen, das Gesicht des „lachenden
sich neben dem Mundwinkel und bilden dort Buddha"
den Hauptbestandteil eines deutlich fühlba-
4. M. zygomaticus major
ren, manchmal sichtbaren Knoten (Modiolus
anguli oris). O.: Unterhalb des vorigen vom Jochbein
F.: Zusammen mit dem M. orbicularis oris ver- /.: Strahlt etwas tiefer in die Nasenlippenfurche
kleinert er den Vorhof der Mundhöhle zwi- und damit den Mundwinkel aus
schen Zahnreihen und Wangen und Lippen, F.: Wie M. zygomaticus minor
dabei presst er die Luft unter Druck heraus
5. M. levator anguli oris
(Blasen) oder bringt beim Kauen die in den
Vorhof gelangten Speisen wieder auf die Ο.: Unterhalb des Foramen infraorbitale in der
Kauflächen. Durch die Aufnahme von Luft Fossa canina
in den Vorhof wird er gedehnt und ergibt das /.: Strahlt in den M. orbicularis oris und den
„Posaunenengelgesicht". Er verschmälert die M. depressor anguli oris ein
Mundspalte und kann sie bei einseitiger Tätig- F.: Er hebt den Mundwinkel.
keit zur selben Seite ziehen.
6. M. risorius
Corpus adiposum buccae, Wangenfettpfropf
Er ist ein inkonstantes, schwach ausgebildetes
(Bichat)
Muskelbündel, welches die A. und V. facialis
und den oberen Teil des Platysma überlagert. Er
Er liegt zwischen dem hinteren Teil des M. buc-
kann auch als selbstständiger Teil des Platysma,
cinator und dem M. masseter und bildet eine
des M. zygomaticus major oder des M. depressor
verformbare Verschiebeschicht und gibt der
anguli aufgefasst werden.
Wange einen gewissen Halt.
0 . : Fascia parotidea und Wangenhaut
/.: Ausstrahlung in den Mundwinkel
4.8.1.1.4 Radiäres orales Muskelsystem
F.: Der Lachmuskel verbreitert die Mundspalte
(4.39-41)
und erzeugt das „Grübchen" in der Wange.
Sowohl die Muskeln des zirkulären als auch die des
7. M. depressor anguli oris
radiären Systems vernetzen bzw. verwringen sich
knotenartig im sog. Modiolus anguli oris (Abb. Ο.: Als dreieckige Platte am unteren Rand der
4.41). Mandibula vom Kinn zum 1. Molaren
1.: Am Mundwinkel; ein Teil der Fasern strahlt in
1. M. levator labii superioris alaeque nasi
die Unterlippe aus
Ο.: Stirnfortsatz der Maxiila, bedeckt dabei Α., V. F.: Zieht den Mundwinkel abwärts und flacht den
und N. infraorbitalis Bogen der Nasolabialfurche ab; er gibt dem
/..· Haut des Nasenflügels sowie die der Nasolabi- Gesicht den Ausdruck der Trauer.
alfurche
8. M. depressor labii inferioris
F.: Hebung des Nasenflügels und der Oberlippe
O.: Basis mandibulae, zugedeckt vom vorigen; er
2. M. levator labii superioris
verläuft auf- und medialwärts
O.: Dicht unterhalb des Orbitaeingangs /.: Strahlt in den M. orbicularis oris ein
/.; Strahlt in die Nasenlippenfurche ein F.: Er zieht die Unterlippe herab.
F.: Heber der Oberlippe
9. M. transversus menti
3. M. zygomaticus minor
O./I./F.: Verbindet unter dem Kinn den M. depres-
0 . : Jochbein; er hängt zumeist mit der Pars orbita- sor anguli oris beider Seiten miteinander
lis des M. orbicularis oculi zusammen
10. M. mentalis
1.: Strahlt in die Haut der Nasenlippenfurche aus
F.: Er zieht die Nasenlippenfurche und damit den O.: Juga alveolaria der unteren seitlichen Incivisi
Mundwinkel nach lateral und oben. Er erzeugt /.: Zieht schräg nach unten medial zur Haut des
vor allem die weit seitlich gezogenen Nasen- Kinns
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230 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

F.: Bewegt die Kinnhaut nach oben; dadurch ent- Sie sind der Rest eines Schließmuskels des äußeren
steht die quere Kinnlippenfurche; zusammen Ohres. Bei vielen Tieren verformen sie die Ohrmu-
mit den M. orbicularis oris stülpt er die Unter- schel. Bein Menschen sind sie, da rückgebildet,
lippe vor (Flunsch) ohne praktische Bedeutung (s. Kap. 7.11, S. 593).
11.M. levator anguli oris
4.8.1.1.6 Muskeln des Schädeldachs
Ο.: Fossa canina des Oberkiefers
(Abb. 4.39, 4.40)
I.: Zieht nach lateral unten zur Haut und Schleim-
haut des Mundwinkels; ein Teil der Fasern In ihrer Gesamtheit heißen sie M. epicranius. Sie
vereinigt sich mit dem Platysma ziehen von vorn, von hinten und von der Seite zu
F.: Zieht die Mundwinkel nach oben einer flächenhaften Sehne, Galea aponeurotica.
Diese ist mit der Kopfhaut fest zur Kopfschwarte
12. Platysma
(Skalp) verbunden. Gegen das Periost lässt sie sich
Der Hautmuskel beteiligt sich ebenfalls an der Bil- leicht verschieben. Die Kopfschwarte kann man
dung des radiären Muskelsystems (s. Kap. 4.8.2.1, daher leicht vom Schädel ablösen (Skalpierungs-
S. 234). verletzungen!).
L.: für alle Muskeln: N. facialis, A. facialis 1. M. occipitofrontalis bezeichnet einheitlich
(A. carotis externa), A. supraorbitalis (A. Oph- Venter occipitalis und Venter frontalis; beide
thalmia), A. infraorbitalis, A. mentalis Bäuche sind durch die Galea aponeurotica ver-
(A. maxillaris) bunden.
• Venter occipitalis. Ο.: Linea nuchae suprema
Klinik: Lähmungen der mimischen Muskeln
des Hinterhauptsbeines; I.: strahlt nach oben
sind bei Erkrankungen und Verletzungen des
und vorn in die Galea aus; F.: Er glättet die
N. facialis und bei Hirntraumata häufig. Bilden
Stirnfalten und gibt durch seine Spannung dem
sie sich nicht zurück, so ist die Mimik, meist
Venter frontalis ein Punctum fixum.
einer Gesichtshälfte, ganz oder teilweise auf-
• Venter frontalis. O.: in der Haut der Brauen
gehoben. Ungenügender Lidschluss verursacht
sowie der Glabella; verbindet sich mit Fasern
Tränenträufeln und Austrocknung der Hornhaut
des M. orbicularis oculi (Abb. 4.39). Er verläuft
(Xerophthalmie). Mangelnder Mundschluss
leicht divergierend aufwärts. /.: an der Galea
führt zum Speichelfluss.
aponeurotica; F.: Er runzelt die Stirn und öffnet
das Auge. Zahlreiche feine Querfalten der Stirn
4.8.1.1,5 Muskeln der äußeren Ohröffnung finden wir bei dünner, wenige breite Falten bei
dicker Haut.
Sie bestehen aus 2 Gruppen
2. M. temporoparietalis, der Schläfenscheitelmus-
1. Muskeln, die vom Kopf zur Ohrmuschel ziehen
kel, variiert sehr in Größe und Stärke. Er zieht von
und sie (bei manchen Menschen) als Ganzes am
der Seite zur Galea.
Kopf bewegen.
• M. auricularis anterior, der vordere Ohrmus-
Klinik: Der Zug der in die Galea ausstrahlen-
kel, entspringt von der Fascia temporalis und
den Muskeln ist so stark, dass Verletzungen der
setzt vorn an der Spina helicis der Ohrmuschel
Kopfschwarte, die durch die Galea hindurchge-
an und zieht sie nach vorn
hen, stark klaffen, wenn sie quer über den Kopf
• M. auricularis superior, der obere Ohrmuskel,
verlaufen. Sagittal verlaufende Wunden klaffen
entspringt von der Galea aponeurotica, zieht
kaum.
von oben her an die Ohrmuschel und zieht sie
nach oben L.: für 1. und 2.: s. Kap. 4.19.1.1, S. 341
• M. auricularis posterior, der hintere Ohrmus-
kel, zieht von hinten her horizontal zur Innenflä- 4.8.1.1.7 Bedeutung der mimischen
che der Ohrmuschel und zieht sie nach hinten Muskulatur
2. Muskeln, die an der knorpeligen Ohrmuschel Der Gesichtsausdruck gehört zur Persönlichkeit
entspringen und ansetzen eines Menschen. Die mimischen Funktionen
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4.8 Muskulatur des Kopfes und des Halses, Musculi capitis et colli 231

Abb. 4.42: Physiognomische Funktion der mimischen Muskeln, a. Lachen, b. Depressive Stimmung, c. Weinen,
d. Erstaunen

beruhen auf der Beweglichkeit der Gesichtshaut. 4.8.1.2 Kaumuskeln, Mm. masticatorii
Furchen, Falten und Grübchen, die die Individu-
alität ausmachen, werden von den Muskeln her- Aufgabe. Die Kaumuskeln bewegen den Unter-
vorgerufen. Form und Art der Gesichtsöffnungen, kiefer gegen den Oberkiefer. Dadurch können die
welche je von Muskeln umgeben sind, spielen bei Zähne die Nahrung erfassen, abbeißen und zerklei-
der Mimik eine Rolle. nern. Unterstützt werden sie durch die Wangen- und
Zungenmuskeln. Sie sind Muskeln des 1. Schlund-
Bei Nachlassen der Elastizität der Haut im Alter
bogens (s. Kap. 4.1.1.2, S. 181).
bleiben die durch die Kopfmuskulatur hervorge-
rufenen Hautfalten (ζ. B. Krähenfuße im äußeren 1. M. masseter (Abb. 4.39, 4.43). Er hat 2 Teile,
Augenwinkel) permanent bestehen. eine Pars superficialis und eine Pars profunda.
Da die mimischen Muskeln eine Einheit darstellen, ist es
O.: Jochbogenunterrand, vordere 2 Drittel: Pars
äußerst kompliziert, die Zuständigkeit einzelner Muskeln
superficialis; Innenfläche des Jochbogens, hin-
für bestimmte Gesichtsausdrücke zu definieren.
teres Drittel: Pars profunda
• Lachen (Abb. 4.42 a): Öffnung der Mundspalte, die /..· Seitenfläche des Ramus mandibulae bis her-
Mundwinkel werden gehoben, die Nasenlöcher erweitert, unter zum Kieferwinkel (Pars superficialis) an
Auftreten der Lachgrübchen in der Wange. der Tuberositas masseterica; Kieferast bis zum
• Beteiligt sind: M. levator labii superioris alaeque nasi,
Proc. coronoideus (Pars profunda)
Μ. levator labii superioris. Mm. zygomatici major und
L.: N. massetericus (Ν. V ), A. masseterica
minor, M. risorius. M. levator anguli oris.
(A. maxillaris)
• Depressive Stimmung, Verachtung (Abb. 4.42 b): F.: Adduktion, Protrusion, Laterotrusion
Geschlossene Mundspalte, die Mundwinkel sind nach
unten gezogen, die Nasolabialfalten fallen steiler ab. Die tiefe Schicht kann mit dem M. temporalis
• Beteiligt ist: M. depressor anguli oris. zusammenhängen. Die Pars superficialis ist eine
schräg verlaufende Lage, die Pars profunda eine
• Weinen (Abb. 4.42 c): Verengung der Lidspalte,
senkrecht verlaufende Lage. Auf dem Muskel sitzt
Zusammenziehen der Augenbrauen, Erweiterung
bzw. Verengung der Nasenlöcher, senkrecht gestellte
die Glandula parotidea, zwischen ihm und dem
Nasolabialfurche, Mundwinkel herabgezogen. M. buccinator sitzt der Wangenfettpropf.
• Beteiligt sind: M. corrugator supercilii, M. levator labii
2. M. temporalis (Abb. 4.39, 4.43)
superioris alaeque nasi, Μ. nasalis, Μ. depressor anguli
oris. O.: Planum temporale (tiefe Schicht), Fascia tem-
poralis (oberflächliche Schicht)
• Aufmerksamkeit (Abb. 4.42 d): Anheben der Augen-
brauen, Querfalten auf der Stim. /.: Proc. coronoideus mandibulae mit mächtiger
• Beteiligt ist: Venter frontalis des M. occipitofrontalis. Sehne
L.: Nn. temporales profundi (Ν. V,), Aa. tempora-
les profundae anterior und posterior

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232 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

Corpus adiposum buccae M. masseter Ductus parotideus M. buccinator Μ. depressor anguli oris
(abgeschnitten] [triangularis]

Abb. 4.43: Übersicht über die Muskeln des Kopfes. Faszia temporalis, Μ. masseter und Jochbogen sind größ-
tenteils entfernt

Raphe pterygomandibularis / ' |


ι ι
Ductus parotideus M. buccinator Μ depressor anguli oris

Abb. 4.44: Übersicht über die Mm. pterygoidei und den M. buccinator nach Entfernung des M. temporalis und
des Processus coronoideus der Mandibula. Das Kiefergelenk ist eröffnet

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4.8 Muskulatur d e s Kopfes und d e s Halses, Musculi capitis et colli 233

F.: Adduktion, Retrusion 4. Μ. pterygoideus medialis (Abb. 4.44)


Die Fascia temporalis (Abb. 4.39) spannt sich als 0 . : Fossa pterygoidea, Lamina lateralis des Proc.
derbe, aponeurotische Platte zwischen Linea tem- pterygoideus des Keilbeins
poralis superior und Jochbogen aus. Oberhalb des 1.: Tuberositas pterygoidea mandibulae
Jochbogens teilt sie sich in ein oberflächliches und L.: N. pterygoideus medialis (N. V,), Rr. pterygo-
tiefes Blatt, die an der Außen- bzw. Innenfläche des idei (A. maxilla)
Jochbogens ansetzen. Zwischen beiden liegt Fettge- F.: Adduktion, Protrusion, Mediotrusion
webe, das in höherem Alter oft schwindet und dann
Am Unterkieferwinkel steht der Muskel durch
die „eingefallenen Schläfen" der alten Menschen
einen Sehnenstreifen mit dem M. masseter in
ergibt. Zwischen den Mm. temporalis und masseter
Verbindung. Er bildet mit dem M. masseter eine
liegt der hintere Teil des Wangenfettpfropfs.
Schlinge, in der die Mandibula aufgehängt ist.
3. M. pterygoideus lateralis (Abb. 4.44). Er ist der
• Kaumuskeln und Kieferbewegung
einzige Muskel, der annähernd horizontal verläuft.
(Abb. 4.45)
0.: Lamina lateralis proc. pterygoidei (unterer
Kopf), Facies und Crista infratemporalis Die Kaumuskeln dienen der Bewegung des
{oberer Kopf) Unterkiefers gegen den Oberkiefer (Kauen,
1.: Fovea pterygoidea mandibulae und Collum Sprechen usw.)
mandibulae, Kapsel und Discus articularis des
Kiefergelenkes 1. Schließen der Kiefer (Abbeißen). Dies erfolgt
L.: N. pterygoideus lateralis (Ν. V,), Rr. pterygo- durch den M. temporalis sowie die Muskelschlinge
idei (A. maxillaris) des M. masseter und Μ pterygoideus medialis. Das
F.: Protrusion, Mediotrusion, Abduktion Geschlossenhalten wird durch den Unterdruck in
der Mundhöhle unterstützt.
Der Muskel nimmt eine Schlüsselstellung bei der
Öffnungsbewegung ein.

Μ temporalis

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234 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

2. Öffnen. Es erfolgt durch den M. pterygoideus versorgung und Form teils Kopf-, teils Rumpfmus-
lateralis, die Mundbodenmuskeln (x: Mm. mylo- keln entsprechen.
hyoideus, geniohyoideus und Venter anterior des
M. digastricus), nachdem das Zungenbein durch Die Halsmuskeln lassen sich topographisch
die kaudalen Zungenbeinmuskeln (z) nach unten in 3 Schichten gliedern. Danach unterschei-
und durch die Gruppe y (M. stylohyoideus, Venter det man: oberflächliche Halsmuskeln, eine
posterior des M. digastricus) nach hinten festge- mittlere Muskelschicht (obere und untere
stellt ist. Unterstützend wirken das Eigengewicht Zungenbeinmuskeln) sowie eine tiefe Hals-
des Unterkiefers und der mit ihm in Zusammen- muskelschicht (Skalenusgruppe, prävertebrale
hang stehenden Weichteile, weiter noch das Öffnen Muskeln).
der Mundspalte (Aufhebung des Unterdrucks in der
Mundhöhle). Die Pharynxmuskeln werden im Kapitel 4.14.3,
S. 306, die Larynxmuskel im Kapitel 4.16.4,
3. Vorschieben des Unterkiefers. Dies bewir-
S. 329, besprochen.
ken die Mm. pterygoidei laterales. Unterstützend
greifen die oberflächlichen Fasern des M. masse-
ter und der M. pterygoideus medialis ein. Da der
4.8.2.1 Oberflächliche Halsmuskeln
M. pterygoideus lateralis auch am Discus articu-
laris ansetzt, wird dieser beim Vorschieben mit 1. Platysma (Abb. 4.46)
nach vorn gezogen. Beim normalen Scherenbiss
Der Hautmuskel ist der Rest eines allgemeinen
muss erst eine leichte Öffnung erfolgen, damit die
Hautmuskels (Panniculus carnosus), den viele
Unterkieferschneidezähne an den vorstehenden
Säugetiere in zuckende Bewegung versetzen
Oberkieferzähnen vorbeigeführt werden können.
können, um ζ. B. lästige Fliegen zu verscheuchen.
4. Einseitiges Verschieben. Es erfolgt durch den
O.: Von der Faszie des großen Brust- und des
M. pterygoideus lateralis einer Seite. Das Kinn
Deltamuskels in Höhe der 2. Rippe; läuft als
weicht dabei zur anderen Seite ab.
breite, dünne (gc'xech. platys) Muskelplatte auf-
5. Zurückziehen. Dies bewirken die hinteren und medianwärts bis zum Unterkiefer
Züge des M. temporalis. Die Mundbodenmuskeln /.: Mit seinen medialen Fasern am Unterkie-
können helfend eingreifen. ferrand. Die lateralen Fasern strahlen in die
Wangengegend aus. Die medialsten Fasern
6. Kaukraft. Die Kaumuskeln sind stark gefiedert. überkreuzen sich unterhalb des Kinnes in der
Die in ihnen enthaltenen Sehnenspiegel vergrößern Mittellinie.
außerordentlich die Ursprungs- und Ansatzflächen
L.: Ramus colli (Ν. VII), N. transversus colli
(großer physiologischer Querschnitt) (s. Kap.
(Plexus cervicalis), A. facialis (A. carotis
2.2.3.2, S. 43). Die Kraftentfaltung ist bei kleins-
externa)
tem Raumbedarf sehr groß!
F.: Zieht den Unterkiefer und den Mundwinkel
7. Kaudruck. Darunter versteht man die gesamte herab, hebt die Haut in senkrechten Falten ab.
Kraft, die von den Kaumuskeln entfaltet wird. Die Hautfalten unterstützen den durch andere
Gesichtsmuskeln hervorgerufenen Gesichts-
Klinik: Die Kenntnis einer möglichen Kaukraft ausdruck. Seine medialen Fasern sind die
ist für die Materialwahl und Gestaltung von pro- Grundlage von Hautfalten, die bei alten Leuten
thetischem Ersatz wichtig. beidseits vom Kinn senkrecht abwärts ziehen.
Der Muskel besitzt keine eigene Faszie, ist fest
mit der Haut verbunden. Oberhalb des Brustbeins
4.8.2 Halsmuskeln bleibt ein muskelfreies Dreieck.
Der Hals spielt eine Vermittlerrolle zwischen
Klinik: 1. Die feste Verbindung mit der Haut
Rumpf und Kopf, er führt Eingeweide, Nerven und
erklärt die Tatsache, dass Entzündungen zwi-
Gefäße von kranial nach kaudal und umgekehrt.
schen Haut und Muskel sich wenig ausbreiten.
Diese Leistungen finden auch in dem Verhalten der
2. Ergüsse zwischen Platysma und Oberflächen-
Muskeln ihren Niederschlag, die in Lage, Nerven-
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4.8 Muskulatur des Kopfes und des Halses, Musculi capitis et colli 235

M . sternocleidomastoideus supraclavicularis des M . stemocleido- supraclaviculars


minor mastoideus major

Abb. 4.46: Hals. Oberflächenrelief (rechts) und Platysma (links)

faszie können bis zur Brust absinken. 3. Quere das Kinn gehoben. Sind Kopf und Hals festge-
Halswunden klaffen stärker als längslaufende; stellt, unterstützt er durch Hebung des Brust-
die Haut lässt sich leichter in Längs- als in Quer- korbs die Einatmung. Zur Zusammenarbeit mit
falten abheben. den übrigen Hals- und Nackenmuskeln s. Kap.
4.8.2.3, S. 240.
2. M. sternocleidomastoideus (Abb. 4.47)
Am Lebenden springt der Kopfwender schon in
O.: Zweiköpfig: 1. Pars sternal is: mit rundlicher ruhiger Lage als Wulst vor. Die medialen Ränder
Sehne vom Manubrium sterni, 2. Pars clavicu- beider Muskeln begrenzen die vordere Halsgegend
laris: mit breiter, platter Sehne vom Brustbei- (Regio colli anterior). Diese sinkt oberhalb des
nende des Schlüsselbeins Brustbeins zur Drosselgrube, Fossa jugularis, ein.
/..· Processus mastoideus, angrenzender Teil der Bei muskelschwachen und fettarmen Personen
Linea nuchae superior mit breiter, platter kann zwischen den Ursprungsköpfen des Muskels
Sehne die Haut zur Fossa supraclavicularis minor ein-
L.: N. accessorius, Äste des Plexus cervicalis sinken. Bei der Drehung des Kopfes erreicht der
(C,-C 4 ), A. sternocleidomastoidea, A. occipi- kontrahierte Muskel einen geraden Verlauf; beim
talis (Α. carotis externa) gedehnten Muskel der Gegenseite wird der spira-
F.: Bei beidseitiger Wirkung wird das Hinterhaupt lige Verlauf um den Hals stärker.
kaudalwärts gezogen, das Kinn gehoben und
der erhobene Kopf mit der Halswirbelsäule Klinik: Krankhafte, narbige Veränderungen im
ventralwärts gefuhrt. Bei einseitiger Tätigkeit Muskel, die zumeist im sternalen Kopf liegen,
wird das Gesicht zur Gegenseite gedreht und bedingen einen Schiefhals, Caput obstipum.

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236 4 Kopf, Cranium, u n d Hals, C o l l u m

Venter anterior Raphe


M. mylohyoideus m. digastnci m. mylohyoidei M. styloglossus M. masseter
1 \ I

Venter posterior m. digastnci


M. hyoglossus M. stylohyoideus
Os hyoideum,
- M. constrictor pharyngis inferior
M. thyrohyoideus

Prominentia laryngea - M. longus capitis

Venter superior - M. levator scapulae


m.omohyoidei
Μ. scalenus anterior
Μ. sternohyoideus
. Μ. scalenus medius
Cartilago cricoidea
- Plexus brachialis
Glandula thyroidea

Ν
Ν
M. trapezius Clavicula Μ. sternocleidomastoideus Fossa jugularis Μ. sternothyroideus Venter inferior m. omohyoidei

Abb. 4.47: M u s k e l n d e s Halses v o n vorn. Der linke M. s t e r n o c l e i d o m a s t o i d e u s ist teilweise entfernt. Auf d e n
U n t e r z u n g e n b e i n m u s k e l n ist die L a m i n a praetrachealis der Halsfaszie dargestellt

4.8.2.2 Mittlere Schicht 1. M. sternohyoideus


der Halsmuskulatur
Er verschmälert sich und konvergiert nach kra-
4.8.2.2.1 Untere Zungenbeinmuskeln, nial. Die medialen Ränder lassen zwischen sich
Mm. infrahyoidei (Abb. 4.47) den Adamsapfel, den Ringknorpel des Kehlkop-
fes, Teile der Luftröhre, der Schilddrüse und des
Sie entsprechen dem Rektussystem des Rumpfes
M. sternothyroideus frei.
und zeigen wie dieses in wechselnder Zahl sehnige
Unterbrechungen, Intersectiones tendineae. Für O.: Dorsalfläche des Manubrium sterni, Sternokla-
die Rumpfherkunft spricht die Nervenversorgung vikulargelenk, sternales Ende der Clavicula
durch die Ansa cervicalis (profunda, Ansa η. hypo- /.: Ansatz: kaudaler Rand des Corpus ossis hyo-
glossi C 2 -C 3 ). idei.
L.: Ansa cervicalis, A. thyroidea superior (Α. car-
Die Muskulatur liegt vor den Eingeweiden und
otis externa), A. thyroidea inferior (Truncus
wird durch Lamellen vom mittleren Blatt der Hals-
thyrocervicalis)
faszie eingeschlossen.
2. M. sternothyroideus
Er verbreitert sich nach kranial. Geht mit dem
lateralen Teil häufig mittels einer Zwischensehne in
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4.8 Muskulatur des Kopfes und des Halses, Musculi capitis et colli 237

den folgenden über. Der platte, dünne Muskel deckt Schildknorpel und damit den Kehlkopf. Die
die Schilddrüse, reicht über den medialen Rand des Muskeln wirken vor allem beim Kau- und
M. stemohyoideus hinaus, ist bei Schilddrüsenver- Schluckakt mit. Auch bei der Öffnung des
größerungen besonders gedehnt und atrophisch. In Mundes spielen sie eine Rolle (Abb. 4.45).
der Mitte besitzt er häufig eine Zwischensehne.
O.: Dorsalfläche des Manubrium sterni und Knor- 4.8.2.2.2 Obere Zungenbeinmuskeln,
pel der 1. Rippe kaudal und medial vom vori- Mm. suprahyoidei (Abb. 4.47)
gen
Diese werden unterteilt in:
/.: Ansatz: Linea obliqua des Schildknorpels
L.: Ansa cervicalis, A. thyroidea superior (Α. caro- • die tiefen Muskeln des 2. Schlundbogens
tis externa), A. thyroidea inferior (Truncus • die Mundboden- oder Unterkieferzungenbein-
thyrocervicalis) muskeln
3. M. thyrohyoideus • Tiefe Muskeln des 2. Schlundbogens
Er bedeckt die Membrana thyrohyoidea (s. Kap. Sie haben ihre ursprüngliche Lage zum 2. Schlund-
4.16.2, S. 327) bogen, auf den sie als Heber wirken, beibehalten,
während die Hauptmasse als mimische Muskulatur
O.: Linea obliqua des Schildknorpels
auf den Kopf und den Hals wanderte. Entsprechend
].: Ansatz: Lateraler Teil des Zungenbeinkörpers
werden sie vom Nerven des 2. Bogens, dem N. fa-
und medialer Teil des großen Zungenbein-
cialis, versorgt.
horns
L.: N. thyrohyoideus, der den Ν. XII nach Abgang 1. M. stylohyoideus
der Radix superior verlässt, A. thyroidea supe-
O.: Von der Dorsalfläche des Processus styloideus
rior (Α. carotis externa), A. thyroidea inferior
des Schläfenbeins, verläuft ab-, vor- und medi-
(Truncus thyrocervicalis)
alwärts, spaltet sich in 2 Zipfel, welche die
4. M. omohyoideus Zwischensehne des M. digastricus umgreifen
L: An der Grenze von Corpus und Cornu majus
Durch eine Zwischensehne, die an der mittleren
des Zungenbeins (Abb. 4.29)
Halsfaszie befestigt ist, wird er in einen Venter
L.: N. facialis, R. suprahyoideus (A. lingualis),
inferior und superior geteilt. Seine Faszie ist mit
A. occipitalis
der Rückfläche der Clavicula verwachsen, wo auch
Fasern entspringen können. Er verläuft schräg 2. Venter posterior des M. digastricus
durch die Regio colli lateralis.
0./I.: In der Incisura mastoidea, medial vom War-
O.: Margo superior der Scapula, medial der zenfortsatz, verläuft mit dem vorigen ab-, vor-
Incisura scapulae und medialwärts, durchbohrt den M. stylohy-
/.: Lateraler Teil des großen Zungenbeinhorns oideus und geht mittels einer Zwischensehne,
L.: Venter superior: Ansa cervicalis (C^, Α. thyro- die durch eine Faszienschlinge am Zungenbein
idea superior (Α. carotis externa), Α. thyroidea befestigt ist, in den folgenden über.
inferior (Truncus thyrocervicalis) L.: N. facialis, R. suprahyoideus (A. lingualis)
Venter inferior: Ansa cervicalis (C,-C 3 ), A. su-
prascapularis (Truncus thyrocervicalis) • Mundboden- und Unterkieferzungenbein-
muskeln
Klinik: 1. Die beiden Bäuche sind an der Zwi-
1. Venter anterior des M. digastricus
schensehne winklig abgebogen. Bei der Kon-
traktion kann die Halsfaszie gespannt und damit O./I.: Von der Zwischensehne kommend in der
die in der Gefäßscheide verlaufende V. jugularis Fossa digastrica des Unterkiefers
interna erweitert werden. L.: N. mylohyoideus (N. V3), Rr. glanduläres
(A. facialis)
F.: Gemeinsam fixieren sie das Zungenbein oder
2. M. mylohyoideus
nähern es dem Brustbein. Der M. thyrohyoi-
deus hebt, der M. sternothyroideus senkt den Er bildet die Grundlage für den Mundboden.
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238 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

O.: Von der Linea mylohyoidea des Unterkiefers, 1. IM. scalenus anterior
verläuft kaudal-, medial- und dorsalwärts
O.: Mit 4 (3) Zacken von den Tubercula anteriora
/.: Am Zungenbein und an der Raphe m. mylo-
des 3. (4.)-6. Halswirbelquerfortsatzes
hyoidei, einem medianen Bindegewebsstrei-
].: Am Tuberculum m. scaleni anterioris der
fen, der vom Unterkiefer zum Zungenbein
1. Rippe
(Abb. 4.29) zieht
L.: N. mylohyoideus (N. V3), A. submentalis 2. M. scalenus medius
(A. facialis), R. suprahyoideus (A. lingualis),
A. sublingualis (Α. lingualis) Ο.: Von den Tubercula anteriora aller Halswirbel-
querfortsätze
3. Μ. geniohyoideus /.: An der 1. Rippe hinter dem Sulcus a. subcla-
viae
Ο.: Von der Spina mentalis des Unterkiefers
/.: Am Zungenbein (Abb. 4.29) 3. M. scalenus posterior
L.: Plexus cervicalis (überN. XII), A. sublingualis
O.: Von den Tubercula posteriora des 5.-6. (7.)
(Α. lingualis)
Halswirbelquerfortsatzes
F.: aller oberen Zungenbeinmuskeln:
/.: Am oberen Rand der 2. Rippe
L.: Für alle Muskeln: Rr. ventrales der Spinalner-
Die beiden Mm. mylohyoidei bilden als quere
ven C , - ^ (C8), Rr. musculares, A. cervicalis
Traggurte den eigentlichen Mundboden, das
ascendens (Truncus thyrocervicalis), Rr. mus-
Diaphragma oris. Der auf ihm liegende
cularis (A. vertebralis)
M. geniohyoideus und der unter ihm liegende
F.: Sie heben die Rippen. Bei festgestellten Rippen
Venter anterior verstärken den Mundboden,
neigen sie die Halswirbelsäule seitwärts und
verspannen ihn in der Längsrichtung.
drehen sie zur gleichen Seite. Der vordere Ska-
lenus kann auch beugen. Bei fixierter Halswir-
Durch Heben des Mundbodens wird die auf ihm
belsäule und bei forcierter Inspiration wirken
liegende Zunge gegen den Gaumen gepresst. Ist das
sie als Atemhilfsmuskeln. Ihre Funktion bei
Zungenbein durch Venter posterior und M. stylohy-
der ruhigen Einatmung ist noch umstritten.
oideus (y in Abb. 4.45) einerseits und die unteren
Zungenbeinmuskeln (z in Abb. 4.45) andererseits 4. M. scalenus minimus s. Kap. 4.19.4, S. 353
festgestellt, so können die Mundbodenmuskeln
(x in Abb. 4.45) den Unterkiefer herabziehen, Skalenuslücken (Abb. 4.71, 4.120). 1. Zwi-
den Mund öffnen. Fixieren die Kaumuskeln den schen M. scalenus anterior und medius liegt
Unterkiefer, so können die Muskeln χ und y das die dreieckige hintere Skalenuslücke für den
Zungenbein und damit den Kehlkopf heben. Die Durchtritt der A. subclavia und des Plexus
Muskeln χ fuhren das Zungenbein und damit den brachialis. 2. Den Raum zwischen M. scalenus
Kehlkopf nach vorn und oben, unter die Zunge anterior, M. stemocleidomastoideus und Rück-
(,Schluckstellung\), die Muskeln y nach hinten und fläche der Clavicula bezeichnet man als vordere
oben (Phonationsstellungl). Skalenuslücke. Hier verläuft die V. subclavia.

4.8.2.2.3 Tiefe Halsmuskulatur (Abb. 4.48) Klinik: Bei zu enger hinterer Skalenuslücke
können durch Druck auf den Plexus brachialis
Sie liegen lateral und ventral von der Halswirbel-
und die A. subclavia Schmerzen und Durchblu-
säule sowie hinter der Lamina praevertebralis der
tungsstörungen am Arm auftreten (Skalenussyn-
Halsfaszie. Entsprechend unterscheiden wir eine
drom). Dieses Syndrom und andere Verursacher
laterale oder Skalenusgruppe und eine mediale oder
von Druck auf den Plexus brachialis und auf die
prävertebrale Gruppe.
A. und V. subclavia (ζ. B. Variationen der Mm.
• Skalenusgruppe, Mm. scaleni scaleni, zusätzlicher M. scalenus minimus, Vari-
ationen der Clavicula, der 1. Rippe, Halsrippen)
Sie entsprechen Zwischenrippenmuskeln, die mit- werden unter dem Sammelbegriff Thoracic-
einander verschmolzen sind. outlet-Syndrom zusammengefasst.

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4.8 Muskulatur d e s K o p f e s u n d d e s Halses, Musculi capitis et colli 239

Tuberculum anterius atlantis,


" M rectus capitis anterior

— M. rectus capitis lateralis


M. longus capitis-

Processus styloideus- — Processus mastoideus

A. vertebralis
Processus transversus atlantis-

_ — - M . longus colli
Μ spleniuscapitis·

^ Tuberculum caroticum
M. longus colli • •

/ Μ scalenus medius
M. levator scapulae /
scalenus anterior
A vertebralis. /
M. scalenus posterior
Α. thoracic) interna . /

A. subclavia
Costa I •

Abb. 4.48: Tiefe Halsmuskulatur. O b e r f l ä c h l i c h e (rechts) u n d tiefe L a g e (links). Der Schnitt


ist d u r c h d e n Processus m a s t o i d e u s gelegt

• Prävertebrale Gruppe (Abb. 4.48) /.: Unterfläche der Pars basilaris des Hinterhaupt-
beins
Die Gruppe liegt in der Rinne zwischen den Kör-
pern und Querfortsätzen der Halswirbel. 3. M. rectus capitis anterior
1. M. longus colli 0 . : Querfortsatz des Atlas
1.: Pars basilaris ossis occipitalis, dorsolateral
• Pars recta
vom vorigen
Ο.: Obere Brust- und untere Halswirbelkörper L.: Kurze Äste der Zervikalnerven, Rr. muscula-
1.: Körper der oberen Halswirbel res (A. vertebralis, Truncus thyrocervicalis,
A. thyroidea inferior), A. pharyngea ascendens
• Pars obliqita superior
(A. carotis externa)
Ο.: Tubercula anteriora der Querfortsätze 3.-5. F.: Bei beidseitiger Tätigkeit beugen sie den Kopf
/.: Tuberculum anterius des Atlas (M. rectus capitis anterior) bzw. die Halswir-
belsäule (M. longus capitis, M. longus colli)
• Pars obliqua inferior
nach vorn, bei einseitiger neigen sie sie zur
O.: Körper der oberen Brustwirbel Seite. Die schrägen Züge drehen den Kopf.
/.: Querfortsätze des 5. und 6. Halswirbels
2. M. longus capitis
O.: Tubercula anteriora des 3.-6. Halswirbelquer-
fortsatzes

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240 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

4.8.2.3 Das Zusammenspiel der Hals-, Halseingeweide, den Kopf und die Halswirbelsäule
Kau- und Nackenmuskeln vor, wenn die Kaumuskeln durch ihren Tonus die
Kieferöffnung verhindern. Sie haben mit ihren län-
geren Hebelarmen ein günstigeres Drehmoment als
Der mit den höheren Sinnesorganen ausgestat-
die prävertebralen Muskeln. Die Kieferöffnung kann
tete K o p f benötigt für die Orientierung in der
durch Senken des Unterkiefers durch die Zungenbein-
U m w e l t eine besonders große B e w e g l i c h k e i t . muskeln, aber auch durch Rückbeugen des Kopfes
D i e K o p f g e l e n k e und die Gelenke der Halswir- und der Halswirbelsäule durch die Nackenmuskeln
belsäule gestatten eine B e w e g u n g nach allen erreicht werden. Bei starker Rückbeugung des Kopfes
Seiten. Hals-, Kau- und Nackenmuskeln wirken und der Halswirbelsäule durch die Nackenmuskeln
auf die zahlreichen G e l e n k e in so vielfaltiger ist die vordere Halskontur fast gerade gestreckt; die
Weise ein, dass die Beteiligung der einzelnen Halseingeweide und die mehrgliedrige, vom Brustkorb
Gelenke und Muskeln nicht bei jeder Haltung bis zum Jochbeinbogen reichende Muskelkette sind
gedehnt. M. sternocleidomastoideus, Mm. scaleni und
analysiert werden kann.
die Zungenbeinmuskeln erhalten dabei eine günstige
Ausgangsposition für die Hebung des Brustkorbes
• Der Gesamtausschlag der Beugung und Streckung
(Einatmung).
beträgt etwa 125°. Er verteilt sich mit etwa 30° auf
das obere und untere Kopfgelenk und mit 95 bis 100°
auf die Halswirbelsäule. Eine Seitwärtsneigung des
Kopfes und des Halses kann bis etwa 45° erfolgen. Ihre
gleichsinnige Drehung erreicht etwa 90°, wovon etwa 4.8.3 Faszien und Bindegewebs-
25-30° auf das untere Kopfgelenk entfallen. räume des Halses
• Der bewegliche Stiel der Halswirbelsäule ermöglicht
auch noch eine Vor- und Rückverlagerung des Kopfes. L e r n z i e l : Blätter der H a l s f a s z i e , A u s d e h n u n g ,
Sie wird in der Hauptsache durch die Mm. sternocle- Inhalt, S p a l t r ä u m e : Lage, Inhalt, I n f e k t i o n s -
idomastoidei ausgeführt, die bei gerader Kopfhaltung
wege
die Halswirbelsäule etwa in der Mitte kreuzen. Bei
dieser Lage können sie die obere Halswirbelsäule
strecken und die untere beugen. Mit zunehmender
Vorverlagerung des Kopfes nimmt die streckende Wir-
4.8.3.1 Halsfaszie, Fascia cervicalis
kung ab, die beugende zu. Gemäß ihrem Verlauf wird
der M. splenitis capitis den Kopf drehen und seitwärts
neigen, der M. semispinalis capitis mehr strecken. Ist Der Hals besitzt einen ausgeprägten Bindege-
jedoch der Kopf durch die Muskelkette der Kau- und websapparat.
Zungenbeinmuskeln festgestellt, so kann er die Hals-
wirbelsäule strecken. M. splenius und M. levator sca- Teils sind es Faszien, die als Führungsröhren Mus-
pulae bilden mit dem M. sternocleidomastoideus einen keln, E i n g e w e i d e und Leitungsbahnen umhüllen,
spitzen Winkel. Sie können den Kopf und die oberen teils handelt es sich um lockeres Gewebe, wel-
Halswirbel rückverlagern. Sie sind darin Antagonisten ches die A u s d e h n u n g v o n Organen (Oesophagus,
des M. sternocleidomastoideus. Bei nach vorn geführ-
Gefäße) ermöglicht und die Gleitfähigkeit bei den
ter Schulter wird der M. levator scapulae ein Seit-
ausgiebigen B e w e g u n g e n der Organe (ζ. B. beim
wärtsneiger. Außer ihm neigen noch der M. sternocle-
idomastoideus, der Kopfteil des M. trapezius, die Mm. Schlucken, Sprechen, Würgen) oder der Wirbel-
scaleni und die meisten Nackenmuskeln bei einseitiger säule erhöhen. Gleichzeitig bietet der B i n d e g e -
Kontraktion seitwärts. websapparat W e g e für die Infektionsausbreitung.

• Die wirksamsten Drehmuskeln setzen am Kopf an.


D i e H a l s f a s z i e wird in 3 B l ä t t e r untergliedert,
Mm. sternocleidomastoideus und trapezius drehen
das Gesicht zur entgegengesetzten Seite. Sie neigen die teilweise ineinander übergehen: oberflächli-
gleichzeitig seitwärts, wenn nicht Nackenmuskeln der ches Blatt, Lamina superficialis, mittleres Blatt,
Gegenseite (M. splenius capitis, M. longissimus capi- Lamina praetrachealis, tiefes Blatt, Lamina
tis, M. semispinalis capitis) im gleichen Sinne drehen p r e v e r t e b r a l is mit Lamina intercarotica (Abb.
und zugleich eine entgegengesetzte Seitwärtsneigung 4.49).
ausführen.

• Die oberen und unteren Zungenbeinmuskeln


beugen, unterstützt von dem elastischen Zug der

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4.8 Muskulatur des Kopfes und des Halses, Musculi capitis et colli 241

Fascia cervicalis
(Lamina super — Lig. nuchae
ficialis)
— — Tiefe Nackenmuskerln
Μ trapezius —

Lamina
Processus spinosus — I -''superficialis
Γ
__ Fettgewebe in der
Rückenmark und _
Regio colli lateralis
Rückenmarkshäute
_ Lamina
praevertebralis
Α., V. vertebralis —
— ' Plexus brachialis
M . longus colli et _
N. phrenicus auf dem
capitis
— M . scalenus anterior
M . scalenus anterior _
— · Vagina carotica
et medius
N. vagus, Α. carotis
Truncus sympathicus __ ___ com., V. jugularis
interna
Glandula thyroidea

Μ sterno-
mit Kapsel
-ν ^ cleidomastoideus
Cartilago cricoidea,
Lamina intercarotica
M . cricoarytaenoideus
post. ' Lamina praevertebralis
Μ . omohyoideus Cornu inferius
" cartilaginis thyroideae
Μ . sternohyoideus.
Μ . sternothyroideus ' Platysma

- Pharynx, Spatium
Lig. vocale Lamina praetrachealis Spatium suprasternale Spatium praelaryngeale
retropharyngeum

Abb. 4.49: Faszien und Bindegewebsräume des Halses. Querschnitt in Ringknorpelhöhe, von kaudal
gesehen. Lamina superficialis der Halsfaszie - dicke vollschwarze Linie: Lamina praetrachealis - dünne
schwarze Linie; Lamina praevertebralis - schwarz gestrichelt

• Lamina superficialis. Sie liegt unter der Haut Kaudal zieht sie über das Schlüsselbein zur vor-
und unter dem Platysma. In Form einer Gurtung deren Thoraxwand, wo sie in die Fascia pectoralis
umhüllt sie als einheitliche Binde den ganzen übergeht. Sie wird von zahlreichen Hautvenen und
Hals und umscheidet die beiden Mm. sterno- -nerven durchbrochen.
cleidomastoidei sowie die Mm. trapezii (als
• Lamina praetrachealis. Sie ist kein einheitli-
Fascia nuchae).
ches Blatt, sondern in verschiedene Lamellen
Sie verbindet sich hinten in der Medianebene mit aufgespalten, die die Unterzungenbeinmuskeln
dem Lig. nuchae. umscheiden und die Halseingeweide (Kehlkopf,
Luftröhre, Schlund, Speiseröhre, Schilddrüse)
Ausdehnung. Der kraniale Ansatz ist am Unterkie-
lateral einhüllen.
fer. Am Kieferwinkel geht die Faszie in die Fascia
Ausdehnung. Sie spannt sich zwischen Os
masseterica und Fascia parotidea (Parotisloge)
hyoideum (kranial), den Hinterwänden von
über. Kaudaler Ansatz ist an der Außenfläche der
Sternum und Clavicula (kaudal) sowie dem
Clavicula und des Sternums. Mittlerer Ansatz ist
M. omohyoideus (lateral) beiderseits aus und
am Os hyoideum. Am Mundboden, dem sie direkt
ist auf dieses Dreieck beschränkt. Im Bereich
anliegt, spaltet sie sich auf und umkleidet als derbe
des M. omohyoideus steht sie mit der Vagina
Hülle die Gl. submandibularis (Submandibular-
carotica, lateral mit der Scheide des M. sterno-
loge).
cleidomastoideus in Verbindung. Die Zwischen-
sehne des M. omohyoideus ist mit der Vagina

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242 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

carotica verwachsen, somit kann der Muskel das


Klinik: 1. Abszesse im Hals- und Kopfbereich
Lumen der Vena jugularis interna offen halten.
können sich weiträumig über Logen und Spal-
Beide Vaginae caroticae sind miteinander hinter
ten bis zum hinteren Mediastinum und in die
dem Oesophagus verbunden und umschließen
Achselhöhle als Senkungsabszesse ausbreiten.
somit den dorsalen Bereich der Halseingeweide
2. Eitrige Prozesse an der Wirbelsäule können
(Lamina intercarotica der Lamina praevertebra-
den Halsgrenzstrang schädigen.
lis der Fascia cervicalis); sie wird mitunter auch
als Fascia peripharyngea bezeichnet, welche
nach kranial in die Fascia buccopharyngea und
weiter zur Schädelbasis in die Fascia pharyngo- 4.8.3.2 Spalträume und Logen des Halses
basilaris übergeht.
Diese Räume werden von den Blättern der Halsfas-
Klinik: 1. In ihrem kaudalen Abschnitt spannt zie begrenzt. Ihnen kommt eine große praktische
die Faszie die Venen (V. jugularis interna, Bedeutung zu:
V. thyroidea inferior, V. thyroidea ima); bei
• Sie geben dem Hals mit seinen Muskeln und
Venenöffnung kann es zum Ansaugen von Luft
Organen den erforderlichen Halt.
kommen (Luftembolie). 2. Durch die Fixierung
• Sie dienen Organen und Lymphknoten als
der Venen in den Faszien wird ein Kollabieren
„Lagerstätten".
derselben verhindert und damit ein optimaler
• Sie sind für Gefäße und Nerven Durchgangs-
Blutrückfluss aus dem Kopf-Hals-Bereich
straßen.
gesichert. Die Venen können gut punktiert oder
• Sie ermöglichen die Ausbreitung von Ergüssen
katheterisiert werden (ζ. B. Jugulariskatheter).
und Eiteransammlungen (Abb. 4.50).
3. Bei der äußeren Verletzung der Lamina pra-
etrachealis kann Luft in den Thorax gelangen,
und es besteht die Gefahr eines Pneumothorax. Fossa
tempo- Cavitas cerebri
ralis
• Lamina praevertebralis. Sie liegt hinter dem
Eingeweideschlauch vor der Wirbelsäule und ' Fossa Fossa"
Cavites nasi

überzieht die prävertebralen Muskeln, die infratem pterygo- Cavitas oris


yporalls palatine,
Mm. scaleni, den M. levator scapulae und geht
dorsal in das oberflächliche Blatt über bzw. setzt
sich bis in das Nackenbindegewebe und die Cavitas oris

Fascia nuchae fort. Im Bereich der seitlichen


Spatium
Halsgegend ist sie durch lockeres, mit Fett sublin-
durchsetztes Bindegewebe vom oberflächlichen Art. temporo-
guale/

Blatt getrennt. Ventral bildet sie als Lamina mandibularis

intercarotica den retroösophagealen Abschluss Meatus acus- Parotis-


ticus externus loge Spatium
des Eingeweideschlauches und eine Verbindung submandi
Spatium
submen-
zwischen beiden Vaginae caroticae. Zwischen bulare v tale y

der Lamina intercarotica und der Lamina prae-


vertebralis befindet sich der Retropharyngeal-
bzw. Retroösophagealraum mit Verbindung zum
Mediastinum posterius.
Ausdehnung. Von der Schädelbasis bis zum
3. Brustwirbel. Das Blatt setzt sich mit den Mm.
scaleni bis in die Achselhöhle fort. Im Bereich
der Skalenuslücken werden die Leitungsbahnen
zur oberen Extremität (Α., V. subclavia, Plexus Mediastinum

brachialis) eingeschlossen. In der Lamina prae-


Abb. 4.50: Logen und Bindegewebsräume an Kopf und
vertebralis liegen der N. phrenicus sowie der
Hals. Mögliche Wege von Prozessen (verändert nach
Halssympathicus mit den Halsganglien. G.-H. Schumacher)

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4.8 Muskulatur d e s K o p f e s u n d d e s Halses, Musculi capitis et colli 243

Alle Räume sind mit Binde- und Fettgewebe • Prätrachealer Spalt, Spatium praetracheale.
erfüllt. Er befindet sich hinter dem mittleren Blatt der
Halsfaszie und begleitet die Trachea ins Medias-
• Submandibularloge, Spatium submandi-
tinum.
bulare. Sie ist der Raum zwischen medialer
Inhalt: 1. Isthmus der Schilddrüse, 2. Trun-
Unterkieferfläche sowie der Unterfläche des
cus brachiocephalicus, 3. Venengeflechte der
M. mylohyoideus und entsteht durch einen Fas-
Schilddrüse, 4. Sympathische Nervenäste
ziensack der Lamina superficialis. Oberhalb des
Zungenbeins überzieht diese als derbe Hülle die • Faszienschlauch für den Gefäß-Nervenstrang
Glandula submandibularis. Ein tiefes Blatt der des Halses, Vagina carotica. Er liegt seitlich
Faszie bedeckt als Muskelfaszie den Mundhöh- der Halseingeweide und stellt eine Röhre des
lenboden. Eine derbe Bindegewebsplatte, der mittleren Blattes der Halsfaszie dar, die bis ins
Tractus angularis, verankert die Oberflächenfas- Mediastinum zieht.
zie am Kieferwinkel. Der einheitliche Bindege- Inhalt: 1. A. carotis communis, 2. V. jugularis
websraum hat entlang den Gefäß-Nervenstraßen interna, 3. N. vagus, 4. Radix superior der Ansa
Verbindungen zur Regio sublingualis, zur ober- cervicalis, 5. Sympathische Nervenäste
flächlichen und tiefen Gesichtsgegend sowie
zum Trigonum caroticum. • Seitlicher Pharyngealraum, Spatium late-
ropharyngeum (Abb. 4.121). Er ist ein Teil
Inhalt: 1. Gl. submandibularis, 2. Nil. subman-
des Spatium peripharyngeum, liegt lateral vom
dibulares, 3. Äste der Aa. facialis und lingualis,
Pharynx und breitet sich bis zur Parotis aus
4. Ast der Chorda tympani, 5. Sympathische
(s. Kap. 4.19.3, S. 351). Nach hinten reicht er
Nervenäste
bis zum tiefen Blatt der Halsfaszie; medial zieht
• Submentalloge, Spatium submentale. Sie er im Halsbereich in das Spatium retropharyn-
befindet sich zwischen Unterkiefer und Zun- geum, nach oben dehnt er sich bis zur Fossa
genbein. Seitlich wird sie beiderseits von den infratemporalis und nach unten bis zum Media-
vorderen Bäuchen des M. digastricus begrenzt. stinum aus. Er ist im Kopfbereich vom Spatium
Unten schließt die oberflächliche Halsfaszie die retropharyngeum durch das Septum sagittale
Loge ab. getrennt (s. Kap. 4.19.3, S. 351).
Inhalt: Nil. submentales Inhalt: Gefäß-Nervenstraße der Vagina carotica
• Suprasternalloge, Suprasternalraum, Spa- • Hinterer Pharyngealraum, Spatium retro-
tium suprasternale. Der Raum befindet sich pharyngeum. Spaltraum zwischen hinterer
oberhalb des Brustbeins zwischen oberfläch- Pharynxwand (Lamina intercarotica) und
lichem und mittlerem Blatt der Halsfaszie Lamina praevertebralis der tiefen Halsfaszie.
(Ansätze vor bzw. hinter dem Brustbein!). Vom Spatium lateropharyngeum nur durch
Inhalt: Arcus venosus juguli, welcher die Quer- einen dünnen Faszienzügel, Septum sagittale,
verbindung der V. jugularis anterior beiderseits getrennt. Er dehnt sich von der Schädelbasis bis
darstellt. zum retroösophagealen Raum aus.
Inhalt: 1. Äste der A. pharyngea ascendens,
Klinik: Bei der Tracheotomie können der Arcus 2. Vv. pharyngeae, 3. Nil. retropharyngeales
venosus juguli und ein möglicher Lobus pyra- (mitunter nur ein Lymphknoten), 4. Sympathi-
midalis der Schilddrüse verletzt werden (starke sche Nervenäste
Blutungen möglich!).
Klinik: 1. Verletzungen der Gefäße können zu
• Loge des M. sternocleidomastoideus, Spa- starken Blutungen fuhren, die bis zum Medi-
tium sternocleidomastoideum. Sie wird vom astinum absacken können. 2. Die Nil. retro-
oberflächlichen Blatt der Halsfaszie als eine Art pharyngeales sind bei Kindern zumeist stark
Scheide gebildet. ausgebildet.
Inhalt: 1. M. sternocleidomastoideus, 2. Α. V.
sternocleidomastoidea, 3. N. accessorius, 4. Rr. • Hinterer ösophagealer Spalt, Spatium retro-
sternocleidomastoidei aus dem Plexus cervica- esophageum. Fortsetzung des Spatium retro-
lis, 5. Sympathische Nervenäste pharyngeum nach unten. Befindet sich hinter
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244 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

dem Halsteil des Oesophagus und reicht bis ins • Prävertebraler Spalt, Spatium praeverte-
Mediastinum posterius. brale. Er liegt zwischen Lamina praevertebralis
Inhalt: 1. Aa. oesophageales, Äste der A. pha- und der Wirbelsäule.
ryngea ascendens, 2. Vv. oesophageales, Vv. Inhalt: Prävertebrale Halsmuskeln mit Ner-
pharyngeae venästen aus dem Plexus cervicalis

4.9 Arterien des Kopfes und des Halses

Lernziele: Lage, Verlauf, Ausbreitungs- und 4.9.2 Innere Kopfschlagader,


Versorgungsgebiete der Aa. carotis interna und A. carotis interna
externa
Die Arterie ist durch den Circulus arteriosus
cerebri (s. Kap. 5.3.4.1, S. 443) an der Ver-
Die arterielle Versorgung erfolgt von Ästen der
sorgung des Gehirns beteiligt. Des Weiteren
A. carotis communis und ζ. T. auch von Ästen
werden der gesamte Inhalt der Orbita sowie
der A. subclavia (Abb. 4.51).
deren Umgebung, die Stirngegend, der vordere
Nasenhöhlenabschnitt sowie Siebbeinzellen und
Stirnhöhle versorgt.
4.9.1 Gemeinsame Kopf Schlagader,
A. carotis communis Sie zieht ohne Astabgabe lateral der Rachenwand
(Pars cervicalis), durch den Canalis caroticus des
Sie entspringt rechts aus dem Truncus brachio-
Felsenbeines (Pars petrosa) in die Schädelhöhle,
cephalicus, links direkt aus dem Arcus aortae
verläuft S-bogenförmig (Karotissiphon) durch den
und versorgt den ventralen und medialen Teil des
Sinus cavernosus (Pars cavernosa, s. Abb. 5.49,
Halses sowie den ganzen Kopf. Anastomosen zwi-
S. 411) und tritt in den Subarachnoidalraum ein
schen rechter und linker werden gebildet:
(Pars cerebralis).
• im Bereich der Hirnbasis (Circulus arteriosus
cerebri) Abschnitte
• im Bereich der Schilddrüse (kraniale Schilddrü-
• Pars cervicalis. keine Astabgabe
senarterien)
• Pars petrosa. Aa. caroticotympanic!, Α. canalis
• mit dem Stromgebiet der A. subclavia, die im
pterygoidei
wesentlichen den lateralen und dorsalen Teil des
• Pars cavernosa. R. meningeus, R. sinus caver-
Halses und die obere Gliedmaße versorgt, durch
nosi, A. hypophysialis inferior, Rr. ganglionares
die kaudalen Schilddrüsenarterien.
trigeminales
Verlauf. Die A. carotis communis verläuft • Pars cerebralis. A. ophthalmica, A. hypophy-
lateral von der Trachea in der Vagina carotica sialis superior, A. choroidea anterior, A. cerebri
ohne Astabgabe kranial- und etwas lateralwärts media, A. cerebri anterior, A. communicans
bis zum Oberrand des Schildknorpels (3. bis posterior
4. Halswirbel),und teilt sich in
Alle Äste und Astfolgen werden in den Kapiteln
> A. carotis interna (hinten, lateral gelegen) 5.3.4.1, S. 443, und 6.4.1., S. 587, genauer bespro-
\> A. carotis externa (vorn, medial gelegen) chen.
Da sich der Kehlkopf im Lauf des Lebens senkt, Äste der A. ophthalmica versorgen neben dem
steigt die Teilungsstelle scheinbar auf. In ihrer gesamten Orbitainhalt auch die Stirngegend
Nähe ist die A. carotis communis oder interna (A. supraorbitalis), die Nasenhöhle (A. ethmoidalis
erweitert (Sinus caroticus, in dessen Wand Pres- posterior) und Haut der Nasenwurzel (A. dorsalis
sorezeptoren liegen). Im Teilungswinkel liegt das nasi).
Glomus caroticum, ein Paraganglion mit Chemo-
rezeptoren (Abb. 4.52).
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4.9 Arterien d e s K o p f e s u n d d e s Halses 245

A. carotis interna^

^ A. cerebri media
et anterior
A. meningea media ^
^ A . ophthalmica
A. temporalis
superficialis"" A. angularis

_ Aa. temporales
A. auricularis ___
posterior profundae
- A. infraorbitalis
A. occipitalis — _ Aa. alveolares
superiores
A. palatina
A. maxillaris
descendens

A. masseterica Α. labialis superior

- A. buccalis
A. areolaris interior
A. profunda
A. occipitalis linguae

~ ' Α labialis inferior


A. facialis
A. mentalis

A. pbaryngea ascendens — A. sublingualis

A. submentalis
I interna \
A. carotis j A.lingualis
I externa
x
A. laryngea superior
A. vertebralis

" A. thyroidea superior


A. carotis communis

A. subclavia Glandula thyroidea


Truncus brachiocephalicus

Abb. 4.51: Ü b e r s i c h t über die A r t e r i e n v e r s o r g u n g d e s K o p f e s u n d d e s Halses

4.9.3 Äußere Kopfschlagader, D> A. maxillaris und


A. carotis externa D> A. temporalis superficialis.
Während ihres Verlaufes gibt sie ventrale, mediale
Sie versorgt den Kopf mit Ausnahme des
und dorsale Äste und Endäste ab.
Gehirns, der Orbita, der Stirn und des vorderen
Abschnittes der Nasenhöhle.
4.9.3.1 Ventrale Äste
Beim Ursprung aus der A. carotis communis liegt
sie zumeist ventral und medial von der A. carotis
1. A. thyroidea superior. Sie entspringt unmittel-
interna. Sie zieht oberflächlich durch das Trigonum
bar nach der Karotisteilung (selten aus der A. ca-
caroticum (Abb. 4.53), dann unter dem Venter
rotis communis), zieht bogenförmig abwärts zum
posterior des M. digastricus und dem M. stylo-
Oberrand und zur Vorderfläche der Schilddrüse.
hyoideus, um dorsal vom Ramus mandibulae in
der Ohrspeicheldrüse bis zum Collum mandibulae
aufzusteigen, wo sie sich aufteilt in ihre Endäste
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246 4 Kopf, Cranium, und Hals,.Collum

N. glossopharYngeus A. pharyngea ascendens

A. carotis interna Α carotis externa

Ganglion inferius n. vagi Ganglion cervicale superius

N. laryngeus superior Plexus intercaroticus

Ramus sinus carotici A. facialis

Glomus caroticum A. lingualis

Sinus et plexus caroticus A. thyroidea superior

N.vagus N. laryngeus superior

Abb. 4.52: Glomus caroticum und Sinus


A. carotis communis Truncus sympathies caroticus (verändert nach D. Sheehan)

M. digastricus R. marginalis mandibulae M. masseter Vasa facialia Platysma A. submentajis


(Venter posterior) (n. facialis) 1 /
^ \ 1
\
I
M. digastricus
"'(Venter anterior)
Gl. parotidea

_ — Gl. submandibularis
A. facialis

R. colli n. facialis ^ _ — — - M. stylohyoideus

M. stemocleido-
M. mylohyoideus
mastoideus

N. accessorius - Os hyoideum
A. carotis externa et N. hypoglossus, M. hyoglossus
Radix sup. ansae cervicalis ~ et R. thyrohyoideus
Plexus cervicalis A. lingualis

A. N. laryngeus superior (R. internus)


A. sternocleidomastoidea — __
R. externus n. laryngei sup.
Radix inferior ansae
cervicalis Glomus caroticum

A. thyroidea superior
N. transversus colli
M. omohyoideus (Venter superior)
(et "Ansa cervicalis super-
ficialis"!
A. carotis communis

Platysma V jugularis interna, Nodi lymphatici


cervicales
Μ. sternocleidomastoideus Ansa cervicalis
^ (profunda, hypoglossi)

M. sternohyoideus

v
M. sterrtothyroideus

Abb. 4.53: Übersicht über Trigonum caroticum und Trigonum submandibulare. Haut und Platysma sind teilweise
abgetragen. Der M. sternocleidomastoideus ist nach dorsal gezogen
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4.9 Arterien des Kopfes und des Halses 247

Astfolge: Pharynx, zur Gaumenmandel (R. tonsillaris) und


zum weichen Gaumen
\> R. infrahyoideus, vor dem Zungenbein, anasto-
[> A. submentalis. Sie zieht auf der Unterfläche
mosiert mit dem Ast der Gegenseite
des M. mylohyoideus zum Kinn. Äste verlaufen
\> R. sternocleidomastoideus, zum gleichnami-
zu den Muskeln und zur Gl. submandibularis
gen Muskel
\> Aa. labiales inferior und superior, zur Unter-
> A. laryngea superior, gelangt mit dem gleich-
und Oberlippe. Anastomosen zur Gegenseite
namigen Nerven durch die Membrana thyrohyoi-
und zu benachbarten Arterien
dea in das Innere des Kehlkopfes
ϊ> Α. angularis, Endast, zum medialen Augenwin-
Ο R. cricothyroideus, zieht vor dem gleichnami-
kel und Anastomose zur A. dorsalis nasi (aus der
gen Band zur Mittellinie, wo er meist mit dem
A. ophthalmica), Versorgung der äußeren Nase.
Ast der anderen Seite anastomosiert
Klinik: A. thyroidea superior, Α. lingualis
Klinik: Die Anastomose zwischen beiden Ästen
und A. facialis können in einem gemeinsamen
bietet eine Verletzungsgefahr bei der Konioto-
Stamm aus der A. carotis externa entspringen.
mie.
Diese Variation ist bei Unterbindung zu beach-
ten.
t> R. anterior und R. posterior, zum oberen
Schilddrüsenanteil
2. A. lingualis. Sie entspringt in Höhe des großen 4.9.3.2 Medialer Ast
Zungenbeinhorns, verschwindet unter dem
M. hyoglossus (hier zu unterbinden!) und ver- A. pharyngea ascendens. Sie entspringt direkt
läuft geschlängelt zwischen M. genioglossus und oberhalb der Karotisteilung und läuft an der seitli-
M. longitudinalis inferior zur Zungenspitze. Äste chen Rachenwand aufwärts bis zur Schädelbasis.
sind:

t> R. suprahyoideus, über dem Zungenbein zum 4.9.3.3 Dorsale Äste


gleichnamigen Ast der Gegenseite zu den Mus-
keln 1. A. sternocleidomastoidea. Sie zieht über den
D> A. sublingualis, zwischen M. mylohyoideus N. hypoglossus nach lateral und unten zum gleich-
und Gl. sublingualis verlaufend (für Unterzun- namigen Muskel.
gendrüse, Schleimhaut unter der Zunge, Zahn-
2. A. occipitalis. Sie entspringt in Höhe der A. faci-
fleisch und Muskeln)
alis und steigt, bedeckt vom M. digastricus, zum
t> Rr. dorsales linguae, fur die Schleimhaut der
Warzenfortsatz im eigenen Sulcus auf. Sie wendet
Zungenwurzel
sich unter die Mm. sternocleidomastoideus, sple-
l> A. profunda linguae, der Endast der A. lingua-
nius capitis und longissimus capitis dorsalwärts,
lis, verläuft an der Unterfläche der Zunge neben
durchbohrt den Trapeziusursprung und zieht am
dem Zungenbändchen zur Spitze
Hinterhaupt in der Subcutis aufwärts.
3. A. facialis (Abb. 4.54). Sie entspringt unmit-
3. A. auricularis posterior. Sie steigt vor dem
telbar oberhalb der vorigen (mitunter mit ihr
Warzen fortsatz und hinter der Ohrmuschel auf-
zusammen), zieht unter dem Venter posterior des
wärts. Außer den Muskelästen gibt sie ab:
M. digastricus in das Trigonum submandibulare,
verläuft hier, bedeckt durch die Glandula subman- \> A. stylomastoidea, durch das gleichnamige
dibularis, oft in diese eindringend, und in stärkeren Loch in den Canalis facialis. Von hier gehen
Krümmungen zum Unterrand des Unterkiefers (vor Äste zur Schleimhaut der Paukenhöhle (A. tym-
dem Masseteransatz ist der Puls zu fühlen!). Im panica posterior), zu den Cellulae mastoideae
Gesicht zieht sie stark geschlängelt aufwärts zum (Rami mastoidei) und an den Steigbügelmuskel
medialen Augenwinkel (Anastomose des Endastes (R. stapedius)
mit der A. ophthalmica). Äste sind: \> R. auricularis, zur Rückfläche der Ohrmuschel
Ο R. occipitalis, zum Hinterhaupt. Anastomose
t> A. palatina ascendens. Sie verläuft zwischen
mit der A. occipitalis.
M. styloglossus und M. stylopharyngeus zum
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248 4 Kopf, Cranium, u n d Hals, Collum

_ - Venter frontalis m. occipitofrontalis

— R. lateralis | μ. A V
„ R. medialis } ^upraorbitalis
R. frontalis a. temporalis
superficialis
^ N. supratrochlearis
Aa. palpebrales mediales ^
-
- N. infratrochlearis

N. lacrimalis _ / X k., V. angularis


/ ^ Rr. palpebrales inferiores
n. infraorbitalis
R. zygomaticotemporal^
/ Rr. nasales externi n. infraorbitalis

R. temporalis η. facialis ^ R. nasalis externus


• n. ethrnoidalis anterioris

A. zygomaticoorbitalis

R zygomaticofacialis —

M. zygomaticus minor —

Rr. zygomatic! η. facialis •


* Ν., Α., V. infraorbitalis

A- transversa faciei ~~
" Rr. labiales superiores n, infraorbitalis

Ductus parotideus, M. masseter


" M. zygomaticus major
/
Rr. buccales n. facialis
- A. labialis inferior
N. buccalis
- Ν., A. mentalis
Α., V facialis —

- M. mentalis
R. marginalis mandibulae
n. facialis

M. depressor angulioris
{zurückgeklappt)

Abb. 4.54: N e r v e n u n d Gefäße d e s Gesichts. Die Austrittsstellen der Trigeminusäste sind freigelegt

4.9.3.4 Endäste mit der A. occipitalis). In ihrem Verlauf gibt sie


folgende Äste ab:
Die Teilung der A. carotis externa erfolgt hinter
t> R. parotidei, zur Glandula parotidea
dem Collum mandibulae in die A. temporalis
\> A. transversa faciei, fingerbreit unterhalb des
superficialis und in die A. maxillaris.
Jochbogens zum Gesicht
1. A. temporalis superficialis. Sie ist häufig als t> Rr. auriculares anteriores, zur Vorderfläche
stark geschlängeltes Gefäß in der Schläfengegend der Ohrmuschel und zum äußeren Gehörgang
zu erkennen ist. Sie verläuft vor dem Ohr auf- D> A. zygomaticorbitalis, zum lateralen Augen-
wärts, teilt sich oberhalb des Jochbogens in einen winkel
R. frontalis (zur Stirngegend, Anastomose mit dem Ο A. temporalis media, durchbohrt die Fascia
Ramus lateralis der A. supraorbitalis) und einen temporalis und zieht zum Schläfenmuskel.
R. parietalis (zur Schläfengegend, Anastomose
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4.10 Venen des Kopfes und des Halses 249

2. A. maxillaris. Sie verläuft an der Innenfläche des [> A. alveolaris superior posterior, tritt am Tuber
Ramus mandibulae (Pars mandibularis), lateral maxillae in den Oberkiefer zu den hinteren
oder seltener medial von dem M. pterygoideus lat. Zähnen
(Pars pterygoidea), vorwärts zur Fossa pterygo- ϊ> A. infraorbitalis, gelangt am Boden der Augen-
palatina (Pars pterygopalatina), wo sie dann in höhle durch den Canalis infraorbitalis und das
ihre 3 Endäste zerfällt. Foramen infraorbitale zum Gesicht (hier Anas-
tomosen mit den Gesichtsarterien). Im Canalis
• Pars mandibularis (Äste meist in Knochen-
infraorbitalis gehen die Aa. alveolares supe-
kanälen verlaufend)
riores anteriores zu den vorderen Zähnen des
t> A. auricularis profunda, zu Kiefergelenk, Oberkiefers ab.
Trommelfell und äußerem Gehörgang [> A. palatina descendens, steigt im Canalis
t> A. tympanica anterior, durch die Fissura petro- palatinus major abwärts zum harten Gaumen
tympanica zur Schleimhaut der Paukenhöhle (A. palatina major, durch gleichnamiges Loch),
> A. meningea media, die größte Hirnhautarterie, zum weichen Gaumen (Aa. palatinae minores,
durch das Foramen spinosum zur harten Hirn- durch gleichnamige Löcher) und zur Gaumen-
haut. Teilung in einen vorderen und hinteren tonsille
Ast [> A. canalis pterygoidei (durch gleichnamigen
l> A. alveolaris inferior. Sie läuft im Canalis man- Kanal), rückwärts zu Schlund, Ohrtrompete und
dibulae (Äste zu Knochen, Zähnen, Zahnfleisch) Paukenhöhle
und tritt durch das Foramen mentale als A. men- D> A. sphenopalatina, durch das gleichnamige
talis zum Kinn und zur Unterlippe. Loch zum oberen und hinteren Teil der Nasen-
höhle, wo sie sich in die Aa. nasales posteriores
• Pars pterygoidea (zu den Kaumuskeln)
laterales (laterale Wand) et septi (Nasenscheide-
D> A. temporalis profunda anterior, zum M. tem- wand) aufzweigt.
poralis
t> A. temporalis profunda posterior, zum
M. temporalis 4.9.4 Schlüsselbeinschlagader,
l> A. masseterica, durch die Incisura mandibulae A. subclavia
zum M. masseter
Siehe Kapitel 10.7.2.1.2, S. 881.
[> Rr. pterygoidei, zu den Mm. pterygoidei
t> A. buccalis, zum M. buccinator, Anastomose Mit den beiden Ästen A. vertebralis und Truncus
mit A. facialis und A. transversa faciei thyrocervicalis beteiligt sich diese Arterie an der
Versorgung im Halsbereich.
• Pars pterygopalatina (die Äste verlaufen
nahezu alle in Knochenkanälen)

4.10 Venen des Kopfes und des Halses

Lernziele: Verlauf und Ausbreitungsgebiet der Die venösen Abflüsse aus dem Gebiet der
inneren und äußeren Venen, Venenplexus A. carotis communis erfolgen durch die Vv.
jugularis interna und externa, die aus der
Der Verlauf ist im Allgemeinen wie der der Halswirbelsäule und Nackenregion durch die
gleichnamigen Arterien. Die Venen gehen noch Vena vertebralis und V. cervicalis profunda
häufiger als die Arterien Anastomosen ein, bilden (Abb. 4.55).
an einigen Stelle« Venengeflechte. Nur in wenigen
Bereichen haben sie ein abweichendes Verhalten. Wir unterscheiden
Venenklappen an Kopf und Hals sind sehr selten!
• Venen im Schädel
• Venenplexus
• Große abführende Venen
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250 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

V. emissaria parietaiis Sinus sagittalis superior V. temporalis superficialis Sinus sagittalis inferior
/

^X.^
\\ / /
/
Vv. cerebri superiores ^ ^ ^ ^ / /
V. supraorbitalis


V. cerebri magna s
ζ V. ophthalmica superior
χ
Ν
Sinus rectus V. angularis

Sinus petrosus superior et inferior ' Sinus cavernosus

V. auricularis posterior

V. occipitalis V. ophthalmica inferior

Sinus transversus ""Plexus pterygoideus

V. diploica occipitalis et ^ " V maxillaris


V. emissaria occipitalis

• V. retromandibularis

Sinus sigmoideus

V jugularis interna x

Plexus venosus suboccipitals "

V. lingua Iis
Vv vertebrales
Ν
Ν X
V. cervicalis p r o f u n d a "
x \ V. thyroidea superior
χ
\
\
V |ugulans externa — V. jugularis anterior

V. transversa colli
V. jugularis interna
V. cephalica

V. subclavia _ __ Arcus venosus juguli

V. cava superior
χ
V. brachiocephalica

Abb. 4.55: Übersicht über die wichtigsten Venen und V e n e n v e r b i n d u n g e n von Kopf und Hals. Der Schädel ist
durchsichtig gezeichnet. Die inneren S c h ä d e l v e n e n sind hellblau gehalten

4.10.1 Venen im Schädel [> Vv. emissariae sind Verbindungen zwischen den
äußeren Kopfvenen, den Vv. diploicae und den
t> Vv. diploicae (Abb. 4.56). Das Blut des knö- Venenblutleitern der Dura mater. Sie nehmen
chernen Schädeldaches und der Dura mater das Blut aus den Vv. diploicae auf und fuhren es
sammelt sich in Venen der Diploe. Man unter- in die äußeren Kopfvenen und die Sinus durae
scheidet: matris ab.

• I.V. diploica frontalis, 2. V. diploica temporalis • V. emissaria parietaiis. Anastomose zwischen


anterior, 3. V. diploica temporalis posterior, V. temporalis superficialis und dem Sinus sagit-
4. V. diploica occipitalis talis superior
Arachnoidalzotten (Liquorabfluss!) können bis
zu diesen Venen dringen und sie eröffnen.
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4.10 Venen des Kopfes und des Halses 251

V. diploica temporalis anterior


V diploica frontalis
/
1
V. diploica temporalis posterior /
Λ

\
\
1
V. diploica occipitalis

Abb. 4.56: Diploe des Schädels und Vv. diploicae nach Entfernung der Lamina
externa. Injektion der Gefäße mit Wood-Metall

• V. emissaria occipitalis. Anastomose zwischen Vv. emissariae mit den äußeren Kopfvenen und
der V. occipitalis und dem Sinus transversus den Vv. diploicae in Verbindung
bzw. dem Confluens sinuum \> Vv. ophthalmicae. Das Blut aus der Augen-
• V. emissaria mastoidea. Anastomose zwischen höhle gelangt in der Hauptsache in Venen,
V. occipitalis bzw. V. auricularis posterior und die den Ästen der A. ophthalmica folgen, zur
dem Sinus sigmoideus V. ophthalmica superior. Sie zieht nicht mit
• V. emissaria condylaris. Anastomose zwischen der Arterie durch den Canalis opticus, sondern
den Plexus venosi vertebrales externi und dem durch die Fissura orbitalis superior zum Sinus
Sinus sigmoideus cavernosus. Am Aditus orbitae steht sie auch mit
• V. emissaria bei Kleinkindern. Anastomose zwi- der V. angularis in Verbindung (Anastomose
schen Nasenvenen und Sinus sagittalis superior zur V. facialis!).
durch einen Kanal, der später zum Foramen Eine V. ophthalmica inferior ist nicht konstant,
caecum wird steht mit der V. ophthalmica superior zumeist in
Verbindung, mündet durch die Fissura orbitalis
t> Vv. cerebri. Das Blut von den Außenflächen des
inferior in den Plexus pterygoideus.
Gehirns fließt in die benachbarten Blutleiter der
Dura mater (s. Kap. 5.3.4.3, S. 451)
Klinik: Das Blut kann von der äußeren Nase und
t> Sinus durae matris liegen zwischen den beiden
der Oberlippe über V. angularis, V. ophthalmica
Blättern der Dura mater, sind starrwandige,
superior zum Sinus cavernosus fließen. Gefahr
klappenlose Räume, die das Blut aus dem Innern
bei Gesichtsfurunkeln (Ausbreitung)!
der Schädelhöhle aufnehmen und letztendlich
über den im Foramen jugulare gelegenen Bulbus
superior v. jugularis superior abtransportieren.
4.10.2 Venen der Kopfweichteile
Da der Abfluss rechts günstiger ist, sind die
rechten zumeist etwas stärker (V. cava superior Ο V. facialis. Sie sammelt Blut aus dem Gesichts-
rechts gelegen!). Über die Lage der Sinus s. bereich. Sie verläuft unter der mimischen
Kap. 5.3.4.3, S. 451. Sie stehen durch zahlreiche Muskulatur vom medialen Augenwinkel

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252 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

(V. angularis) zum vorderen Masseterrande und \> Plexus pterygoideus, zwischen den gleichna-
weiter durch das Trigonum submandibulare zur migen Muskeln in der Fossa infratemporalis.
V. jugularis interna. Sie nimmt die V. retroman- Er steht mit dem vorigen, sowie mit dem Sinus
dicularis auf. cavernosus, mit den Vv. facialis und retro-
t> V. retromandibularis. Sie folgt hinter dem mandibularis, auch direkt mit der V. jugularis
Ramus mandibulae ungefähr der A. carotis interna in Verbindung. Von den zahlreichen
externa und nimmt hauptsächlich die V. tempo- Zuflüssen seien die Vv. meningeae mediae,
ralis und das Blut aus dem Plexus pterygoideus die V. ophthalmica inferior und die V. canalis
auf. Durch eine stärkere Anastomose fließt sie pterygoidei erwähnt.
auch in die V. jugularis externa ab. I> Zahlreiche Venengeflechte, welche sich in den
[> V. occipitalis und V. auricularis posterior Foramina der Schädelbasis (s. Kap. 4.4.2,
nehmen das Blut vom Hinterkopf auf und S. 209) befinden, verbinden den Plexus pterygo-
münden in die ideus mit dem Sinus cavernosus:
t> V. jugularis externa, eine Hautvene, die am
• Plexus venosus caroticus internus
Hinterrand des M. sternocleidomastoideus,
• Plexus venosus foraminis ovalis
unter dem Platysma abwärts zieht und in die
• Plexus venosus foraminis spinosi
V. brachiocephalica oder V. jugularis interna
oder V. subclavia mündet. D> Weitere Venen und Plexus, welche nicht in den
> V. jugularis anterior, die vordere Hautvene Plexus pterygoideus münden:
des Halses, entsteht in der Unterkinngegend
• Vv. tympanicae
(als V. submentalis), steigt unter dem Platysma
• V. stylomastoidea
zur Fossa jugularis abwärts, ist mitunter mit
• Plexus venosi vertebralis interni und externi
der Vene der anderen Seite zu einer unpaaren
• Plexus venosus canalis nervi hypoglossi
V. mediana colli vereinigt und mündet in den
Arcus venosus juguli, einen queren Venenbo-
Klinik: Venöse Verbindungen zwischen dem
gen im Spatium suprasternale, oder direkt in die
Äußeren und Inneren des Schädels stellen
angrenzenden Venen.
Infektionspforten dar. Sie dienen dem Druck-
> V. jugularis interna nimmt das venöse Blut
und Temperaturausgleich zwischen inneren und
aus dem gesamten Stromgebiet der A. carotis
äußeren Gefäßen.
communis auf. Im Foramen jugulare ist sie zum
Bulbus superior ν. jugularis und kurz vor der
Vereinigung mit der V. subclavia zum Bulbus
inferior v. jugularis erweitert. Sie verläuft 4.10.4 Große abführende Venen
vom Foramen jugulare an der lateralen Seite der
D> V. subclavia entspricht im großen und ganzen
A. carotis interna und A. carotis communis bis
dem Stromgebiet der gleichnamigen Arterie.
hinter das Sternoklavikulargelenk, wo sie sich
Vor der Vereinigung mit der V. jugularis interna
mit der V. subclavia zur V. brachiocephalica
hat sie zumeist ein Klappenpaar (s. Kap. 2.3.4.1,
vereinigt. Diese Vereinigung erfolgt im Venen-
S. 70).
winkel, Angulus venosus.
[> V. brachiocephalica entsteht jederseits durch
die Vereinigung von V. subclavia und V. jugula-
4.10.3 Venenplexus ris interna (s. Kap. 10.7.2.2.2, S. 885). Die linke
ist länger als die rechte. Beide vereinigen sich
Ο Plexus pharyngeus. Er liegt an der Seiten- und hinter dem Sternum zur
Hinterwand des Pharynx. Mit ihm steht ein D> V. cava superior, die rechts von der Mittelli-
Adergeflecht auf der Dorsalfläche des Ringknor- nie zum rechten Vorhof des Herzens absteigt
pels und der dem Knorpel gegenüberliegenden (s.Kap. 10.7.2.2.2, S. 885).
Pharynxwand in Verbindung, welches einen > Venen der Organe s. dort
gewissen Abschluss des Schlundes gegen die
Speiseröhre bilden hilft.

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4.11 Lymphgefäße und Lymphknoten des Kopfes und des Halses 253

4.11 Lymphgefäße, Vasa lymphatica, und Lymphknoten des Kopfes und


des Halses, Nodi lymphatici (lymphoidei) capitis et colli

Lernziele: Regionäre Lymphknoten, Lymph- 4.11.2 Regionäre Lymphknoten


abfluss des Kopfes (Abb. 4.57)
1. Nil. occipitales, 1-3 Knoten auf der Ursprungs-
sehne des M. trapezius in Höhe der Linea nuchae
4.11.1 Genereller Lymphabfluss suprema
Zufluss: Hinterhaupt bis zum Scheitel, obere
Die Lymphgefäße von Kopf und Hals sammeln Nackengegend
sich jederseits im Truncus jugularis, der mit Abfluss: zu den Nil. cervicales profundi
den großen Halsgefäßen abwärts zum Venen-
2. Nil. retroauriculares, 2 - 3 Knoten auf der
winkel zwischen V. jugularis interna und V. sub-
Ansatzsehne des M. sternocleidomastoideus am
clavia zieht (Abb. 2.37, S. 89).
Warzen fortsatz
Zufluss: Rückfläche des Ohres, Haut des Hin-
1. Die Lymphe münden rechts in den Ductus lym- terkopfes
phaticus dexter (rechter Venenwinkel), links in Abfluss: zu den Nil. cervicales profundi
den Ductus thoracicus (linker Venenwinkel)
3. Nil. parotidei (1-2), auf oder in der Glandula
2. oder beiderseits direkt in benachbarte Venen.
parotidea, vor dem äußeren Gehörgang
In den Verlauf der Lymphgefäße sind charakteristi- Zufluss: Stirn-, Schläfengegend, lateraler Teil
sche Gruppen von Lymphknoten eingeschaltet. der Augenlider, Nasenwurzel, Vorderfläche der

• V/jjMKaij
*
:

t&'/y

' V / i V ^ w
- Nll.buccales
' X* Nil. occipitales

Nl retroauricularis Nil submandibulares

Nil. parotidei — — Nil submentales

Ni. jugulodigastricus
Nil. cervicales profundi Nl. juguloomotiyoideus
supenores
Nil. cervicales profundi — — Nl. praelaryngeus
inferiores
Nil. supraclaviculars _ Nil tracheales

Abb. 4.57: Die Lymphknoten und Lymphabflüsse von Kopf und Hals. Verändertes Schema nach Rouviere. Gestri-
chelte Linien und Pfeile geben die Einzugsgebiete an. Oberflächliche Knoten (Nil. cervicales superficiales) sind
vollschwarz, die tiefen gestrichelt wiedergegeben. Inset: Übersicht über den Lymphstrom aus dem Kopf- und
Halsbereich (aus G.-H. Schumacher)
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254 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

Ohrmuschel, äußerer Gehörgang, Trommelfell, 2. Nil. cervicales profundi. Sie liegen längs der
Paukenhöhle, Glandula parotidea, Nasenrachen- V.jugularis interna und in der Fossa supracla-
raum vicularis major. Dabei wird nochmals unterteilt:
Abfluss: zu den Nil. cervicales profundi Nil. profundi superiores und inferiores.
Zufluss: Lymphgefäße von Schiundenge, Man-
4. Nil. submandibulares, zumeist 3 in der Sub-
deln, Schlund, Kehlkopf, Schilddrüse und Luft-
mandibularloge gelegene Knoten. Häufig liegt
röhre; außerdem abführende Gefäße aus allen
auch ein Knoten in der Glandula submandibula-
oben genannten Lymphknoten
rs
A bfluss: Truncus jugularis
Zufluss:
• Oberflächlich: Medialer Teil der Stirn und der 3. Nl. jugulodigastricus liegt auf der V. jugularis
Augenlider, äußere Nase, Haut der Oberlippe interna in der Höhe des großen Zungenbein-
und Wange. In den Verlauf sind bei Jugendlichen horns
häufig kleine Knoten in der Nähe der V. facialis Zufluss: Gaumenmandel und hinteres Drittel der
(Nil. buccales, auf dem M. buccinator) einge- Zunge, Pharynx
schaltet.
• Tief: Vorderer Teil der Zunge, des Gaumens, des Klinik: Der Lymphknoten ist einer der oberen
Mundhöhlenbodens; Zähne, Gingiva, vorderer tiefen Halslymphknoten, der häufig beim Zun-
Teil der Nasenhöhlenschleimhaut, Fossa infra- genkarzinom erfasst ist.
temporalis. Lymphe aus den Nil. faciales und
Nil. submentales (als 2. Filterstation). 4. Nl. juguloomohyoideus liegt unterhalb der
Abfluss: zu den Nil. cervicales superficiales und Zwischensehne des M. omohyoideus auf der
profundi V.jugularis interna. Er ist einer der unteren
tiefen Halslymphknoten.
5. Nil. submentales, 2 - 3 kleine Knoten in der
Zufluss: Zunge direkt und indirekt über Nil.
Submental löge
submentales, submandibulares und cervicales
Zufluss: Haut des Kinnes und der Mitte der
profundi superiores
Unterlippe; untere Schneidezähne und angren-
zende Gingiva, Zungenspitze, Mundboden 5. Nil. praelaryngei, zwischen Ring- und Schild-
Abfluss: zu den Nil. submandibulares, Nil. cervi- knorpel und zwischen Schildknorpel und Zun-
cales profundi und superficialis genbein (Nil. infrahyoidei)
Zufluss: Kehlkopf
6. Nil. buccales, in der Wangengegend
Abfluss: Nil. cervicales superficiales und tra-
Zufluss: hinterer Teil der Nasen- und Mund-
cheales
höhle; Fossae pterygoidea und infratemporale,
Gaumen und Schlund 6. Nil. tracheales, längs der Luftröhre gelegen
Abfluss: zu den Nil. cervicales profundi Zufluss: Kehlkopf, Luftröhre und ihre Aufzwei-
gung
Abfluss: Nil. mediastinales posteriores
4.11.3 Regionäre Lymphknoten des
Halses (Abb. 4.53, 4.57) 7. Nil. retropharyngei, hinter dem oberen Teil des
Schlundes gelegen, insbesondere bei Kindern
1. Nil. cervicales superficiales. Sie liegen in Zufluss: Schlund, Ohrtrompete, hinterer Teil der
wechselnder Zahl in der Umgebung der V. jugu- Nasenhöhle
laris externa, oben auf dem M. sternocleidomas- Abfluss: Nil. cervicales profundi
toideus, unten im seitlichen Halsdreieck
Zufluss: Ohr, Glandula parotidea, Gegend des
Kieferwinkels, oberflächliche Teile des Halses.
Abfluss: Nil. cervicales profundi.

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4.12 Nerven des Kopfes, Nervi craniales, und des Halses, Nervi cervicales 255

4.12 Nerven des Kopfes, Nervi craniales,


und des Halses, Nervi cervicales

lung und seinem Aufbau nach ein Hirnteil ( S e h -


L e r n z i e l e : N n . capitales, P l e x u s cervicalis,
bahn s. Kap. 5.4.2.2, S. 456).
S y m p a t h i c u s , P a r a s y m p a t h i c u s : Ä s t e u n d Ver-
lauf, V e r s o r g u n g s g e b i e t e . G a n g l i e n 3. N. oculomotorius, N. III, ist motorisch und
parasympathisch. Er versorgt alle äußeren
Augenmuskeln, außer M. obliquus superior und
4.12.1 Hirnnerven, Kopfnerven, M. rectus lateralis s o w i e den M. sphincter pupil-
Nn. capitales lae und den M. ciliaris. Dicht vor der Brücke
kommt er aus der Fossa interpeduncularis, zieht
seitlich v o m Türkensattel durch die Wand des
Wir unterscheiden 12 H i r n n e r v e n p a a r e und
Sinus cavernosus, gelangt durch die Fissura
bezeichnen sie mit den entsprechenden römi-
orbitalis superior aus der Schädel- zur A u g e n -
schen Zahlen. Über ihre Kerngebiete und Aus-
höhle. Hier teilt er sich (Abb. 4 . 5 8 ) in:
tritte aus dem Gehirn s. Kap. 5.2.6.2, S. 4 1 5 )
ϊ> Ramus superior für Μ. levator palpebrae superi-
1. N n . olfactorii, Ν . 1, die Riechnerven, sind rein oris und Μ. rectus superior
sensorisch. Sie sind die A x o n e der Riechzellen D> Ramus inferior fur die Mm. recti medialis und
(bipolare Ganglienzellen) in der Riechschleim- inferior s o w i e den M. obliquus inferior. Der
haut der Nasenhöhle, ziehen durch die Lamina untere Ast gibt die Radix oculomotoria ab.
cribrosa des Siebbeins in die Schädelhöhle und Durch sie gelangen die parasympathischen
gelangen z u m Bulbus olfactorius (Riechbahn, Fasern des N. oculomotorius zum Ganglion
s. Kap. 5.4.4.3, S. 478). ciliare (Umschaltung) und weiter z u m M. cili-
aris (Akkomodation!) und M. sphincter pupillae
2. N . o p t i c u s , Ν . II, der Sehnerv, ist sensorisch. Er
(Verengung der Pupille!).
zieht v o m Augapfel leicht g e b o g e n durch den
Fettkörper der A u g e n h ö h l e z u m Canalis opti- 4. N. t r o c h l e a r i s , Ν . IV (Abb. 4.58). Der Rol-
cus, durchsetzt ihn und vereinigt sich mit dem lennerv des A u g e s ist rein motorisch für den
Nerven der Gegenseite zur Sehnervenkreuzung, M. obliquus superior. Er tritt als einziger Hirn-
Chiasma opticum. Nach teilweiser Kreuzung der nerv dorsal aus dem Gehirn aus, wendet sich um
Fasern setzt er sich nach hinten in den Tractus die Crura cerebri nach ventral, erscheint dort
opticus fort. Der N. opticus ist seiner Entwick- am vorderen Rande der Brücke, zieht durch die

Μ. levator
palpebrae M. rectus
Ramus superior superioris ciliare N. opticus medialis
\
s I Μ. obliquus superior,
\ \ I
\ " " ' Trochlea
\

— Μ. rectus superior

Nn. ciliares breves


Ramus inferior -

N. oculomotorius s

N. trochlearis —

M. rectus lateralis *"


Radix oculomotoria —
ganglii ciliaris " M. rectus lateralis

Μ rectus inferior
Μ obliquus inferior

Abb. 4.58: Schematische Übersicht über Lage und Verzweigung der Nn. oculomotorius und trochlearis
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256 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

N. lacrimalis Ν ethmoidalis anterior N. frontalis

tinum cum n. zygomatico R. zygomaticotemporalis

Abb. 4.59: Schematische Übersicht über Lage und Verzweigung des N. ophthalmicus. Ansicht von lateral

Wand des Sinus cavernosus und gelangt durch Ramus communicans cum n. zygomatico
die Fissura orbitalis superior, oberhalb des sekretorische (parasympathische) Fasern für
Augenmuskelkegels, zum M. obliquus superior. die Tränendrüse aus dem N. intermedius (über
N. petrosus major, Ganglion pterygopalatinum,
5. Ν. trigeminus, Ν. V, ist sensibel (Radix senso-
N. zygomaticus) auf, versorgt die Tränendrüse
ria, Portio major), und motorisch (Radix moto-
und zieht mit den sensiblen Fasern weiter zum
ria, Portio minor). Parasympathische Fasern
oberen Augenlid und zur Haut und Bindehaut
lagern sich in ihrem Verlauf nur an. Der kräftige
am lateralen Augenwinkel (Abb. 4.70)
Nerv tritt am Seitenrand der Brücke aus. Nahe
Ο Ν. frontalis, der sensible Stirnnerv, verläuft
der Spitze der Felsenbeinpyramide durchbohrt
unmittelbar unter dem Dach der Orbita auf dem
er die Dura mater, bildet hier das sensible Gan-
M. levator palpebrae superioris. Er teilt sich in
glion trigeminale und zerfallt (Abb. 4.59-61) in
den
seine 3 Endäste:
• N. supraorbitalis, der mit seinem Ramus latera-
• N. ophthalamicus, Ν. V,
lis (durch Foramen oder Incisura supraorbitalis)
• N. maxillaris, N. V2
und Ramus medialis (durch Incisura oder Fora-
• N. mandibularis, N. V3
men frontale) zur Haut der Stirn und zur Haut
N. ophthalmicus (Abb. 4.59). Er ist der sensible und Bindehaut des oberen Augenlides zieht
Nerv der Augenhöhle, des oberen Augenlides, der • N. supratrochlearis. Er zieht oberhalb der Troch-
Stirn und des vorderen Teiles der Nasenhöhle. lea des M. obliquus oculi superior zur Haut
Beim Verlauf in der Wand des Sinus cavernosus der Nasenwurzel, der unteren Stirngegend und
gibt er einen feinen R. tentorii zum Tentorium des oberen Augenlides. Vor der Aufzweigung
cerebelli ab und verläuft, schon geteilt in seine schickt er noch eine Anastomose zum N. in-
3 Hauptäste, durch die Fissura orbitalis superior in fratrochlearis.
die Augenhöhle.
t> N. nasociliaris. Der Nasenaugennerv verläuft
Äste über den N. opticus zur medialen Wand der
D> N. lacrimalis, der Tränennerv, verläuft an der Orbita und gibt Äste ab:
lateralen Wand der Orbita, nimmt über den
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4.12 Nerven des Kopfes, Nervi craniales, und des Halses, Nervi cervicales 257

• Ramus communicans cum ganglio ciliari fuhrt t> R. meningeus, vor dem Austritt aus der Schädel-
über das Ganglion ciliare (ohne Umschaltung) höhle zur Dura mater
sensible Fasern zum Augapfel > N. zygomaticus, verlässt den Stamm in der
• Nn. ciliares longi ziehen direkt zum hinteren Pol Flügelgaumengrube, gelangt durch die Fis-
des Augapfels sura orbitalis inferior an die laterale Wand der
• N. ethmoidalis posterior gelangt durch das Fora- Augenhöhle. Seine Äste sind:
men ethmoidale posterius zur Schleimhaut der
• R. zygomaticotemporalis, der obere Zweig,
hinteren Siebbeinzellen.
schickt durch eine Anastomose sekretorische
• N. ethmoidalis anterior zieht durch das Foramen
parasympathische Fasern aus dem N. interme-
ethmoidale anterius in die Schädelhöhle und von
dius über den N. lacrimalis zur Tränendrüse und
dort durch die Lamina cribrosa zur Nasenhöhle.
zieht durch das Foramen zygomaticotemporale
Seine Äste sind:
zur Haut der Schläfe.
Rami nasales laterales zur Seitenwand der • R. zygomaticofacialis, der untere Zweig, zieht
Nasenhöhle durch das Foramen zygomaticofaciale zur Haut
Rami nasales mediales zur Nasenscheidewand der Wange und des lateralen Augenwinkels.
Ramus nasalis extemus. Er steigt an der Rück-
ϊ> Rami ganglionares ad ganglion pterygopalati-
fläche des Os nasale abwärts und gelangt an der
num ziehen ohne Umschaltung zum Ganglion
Grenze zwischen knöcherner und knorpeliger
pterygopalatinum. Dort lagern sich ihnen sekre-
Nase zur Haut der äußeren Nase bis zur Nasen-
torische = parasympathische sowie sympathi-
spitze
sche Fasern an:
• N. infratrochlearis. Er verläuft unterhalb der
• Rami orbitales (2-3 Zweige) ziehen durch die
Trochlea des M. obliquus oculi superior, ver-
Fissura orbitalis inferior zur Augenhöhle, zur
bindet sich mit dem N. supratrochlearis und
Keilbeinhöhle, zu den hinteren Siebbeinzellen
versorgt mit Rami palpebrales das Oberlid, den
und zur Optikusscheide.
medialen Augenwinkel und den Tränensack.
• Rami nasales posteriores superiores laterales.
N. maxillaris (Abb. 4.60). Er ist rein sensibel und 6 - 1 0 feine Zweige verlaufen durch das Foramen
gelangt von der Schädelhöhle durch das Foramen sphenopalatinum zum hinteren Teil der lateralen
rotundum in die Fossa pterygopalatina. Er breitet Nasenwand und zum oberen Teil des Schlun-
sich im Wesentlichen im Bereich des Oberkiefers des.
und der deckenden Weichteile aus (Abb. 4.70).
Äste des N. maxillaris sind:
Rr. zygomaticofacialis
Rr. orbitales N. zygomaticus et zygomaticotemporalis

Ganglion trigeminals
[semilunare] ^ s

N. t r i g e m i n u s - ^
Rr. palpebrales
Ν. petrosus [superficialis] major ν ^ inferiores
n. infra-
N. facialis (+ i n t e r m e d i u s ) - ^ orbialis

N. petrosus profundus,
Plexus caroticus internus Rr. alveolares superiores

Ganglion pterygopalatinum anteriores

Rr. nasales posteriores


Rr. labiales superiores
sup. et inf.
Ν. palatinus major
Rr. areolaris superior
mod et posterior Plexus dental is superior

Nn. palatini minores Ν. palatinus major Rr. dentalis et gingivalis sup.

Abb. 4.60: Schematische Übersicht über Lage und Verzweigung des N. maxillaris. Ansicht von lateral
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258 4 Kopf, Cranium, u n d Hals, Collum

• Rami nasales posteriores superiores mediales. orbitalis und durch das Foramen infraorbitale
2 - 3 feine Zweige verlaufen zum hinteren Teil zum Gesicht. Im Kanal gibt er ab:
der Nasenscheidewand. Einer von ihnen ist
• R. alveolaris superior medius. Dieser zieht über
länger, zieht als N. nasopalatinus (Scarpae) auf
den Plexus dentalis superior zu den Prämolaren
dem Nasenseptum zum Canalis incisivus und
und zur zugehörigen Gingiva.
gelangt in ihm zum vorderen Teil der Schleim-
• Rami alveolares superiores anteriores. Nach
haut des Gaumens.
Abgabe eines Astes zur Nasenhöhle ziehen sie
• Ν. palatinus major durch das Foramen palatinum
zum Eckzahn, zu den Schneidezähnen und zur
majus zum harten Gaumen (sog. „Gaumenstrah-
zugehörigen Gingiva.
lung" für Schleimhaut, Drüsen, Zahnfleisch). In
seinem Verlauf gibt er Rami nasales posteriores Endäste im Gesicht sind:
inferiores zur unteren Nasenmuschel ab.
• Rami palpebrales inferiores zur Haut des unte-
• Nn. palatini minores ziehen durch die Canales
ren Augenlides
palatini minores zur Gaumenmandel und zur
• Rami nasales externi zur Haut der äußeren Nase
Schleimhaut des weichen Gaumens.
• Rami nasales interni zur Schleimhaut der Nasen-
t> Rami alveolares superiores posteriores, zumeist höhle (vorderer Teil)
2, gehen von Stamm vor dem Eintritt in die • Rami labiales superiores zur Haut und Schleim-
Augenhöhle ab, ziehen am Tuber maxillae haut der Oberlippe und zur angrenzenden Gin-
abwärts und gelangen durch die Foramina alveo- giva
laria zum lateralen, hinteren Teil der Kieferhöh-
lenschleimhaut und bilden mit dem mittleren Ν. mandibulares (Abb. 4.61, 4.62) ist sensibel und
und vorderen Ast (s. u.) den Plexus dental is motorisch. Er nimmt die Radix motoria (Portio
superior, aus dem sie die 3 Molaren und die minor) auf. Er gelangt durch das Foramen ovale aus
zugehörige Gingiva des Oberkiefers versorgen. der Schädelhöhle zur Außenfläche der Schädelbasis
I> N. infraorbitalis ist der Endast. Er gelangt durch und versorgt
die Fissura orbitalis inferior in den Canalis infra-

N. t r i g e m i n u s - Ganglion t r i g e m i n a l [semilunare]

Ν. p e t r o s u s m i n o r
Radix m o t o r i a , G a n g l i o n o t i c u m

N. f a c i a l i s ( τ i n t e r m e d i u s ] • Rr. m o t o r i i für die K a u m u s k e l n

Chorda tympani

Ganglion infer!us χ
η. g l o s s o p h a r y n g e i

Ν. a u r i c u l o t e m p o r a l i s '

Ν. l i n g u a l i s '

— — • Rami linguales
Ν. m y l o h y o i d e u s

— • N. s u b l i n g u a l i s
Ν. a l v e o l a r i s i n f e r i o r •

_ Rami labiales

Ganglion submandibulare ' inferiores

— Rami mentales
Rami dentales inferiores ~

Rami g i n g i v a l e s i n f e r i o r e s N. m e n t a l i s

Abb. 4.61: S c h e m a t i s c h e Ü b e r s i c h t über L a g e u n d V e r z w e i g u n g d e s N. m a n d i b u l a r s . Ansicht von lateral


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4.12 Nerven d e s Kopfes, Nervi craniales, u n d d e s Halses, Nervi cervicales 259

Chorda A. meningea media, Ganglion


tympani Ν. auriculotemporal trigeminale Ganglion oticum Sinus sphenoidalis
Ν
\

Recessus
epttympanicus

Malleus et Incus

Ν. aunculotemporalis— — ΐ

Ν facialis,.
Chorda tympani

Lig. sphenomandibulare

N. alveolaris inferior

N. lingualis, A. maxillans '

M. pterygoideus medialis
mitR. muscularis

A. carotis externa

N. lingualis, Ggi. submandibulare •

Glandula sublingualis
mit Ductus sublinguales minores

Ductus submandibulars -

Glandula submandibularis

Lingua -
Mundhöhlenschleimhaut Ductus sublingualis major

Abb. 4.62: N. mandibularis, G a n g l i o n o t i c u m u n d A. maxillaris von medial her dargestellt.

• motorisch alle Kaumuskeln und die Mundbo- D> Nn. temporales profundi, ein vorderer und ein
denmuskeln (Vorderbauch des M. digastricus hinterer Ast zum M. temporalis,
und M. mylohyoideus) > Ν. pterygoideus lateralis zum M. pterygoideus
• sensibel die Schleimhaut der Mundhöhle (Aus- lateralis,
nahme: Gaumen und hinterer Teil der Zunge) D> N. pterygoideus medialis zum M. pterygoideus
sowie Haut, Zähne und Zahnfleisch im Bereich medialis. Er gibt direkt oder über das Ganglion
des Unterkiefers (Abb. 4.70). Unmittelbar unter oticum (keine Umschaltung!) einen Ast zum
dem Foramen ovale teilt er sich in einen vorde- M. tensor veli palatini und einen Ast zum M.
ren schwächeren, vorwiegend motorischen und tensor tympani ab (Störungen des Gehörs bei
einen hinteren stärkeren, sensiblen Ast. Erkrankungen des N. trigeminus!)
\> N. buccalis. Er tritt zwischen den beiden
Äste des N. mandibularis sind:
Köpfen des M. pterygoideus lateralis auf die
t> Ramus meningeus. Er geht vom Stamm ab und Außenfläche des M. buccinator, schickt durch
zieht durch das Foramen spinosum rückläufig ihn hindurch Äste zur Wangenschleimhaut und
zur Dura mater. zum bukkalen Zahnfleisch, andere zur Haut der
Wange und verzweigt sich bis zum Mundwin-
Aus dem vorderen, vorwiegend motorischen Ast
kel.
gehen hervor:
ΐ> N. massetericus durch die Incisura mandibulae
zum M. masseter und zum Kiefergelenk,
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260 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

Aus dem hinteren, stärkeren, sensiblen Stamm lae, den er als N. mentalis durch das Foramen
gehen hervor: mentale verlässt.
Äste: N. mylohyoideus, motorisch, zweigt am
Ο Ν. auriculotemporalis. Er nimmt am Ganglion
Foramen mandibulae ab und verläuft an der
oticum parasympathische Fasern (aus dem
Innenfläche des Unterkiefers zum M. mylohyoi-
N. glossopharyngeus über N. tympanicus und N.
deus sowie zum Venter anterior m. digastrici.
petrosus minor) auf, umfasst oft schlingenartig
Plexus dentalis inferior, wird innerhalb des
die A. meningea media, zieht nach hinten zum
Kanals gebildet. Er gibt ab: Rami dentales infe-
Collum mandibulae und wendet sich vor dem
riores zu den Unterkieferzähnen; Rami gingiva-
Ohr in Begleitung der A. und des N. temporalis
les inferiores zum Zahnfleisch. Der N. mentalis
superficialis aufwärts zur Haut der Schläfenge-
zieht durch das Foramen mentale: Rami menta-
gend. Seine Äste sind:
les zur Haut des Kinnes, Rami labiales inferiores
• N. meatus acustici externi, zumeist 2 feine Äste, zur Haut und Schleimhaut der Unterlippe.
zum äußeren Gehörgang. Ein Ast schickt einen
6. N. abducens, Ν. VI. Rein motorisch, verlässt das
zarten R. membranae tympani zum Trommel-
Gehirn am kaudalen Rand der Brücke, zwischen
fell
dieser und der Pyramide. Er tritt bereits auf dem
• Rami parotidei zur Glandula parotidea
Clivus durch die Dura mater, verläuft durch den
• Rami communicantes cum nervo faciali,
Sinus cavernosus, tritt in die Augenhöhle durch
zumeist 2 Verbindungen zum N. facialis. Diese
die Fissura orbitalis superior ein und versorgt
fuhren dem N. facialis die oben erwähnten para-
den M. rectus lateralis des Augapfels.
sympathischen (sekretorischen) Fasern für die
Glandula parotidea zu 7. N. facialis, Ν. VII (Abb. 4.63,4.64). Rein moto-
• Nn. auriculares anteriores für die konkave risch, verlässt das Gehirn am kaudalen Rande des
Außenfläche der Ohrmuschel Brückenarmes. Hier liegt zwischen ihm und dem
• Rami temporales superficiales, die Endäste für N. vestibulocochlearis der parasympathische und
die Haut der Schläfengegend. sensible N. intermedius, der sich im Felsenbein
mit dem N. facialis zu einem einheitlichen Nerven-
t> N. lingualis. Er ist sensibel und gelangt zwi- stamm vereinigt (N. intermediofacialis).
schen M. pterygoideus lateralis und medialis an
Der Intermediumsanteil führt Geschmacksfasern
die Innenfläche des Ramus mandibulae und geht
für die vorderen zwei Drittel der Zunge, parasym-
hier die Verbindung zur Chorda tympani ein
pathische (sekretorische) für die Speicheldrüsen
(s. u.). Er steigt vor dem N. alveolaris inferior
Gl. submandibularis und Gl. sublingualis und
abwärts, wendet sich im Bogen oberhalb der
sensible Fasern, deren pseudounipolare Ganglien-
Glandula submandibularis und des M. mylohyo-
zellen im Ganglion geniculi liegen. Nn. facialis,
ideus zum Seitenrand der Zunge. Astfolge:
intermedius und vestibulocochlearis gelangen, von
• Rami isthmi faucium, Äste zur Schiundenge und Fortsetzungen der Hirnhäute begleitet, durch den
zur Gaumenmandel Meatus acusticus internus in das Felsenbein. Am
• Verbindung mit der Chorda tympani Grunde des inneren Gehörgangs treten Facialis und
• Zweige zum Ganglion submandibulare {para- Intermedius in den Canalis nervi facialis ein.
sympathische und sensible Fasern für die Gl.
• Innerhalb des Schläfenbeins (s. Kap. 7.1.2.1,
submandibularis)
S. 600) gehen ab:
• Rami communicantes cum n. hypoglosso (moto-
rische Fasern aus dem N. hypoglossus für die Ο Ν. petrosus major (Teil des N. intermedius) führt
Zungenmuskeln) parasympathische (für Tränen, Gaumen- und
• N. sublingualis zur Glandula sublingualis und Nasendrüsen), vielleicht auch sensible Fasern
angrenzenden Mundschleimhaut über das Ganglion pterygopalatinum in die Äste
• N. alveolaris inferior, motorisch und sensibel, des N. maxillaris.
steigt hinter dem N. lingualis an der Innenfläche t> Ramus communicans cum plexu tympanico,
des Ramus mandibulae abwärts bis zum Fora- geht direkt vom Stamm oder vom N. petrosus
men mandibulae, gibt hier den N. mylohyoideus major ab zum Plexus tympanicus (Nervenge-
ab, verläuft selbst durch den Canalis mandibu- flecht der Paukenhöhle)
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4.12 Nerven des Kopfes, Nervi craniales, und des Halses, Nervi cervicales 261

N. petrosus major
Rami temporales

Ganglion geniculi

N. facialis
et intermedius
Rami zygomatic!
Ramus communicans
cum plexu tympanico

N. stapedius

Chorda tympani

R. comununicans cum
η auriculotemporal! Rami buccales
Ramus digastricus et
Ramus stylofiyoideus
Unterer Stamm

Ramus colli

Ramus marginales
mandibulae

Abb. 4.63: Schema des N. facialis mit Intermedius. Der Verlauf im Felsenbein ist gestri-
chelt; nach dem Austritt aus dem Foramen stylomastoideum ist er voll ausgezogen

•R lateralis 1 n a v.
I supraorbitals
_R. medialis ]
Μ. auricularis superior
- Rr. temporales η. fac.
Α., V. temporalis
superficialis, A , V angularis
Ν. auriculotemporalis
-R zygomaticofacial^
Μ . occipitofrontalis (Venter·,
occipitalis) mit R. occipitalis

Α., V. auricularis posterior—


A transversa faciei.
Rr zygomatic! η fac
Μ auricularis posterior —

Α labialis superior
N. auricularis posterior, .
N. facialis
Ν buccalis
Α., V.

Ν. occipitalis major, M. trapezius Α labialis inferior,


Μ depressor anguli oris
M. splenius capitis "

Rr. buccales n. facialis


N. occipitalis minor -

Ν auricularis magnus,. R marginalis mandibulae


M. sternocleidomastoideus η. facialis, A , V facialis

M. levator scapulae. Ν accessorius' R. colli n. facialis.


Platysma
Nn. supraclaviculars ~

Ν. transversus [cutaneus] colli Glandula parotidea, Ductus parotideus. V jugularis externa


M . masseter

Abb. 4.64: Oberflächliche Nerven und Gefäße des Kopfes


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262 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

D> N. stapedius, vom absteigenden Fazialabschnitt ein. Sensible Nervenfasern des N. intermedius
zum M. stapedius im Mittelohr versorgen vermutlich kleine Hautbezirke der
D> Chorda tympani, Teil des N. intermedius, ver- Ohrmuschel und des äußeren Gehörganges
läuft zum N. lingualis mit parasympathischen (Huntsch-Zone).
(sekretorischen) Fasern für die Glandulae sub-
mandibularis, sublingualis und Glandulae lingu- Klinik: Der Plexus parotideus ist ein Geflecht
ales der vorderen zwei Drittel der Zunge sowie aus radiär verlaufenden Fasern. Bei operativen
Geschmacksfasern für die vorderen zwei Drittel Eingriffen in die Glandula parotidea muss diese
der Zunge. Sie verläuft im Bogen durch die Verlaufsrichtung beachtet werden.
Paukenhöhle, verlässt diese durch die Fissura
petrotympanica und senkt sich von hinten her in 8. N. vestibulocochlearis, Ν. VIII. Rein senso-
den N. lingualis. risch, besteht aus der Pars vestibularis und der
Pars cochlear is. Er tritt mit dem N. facialis und
• Außerhalb des Schädels, unterhalb des Fora-
N. intermedius im Kleinhirnbrückenwinkel aus,
men stylomastoideum, gehen ab:
verläuft mit ihnen durch den Meatus acusticus
> N. auricularis posterior. Er verläuft hinter der
internus.
Ohrmuschel auf- und rückwärts zu den hinte-
ren Muskeln des äußeren Ohres und mit einem • Pars vestibularis. Sie bildet am Grunde des
Ramus occipitalis zum Venter, occipitalis m. Meatus das Ganglion vestibuläre und teilt sich
occipitofrontalis. in:
ϊ> Ramus digastricus zum Venter posterior m.
l> N. utriculoampullaris mit den Ästen:
digastrici; er gibt den feinen R. stylohyoideus
• N. utricularis zu den Sinneszellen des Utriculus
zum M. stylohyoideus ab.
• N. ampullaris anterior zur Ampulle des vorderen
• Die Endäste (ein oberer und ein unterer Bogenganges
Hauptstamm) bilden in der Substanz der Gl. • N. ampullaris lateralis zur Ampulle des lateralen
parotidea ein Geflecht, den Plexus parotideus Bogenganges
(s. Kap. 4.13.2.1, S. 278), aus dem am Vorder-
[> N. saccularis zum Sacculus
rand der Drüse hervorgehen:
t> N. ampullaris posterior, zur Ampulle des hinte-
t> Rami temporales (zumeist 3) zu den vorderen ren Bogenganges.
Muskeln des äußeren Ohres, zu Venter frontalis
Gleichgewichtsbahn s. Kap. 5.4.3.5, S. 473, Kap.
m. occipitofrontalis, M. orbicularis oculi und
5.4.3.6, S. 474
M. corrugator supercilii
t> Rami zygomatici (3-4) zu Mm. orbicularis • Pars cochlearis. Sie bildet in der Schnecke das
oculi, zygomatici major und minor Ganglion Spirale und endet an den Sinneszellen
D> Rami buccales (3—4) zum M. buccinator, des Organum spirale der Schnecke.
Μ. levator labii superioris, zum M. levator
Hörbahn s. Kap. 5.4.3.3, S. 470
labii superioris alaeque nasi, zum M. nasalis,
M. orbicularis oris und Μ. levator anguli oris 9. N. glossopharyngeus, Ν. IX (Abb. 4.65). Moto-
> Ramus marginalis mandibulae. Er zieht längs risch, parasympathisch, sensibel und sensorisch.
des Unterkieferrandes zum M. risorius, M. de- Er verlässt das verlängerte Mark im Sulcus late-
pressor anguli oris, Μ. depressor labii inferioris ralis posterior, hinter der Olive, zieht durch den
und M. mentalis. vorderen Teil des Foramen jugulare zur äußeren
Ο Ramus colli. Er verläuft hinter dem Angulus Schädelbasis. Innerhalb des Foramen bildet er
mandibulae abwärts zum Hals und verbindet das kleinere Ganglion superius, direkt unterhalb
sich mit dem sensiblen N. transversus colli aus des Foramen das größere Ganglion inferius,
dem Plexus cervicalis. Durch diese Anastomose welches in der Fossula petrosa liegt. Beide Gan-
(früher Ansa cervicalis superficialis genannt) glien sind vorwiegend sensibel.
werden dem N. transversus colli motorische Verlauf: Zunächst zwischen A. carotis interna
Fasern für das Platysma zugeführt. Die Gesichts- und V. jugularis interna, darauf wendet er sich
äste des N. facialis gehen untereinander und mit hinter der V. jugularis und dem M. stylopha-
den Trigeminusästen zahlreiche Verbindungen ryngeus lateral- und abwärts, zieht an der late-
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4.12 N e r v e n d e s Kopfes, Nervi craniales, u n d d e s Halses, Nervi cervicales 263

- IM. petrosus minor


Nn. caroticotympanic!
„ - Ganglion superius lintracraniale]
Plexus tympanicus— — -Ganglion inferius [extracraniale]

N. tympanicus — — Ν. mandibularis
— G a n g l i o n oticum
M. levator veli palatini
N. auriculotemporalis

Rami pharyngei • — Processus pterygoideus


Μ tensor veli palatini
Processus styloideus Mm. palatopharyngeus et - glossus

M. constrictor pharyngis superior

Μ. styloglossus

Μ. et Ramus m. stylopharyngei" ~~

Ramus tonsillaris, Tonsilla palatina ~~


Μ genioglossus
Ramus lingualis M. mylohyoideus

M. hyoglossus " — Os hyoideum

M, geniohyoideus
Cartilago thyroidea
M. constrictor pharyngis inferior
[laryngopharyngicus] - M . thyrohyoideus

M. cricothyroideus

Oesophagus Trachea

Abb. 4.65: S c h e m a t i s c h e Ü b e r s i c h t über die L a g e u n d V e r z w e i g u n g d e s N. g l o s s o p h a r y n g e u s

ralen Seite des M. stylopharyngeus abwärts, um Verlauf der sekretorischen Fasern bis zur Gl.
schließlich im Bogen zwischen diesem und dem parotidea, s. Kap. 4.13.2.1, S. 278.
M. styloglossus zur Zunge zu gelangen.
t> Verbindungsäste:
• Vom Ganglion inferius gehen ab:
• zum N. vagus (dicht unterhalb des Ganglion
t> N. tympanicus. Er gelangt durch den Canalicu- superius
lus tympanicus in die Paukenhöhle. Hier bildet • zum R. auricularis n. vagi
er: 1. mit dem Ramus communicans cum plexu • zum N. facialis (R. digastricus)
tympanico (aus dem Facialis-Intermedius) und • zum Ganglion cervicale superius des Sympathi-
2. mit den Nn. caroticotympanici (aus dem cus
sympathischen Geflecht um die A. carotis int.)
• Periphere Äste
den Plexus tympanicus (für die Schleimhaut
der Paukenhöhle, der Innenseite des Trommel- [> Ramus sinus carotici, ein für die Blutdruckrege-
fells und der Tuba auditiva). Er zieht durch lung wichtiger Ast zum Sinus caroticus (s. Kap.
den Canalis n. potrosi minoris auf die vordere 4.9.1, S. 244)
Fläche der Felsenbeinpyramide und heißt hier > Rami pharyngei. Sie bilden mit Ästen des
N. petrosus minor. Dieser gelangt durch die N. vagus und mit Sympathicusfasern den Plexus
Fissura sphenopetrosa zum Ganglion oticum pharyngeus
(am N. mandibularis). Die parasympathische D> Ramus m. stylopharyngei zum M. stylopharyn-
(sekretorische) Verbindung des N. glossopha- geus
ryngeus über N. tympanicus und N. petrosus t> Rami tonsillares für die Schleimhaut der Gau-
minor mit dem Ganglion oticum bezeichnet man menmandel und der Gaumenbögen
als Jakobson-Anastomose. Über den weiteren
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264 4 Kopf, Cranium, u n d Hals, C o l l u m

men jugulare. Im Foramen bildet er das sensible


Ganglion superius. Anschließend nimmt er den
_ _ R. meningeus, Foramen jugulare R. internus n. accessorii auf und schwillt 1 cm
Ramus internus n. accessorii unterhalb des Foramen zum länglichen, vorwie-
Ganglion superius [jugulare] gend sensiblen Ganglion inferius an. Lage: In
\ "Ramus auricularis
der Furche zwischen V. jugularis interna und
Ganglion inferius [nodosum]
A. carotis interna bzw. A. carotis communis
Rami pharyngei zieht er abwärts zur Brusthöhle.
— Ramus internus Ι η. laryngei
• Kopfteil (von der Medulla oblongata bis zum
Ramus externus | suPerioris
Ganglion inferius)
R. cardiacus superior, t> Ramus meningeus durch das Foramen jugulare
Α. carotis communis rückläufig zur Schädelhöhle (zur Dura mater im
M. cricothyroideus Bereich des Sinus transversus und Sinus occipi-
Rami tracheales talis).
Rami oesophagei > Ramus auricularis. Er zieht vom Ganglion
A. subclavia superius zur Fossa jugularis und durch den
•Ramus cardiacus inferior
Canaliculus mastoideus hinter das Ohr, von
wo ein Ast mit dem N. auricularis posterior des
Ν vagus sinister, Arcus aortae
N. facialis weiterzieht und der andere Ast zur
Ν. laryngeus recurrens sinister
Ohrmuschel, zum Trommelfell und zur hinteren
Rami bronchiales unteren Wand des äußeren Gehörganges ver-
läuft.
Oesophagus, I> Verbindungsäste zum Ganglion inferius des
Plexus oesophageus N. glossopharyngeus.
Truncus vagalis posterior D> Aufnahme des Ramus internus des N. accesso-
Truncus vagalis anterior
rius.
Diaphragma • Halsteil (vom Ganglion inferius bis zur Abgabe
Rami gastrici posteriores des N. laryngeus recurrens)
Rami gastrici anteriores t> Verbindungsäste zum Ganglion cervicale
superius des Sympathicus und zum N. hypo-
glossus
t> Rami pharyngei (ein oberer und ein unterer Ast)
bilden mit dem N. glossopharyngeus und Sym-
pathikusfasern den Plexus pharyngeus. Dieser
I \
Ramus hepaticus Ganglion coeliacum enthält sensible und motorische Fasern zu den
Schlundschnürern, den Gaumenbogenmuskeln,
Abb. 4.66: S c h e m a t i s c h e Ü b e r s i c h t über L a g e u n d
zum M. levator veli palatini und M. uvulae.
V e r z w e i g u n g d e s N. v a g u s bis z u m M a g e n
Ein zarter Ast zieht zur Zunge, von dort: 1. Mit
dem N. hypoglossus nach peripher. 2. Zum sym-
t> Rami linguales für die Schleimhaut des hinteren
pathischen Geflecht der A. carotis externa.
Drittels der Zunge (sekretorisch, sensibel und
t> N. laryngeus superior. Der obere Kehlkopfnerv
sensorisch als Geschmacksfasern).
verläuft an der medialen Seite der A. carotis
10. N. vagus, Ν. X (Abb. 4.66). Motorisch, sen- interna und teil sich in:
sibel, sensorisch und parasympathisch. Er • Ramus externus zum M. constrictor pharyngis
verlässt mit 10-15 Fäden im Sulcus lateralis inferior und zum M. cricothyroideus sowie
posterior unterhalb des N. glossopharyngeus Fasern zur Schilddrüse.
die Medulla oblongata, tritt mit dem N. acces- • Ramus internus. Er zieht durch die Membrana
sorius in einer gemeinsamen Durascheide thyrohyoidea zur Schleimhaut des Kehlkopfes
(getrennt vom N. glossopharyngeus) aus der und der Zungenwurzel und verbindet sich mit
Schädelhöhle durch den vorderen Teil des Fora- dem N. laryngeus inferior.
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4.12 Nerven des Kopfes, Nervi craniales, und des Halses, Nervi cervicales 265

t> Rami cardiaci superiores, 2 - 3 Äste, die zwi- Der hintere (rechte) Truncus vagalis posterior gibt
schen N. laryngeus superior und inferior abge- ab:
hen und längs der A. carotis communis zur Aorta • Rami gastrici posteriores zur Rückfläche des
und zum Plexus cardiacus gelangen. Magens
> N. laryngeus recurrens, der rückläufige Nerv, • Rami coeliaci zum Plexus coeliacus und weiter
zieht rechts um die A. subclavia, links um den mit den Gefäßen als Rami lienales zur Milz
Arcus aortae (genauer: um das Lig. arteriosum, • Rami renales zu den Nieren
s. Kap. 2.3.1.4, S. 51) und verläuft zwischen • Rami intestinales zum Darm (für Duodenum,
Oesophagus und Trachea aufwärts bis zum Jejunoileum, Caecum, Colon ascendens und
Kehlkopf. die ersten zwei Drittel des Colon transversum)
Er gibt in seinen Verlauf ab: bis zum Cannon-Böhm-Punkt (s. Kap. 12.3.5.1,
S. 996).
• Rami cardiaci inferiores. Sie gehen Verbindun-
gen mit dem Sympathicus ein und ziehen zum 11. N. accessorius, Ν. XI. Dieser motorische Nerv
Plexus cardiacus (s. Kap. 10.7.1.6, S. 868) entspringt mit seinen
• Rami tracheales zum Halsteil der Luftröhre t> Radices spinales aus dem Halsmark zwischen
• Rami oesophagei zum Halsteil der Speiseröhre den vorderen und hinteren Spinalwurzeln aus-
• N. laryngeus inferior. Der untere Kehlkopfnerv tretend
teilt sich in einen vorderen und hinteren Ast, t> Radices craniales unterhalb des N. vagus, hinter
welche sämtliche Muskeln des Kehlkopfes der Olive, aus der Medulla oblongata.
mit Ausnahme des M. cricothyroideus und die
Die Radices spinales ziehen durch das Foramen
Kehlkopfschleimhaut unterhalb der Stimmritze
magnum in die Schädelhöhle, vereinigen sich mit
versorgen. Der hintere Ast verbindet sich mit
den Radices craniales zu einem gemeinsamen
dem N. laryngeus superior (Ansa Galeni, s. Kap.
Stamm, der zusammen mit dem N. vagus durch das
4.16.6, S. 335).
Foramen jugulare die Schädelhöhle verlässt. Unter-
• Brustteil (vom Abgang des N. laryngeus recur- halb des Foramen gibt er den Ramus internus (den
rens bis zum Hiatus oesophageus des Zwerch- „Accessorius vagi", im wesentlichen die Radices
fells) craniales) an den N. vagus ab (aus dem Nucleus
ambiguus fur die Kehlkopfmuskeln). Der Ramus
> Rami bronchiales anteriores bilden vor dem
externus (der „Accessorius spinalis") versorgt den
Hilus der Lunge den Plexus pulmonalis ante-
M. stemocleidomatoideus, den M. trapezius und
rior.
geht Verbindungen zum Plexus cervicalis ein, der
\> Rami bronchiales posteriores bilden hinter dem
ebenfalls beide Muskeln innerviert.
Hilus der Lunge den starken Plexus pulmonalis
posterior. Beide Plexus geben Zweige an die 12. N. hypoglossus, Ν. XII (Abb. 4.67). Er ist der
Pleura ab und versorgen die Lunge (s. Kap. motorische Nerv der Zunge und tritt mit seiner
10.6.7, S. 833). Wurzel im Sulcus lateralis anterior der Medulla
[> Rami oeseophagei beider Seiten bilden um oblongata mit 10-15 Fäden aus. Diese sammeln
den Oesophagus den grobmaschigen Plexus sich zu 2 Bündeln, die getrennt die Dura durch-
oesophageus. Der rechte Vagusstamm liegt der bohren und durch den Canalis n. hypoglossi die
hinteren, der linke der vorderen Speiseröhren- Schädelhöhle verlassen. Hier nimmt er Fasern
fläche an. Beide Trunci vagales enthalten Fasern aus dem 1-3. Zervikalnerven auf, die ihn später
aus dem rechten und linken N. vagus (s. Kap. wieder verlassen. Verbindungen bestehen
10.7.5.5.4, S. 895). außerdem zum Ganglion inferus des N. vagus
und zum Ganglion cervicale superius des Sym-
• Bauchteil
pathicus.
(nach Durchtritt durch das Zwerchfell)
Lage: Zunächst medial vom N. vagus, gelangt
D> Der vordere (linke) Truncus vagalis anterior gibt er hinter der A. carotis interna und dem N. va-
folgende Äste ab: gus an die laterale Seite der Arterie, wendet sich
• Rami gastrici anteriores zur Vorderfläche des zwischen dieser und der V. jugularis interna
Magens ventralwärts und zieht im Bogen über die Äste
• Rami hepatici zur Leber der A. carotis externa hinweg nach medial, um
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266 4 Kopf, Cranium, u n d Hals, Collum

Fossa mandibulans Tuberculum articulare M. levator veli palatini


/
V /

M. tensor veli palatini,


Chorda tympani, Hamulus pterygoideus
Processus mastoideus """ Μ. buccinator
Proc. styloideus,
M. constrictor pharyngis sup. ~ \ Μ. levator labii superioris
[caninusl
Venter posterior m. digastrici,
M. stylohyoideus
M. styloglossus et _
V. jugularis interna
M. et R. stylopharyngeus -

A. carotis interna, _
N. glossopharyngeus
Α carotis externa, _ Lingua, M. palatoglossus
Radix superior ansae cervicalis M. palatopharyngeus.
Tonsille palatina
Ν. hypoglossus, Α. facialis ~
" M. orbicularis oris
M. hyoglossus ' \
v M. genioglossus, Ν lingualis

A. carotis communis
χ
s \ x Mandibula (Schnittfläche)
\ \
M. et R. thyrohyoideus
^ x
N M. geniohyoideus
M . stemocleidomastoideus
Venter superior m. omohyoidei M. sternohyoideus Os hyoideum \
M. mylohyoideus Venter anterior m. digastrici

Abb. 4 . 6 7 : G a u m e n - , Z u n g e n - , M u n d b o d e n - u n d S c h i u n d m u s k e l n . D i e 3 „ Z u n g e n n e r v e n " u n d d i e G a u m e n t o n s i l l e
s i n d v o n d e r r e c h t e n Seite a u s d a r g e s t e l l t . D e r M . c o n s t r i c t o r p h a r y n g i s s u p e r i o r u n d d e r M. b u c c i n a t o r s i n d z u m
Teil, d i e r e c h t e U n t e r k i e f e r h ä l f t e v o l l s t ä n d i g e n t f e r n t

auf der Außenfläche des M. hyoglossus zur t> Rami linguales, motorische Äste zur inneren wie
Muskulatur der Zunge zu gelangen. äußeren Muskulatur der Zunge.
• Äste, die sich nur streckenweise dem N. hypo-
Klinik: Ausfälle von Hirnnerven siehe Kapitel
glossus angelagert haben:
5.2.6.2, S. 415.
l> Ramus meningeus zur Dura mater im Bereich
des Sinus occipitalis; die genaue Herkunft dieser
sensiblen Fasern ist unbekannt 4.12.2 Halsgeflecht, Plexus cervicalis
\> Radix superior (Ramus descendens η. hypo-
glossi), Fasern aus dem 1. und 2. Zervikalnerv,
Es handelt sich um geflechtartige Verbindungen
die sich streckenweise dem N. hypoglossus
der ventralen Äste der 4 oberen Halsnerven
anschließen und mit der Radix inferior (N.
C,-C 4 (s. Kap. 2.6.5.3, S. 96; Abb. 4.68).
cervicalis descendens) aus dem 2., 3. und 4. Zer-
vikalnerv die Ansa cervicalis (früher Ansa cervi-
Lage. Der Plexus liegt vor den Ursprüngen des
calis profunda, Ansa hypoglossi) bilden. Aus ihr
M. scalenus medius und des M. levator scapulae.
werden die Unterzungenbeinmuskeln versorgt.
Verbindungen bestehen zum N. accessorius, N. hy-
\> Ramus thyrohyoideus und Ramus geniohyoideus
poglossus, und zum Grenzstrang des Sympathicus.
sind Fasern, die den N. hypoglossus als selbst-
Wir unterscheiden
ständige Äste zu den gleichnamigen Muskeln
verlassen. • Hautäste (sensibel)
• Muskeläste (motorisch)
• Echte Hypoglossusäste. Der Ursprung ist im
Hypoglossuskern zu finden.
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4.12 Nerven des Kopfes, Nervi craniales, und des Halses, Nervi cervicales 267

Ast zum M. rectus capitis

lateralis anterior
\ /

- N. hypoglossus
Ν occipitalis minor

R. tbyrohyoideus

Ν auricularis magnus . Radix R descendensl


superior η hypoglossi J
ansae
M. splenius capitis cervicalis
Radix [ N. cervicalis]
" inferior ί descendens J
M. levator scapulae
kaudale Zungenbeinmuskeln
Ν. transversus colli
[Ν cutaneus colli]
R. muscularis Ansa cervicalis In. hypoglossi]

(trapezius)
Ν phrenicus
Nn. supraclaviculares —

— Plexus brachials
M. trapezius •
- Α. carotis communis dextra

Α. transversa col''
A. subclavia dextra

Abb. 4.68: Schema des Plexus cervicalis. Mit 1-8 sind die Rami ventrales der Nn. cervicales bezeichnet. Die Lage
des M. sternocleidomastoideus ist durch 2 gestrichelte Linien angedeutet

4.12.2.1 Hautäste (Abb. 4.68-71) > N. transversus colli (C,). Er erscheint unmit-
telbar unterhalb des vorigen am Hinterrand des
Sie erscheinen im mittleren Drittel des Hinterran- M. sternocleidomastoideus und wendet sich,
des des M. sternocleidomastoideus (Area nervosa bedeckt vom Platysma, über die Außenfläche
plexus cervicalis, Punctum nervosum, Erb-Punkt) des Muskels nach ventral zur Haut des ventralen
und strahlen von hier fächerförmig subkutan über und lateralen Halses. Sein oberster Ast geht eine
den Hals aus. Verbindung mit dem Ramus colli n. facialis ein
(früher Ansa cervicalis superficialis).
t> N. occipitalis minor (hauptsächlich C„ C,), für
t> Nn. supraclaviculares (C, und C 4 ). Diese
die laterale Hinterhauptsgegend, geht stärkere
erscheinen unterhalb des vorigen und ziehen
Verbindungen mit dem N. occipitalis major
divergierend abwärts durch das seitliche
(s. Kap. 8.9, S. 654) und dem folgenden ein.
Halsdreieck zur Haut der seitlichen Hals-, der
> N. auricularis magnus (C,) erscheint, unterhalb
unteren Nacken-, oberen Brust- und der Schul-
des vorigen, am Hinterrand des M. sternoclei-
tergegend. Nach ihrer Lage unterscheiden wir
domastoideus, kreuzt ihn und verläuft zum Ohr
Nn. mediales, intermedii und laterales.
aufwärts. Er zweigt sich auf in:
• Ramus anterior für die Haut vor dem Ohr und Klinik: Durch einen Einstich in der Mitte des
über dem M. masseter (Regio parotideomasse- Hinterrandes des M. sternocleidomastoideus
terica) und für die Haut des Ohrläppchens sowie kann man die gesamte Haut des Halses, der
der konkaven Fläche der Ohrmuschel. Schulter und des oberen Brustgebietes der
• Ramus posterior für die Haut hinter dem Ohr betreffenden Körperhälfte anästhesieren. Um
und die Haut der konvexen Fläche der Ohrmu- alle Äste sicher zu erfassen, muss die Nadel
schel.
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268 4 Kopf, Cranium, u n d Hals, C o l l u m

N. occipitalis m a j o r —

N. occipitalis minor

IM. auricularis magnus -

M. sternocleidomastoideus Ramus colli n. facialis

Ramus communicans
Lamina superficialis fasciae cervicalis
Platysma
M. trapezius •
Nn. supra- | laterales N. transversus colli
claviculares [cutaneus colli]
intermedii-
Vv. jugularis externa
et anterior
Nn. supraclaviculares
mediales

Abb. 4.69: H a u t n e r v e n u n d H a u t v e n e n d e s Halses. Das Platysma ist größtenteils entfernt, die L a m i n a superficialis
der Halsfaszie ist erhalten

während der Injektion subkutan, entlang dem t> Ramus trapezius (C3, C 4 , Ast zum M. trape-
Hinterrand des Muskels, nach kranial und nach zius.
kaudal verlagert werden. D> Rami sternocleidomastoidei (C2, C,); für den
gleichnamigen Muskel. Der R. trapezius und
die Rr. sternocleidomastoidei bilden meist ein
Geflecht (Plexus accessor iocervicalis) mit
4.12.2.2 Muskeläste
Ästen des N. accessorius.
> N. phrenicus (C 3 -C 5 , Abb. 4.71). Er führt moto-
> Muskeläste ( C - C 4 ) direkt zur tiefen Halsmus-
rische Fasern für das Zwerchfell, sensible für
kulatur (Mm. longus colli, longus capitis, rectus
den Herzbeutel sowie das Brust- und Bauchfell.
capitis anterior, rectus capitis lateralis, scalenus
anterior, medius, posterior levator scapulae, Er verläuft nahe oder auf dem M. scalenus anterior
intertransversarii cervicales), ohne sich an der abwärts und gelangt zwischen A. und V. subclavia
Plexusbildung zu beteiligen. in die Brusthöhle, wo er im vorderen Mediastinum
t> Radix inferior aus C , - C r Es sind absteigende mit der A. thoracica interna über die Pleurakuppel
Fasern, die sich mit der Radix superior C - C , zieht und vor der Lungenwurzel und zwischen
(Ramus descendens n. hypoglossi) zur Ansa Pleura pericardiaca und Perikard zum Zwerchfell
cervicalis (n. hypoglossi) verbinden für die gelangt (s. Kap. 10.7.10, S. 900).
Innervation der unteren Zungenbeinmuskulatur
und des M. geniohyoideus.
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4.12 Nerven des Kopfes, Nervi craniales, und des Halses, Nervi cervicales 269

N. trigeminus (V 2 I -
N. trigeminus (V,)
R. zygomaticotemporal .
Ν. s u p r a o r b i t a l
N. auriculotemporalis -

Ν. lacrimalis
N. vagus (R. auricularis).
Ν supratrochlear! s

N. occipitalis major Ν. infratrochlearis

- Ν mfraorbitalis

- R . nasalis externus

N. occipitalis minor

N. auricularis magnus

V
R . zygomaticofacialis
Nn. cervicales

N. transversus ' N. buccalis


[cutaneus] colli
Ν mentalis
Nn. supraclaviculares

N: mylohyoideus

Abb. 4.70: Hautnerven des Kopfes und Halses. Die sensiblen Versorgungsgebiete der
3 Trigeminusäste und der Zervikalnerven sind durch verschiedene Schraffierung wie-
dergegeben. Inset: Übersicht über Innervationsgebiete mit dazugehörigen Nerven

Äste: 4.12.3 Kopfsympathicus


• Rami pericardiaci, (sensible Äste, meist nur
rechts) zur vorderen Fläche des Herzbeutels. Wie überall, erreicht der Sympathicus von den
• sensible Äste zur Pleurakuppel und Pleura medi- 3 Halsganglien, Ganglia cervicales superius,
astinalis. medium und zumeist cervicothoracicum (G. stel-
• Rami phrenicoabdominales (als Endäste). Moto- latum), aus die Erfolgsorgane über die Gefäße
rische und sensible Äste zum Zwerchfell. (Plexus carotis internus und externus) (s. Kap.
2.6.6.5, S. 104).
Der Ramus phrenicoabdominalis tritt rechts durch
das Foramen v. cavae, links durch die Pars lumbalis
oder den Hiatus oesophageus durch das Zwerchfell. 4.12.4 Kopfparasympathicus
Er bildet mit Zweigen des Sympathicus den Plexus
phrenicus. Von den parasympathischen Kopfganglien Gan-
glion ciliare, G. pterygopalatinum, G. submandi-
Nebenphrenikus. In 20-25 % erhält der N. phreni-
bulare, G. oticum erreichen die postganglionären
cus aus unteren Zervikalnerven (C5, CA) akzessori-
Fasern die Erfolgorgane mit peripheren Ästen des
sche Zweige, die als Nebenphrenikus, N. phrenicus
N. trigeminus. In erster Linie handelt es sich um
accessorius, bezeichnet werden.
sekretorische Fasern (s. Kap. 2.6.6.6, S. 106).
Klinik: Die Existenz eines Nebenphrenicus
wurde als häufiger Grund für Misserfolge bei
der früher gebräuchlichen Durchschneidung des
N. phrenicus {Phrenikotomie) angesehen.

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270 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

N. occipitalis major, Μ sternocleidomastoideus, Glandula parotidea,


Α., V. occipitalis N. accessorius Fascia parotidea Fascia masseterica Α., V. facialis
\
\ i ι /
\ \ ι I /
t I /
I /
I /

N. occipitalis minor

M . splenius capitis

M . trapezius

V. jugularis externa

N. hypoglossus,
V. jugularis interna
\
\
N. auricularis magnus digastricus (Venter anterior]
\
Radix inferior ' G l a n d u l a submandibulnns
ansae cervicalis
stylohyoideus, M . digastricus
N. transversus
N (Venter posterior)
[cutaneus] colli
x x
N. accessorius, s M . hyoglossus, A. lingualis

M . levator scapulae \ e t R . thyrohyoideus


X
\ R. internus n. laryngei superions,
Nn. supraclaviculares
N
s A laryngea sup.

R. muscularis [trapezius] - ν ' R. e x t e m u s n. laryngei superioris


x
N A n s a c e r v i c a l i s [ n . hypoglossi],

N. dorsalis scapulae ^ A. thyroidea superior


N
Ν vagus, Glandula thyroidea
N. thoracicus longus, χ
x
M . scalenus m e d i u s N \ M . omohyoideus (Venter superior),
R. muscular is
A. transversa colli
x \ Ν. p h r e n i c j s
(Ram. superficialis]
v
A. cervicalis ascendens
Μ . scalenus posterior
- x ' M . sternothyroideus, R. muscularis
Plexus brachialis
^ M . sternohyoideus, R. muscularis
A. transversa colli Truncus thyrocervicalis
(Ramus prof.) /
x
A. carotis communis,
N..A..V. M . scalenus anterior, Clavicula Nn. supraclaviculares \ V. jugularis int.
suprascapular^ Α., V subclavia mediales M . sternocleidomastoideus

Abb. 4.71: Nerven und Gefäße der rechten Halsseite. Die Lamina superficialis der Halsfaszie im Bereich des Tri-
gonum submandibulare ist erhalten. M. sternocleidomastoideus, M. omohyoideus und V. jugularis interna wurden
zum Teil entfernt

4.13 Mundhöhle, Cavitas oris


Begrenzung (Abb. 4.73) der Cavitas oris pro-
Lernziele: Begrenzung der Cavitas oris, Zunge,
pria
Speicheldrüsen, Gaumen
vorn: Lippen, Labia oris
hinten bzw. medial: die mit Zahnfleisch, Gin-
Die Mundhöhle bildet den Anfangsteil des Verdau-
giva, bedeckten Alveolarfortsätze des Ober- und
ungstraktes (Abb. 4.72).
Unterkiefers und die Zähne, Denies
Gliederung und Begrenzung seitlich: Wangen, Buccae
oben: harter und weicher Gaumen, Palatum
• Eigentliche Mundhöhle, Cavitas oris propria,
durum und P. molle
Raum einwärts der Zahnbögen
• Vorhof der Mundhöhle, Vestibulum oris, Raum Beim zahnlosen Mund entfällt die Unterteilung
außerhalb der Zahnbögen. in Vorhof und eigentliche Mundhöhle.
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4.13 M u n d h ö h l e , Cavitas oris 271

• Lippen (Labia) und Wangen (Buccae) haben


eine muskuläre Grundlage (M. orbicularis oris
bzw. Μ. buccinator), eine Außenseite mit Haut
und Anhangsgebilden sowie eine Innenseite
mit Schleimhaut (unverhorntes Plattenepithel, Philtrum
Drüsen, Glandulae labiales und buccales). ^ · Palatum molle
Lippenrot ist der freie Rand der Lippe. Durch
das nur leicht verhornte Epithel schimmern „ • Uvula

die dicht liegenden subepithelialen Kapillaren Arcus palato-


durch. pharyngeus

Lippenbündchen. Ober- und Unterlippe sind — - Arcus palato-


glossus
durch eine Schleimhautfalte mit der Gingiva — Tonsille palatma
verbunden, Frenulum labii superioris und
F. labii inferioris. Lingua

Abb. 4.72: M u n d h ö h l e (genauer: Cavitas oris propria)


bei weit g e ö f f n e t e m M u n d u n d h e r a u s g e s t r e c k t e r
Z u n g e . Demonstration der G a u m e n b ö g e n

A vertebralis ^

Processus mastoideus Medulla spinalis

V. jugularis interna ^ A. carotis interna, Nn. IX, Χ, XI, XII.


^ Truncus sympathicus
Glandula parotidea __
prävertebrale Muskeln
A. carotis externa,
V. retromandibularis — Spatium lateropbaryngeum

Processus styloideus _ — Spatium retropharyngeum


und Stylomuskeln
— M. constrictor pharyngis superior
N. alveolaris inferior —
M. palatopharyngeus

M- pterygoideus mediaiis—' TonsiMa palatma

M. palatoglossus
Ramus mandibulae--'
Μ constrictor pharyngis superior
Μ masseter
Raphe pterygomandibularis
N. lingualis ·-*

V. facialis -

M. buccinator "

A. facialis —

Μ orbicularis oris "

Abb. 4.73: Querschnitt d u r c h d e n Kopf in H ö h e d e s F o r a m e n m a n d i b u l a e bei m a x i m a l g e ö f f n e t e m M u n d . Die


Injektionsnadel zeigt d e n W e g bei einer M e t h o d e der M a n d i b u l a r a n ä s t h e s i e . Zur Darstellung der B i n d e g e w e b s -
r ä u m e sind die Faszien (weiß) s c h e m a t i s c h h e r v o r g e h o b e n . Der s c h w a r z e Pfeil zeigt d e n A u s b r e i t u n g s w e g v o n
E r g ü s s e n aus d e m S p a t i u m p h a r y n g e u m in die Parotisloge
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272 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

4.13.1 Zunge, Lingua gebracht; Unterstützung bei der Einspeichelung


der Nahrung.
• Embryologie (4.74). Der Schleimhautanteil der • Geschmacksfunktion·. Durch die im Bereich der
Zunge entsteht aus dem 1.-4. Schlundbogen. Zunge gelegenen Geschmacksknospen wird die
Zunächst erscheint der unpaare mittlere Zun- Nahrung chemisch analysiert.
genwulst, Tuberculum impar, welcher aus dem • Sprachfunktion: Eine gute Verformbarkeit der
1. Schlundbogen gebildet wird. Dahinter tritt Zunge mit Hilfe äußerer und innerer Zungen-
das kleine Tuberculum thyroideum auf, dessen muskeln hat für die Bildung von Lauten Bedeu-
entodermales Epithel sich zur Schilddrüsen- tung.
anlage einsenkt. Nachdem der Ductus thyro- • Tastfunktion: Sensible Endkörperchen der
glossalis abgeschnürt ist, bleibt seine Öffnung Zungenschleimhaut machen die Zunge zum
als Foramen caecum erhalten. Etwas später Tastorgan. Dabei werden die Objekte mit einem
entwickeln sich auf dem 1. Schlundbogen die Vergrößerungsfaktor von 1,6 analysiert.
paarigen seitlichen Zungenwülste, Tubercula
lingualia lateralia. Nach ihrer starken Vergrö-
ßerung verbinden sie sich mit dem Tuberculum 4.13.1.1 Aufbau
impar und bilden die vor der Linea terminalis
gelegenen vorderen zwei Drittel der Zunge. Die Zunge wird untergliedert in:
Die Zungenwurzel entsteht aus einem unpaaren • Zungenkörper, Corpus linguae und
medianen Wulst, der Copula, welche vom 2., 3. • Zungenwurzel, Radix linguae.
und 4. Schlundbogen gebildet wird.
Die Grenze zwischen Corpus und Radix linguae ist
Die Zungenmuskulatur wandert zusammen mit der V-förmige, nach vorn offene Sulcus terminalis
dem N. hypoglossus aus dem Bereich der Okzipi- linguae, der an seiner Spitze das Foramen caecum
talmyotome in die Zungenanlage ein. linguae, den verödeten Rest des Ductus thyroglos-
salis, aufweist. Die Zungenspitze, Apex linguae,
• Funktionen
bildet den vorderen Teil des Zungenkörpers. Apex
• Transport- und mechanische Funktionen in und Corpus linguae gehen ohne scharfe Grenze
der Mundhöhle: beim Kauen wird die Nah- ineinander über (Abb. 4.75).
rung durch den Zungenkörper immer wieder
zwischen die Kauflächen der Zähne gefuhrt Klinik: Erfolgt der Descensus der Schilddrü-
und zum Isthmus faucium befördert. Weichere senanlage nicht oder unvollständig, so findet
Bestandteile der Nahrung werden durch Druck man in der Umgebung des Foramen caecum
des Zungenkörpers gegen den harten Gaumen Drüsengewebe, welches durch permanente
zermahlen und ebenfalls zur Schiundenge

Tubercula lingualia lateralia


ι

- Tuberculum —
impar
-Sulcus terminalis -
~ Foramen caecum -
linguae
- Copula
Epiglottiswulst -

Boden des Schiunddarms Formung der Zunge


Zungenentwicklung

Abb. 4.74: Zungenentwicklung (nach G.-H. Schumacher). I—IV: Schlundbogen


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4.13 Mundhöhle, Cavitas oris 273

Zungenmandel, eines in der Schleimhaut der Zun-


genwurzel angesiedelten lymphatischen Gewebes
(allgemeiner Aufbau siehe Kap. 4.14.5).
Die Facies inferior linguae ist glatt. In der Mitte
verbindet das Frenulun linguae die Unterfläche der
••Ά η
Zunge mit der ventralen Innenseite des Unterkie-
Pars anterior
Plica glossoepiglottica fers. Seitlich davon verlaufen rechts und links die
mediana Plicae fimbriatae vom Zungenrand zur Zungen-
spitze. An der Grenze zum Mundboden liegt die
Vallecula Plica sublingualis, auf welcher im Bereich der
epiglottica Caruncula sublingualis die großen Ausfuhrungs-
Plica glosso- gänge der Unterkiefer- und Unterzungendrüse,
epiglottica lateralis Pars posterior Ductus sublingualis major, Ductus sublinguales
Aditus laryngis minores, Ductus submandibularis, münden.
Recessus piriformis Üt-J
• Schleimhaut. Die Oberfläche der Zunge ist vor
Rima glottidis — dem Sulcus terminalis linguae von einer spezia-
lisierten Schleimhaut bedeckt. Die Schleimhaut
ist unverschieblich an der Aponeurosis lin-
Abb. 4.75: Zunge von dorsal (nach G.-H. Schuma- guae befestigt, eine Tela submucosa fehlt. Die
cher) Lamina propria bildet Bindegewebspapillen,
welche Grundlage massiver Papillenstöcke, der
mechanische, termische und chemische Reize
Primärpapillen sind, aus denen Sekundärpapil-
pathologisch verändert werden kann.
len hervorgehen. Diese erreichen die Basis der
Lamina epithelialis. Die Zungenpapillen bilden
makroskopisch sichtbare Erhebungen auf der
4.13.1.1.1 Schleimhaut gesamten presulkalen Schleimhaut des Zungen-
Das Dorsum linguae, der an der Zungenoberfläche rückens.
gelegene Zungenrücken, geht am Margo linguae • Papillae filiformes. Sie bedecken den gesam-
in die Facies inferior linguae über, ist konvex ten Zungenrücken und sind von einem mehr-
gekrümmt und weist in der Mitte den Sulcus medi- schichtigen, orthokeratinisierten Plattenepithel
anus linguae auf. Gegliedert wird es in einen vor bedeckt. Jede Primärpapille der Lamina propria
dem Sulcus terminalis linguae gelegenen vorderen trägt 10-30 Sekundärpapillen, deren Spitzen
Teil, Pars praesulcalis, und die hinter dem Sulcus häufig rachenwärts gerichtet sind. Freie Ner-
terminalis gelegene Pars postsulcalis. Die Schleim- venendigungen enden im Epithel bzw. subepi-
haut der Pars presulcalis weist Rauhigkeiten an thelial. Im subepithelialen Bindegewebe liegen
ihrer Oberfläche auf, welche als Papillae linguales, umschriebene Endorgane in Form von Endknäu-
Zungenpapillen, bezeichnet werden. len nichtmyelinisierter Nervenfasern, lameliier-
ter Körperchen oder Meissner-Tastkörperchen.
Wir unterscheiden
Damit können die Papillae filiformes Tastemp-
• fadenförmige Papillen, Papillae filiformes, findungen mit einem Vergrößerungsfaktor von
• pilzförmige Papillen, Papillae fungiformes, 1,6 vermitteln.
• blattförmige Papillen, Papillae foliatae, • Papillae fungiformes. Sie sind weniger häufig
• umwallte Papillen Papillae vallatae. vertreten als die Papillae filiformes, liegen lose
zwischen diese eingestreut besonders häufig in
Die Papillae fili- und fungiformes liegen auf dem
der Zungenspitze und am Zungenrand. Ober-
Zungenrücken, die Papillae vallatae, 8-15 an der
flächlich sind sie als hellrote Punkte zwischen
Zahl, vor dem Sulcus terminalis und die Papillae
den Papillae filiformes sichtbar. Die Papillen
foliatae an den hinteren Seitenrändern der Zunge.
besitzen eine breit ausladende, glatte, kuppel-
Die Oberfläche der Pars postsulcalis ist glatt und oder zapfenförmige Oberfläche. Von der rund-
zeigt Öffnungen der Krypten der Tonsilla lingualis, lich ovalen, kegelförmigen Primärpapille gehen
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274 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

wenige kurze Sekundärpapillen ab. An der len Epithel jeder Papille befinden sich mehrere
Papillenperipherie liegt ein Gefäßplexus, der hundert Geschmacksknospen. In der Tiefe der
die hellrötliche Farbe der Papille bedingt. Die Wallgräben münden Ausfuhrungsgänge (pro
Papille ist von einem mehrschichtigen para- bis Wallgraben ca. 35) rein seröser v. Ebner-Spül-
orthokeratinisiertem Epithel bedeckt, welches drüsen aus.
an der Oberfläche Geschmacksknospen enthält. • Unterseite der Zunge: Sie ist von einer papil-
Das Bindegewebe enthält zahlreiche lamellierte lenfreien Schleimhaut bedeckt, die in ihrem
Mechano- und Thermorezeptoren sowie freie Bau der des Mundbodens entspricht. Das mehr-
Nervenendigungen. Die Papillae fungiformes schichtige unverhomte Plattenepithel liegt einer
dienen damit der Geschmacksempfindung und Lamina propria auf, welche lose mit den Faszien
haben mechanische Funktionen. der Zungenmuskulatur verbunden ist. Eine Tela
• Papillae foliatae. Sie liegen am hinteren seit- submucosa fehlt (Abb. 4.81).
lichen Rand der Zunge, in der Nähe des Über-
gangs zum Arcus palatoglossus. Die Papillen Klinik: Die Färbung und Oberflächenbeschaf-
sind dicht nebeneinander gelagert, so dass ihr fenheit der Zungenschleimhaut kann sich unter
Querschnitt den Zinnen eines Burgwalls ähnelt. verschiedenen physiologischen (ζ. B. Farbe
In den Seitenwänden des para- bis orthokerati- der Nahrung) und pathologischen Einflüssen
nisierten, tiefe Zapfen bildenden Epithels liegen charakteristisch verändern. Eine sog. Himbeer-
Geschmacksknospen. Am Grund der epithelia- zunge mit hervortretenden roten Papillen ist
len Einfaltungen münden die Ausfuhrungsgänge Merkmal einer Scharlachinfektion. Bei pernizi-
seröser v. Ebnerscher Spüldrüsen, deren Endstü- öser Anämie (= Blutarmut bei Vit. B 12 -Mangel)
cke in der Lamina propria liegen. ist die Zunge auffällig glatt, rot, brennend;
• Papillae vallatae, in der Regel 8-10 an der Zahl, begleitend kommt es zu Geschmacks- und Sen-
liegen am vorderen Rand des Sulcus terminalis sibilitätsstörungen.
linguae. Sie bestehen aus einer breiten Primär-
papille, von welcher zahlreiche, sehr kurze
Sekundärpapillen entspringen. Die Papillen sind 4.13.1.1.2 Zungenmuskulatur
von einem Wallgraben umgeben und überragen
das Niveau der Umgebung nicht. Die Oberflä- Wir unterscheiden äußere Zungenmuskeln und
che und die Epitheleinfaltungen sind von einem innere Zungenmuskeln. Die äußeren Zungen-
orthokeratinisierten Epithel bedeckt. Im latera- muskeln entspringen am Skelett des Schädels,

ls!. vagus

Ν glosso-
pharyngeus

Ν. lingualis und mukös


Chorda tympani
N. hypoglossus

b ^ H H gemischt

Abb. 4.76: a. Motorische (links), sensible und parasympathische (rechts) Innervation der Zunge,
(verändert nach H. Rein und M. Schneider), b. Verteilung der verschiedenen Drüsenarten auf der Zunge
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4.13 Mundhöhle, Cavitas oris 275

die inneren in der Zunge selbst. Alle Muskeln /.: Die Muskelfasern betreten von unten hinten
enden mit feinen Sehnen an der Aponeurosis den Zungenkörper.
linguae und am Septum linguae. L.: N. hypoglossus, A. lingualis
F.: Bei Kontraktion der vorderen Muskelfasern
wird die Zunge nach hinten gezogen. Bei
Äußere Z u n g e n m u s k e l n (Abb. 4.77, 4.78) Gesamtkontraktion des M. hyoglossus wird
die Zunge vor allem im hinteren Abschnitt
1. M. genioglossus
abgeflacht
0 . : an der Spina mentalis des Unterkiefers
4. M . palatoglossus (s. Gaumenmuskeln, Kap.
1.: Er strahlt in einem sagittal gestellten Fächer in
4.13.4, S. 299)
die Zunge ein.
L.: N. hypoglossus, A. lingualis
Innere Z u n g e n m u s k e l n
F.: Der Muskel senkt den Zungenrücken und zieht
den Zungengrund nach vorn. Folglich kann bei 1. M. longitudinalis superior: Die Fasern verlau-
seiner Kontraktion die Zunge herausgestreckt fen unter der Zungenaponeurose von der Zun-
werden. genwurzel bis zur Zungenspitze.
M . longitudinalis inferior: Er verläuft an der
2. M. styloglossus
Unterfläche der Zunge.
Ο.: Er entspringt am Proc. styloideus.
L.: N. hypoglossus, A. lingualis
/.: Seine Fasern ziehen nach vorn unten in die
F.: Die Longitudinalmuskeln verkürzen die
Zunge ein und verflechten sich mit denen des
Zunge; bei Kontraktion des M. longitudina-
M. hyoglossus.
lis superior wird der Zungenrücken konkav
L.: N. hypoglossus, A. lingualis
gekrümmt. Eine Kontraktion des M. longitudi-
F.: Bei Muskelkontraktion wird der Zungenkörper
nalis inferior bewirkt eine konvexe K r ü m m u n g
zurückgezogen.
des Zungenrückens.
3. M. hyoglossus
2. M . transversus linguae: Er zieht vom Zungen-
O.: am Körper des Zungenbeins sowie am großen rand zum Zungenseptum. Einige Fasern durch-
(M. ceratoglossus) und kleinen Zungenbein- treten das Zungenseptum, um am Zungenrand
horn (M. chondroglossus). der Gegenseite anzusetzen.

Facies inferior linguae

Glandula lingualis anterior


[apicalisl

M. longitudinalis inferior

Septum linguae

M. genioglossus
"·' fI i M ä » Μ palatoglossus
Μ hyoglossus (Schnittfläche!

Μ constrictor pharyngis superior.


äÄjf Ϊ Μ. styloglossus

Pars glossopharyngea S f j U fSMI M. hyoglossus

Μ. constrictor Pars ceratopharyngea


pharyngis medius Pars chondropharyngea
' v4·
/ I Cornu majus
'· t
Μ. hyoglossus (Schnittfläche)
Corpus ossis hyoidei

Abb. 4.77: Basalansicht der a m Z u n g e n b e i n befestigten Z u n g e mit Zungen-, Schlund- und Kehlkopfmuskeln
(nach P. Köpf-Maier)
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276 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

Ν auriculotemporal
I

A. meningea media

Chorda tympani

A. maxillaris

N. facialis — "

N. alveolaris inferior

Ν glossopharyngeus

M. styloglossus — "

Μ. digastricus,
Venier posterior "

M . stylohyoideus — ~ ~

N. hypoglossus '
/
/
/
x
A. lingualis
\ A. sublingualis
Α. profunda linguae

Abb. 4.78: Nerven und Arterien der Zunge (nach G.-H. Schumacher)

L.: N. hypoglossus, A. lingualis Regionale Lymphknoten (Abb. 4.79)


F.: Durch Kontraktion der Transversal fasern wird
Hintere Abflussbahn (Radix linguae): Nil. cervica-
eine Annäherung der Zungenränder und damit
les profundi superiores, Nl. juguloomohyoideus
eine Zungenstreckung bewirkt.
Mittlere Abflussbahn : Nil. cervicales profundi
3. M. verticalis linguae: Die Muskelfasern steigen
superiores, insbesondere Nl. jugulodigastricus
nahezu senkrecht von der Unterseite der Zunge
zur Zungenaponeurose auf. Vordere Abflussbahn (Zungenspitze): Nil. sub-
mentales, Nil. submandibulares —> Nil. cervicales
L.: N. hypoglossus, A. lingualis
profundi superiores et inferiores
F.: Durch eine teilweise Kontraktion wird eine
Rinne im Zungenrücken gebildet, Gesamtver- Nerven (Abb. 4.76 a, 78)
kürzung der Fasern fuhrt zur Abflachung der
Zunge. Schleimhaut
1. sensibel:
4.13.1.2 Gefäße und Nerven N. mandibularis —» N. lingualis: vordere 2/3 (vor
dem Sulcus terminalis)
Arterien
N. glossopharyngeus: hinteres 1/3 (hinter dem
A. carotis externa —> A. lingualis Sulcus terminalis)
N. vagus -> Ν. laryngeus superior: Übergangsge-
Venen
biet zur Epiglottis
V. lingualis —» V. facialis —» V. jugularis interna
2. sensorisch:
V. sublingualis - » V. comitans n. hypoglossi —>
N. intermedius (N. facialis) —» Chorda tympani - »
V. facialis oder V. jugularis interna
N. lingualis: Papillae fungiformes
Lymphabfluss (Abb. 4.79). Der Lymphabfluss N. glossopharyngeus: Papillae vallatae et foliatae
erfolgt in den Truncus jugularis. N. vagus: Übergangsgebiet zur Epiglottis
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4.13 Mundhöhle, Cavitas oris 277

3. parasympathisch: sowie die Glandula sublingualis, Unterzungen-


Ν. glossopharyngeus, Ν. vagus —> intramurale drüse. Kleine Speicheldrüsen, Glandulae sali-
Ganglien: Gil. linguales variae minores, sind überall in der Schleimhaut
Ν. facialis (intermedius) - » Chorda tympani —> der Mundhöhle lokalisiert. Es werden je nach
N. lingualis —> Ganglion submandibulare: Glan- Lage Glandulae labiales, buccales, palatinae,
dula lingualis anterior linguales und molares unterschieden (Abb.
4.80).
4. sympathisch:
Ganglion cervicale superius —» Plexus caroticus
externus: Zungendrüsen Klinik: Bei Verschluss eines kleinen Ausfuh-
rungsganges entwickelt sich eine Sekretreten-
Muskulatur tion, die Ranula (Fröschleingeschwulst)
N. hypoglossus
• Funktionen
• in der Mundhöhle beginnt die enzymatische
4.13.2 Große Kopfspeicheldrüsen, Aufspaltung von Stärke durch a-Amylase des
Glandulae salivariae majores Speichels
• durch ein weiteres Produkt, Lysozym, wird die
• Embryologie
Bakterienflora kontrolliert
Die großen und kleinen Kopfspeicheldrüsen ent- • es erfolgt eine immunologische Abwehr durch
stehen durch Aussprossungen aus dem Epithel der Bereitstellung von IgA-Sekretkomplexen
Mundhöhle und sind mit ihrem Ursprungsort über • neben der Schutzfunktion hat der Speichel auch
Ausfuhrungsgänge verbunden. reinigende Funktion in der Mundhöhle
• er nimmt an der Remineralisierung von Zahn-
Zu den großen Kopfspeicheldrüsen gehören hartsubstanzen teil
die Glandula parotidea, Ohrspeicheldrüse, die • er trägt zur Schluckbarkeit und Transportfähig-
Glandula submandibularis, Unterkieferdrüse, keit der Nahrung bei
• er ist Lösungsmittel für Geschmacksknospen.

Zungenrücken — Zungenspitze

— Zungenrand

νΝ
Nil. submandibulares

Glandula submandibularis

J Nil. cervicales

V. jugularis interna

Abb. 4.79: Lymphbahnen und regionale Lymphknoten der Zunge, der Unterzungengegend, der Zähne, des
Zahnfleisches und der Wange. Die Pfeile geben die Strömungsrichtung an. Schematischer Frontalschnitt in
Anlehnung an L. Rouviere
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278 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

• Speichel Ihr Hauptausführungsgang ist der Ductus paroti-


deus (Stenon-Gang). Er ist ca. 1 cm vom Arcus
Speichel, das Produkt der großen und kleinen
zygomaticus entfernt und liegt auf einer Linie,
Kopfspeicheldrüsen, wird in einer Menge von ca.
welche vom Ansatz des Ohrläppchens am Kopf
1 1 pro Tag produziert. Es ist eine farblose viskose
zum Lippenrot der Oberlippe gezogen werden
Flüssigkeit, die Wasser, Mukoproteine, Immunglo-
kann. Über den M. masseter hinwegziehend
buline, anorganische Ionen, Proteine und sog. Spei-
biegt der Hauptausführungsgang in die Tiefe ab,
chelkörper enthält. Speichel wird kontinuierlich
durchdringt den M. buccinator und mündet an der
und stimuliert sezerniert. Für die Speichelsekretion
Papilla parotidea in das Vestibulum oris gegenüber
haben mechanische, chemische, olfaktorische und
dem 2. oberen Molaren. Entlang des Ductus paroti-
psychische Reize stimulierende Bedeutung.
deus kann sich Drüsengewebe der Parotis befinden.
Dieses wird als Glandula parotidea accessoria
4.13.2.1 Ohrspeicheldrüse, bezeichnet.
Glandula parotidea
Der Lobus colli ist von lockerem Bindegewebe
• Lage, Aufbau überzogen, dem die Lamina superficialis der Fascia
colli und das Platysma aufgelagert sind. Unter
Die Ohrspeicheldrüse ist die größte der 3 Kopf-
dem im Halsbereich gelegenen Lappen liegen der
speicheldrüsen und liegt in der Regio parotideo-
M. stylohyoideus und der Venter posterior des
masseterica. Der vordere Abschnitt liegt auf dem
M. digastricus. Dem oberen Teil der Drüse liegt
M. masseter, der Oberrand ist fingerbreit vom
die derbe Fascia parotideomasseterica auf. Diese
Arcus zygomaticus entfernt, hinten grenzt die
schickt feine Septen in das Innere des Organs,
Ohrspeicheldrüse an den äußeren Gehörgang, den
so dass sich die Parotis nicht aus ihrem Drüsen-
Tragus, Processus mastoideus und den oberen
lager herausschälen lässt. Am M. masseter und
Abschnitt des M. sternocleidomastoideus. Der
M. sternocleidomastoideus heftet sie ebenfalls fest
Hauptteil der Drüse liegt hinter dem Ramus man-
an.
dibulae und erreicht die Innenfläche des M. ptery-
goideus medialis sowie die vom Proc. styloideus Die Glandula parotidea wird im retromandibulären
entspringenden Muskeln. Bereich von der A. carotis externa, der V. retro-
Glandula parotidea accessoria
\ Ductus parotideus
\ I

- Glandulae molares
Glandula parotidea ^

— Glandulae labiales
M. masseter
" Glandulae buccales

Glandula lingualis anterior

M. mylohyoideus

Ductus sublinguales minores

Glandula sublingualis

Glandula submandibularis ^
- Ductus submandibularis

Abb. 4.80: K o p f s p e i c h e l d r ü s e n (nach G.-H. S c h u m a c h e r )


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4.13 Mundhöhle, Cavitas oris 279

mandibularis, dem Ν. auriculotemporalis und dem Sympathisch: Ganglion cervicale superius —»


Stamm des N. facialis durchsetzt. Im vorderen Teil Plexus caroticus extemus
der Drüse liegen der Plexus parotideus des N. faci-
alis, die A. transversa fasciei und der Ductus paro-
4.13.2.2 Unterkieferdrüse,
tideus. Die Glandula parotidea wird im Bereich des
Glandula submandibularis
Plexus parotideus in eine Pars superficialis und eine
Pars profunda geteilt. • Lage, Aufbau
• Histologie. Die Glandula parotidea ist eine rein Die Unterkieferdrüse liegt im Trigonum submandi-
seröse Drüse. In den Drüsenläppchen, intralobu- bulare. Oben ist die Drüse von der Lamina superfi-
lär, findet man neben Endstücken Schalt- und cialis der Fascia colli bedeckt. In der Tiefe liegt sie
Streifenstücke. Die größeren Ausführungsgänge einer Bindegewebsverdichtung an, welche die an
liegen interlobulär. Im Bindegewebe liegen der Mandibula befestigten Muskeln überzieht.
Nerven sowie Blut- und Lymphgefäße. Gele-
Der untere Abschnitt der Drüse überschreitet in der
gentlich findet man Ansammlungen von Lym-
Regel die Grenzen des Trigonum submandibulare.
phozyten und Plasmazellen. Das Vorkommen
Er überlagert das große Zungenbeinhorn und den
von Fettzellen ist normal.
Venter posterior des M. digastricus. Nach hinten
reicht die Drüse bis zum Halsteil der Glandula par-
Klinik: 1. Die Beziehungen zu den Gefäßen und
otidea, von welchem sie nur durch eine Verstärkung
Nerven erschweren das vollständige Ausräumen
der Lamina superficialis der Fasia colli getrennt ist.
der Drüse. Da die Fazialisäste radiär die Drüse
Zwischen Hinterrand des M. mylohyoideus und
durchsetzen, wird man bei der Spaltung der
dem M. hyoglossus befindet sich ein Spalt, durch
Drüse den Schnitt radiär anlegen, um möglichst
welchen die Regio submandibularis mit der Regio
viele Äste zu schonen. 2. Eine akute Parotitis
sublingualis verbunden ist. Durch diesen erreicht
(Mumps, virale Infektion) geht mit Schwellun-
ein Fortsatz der Drüse zusammen mit ihrem Aus-
gen einher und löst, besonders beim Öffnen des
fuhrungsgang, Ductus submandibularis (Wharton-
Mundes, an der derben Kapsel ein schmerzhaf-
Gang), die Regio sublingualis und lagert sich dem
tes Spannungsgefühl aus, weil die Drüse in ihrer
hinteren Bereich der Glandula sublingualis an.
bindegewebigen Loge keine Ausdehnungsmög-
lichkeit hat. Eiterungen können in den äußeren Der Ductus submandibularis liegt im Drüsenge-
Gehörgang durchbrechen oder einen Weg in das webe des kranialen Fortsatzes der Glandula sub-
Spatium parapharyngeum suchen. mandibularis. Er verläuft an der kranialen Fläche
des Diaphragma oris, medial von der Glandula
• Gefäße und Nerven sublingualis zur Caruncula sublingualis. Gemein-
sam mit dem Drüsenausführungsgang ziehen der
Arterien. A. carotis externa A. temporalis
N. lingualis sowie A. et V. sublingualis nach vorn.
superficialis —> Rr. parotidei
Dabei liegt der N. lingualis zunächst lateral vom
Venen. Vv. parotideae —» Plexus pterygoideus; Rr. Ductus submandibularis, zieht dann unter dem
parotidei —> V. facialis Ductus herum nach medial, um sich fächerförmig
in der Zunge aufzuzweigen.
Regionale Lymphknoten. Nil. parotidei superfi-
ciales et profundi —» Nil. cervicales laterales (Nil. • Histologie. Die Glandula submandibularis ist
profundi, superiores) -> Truncus jugularis eine seromuköse Drüse mit intralobulär gele-
genen End-, Schalt- und Streifenstücken und
Nerven. Parasympathisch (sekretorisch), Abb.
größeren interlobulären Ausführungsgängen.
4.82: N. glossopharyngeus —> N. tympanicus —»
Sie liefert den größten Teil des Mundspeichels.
N. petrosus minor —> Ganglion oticum —> N, auri-
culotemporalis —> R. communicans n. facialis —»
Klinik: Speichelsteine, Sialolithen, die aus
N. facialis
Kalziumphosphat oder -karbonat bestehen,
Jakobson-Anastomose: Verbindung des N. glosso- entstehen vermutlich durch Dyschylie, ausgelöst
pharyngeus mit dem Ganglion oticum durch Speichelelektrolytverschiebung, Viskosi-
tätsveränderungen und Schleimobstruktion.

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280 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

• Gefäße und Nerven genioglossus und hyoglossus. Das vordere Ende


der Glandula sublingualis liegt der Innenseite der
Arterien. A. carotis externa —» Aa. facialis et lin-
Mandibula, das hintere der Glandula submandibu-
gualis —> Rr. glanduläres
lar! s an.
Venen. V. submentalis - » V. facialis - » V. jugularis
Mehrere kleinere Ausführungsgänge, Ductus
interna
sublinguales minores, münden entlang der Plica
Regionale Lymphknoten. Nil. submandibulares sublingualis. Neben den kleinen Ausführungsgän-
—> Nil. profundi superiores —» Truncus jugularis gen gibt es gelegentlich einen großen Ausführungs-
gang, Ductus sublingualis major (Bartholin-Gang),
Nerven. Parasympathisch (sekretorisch), Abb.
welcher eigenständig oder gemeinsam mit dem
4.82: N. facialis (N. intermedius) —» Chorda tym-
Ductus submandibulars auf der Caruncula sublin-
pani —>· N. lingualis —» Rr. ganglionares —» Gang-
gualis mündet (Abb. 4.81).
lion submandibulare —> efferente Fasern zur Drüse
• Histologie. Die Glandula sublingualis ist eine
Sympathisch: Ganglion cervicale superius -»
mukoseröse Drüse mit überwiegend mukösen
Plexus caroticus exteraus
Endstücken. End-, Schalt und Streifenstücke
liegen intra-, größere Ausführungsgänge inter-
4.13.2.3 Unterzungendrüse, lobulär. Die Anzahl der Schaltstücke ist im
Glandula sublingualis Vergleich zur Glandula parotidea sehr stark
reduziert. Häufig liegen die serösen Endstücke
• Lage, Aufbau
in Form v. Ebner-Halbmonde den mukösen auf.
Die Glandula sublingualis liegt in der Regio sub-
• Gefäße und Nerven
lingualis (Abb. 4.81) auf dem M. mylohyoideus
unmittelbar unter der Schleimhaut des Mundbo- Arterien. A. carotis externa —» A. lingualis —»
dens, wo sie die Plica sublingualis aufwirft. Medial A. sublingualis
grenzt die Drüse an die Mm. geniohyoideus,

Glandula lingualis anterior

Plica fimbriate
A. profunda linguae

V. profunda linguae

N. lingualis Frenulum linguae

Ductus s u b m a n d i b u l a r
Plica sublingualis

Glandula sublingualis mit Caruncula sublingualis


Ductus sublinguales minores

Abb. 4.81: Regio sublingualis bei h o c h g e s c h l a g e n e r Zunge. A n der rechten Seite wurde die
Schleimhaut entfernt
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4.13 M u n d h ö h l e , Cavitas oris 281

Ν. petrosus minor Ganglion tngeminale

N. petrosus major ( Ν tensons veil palatini


Ganglion geniculi

N. facialis

Chorda tympani . —

Ν.tensoris tympani

N.auriculotemporalis

R communicans cum n. auriculotemporal

glionoticunr

Ν lingualis

N. alveolaris inferior

Ganglion submandibulare "

Chorda tympani
ι
Ν tensons tympani
\ N. petrosus minor
• N. lingualis
R. communicans cum \ N. a u r i c u l o t e m p o r a l
n. auriculotemporal! R. communicans
cum ramo meningeo A. facialis ·
A. meningea
•N tensoris veli palatini R sympathies
media mit
ad ganglion
Plexus caroticus R communicans cum
submandibulare
externus chorda tympani y-
•N lingualis Rr. glanduläres
gangiinonares^^i|p>
Corda tympani
Ν alveolaris inferior

Abb. 4.82: Ü b e r b l i c k über die Innervation der großen K o p f s p e i c h e l d r ü s e n ( n a c h (3.-Η. S c h u m a c h e r ) , a. l o p o -


grafie des G a n g l i o n o t i c u m u n d s u b m a n d i b u l a r e . Die d u n k e l e i n g e f a s s t e n Bereiche sind in b u n d c vergrößert
s c h e m a t i s c h dargestellt, b. G a n g l i o n oticum. c. G a n g l i o n s u b m a n d i b u l a r e

Venen. V. sublingualis —» V. lingualis —> V. jugu- 4.13.3 Zähne, Dentes und Zahnhalte-
laris interna
apparat, Parodontium
Regionale Lymphknoten: Nodi submandibulares
—> Nodi profundi superiores —» Truncus jugularis Bei den meisten Säugetieren und beim Menschen
fuhrt die verschiedenartige Ernährungsweise
Innervation
zur Spezialisierung einzelner Zahngruppen
Parasympathisch (sekretorisch), Abb. 4.82: N. fa- des Gebisses, so dass sich die Zähne deutlich
cialis (N. intermedius) —> Chorda tympani —> voneinander unterscheiden (Heterodontie). Wei-
N. lingualis —> Rr. ganglionares Ganglion sub- terhin ist das menschliche Gebiss diphyodont,
mandibulare - efferente Fasern zur Drüse d. h. die erste Garnitur, das Milchgebiss (Dentes
decidui), wird durch eine zweite Garnitur, das
Sympathisch: Ganglion cervicale superius —>
Dauergebiss (Dentes permanentes) ersetzt. Es
Plexus caroticus externus
findet nur ein Zahnwechsel statt. Unter den
Zähnen des Dauergebisses unterscheidet man
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282 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

solche die an Stelle der herausgefallenen Milch- der Basis und stülpt sich in diese hinein. Damit
zähne durchtreten (Ersatzzähne: Schneide- bzw. entsteht über ein Kappenstadium ein glockenförmi-
Eckzähne und Prämolaren) und solche, die im ges Schmelzorgan, Zahnglocke, die nur noch eine
Milchgebiss keine Vorläufer haben (Zuwachs- dünne stielartige Verbindung mit der Zahnleiste hat
zähne: Molaren). (Abb. 4.84 d).

Zahnglocke. Sie besteht aus einem äußeren


(abgeplattete Zellen) und inneren (prismatische
4.13.3.1 Embryologie
Zellen) Schmelzepithel. Die beiden Epithelschich-
ten schließen zwischen sich die Schmelzpulpa ein
Lernziele: Entstehung von Schmelz, Denthin,
(Abb. 4.83).
Zement, der Pulpa, des Parodontiums
Inneres Schmelzepithel. Die Zellen differenzie-
ren zu Amelohlasten (früher Adamantoblasten
Material für die Zahnentwicklung entstammt
= Schmelzbildner). Aus jedem Ameloblasten
dem Mundbuchtektoderm (Schmelz), Kopfme-
entsteht ein Schmelzprisma, welches an das dar-
sektoderm (Dentin, Zahnzement, Zahnpulpa,
unterliegende Dentin angelagert wird (Abb. 4.85).
dentogingivaler Faserapparat) sowie der Neu-
Zuerst wird die organische Schmelzmatrix für die
ralleiste (Zahnpapille, Zahnsäckchen).
Prismen gebildet, danach erfolgt die Mineralisa-
tion durch Einlagerung von Apatit-Kristallen. Die
• Epithel-, Zahnleiste, Zahnknospe
Schmelzbildung erfolgt zunächst im Bereich der
Epithel und Zahnleiste. In der 5. Woche senkt Höcker und Schneidekanten und breitet sich dann
sich dentogenes Epithel in Form einer Epithelleiste gegen den Zahnhals aus. Bei den mehrhöckerigen
(Labio-Gingival-Leiste) in das Mesenchym der Seitenzähnen treffen die Mineralisationsprozesse
Ober- und Unterkieferanlagen ein (Abb. 4.83). An aufeinander und bilden die Fissuren. Die präerup-
der lingualen Seite der Epithelleiste proliferiert in tive Schmelzreifung wird nach dem Zahndurch-
der 5. bis 6. Woche die Zahnleiste (Dentalleiste) bruch durch die posteruptive Schmelzreifung mit
als duchgehende, bandförmige Struktur, welche der Speichelmineralien vervollständigt.
Ausgangspunkt für die Zahnentwickung ist (Abb.
Schmelzpulpa und äußeres Schmelzepithel
4.84 a).
dienen unter anderem der der Versorgung der
Zahnknospen. Am bukkalen Rand der Leiste Ameloblasten, wobei das äußere Schmelzepithel in
entwickeln sich beiderseits im Ober- und Unterkie- sehr inniger Beziehungen zu Kapillaren des umge-
ferbereich je 10 relativ kompakte kolbenförmige benden Zahnsäckchens steht. Mit der Ausreifung
Zahnknospen für die späteren Milchzähne (rund- der Zahnkrone wird die Schmelzpulpa fortlaufend
liche oder ovale Gestalt) (Abb. 4.84 b). Bevor die reduziert und schließlich aufgebraucht.
Zahnleiste aufgelöst wird, entsteht an einer nach
Nach der Schmelzbildung bilden die Ameloblas-
lingual bzw. palatinal gerichteten Ausstülpung
ten das primäre Schmelzoberhäutchen und gehen
der Zahnleiste eine Ersatzzahnleiste. Aus dieser
zugrunde. Eine weiter Schmelzbildung ist damit
entwickeln sich etwa in der 10. Woche ebenfalls
zeitlebens nicht mehr möglich.
durch Zellproliferation Knospen, die Anlagen der
permanenten Ersatzzähne (je 10 im Ober- und Dentin. Das eingestülpte und von der Zahnglocke
Unterkiefer). Diese Anlagen bleiben allerdings umgebene Mesenchym ist die Zahnpapille (Abb.
zunächst neben den fertigen Milchzähnen in einem 4.85). Das innere Schmelzepithel induziert an den
mesodermalen Säckchen liegen (Abb. 4.84 c). oberflächlich gelegenen Zellen der Zahnpapille
eine Differenzierung in Odontoblasten, Zahnbein-
Zuwachszähne. Sie entstehen aus der nach hinten
bildner. Die Dentinbildung setzt etwas früher als
weiter wachsenden Zahnleiste (je 6 Anlagen) und
die Schmelzentwicklung ein (14. Woche, s. Tab.
haben keine Milchmolarenvorläufer.
4.2). Zuerst wird eine unverkalkte Grundsubstanz
• Zahnbestandteile mit Fibrillen (Prädentin) an das innere Schmelz-
eptihel angelagert, die fortlaufend mineralisiert
Schmelz. Das die Zahnknospen umgebende
wird. Dabei lässt jeder Odontoblast im Dentin einen
Mesenchym verdichtet sich insbesondere unter
(im Gegensatz zum Knochen!) radiär angeordneten
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4.13 M u n d h ö h l e , Cavitas oris 283

Zahnleiste
mit Zahnknospe

Mundhöhle

Zunge

^ Mundhöhlen- - Zahnglocke

äußeres
Schmelz-
epithel

Schmelz- Q Q Malassez-
Schmelz- organ Epithelreste
pulpa —

inneres -Schmelzorgan
Zahn- _ Schmelz-
säckchen epithel

Zahnpapille Anlage eines


Ersatzzahnes
Abb. 4.83: Z a h n e n t w i c k l u n g . Entwicklungsstufen zur B i l d u n g d e s g l o c k e n f ö r m i g e n S c h m e l z o r g a n s

Abb. 4.84: Z a h n e n t w i c k l u n g ( n a c h W. Meyer) a. Zahnleiste (Z) im Unterkiefer. Mu M u n d h ö h l e n e p i t h e l , b. Z a h n -


leiste d e s Oberkiefers mit 10 A n l a g e n für die Milchzähne, c. Zahnleiste d e s Oberkiefers. Die A n l a g e n sind z u Glo-
c k e n a u s g e w a c h s e n u n d h a b e n s i c h v o n der Zahnleiste a b g e s e t z t , d. M o d e l l e v o m Keim d e s unteren seitlichen
S c h n e i d e z a h n e s eines Feten v o n 12,5 c m L ä n g e (4. Monat). Die Ersatzzahnleiste (E) s c h i e b t sich n a c h lingual.
In der Vorhofsleiste (links) ist ein Spalt aufgetreten
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284 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

Tabelle 4.2: Mineralisation und Durchbruch der bleibenden Zähne (mod. nach B. Schroeder 1987)

Zahn Mineralisationsdauer (postnatal) Durchbruchsalter


Unterkiefer Oberkiefer Unterkiefer Oberkiefer
zentrale Inzisivi 3. Monat bis 5. Lebensjahr 6 - 7 Jahre 7 Jahre
laterale Inzisivi 11. Monat bis 6. Lebensjahr 3. Monat bis 6. Lebensjahr 7 Jahre 8 Jahre
Canini 4. Monat bis 5. Lebensjahr 4. Monat bis 6. Lebensjahr 9-10 Jahre 11-12 Jahre
1. Prämolar 18. Monat bis 7. Lebensjahr 10Jahre 10 Jahre
2. Prämolar 24. Monat bis 7. Lebensjahr 11 Jahre 11 Jahre
1.Molar Geburt bis 4. Lebensjahr 6 Jahre 6 Jahre
2. Molar 30. Monat bis 7. Lebensjahr 12 Jahre 12 Jahre
3. Molar 7. bis 13. Lebensjahr 16-30 Jahre

Zellfortsatz (Odontoblastenfortsatz, Tomes-Faser) chen für den Ein- und Austritt von Gefäßen und
zurück, der sich verzweigt und Kontakt mit den Nerven vorhanden sind. Die Zahnwurzelbildung
benachbarten Odontoblastenfortsätzen aufnimmt. steht im engen Zusammenhang mit den Zahndurch-
bruchsbewegungen.
Im Gegensatz zu den Ameloblasten bleiben die
Odontoblasten als äußere Zellschicht der Pulpa Zementoblasten. Die epitheliale Wurzelscheide
erhalten. Sie produzieren zeitlebens mit geringer geht zugrunde. Damit kommen die Mesenchym-
Aktivität Sekundärdentin, und sind in der Lage auf zellen des Zahnsäckchens in Kontakt mit dem
einen Reiz (Karies) ihre Aktivität zu erhöhen. Wurzeldentin —» Bildung von Zementoblasten (den
Osteoblasten ähnlich) wird induziert.
Pulpahöhle, Zahnpulpa. Die Pulpa geht aus den
übrigen Bestandteilen der Zahnpapille hervor, Präzement wird in den Zementoblasten produziert,
deren Mesenchymzellen sich zu Fibroblasten es wird schubweise mineralisiert, Zellfortsätze
weiter differenzieren. Weiterhin senken sich Arte- werden in das Zahnzement eingeschlossen.
rien- und Nervenäste in das Papillengewebe ein.
Zementogenese. Sie beginnt am Zahnhals und
Letztere bilden Plexus.
schreitet apikal weiter. Es kann zellfreies und
Mit der Dentinbildung wird die Pulpahöhle immer zellhaltiges Zement gebildet werden. Zellhaltiges
mehr eingeengt, so dass die topographische Gliede- Zement findet sich vor allem an mehrwurzeligen
rung der Pulpahöhle resultiert: Kronenpulpa, Cavi- Zähnen. Die eingeschlossenen Zementozyten sind
tas coronalis, Wurzelkanal (bzw. Wurzelkanäle), mit Osteozyten vergleichbar.
Canalis radicis dentis.
Parodontium. Das das Schmelzorgan umgebende
Mesenchym verdichtet sich zum Zahnsäckchen. Im
• Zahnwurzel, Zahnzement, Parodontium
Bereich des Zahnhalses und der Zahnwurzel wird
Die Zahnwurzelbildung beginnt, wenn Schmelz es zum Parodontium.
und Dentin im Kronenbereich im wesentlichen
Zum Beginn der Entwicklung existieren 3 Schich-
entwickelt sind. Sie vollzieht sich entlang der epi-
ten:
thelialen Wurzelscheide (Hertwig-Scheide). Diese
ist durch fehlende Schmelzpulpa im Bereich des 1. Zell-, gefäßreiche Schicht —» Zahnzement
späteren Zahnhalses gekennzeichnet. Äußeres und 2. Mittlere, lockere Schicht —» Sharpey-Fasern, —>
inneres Schmelzepithel liegen aneinander (Abb. Desmodont, —» dentoalveolärer Faserapparat.
4.85). Diese Scheide hat auf das Bindegewebe 3. Äußere, dichtere fibrillenreiche Schicht ->Alve-
der Zahnpapille induzierende Wirkung, sie regt die olenwand.
Bildung und Formierung von Odontoblasten an.
Die Sharpey-Fasern werden in den Alveolen-
Außerdem bestimmt sie die Form der Zahnwurzel.
knochen und in das Zement eingebaut. Zunächst
Wurzeldentin wird durch die Odontoblasten pro- entsteht ein primitiver Halteapparat, der unter
duzieret, die dabei entstehende Pulpahöhle wird Kaubelastung umgeformt wird. Die Gingiva ent-
wurzelspitzenwärts immer mehr eingeengt, so dass steht aus dem Ektoderm und dem Mesektoderm der
letztlich nur noch ein oder mehrere kleine Kanäl- Mundhöhle.
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4 . 1 3 M u n d h ö h l e , Cavitas oris 285

Ameloblasten

Schmelz- _ ——
pulpa "
(Reste)
— Ameloblasten

Odontoblasten
Schmelz-
matrix
äußeres
Schmelz-" x Prädentin
epithel
Odonto-
blasten

Abb. 4.85: Zur Entstehung der Z a h n h a r t g e w e b e

Klinik: 1. Hypodontie ist die Unterzahl von Zystenbildungen möglich. 10. Als Schmelzbil-
Zahnanlagen, meist 3. bleibenden Molaren, dungsstörungen sind autosomal dominate oder
laterale, obere Schneidezähne und 2. untere rezesssive Formen der Amelogenesis imperfecta
Prämolaren. 2. Hyperdontie ist die Überzahl bekannt, die in mangelnder Schmelzreifung
von Zahnanlagen, meist 4. bleibenden Molaren und/oder Hypomineralisation bestehen. 11. Bei
oder zentrale obere Schneidezähne (Mesio- der Dentinogenesis imperfecta liegen ebenfalls
dens). 3. Zwillingsbildungen, Denies geminati, mangelnde Ausreifung und/oder Hypominerali-
entstehen durch Spaltung einer Zahnanlage. sation vor, die zu einem Abplatzen des darüber
4. Zahnanlagen können ζ. B. in den Gaumen liegenden Schmelzes und einer raschen Abra-
oder die Kieferhöhle verlagert sein und ekto- sion der Zahnkrone fuhren.
pisch oder gar nicht durchbrechen (Retention).
5. Die Schmelzbildung bei mehrhöckerigen
Zähnen bricht in den Fissuren ab. Die dabei ent-
4.13.3.2 Funktion und Aufbau
stehenden Unregelmäßigkeiten sind ein idealer
des Gebisses
Ausgangspunkt zur Kariesentstehung. 6. Beim
Verschmelzen von 2 oder mehreren Zahnanla-
Lernziele: Funktion des Gebisses, Gebiss-
gen, spricht man von Denies confusi: Kronen
schema, Zahnformel, Zahndurchbruch, Mine-
oder Wurzeln sind vollständig oder partiell
ralisation
miteinander vereinigt. 7. Durch Verwachsung
der Zahnwurzel entstehen Mehrfachbildungen,
Denies concreti. 8. Zahnschmelzausläufer,
4.13.3.2.1 Funktion des Gebisses
-leisten, -inseln haben ζ. B. eine Bedeutung bei
der Entstehung von Parodontalerkrankungen. 9. • Abbeißen und Zerkleinerung der Nahrung
Zwischen den dentoalveolären Fasern können • Sensor, zusammen mit dem Zahnhalteapparat
sich Reste der epithelialen Wurzelscheide in beim Kauen
Form von epitheloiden Zellhaufen (Malas- • Sprachformung, verloren gegangene Frontzähne
sez-Körperchen) befinden. Aus ihnen sind reduzieren die Klarheit der Sprache

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286 4 Kopf, Cranium, u n d Hals, Collum

In der phylogenetischen Entwicklung auch als Zahnformel des bleibenden Gebisses:


Waffe und Werkzeug.
12 C1 P2 M3
12 C1 P2 M3
4.13.3.2.2 Aufbau des Gebisses
• Milchgebiss. Das Milchgebiss besteht, wie aus
• Gebissschema. Neben der Trennung in Ober-
der Zahnformel ersichtlich, aus 20 Zähnen, also
und Unterkieferbezahnung wird das Gebiss in
je 5 Milchzähnen in jedem Quadranten:
je eine spiegelsymmetrische rechte und linke
Kieferhälfte eingeteilt. Daraus ergibt sich ein • 2 Dentes incisivi, Schneidezähne,
Gebissschema mit 4 Quadranten, in denen sich • 1 Dens caninus, Eckzahn
ζ. B. im bleibenden Gebiss jeweils 8 Zähne • 2 Dentes molares, Milchmolaren.
befinden:
Durchbruch des Milchgebisses. Zwischen dem
1. Quadrant 2. Quadrant
6. Monat und 2 Vi Jahren brechen die Milchzähne
links Oberkiefer 8 7 6 5 4 3 2 1 1 2 34 5 6 7 f Oberkiefer rechts
durch (Tab. 4.2), Unterkieferzähne im Allgemeinen
links Unterkiefer 8 7 6 5 4 3 2 1 1234567! Unterkiefer rechts vor den entsprechenden Zähnen des Oberkiefers.
4. Quadrant 3. Quadrant Beim Zeitpunkt des Zahndurchbruches bestehen
enorme indiviuelle Variationen („Frühzahner",
Eine Weiterentwicklung dieses Schemas wurde
„Spätzahner"). Am Ende dieser Zeit stehen die
von der Federation dentaire internationale (F.D.I.)
Kronen der Zähne in Okklusion, das Wachstum
empfohlen, und hat sich weltweit durchgesetzt.
der Zahnwurzeln ist aber erst nach 2-3 Jahren
Dabei wird vor die Nummer eines jeden Zahnes
abgeschlossen.
noch die Quadrantennummer gesetzt. Beim Milch-
gebiss werden die Quadranten mit den Ziffern 5, 6, • Dauergebiss. Das Dauergebiss besteht aus
7 und 8 gekennzeichnet. 32 Zähnen. Jeder Quadrant hat
Dauergebiss • 2 Schneidezähne, Dentes incisivi
• 1 Eckzahn, Dens caninus
1817161514131211 21 22 23 24 25 26 27 28
• 2 kleine Backenzähne, Dentes praemolares
48 47 46 45 44 43 42 41 31 32 33 34 35 36 37 38 • 3 große Backenzähne, Dentes molares.
Milchgebiss Der 3. Molar ( „ W e i s h e i t s z a h n D e n s sapientiae)
ist ζ. T. nicht angelegt. Selten kommt es noch zur
55 54 53 52 51 61 62 63 64 65
Ausbildung eines 4. Molares.
85 84 83 82 81 71 72 73 74 75
Die bleibenden Zähne gleichen in der Form den
Gelesen und gesprochen wird jede einzelne Ziffer, Milchzähnen. Lediglich die Prämolaren, die die
ζ. B. Zahn 11 (sprich: eins-eins) = bleibender, Milchmolaren ersetzten, haben keine Entsprechung
mittlerer, oberer, rechter Schneidezahn; Zahn im Milchgebiss.
85 (sprich: acht-fünf) = zweiter, rechter, unterer
Durchbruch des Dauergebisses. Als erstes bricht
Milchmolar.
der sogenannte 6-Jahres-Molar (1. permanenter
Zahnformel. Das Gebissschema kann wegen der Molar) als Zuwachszahn distal der Milchzahnreihe
bilateralen Symmetrie zur Zahnformel verkürzt durch. In der sich anschließenden Wechselgebiss-
werden, die eine schnelle Übersicht über die phase (6.-12. Lebensjahr, Abb. 4.86) gehen die
Anzahl und Art (Inzisivi, Canini, Prämolaren, Milchzähne durch Resorption verloren und werden
Molaren) der Zähne geben soll. Für jede Art steht durch bleibende Zähne ersetzt (Tab. 4.2). Abschlie-
der Anfangsbuchstabe ihres lateinischen Namens, ßend brechen noch der 2. und 3. Molar durch.
beim Milchgebiss noch zusätzlich d (deciduus).
Klinik: 1. Bei Kleinkindern (bis 3 Jahre)
Zahnformel des Milchgebisses:
liegen die Anlagen der bleibenden Oberkie-
Id2 Cd1 Md2 ferfrontzähne dorso-palatinal der Milchzähne;
ein Intrusionstrauma verletzt die bleibenden
Id2 Cd1 Md2
Zahnkeime selten. Mit der Resorption der

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4.13 Mundhöhle, Cavitas oris 287

J.

Abb. 4.86: Gebiss eines 6-jährigen Kindes von


rechts. Milchgebiss und 1. oberer und unterer
I I
Molar sind vollständig durchgebrochen. Die ι ι
übrigen bleibenden Zähne sind im Kiefer frei- I ι
gelegt Canalis mandibulae M2

Milchwurzel wandert der bleibende Oberkie- 2. Zahnhals, Collum dentis, 3. Zahnwurzel,


ferfrontzahn unter den Milchzahn, so dass ein Radix dentis mit 4. Wurzelspitze, Apex dentis,
Intrusionstrauma den bleibenden Zahn bei 4- bis 5. Zahnhöhle, Cavitas dentis, mit 6. Zahnpulpa,
6-jährigen Kindern häufiger schädigt. 2. Vorzei- Pulpa dentis.
tiger, nicht versorgter Verlust von Milchmolaren
führt zur Mesialwanderung der ersten bleiben- Jeder Zahn besteht aus den Hartsubstanzen:
den Molaren und oft zu einem symptomatischen
1. Schmelz, Zahnschmelz, Substantia adamantina,
Engstand bei den Ersatzzähnen. 3. Platzmangel
Enamelum,
für die bleibende Dentition kann zu einem ekto-
2. Zahnbein, Substantia eburnea, Dentinum,
pischen Durchbruch (Eckzahnhochstand) oder
Dentin,
Retention von bleibenden Zähne (2. Prämolar,
3. Zement, Cementum.
oberer Eckzahn, 3. Molar) führen.
Anordnung. Bei jungen Menschen ragt nur die mit
dem Schmelz überzogene Krone in die Mundhöhle.
Die Wurzel steckt in einer Vertiefung des Ober-
4.13.3.3 Makroskopischer Aufbau
oder Unterkieferknochens, der Zahnalveole (Alve-
des Zahnes
olus dentalis) und wird vom Zement umgeben. Am
schmalen Zahnhals stoßen Schmelz und Zement
Lernziele: Zahnbestandteile, Anordnung, Hart-
zusammen. Mit zunehmendem Alter, insbesondere
substanzen
bei chronischen Entzündungen, kommt es zum
Zahnfleischrückgang, so dass erst der Zahnhals
An jedem Zahn kann unterschieden werden mit der Schmelz-Zement-Grenze und anschließend
(Abb. 4.87) 1. Zahnkrone, Corona dentis, Wurzelanteile freiliegen.

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288 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

Schmelz Corona
dentis
Schmelz-Dentis-Grenze

Kronen — - Dentin

pulpa Collum
— Sulcus gingivae
dentis
~ Schmelz-Zement-
Grenze

Gingiva

—Desmodontalspalt

Oesmodontale Fasern Radix


Wurzel- (Sharpey-Fasern) dentis
pulpa

Alveolar-
Knochen

— Zement Apex
dentis

Abb. 4.87: Zahn im Längsschnitt mit den Zahnhartgeweben Schmelz, Dentin und Zement
sowie die Pulpa und die Bindegewebefasern des Desmodonts

Dentin befindet sich sowohl unter dem Schmelz zium-Phosphor-Mineral mit Spuren von Natrium,
als auch unter dem Zement und es umschließt die Kalium, Magnesium, Chlor und Fluor. An den Ini-
Pulpahöhle. Diese setzt sich in den Wurzelkanal zisalkanten und Höckern ist der Schmelzmantel am
(Canalis radicis dentis) fort und endet in der Wur- stärksten, und er nimmt zum Zahnhals hin ab. Unter
zelspitze mit einer ÖfFunung (Foramen apicale) pH 5,5, was durch bakterielle Säuren (Plaque) oder
für die arterielle und venöse Versorgung (s. Des- Fruchtsäuren erreicht wird, geht Zahnschmelz in
modont, Gefäße, Lymphgefäße, Nerven) sowie die Lösung und demineralisiert (Karies bzw. Erosion).
Innervation. Die Innervation der Oberkieferzähne Initiale Läsionen können aber auch remineralisiert
erfolgt über die Rami alveolares superiores pos- werden.
teriores bzw. anteriores des N. maxillaris, die der
Histologisch lassen sich unterscheiden:
Unterkieferzähne über den N. alveolaris inferior/
N. trigemininus. In der Pulpahöhle sind Gefäße • Schmelzprismen
und Nerven in lockeres Bindegewebe eingebettet • Interprismatische Substanz
und bilden Plexus. • Spezifische Strukturen.
1. Schmelzprismen (Abb. 4.88), ca. 5 μηι im
4.13.3.4 Mikroskopischer Aufbau des Querschnitt, durchziehen nahezu die Breite der
Zahnes Schmelzschicht von der Schmelz-Dentin-Grenze
bis zur Schmelzoberfläche. Sie stehen radiär
Lernziele: Feinbau von Schmelz, Denthin, zueinander und verlaufen büschelweise in Schrau-
Zement, Pulpa, Besonderheiten, Funktion bentouren. So wechseln im Schliff längs getroffene
Prismen (dunkle = Parazonien) und quer getroffene
• Schmelz, Enamelum, Substantia adamantina Prismen (helle = Diazonien).
Schmelz ist die härteste Substanz des Körpers. Er Schmelzprismen sind vielkantig, im Querschnitt
ist gänzlich frei von Zellen und Zellausläufern und haben sie Arkadenform. Wir unterscheiden den
weist damit auch keinen Stoffwechsel aus. Schmelz Schlüssellochtyp und den Pferdehuftyp. Ihr Durch-
besteht zu 97 % aus Hydroxyl-Apatit, einem Kal-
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4.13 Mundhöhle, Cavitas oris 289

Schmelzlamellen stellen radiär durch die gesamte


Schmelzschicht verlaufende Sprünge oder durch-
gehende büschelartige Gebilde dar (Abb. 4.88). Sie
folgen nicht dem Verlauf der Schmelzprismen und
sind schwächer mineralisiert.
Schmelzbüschel sind hypomineralisierte, faser-
und blattartige Strukturen (Abb. 4.88). Sie verlau-
fen von der an der Schmelz-Dentin-Grenze eine
. iS/Ss
kurze Strecke in den Schmelz.
li|i Schmelzkolben bzw. -spindein sind Dentinkanäl-
chen, welche mit kolbenförmigen Erweiterungen in
den Schmelz hineinreichen (Abb. 8). Sie können
Odontoblastenfortsätze enthalten.
Schmelzoberhäutchen (SOH), Cuticula dentis,
Abb. 4.88: Strukturen des Schmelzes, a. Schmelzpris- kein prismatischer Bau. Man unterscheidet in
men. b. Schreger-Hunter-Streifung. c. Retzius-Linien.
Abhängigkeit vom Alter primäres, sekundäres und
d. Schmelzlamellen, e. Schmelzbüschel, f. Schmelz-
kolben bzw. -Spindeln (verändert nach G.-H. Schu-
tertiäres SOH.
macher)
1. Primäres SOH (Nasmyth-Membran) entsteht
präeruptiv als kutikuläre Ausscheidung der
Ameloblasten in der letzten Phase der Schmelz-
messer ist von der inneren zur äußeren Schmelz- bildung.
oberfläche annähernd konstant. 2. Sekundäres SOH entsteht während des Zahn-
durchbruchs als Kutikularbildung der Epithel-
2. Interprismatische Substanz ist eine minerali-
zellen.
sierte Substanz, welche die Prismen verbindet.
3. Tertiäres SOH (Pellicel) wird posteruptiv durch
3. Apatitkristalle, die die Form hexagonaler Stäbe Adsorption von Speichelbestandteilen gebildet.
haben, sind mit ihren Längsachsen nahezu parallel
zum Prismenverlauf angeordnet. Durch Übergrei- • Zahnbein, Substantia eburnea, Dentin
fen von Kristallen in benachbarte Schmelzprismen
Dentin bildet den Hauptanteil des Zahnes und
kommt es zur Verzahnung der Prismen untereinan-
umgibt die Pulpahöhle sowie den Wurzelkanal.
der.
Demnach unterscheidet man:
4. Schreger-Hunter-Streifung im Längsschliff ist
• Kronendentin
eine Hell-Dunkel-Streifung, welche auf Interferenz
• Wurzeldentin.
beruht und durch die Kreuzung und Krümmung
von benachbarten Prismengruppen, ζ. B. durch Folgende Besonderheiten finden wir:
mehrfach bogenförmig ausgelenkte Prismen, ver-
1. Dentin ähnelt dem Knochen. Da es reichlicher
ursacht wird (Abb. 4.88).
mit Hydroxylapatitkristallen mineralisiert ist
5. Retzius-Linien sind im Querschliff auftretende, {Mineralanteil·. 45 Volumen- bzw. 70 Gewichts-
bräunliche Streifen, die parallel zur Schmelz- prozent), wird es härter als Knochen.
Dentin-Grenze verlaufen (Abb. 4.88). Sie entstehen 2. Dentin enthält kollagene Fasern, welche spiral-
durch rhythmische, wachstumsbedingte Kalkabla- artig um die Dentinkanälchen angeordnet sind,
gerungen mit unterschiedlicher Mineralisation. Bei aber auch Netze bilden (Organischer Anteil:
Zähnen, die um den Zeitpunkt der Geburt mine- 30 Volumen- bzw. 25 Gewichtsprozent). Diese
ralisieren, kann zusätzlich die Neonatallinie als sind die Grundlage für die Elastizität des Den-
Wachstumsunregelmäßigkeit festgestellt werden. tins.
Plötzliche Änderungen in der Verlaufsrichtung 3. Dentin besteht zu 25 Volumen- bzw. 5 Gewichts-
der Schmelzprismen unterstützen diesen optischen prozent aus Wasser, das sich mehrheitlich in den
Effekt. Dentinkanälchen befindet.

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290 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

4. Die Perikaryen der Odontoblasten liegen dem Globulardentin. Zuerst mineralisieren vereinzelte
Dentin pulpaseitig auf, während ihre Zellfort- kugelförmige Dentinbereiche {Globuli), die sich
sätze (Tomes-Fasern) bis ins Dentin reichen. später verbinden (Interglobulardentin, rhom-
benförmig, gezackt) und ein ungleichmäßiges
Dentinkanälchen (Dentintubuli). Verleihen dem
Mineralisationmuster zurücklassen. Das Interglo-
Dentin radiäre Streifung. Sie enthalten Odonto-
bulardentin bildet nahe der Zement-Dentin-Grenze
blastenfortsätze (= Tomes-Fasern, Durchmesser ca.
an der Wurzel die Tomes-Körnerschicht, dagegen
1-3 μπι). Die Kanälchen reichen bis zur Schmelz-
kommen im Kronenbereich nur vereinzelt große
Dentin-Grenze (einige treten in den Schmelz ein
Bereiche von Interglobulardentin vor. Bei der
= so genannte Schmelzkolben) und bis zur Dentin-
Präparatherstellung kann es bei der Entkalkung des
Zement-Grenze. Sie haben eine ausgeprägte Veräs-
weniger minineralisierten Interglobulardentins zur
telung und stehen miteinander in Verbindung. Sie
Hohlraumbildung kommen, die im Mikroskop als
haben stoffleitende Funktion und enthalten auch
Interglobularräume erscheinen.
marklose Nervenfasern.
• Zement, Cementum, Substantia ossea
Manteldentin. Die Mineralisation des Dentins
durch die Odontoblasten beginnt an der Schmelz- Anatomisch gehört Zement zum Zahn funktionell
bzw. Zement-Dentingrenze (s. unter 2.2) und zum Zahnhalteapparat. Zement ist mit dem Wur-
hinterlässt dort durch starke Aufzweigungen der zeldentin fest verbunden. Nach apikal hin nimmt
Dentinkanälchen das schwächer mineralisierte es an Dicke zu (Abb. 4.89). An der Wurzelspitze
Manteldentin, eine ca. 0,5 mm breite Zone. und an den Wurzelaufteilungsstellen finden wir die
stärksten Zementschichten.
Zirkumpulpales Dentin entsteht nach dem Man-
teldentin und stellt die Hauptmasse des Dentins Funktion. Verankerung der Ligg. periodontalia.
dar. Durch rhythmische Sekretion und Minerali-
Bau. Zement besteht aus:
sation entstehen Linienmuster (von Ebner-Linien).
Besonders akzentuierte Linien werden als Owen- 1. Zellen, Zementozyten
Konturlinien bezeichnet, wobei eine prägnante 2. Mineralisierter Grundsubstanz
Neonatallinie vorhanden sein kann. 3. Kollagenen Fasern.
Prädentin ist die innerste, pulpennahe Dentin- Zementozyten gleichen den Osteozyten. Sie liegen
schicht, die noch nicht mineralisiert ist. in Höhlen der Grundsubstanz und besitzen lange,
verzweigte Fortsätze fur den Kontakt zu benach-
Peritubuläres Dentin grenzt unmittelbar an das
barten Zellen (Abb. 4.89).
Dentinkanälchen an. Es weist einen hohen Mine-
ralisationsgrad auf und enthält keine kollagenen Grundsubstanz. Sie ähnelt in ihrer Zusammenset-
Fibrillen. zung der des Knochens. Kollagene Fasern bilden
2 Systeme:
Intertubuläres Dentin liegt zwischen den Dentin-
kanälchen und hat einen höheren Anteil an kollage- • Von Ebner-Fibrillen, intrinisic fibers: feine
nen Fasern. Fasern, welche spiralförmig um die Zahnwurzel
verlaufen.
Sekundärdentinbildung. Aufgrund ihrer
• Sharpey-Fasern: extrinsic fibers, radiär ein-
lebenslangen Aktivität
strahlende Parodontalfasern, welche vor allem
• ziehen sich die Odontoblastenfortsätze nach im äußeren und mittlerem Bereich zu finden
pulpal zurück sind.
• reift kontinuierlich neues Prädentin
Zementarten. Die Einteilung erfolgt nach dem
• wächst das zirkumpulpale Dentin
Vorkommen von Zementozyten und Fasern:
• sezernieren die Odontoblasten kontinuierlich
peritubuläres Dentin • Azelluläres, aftbrilläres Zement besteht lediglich
• verkleinert sich der koronale Querschnitt der aus Grundsubstanz. Vorkommen als Zement-
Dentinkanälchen inseln im Schmelz.
• reduziert sich die Sensibilität des Dentins • Azelluläres, äußeres Faserzement besitzt ledig-
• reduziert sich die Pulpahöhle. lich Bündel radiär verlaufender Sharpey-Fasern;

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4.13 Mundhöhle, Cavitas oris 291

Schmelz

Dentin

Pulpa Zementozyten

Kallagene
Zement
(Sharpey-) Fasern

Schmelz

Dentin
Pulpa —

Grundsubstanz
Zement

I \ b
\
Dentin \
\
Dentin-Zement-Grenze

Abb. 4.89: Struktur des Zahnzements, a. Verteilung des Zements. Die zunehmende Dichte der Punktierungen
markiert die Zementdickenzunahme, b. Bau des Zements. Die Zementozyten mit Fortsätzen und kollagenen
Fasern beherrschen das Bild. Die Grundsubstanz wurde farblos belassen (verändert nach G.-H. Schumacher)

keine Zellen! Vorkommen: Zervikales Drittel Funktion


der Zahnwurzel.
• Dentinbildung durch die Odontoblasten
• Zelluläres, gemischtes lamelläres Zement hat
• Ernährung, Innervation des Zahnes
Zementozyten und Sharpey-Fasern sowie kolla-
• Abwehr von Erregern oder körperfremden Stof-
gene Fasern. Vorkommen: apikales Wurzeldrit-
fen.
tel (im Bereich der Bi-, Trifurkationen).
• Zelluläres inneres Faserzement besitzt Zemento- Aufbau
zyten und kollagene Fasern, aber keine Sharpey-
Das Pulpagewebe steht dem gallertigen Bindungs-
Fasern. Vorkommen: in Resorptionslakunen.
gewebe mit:
• Pulpa
1. Grundsubstanz
Die Zahnpulpa befindet sich in der Cavitas dentis 2. Fasern
(Abb. 4.90). Dabei liegt die Kronenpulpa im Kro- 3. Zellen.
nenteil, Cavitas coronalis, und die Wurzelpulpa im
Grundsubstanz. Sie dient als ist Umschlagplatz
Wurzelkanal, Canalis radicis dentis. Im Bereich
im Stoffwechsel zwischen Zellen und Gefäßen. Es
der Höckerspitzen befinden sich bei jugendlichen
kommen vor allem kollagene und retikuläre Fasern
Zähnen Pulpahörner, die sich langsam durch
vor. Retikuläre Fasern nehmen in der Gebrauchs-
Sekundärdentinbildung zurückbilden. Gerade im
periode ab. Elastische Fasern finden sich nur in den
Wurzelbereich bestehen individuelle Variationen,
Gefäßwänden.
wobei in einer Wurzel mehrere Kanäle vorkom-
men können. Seitenkanäle bestehen im gesamten Zellen. In der Pulpa befinden sich:
Wurzelbereich. Das Foramen apicale weist häufig
1. Pulpozyten
viele Aufzweigungen (Ramifikationen) auf, die ein
2. Freie Zellen: Lymphozyten, Histiozyten, Mono-
apikales Delta bilden.
zyten, Plasmazellen, Granulozyten
3. Odontoblasten.
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292 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

Odontoblastenschicht

Innenzone
\
\
\
\

bipolarer
" Fibroblast

subodontoblastischer
Kapillarkomplex

Fibroblast und freie


Außenzone - « · « = — Bindegewebszelle

subodontoblastischer
Weil-Schicht Nervenkomplex

zellkernreiche Schicht

Abb. 4.90: Aufbau und Topografie der Zahnpulpa (verändert


nach G.-H. Schumacher)

Pulpozyten treten als Fibroblasten (aktive Form) und Nervengeflecht (Raschkow-Plexus), 3. Zell-
oder als Fibrozyten (inaktive Form) auf. Die akti- kernreiche Schicht mit vielen Fibroblasten.
ven Zellen sind pluripotent, neben der Abwehr,
Altersveränderungen der Pulpa äußern sich in
können sie ζ. B. auch zu Odontoblasten differen-
einer Verkleinerung und Verminderung der Pulpo-
zieren.
zyten, vakuolärer Degeneration der Odontoblasten,
Odontoblasten sind hochdifferenzierte, stoffwech- Zunahme kollagener Fasern sowie in hyalinen,
selaktive Zellen, die zeitlebens die äußere Schicht kalkigen und amyloiden Veränderungen der Grund-
der Pulpa darstellen und neues Prädentin bilden, substanz. Aufgrund der Sekundärdentinbildung
das anschließend mineralisiert. Die Odontoblasten verkleinert sich das Pulpalumen im Altersgang.
schicken bis zu 5 mm lange Fortsätze bis in den
peripheren Dentinmantel. Es wird angenommen,
dass Odontoblasten direkt oder indirekt über die 4.13.3.5 Zahnhalteapparat, Parodontium
Bewegung der in den Dentinkanälchen liegenden
Flüssigkeitssäule mechanische, thermische, chemi- Lernziele: Aufbau und Anordnung von Gingiva,
sche oder elektrische Reize übertragen. Desmodont, Alveolarknochen, Sulcus gingivae
Topographisch gliedert sich die Pulpa in 2 Zonen:
Zum Zahnhalteapparat gehören alle Strukturen,
1. Die Innenzone enthält vor allem die Arterien,
welche der Verbindung des Zahnes mit dem Kie-
Venen und Nerven (markhaltige, sensible und
ferknochen dienen: Zahnfleisch, Gingiva, Wur-
marklose, vasomotorische), die über das Fora-
zelhaut, Ligamentum periodontale, Desmodont,
men apikale und ζ. T. Seitenkanäle austreten,
Zahnzement, Cementum, Alveolarknochen, Os
jedoch keine Lymphgefäße.
alveolare.
2. Die Außenzone besteht von außen nach innen
aus 3 Schichten: 1. Odontoblastenschicht,
Diese Strukturen bilden eine genetische, struktu-
2. Zellkernarme Subodontoblasten- oder Weil-
relle, biologische und funktionelle Einheit.
Schicht mit dem Gefäß- (Plexus pulpocapillaris)

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4.13 Mundhöhle, Cavitas oris 293

• Funktion • Gefäße —> arkadenfÖrmiger subepithelialer


Kapillarlexus
• Mechanische Funktion durch Verbindung von
• Nerven —> subepitheliales Geflecht aus markhal-
Zahn und Kiefer.
tigen und marklosen Fasern
• Formative Funktion durch ständigen Umbau des
• Endkörperchen sind: Merkel-Tastscheiben,
parodontalen Gewebes.
Meissner- Tastkörper, Krause-Endkörper
• Abwehr-, Schutzfunktion aufgrund des Vorkom-
mens immunkompetenter Zellen für die spezifi- Submucosa gibt es nicht.
sche Abwehr.
Supraalveolärer Faserapparat. Der Faserapparat
• Nutritive Funktion aufgrund der guten Vaskula-
wird von kollagenen Bündeln gebildet. Er stellt die
risation.
Gesamtheit der Fasern dar, die in die intraalveoläre
• Sensorische Funktion durch eine ausgeprägte
Wurzeloberfläche inserieren, die Zähne umgeben
Innervation als afferenter Bestandteil des Regel-
und das gingivale Gewebe mit dem Zahnhals und
kreises des Kaumechanismus.
dem Alveolarkamm verbinden.

1. Zahnfleisch, Gingiva Die wichtigsten Faserbündel verlaufen wie folgt


(Abb. 4.91):
Strukturen. Die Gingiva bildet den koronalen
Abschluss des Parodontiums und sichert damit die • Vom extraalveolären Zement fächerförmig in
Kontinuität der epithelialen Mundoberflächenaus- die Gingiva
kleidung. • Umkreisen den Zahn und zweigen sich in apika-
ler und okklusaler Richtung auf
Bau: Wir unterscheiden: 1. Orales Epithel, 2. Saum-
• Verbinden vestibuläre und linguale Interdental-
eptihel, Verbindungsepithel, 3. Subepitheliales Bin-
papillen. Ziehen vom Periost des Alveolarkno-
degewebe, 4. Supraalveolärer Faserapparat.
chens in die Gingiva
Orales Epithel. Mehrschichtiges unverhorntes Plat- • Verbinden alle Zähne durch Achterligaturen
tenepithel, welches an bestimmten Stellen Poro- untereinander
keratose aufweist. Zur eigentlichen Mundhöhle
Funktion. Die Fasern tragen zu einer Stabilisie-
und zum -vorhof hinzeigend ist es über zahlreiche
rung des gesamten Parodontiums bei, sorgen für
lange, unregelmäßige Papillen mit dem Bindege-
optimalen Halt der Gingiva an Zement und Alveo-
webe verzahnt. An der marginalen Gingiva geht das
larknochen und für die Straffung der Gingiva sowie
orale Epithel in das Saumepithel über.
für den Halt der dem Zahn anliegenden Zahn-
Saumepithel. Das niedrige kubische Verbindungse- fleischmanschetten.
pithel umschließt ringförmig den Zahnhals und ist
Dentogingivale Verbindung erfolgt durch:
ca. 2 mm hoch. Apikal finden sich wenig Zelllagen,
in Sulkusnähe (Sulkusboden) etwa 15-30. Es • Verhaftung des Saumepithels mit Schmelz und
besteht aus 2 Schichten: Zement (epitheliale Haftstruktur)
• Ansatz kollagener Faserbündel am Zement
• mitotisch aktiven Stratum basale
(s. o.)
• aus Tochterzellen bestehenden Stratum supra-
basale Epithelansatz. Er wird durch das Saumepithel
besorgt und besteht aus einer Lamina basalis und
Es keratinisiert nicht und bleibt undifferenziert.
Hemidesmosomen (Abb. 4.91). Diese epitheliale
Das gesunde Saumepithel ist mit dem angrenzen-
Haftung kann am Schmelz, Dentin oder Zement
den Bindegewebe nicht verzahnt. Die Regenera-
gleichermaßen erfolgen. Zwischen Basallamina
tionsrate ist mit 4 - 6 Tagen außerordentlich hoch.
und Zahnoberfläche befindet sich häufig eine Cuti-
Subepitheliales Bindegewebe besteht hauptsächlich cula dentis, die ein Produkt des Saumepithels sein
aus einem Netz von kollagenen Fasern, in das zahl- kann.
reiche Fibrozyten und freie Zellen eingestreut sind.
Die der Zahnoberfläche anhaftenden Zellen wan-
Die proteoglykanreiche Grundsubstanz verschafft
dern koronalwärts; damit lösen sich die Zellhaftun-
der Gingiva eine elastische Struktur.
gen ständig und müssen immer wieder neu etabliert
• Keine Drüsen werden.
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294 4 Kopf, C r a n i u m , u n d Hals, C o l l u m

Sulcus gingivae
/
/ orales Epithel

Saumepithel Saumepithelzelle
Schmelz

Schmelz

Schmelzkutikula

Halbdesmosom

Zement
innere Basallamina

~ -- dentogingivale
Fasern
alveologingivale
Fasern

Desmodontal -
spalt
periostogingivale
Fasern
Desmodontal- __ __
fasern ~~ —

Alveolar-
knochen

interpapilläre Fasern

transseptale Fasern

interzirkuläre Fasern

dentogingivale Fasern

zirkuläre/semizirkuläre Fasern

Abb. 4.91: Dentogingivaler Verschluss, a. Längsschnitt, b. Horizontalschnitt. Inset: Epitheliale Haftstruktur in F o r m


von Halbdesmosomen

Sulcus gingivae. Er ist eine schmale bis ca. tischen radiären und tangentialen Verlauf haben
0,3-0,5 mm tiefe und 0,15 mm breite Furche, die (Abb. 4.87) und untereinander verflochten sind.
einerseits durch die Zahnsubstanz, andererseits Sie inserieren einerseits im Alveolarknochen und
durch das orale Sulkusepithel begrenzt wird. Der andererseits im Wurzelzement. Die meisten Fasern
Boden wird durch die koronalsten Zellen des Saum- verlaufen zahnwärts schräg absteigend in Wurzel-
epithels gebildet. Überalterte Zellen werden in den richtung (—»federndes Auffangen des Kaudruckes).
Sulcus abgestoßen. Am Zahnhals und zur Wurzelspitze hin haben die
Fasern zahnwärts aufsteigenden Verlauf (—> Halten
• Wurzelhaut, Desmodont des Zahnes in der Alveole).
Diese bindegewebigen Strukturen nehmen den Zellen. Fibrozyten, freie Zellen. Fibroblasten
Raum zwischen der Wurzeloberfläche und dem können ständig neue Kollagenfibrillen bilden und
Alveolarknochen ein. Wir finden: Bindegewebsfa- sich zu Zementoblasten und Osteoblasten umwan-
sern, Zellen, Gefäße, Lymphgefäße, Nerven. deln. Somit kann sich das Parodontium ständig
erneuem.
Bindegewebefasern. Die kollagenen und elasti-
schen Fasern bilden ein System, durch das der Zahn Gefäße, Lymphgefäße, Nerven verlaufen in
federnd in der Alveole syndesmotisch befestigt ist Aussparungen zwischen den Kollagenfaserbün-
(—> Gomphosis). Zahlreiche Fasern bilden Bündel deln, die lockeres Bindegewebe enthalten. Wir
(= Sharpey-Fasern), welche einen charakteris- unterscheiden 3 Versorgungswege 1. desmodontal,
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4.13 Mundhöhle, Cavitas oris 295

2. alveolär, 3. supraperiostal/mukogingival. Damit


Klinik: 1. Übermäßiges Zähneputzen entfernt
werden die Gefäße bei Belastung des Zahnes
das dünne zervikale Zement bzw. Schmelz, so
nicht gedrosselt. Okklusale Belastungen werden
dass Dentin mit seinen Dentinkanälen freiliegt.
demnach nicht nur durch den Faserapparat aufge-
Dadurch können Reize (Kälte, Säure) besser
fangen, sondern auch durch die Gewebsflüssigkeit
weitergeleitet werden (überempfindliche Zahn-
(= hydraulische Druckverteilung).
hälse). 2. Alle zahnärztlich-restaurativen Maß-
Die wichtigsten zufuhrenden Gefäße für den nahmen beeinträchtigen die Pulpa; so werden bei
Alveolarfortsatz und das Parodontium sind für den der Präparation für Kronen oder Füllungen Den-
Oberkiefer die Aa. alveolares anteriores und pos- tinkanäle freigelegt, in die bei der Maßnahme
teriores und die Aa palatinae, für den Unterkiefer verwendete Säuren oder Monomere eindringen
die Aa. alveolares inferiores, Aa. sublinguales, Aa. können. 3. Karies breitet sich vorzugsweise in
mentales und Aa.faciales. dem schlechter mineralisierten Manteldentin
aus, sobald die Schmelz-Dentin-Grenze erreicht
Die Nervenfasern sind markscheidenarm oder ist. 4. Entzündungen, die in anderen Geweben
marklos. zu einer unkomplizierten Schwellung führen,
verursachen in der Pulpa aufgrund des starren
Lymphgefäße und Nerven folgen weitgehend Mineralmantels zu einer Erhöhung des intrapul-
den Blutbahnen. palen Druckes, Stoffwechseleinschränkungen
und oft zur Pulpanekrose. 5. Bei Entzündungen,
Wir finden freie Nervenendigungen, Endigungen, Nekrosen und Pusbildung in der Pulpa besteht
welche den Ruffini-Körperchen gleichen, einge- meist kein koronaler Abfluss, so dass es über
kapselte Körperchen. den Apex zum Abfluß und zur periapikalen Ent-
• Zement, Cementum zündung kommt. 6. Durch Noxen und Traumata
zerstörte Odontoblasten können durch Differen-
Siehe Kap. 4.13.3.4, S. 288 zierung von Pulpozyten ersetzt werden. Damit
• Alveolarknochen, Os alveolare haben Zähne zeitlebens ein Potenzial zur Repa-
ratur von Hartgewebsschäden (Karies, Trauma,
Wir unterscheiden an den Alveolarfortsätzen: zahnärztliche Präparation) durch Reizdentinbil-
Alveolarknochen, -wand, Spongiosa, Kompakta. dung. 7. Bei entzündlichen Erkrankungen proli-
Alveolarknochen. Er bildet die Alveolarwand, eine feriert das Saumepithel in die Tiefe und verzahnt
Knochenkompakta, die 0,1-0,4 mm dick ist und sich mit dem darunter liegenden Bindegewebe.
von kleinen Löchern für den Durchtritt von Gefä- 8. Beim Verlust der dentogingivalen Verbindung
ßen, Lymphgefäßen und Nerven (—» Volkmann- (—> bei chronischer Zahnfleischentzündung),
Kanäle) durchsetzt wird (—» Lamina cribrosa, die bildet sich eine echte Zahnfleisch- und Knochen-
besonders am Alveolengrund gut ausgebildet ist). tasche. Der Zahnhalteapparat wird dabei irrever-
sibel zerstört. Von einer echten Zahnfleischta-
Spongiosa. Sie schließt sich an und enthält
sche spricht man bei einer Sondierungstiefe ab
Räume mit zumeist Fettmark, Ausnahmen bilden
4 mm und dem Nachweis von Knochenabbau.
der Unterkieferwinkel und der Tuber maxillae,
9. Röntgenologisch wird der Alveolarknochen
dort findet man rotes Knochenmark. Die Spongi-
als Lamina dura bezeichnet, sie ist bei Gesunden
osabälkchen sind entsprechend den Druck-, Biege-
durchgängig dargestellt. 10. Durch Schaffung
und Zugbeanspruchungen der Kiefer ausgerichtet.
von Zug- und Druckzonen während einer kiefer-
In der Funktionsperiode unterliegen sie einem
orthopädischen Behandlung werden Zement
fortwährenden Umbau.
und Knochen zur Resorption bzw. Apposition
Äußere Kompakta. Sie bedeckt die Alveolarfort- angeregt. 11. Nach Zahnextraktionen wird der
sätze. Am Eingang der Alveole geht diese in die Alveolarknochen abgebaut.
Alveolarwand über.

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296 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

4.13.3.6 Beschreibung der einzelnen bedingt, dass der bukko-mesiale Übergang stärker
Zähne (Abb. 4.93 a, b) gekrümmt ist als der bukko-distale (Krümmungs-
merkmal). Nur bei dem oberen 1. Prämolaren ist
Lernziele: Incisivi, Canini, Prämolares, Mola- das Massenmerkmal nach distal gerichtet.
res: Kronen, Wurzeln, Zahnäquator, Merkmale,
Zahnfarben

An jedem Zahn werden 5 Flächen unterschieden:


1. Facies vestibularis, zur Mundvorhof ausgerich-
tet; in der Front auch Facies labialis, im Seiten-
zahngebiet Facies buccalis
2. Facies lingualis (Unterkiefer) bzw. palatina
(Oberkiefer), zur Mundhöhle ausgerichtet
3. Facies contactus mesialis, zum Vorderzahn aus- Abb. 4.92: Massen- und Krümmungsmerkmal an den
gerichtet beiden mittleren Incisivi im Querschnitt. Der bukkal
4. Facies contactus distalis, zum Ende der Zahn- größte Umfang ist nach mesial verschoben. Dadurch
ist die mesio-bukkale Krümmung stärker als die disto-
reihe ausgerichtet
bukkale.
5. Facies occlusalis, Kaufläche (Seitenzähne) bzw.
Margo incisalis, Schneidekante (Frontzähne).
Kauflächen. Sie weisen ein okklusales Relief mit 4.13.3.6.1 Permanente Zähne
Höckern und Vertiefungen, den Fissuren auf. An
• Schneidezähne, Incisivi, Dentes incisivi
Glattflächen sind Einziehungen zu finden, die als
Grübchen bezeichnet werden. Krone. Schneidezähne haben die Form eines
Hohlmeißels mit schwach gewölbter labialer und
Kontaktpunkte der Zähne zu den jeweiligen
leicht konkaver lingualer Fläche. Lingual befind
Nachbarzähnen. Sie befinden sich leicht okklusal
sich oberhalb des Zahnhalses ein Höckerchen,
und bukkal des Mittelpunktes der Mesial- bzw.
das Tuberculum linguale. Die Kaufläche ist zu
Distalfläche (Approximalflächen).
einer Schneidekante (Margo incisalis) reduziert.
Anatomischer Zahnäquator. Er ist die Linie mit Bei Schneidezähnen kann zusätzlich zum Massen-
dem größten Kronenumfang. Er verläuft an den und bzw. Krümmungsmerkmal (s. o.) das Kan-
Bukkal- und Lingualflächen im zervikalen Kronen- tenmerkmal zur Unterscheidung von rechten und
drittel, an den Approximalflächen im okklusalen linken Zähnen herangezogen werden: Die distale
Kronendrittel. Unterkieferzähne weisen weiterhin Schneidekantenecke ist stärker abgerundet als die
eine Kronenflucht auf, d.h. die Kronenachse ist in mesiale. Schneidezähne im Unterkiefer sind deut-
Relation zur Wurzelachse nach lingual geneigt. lich zierlicher als im Oberkiefer.

Seitengenaue Identifikation von extrahierten Wurzel. Sämtliche Schneidezähne sind einwur-


Zähnen. Sie gelingt anhand folgender Kriterien, zelig, wobei aber im Unterkiefer 2 Wurzelkanäle
wobei die Merkmale und Strukturen bei Ober- vorkommen können.
kieferzähnen stärker als im Unterkiefer ausgeprägt
• Eckzähne, Canini, Dentes canini
sind:
Krone. Eckzähne weisen eine den Schneidezäh-
• Massen- und Krümmungsmerkmal (s. u.)
nen ähnliche Lingualfläche mit allerdings stärke-
• Wurzelmerkmal. Die Wurzelspitze ist leicht
rem Tuberculum linguale auf. Die Inizisalkante
nach distal gekrümmt.
ist durch Abwinkelung zweigeteilt: ein mesialer
• Kantenmerkmal zusätzlich bei Schneidezähnen
steiler und distaler flacherer Anteil bilden die Eck-
(s. u.).
zahnspitze, zu der auch eine Schmelzleiste vom
Massenmerkmal. Im Querschnitt weisen alle Tuberculum lingualis läuft. Die mesiale Anteil der
Zähne bukkal das so genannte Massenmerkmal Schneidekane ist kürzer und stärker abfallend als
auf, d. h. der äußerste Punkt ist nicht mittig, son- der distale. Obere Eckzähne sind stärker gebaut als
dern nach mesial verschoben (Abb. 4.92). Dies untere.
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4.13 Mundhöhle, Cavitas oris 297

Abb. 4.93: Zur Zahnmorphologie, a. Bleibende


Zähne des rechten Oberkiefers und der rech-
ten Unterkieferhälfte von der palatinalen bzw.
lingualen Fläche gesehen, b. Milchzähne des
rechten Oberkiefers und der rechten Unter-
kieferhälfte von bukkal bzw. labial gesehen

vestibular

Abb. 4.94: Kauflächen eines


zweiten unteren Molaren (a),
eines ersten unteren Molaren (b)
und eines oberen Molaren (nach
vestibulär vestibular
G.-H. Schumacher)

Wurzel. Die einfache Wurzel ist besonders lang (bukkal und palatinal) mit einer deutlichen mesia-
und kräftig. len Einziehung aufweist.
• Vormahlzähne, Prämolaren, Denies praemo- • Mahlzähne, Molaren, Denies molares
lares
Krone. Molaren sind mehrhöckerige Zähne mit
Krone. Prämolaren haben 2 Höcker, einen beson- großen Kauflächen. Ein evolutionäre Entwicklung
ders im Unterkiefer größeren bukkalen und einen durch das Verschmelzen von 2 Prämolaren ist
lingualen, die zusammen mit der zirkulär umlau- denkbar. Die Größe und Ausprägung der Merkmale
fenden seitlichen Höckerabhängen und Randleisten nimmt vom 1. zum 3. Molaren hin ab.
die Kaufläche bilden. Der erste, obere Prämolar
Krone unterer Molaren. Die Kaufläche des zwei-
weist als einziger Zahn durch seine Nierenform im
ten unteren Molaren (Abb. 4.94 a) sind nahezu
Querschnitt ein umgekehrtes Massenmerkmal auf.
quadratisch mit fast kreuzförmigen Hauptfissuren.
Wurzel. Prämolaren sind einwurzelig, bis auf den 2 bukkale und 2 linguale Höcher liegen sich fast
1. oberen Prämolaren, der in der Regel 2 Wurzeln gegenüberliegen. Beim ersten unteren Molaren
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298 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

(Abb. 4.94 b) ist zusätzlich ein 3. bukkaler Höcker 4.13.3.6.2 Milchzähne, Dentes decidui
vorhanden, so dass die Kaufläche rechteckiger ist (Abb. 4.93 b)
und die Fissuren zick-zack-förmig verlaufen. An
Sie entsprechen im Wesentlichen den jeweiligen
der Bukkaifläche findet sich ein Grübchen. Dritte
bleibenden Zähnen, nur dass die Merkmale nicht
untere Molaren sind kleiner als erste und zweite
zu deutlich ausgeprägt sind und die Zähne sind
Molaren. Sie haben die Grundform der zweiten
deutlich kleiner. Auch das Fissurenmuster weist ein
Molaren auf, allerdings mit einer hohen individu-
flacheres Relief auf. Die Milchmolaren entsprechen
elle Variabilität durch zusätzliche Höckern oder
den permanenten Molaren und nicht den Prämola-
Höckerverschmelzungen auf.
ren, durch die sie ersetzt werden. Der anatomische
Krone oberer Molaren. Die Kauflächen der Äquator liegt aufgrund eines starken bukko-zer-
oberen Molaren (Abb. 4.94 c) sind rhombisch und vikalen Schmelzwulstes hier deutlich apikaler als
weisen 4 Höcker auf (2 linguale und 2 bukkale). bei bleibenden Zähnen. Der Schmelzmantel ist
Die bukkalen Höcker sind jeweils etwas mesialer insgesamt dünner, weniger stark mineralisiert und
angeordnet. Die Okklusalfläche wird durch einen leichter zu abradieren. Die Pulpa sowie die Pul-
diagonalen Schmelzwulst (Crista transversa) pahörner sind größer als im permanenten Gebiss.
geteilt, der aus dem distalen Höckerabhang des Die Milchzahnwurzeln sind kürzer, zierlicher und
mesio-palatinalen Höckers und dem zentralen stehen stärken vom Zahnzentrum ab.
Höckerabhang des disto-bukkalen Höckers besteht.
Dadurch entsteht eine vordere U-fÖrmige und eine • Zahnfarbe
gerade disto-palatinale Fissur. Die Merkmalsauf- Sie ist gräulich-weiß bis gelbweiß bei bleiben-
prägung und Größe nimmt von ersten zum dritten den Zähnen; mit zunehmendem Alter gelblicher;
Molaren ab. An dem kräftigen mesio-palatinalen Milchzähne sind deutlich weißer. Die Zahnfarbe
Höcker der ersten oberen Molaren findet sich pala- entsteht durch die Transparenz des weißlich-grauen
tinal meist noch ein kleines Höckerchen, das Tuber- Schmelzes und die Lichtreflexion am durchschim-
culum Carabelli. Beim zweiten Oberkiefermolaren mernden gelblicheren Dentin. Daher erscheinen
kann der disto-palatinale Höcker kleiner sein oder die Schneidekanten und Höcker mit ihrem dicken
ganz fehlen. Die dritten, oberen Molaren weisen Schmelzmantel transparent weißlich, während zum
eine hohen Variabilität auf. Neben zusätzlichen Zahnhals aufgrund des auslaufenden Schmelzes
Höckern treten auch Höckerverschmelzungen auf. das gelbliche Dentin stärker durchscheint. Minera-
lisationsfehler können zu weißlichen Flecken oder
Wurzeln von Unterkiefermolaren. Unterkiefer-
Sprenkelungen fuhren. Zu hohe Fluoridgaben bei
molaren haben in der Regel 2 Wurzeln (mesiale
der Mineralisation erzeugen weißliche Hypomi-
und distale), wobei die mesiale eine starke Ein-
neralisation (Dentalfluorosen), insbesondere auf
ziehung aufweist oder auch geteilt sein kann. Eine
den Höckerspitzen und Inzisalkanten. In schweren
Verschmelzung der Wurzeln ist dagegen seltener.
Fällen können auch bräunliche Verfärbungen oder
Die mesiale Wurzel weist meistens 2 Kanäle auf,
Defekte entstehen. Aber auch Medikamente (Tetra-
wobei der mesio-bukkale sich oft teilt oder sogar
zykline) können ζ. B. braunen Verfärbungen bei der
doppelt angelegt ist. Die distale Wurzel kann eben-
Zahnbildung verursachen. Entkalkungen (Karies,
falls 2 Kanäle haben. Bei den Wurzel der dritten
Säuren) des Schmelzes fuhren zu schneeweißen
Molaren existiert eine starke Variabilität. Sie sind
Kreideflecken. Schmelz und freiliegendes Dentin
oft verschmolzen oder stark gekrümmt.
können durch Einlagerung organischer Farbstoffe
Wurzeln von Oberkiefermolaren. Die oberen und Remineralisation außerdem bräunlich werden.
Molaren sind dreiwurzelig (2 bukkale und 1 pala- Traumatisch geschädigte und avitale Zähne
tinale), wobei die palatinale zwischen den beiden erscheinen durch Einblutungen oder Einlagerungen
bukkalen steht. In der mesio-bukkale Wurzel liegen bräunlich bis schwärzlich.
häufig 2 Kanäle. Wurzel und Pulpenkaven dritter
Molaren sind oft verschmolzen. Klinik: 1. Die zahnärztliche Präparation für
Zahnersatz sollte dem Verlauf des anatomi-
schen Zahnäquator folgen: bukkal und oral
weiter in Richtung apikal als approximal. 2. Bei

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4.13 M u n d h ö h l e , Cavitas oris 299

Weicher Gaumen (Abb. 4.95 b), auch Gaumen-


Herstellung von Füllungen und festsitzendem
segel, Velum palatinum, genannt. Als Grundlage
Zahnersatz sollten die Originalzähne in Bezug
dient ein Bindegewebsskelett (Aponeurosis pala-
auf die anatomische Form als Vorbild dienen.
tina), an dem insgesamt 5 Muskeln ansetzen.
Kronenflucht, Kontaktpunkte und Freiräume
für die Papille erlauben die (Selbst-)Reinigung • Entwicklung des Gesichtes und des Gaumens
des Zahnersatzes. 3. Restaurationen sollten die
Da die Entwicklung des Gaumens ein Bestandteil
Zahnfarbe als zusammengesetzte Farbe immi-
der Gesichtsentwicklung ist, werden beide hier
tieren (Schichtverfahren mit Transparent- und
zusammen dargestellt.
Opakermasse).
Bei menschlichen Embryonen von 10 mm SSL
ist die Mundspalte unten von den beiden in der
Mittellinie miteinander verwachsenen Unterkie-
4.13.3.7 Okklusion der Zahnreihen
ferwülsten, oben von den lateralen und medialen
Nasenwülsten umgeben, die das Riechgrübchen
Wir verstehen unter Okklusion die Lagebezie-
umranden.
hungen der Zähne des Ober- und Unterkiefers
zueinander bei jedem Kontakt. Ihr Prinzip ist Dort, wo medialer und lateraler Nasenwulst
eine Zahn-zu-Zahn-Beziehung. zusammenstoßen, findet sich eine leichte Einsen-
kung, die mittlere Gesichtsfurche. Zwischen late-
Die Schneidekanten der oberen und unteren Zähne ralem Nasenwulst und Oberkieferwulst liegt die
gleiten scherenartig aneinander vorbei. Die Zahn- seitliche Gesichtsfurche, die bis an das Auge reicht.
höcker treffen mit den korrespondierenden Vertie- Wülste und Furchen entstehen durch unregelmäßi-
fungen zwischen den Randwülsten und den Gruben ges Wachstum des subepithelialen Mesenchyms.
auf den gegenüberliegenden Okklusalflächen Die Furchen verstreichen durch Mesenchymwu-
punkt- oder strichförmig aufeinander. Somit wird cherung, nicht durch Verschmelzung von „Fortsät-
ein funktionelles Optimum erreicht, durch welches zen". Bei der Gesichtsbildung kommt es lediglich
die Kaumuskeln mit minimalem Kraftaufwand die zwischen medialem und lateralem Nasenwulst zu
größte Wirkung entfalten. einer epithelialen Verschmelzung, die aber bereits
nach einigen Tagen aufgelöst und durch Mesen-
chym ersetzt wird. Bei der normalen Entwicklung
4.13.4 Gaumen, Palatum entstehen keine Gesichtsspalten. Während das
embryonale Gesicht durch Schwund der Furchen
Lernziele: Entwicklung, harter und weicher und durch Proliferationsprozesse im Mesenchym
Gaumen, Schleimhaut, Muskulatur, Schlund- die endgültige Form gewinnt, wachsen die bereits
enge früher angelegten Gaumenfortsätze einander ent-
gegen, verschmelzen miteinander und mit dem
Nasenseptum, trennen damit Nasen- und Mund-
höhle. Die Abbildung 4.96 gibt grob schematisch
4.13.4.1 Struktur des Gaumens wieder, welche Weichteile (b) und Knochen (c) des
Gesichts aus den einzelnen Wülsten entstehen.
Gliederung. Wir unterscheiden einen harten
Gaumen, Palatum durum, und einen weichen
Klinik: Spaltbildungen resultieren aus Prolife-
Gaumen, Palatum molle.
rationsstörungen. Seitliche Lippen-Kiefer-Gau-
menspalten entstehen bei Störungen zwischen
Harter Gaumen (Abb. 4.95 a). Er stellt eine Kno-
dem medialen Nasen- und Oberkieferwulst,
chenplatte dar und besteht aus
mittlere Spalten bei solchen beider mittlerer
1. dem Processus palatinus des Oberkiefers und Nasenwülste. Quere Gesichtsspalten sind grö-
2. der Lamina horizontalis des Gaumenbeins. ßere Defekte zwischen Ober- und Unterkiefer-
3. Verbunden werden die Knochen kreuzförmig wulst. Sie verlaufen in Verlängerung des Mund-
durch die Sutura palatina mediana und die winkels zwischen Ober- und Unterkiefer. Bei
Sutura palatina transversa einer schrägen Gesichtsspalte sind der seitliche

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300 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

Sutura incisiva,
Processus palatinus maxillae Foramen incisivum
\ \
\ \
\ \
\
\

M, (Septa
interradicularia)

Sulci palatini

Foramen palatinum
majus et minus

Sutura palatina transversa, Spina nasalis ossis palatini Sutura palatina mediana
Lamina horizontals ossis palatini

Papilla incisiva
Plicae palatinae transversae

Glandulae palatinae Schnittrand der Schleimhaut

Processus palatinus maxillae


Mündungen der Glandulae palatinae

Sutura palatina transversa


Arcus palatoglossus

Ν. palatinus major,
A. palatina major
Tonsilla palatina

Nn. palatini minores,


Aa. palatinae minores
Muskeln vom Processus styloideus

M. palatoglossus
Arcus palatopharyngeus

M. palatopharyngeus Pharynx Uvula

Abb. 4.95: a. Knöcherner Gaumen, Palatum osseum. Zahnfächer, Alveoli dentales, des Oberkiefers, b. Weichteile
des Gaumens. Gefäße und Nerven. Inset: Schleimhaut mit sog. Retinacula

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4.13 M u n d h ö h l e , Cavitas oris 301

medialer
Augenanlage
Nasenwulst —
lateraler — - Nasenöffnung
Nasenwulst primitive
Oberkieferwulst" ~ Mundöffnung
Processus
globulans
ünterkief e rwu I st -

Zungenbeinbogen -

Os nasale
medialer
Nasenwulst schräge Os lacrimale
Processus frontalis schräge
lateraler Gesichtsspalte
Gesichtsspalte
Nasenwulst seitliche maxillae
Nasenspalte Os zygomaticum
Oberkieferwulst - Kieferspalte
quere Maxiila
Gesichtsspaite Septum nas
Unterkieferwulst •
Os i11cιs: .· urn
Mandibula

Abb. 4.96: S c h e m a t a zur Entwicklung d e s Gesichts. Die v e r s c h i e d e n e n Wülste bzw. ihre A b k ö m m l i n g e sind d u r c h
Farben w i e d e r g e g e b e n , a. E m b r y o a m Ende d e s 1. Monats, b. Weichteile, c. Hartteile b e i m E r w a c h s e n e n

2. Fibröse Medianzone. Verwachsung der Schleim-


Nasen- und Oberkieferwulst nicht miteinander
haut mit der Sutura palatina mediana.
verschmolzen.
3. Fettgewebszone. Sie nimmt etwa den mittleren
Teil der Gaumenschleimhaut ein.
• Gaumenschleimhaut
4. Drüsenzone im hinteren Abschnitt, vorzugs-
Sie ist im Prinzip wie die Mundschleimhaut auf- weise im perivaskulären Gewebe der Aa. pala-
gebaut. Am harten Gaumen ist sie unverschieblich tinae.
befestigt, am weichen Gaumen verschieblich. Im
vorderen Abschnitt ist sie sehr derb ohne Zwi- Klinik: 1. Die fibröse Medianzone kammert
schenschaltung einer Submucosa. Weiter hinten die Schleimhaut in eine linke und eine rechte
besitzt sie eine Submucosa, welche Fett- und Hälfte. Daher können sich palatinale Abszesse
Drüsengewebe (Glandulae palatinae) enthält. Hier nur selten zur Gegenseite ausbreiten. 2. Am wei-
finden sich auch zunehmend elastische Fasern. chen Gaumen ist die Schleimhaut verschieblich
Am weichen Gaumen hat die Schleimhaut auf der und kann daher stark anschwellen.
Nasenhöhlenseite mehrreihiges Flimmerepithel
des Respirationstraktes, auf der Mundhöhlenseite • Gaumen- und Schlundbogenmuskeln,
mehrschichtiges Plattenepithel. Musculi palati et faucium (Abb. 4.98)
Topographische Gliederung der Schleimhaut 1. M. levator veli palatini
1. Fibröse Randzone. Die Schleimhaut ist mit dem Ο.: Facies inferior der Pars petrosa, des Os tempo-
Alveolarkamm fest verwachsen. rale, Cartilago tubae anditivae
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302 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

/.: Aponeurosis palatina


Klinik: Schnarchen tritt beim Tiefschlaf ein.
L.: Ν. X (R. pharyngeus), A. pharyngea ascen-
Das Gaumensegel flattert im Atemstrom.
dens
F.: Spannt und hebt das Gaumensegel, öffnet die
Tuba auditiva und schließt gemeinsam mit
dem M. constrictor pharyngis superior den 4.13.4.2 Schiundenge, Isthmus faucium
Nasenrachenraum (Schlucken!), wölbt den
Levatorwulst der Rachenwand vor (s. Kap. Als Schiundenge wird die Engstelle zwischen
4.14.3.3, S. 309) Mundhöhle und Rachen bezeichnet (Abb. 4.72).
2. M. tensor veli palatini
• Begrenzung. Seitlich von den Gaumenbögen,
Ο.: Lamina medialis des Processus pterygoideus, unten von der Zunge.
Ala major des Os sphenoidale, Lamina mem- • Gaumenbögen. Es handelt sich um Schleim-
branacea der Tuba auditiva. Er zieht um den hautfalten, die sich seitlich vorschieben. Ihre
Hamulus pterygoideus herum Grundlage wird von den gleichnamigen Gau-
/.: Aponeurosis palatina menmuskeln gebildet (Abb. 4.98).
L.: N. V3, A. pharyngea ascendens
• Vorderer Bogen, Arcus palatoglossus, verläuft
F.: Spannt das Gaumensegel, öffnet die Ohr-
vom weichen Gaumen zur Zungenwurzel, über
trompete (Druckausgleich!) und verformt den
der er sich zu einer dreieckigen Schleimhaut-
Gaumen für die Lautbildung
falte, Plica triangularis, verbreitert
3. M. palatopharyngeus • Hinterer Gaumenbogen, Arcus palatopharyn-
geus, zieht vom weichen Gaumen zur Schlund-
(s. Kap. 4.14.3.3, S. 309)
wand
4. M. palatoglossus • Fossa tonsillaris. Diese liegt zwischen den
Gaumenbögen und beinhaltet die Tonsilla pala-
Ο.: Abspaltung aus dem M. transversus linguae
tina (s. Kap. 4.14.5, S. 311). Sie wird oben von
/.: Aponeurosis palatina
einer bogenförmigen Falte, Plica semilunaris
L.: Nn. IX, X (R.pharyngeus), A. dorsalis linguae
begrenzt, die beide Gaumenbögen miteinander
F.: Schließt die Schiundenge, senkt das Gaumen-
verbindet. Eine kleine dreieckige Vertiefung
segel; er stellt die muskuläre Grundlage des
über der Gaumenmandel ist die Fossa supraton-
vorderen Gaumenbogens dar.
sillaris.
5. M. uvulae
Klinik: 1. Stark vergrößerte Gaumenmandeln
Ο.: Aponeurosis palatina
können die Schiundenge einengen sowie Behin-
/.: Schleimhaut an der Spitze der Uvula
derungen beim Schlucken und Sprechen verur-
L.: Nn. IX, X (R. pharyngeus)
sachen. 2. Bei paratonsillären Abszessen ist die
F.: Verkürzt das Zäpfchen. Die Uvula kann gespal-
Fossa supratonsillaris abgeflacht.
ten sein bzw. geringe Einkerbungen zeigen.

4.14 Schlund, Pharynx

Lernziele: Anatomie, Etagengliederung, Inhalt, • Funktionen


Muskulatur, lymphatischer Rachenring
• Im Pharynx wird der Speisebrei aus der Mund-
höhle in die Speiseröhre transportiert.
• Embryologie
• Als Teil des Atmungstraktes dient er der Luftlei-
Der Pharynx entsteht aus dem vorderen Teil des tung. Luft- und Speiseweg überkreuzen sich im
Schiunddarms. Die Pharynxmuskulatur wird aus Pharynx.
dem Material des 1., 3.-6. Schlundbogens gebil- • In der Pharynxwand können einzelne
det. Geschmacksknospen auftreten.
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4.14 Schlund, Pharynx 303

• Im Bereich des Pharynx sind Organe der Immun- Die Pars latyngea phaiyngis (Hypopharynx,
abwehr gelagert (Waldeyer-Rachenring). Laryngopharynx), der untere Abschnitt des Pha-
rynx, reicht vom Oberrand des Kehldeckels bis
zum Ringknorpel und geht dann in die Speiseröhre
4.14.1 Lage und Befestigungen über.
des Pharynx
Der Pharynx liegt vor dem Halsteil der Wirbelsäule,
4.14.2.1 Innenrelief des Schlundes
seine Rückwand liegt der Lamina prevertebral is der
Fascia colli an. Er reicht in Längsrichtung von der
• Pars nasalis pharyngis
Schädelbasis bis zum 6. Halswirbel und geht dort
in den Oesophagus über. Er hat breite Verbindun- Das Dach, Fornix pharyngis, liegt den Körpern des
gen zur vor ihm liegenden Nasen- und Mundhöhle Keil- und Hinterhauptsbeines an und geht allmäh-
sowie zum Kehlkopfeingang. Seine Länge beträgt lich in die dem Atlas anliegende Hinterwand über.
ca. 12-15 cm. An der Seitenwand befindet sich in Verlängerung
der unteren Nasenmuschel die im Durchmesser ca.
Die obere Pharynxwand, Fornix pharyngis, ist
4 mm große Schlundöffnung der Ohrtrompete, das
an der Außenfläche der Schädelbasis befestigt.
Ostium pharyngeum tubae auditivae. Durch die
Die knöcherne Befestigungslinie beginnt links und
Ohrtrompete, Tuba auditiva, steht der Schlund mit
rechts vom Tuberculum pharyngeum des Os occi-
dem Mittelohrraum, Cavitas tympanica, in Verbin-
pitale, erreicht, nach lateral ziehend, vor der Mün-
dung. Die Tubenöffnung liegt beim Erwachsenen in
dung des Canalis caroticus die Felsenbeinpyramide
Höhe der unteren Muschel oder etwas tiefer, beim
und wendet sich von dort rechtwinklig nach vom
Neugeborenen fast in Höhe des harten Gaumens.
zur Lamina medialis des Processus pterygoideus.
Für das Sondieren der Tube führt man das Instru-
Den Seitenwänden des Pharynx liegen die A. ca- ment durch den unteren Nasengang ein. Die Tuben-
rotis communis, A. carotis interna, V. jugularis Öffnung wird hinten und oben von dem Tuben-
interna, Nerven, die großen Zungenbeinhörner und wulst, Torus tubarius, unter dem der hakenförmig
die Schildknorpelplatten an. gebogene Tubenknorpel liegt, umrahmt. Er verliert
sich nach unten hinten als Plica salpingopharyngea
in der seitlichen Pharynxwand; unten vorn läuft er
4.14.2 Etagengliederung und Inhalt in der Plica salpingopalatina aus.
des Pharynx
Von unten wölbt sich der M. levator veli palatini als
Levatorwulst, Torus levatorius, gegen die Tuben-
Die Cavitas pharyngis wird in 3 Etagen
öffnung vor. Beim Heben des weichen Gaumens
gegliedert, Pars nasalis pharyngis, Pars oralis
ist er gut im Nasenspiegel zu erkennen. Hinter dem
pharyngis und Pars laryngea pharyngis (Abb.
Tubenwulst ist der Pharynx zu dem spaltförmigen
4.97, 4.98).
Recessus pharyngeus (Rosenmüller) ausgebuchtet.
Der Recessus pharyngeus stellt eine tiefe, schmale
Die Pars nasalis pharyngis (Nasopharynx, Epi-
Tasche dar, welche nach hinten lateral verläuft und
pharynx), der obere Abschnitt, erstreckt sich vom
in Höhe des Eintritts der A. carotis interna in den
Fornix pharyngis bis zum weichen Gaumen. Er
Karotiskanal blind endet. Bei Neugeborenen und
steht über die Choanen mit der Nasenhöhle in Ver-
Kindern findet sich am Übergang des Daches in die
bindung.
Hinterwand in der Schleimhaut die Rachenmandel,
Die Pars oralis pharyngis (Mesopharynx, Oropha- Tons illa pharyngea.
rynx), der mittlere Pharynxabschnitt, erstreckt sich
vom weichen Gaumen bis zum Oberrand des Kehl- Klinik: Eine vergrößerte Rachenmandel ver-
deckels. Seine Längsausdehnung entspricht in etwa legt den Zugang zur Nase. Dadurch wird die
der Höhe des Körpers des 3. Halswirbels. Vorn ist Nasenatmung behindert und es kommt zur
die Pars oralis pharyngis über die Schiundenge, Mundatmung.
Isthmus faucium, mit der Mundhöhle verbunden.

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304 4 Kopf, C r a n i u m , u n d Hals, C o l l u m

Sinus sphenoidalis

superior Fornix pharyngis

Concha nasalis media


Ostium pharyngeum tubas

inferior
, Torus tubarius
Plica salpingopalatine - _
- Tonsilia pharyngea
Torus levatorius ___
- Recessus pharyngeus
Velum palatiniun - __

Atlas
Arcus palatoglossus -

Tonsilia palatina Plica salpingopharyngea

Foramen caecum linguae Fossa supratonsillaris

Tonsilia lingualis - Arcus palatopharyngeus

Vallecula epiglottica Axis

Os h y o i d e u m -
Epiglottis

Cartilago epiglottica - Aditus laryngis

Cartilago thyroidea Ventriculus laryngis

Cartilago cricoidea (Lamina)

Cartilago cricoidea (Arcus)

Tracheotomia superior
Oesophagus

Isthmus glandulae thyroideae


Trachea

i r a c h e o t o m i a interior

Abb. 4.97: Mediansagittalschnitt d u r c h S c h l u n d u n d Kehlkopf. Pars nasalis, Pars oralis u n d Pars l a r y n g e a p h a -


ryngis sind d u r c h d i c k e s c h w a r z e Linien s c h e m a t i s c h a b g e g r e n z t . Die Pfeile z e i g e n W e g e der Tracheotomia
superior u n d inferior

• Pars oralis pharyngis • Pars laryngea pharyngis


Der Pars oralis pharyngis liegen vorn unterhalb Die Pars laryngea pharyngis ist der längste der
des Isthmus faucium der Zungengrund mit den drei Schiundabschnitte. Sie geht hinter dem Ring-
Tonsillae linguales und die Valleculae epiglotti- knorpel in den Oesophagus über (Constrictio pha-
cae an. Letztere stellen gemeinsam mit den sie ryngooesophagealis, 1. Enge der Speiseröhre, ca.
begrenzenden Ausgleichsfalten, der Plica glossoe- 15 cm von den Zahnreihen entfernt). Die Hinter-
piglottica mediana und den beiden seitlich davon wand liegt vor den Körpern des 4.-6. Halswirbels.
liegenden Plicae glossoepiglotticae laterales die An der Vorderwand liegt oben der von Epiglottis
verschiebliche Verbindung zwischen Kehldeckel und Plicae aryepiglotticae eingefaßte Kehlkopfein-
und Zunge dar. In der Seitenwand des Isthmus gang, unten die Rückfläche der Stellknorpel und
faucium liegen die Gaumenbögen, zwischen denen des Ringknorpels mit den dazugehörigen Muskeln.
sich in der Fossa tonsillaris die Gaumenmandel, Zwischen den Stellknorpeln befindet sich die
Tonsilia palatina, befindet. Incisura interarytenoidea.

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4.14 Schlund, Pharynx 305

Choanae

Cartilau·: tubae auditivae


Torus tubarius .

M. tensor veli palatini


Piica salpingi p h a r y n g e a l

. — Μ. levator veli palatini


Septum nasi - —
— M . salp ngopharyngeus
Palatum molle -
— M. constrictor pharyngis superior
Μ. uvulae _ — Μ palatopharynueus

Uvula Tonsilla palatina

Arcus palatopharyngeus -
N. glossopharyngeus

Papillae vallatae - Rr dorsales linguae

Tonsilla lingua·rs
Vallecula epiglottica

Epiglottis — Incisure interarytenoidea

— N. laryngeus supeiior
Plica glossoepiglottica lateralis
A. laryngea superioi
Plica η lan/ngei

R. communicans cum n. laryngeo inferiore


Recessus piriformis

M . cricoarytaenoideus posterior
Schnittrand der Schleimhaut
mit Schleimhautästeii
A. laryngea inferior

Glandula thyroidea — — N. laryngeus inferior


χ
Oesophagus

Oesophagus - —
— — Α thyroidea inferior

_ N. laryngeus recurrens
Glandula parathyroidea inferior —

Abb. 4.98: Pharynx von dorsal eröffnet. Rechts Darstellung von Schlund-, Gaumen- und Kehlkopfmuskeln sowie
Gefäßen und Nerven nach Entfernung der Schleimhaut. Verdeckte Teile der Nerven punktiert

Dorsal der Plicae glossoepiglotticae laterales 4.14.2.2 Histologie


wölben der N. laryngeus superior und die gleich-
namigen Gefäße die Schleimhaut zur Plica nervi Die Pharynxwand besteht aus 3 Schichten:
laryngei superioris vor. Zwischen dem Schildknor-
• Tunica mucosa,
pel und der Plica aryepiglottica liegt der Recessus
• Tunica muscularis (entspricht den Pharynxmus-
piriformis.
keln) und
• Tunica adventitia.
Klinik: Fremdkörper (ζ. B. Fischgräten) können
sich im Recessus piriformis festsetzen. Sie lösen Pharynxschleimhaut. Sie ist im oberen Pharynx-
einen Hustenreflex (N. vagus) aus. abschnitt von einem mehrreihigen Flimmerepithel
bedeckt, im mittleren und unteren Teil von mehr-
schichtigem unverhorntem Plattenepithel. Im Epi-
thel der Pars oralis pharyngis können gelegentlich
Geschmacksknospen auftreten. Auf der Oberfläche
des Epithels öffnen sich die Ausführungsgänge
gemischter Speicheldrüsen, Glandulae pharyn-
geales.
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306 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

Die Pharynxschleimhaut ist fest an der Tunica mus- ryngea: Raphe pterygomandibularis, Pars
cularis befestigt und bildet keine Falten. mylopharyngea: Linea mylohyoidea der Man-
dibula und Pars glossopharyngea: Eigenmus-
Tela submucosa: Zwischen der Schleimhaut und
kulatur der Zunge im Bereich der Zungenwur-
der Muskelschicht des Pharynx ist ein fibröses
zel.
Bindegewebe eingelagert, welches einer Tela sub-
/.: Die Muskelfasern der 4 Teile ziehen horizontal
mucosa entspricht. Das kranial besonders kräftige
nach dorsal zur Raphe pharyngis. Der Ober-
faserreiche submuköse Bindegewebe wird als
rand des Muskels erreicht die Schädelbasis
Fascia pharyngobasilaris bezeichnet und dient der
nicht, so dass beidseitig der Raphe pharyngis
Befestigung des Schlunds am Schädel.
zwischen Oberkante des Muskels und Schädel-
Die Tunica adventitia stellt eine dorsale Verlänge- basis ein muskelfreies Feld entsteht, welches
rung der Faszie des M. buccinator, Fascia bucco- vom straffen Bindegewebe der Fascia pharyn-
pharyngea, dar und geht kaudal in die Adventitia gobasilaris ausgefüllt wird.
der Speiseröhre über. Sie schließt den Pharynx L.: N. glossopharyngeus, A. pharyngea ascendens
gegen den lateropharyngealen und retropharyn- F.: Bei Kontraktion des M. constrictor pharyngis
gealen Raum ab. Dorsal ist sie durch das lockere superior entsteht an der hinteren Pharynxwand
retropharyngeale Bindegewebe, welche das Glei- der Passavant-Wulst (Beim Schluckakt wird
ten vor der Wirbelsäule ermöglicht, mit der Lamina das Gaumensegel an den Passavant-Wulst
prevertebralis der Fascia cervicalis verbunden. gedrückt. Damit wird die Pars nasalis pharyn-
gis gegenüber der Pars oralis verschlossen und
ein Übertreten von Speise oder Flüssigkeit in
4.14.3 Pharynxmuskeln, Musculi pha- die Pars nasalis pharyngis und die Nasenhöhle
ryngis (Abb. 4.99, 100) verhindert.)

Die quergestreiften Muskeln bilden die Tunica 2. M. constrictor pharyngis medius: Er besteht
muscularis. Wir unterscheiden: aus 2 Teilen: Pars chondropharyngea und Pars
ceratopharyngea.
Muskeln mit ringförmigem Verlauf der Muskel-
fasern (3 Paar Mm. constrictores pharyngis, O.: Pars chondropharyngea: großes Zungenbein-
Schlundschnürer) und horn, Pars ceratopharyngea: kleines Zungen-
beinhorn
Muskeln mit Längsverlauf der Muskelfasern (zwei
/.: Raphe pharyngis. Der Muskel hat die Form
Paar Mm. levatores pharyngis, Schiundheber).
einer dreieckigen Platte, deren breite Basis
der Raphe pharyngis anliegt und deren Spitze
4.14.3.1 Schlundschnürer zum Zungenbein zeigt. Die oberen Muskelfa-
serbündel liegen dem M. constrictor pharyngis
Die Muskelfasern der Pharynxkonstriktoren ziehen superior teilweise dorsal auf.
nach dorsal, wo sie medial an der Raphe pharyngis, L.: N. glossopharyngeus, N. vagus, Α. pharyngea
einem Βindegewebsband, welches am Tuberculum ascendens
pharyngeum beginnt, ansetzen.
3. M. constrictor pharyngis inferior
Teilweise gehen sie auf die andere Seite über und
Er besteht aus 2 Teilen: Pars thyropharyngea und
verweben sich mit Fasern des kontralateralen Mus-
Pars cricopharyngea.
kels.
0.: Pars thyropharyngea: Linea obliqua des
1. M. constrictor pharyngis superior. Er hat die
Schildknorpels, Pars cricopharyngea: Sei-
Form einer viereckigen Platte und besteht in Abhän-
tenfläche des Ringknorpels und Membrana
gigkeit vom Ursprung seiner Fasern aus 4 Teilen:
cricothyroidea
Pars pterygopharyngea, Pars buccopharyngea, Pars
1.: fächerförmig nach hinten ziehend strahlen die
mylopharyngea, Pars glossopharyngea.
Muskelfasern in die Raphe pharyngis ein.
O.: Pars pterygopharyngea: unteres Drittel der L.: N. vagus, Α. pharyngea ascendens
Lamina medialis des Processus pterygoideus F.: Die drei Muskeln verengen das Lumen des
und Hamulus pterygoideus, Pars buccopha- Pharynx.
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4.14 Schlund, Pharynx 307

Fascia pharyngobasilaris

Raphe pharyngis

M . constrictor p h a r y n g i s ; iperior

M . stylopharyngeus
M.pterygoidiius medialis

M . constrictor pharyngis medius

Μ constrictor pharyngis inferior


x
Os hyoideum, Cornu majus

M.palatopbaryngeus

Glandula thyroidea

Glandula parathyroidea — __

Oesophagus — —.

a S c h l u n d m u s k e l n von hinten

Μ constrictor pharyngis superior

Pars pterygopharyngea "

Par·: buccopharyngea " "

Pars mylopharynqea - "

Pars glossopharyngea

Μ constrictor pharyngis medius

Par? cer itopharyngea -·"

Pars chondropharyngea ^

Μ constrictor pharyngis inferior


y
x
Pars thyropharyngea

Pars cricopharyngea

Abb. 4.99: Pharynxmuskulatur von


dorsal (oben) und von der Seite (nach
b S c h l u n d m u s k e l n von der Seite
G.-H. Schumacher)

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308 4 Kopf, Cranium, u n d Hals, C o l l u m

• > r
M. tensor veli palatini
\ ν
l' '
ι
\ . ι ι
Μ levator Χ
χ /
veil palatini x
x ν
\

M . buccinator

M.stylopharyngeus — ~~

Raphe pterygomandibularis
M . styloglossus — "

M. digastricus, Venter posterior — "

[VI. constrictor pharyngis superior ^


"" M . digastricus, Venter anterior
\

M . stylohyoideus M . mylohyoideus

Μ constrictor pharyngis inferior

a a m S c h l u c k a k t beteiligte M u s k e l n

b Stellung von G a u m e n
und Kehlkopf c L u f t - u n d S p e i s e w e g in der S c h l u c k s t e l l u n g d Luft-und Speiseweg
beim Säugling w ä h r e n d der p h a r y n g e a l e n P h a s e in der A t e m s t e l l u n g

Abb. 4.100: Darstellung der a m S c h l u c k a k t beteiligten M u s k e l n (a) u n d der Phasen d e s S c h l u c k a k t e s (c, d)


( n a c h G.-H. S c h u m a c h e r )

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4.14 Schlund, Pharynx 309

4.14.3.3 Schluckakt (Abb. 4.100)


Klinik: Am Übergang des unteren Schlund-
schnürers in die Speiseröhre besteht an deren
Der Schluckakt läuft in 3 Phasen ab. Er beginnt
Hinterwand oft ein muskelschwaches, nur
mit der willkürlich beeinflussbaren oralen Phase,
aus Ringfasern bestehendes Dreieck {Laimer-
auf welche die pharyngeale und oesophageale
Dreieck). Dieses bildet als schwache Stelle die
Phasen folgen, die reflektorisch gesteuert und
Grundlage für die Zenker-Oesophagusdivertikel
vom Willen nicht mehr beeinflussbar sind.
(pharyngooesophageale Divertikel). Ca. 70 %
aller Oesophagusdivertikel sind hier lokalisiert.
Orale Phase: Die über die Mundöffnung aufgenommene
und in der Mundhöhle zerkleinerte und mit Speichel
durchmischte Nahrung wird am Gaumen entlang zum

4.14.3.2 Schlundheber Isthmus faucium befördert. Dabei wird die Zunge


durch Kontraktion der Mundbodenmuskulatur gegen
den Gaumen geführt und unter Beteiligung der Mm.
Die Gruppe der Pharynxheber besteht aus dem hyoglossi und styloglossi nach hinten verlagert. Durch
M. stylopharyngeus, dem M. palatopharyngeus Erzeugung eines Überdruckes in der Mundhöhle wird
und ggf. dem M. salpingopharyngeus. der zunächst geschlossene Isthmus faucium kurzfristig
geöffnet, wodurch die Nahrungsportion in den Pharynx
1. M. stylopharyngeus. Er ist ein langer schmaler gelangt.
Muskel.
Pharyngeale Phase: Der weitere Weg der Nahrung in
O.: Proc. styloideus. Richtung Oesophagus wird durch
/.: Seine Fasern ziehen an der Schiundwand
• eine Verlegung der Pars nasalis pharyngis,
entlang nach unten und treten zwischen dem
• den Verschluss des Rückweges in die Mundhöhle und
M. constrictor pharyngis superior und medius • den Verschluss des Aditus laryngis festgelegt.
an die Innenwand des Pharynx, wo sie sich
in Bündel aufspalten, die teilweise in der Der Epipharynx wird durch Hebung des Gaumensegels
Pharynxwand, teilweise am Kehlkopfskelett (Kontraktion der Mm. tensor und levator veli palatini)
gegen den durch den M. constrictor pharyngis superior
befestigt sind.
gebildeten Passavant-Wulst verschlossen. Der Rückweg
L.: N. glossopharyngeus, A. pharyngea ascendens
in die Mundhöhle wird durch das Sphinkterensystem im
F.: Durch eine Kontraktion des Muskels werden Bereich des Isthmus faucium (Mm. palatoglossi) und die
Schlund und Kehlkopf gehoben. Dabei wird Verlagerung des Zungenkörpers nach hinten versperrt.
der Schlund verkürzt. Die während der oralen Phase erfolgte Hebung des
Mundbodens (suprahyale Muskulatur, M. thyrohyoideus)
2. M. palatopharyngeus bedingt eine Verlagerung von Zungenbein und Kehlkopf
0 . : An der Aponeurose des weichen Gaumens und nach oben und vorn unter den Zungengrund. Daraus
resultiert eine passive Verlagerung des Kehldeckels über
angrenzenden Knochen (Hamulus, Lamina
den Aditus laryngis mit reflektorischem Verschluß der
medialis processus pterygoidei).
Glottis und Hemmung der Atemmuskulatur.
1.: Er tritt in die seitliche Schiundwand ein, in der
er dorsalwärts bis zur Raphe und abwärts bis Oesophageale Phase: Der Weitertransport der Nahrung
zum Hinterrand des Schildknorpels verläuft. erfolgt durch Kontraktion der Schlundschnürer sowie
Der Muskel bildet die Grundlage des Arcus Hebung und Verkürzung des Schlundes (Mm. stylopha-
palatoglossus. ryngeus und palatopharyngeus). Dabei wird die Pharynx-
wand gleichsam über die Nahrungsportion hinweg nach
L.: N. glossopharyngeus, A. pharyngea ascendens
oben gezogen. Nach Erreichen des Oesophagus wird die
F.: s. o.
Nahrung durch Peristaltik weitertransportiert.
3. M. salpingopharyngeus
Sehr häufig entspringen auch Faserzüge vom 4.14.4 Gefäße und Nerven
Unterrand der Tuba auditiva, welche als M. sal- des Pharynx (Abb. 4.101)
pingopharyngeus bezeichnet werden. Der Muskel
wirft an der seitlichen Schiundwand die gleichna- • Arterien. A. carotis externa -> A. pharyngea
mige Falte (Plica salpingopharyngea) auf. ascendens -> Rr. pharyngeales

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310 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

A cerebeili A cerebri A . c o m m u n i c a n s Ν III Ν . IV Μ VI Nn. f a c i a l i s , ntermedius


superior posterior posterior \ vestibulocochlearis
/
R a m i ad p o n t e m

A labyrinth! _ Ν glossopharyngeus

A. basilaris Nn v a g u s , a c c e s s o n u s
Aa. vertebrales - Sinus sigmoideus

Cellulae mastoideae - _ Ν hypoglossus

Condylus occipitalis
Fascia p h a r y n g o b a s i l a r i s
Ν hypoglossus
Venter posterior m. digastrici Ganglion inferius]
}r vagi
Rr. p h a r y n g e i I
N. g l o s s o p h a r y n g e u s
M. constrictor N. c e r v i c a l i s ι

pharyngis superior Ganglion cervicale superius


Ν. v a g u s -
A. p h a r y n g e a a s c e n d e n s
Ganglion cervicale superius-
A. o c c i p i t a l i s
Ivl s t e r n o c l e i d o m a s t o i d e i j s - A. carotis externa
N. a c c e s s o r i u s -
A facialis
N. h y p o g l o s s u s , Radix s u p e r i o r -
Α carotis interna
Plexus v e n o s u s p h a r y n g e u s -
Ν h y p o g l o s s u s , Radix s u p e r i o r
M . constrictor pharyngis m e d i u s -
A . Iingualis
N. l a r y n g e u s superior - A. t h y r o i d e a s u p e r i o r
Cornu m a j u s ossis h y o i d e i Η internus I n . laryngei
R. e x t e r n u s l s u p e r i u r i s
M . c o n s t r i c t o r p h a i y n g i s inferior
N n e t Pi c a r d i a c s u p e r i o r e s
Truncus s y m p a t h i c u s ,
V jugularis interna
Rr. e f Nn. c a r d i a c i s u p e r i o r e s Ganglien cervicale medium
Ν A ! a r y n g e a inferior
- N.vagus
Glandula thyroidea,
Glandulae parathyroideae — - Ansa thyroidoa

A t h y r o i d e a inferior - Gang' on c s r v i c o t h o r a c i c u r n
(Ganglion stellatum)
A vertebralis -

Ganglion cervicothoracicum ~ A. subclavia


(Gaiglion steilatun )
V. su Ire lav ι a
Ductus thoracicus - —
Ν. l a r y n g e u s r e c u r r e n s d e x t e r
Rr o e s o p h a g e i o t t r a c h e a l e s
N n . e t Rr c a r d i a c i i n f e r i o r e s
Nn. ι ' Rr c a r d i a c i -
- Rr. o e s o p h a g e i et t r a c h e a l e s
' aortae — . .

— - N. v a g u s d e x t e r
• cardiacus -
Ν laryngeus recurrens sinister

- V. azygos
Aorta thoracica

Bronchus principalis sinister —


Bronchus principalis dexter
ί\. vagus

0 s w
Ductus thoracicus Pha9us

Abb. 4.101: Pharynx, Oesophagus und Gefäß-Nervenstrang des Halses von dorsal. Wirbelsäule und hinterer Teil
des Schädels sind entfernt

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4.14 Schlund, Pharynx 311

Α. carotis externa —> Α. facialis —> A. palatina Die Tonsilla tubaria befindet sich in der Schleim-
ascendens (Tubenostium und Tonsilla palatina) haut des Torus tuharius.
A. subclavia —> Truncus thyrocervicalis —>
• Allgemeiner Aufbau
A. thyroidea inf. - » Rr. pharyngeales (Hypo-
pharynx) Das die Tonsillen an der Oberfläche überziehende
• Venen. Plexus pharyngeus Vv. pharyngeae Epithel bildet tiefe Eisenkungen, Krypten, denen
—> V. jugularis interna retikuläres Bindegewebe unterlagert ist, in wel-
Plexus pterygoideus —> V. jugularis interna chem Lymphfollikel eingelagert sind. Bei den
• Lymphgefäße. Der Lymphabfluss erfolgt in den Lymphfollikeln handelt es sich in der Regel um
Truncus jugularis. Sekundärfollikel, deren kappenförmig aufgelager-
• Regionale Lymphknoten. Nil. retropharyngea- ter Lymphozytenwall zur Oberfläche gerichtet ist.
les und Nil. profundi superiores et inferiores
Das Epithel besitzt Retikulierungszonen, in deren
• Nerven. Plexus pharyngeus aus N. glossopha-
Bereich eine Basalmembran fehlt. Zellen aus dem
ryngeus, N. vagus und Truncus sympathicus
subepithelialen Bindegewebe können gut in das
Epithel eintreten und bilden mit ihm einen lympho-
4.14.5 Mandeln, Tonsillen, Tonsillae epithelialen Gewebsverband. Zu den eingewander-
(Abb. 4.97, 4.98) ten Zellen gehören Plasmazellen, Lymphozyten,
neutrophile Granulozyten und Makrophagen.

Der Bereich des Pharynx ist von lymphatischem Bauhesonderheiten der verschiedenen Tonsillen
Gewebe umgeben, welches in seiner Gesamtheit
Kapsel: Die Tonsillae palatina, lingualis und pha-
als Anulus lymphoideus pharvngis, lymphati-
ryngea sind durch eine bindegewebige Kapsel vom
scher Rachenring (Waldeyer) bezeichnet wird.
darunter gelegenen Gewebe abgegrenzt. Der Ton-
silla tubaria und dem lymphatischen Gewebe der
Zu diesem Rachenring gehören:
Plica salpingopharyngea fehlt diese bindegewebige
1. Rachenmandel Tonsilla pharyngea, Kapsel.
2. Tubenmandel, Tonsilla tubaria
Epithel: Das die Tonsillen überziehende und in
3. Zungenmandel, Tonsilla lingualis
ihren Krypten retikulierte Epithel entspricht dem
4. Gaumenmandel, Tonsilla palatina,
der Region, in welcher die entsprechenden Tonsil-
5. Lymphatisches Gewebe in der Schleimhaut der
len lokalisiert sind, d. h. es ist Flimmerepithel im
Plica salpingopharyngea.
Bereich der Tonsillae pharyngea und tubaria und
• Funktionen mehrschichtiges unverhorntes Plattenepithel im
Bereich der übrigen Tonsillen.
Im Bereich der Krypten, Cryptae tonsillares,
werden Antigene von Makrophagen aufgenommen,
• Gefäße und Nerven der Tonsilla palatina
verarbeitet und an immunkompetente Zellen wei-
tergereicht. Diese wandern in die Reaktionszentren Arterien
von Lymphfollikeln ein, proliferieren und bilden
Ο Α. pharyngea ascendens —» Rr. pharyngeales
als Plasmazellen Antikörper.
t> A. lingualis —» Rr. dorsales linguae
• Lage der Tonsillen t> A. facialis —> A. palatina ascendens - » R. tonsil-
laris
Die Tonsilla pharyngea liegt in der Schleimhaut
Ο Α. facialis —> R. tonsillaris
des Epipharynx am Übergang des Pharynxdaches
in seine Hinterwand. Venen. Plexus venosus pharyngeus -> V. jugularis
interna
Die Tonsilla palatina liegt im Bereich des Isthmus
faucium in der Fossa tonsillaris, dem Arcus palato- Regionale Lymphknoten. Nodus jugulodigastri-
pharyngeus angelagert. cus
Die Tonsilla lingualis liegt in der Schleimhaut der Nerven. /.: N. glossopharyngeus, N. maxillaris
Radix linguae.

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312 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

4.15 Nasenhöhle, Cavitas nasi,


und Nasennebenhöhlen, Sinus paranasales

Übersicht und Einleitung


umfassen u.a. Erwärmung, Anfeuchtung und
Filtration der Atemluft. Da die Cavitas nasi
Die Nasenhöhle, Cavitas nasi, ist Teil des
außerdem, zusammen mit den Nasennebenhöhlen,
oberen Respirationstraktes und beinhaltet
ein Resonanzorgan darstellt, ist sie auch für die
das Geruchsorgan, Organum olfactorium. Sie
Sprache von Bedeutung. Schließlich ist die stark
ist paarig angelegt und wird in 2 hintereinander
vaskularisierte Schleimhaut der Nasenhöhle an der
gelegene Räume, den Nasenvorhof, Vestibulum
Thermoregulation des Organismus beteiligt.
nasi, und die eigentliche Nasenhöhle, Cavitas
nasi, unterteilt. Beide sind vollständig durch
Entwicklung
das meist asymmetrische Nasenseptum, Septum
nasi, getrennt. Das Vestibulum nasi entspricht
weitgehend der äußeren Nase und ist über die Lernziele: Entwicklung von äußerer Nase,
Nasenlöcher, Nares, mit der äußeren Körpero- Nasenhöhle und Nasennebenhöhlen
berfläche verbunden. Die pyramidenförmige
Cavitas nasi steht hinten über die sekundären • Äußere Nase, primäre Nasenhöhle. Die Ent-
Nasenöffnungen, Choanen, mit der Pars nasa- wicklung der äußeren Nase und der primären
lis pharyngis in Verbindung. Seitlich ist die Nasenhöhle hängt eng mit der des Gesichts
Cavitas nasi über verschiedene Öffnungen mit und der Mundhöhle zusammen (Kap. 4.13.4.1,
den Nasennebenhöhlen, Sinus paranasales, S. 299). In der 3. Woche kommt es im Bereich
verbunden. des Stirnnasenfortsatzes zum Auftreten von
Riechplakoden. Die von je 2 Epithelleisten
begrenzten Riechplakoden vertiefen sich zu
Weitere Begriffe Riechgruben, die den unteren seitlichen Rand
des Stirnnasenfortsatzes in einen medialen und
• Pars respiratoria. Der respiratorische Teil der
lateralen Nasenfortsatz unterteilen. Während
Schleimhaut kleidet den größten Teil der Nasen-
die medialen Nasenfortsätze vorwiegend zur
höhle aus und setzt sich in modifizierter Form
Bildung des Nasenrückens und eines Teils des
auch in die Schleimhaut der Nasennebenhöhlen
Nasenseptums beitragen, liefern die seitlichen
fort. Ausnahmen hiervon bilden das Vestibulum
Nasenfortsätze das Material für die Nasenflügel
nasi, das Merkmale der äußeren Haut aufweist,
und die Weichteile um die Nasenöffnungen.
sowie ein Schleimhautbezirk, der das Organum
Durch eine vorübergehende Verbindung des
olfactorium beinhaltet.
Epithels des medialen und lateralen Nasenfort-
• Pars olfactoria. Die Riechschleimhaut ist satzes entsteht in der Tiefe eine kontinuierli-
auf ein kleines Areal im Bereich der oberen che Verbindung der Riecksäcke (verlängerte
Nasenmuschel und des angrenzenden Teils des Riechgruben) mit dem Mundhöhlenepithel.
Nasenseptums beschränkt (Einzelheiten s. Kap. Durch Einreißen dieser Membrana oronasalis
4.15.1.3, S. 315). bei Embryonen mit einer SSL von 15 mm ent-
Nasenzyklus. Beide Seiten der Nasenhöhle werden wickelt sich zunächst eine vordere und etwas
meist nicht zur gleichen Zeit belüftet. Vielmehr später eine hintere primäre Nasenöffnung, pri-
wechselt die Belüftung alle 2 bis 3 Stunden von der märe Choanen. Beide Öffnungen begrenzen
einen zur anderen Seite. Die Faktoren für diesen als das Gebiet der primären Nasenhöhle, deren
Nasenzyklus bezeichneten Prozess sind noch nicht Boden vom primären Gaumen gebildet wird.
hinreichend bekannt.
• Definitive Nasenhöhle. Etwa zeitgleich mit
der Entstehung eines medianen Nasenseptums,
Funktion
kommt es an den medialen Rändern der Ober-
Die Funktionen der Pars respiratoria der Nasen- kiefers zur Bildung von Gaumenfortsätzen
höhle sind noch nicht vollständig bekannt. Sie (Kap. 4.13.4.1, S. 299), die zunächst nach unten
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4.15 Nasenhöhle, Cavitas nasi, und Nasennebenhöhlen, Sinus paranasales 313

vorwachsen. Die ursprünglich zwischen den Ausbuchtung der Nasenschleimhaut in den hin-
Gaumenfortsätzen gelegene Zunge senkt sich teren Abschnitt der knorpligen Nasenhöhle am
plötzlich bei Embryonen mit einer SSL von Ende des 3. Monats. Die Sinusanlagen wachsen
26 mm nach unten. Die Gaumenfortsätze, Pro- zunächst innerhalb der knorpligen Nasenanlage
cessus palatini, verändern nun ihre Wachstums- vor, primäre Pneumatisation. Später, nach
richtung und wachsen in der Horizontalebene dem Passieren bzw. dem Untergang der knorpli-
nach medial. In der Medianebene vereinigen sie gen Nasenanlage kommt es zur Pneumatisation
sich mit dem nach unten vorwachsenden Nasen- der Knochen, welche die Wände der Nasenhöhle
septum sowie mit dem primären Gaumen zum bilden, sekundäre Pneumatisation.
sekundären Gaumen. Die Verschmelzung in der
Medianebene erfolgt von vorn nach hinten. Am
Übergang zwischen primären und sekundären 4.15.1 Nasenhöhle, Cavitas nasi
Gaumen bleibt ein Epithelstrang erhalten, wel-
cher später zum Canalis incisivus kanalisiert. Lernziele: Äußere Nase. Vestibulum nasi. Cavi-
Die sekundäre hintere Öffnung der Nasenhöhle tas nasi Wandaufbau, Schleimhautverhältnisse,
wird zu den Choanen, welche die Nasenhöhle Verbindungen zu Nachbarstrukturen, Gefäße,
mit dem Pharynx verbinden. Nerven
• Knorpelige Nasenanlage. Die knorplige
Nasenkapsel ist bei 3 Monate alten Feten
vollständig ausgebildet. Sie setzt sich aus
4.15.1.1 Äußere Nase
knorpligen Anteilen des Septum nasi und der
seitlichen Nasenwand zusammen und ist mit
Die äußere Nase verleiht dem Gesicht des Men-
der knorpligen Anlage des Keilbeins verbunden.
schen ein charakteristisches Profil. Die typische
Während die knorplige Anlage der Nasenhöhle
menschliche Nase, mit nach unten gerichteten
vorn unten von den Cartilagines septales
Nasenlöchern (Nares), ist erst bei Homo erectus
begrenzt wird, entstehen an der Innenseite die
nachweisbar. Sie besteht aus einem knöchernen
knorpligen Anlagen der 3 Nasenmuscheln (Con-
Anteil: 1. Nasenbeine (Ossa nasalia), 2. Stirn-
chae nasales). Die knorplige Nasenkapsel geht
fortsatz des Oberkiefers (Processus frontalis
später teilweise zugrunde, so dass die Knochen,
maxillae) und aus einem knorpligen Anteil:
welche die Wände der Nasenhöhle bilden ζ. T.
Cartilagines nasi (Abb. 4.102, 4.103).
durch enchondrale Ossifikation und ζ. T. durch
desmale Ossifikation entstehen.
• Nasennebenhöhlen. Die Nasennebenhöhlen Klinik: Bedingt durch die nach unten gerichte-
werden in der Fetalperiode angelegt, erfahren ten Nasenlöcher muss bei der Spiegeluntersu-
aber erst postnatal ihre größte Entfaltung. Noch chung der Nasenhöhle von vorn (Rhinoscopia
bevor die knorpelige Nasenanlage zugrunde anterior) der Kopf des Patienten nach hinten
geht, entstehen in der 10.-12. Woche die Anla- geneigt und außerdem die Nasenflügel mit Hilfe
gen der Nasennebenhöhlen aus Schleimhaut- eines Nasenspekulums gespreizt werden.
divertikeln in der seitlichen Nasenwand. Eine
Ausnahme bildet die Keilbeinhöhle, Sinus sphe- • Knöcherne Anteile
nolidalis. Im Bereich des mittleren und oberen
An der Bildung der äußeren Nase beteiligen sich die
Nasenganges entwickelt sich zunächst eine
Nasenbeine, Ossa nasalia, und die Stirnfortsätze
Reihe von Divertikeln, aus denen sich später
des Oberkiefers, Processus frontales maxillae. Sie
das Siebbeinlabyrinth, Labyrinthus ethmoidaüs,
bilden den knöchernen Rahmen der äußeren Nasen-
entwickelt. Kieferhöhle, Sinus maxillaris, und
öffnung, Apertura piriformis. Der untere Teil der
Stirnhöhle, Sinus frontalis, gehen in der Regel
Apertura piriformis ist spitzwinklig zum vorderen
aus einem gemeinsamen Recessus, dem Infundi-
Nasensporn, Spina nasalis anterior, ausgezogen.
bulum ethmoidale, hervor. Die Entwicklung der
Stirnhöhle kann aber auch von einem Recessus Nasenbeine, Ossa nasalia. Die beiden flachen und
frontalis oder einer Siebbeinzelle ausgehen. Die viereckigen Kochen sind in der Mittellinie über
Keilbeinhöhle, Sinus sphenoidalis, entsteht als die Sutura internasalis miteinander verbunden.

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314 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

Sinus frontalis _
Fossa hypophysialis
Crista galli
/
/
Lamina cribrosa

__ — • Sinus sphenoidalis
Os nasale

Lamina perpendicularis

Processus posterior
[sphenoidalis]
Cartilago septi nasi

Vomei

Cartilago alaris major —


Processus pterygoideus

Canalis incisivus —

Hamulus pterygoitieus

Lamina horizontalis
ossis palatini
Processus palatinus maxillae Crista nasalis

Abb. 4.102: Nasenscheidewand, Septum nasi. Ansicht von links

Im unteren Teil der Ossa nasalia werden mitunter nasalia und den Processus laterales besteht eine
Foramina, Foramina nasalia, beobachtet, die dem Überlappungszone, in der sich die Seitenknorpel
Durchtritt von Nerven und Gefäßen dienen. Seit- unter die Nasenbeine schieben. Vorn und seitlich
lich stoßen die Nasenbeine über die Sutura naso- stehen sie mit den Flügelknorpeln, Cartilagines
maxillary mit dem Processus frontalis maxillae alares majores, in Verbindung. Hier befindet
zusammen. Die Sutura nasofrontalis verbindet die sich eine weitere Überlappungszone, wobei die
Ossa nasalia mit dem Stirnbein. Crura lateralia der Flügelknorpel die Seiten-
knorpel ein Stück bedecken.
Klinik: Der Kreuzungspunkt der Sutura inter- • Flügelknorpel, Cartilagines alares majores.
nasalis mit der Sutura nasofrontalis wird als Die Cartilagines alares majores umfassen je
Nasion bezeichnet und ist ein wichtiger Mess- mit einem Crus mediale und Crus laterale
punkt am Schädel. die Nasenlöcher, Nares, und bilden zugleich
die Grundlage der Nasenflügel, Alae nasi. Sie
• Nasenknorpel bestimmen maßgeblich die Form der Nasen-
spitze, Apex nasi. Die Flügelknorpel sind nur
Die Cartilagines nasi bilden den beweglichen locker mit den übrigen Knorpeln verbunden. Im
Teil der äußeren Nase und sind aus hyalinem hinteren lateralen Teil der Nasenflügel befinden
Knorpel aufgebaut. Zu ihnen zählen: 1. die Sei- sich zusätzliche Knorpelschüppchen, Cartila-
tenknorpel, Processus laterales, des knorpligen gines alares minores und Cartilagines nasales
Nasenseptums (alte Bezeichnung: Cartilago accessoriae.
nasi lateralis), 2. die Flügelknorpel, Cartila- • Varianten. Hinter der Spina nasalis anterior
gines alares majores, 3. zusätzliche Knorpel- wird mitunter ein Knorpelstreifen beobach-
schüppchen: Cartilagines alares minores und tet, der sich dem Unterrand des knorpligen
Cartilagines nasales accessoria. Nasenseptums seitlich anlegt. Diese Cartilago
vomeronasalis ist als Rest des rückgebildeten
• Seitenknorpel, Processus laterales. Sie sind Organum vomeronasale (Jacobson-Organ) auf-
meist nur im oberen Teil mit dem knorpligen zufassen (s. Lehrbuch der Embryologie).
Nasenseptum verbunden und setzen die Ossa
nasalia nach vorn unten fort. Zwischen den Ossa

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4.15 Nasenhöhle, Cavitas nasi, und Nasennebenhöhlen, Sinus paranasales 315

4.15.1.2 Nasenvorraum, Vestibulum nasi


Klinik: Der von den Crura medialia der Flügel-
knorpel geformte Bereich wird auch als Colu-
Der Nasenvorraum ist der vordere Teil der
mella bezeichnet und ist mit Haut überdeckt.
Nasenhöhle und entspricht weitgehend der
Ausdehnung der Nasenflügel, Alae nasi. Am
• Muskeln. Im Bereich der äußeren Nase sind
Übergang zwischen Vestibulum nasi und der
folgende mimische Muskeln befestigt: 1. M. de-
eigentliche Nasenhöhle befindet sich innen eine
pressor septi, 2. M. nasalis mit Pars transversa
bogenförmige Leiste, Limen nasi. Sie wird durch
und Pars alaris, 3. M. levator labii superioris
den freien Rand des Crus laterale des Flügel-
alaeque nasi, 4. Μ. procerus. Sie werden an
knorpels, Cartilago alaris majoris aufgeworfen.
anderer Stelle beschrieben (Kap. 4.8.1.1.2,
Die innere Oberfläche des Vestibulum nasi ist
S. 228, Kap. 4.8.1.1.4, S. 229).
mit mehrschichtigem verhorntem Plattenepithel
• Gefäße und Nerven der äußeren Nase ausgekleidet. In der Tunica mucosa befinden
sich zudem apokrine Glandulae vestibuläres
Arterien. Die arterielle Versorgung der äuße- nasi und kräftige Haare, Vibrissae.
ren Nase erfolgt über die A. facialis, A. infra-
orbitalis und A. ophthalmica. Eine zusätzliche
Versorgung über die A. ethmoidalis anterior ist Klinik: Am Übergang zwischen Vestibulum
möglich. nasi und der eigentlichen Nasenhöhle befindet
sich ein ca. 1,5 mm breiter Schleimhautbezirk
[> Die A. facialis entsendet Äste zum Nasenflügel
mit einem ausgeprägten Kapillargeflecht. Dieser
und zum unteren Teil des Nasenseptums.
als Locus Kiesselbachii bezeichnete Schleim-
t> Die A. infraorbitalis gibt Äste zur seitlichen
hautstreifen ist ein bevorzugter Ort für das
Nasenwand und zum Nasenrücken ab.
Nasenbluten (Epistaxis).
[> Die A. dorsalis nasi, aus der A. ophthalmica,
versorgt den Nasenrücken. Sie anastomosiert
häufig mit Zweigen der A. facialis auf dem
Nasenrücken. 4.15.1.3 Nasenhöhle, Cavitas nasi
(Abb. 4.103)
Venen. Der venöse Abfluss erfolgt über die
V. facialis. Letztere steht über die V. angularis mit
Die paarige Nasenhöhle liegt größtenteils unter
der V. ophthalmica superior in Verbindung (Abb.
der vorderen Schädelgrube, Fossa cranii ante-
4.55).
rior. Sie schließt sich hinten an das Vestibulum
nasi an und öffnet sich dorsal über die Choanen
Klinik: Der Abfluss über das Stromgebiet der
in die Pars nasalis pharyngis. Die Nasenhöhle
V. ophthalmica superior zum Sinus cavernosus
weist die Gestalt einer Pyramide auf und ver-
ist bei Entzündungen im Bereich von Oberlippe
breitert sich nach unten. Drei übereinanderlie-
und Nase von klinischer Relevanz.
gende Nasenmuscheln, Conchae nasales, in
der Seitenwand der Nasenhöhle bedingen eine
Lymphgefäße. Der Abfluss erfolgt zusammen mit
Unterteilung in Nasengänge, Meatus nasi. In
der Lymphe aus der Ober- und Unterlippe und der
die Seitenwände der Cavitas nasi münden die
Wange zu den Nil. submandibulares. Ein Abfluss
Nasennebenhöhlen, Sinus paranasales.
zu den Nil. parotidei ist möglich.
Nerven. Die motorische Nerven fiir die Nasenmus- • Topographie: 3 übereinander liegende Nasen-
keln entstammen den Rr. buccales des N. facialis. gänge mit zahlreichen Verbindungen zu Nach-
An der sensiblen Innervation der Haut sind betei- barstrukturen
ligt N. infratrochlearis und N. nasociliaris (beide
• Meatus nasi inferior, unterer Nasengang zwi-
aus dem N. ophthalmicus) sowie der N. infraorbita-
schen Concha nasalis inferior und Gaumen. Im
lis (vom N. maxillaris).
vorderen Teil des Meatus nasi inferior liegt die
nasale Öffnung (Apertura ductus nasolarimalis)
des TränennasenkanaLs', Ductus nasolacrimalis.

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316 4 Kopf, Cranium, u n d Hals, C o l l u m

Os frontale • Ala minor ossis sphenoidalis

Crista ga ! ii Fossa hypophysial is

Hiatus semilunaris
__ — Sinus sphenoidalis

Processus uncmatus-
Os ethmoidale
Os nasale (Concha nasalis
superior)

Os lacrimaie -
" Os occipitale (Clivus)
Bulla ethmoidalis ^

Foramen sphenopalatmum
Maxilla ^ \! Processus pterygoideus
I
Os palatinum

Concha nasalis inferior

Abb.4.103: Links: S c h e m a t i s c h e Darstellung der lateralen W a n d der Nasenhöhle, Cavitas nasi, n a c h Entfernung
der N a s e n s c h e i d e w a n d . Ansicht v o n links. Rechts: S c h e m a t i s c h e r Frontalschnitt d u r c h d e n G e s i c h t s s c h ä d e l
mit Darstellung der N a s e n - u n d der N a s e n n e b e n h ö h l e n . Die F a r b e n e n t s p r e c h e n d e m linken Teil der A b b i l d u n g ,
Blau - O s z y g o m a t i c u m . S e p t u m nasi: b l a u - knorpliger Teil der N a s e n s c h e i d e w a n d . Der u n b e s c h r i f t e t e Pfeil
k e n n z e i c h n e t die V e r b i n d u n g der rechten Kieferhöhle mit d e m mittleren N a s e n g a n g

Sie wird beim Lebenden durch eine Schleim- liegt am Übergang zwischen Lamina cribrosa und
hautfalte (Hasner-Klappe) eingeengt. Corpus ossis sphenoidalis eine Rinne, der Reces-
• Meatus nasi medius, mittlerer Nasengang sus sphenoethmoidalis, welche den Eingang in die
zwischen Concha nasalis inferior und Concha Keilbeinhöhlen markiert (Abb. 4.104)
nasalis media. Hier münden Sinus maxillaris,
2. Boden. Der Boden ist breiter als das Dach der
Sinus frontalis und die mittleren und vorderen
Nasenhöhle. Er wird gebildet von der Prämaxiila
Siebbeinzellen. Sinus maxillaris und Sinus
(primärer Gaumen), den Gaumenfortsätzen des
frontalis münden i. d. R. nicht direkt, sondern
Oberkiefers (Processus palatini maxillae) sowie
über eine trichterförmige Rinne, Infundibulum
von der Lamina horizontalis des Gaumenbeins. Im
ethmoidale in den Meatus nasi medius. Die vor-
vorderen Drittel befindet sich etwa in der Median-
deren und mittleren Siebbeinzellen öffnen sich
ebene am Boden der Nasenhöhle eine Vertiefung
meist dorsal vom Infundibulum ethmoidale zum
(Fossa incisiva). Die Fossa incisiva steht über die
mittleren Nasengang.
Canales incisivi mit der Mundhöhle in Verbindung.
• Meatus nasi superior, oberer Nasengang zwi-
Letztere beginnen an der Kreuzung der Sutura
schen Concha nasalis media und Concha nasa-
palatina mediana mit dem Proc. alveolaris maxil-
lis superior. Hier münden die hinteren Siebbein-
lae. Sie vereinigen sich nach kaudal, und enden im
zellen. In einer Rinne hinter dem Meatus nasi
Dach der Mundhöhle als Foramen incisivum.
superior, Recessus sphenoethmoidalis, öffnet
sich die Keilbeinhöhle in die Cavitas nasi. 3. Seitenwand. Das Relief der Seitenwand wird
von den drei übereinanderliegenden Nasenmu-
• Wände der Nasenhöhle
scheln geprägt: Concha nasalis inferior, Concha
1. Dach. Von anterior nach posterior bilden fol- nasalis media und Concha nasalis superior. Dabei
gende knöcherne Strukturen das Dach der Nasen- springt die untere Nasenmuschel am weitesten
höhle: Os nasale, Pars nasalis ossis frontalis, nach anterior. Zusätzlich kann eine Concha nasa-
Lamina cribrosa des Siebbeins. Über zahlreiche lis suprema ausgebildet sein. Während die untere
Öffnungen (Foramina cribrosa) in der horizontalen Nasenmuschel ein eigenständiger Knochen ist,
Siebbeinplatte, Lamina cribrosa, steht die Nasen- sind die oberen Nasenmuscheln Teil des Siebbeins.
höhle mit der vorderen Schädelgrube, Fossa cranii Furchenbildungen an der mittleren Nasenmuscheln
anterior, in Verbindung. Im hinteren Teil des Dachs kommen bei Erwachsenen zu 6 % vor und können
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4.15 Nasenhöhle, Cavitas nasi, und Nasennebenhöhlen, Sinus paranasales 317

Pfeil zeigt in die Mündung der


Cellulae anteriores sinus ethmoidalis

Sinus frontalis
χΝ Concha nasalis superior

Bulla ethmoidalis
ι
Ν I Recessus sphenoethmoidalis,
\
' y Pfeil zeigt in die
I / Apertura sinus sphenoidalis
Os nasale /
\ Fossahypophysialis
Agger nasi

Concha nasalis media Sinus sphenoidalis


(gefenstert)
Pfeil zeigt
_ in die Mündung der
Hiatus semilunaris —
Cellulae posteriores
sinus ethmoidalis
Linien nasi

Recessus
Vestibulum nasi — pharyngeus

Vibrissae - — Ostium pharyngeum


tubae
Cartilago alaris major

Mündung des Ductus


x
Tonis tubarius
nasolacrimal^

X
Labium superius
Torus ievatorius
\
Canalis incisivus
\ \
/ !
\ Piica saipingopharvngea
Palatum durum Concha nasalis inferior Palatum molle
(gefenstert)

Abb. 4.104:Laterale W a n d der Cavitas nasi n a c h W e g n a h m e d e s Nasenseptums. Die C o n c h a e nasalis inferior


und media sind teilweise reseziert. Im Bereich d e s Hiatus semilunaris weist der weiße Pfeil auf d a s Infundibulum
ethmoidale und der unbeschriftete s c h w a r z e Pfeil auf die Öffnung der Kieferhöhle

mit zusätzlichen Nasenmuscheln verwechselt 4. Nasenscheidewand, Septum nasi. Sie besteht


werden. Die 3 Nasengänge sind nach medial zum aus einem vorderen knorpligen Teil (Cartilago
gemeinsamen Nasengang, Meatus nasi commu- septi nasi) und einem hinteren knöchernen Teil.
nis geöffnet. Letzterer mündet über den Meatus Der knorplige Teil des Nasenseptums ist relativ
nasopharyngeus und die Choanen in die Pars beweglich und wird auch als Pars mobilis bezeich-
nasalis pharyngis. Folgende Strukturen bilden die net. Unterhalb des vorderen knorpligen Teils befin-
knöcherne Seitenwand der Nasenhöhle: Os nasale, det sich ein membranöser Abschnitt des Septums
Oberkiefer mit Processus frontalis und Corpus {Pars membranacea). Er verleiht der Nasenspitze
maxillae, Os lacrimale, Siebbein mit Processus eine gewisse Flexibilität und Elastizität. Der Carti-
uncinatus und Conchae nasalis media et superior, lago septi nasi reicht nach vorn bis zum Apex nasi
Concha nasalis inferior, Gaumenbein mit Lamina und geht weiter oben in die Processus laterales
perpendicular is. Am unteren Rand des Recessus über. Das knorplige Nasenseptum schiebt sich
sphenoethmoidalis befindet sich in Höhe des nach dorsal zwischen die vertikal gestellte Lamina
dorsalen Randes der mittleren Nasenmuschel das perpendicularis des Siebbeins und dem unten
Foramen sphenopalatinum. Hierbei handelt es gelegenen Pflugscharbein, Vomer. Knochenleisten
sich um eine Lücke zwischen Proc. orbitalis und am Corpus ossis sphenoidalis, Os nasale und Os
Proc. sphenoidalis des Gaumenbeins sowie dem frontale beteiligen sich an der Bildung der äußeren
Keilbeinkörper. Es verbindet die Nasenhöhle mit Ränder des Nasenseptums.
der Fossapterygopalatina und dient dem Durchtritt
von Nerven und Gefäßen.

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318 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

• Schleimhaut anderer Riechzellen die Fila olfactoria, welche


durch die Lamina cribrosa zum Bulbus olfactorius
Am Limen nasi erfolgt der Übergang vom ziehen.
mehrschichtigen verhornten Plattenepithel des
Vestibulum nasi in das respiratorische Epithel,
4.15.1.4 G e f ä ß e und Nerven
welches den größten Teil der Nasenhöhle aus-
kleidet und sich auch in die Nasennebenhöhlen
Aus praktischer Sicht lässt sich die Nasenhöhle
fortsetzt (Abb. 4.108). Die Pars respiratoria
in ein kleineres vorderes Versorgungsgebiet
wird unterbrochen durch einen kleinen Bezirk
und ein größeres hinteres Versorgungsgebiet
mit Riechschleimhaut (Pars olfactoria), welche
unterteilen. Von diesem wird zusätzlich das
die obere Nasenmuschel und angrenzende Teile
Gebiet der Nasenscheidewand unterschieden.
des Nasenseptums bedeckt. Die Größe der Pars
Während A. ophthalmica und N. ophthalmicus
olfactoria beträgt beim Erwachsenen auf einer
den vorderen Bereich der Nasenhöhle und des
Seite nur ca. 1,3 cm 2 .
Nasenseptums versorgen, verzweigen sich im
hinteren Teil Äste der A. maxillaris und des
Pars respiratoria Die Nasenschleimhaut dient
N. maxillaris.
hauptsächlich der Reinigung und Anwärmung der
Atemluft. Das mit Becherzellen versetzte mehrrei-
Vorderes Versorgungsgebiet (Abb. 4.105)
hige Flimmerepithel sitzt einer sehr dicken Basal-
membran auf. Während Kinozilien Partikel in der Arterien. Die A. ethmoidal is anterior (aus der
Atemluft nach dorsal befördern, dienen zahlreiche A. ophthalmica) gelangt über das Foramen eth-
seromuköse Glandulae nasales in der Lamina pro- moidal anterius in die vordere Schädelgrube. Sie
pria mucosae der Befeuchtung der Nasenschleim- verläuft epidural auf der Lamina cribrosa nach
haut (Einzelheiten siehe Lehrbuch der Histologie). vorn bevor sie durch die Siebbeinplatte in die
Nasenhöhle eintritt. Hier verzweigt sie sich und
Klinik: Von praktischer Bedeutung ist ein aus- versorgt den vorderen Teil der Nasenhöhle, den
gedehntes Venengeflecht in der Schleimhaut Sinus frontalis sowie die vorderen Siebbeinzellen.
der Nasenhöhle, das eine Schwellkörperfunk- Sie entlässt häufig einen Ast, der durch ein Fora-
tion ausübt (Plexus cavernosus conchae). Im men nasale nach außen zieht und den Nasenrücken
Bereich der Mündungen der Nasennebenhöhlen mitversorgt.
bilden die Schwellkörper Polster. Je nach Reiz
Venen. Die Venen ziehen parallel mit den Aa.
können somit die ohnehin kleinen Ostien ent-
ethmoidales hauptsächlich zur Orbita (Vv. ophthal-
weder erweitert oder verengt werden. Obgleich
micae) oder zu Venen in der Fossa cranii anterior.
die Hauptfunktion dieser Venengeflechte sicher
Bei Kindern besteht häufig eine Anastomose über
in der Erwärmung der Atemluft liegt, sind die
das offene Foramen caecum mit dem Sinus sagit-
Schwellkörper auch fur die Thermoregulation
talis superior.
von Bedeutung.
Lymphgefäße. Die Lymphe aus dem vorderen Teil
der Nasenhöhle zieht gemeinsam mit der Lymphe
Pars olfactoria. Die Riechschleimhaut ist mit
von der äußeren Nase zu den Nil. submandibula-
480-500 μιτι nicht nur dicker als die Pars respi-
res.
ratoria, sondern hebt sich durch ihre gelbbraune
Farbe von der rötlichen Pars respiratoria deutlich Nerven. Der N. ethmoidalis anterior (aus dem
ab. Sie enthält Riech- und Stützzellen. Zusätzlich N. ophthalmicus) gelangt zusammen mit der
werden neben Basalzellen, die vermutlich dem A. ethmoidalis anterior in die Nasenhöhle. Im vor-
Ersatz von Stützzellen dienen, seröse Glandulae deren Teil der Nasenhöhle teilt er sich in Rr. nasales
olfactoriae (Bowman) beobachtet (Einzelheiten interni, aus denen Rr. nasales laterales et mediales
siehe Lehrbuch der Histologie). Riechzellen sind hervorgehen sowie in einen Ramus nasalis exter-
bipolare Nervenenzellen und bilden das 1. Neuron nus. Letzterer tritt an der Knorpel-Knochen-Grenze
der Riechbahn (s. Kap. 5.4.4.1, S. 477). Während an die Oberfläche des Nasenrückens. Im Bereich
ihr nasaler Fortsatz zum Riechkolben verdickt ist, des Nasenseptums zieht der N. nasopalatinus (aus
bildet ihr basaler Fortsatz zusammen mit denen dem N. maxillaris) zum Canal is incisivus.
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4.15 Nasenhöhle, Cavitas nasi, und Nasennebenhöhlen, Sinus paranasales 319

Chiasma opticum Hypophysis Corpus mamillare


\ \ Infundibulum
Sinus f r o n t a l i s —
/
/ N. oculomotorius
Bulbus olfactorius—
' /
Ν . A ethmoidal·* anterior /

(Rr nasales laterales) ^ Pons, A basilaris

Nn otfactorii — „ Sinus sphenoidalis


N. maxillaris
Nn. pterygopalatini
Ν canalis pterygoidei

Ganglion p t e r y g o p a l a t i n e
R pharyngeus

Rr et Aa. nasales posteriores


/ sup lat., Tonsilla pharyngea
Vestibulum nasi
A paiatinadescendens,
Nn palatini
- R r et Aa nasales posteriores
Palatum d u r u m ' "
inf l a t , Recessus pharyngeus

Ostium pharyngeum tubae.


Apex linguae,
Torus levatorius
A. prof- linguae
x
Atlas, Axis [Epistropheus]

Ductus sub-
"" -- Foramen caecum linguae.
mandibularis
Palatum molle
Glandula
Radix linguae. Epiglottis
sublingualis

Ductus s u b m a n d i b u l a r

N. lingualis,
Α profunda linguae

Μ mylohyoideus Os hyoideum.
Bursa retrohyoidea
Ν., A sublingualis Cartilage
thyroidea / ^KBIftW"" ι
Ventriculus laryngis.
Plica vonalis /' Lamina cartllaginis M. arytenoideus
Arcus cartllaginis cricoitleae
cricoideae

Abb.4.105: Nerven und Arterien der lateralen Nasenwand. Der Canalis palatinus major ist bis zum Beginn
der Fossa pterygopalatina eröffnet (beachte den N. maxillaris). Regio sublingualis mit Glandula sublingualis,
Gefäßen und Nerven

Hinteres Versorgungsgebiet (Abb. 4.105) Die A. ethmoidalis posterior (aus der A. ophthal-
mica) tritt im hinteren Bereich der Siebbeinplatte in
Arterien. Hierbei handelt es sich überwiegend um
die Nasenhöhle ein.
Äste der A. maxillaris.
Venen. Die Venen in der Nasenschleimhaut bilden
> A. sphenopalatineι. Sie entspringt in der Fossa
ein Geflecht, welches Grundlage für die oben
pterygopalatina aus der A. maxillaris und
beschriebenen Schwellkörper ist. Der Abstrom
gelangt über das Foramen sphenopalatimim in
aus der Nasenhöhle erfolgt hauptsächlich über das
die Cavitas nasi. Sie verzweigt sich in Aa. nasa-
Foramen sphenopalatinum in die Fossa pterygo-
les posteriores laterales in der Seitenwand der
palatina zum Plexus pterygoideus. Des Weiteren
Nasenhöhle sowie in die Rr. septales posteriores
verlaufen Venen zum Pharynx, sowie über das
zur Versorgung des Nasenseptums.
Foramen palatinum majits und die Canales incisivi
[> Zusätzlich können Äste, die der A. palatina
zum Gaumen.
descendens, A. palatina major unclAa. palatinae
minores entstammen, die hinteren Bereiche der Lymphgefäße. Der Abfluß Lymphe erfolgt nach
Meatus nasi mitversorgen. hinten zum Gebiet des Palatum molle und der

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320 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

Bulbus olfactorius
\ Tractus
Sinus frontalis _ \
olfactorius
j Chiasma o p t i c u m
N., A. ethmoidalis anterior
/
(Rr. nasales m e d i a l e s !
_ — Intundibulum

Nn. o l f a c t o r i i ___

Hypophysis, Diaphragma sellae


Ramus nasalis externus

Sinus sphenoidalis

— A basilaris

N. n a s o p a l a t i n e ,
Α. nasalis posterior septi

Tonsilla phaiyngea

Torus tubarius

Ostium pharyngeum tubae,


Torus levatorius

Atlas

/ / \
/ I \

Canalis incisivus, Palatum durum Palatum mo lie


N. nasopalatinus

Abb. 4.106: Arterien und Nerven der Nasenscheidewand

seitlichen Rachenwand. Ein Teil der Lymphe steht und sympathische Fasern in die Nasenhöhle. Die
in Verbindung mit dem Lymphsystem der Tonsilla präganglionären parasympathischen Fasern errei-
palatina und drainiert zu den kranialen tiefen Hals- chen das Ganglion pterygopalatinum zusammen
lymphknoten, insbesondere zum Nl. jugulodigas- mit sympathischen Fasern aus dem Ganglion cervi-
tricus. Die Lymphe, die zur seitlichen Rachenwand cale superius über den N. canalis pterygoidei.
zieht, fließt nach dorsal zu den Nil. retropharyn-
geales sowie zu den tiefen Halslymphknoten, Nil. Klinik: Bei bestimmten rezidivierenden Rhino-
cervicales profundi. pathien kann eine operative Durchtrennung des
N. canalis pterygoidei (Vividianus) bzw. eine
Nerven. Die Nerven für das hintere Versorgungsge-
Extirpation des Ganglion pterygopalatinum
biet entstammen dem Ganglion pterygopalatinum
angezeigt sein. Der Zugang zur Fossa pterygo-
und erreichen die Nasenhöhle auf zwei Wegen:
palatina kann über den Sinus maxillaris (trans-
\> Rr. nasales posteriores. Sie gelangen über das antral) oder transnasal über den Meatus nasi
Foramen sphenopalatinum in die Nasenhöhle medius erfolgen.
und teilen sich in Rr. nasales posteriores supe-
riores laterales et mediales. Sie versorgen die
Nasenseptum (Abb. 4.106)
obere und mittlere Nasenmuschel sowie die hin-
teren Siebbeinzellen. Die Arterien entstammen der A. ethmoidalis ante-
Ο Die Rr. nasales posteriores inferiores ziehen rior und der A. sphenopalatina.
zunächst im Canalis palatinus major nach unten
A. ethmoidalis anterior. Sie entläßt die Rr. septales
bevor sie sich vom N. palatinus major nach vorn
mediales. Einer dieser Zweige zieht im unteren
zur Versorgung des unteren Teils der Nasen-
Teil des Nasenseptum nach vorn zu den Canales
höhle abzweigen.
incisivi. Der venöse Abfluss entspricht dem der
Über diese Nervenäste gelangen neben sensiblen Seitenwände. Der N. ethmoidalis anterior entsen-
Fasern des N. maxillaris auch parasympathische det Nervenfasern zur Versorgung des vorderen
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4.15 Nasenhöhle, Cavitas nasi, und Nasennebenhöhlen, Sinus paranasales 321

Sinus frontalis

Cellulae ethmoidales

\ \
V '
V•v
Sinus sphenoidalis ν
N
Fossa sacci lacrimalis

/ X
X
Ν
N
Canalis mfraorbitalis
Sinus maxillaris

Abb. 4.107: Räumliche Darstellung der Schleimhaut


der Nasennebenhöhlen nach Entfernung der Kno-
chen. Ansicht von lateral

Teils des Nasenseptums. Der N. nasopalatinus, ein sprüchlichen Theorien seien nachfolgend einige
Ast aus dem Ganglion pterygopalatinum oder eine aufgeführt. So sollen die Nasennebenhöhlen:
Abspaltung aus den Rr. nasales posteriores superi-
• der Erleichterung des Schädelgewichts dienen,
ors mediales, versorgt den größeren hinteren Teil
• Resonanzräume darstellen,
des Nasenseptums.
• zur Erwärmung und Anfeuchtung der Atemluft
beitragen,
4.15.2 Nasennebenhöhlen, Sinus • funktionell nicht beanspruchte Knochensub-
paranasales stanz verringern,
• der Optimierung der Schädelarchitektur dienen
und
Lernziele: Aufbau der Nasennebenhöhlen,
• in thermoregulatorische Kontrollmechanismen
Gefäß- und Nervenversorgung, Topographie
eingeschaltet sein.
und Funktion
• Schleimhaut
Die Nasenebenhöhlen gehören zusammen mit
den Nebenräumen des Mittelohrs zu den pneu- Da sich die Pars respiratoria der Nasenhöhlen-
matischen Räumen des Schädels. Die Nasenne- schleimhaut in die Nasennebenhöhlen fortsetzt,
benhöhlen des Menschen sind: Sinus maxillaris, ähnelt die maximal 1 mm dicke Schleimhaut der
Sinus frontalis, Cellulae ethmoidales und Sinus Nasennebenhöhlen prinzipiell der Nasenschleim-
sphenoidalis. Sie sind paarig angelegt und kommen haut (Abb. 4.108). Die Kieferhöhlenschleimhaut ist
in dieser Zusammensetzung nur beim Menschen dicker als die der anderen Nasennebenhöhlen und
und den afrikanischen Menschenaffen (Gorilla und weist mitunter Schleimhautfalten auf. Ein mehrrei-
Schimpanse) vor. higes Flimmerepithel, das deutlich flacher ist als in
der Nasenhöhle, sitzt einer dünnen Basalmembran
• Funktion
auf. Neben wenigen Becherzellen, die sich ins-
Die Funktionen der Nasennebenhöhlen sind nicht besondere im Bereich der Ostien konzentrieren,
eindeutig geklärt. Von den zahlreichen ζ. T. wider- werden vereinzelte GH. nasales beobachtet. Die
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322 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

Cavitas nasi

Abb. 4.108: Links: Schematischer Frontalschnitt durch den rechten Sinus maxillaris. Der Zilienstrom (rote Pfeile)
ist stets auf das natürliche Ostium gerichtet (nach L. Shankar). Rechts: Schematische Darstellung der Regio
respiratoria der Nasenhöhle und der Kieferhöhle. Beachte die Unterschiede in der Dicke der Schleimhaut
(verändert nach D. A. McGowan et al.)

Lamina propria besteht aus lockerem Bindegewebe Der Sinus maxillaris (Klinik: Antrum) ist bereits
und enthält viele elastische Fasern, welche in das bei Neugeborenen ausgebildet und wird dort mit
Periost einstrahlen. Die Epithelzellen sind mit der Größe einer Kaffeebohne verglichen (Länge:
einem Ziliensaum besetzt, dessen Flimmerschlag 10 mm; Breite: 3 mm; Höhe: 4 mm). Der Kie-
Partikel in Richtung der natürlichen Ostien trans- ferhöhlenboden ist zu diesem Zeitpunkt durch
portiert. Knochen und Bindegewebe deutlich von den
Ersatzzahnkeimen getrennt. Mit dem Durchbruch
Klinik: Der durch den Zilienschlag verursachte des 1. Molaren setzt ein intensives Wachstum ein.
Sekretstrom in Richtung Ostien bleibt auch Im Alter von 8 Jahren weist die Kieferhöhle bereits
bei Anlegung künstlicher Öffnungen erhal- eine typische Pyramidenform auf und bei 12-Jähri-
ten. Obgleich eine Punktion der Kieferhöhle gen erreicht die Kieferhöhle nahezu ihre endgültige
über den unteren Nasengang bei einer eitrigen Größe und Form.
Sinusitis den Sekretabfluss fördert, führt eine
Neben der Pneumatisation des Corpus maxillae
operative Erweiterung des Hiatus semilunaris zu
kann der Sinus maxillaris durch verschiedene
einer besseren Belüfung der Kieferhöhle als die
Recessus erweitert sein: Recessus zygomaticus
Schaffung eines künstlichen Ostiums im unteren
(40 %), Recessus alveolaris (ca. 50 %). In einigen
Nasengang.
Fällen wird auch ein Recessus palatinus und ein
Recessus frontalis beobachtet.
Wände des Sinus maxillaris (Abb. 4.109)
4.15.2.1 Kieferhöhle, Sinus maxillaris
Dach. Das dünnwandige Dach der Kieferhöhle
Die Kieferhöhle des Erwachsenen ist mit entspricht dem Boden der Orbita (Facies orbita-
einem Volumen von ca. 12-15 cm' die größte lis maxillae). Es enthält eine Rinne, die sich als
der Nasennebenhöhlen. Die Form der Kiefer- Canalis infraorbitalis bis zur vorderen Wand der
höhle gleicht der einer drei- bzw. vierseitigen Maxiila fortsetzt.
Pyramide. Während die Basis dieser Pyramide
der seitlichen Nasenwand entspricht, weist die Klinik: Druckerhöhungen des Orbitainhaltes,
Spitze in Richtung Os zygomaticum. ζ. B. verursacht durch ein Schlag auf das Auge,

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4.15 Nasenhöhle, Cavitas nasi, und Nasennebenhöhlen, Sinus paranasales 323

Foramen ethmoidale posterius Dach der Orbita

\
Canalis opticus \ Foramen ethmoidale anterius
\
Processus clinoideus anterior \ Lamina orbitalis ossis ethmoidalis
\
(Siebbeinzellen durchscheinend)
\
Processus clinoideus
posterior
— Os lacrimale
Fossa h y p o p h y s i a l
— Fossa sacci lacrimalis

Processus orbitalis
ossis palatini ~ — Boden der Orbita

Fossa pterygopalatina

~ Canalis infraorbitalis
Processus
pterygoideus
^ Hiatus maxillaris
Sinus maxillaris

Schnittrand
Processus pyramidalis der Schleimhaut
ossis palatini

Abb. 4.109: Mediale Wand der Augen- und Kieferhöhle von lateral. Die Siebbeinzellen sind durchscheinend
dargestellt. Beachte die hohe Position des Hiatus maxillaris und die Beziehung der Wurzel des 1. Molaren
zum Boden des Sinus maxillaris

fuhren leicht zum Einbruch des Kieferhöhlen- Klinik: Operativ erreicht man über die hintere
dachs (Blow-out-Fraktur). Ein Einklemmen von Wand der Kieferhöhle das Ganglion pterygopa-
Orbitainhalt in die Frakturspalten hat Motili- latinum und die A. sphenopalatina.
tätsstörungen des Augapfels zur Folge. Bedingt
durch den Verlauf des N. infraorbitalis in der Mediale Wand. Die mediale Wand der Kieferhöhle
Kieferhöhlenwandung fuhren Tumoren häufig liegt der seitlichen Wand der Nasenhöhle an. Über
zu Sensibilitätsstörungen im Versorgungsbe- eine schlitzförmige Öffnung, Hiatus semilunaris,
reich dieses Nerven. mündet die Kieferhöhle in das Infundibulum eth-
moidale und von hier in den mittleren Nasengang.
Boden. Der Boden der Kieferhöhle liegt über dem Zusätzliche Öffnungen zur seitlichen Nasenwand
Processus alveolaris der Maxiila, den er mehr oder sind möglich. Da der Hiatus semilunaris höher
weniger stark pneumatisieren kann. Die Kiefer- liegt als der Boden der Kieferhöhle, kann es bei
höhle hat hier einen engen Kontakt zu den Wurzeln Entzündungen der Schleimhaut (Sinusitis) zu
der Prämolaren und Molaren. Die tiefste Stelle der einem Sekretstau in der Kieferhöhle kommen.
Kieferhöhle liegt in der Regel über dem 1. Molaren.
In einigen Fällen (ca. 2 %) können die Wurzel des
1. oder 2. Molaren den Kieferhöhlenboden perfo-
4.15.2.2 Stirnhöhle, Sinus frontalis
rieren. Extraktionen der Molaren und Prämolaren
(Abb. 4.102)
können eine Vertiefung des Recessus alveolaris
nach sich ziehen.
Das bei Erwachsenen unpaare Os frontale enthält
Vorder- und Seitenwand. Die vordere Wand der die meist asymmetrischen Stirnhöhlen, welche
Kieferhöhle entspricht der Facies anterior der durch ein häufig asymmetrisches Septum getrennt
Maxilla und die hintere Wand dem Tuber maxillae. sind. Der Sinus frontalis ist bei Neugeborenen
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324 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

kaum von Siebbeinzellen zu unterscheiden. Erst im Die Siebbeinzellen breiten sich zwischen der medi-
Alter von 2 Jahren beginnt die Pneumatisation des alen Orbitawand und dem Nasenseptum aus. Sie
Os frontale. Bei 7-8-Jährigen ist die Pneumatisa- stehen in enger Beziehung zur Maxilla und zum
tion noch nicht über den Margo superior der Orbita Os frontale.
hinausgegangen.
Varianten. Bei starker Pneumatisation ist eine
Der Sinus frontalis dehnt sich mehr oder weniger Ausdehnung der Siebbeinzellen in benachbarte
stark in die Squama ossis frontalis aαν. Bei starker Knochen möglich. Somit können im Bereich der
Ausprägung kann sie das Orbitadach pneumatisie- übrigen Nasennebenhöhlen aber auch in der Cavi-
ren. Neben dem oben genannten medianen Septum tas nasi zusätzliche pneumatische Räume ausge-
der Stirnhöhle kommen mitunter zusätzliche Sep- bildet sein. Diese können zu einer Einengung der
tierungen vor. Der Sinus frontalis mündet in der Nasengänge führen.
Regel über einen Recessus in das Infundibulum
Die größte der vorderen Siebbeinzellen ist die
ethmoidale und von hier in den mittleren Nasen-
Bulla ethmoidalis. Sie engt zusammen mit dem
gang. Die Mündung über einen separaten Ausfuh-
Processus uncinatus des Siebbeins das Ostium
rungsgang in den Meatus nasi medius ist möglich.
maxillae zum Hiatus semilunaris ein. Die vorde-
Varianten. Die Form der Stirnhöhle ist außeror- ren Siebbeinzellen münden in das Infundibulum
dentlich variabel. Auf Grund von Röntgenunter- ethmoidale. Die mittleren Siebbeinzellen münden
suchungen im occipito-frontalen Strahlengang direkt in den mittleren Nasengang und die hinteren
unterscheidet Szilvassy (1982) bei Europäern Siebbeinzellen in den Meatus nasi superior.
4 Formtypen: Bohnenform (Männer 2,72 %;
Frauen 3,86%), Blattform (24,51%; 18,45%), Klinik: 1. Besonders häufig auftretende zusätz-
Mitralform (44,36%; 44,64%), Pyramidenform liche pneumatische Räume werden in der Klinik
(28,41 %; 33,04%). Die Formvariabilität spiegelt mit Eigennamen belegt. In 12 % werden Onodi-
sich auch in der Größe der Stirnhöhle wieder, die Zellen beobachtet. Diese posterior-superior auf-
zwischen 0,05 cm 3 und 7,78 cm 3 schwankt. Hypo- tretenden Siebbeinzellen penetrieren den Raum
plasien und Aplasien sind nicht selten. zwischen Canalis opticus und lateraler Wand
des Sinus sphenoidalis. Haller-Zellen treten zu
4 % in Erscheinung. Hierbei handelt es sich um
4.15.2.3 Siebbeinzellen, Cellulae ethmoi- eine Erweiterung des Meatus nasi medius in
d a l s (Abb. 4.103) den Orbitaboden. 2. Bedingt durch die ζ. T. nur
papierdünne Lamina orbitalis des Os ethmoidale
Das Siebbein, Os ethmoidale, enthält ein Labyrinth kommt es bei Entzündungen der Siebbeinzellen
von bis zu 16 Siebbeinzellen. Die Siebbeinzellen und bei Tumoren relativ rasch zu einem Über-
werden daher auch unter dem Begriff Siebbein- greifen auf die Orbita.
labyrinth, Labyrinthus ethmoidale, zusammenge-
faßt. Nach der Nomina anatomica werden sie in
3 Gruppen von Zellen eingeteilt: Cellulae ethmoi- 4.15.2.4 Keilbeinhöhle, Sinus sphenoidalis
dals anteriores, Cellulae ethmoidales mediae und (Abb. 4.102)
Cellulae ethmoidales posteriores. In der Klinik
wird häufig einfach von vorderen und hinteren Die Keilbeinhöhle ist bereits bei 4-Jährigen im
Siebbeinzellen gesprochen. Siebbeinzellen sind Röntgenbild erkennbar. Die Pneumatisation des
nicht immer vollständig von Knochen umgeben. Keilbeinkörpers beginnt allerdings erst im Alter
Derartige Siebbeinzellen werden in der Klinik auch von 6 Jahren. Sie schreitet nach dorsal fort und
als extramurale Siebbeinzellen bezeichnet. erreicht das Gebiet der Fossa hypophysealis im
Alter von ca. 8 Jahren.
Siebbeinzellen sind bereits bei Neugeborenen
bzw. bei 6 Monate alten Kindern im Röntgen- Beim Erwachsenen pneumatisiert der Sinus sphe-
bild erkennbar. Im Alter von 12 Jahren haben die noidalis den Keilbeinkörper. Ein medianes Kno-
Siebbeinzellen weitgehend ihre endgültige Größe chenseptum, das häufig Perforationen aufweist,
erreicht. Die Gesamtgröße der Siebbeinzellen einer teilt die Keilbeinhöhle in zwei Räume. Zusätzliche
Seite schwankt zwischen 0,73 cm 3 und 9,32 cm 3 . Knochensepten können die Keilbeinhöhle weiter
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4.16 Kehlkopf, Larynx 325

unterteilen. Die Keilbeinhöhle variiert erheblich in Venen. Der venöse Fluß erfolgt meist parallel zu
Form und Größe. Das Volumen einer Keilbeinhöhle den Arterien. Praktisch bedeutsam sind die Vv. eth-
beträgt 0,27 cm3 bis 11,31 cm3. Bei starker Pneu- moidales, die eine Ausbreitung von Entzündungen
matisierung kann sich die Keilbeinhöhle bis in die in die Orbita oder die Fossa cranii anterior ermög-
Keilbeinflügel sowie den Processus pterygoideus lichen. Obgleich die Venen in den Schleimhäuten
ausdehnen. Das Ostium der Keilbeinhöhle liegt der Nasennebenhöhlen keine Schwellkörper wie in
zumeist im oberen Teil und fuhrt zum spaltförmi- der Nasenschleimhaut bilden, ist der Venenreich-
gen Recessus sphenoethmoidal is. tum hier bemerkenswert. Die Blutdurchflussrate
entspricht der der Nasenhöhle.
Klinik: Die engen Nachbarschaftsbeziehungen
zwischen Keilbeinhöhle, Clivus, Sinus caver- Klinik: Bei einer akuten bakteriellen Infektion
nosus sowie der Hypohyse erklären, warum des Sinus maxillaris kommt es als Sofortreak-
sich Entzündungen oder Tumoren einer der tion zu einem signifikanten Anstieg der Durch-
genannten Strukturen auf die Nachbarstrukturen blutungsrate. Die damit verbundene Sauerstoff-
auswirken können. Klinisch bedeutsam ist, dass sättigung des Blutes dient der Förderung der
die Hypophyse transnasal über den Sinus sphe- Zilienaktivität der Nebenhöhlenschleimhaut.
noidal erreicht werden kann.
Lymphgefäße. Der Lymphabfluss aus den Nasen-
• Gefäße und Nerven nebenhöhlen erfolgt entweder parallel mit den
Blugefaßen in Richtung Nasenhöhle bzw. über den
Arterien
Knochen zu Lymphbahnen im Gesichtsbereich.
D> Die arterielle Versorgung des Sinus maxillaris
Nerven
erfolgt über Äste der A. sphenopalatina und der
A. infraorbitalis. D> Die Siebbeinzellen werden überwiegend von
[> An der Versorgung des Sinus frontalis beteili- den Rr. nasales posteriores superiores laterales
gen sich die A. supraorbitalis sowie die A. su- et mediales (N. maxillaris) versorgt. Zusätzlich
pratrochlearis. treten zu den hinteren Siebbeinzellen sowie zum
> Zweige der Aa. ethmoidales sowie der Aa. nasa- Sinus sphenoidalis die Rr. orbitales (N. maxilla-
les posteriores laterales treten zu den Siebbein- ris) sowie Äste des N. ethmoidalis posterior.
zellen. \> Kiefer- und Stirnhöhle werden sensibel über
> Der Sinus sphenoidalis wird von verschiedenen Nervenäste in der lateralen Wand der Nasen-
Arterien in der Umgebung versorgt wie der höhle innerviert. Neben den Rr. nasales poste-
A. sphenopalatina und A. hypophysialis infe- riores superiores laterales et mediales können
rior. sich auch Zweige der Nn. alveolares superiores
an der Innervation der Kieferhöhlenschleimhaut
beteiligen.

4.16 Kehlkopf, Larynx


er sich im Alter etwas nach unten verschiebt. Beim
Lernziele: Kehlkopfknorpel, Bänder, Muskeln,
Schlucken bewegt er sich auf- und abwärts. Die
Etagengliederung, Gefäße, Lymphabfluss,
Prominentia laryngea ist gut zu tasten und springt
Nerven
beim Mann als „Adamsapfel" hervor.
• Lage • Embryologie
Der Kehlkopf liegt unterhalb des Zungenbeines in Der Kehlkopf ist ein Derivat der Schlundbögen. Er
der Regio laryngea, die ein Teil der Regio cervicalis entwickelt sich aus Entoderm und Mesoderm des
anterior darstellt. In Ruhestellung projiziert er sich l a r y n g o t r a c h e a l Schlauchs des 4. bis 6. Schlund-
beim Erwachsenen in Höhe des 5. und 6. Halswir- bogens. Unter starker Proliferation des Mesen-
belkörpers. In der Jugend liegt er höher, während chyme bilden sich die paarigen Arywülste, vor die
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326 4 Kopf, Cranium, u n d Hals, Collum

sich der Epiglottiswulst (aus 3. und 4. Schlundbo- Cartilago epiglottica


gen) legt.
Cartilago
• Funktion cuneiformis
\
• Hauptaufgaben des Kehlkopfes sind der Ver- V . _ _ C a r t i l a g o triticea
schluss der tiefen Luftwege und die Stimmbil- Petiolus^
dung (Phonation). Im Rachen kreuzt der Speise- epsglottidis" * ^ Cornu superius
weg den Luftweg. Somit erfolgt eine Weichen-
stellung für die Nahrung in den Oesophagus und
|| Cartilago thyroidea
die Luft in die Trachea.
• Beim Schlucken wird der Luftweg durch den
Kehldeckel verschlossen, und die Nahrung λ
Incisura / vlv .·- Linea obliqua
gelangt durch die Schluckrinnen (Recessus thyroidea
superior Cartilagines
piriformes) in den Oesophagus. Der Luftweg corniculatae
fuhrt über die Stimmritze (Rima glottidis), die
geschlossen oder verschieden weit geöffnet Cornu inferius •
l
.I
, fej Cartilago
werden kann. •'''arytaenoidea
Λ '" ' I ..Λϊ\
• Eine geschlossene Stimmritze verschließt den Facies articularis / äPBr.
Proc. vocalis
Luftweg und dient zur Steigerung des intraabdo- arytaenoideae *
Proc. muscularis
minellen Druckes (Bauchpresse). Lamina cartilaginis
I S cricoideae
• Die geöffnete Stimmritze ermöglicht die
Atmung. Arcus "——— Cartilago
cartilaginis '* cricoidea
• Die Stimmbildung erfolgt dadurch, dass die an cricoideae 5*' -· Facies articularis thyroidea
den Stimmbändern vorbeistreichende Luft in
Schwingung versetzt wird. Dabei können die Abb. 4.110: Kehlkopfknorpel (nach Gray's Anatomy)
Spannung und die Dicke der Stimmbänder durch
Muskeln reguliert werden, so dass verschiedene einem wechselnd großen Winkel zusammen-
Töne entstehen. stoßen und nach hinten auseinanderweichen.
Der obere tiefe Einschnitt wird als Incisura
thyroidea superior und die untere nur schwach
4.16.1 Kehlkopfskelett ausgebildete Kerbe als Incisura thyroidea infe-
rior bezeichnet. Der hintere Rand der Platten
Das Skelett des Kehlkopfes besteht aus mehre- läuft nach oben in das lange Cornu superius
ren Knorpeln (Cartilagines laryngeales), die mit- und der untere in das kürzere Cornu inferius
einander ζ. T. gelenkig verbunden sind. Dadurch aus. Beide Unterhörner bilden mit dem Ring-
können geringfügige Dreh- und Kippbewegun- knorpel ein Gelenk (Articulatio cricothyroidea).
gen durchgeführt werden. Diese resultieren u. a. Eine schräge Linie (Linea obliqua) auf dem
in der Verengung oder Erweiterung der Stimm- hinteren Teil der Platten endet oben bzw. unten
ritze (Rima glottidis). mit einer reliefartigen Verstärkung, dem Tuber-
culum thyroideum superius bzw. inferius. An
Man unterscheidet Schildknorpel (Cartilago der Linea obliqua setzt der M. sternothyroideus
thyroidea), Ringknorpel (Cartilago cricoidea), an, entspringen der M. thyrohyoideus und der
Stellknorpel (Cartilago arytaenoidea, paarig), M. constrictor pharyngis inferior. Gelegentlich
Kehldeckelknorpel (Cartilago epiglottica) und wei- ist seitlich des Tuberculum superius ein kleines
tere unbedeutende Knorpel: Weizenkornknorpel Loch (Foramen thyroideum) vorhanden, durch
(Cartilago triticea, paarig), Keilknorpel (Cartilago das die A. und V. laryngea superior durchtreten
cuneiformis, paarig), Spitzenknorpel (Cartilago kann. In der Embryonalzeit ist das Foramen
corniculata, paarig) und Sesamknorpel (Cartilagi- immer vorhanden, da es die Nahtstelle zwischen
nes sesamoideae, inkonstant) (Abb. 4.110). dem 4. und 5. Schlundbogen darstellt.

• Cartilago thyroidea. Aus 2 nahezu rechtecki- • Cartilago cricoidea. Ähnelt einem Siegelring,
gen Platten (Laminae) bestehend, die vorn unter dessen Platte (Lamina cartilaginis cricoideae)
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4.16 Kehlkopf, Larynx 327

nach dorsal und dessen Bogen (Arcus cartila- kann beim Schluckakt den Kehlkopfeingang
ginis cricoideae) nach ventral gerichtet ist. Nur verschließen.
der untere Rand liegt horizontal, er ist nahezu • Cartilago triticea (Weizenkomknorpel). Klei-
kreisförmig und mit der Trachea verbunden. nes Knorpelstückchen im Lig. thyrohyoideum;
Am Ring finden sich an jeder Seite lateral wird als Abschnürung des Cornu majus aufge-
Ursprungsstellen für den M. cricothyroideus und fasst.
M. constrictor pharyngis inferior und 1 Gelenk- • Cartilago cuneiformis (Keilknorpel). Gene-
fläche, Facies articularis thyroidea. Sie dient für tisch von der Epiglottis abzuleiten, ist länglich
die gelenkige Verbindung mit dem Schildknor- und liegt in der Plica aryepiglottica. Beim Kehl-
pel. Seitlich an der Oberkante der Lamina befin- kopfspiegeln ist der Keilknorpel als Tuberculum
det sich die ovale Facies articularis arytaenoidea cuneiforme sichtbar.
für die Artikulation mit einem Stellknorpel. An • Cartilagines sesamoideae (Sesamknorpel)
der Dorsalfläche der Lamina dienen 2 seitliche können in verschiedener Zahl im vorderen Teil
Gruben den Mm. cricoarytaenoidei posteriores des Stimmbandes und in der Umgebung des
als Ursprung. Von einer senkrecht verlaufenden Stellknorpels vorkommen.
Leiste in der Mitte der Lamina entspringt eine Schildknorpel, Ringknorpel und Stellknorpel
Sehne, die die Fasciculi der oesophagealen bestehen aus hyalinem, Kehldeckelknorpel,
Längsmuskulatur (Lamina muscularis externa) Spitzenknorpel und übrige Knorpelstückchen
fixiert. aus elastischem Knorpel. Ab dem 18. Lebens-
• Cartilago arytaenoidea. Pyramidenförmiger jahr beginnt die Verkalkung der Knorpel, die
Knorpel, dessen Basis (Basis cartilaginis arytae- individuell unterschiedlich stark ist.
noideae) ventral zum spitzen Processus vocalis
für den Ansatz des Stimmbandes ausgezogen ist Klinik: Schildknorpelbruch: Durch Gewalt-
und nach lateral den stumpfen Processus muscu- einwirkung oder Unfälle verursacht. Heftige
laris für den Ansatz der Mm. cricoarytaenoideus Schluckbeschwerden sind die Folge, da der
posterior und lateralis bildet. Die Basis artiku- M. constrictor pharyngis inferior seinen festen
liert auf dem oberen Rand der Ringknorpelplatte Halt verloren hat, außerdem können lebensbe-
am Übergang zum Ring (Facies articularis). Die drohliche Blutungen auftreten.
bogenförmige Crista arcuata teilt die Facies
anterolateralis in eine untere Fovea oblonga (für
den M. thyroarytaenoideus), die mittlere Fovea
triangularis und die nach hinten abgebogene 4.16.2 Kehlkopfbänder
Spitze (Apex cartilaginis arytaenoideae).
• Cartilago corniculata (Spitzenknorpel; Santo- Innere Kehlkopfbänder verbinden Teile des Kehl-
rini). Kleines Knorpelstückchen das dem Apex kopfskeletts miteinander. Über äußere Kehlkopf-
cartilaginis arytaenoideae aufsitzt. Es ist mit ihm bänder wird der Kehlkopf zwischen Zungenbein
durch eine Syndesmose verbunden. Es wirft in und Luftröhre aufgehängt (Abb. 4.111,4.112).
der Plica aryepiglottica das Tuberculum comi-
culatum auf (sichtbar bei Kehlkopfspiegelung)
Äußere Kehlkopfbänder
• Cartilago epiglottica. Blattförmiger Knorpel,
mit nach kaudal gerichtetem Stiel (Petiolus epi- • Membrana thyrohyoidea. Viereckige Memb-
glottidis), der durch das Lig. thyroepiglotticum ran, die den Oberrand des Schildknorpels mit
an der Rückfläche des Schildknorpels befestigt dem Zungenbein verbindet und die Durchtritt-
ist. Die Unterfläche des Kehldeckels zeigt viele stellen für den R. internus des N. laryngeus
kleine Grübchen (Foveolae) für Schleimhaut- superior und die gleichnamige Arterie und Vene
drüsen. An der rückseitigen Schleimhaut wirft aufweist
der Petiolus ein kleines Höckerchen auf (Tuber- • Lig. thyrohyoideum medianum. Mediane
culum epiglotticum). Vom seitlichen Kehlde- Verstärkung der Membrana thyrohyoidea mit
ckelrand ziehen Schleimhautfalten (Plicae ary- zahlreichen elastischen Fasern.
epiglotticae) zu den Stellknorpeln. Der dorsale • Ligg. thyrohyoidea lateralia. Seitliche Verstär-
Teil des Kehldeckels ist frei beweglich und kungen der Membrana thyroidea, die elastische

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328 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

-Cartilago epiglottica
Cornu minus - .
Os hyoideum
Cornu majus -

_ Loch für R. int.


Cartilago triticea -
N. laryngei sup.

— Membrana thyrohyoidea
Cornu superius.

— Petiolus epiglottidis

Cartilago arytaenoidea — __ • Cartilago corniculata

Lig. thyroepiglotticum
Lig. cricoarytaenoideum - _

Cornu inferius -

Lamina cartilaginis Ligg. cricothyroidea


cricoideae

- Lig. cricotracheale

Membrana
quadrangularis

Cartilago thyroidea -

Lig. vestibuläre _

Abb. 4.111: Kehlkopfskelett und Bänder, Dorsalansicht


Ventriculus laryngis

Fasern enthalten und vom Cornu superius zum Rima glottidis

großen Zungenbeinhorn ziehen.


Processus vocalis
• Lig. cricotracheale. Verbindung zwischen dem
Unterrand des Ringknorpels und der ersten Lig. vocale

Knorpelspange der Trachea. Conus elasticus

Cartilago cricoidea

Innere Kehlkopfbänder
• Membrana fibroelastica laryngis. Teil der
Lamina propria, der aus dichten elastischen
Fasernetzen besteht. Die Membrana fibroelas-
tica laryngis ist in den 3 Etagen des Larynx Abb. 4.112: Bänder des Kehlkopfes. Rechtes Lig.
vocale und Conus elasticus sind von rechts her durch
unterschiedlich stark ausgebildet.
Wegnahme der Schildknorpelplatte und der Muskeln
• Conus elasticus. In der Schleimhaut der Cavitas dargestellt
infraglottica liegender Teil der Membrana fibro-
elastica laryngis. Er hat die Form eines kurzen • Lig. vocale. Zieht von der Spitze des Proc. voca-
Rohres, das mit rundem Lumen am Oberrand lis des Stellknorpels zur Innenseite des Schild-
des Ringknorpels beginnt und sich nach oben knorpelbugs und ist als oberer freier, verdickter
verjüngt. Er endet mit verdickten Rändern Rand des Conus elasticus aufzufassen. Beide
(Stimmbänder) als schlitzförmiger, sagittal Stimmbänder bzw. die von ihnen aufgeworfenen
gerichteter Spalt unter der Schleimhaut der Falten, Plicae vocales, begrenzen die Pars inter-
Plicae vocales. Der Conus elasticus umschließt membranacea der Stimmritze (Rima glottidis),
den subglottischen Raum (Cavitas infraglottica), zu der außerdem die Spalte zwischen den beiden
dessen Form von der Stellung der Stimmbänder Aryknorpeln gerechnet wird (Pars intercartila-
abhängt. ginea). Bei geschlossener Stimmritze gleichen
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4.16 Kehlkopf, Larynx 329

die Stimmbänder zusammen mit dem Conus Innenseite des Schildknorpelbugs. Die Gelenk-
elasticus dem Mundstück einer Klarinette, bei kapsel wird vorn, hinten und besonders unten
maximaler Öffnung dagegen nahezu einem durch Bänder verstärkt.
zylindrischen Rohr. • Articulatio cricoarytaenoidea. Gelenk zwi-
• Lig. cricothyroideum (Lig. conicum). Ventra- schen Ringknorpel und Stellknorpel. Da die
ler, derber tastbarer Faserzug des Conus elasti- Gelenkkapsel sehr schlaff ist, können die Stell-
cus in der Medianebene zwischen Oberrand des knorpel um die Längsachse gedreht, einander
Ringknorpels und Unterrand des Schildknor- genähert, voneinander entfernt und nach vorne/
pels. hinten gekippt werden. Diese Bewegungen
regeln die Stellung der Stimmbänder sowie die
Klinik: Bei lebensbedrohlichen Verschluss der Form und Größe der Stimmritze.
Stimmritze (ζ. B. bei Glottisödem nach Insek-
tenstichen) kann ein Einschnitt dieses Bandes
(Koniotomie) den Luftweg künstlich eröffnen.
4.16.4 Kehlkopfmuskeln,
Musculi laryngis
• Membrana quadrangularis. Schwach ausge-
Entsprechend der Lage und der Entwicklung exis-
bildeter Teil der Membrana fibroelastica laryn-
tieren ein äußerer und innere Kehlkopfmuskeln.
gis der Schleimhaut des Vestibulum laryngis.
• Lig. vestibuläre, Taschenband. Unterer freier,
bandartiger Rand der Membrana quadrangularis, Äußerer Kehlkopfmuskel (Abb. 4.113)
in der Plica vestibularis liegend. Befestigt ist das
1. M. cricothyroideus („Anticus")
Band an der Hinterseite des Schildknorpelbugs
und an der a n t e r o l a t e r a l Seite des Stellknor- O.: vorn neben der Mittellinie vom Bogen des
pels oberhalb des Stimmbandansatzes (Fovea Ringknorpels.
triangularis). /.: am Unterrand des Schildknorpels (steil nach
• Lig. cricoarytaenoideum. Elastisches Band, oben ziehend, Pars recta) und am Vorderrand
das von der Ringknorpelplatte an den Stellknor- des Cornu inferius (schräg verlaufende Faser-
pel zieht. Es ist ein wichtiges Verstärkungs- und züge, Pars obliqua) des Schildknorpels.
Führungsband des Stellknorpel-Ringknorpelge- L.: R. externus des N. laryngeus sup., A./V. laryn-
lenkes. gea sup.
• Lig. cricopharyngeum. Von den Cartilagines F.: bei Kontraktion des Anticus nähert sich ventral
corniculatae zur Rückseite der Ringknorpel- der Schildknorpel dem Ring des Ringknorpels
platte und in das Bindegewebe der dahinterlie- (nach einigen Autoren auch umgekehrt: der
genden Rachenschleimhaut ziehend. Ring des Ringknorpels dem Schildknorpel).
• Lig. thyroepiglotticum. Heftet den Kehldeckel- Dorsal dagegen entfernt sich die Lamina des
stiel an die Innenseite des Schildknorpelbugs. Ringknorpels vom Schildknorpel. Dadurch
• Lig. hyoepiglotticum. Band zwischen Zungen- wird der Abstand zwischen den Procc. voca-
bein und Kehldeckel. les und dem Schildknorpelbug vergrößert. Da
während der Phonation die Lamina des Ring-
knorpels durch Kontraktion des M. cricopha-
4.16.3 Kehlkopfgelenke ryngeus fixiert wird, ist auch eine Bewegung
des Schildknorpels nach ventral möglich.
Über die Gelenkbewegungen kann der Abstand der Beide Möglichkeiten dienen der Spannung des
Procc. vocales zum Schildknorpel oder der Abstand Stimmbandes.
beider Stellknorpel und deren Procc. vocales zuein-
ander reguliert werden.
Innere Kehlkopfmuskeln (Abb. 4.113, 115)
• Articulatio cricothyroidea. Gelenk zwischen
2. M. cricoarytaenoideus posterior („Posticus")
Schild- und Ringknorpel. Hier erfolgt eine
Kippbewegung des Schildknorpels um eine Ο.: an der Rückfläche der Ringknorpelplatte.
quere Achse und somit eine Veränderung des /.: am auf- und lateralwärts gelegenen Proc. mus-
Abstandes zwischen den Procc. vocales und der cularis des Stellknorpels.
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330 4 Kopf, Cranium, u n d Hals, Collum

Epiglottis

Abb. 4.113: Darstellung der Kehlkopfmuskeln, Ansicht von rechts dorsolateral; die rechte Schildknorpelplatte u n d
der rechte M. cricothyroideus sind ζ. T. entfernt. Der Umriss der Cartilago thyroidea ist s c h w a r z eingezeichnet

L.: N. Iaryngeus recurrens, A./V. laryngea supe- L.: N. Iaryngeus recurrens, A.V. laryngea sup.
rior. F.: Die Stärke dieses Muskels schwankt erheblich.
F.: Durch Kontraktion werden die Procc. muscu- Z u s a m m e n mit M. arytaenoideus transversus
lares nach hinten und unten gezogen. Durch am Schluss der Stimmritze beteiligt (s. u.).
den Posticus kann die Stimmritze vollständig Einige Faserzüge des M. arytaenoideus obli-
geöffnet werden. quus, Pars aryepiglottica m. arytaenoidei,
strahlen zur Epiglottis aus und bilden die mus-
Klinik: Beidseitiger Ausfall des M. cricoarytae- kuläre Grundlage der Plica aryepiglottica. Sie
noideus posterior führt zu schwerer Atemnot wirken beim Verschluss des Kehlkopfeingan-
und kann zum Ersticken führen ges durch den Kehldeckel mit.

5. IY1. arytaenoideus transversus (unpaar)


3. M. cricoarytaenoideus lateralis („Lateralis")
0 . : an der Stellknorpelhinterfläche.
O.: am Oberrand des seitlichen Teils des Ring-
1.: ebenfalls an der Stellknorpelhinterfläche des
knorpelbogens.
gegenseitigen Stellknorpels.
/.: am Proc. muscularis des Stellknorpels.
L.: N. Iaryngeus recurrens, A./V. laryngea sup.
L.: N. Iaryngeus recurrens, A./V. laryngea sup.
F.: Synergistische Wirkung mit dem oberflächlich
F.: Er schließt die Pars intermembranacea der
liegenden M. arytaenoideus obliquus beim
Stimmritze, während die Pars intercartilagi-
Nähern der beiden Stellknorpel und somit
nea offen bleibt/geöffnet wird. Stellung der
Verschluss der Stimmritze. Beide sind Gegen-
Stimmritze bei Flüstersprache.
spieler zu allen übrigen Stellmuskeln.
4. M. arytaenoideus obliquus

O.: in der Nähe des Proc. muscularis.


/..· an der Spitze des gegenseitigen Stellknorpels.
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4.16 Kehlkopf, Larynx 331

/ 2 X Epiglottis

J S; """ Coinu majus ossis hyodei


Corpus adiposum _ W, .V / Z*bw
praeepiglotticum r ~ " ·' /
. Comu superius cartilaginis
thyroideae

"" Plica aryepiglottica

Plica vestibularis
f-ita /sX
Ventriculus laryngis · i § .
" Μ arytaenoideus transversus

f f
lig vocale · \
·· vi mm
Mm
A
M . cricothyroideus -
' M . vocalis

Arcus cartilaginis cricoideae-


" Μ cricoarytaenoideus lateralis

j j slamina cartilaginis cricoideae

ι
iI
Cartilagines tracheales •
Ί{ Ϊ

Abb. 4.114: Innenansicht des Kehlkopfes. Lig. vocale,


M. vocalis, M. cricoarytaenoideus lateralis und M. cri-
cothyroideus sind freipräpariert; Paramedianschnitt

6. M . t h y r o a r y t a e n o i d e u s F.: Der Muskel liegt unter der Plica vocalis und


kann als medialer Teil des M. thyroarytaeno-
O.: an der Innenfläche des Schildknorpels lateral
ideus angesehen werden, der a u f dem Conus
vom M. vocalis.
elasticus liegt. Seine medialen Fasern strahlen
/.: an der Vorder-Seitenfläche des Stellknorpels
in das Stimmband ein. Der M. vocalis kann die
(Fovea oblonga).
Spannung der Stimmbänder regulieren.
L.: N. laryngeus recurrens, A./V. laryngea sup.
F.: Der Muskel ist individuell verschieden dif- • W i r k u n g der Kehlkopfmuskeln/Stimmbil-
ferenziert. Nach hinten geht er ζ. T. in den dung (Abb. 4 . 1 1 5 ) Aufgrund ihrer Funktion
M. arytaenoideus transversus über, außerdem werden die Kehlkopfmuskeln in Spann- und
können einzelne Fasern als P a r s thyroepi- Stellmuskeln eingeteilt. Spannmuskeln sind der
glottica ( M . thyroepiglotticus) die Epiglottis M. cricothyroideus und der M. vocalis, die die
erreichen. Die beidseitigen M m . thyroarytae- Spannung des Stimmbandes regulieren. Stell-
noidei umgreifen den oberen Teil des Conus muskeln sind alle übrigen. Sie sind in Öffner
elasticus wie ein Sphincter und helfen bei der und Schließer der Stimmritze unterschieden.
Phonation die Stimmritze zu schließen.
1. Öffner d e r Stimmritze. Eine komplette Öffnung
7. M . vocalis der Stimmritze bewirkt der M. cricoarytaenoideus
posterior. Durch Zug an den Proc. musculares wird
O.: von der Rückfläche des Schildknorpelbugs.
der Stellknorpel a u f der Ringknorpelplatte um die
/.: am Proc. vocalis des Stellknorpels.
vertikale Achse nach außen gedreht und etwas seit-
L.: N. laryngeus recurrens, A./V. laryngea sup.
wärts gekippt. Die Procc. vocales werden mit den
anheftenden Stimmbändern voneinander entfernt
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332 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

Abb. 4.115: Verschiedene Stellungen der Stimmritze (a-d), Wirkung der Stellmuskeln auf die Weite der Stimm-
ritze (E-G) und Wirkung der Spannmuskeln auf die Spannung der Stimmbänder (h, i). Stellung der Stimmritze
bei ruhiger Atmung (a), bei forcierter Atmung (b), bei Flüstersprache (c) und in Phonationsstellung (d). e: die
Procc. musculares werden durch Kontraktion des Posticus nach hinten und die Stellknorpel zur Seite gezogen.
Die Stimmritze ist maximal geöffnet. F: Wirkung von Lateralis und M. thyroarytaenoideus. Die Procc. musculares
werden nach vorn gezogen, die Stellknorpel zur Seite; Stimmritzenöffnung wie bei a. g: Wirkung der Mm. aryta-
enoidei: die Stellknorpel werden zur Medianebene gezogen; Schluss der Stimmritze, h; Durch Kontraktion des
M. cricothyroideus wird der Ring des Ringknorpels der Schildknorpelplatte genähert und gleichzeitig die Platte
mit den Stellknorpeln nach dorsal bewegt, wodurch eine Spannung der Stimmbänder erreicht wird, g: Eine Ent-
spannung der Stimmbänder ist auch durch Ventralbewegung der Stellknorpel (durch die Mm. thyroarytaenoidei)
möglich

und angehoben somit die Stimmritze erweitert.


4.16.5 Kehlkopfhöhle, Cavitas laryngis
Der M. cricoarytaenoideus lateralis und der M. thy-
roarytaenoideus können die Pars intercartilaginea
(Abb. 4.116)
öffnen, in dem sie die Stellknorpel um die vertikale
• Einteilung in 3 Stockwerke
Achse nach innen und damit die Spitzen der Procc.
vocales zur Mitte drehen. Die Pars intercartilaginea Die Form des Kehlkopfbinnenraumes wird wesent-
bildet eine dreieckige Öffnung, wie sie auch bei lich von der unter dem Epithel gelegenen Mem-
Flüstersprache vorkommt. brana fibroelastica laryngis bestimmt
2. Schließer der Stimmritze. Die Pars intermem- 1. Oberes Stockwerk, Cavitas laryngis superior
branacea wird vom M. cricoarytaenoideus lateralis (Vestibulum laryngis). Vom Kehlkopfeingang,
und vom M. thyroarytaenoideus durch Annäherung Aditus laryngis (zwischen Kehldeckel, Plicae
der Proc. vocales geschlossen. Durch Kontraktion aryepiglotticae und Plica interarytaenoidea) bis
der Mm. arytaenoideae (transversus und obliquus) zu den Plicae vestibuläres, d. h. den Taschenfalten
wird die Stimmritze vollständig geschlossen. reichend. Die Taschenfalte entsteht durch das Lig.
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4.16 Kehlkopf, Larynx 333

Tabelle 4.3: Muskeln des Kehlkopfes

Muskel Ursprung Ansatz Funktion

Äußerer Kehlkopfmuskel (Innervation: R. externus des N. laryngeus superior)


Μ. cricothyroideus vorn vom Bogen des am Unterrand (Pars Ventrale Annäherung von Schild- und
(„Anticus"); Pars Ringknorpels recta) und Vorderrand Ringknorpel; bei Kontraktion Spannung
recta, Pars obliqua des Cornu inferius der Stimmbänder
(Pars obliqua) des
Schildknorpels

Innere Kehlkopfmuskeln (Innervation. N. laryngeus recurrens)


M. cricoarytae- von Hinterfläche der am Proc. muscularis Ziehen der Proc. musculares nach
noideus posterior Ringknorpelplatte des Stellknorpels hinten und unten, dadurch vollständige
(„Posticus") Öffnung der Stimmritze und Anspan-
nung der Stimmbänder
Μ. cricoarytae- am Oberrand des am Proc. muscularis Verschluss der Pars intermembranacea
noideus lateralis seitlichen Ringknorpel- des Stellknorpels der Stimmritze; die Pars intercartilagi-
(„Lateralis") bogens nea bleibt geöffnet, Entspannung der
Stimmbänder
M. arytaenoideus in der Nähe des Proc. an der Spitze des Zusammen mit M. arytaenoideus trans-
obliquus muscularis kontralateralen Stell- versus Verschluß der Stimmritze
knorpels

M. arytaenoideus Stellknorpelhinterfläche Hinterfläche des kon- Synergistische Wirkung mit M. arytae-


transversus tralateralen Stellknor- noideus obliquus beim Nähern der
pels beiden Stellknorpel. Gegenspieler zu
allen übrigen Stellmuskeln
M. thyroarytae- an der Innenfläche des an der Vorder-Seiten- Unterstützung des M. cricoarytaenoi-
noideus Schildknorpels lateral fläche (Fovea oblonga) deus lateralis
vom M. vocalis des Stellknorpels.

Pars thyroepiglottica an vorderer Innenfläche an Epiglottis und Mem- Erweiterung des Aditus laryngis
des M. thyroarytae- des Schildknorpels brana quadrangularis
noideus
M. vocalis Rückfläche des Schild- Proc. vocalis des Stell- Verschluss der Stimmritze bei Phona-
knorpelbugs knorpels. tion; Feinregulation der Stimmband-
spannung
Pars aryepiglottica Faserzüge aus dem M. Seitenrand der Epi- muskuläre Grundlage der Plica aryepi-
m. arytaenoidei (M. arytaenoideus obliquus glottis und Membrana glottica. Verengung des Aditus laryngis
aryepiglotticus) quadrangularis

vestibuläre. Der zwischen beiden Taschenfalten kranialwärts zu Blindsäcken, Sacculi laryngis


vorhandene Spalt ist die Rima vestibuli (Abb. (Appendices ventriculi laryngis) ausgebuchtet. In
4.116). seltenen Fällen durchbohren sie beim Menschen
die Membrana thyrohyoidea und erscheinen unter
2. Mittleres Stockwerk, Cavitas laryngis interme-
der Haut des Halses. Bei manchen Affen erreichen
dia. Dieser Raum wird oben von den Plicae vesti-
sie eine gewaltige Ausdehnung und reichen als
buläres und unten von den Plicae vocales begrenzt.
„Brüllsäcke" bis zu den Schlüsselbeinen. Ob sie
Die Rima glottidis ist ein sagittaler Spalt zwischen
als Resonatoren dienen, ist nicht eindeutig geklärt
den Plicae vocales und den Stellknorpeln. Sie lässt
(Abb. 4.116).
sich somit in die Pars intermembranacea (zwischen
den Stimmfalten) und die Pars intercartilaginea 3. Unteres Stockwerk, Cavitas laryngis inferior
(zwischen den Stellknorpeln) unterteilen. Als Glot- (Cavitas infraglottica). Sie liegt unterhalb der
tis bezeichnet man den aus beiden Plicae vocales Stimmritze, ist konisch und geht am Unterrand des
bestehenden, stimmbildenden Teil des Kehlkopfes. Ringknorpels ohne sichtbare Grenze in die Luft-
Vom mittleren Stockwerk gehen seitliche Ausbuch- röhre über (Abb. 4.116).
tungen, Ventriculi laryngis ab. Sie sind gelegentlich
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334 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

Epiglottis

Os hyoideum

Membrana thyrohyoidea

Recessus piriformis ___ • Plica aryepiglottica > Cavitas laryngis superior

Plica vestibularis - Cartilago thyroidea

• M. thyrohyoideus
Ventriculus laryngis · — _
} Cavitas laryngis intermedia

M . thyroarytaenoideus

M. vocalis Cavitas laryngis inferior

M . cricothyroideus

Cartilago cncoidea · " Cavitas laryngis inferior

Trachea
Abb. 4.116: Etagengliederung des Kehl-
kopfes, Frontalschnitt, Dorsalansicht

• Kehlkopfschleimhaut, Tunica mucosa laryngis. Ursache der Rednerheiserkeit. Da die Stimmfalten


Sie besteht aus einer Lamina epithelialis und der drüsenfrei sind, müssen sie durch „Berieselung"
darunter liegenden Lamina propria. Die Lamina von den Taschenfalten und durch die Atemluft
propria heftet die Schleimhaut an das Perichon- feucht gehalten werden. Im Epithel der Epiglottis
drium der Kehlkopfknorpel. kommen ζ. T. Geschmacksknospen vor.
1. Lamina epithelialis. Hier sind regionale Unter- 3. Im Bereich des Vestibulums, der Plica aryepiglot-
schiede vorhanden. An den Stimmfalten, der Innen- tica und der Plica interarytaenoidea ist die Schleim-
flächen der Stellknorpel und an der Dorsalfläche haut durch lockeres Bindegewebe an der Unterlage
der Epiglottis ist ein geschichtetes Plattenepithel befestigt. Diese lockere Anheftung ermöglicht eine
vorhanden. Es ist stellenweise an den Plicae voca- Verschieblichkeit der Schleimhaut. Bei Verengung
les verhornt. Die übrige Schleimhaut besteht aus des Vestibulums legt sich die Schleimhaut in
zylindrischem Flimmerepithel, mit schlundwärts Falten.
gerichtetem Flimmerschlag. Des Weiteren finden
sich im Epithel auch M-Zellen (membranöse Klinik: 1. Bei Entzündungen und Reizen ver-
Zellen), spezielle zur Antigenaufnahme befähigte schiedenster Art kann die sehr lockere Lamina
Zellen, die charakteristisch für das Ileum sind. propria große Mengen an Gewebsflüssigkeit
aufnehmen. Die Plicae aryepiglotticae können
2. Lamina propria. Enthält reichlich elastische,
anschwellen und so den Kehlkopfeingang
außerdem kollagene und retikuläre Fasern. In
einengen, was zu Erstickungserscheinungen
unterschiedlicher Anzahl kommen Lymphozyten
führt. Diese lebensbedrohliche Anschwellung
vor, die zu Solitärknötchen verdickt sein können
wird fälschlich als Glottisödem bezeichnet und
(„Larynxtonsille") und seröse sowie gemischte
macht eine Intubation oder einen Luftröhren-
Drüsen, Glandulae laryngeae. Diese Drüsen besit-
schnitt notwendig. Echte Stimmbandödeme
zen keine Schaltstücke und Sekretrohre und sind
(Glottisödem, Reinke-Ödem) sind selten und
besonders häufig in grübchenförmigen Vertiefun-
entstehen meist bei starker Stimmbelastung.
gen auf der Kehlkopfseite der Epiglottis, in den
2. Häufigster maligner Tumor des Kehlkopfes
Taschenfalten und im Ventriculus laryngis, fehlen
ist das Kehlkopfkarzinom, Larynxkarzinom.
aber im Bereich der Stimmfalten. Die Drüsen
Meist ausgehend vom Plattenepithel im Bereich
halten die Schleimhaut feucht. Bei Rednern sind sie
der Glottis (60 %), seltener vom supra- (30 %)
häufig hypertrophiert und bei Entzündung sind sie

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4.16 Kehlkopf, Larynx 335

• V. laryngea inferior -> Plexus thyroideus impar


oder subglottischen (10 %) Epithel. Adenokarzi-
—» V. thyroidea inferior —> V. brachiocephalica
nome sind seltener. In 90 % der Fälle bei Män-
sinistra
nern; meistens im 6. Lebensjahrzehnt; in engem
Zusammenhang mit Alkohol- und Nikotinkon- Lymphgefäße. Bilden Gruppen ober- und unter-
sum. 3. Lähmung der Kehlkopfmuskeln. Häu- halb der Stimmritze und haben verschiedene
figste Ursache ist der Ausfall des N. laryngeus Abflussrichtungen
recurrens. Einseitige Schädigung fuhrt zum ein-
• Lymphgefäße oberhalb der Stimmritze begleiten
seitigen Ausfall der inneren Kehlkopfmuskeln;
die A./V laryngea sup., durchbohren die Mem-
beidseitiger Ausfall zur Lähmung aller inneren
brana thyrohyoidea, verlaufen, falls ausgebildet,
Kehlkopfmuskeln. Ursache meist iatrogen, v. a.
ζ. T. über die Nodi lymphatici infrahyoidei und
nach Schilddrüsenoperationen, auch bei Medi-
münden in der Nähe der Karotisgabel in tiefe
astinaltumoren, Bronchial- und Oesophagus-
Halslymphknoten, Nil. cervicales laterales pro-
karzinom. 4. Stimmlippenknötchen sind meist
fundi superiores.
symmetrische bindegewebige Verdickungen am
Übergang vom vorderen Drittel zum mittleren • Die Stimmbänder besitzen nur wenige nach
Drittel der Stimmlippen. Die Ursache liegt in oben abfließende Lymphkapillaren (günstige
Überbeanspruchung der Stimmlippen, ζ. B. bei Prognose bei Kehlkopfkarzinom).
Sängern (Sängerknötchen) oder laut schreienden • Lymphgefäße unterhalb der Stimmritze durch-
Kindern (Schreiknötchen) bohren das Lig. cricothyroideum, erreichen
Lymphknoten vor dem Band, Nodi lymphatici
praelaryngeales und Nil. prae- und paratra-
cheales. Von hier gelangt die Lymphe weiter
4.16.6 Gefäße und Nerven zu tiefen seitlichen Lymphknoten längs der
V.jugularis interna, Nodi lymphatici cervicales
Arterien. Sie verlaufen mit den Nerven und sind
laterales profundi inferiores .
Äste aus der A. thyroidea superior/inferior. Die
• Lymphgefäße über der Glottis —> (Nil. infrahyoi-
A. laryngea superior entspringt kranial am Ober-
dei) —» Nil. cervicales laterales profundi superi-
rand der Schildknorpelplatte aus der A. thyroidea
ores
superior und verläuft meist mit dem R. internus des
• Lymphgefäße unterhalb der Glottis - » Nil. prae-
N. laryngeus superior durch die Membrana thyro-
laryngeales und Nil. prae- und paratracheales —>
hyoidea. Sie versorgt den größten Teil der Schleim-
Nodi lymphatici cervicales laterales profundi
haut und der Muskulatur des Kehlkopfes. Der
inferiores.
R. cricothyroideus aus der A. thyroidea superior
geht auf dem Lig. cricothyroideum eine Verbindung
Nerven
mit dem gleichnamigen Ast der anderen Seite ein.
Die A. laryngea inferior zieht hinter der Luftröhre
aufwärts, durchbohrt den unteren Schlundschnürer Motorische und sensible Fasern
und tritt hinten unten in den Kehlkopf ein. • N. laryngeus superior aus dem N. vagus.
• A. carotis communis —> A. carotis externa —» •
Ramus externus. Versorgt den M. cricothyroi-
A. thyroidea sup. —» Α. laryngea superior deus und mit sensiblen Fasern (die durch das
• Α. carotis communis - » Α. carotis externa - » Lig cricothyroideum ziehen) den vorderen Teil
A. thyroidea sup. —» R. cricothyroideus der Stimmlippe.
• A. subclavia —» Truncus thyrocervicalis —» • Ramus internus. Zieht mit A. und V. laryngea
A. thyroidea inferior —» A. laryngea inferior superior durch die Membrana thyrohyoidea und
versorgt die restliche Schleimhaut oberhalb der
Venen. Aus der oberen Kehlkopfhälfte/unteren
Stimmlippe, wobei auch ein Übergreifen der
Kehlkopfhälfte münden sie in die V. laryngea
sensiblen Fasern auf den subglottischen Raum
superior/V. laryngea inferior
häufig ist. Nerv und Gefäße werfen im Recessus
• V. laryngea sup. —» V. thyroidea sup —> V. jugu- piriformis die Plica η. laryngei auf. Eine Anäs-
laris interna thesie kann zwischen Schildknorpel und großem
Zungenbeinhorn erfolgen.

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336 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

l> N. laryngeus recurrens. Dieser ebenfalls aus 4.16.8 Nachbarschaftsbeziehungen


dem N. vagus stammende Nerv hat eine beson- des Kehlkopfes
dere Verlaufsform. Rechts schlingt er sich um
die A. subclavia, links um den Aortenbogen. • in der Mittellinie liegen die Kehlkopfknorpel
Beide Nerven ziehen dann in einer Rinne zwi- (Schild- und Ringknorpel) unter der Haut und
schen Oesophagus und Trachea zur Rückseite der oberflächlichen und mittleren Halsfaszie.
des Kehlkopfes. Vor der Prominentia laryngea kann in der Sub-
cutis eine Bursa subcutanea praelaryngea liegen
Der N. laryngeus recurrens versorgt alle inneren
und vor dem Kehlkopf ein Lobus pyramidalis
Kehlkopfmuskeln und die Schleimhaut unterhalb
der Schilddrüse bis zum Zungenbein verlaufen
der Stimmritze. Eine stets vorkommende Ana-
(s. Kap. 4.17.3, S. 338).
stomose zwischen dem Endast des N. laryngeus
• seitlich werden die Knorpel von den unteren
recurrens und R. internus des N. laryngeus superior
Zungenbeinmuskeln überlagert und teilweise
(Ansa Galeni) liegt auf der Dorsalfläche des M. cri-
von der Schilddrüse umfasst. Seitlich vom
coarytaenoideus posterior. Der motorische Kern
Kehlkopf verläuft die Gefaß-Nervenstraße des
beider Kehlkopfnerven ist der Nucleus ambiguus,
Halses
der Impulse aus beiden Großhirnhälften erhält. Die
• dorsal liegt die Pars laryngea des Schlundes, die
doppelseitige Innervation sichert die Symmetrie
am Unterrand des Ringknorpels in die Speise-
der Stimmbandbewegungen.
röhre übergeht.
Vegetative Fasern. Sympathisch-vasomotorische • kaudal geht der Kehlkopf in den Halsteil der
Fasern stammen aus dem Grenzstrang, parasympa- Trachea über.
thisch-sekretorische Fasern für die Schleimdrüsen
stammen aus dem N. vagus.
4.16.9 Lagebeziehungen des
Kehlkopfes zum Skelett
4.16.7 Geschlechts- und Alters-
unterschiede des Kehlkopfes • Sie zeigen erhebliche Alters- und Geschlechts-
unterschiede
Erwachsener Mann: Hier ist der Kehlkopf größer • Säugling. Beim normaler Haltung und Atmung
und kräftiger, die Schildknorpelplatten bilden vom steht die Schildknorpelplatte vor dem 4. Hals-
einen kleineren Winkel miteinander (90°), so dass wirbelkörper. Das Zungenbein ist dem Schild-
ein größerer sagittaler Durchmesser auftritt. Die knorpel stark genähert und der Unterrand steht
Stimmritze ist 2,0-2,4 cm lang. Der Kehlkopf der auf Höhe des 3. Halswirbelkörpers. Durch
Frau und des Knaben ist kleiner und graziler. Da den Kehlkopfhochstand wird beim Schluckakt
der Schildknorpelwinkel stumpfer ist (120°) sind der Kehldeckel nicht vollständig gesenkt und
Stimmritze, Stimmfalte und der sagittale Durch- der Aditus laryngis nicht vollständig ver-
messer um ca. 1/5 kürzer. Aus den kürzeren Stimm- schlossen. So kann der Säugling gleichzeitig
bändern resultiert eine höhere Stimmlage. Trinken/Schlucken und Atmen, was häufig zur
Aspiration von Nahrung in die Luftröhre und
Stimmbruch. Während der Pubertät verändert sich
anschließendem Hustenreiz fuhrt. Während der
der männliche Kehlkopf unter dem Einfluss von
Entwicklung verlagert sich der Kehlkopf nach
Geschlechtshormonen. Erfolgt eine Kastration in
distal (Descensus).
der Jugend, bleiben die hohe Stimme und die weib-
• Erwachsener Mann. Der Schildknorpel steht
liche Form des Kehlkopfes erhalten.
zwischen 5. und 6. Halswirbel
Kalkeinlagerungen/Verknöcherungen. Sie treten • Erwachsene Frau. Hier ist der Descensus gerin-
bereits zur Pubertät im Schild- und Ringknorpel ger. Der Schildknorpel steht vor dem 5. Halswir-
auf (im Stellknorpel meist später). Auftreten und bel.
Fortschreiten dieser Verkalkungsprozesse unter- • Die typische Ruhelage ändert sich beim Singen
liegt großen individuellen Schwankungen, so dass hoher und tiefer Töne, bei maximaler Ein- und
die Skelettanteile des Kehlkopfes u. U. auch bis ins Ausatmung, beim Schlucken und bei Vor- und
hohe Alter knorpelig bleiben können. Rückwärtsbewegungen der Halswirbelsäule.

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4.17 Schilddrüse, Glandula thyroidea 337

Verschieblichkeit des Kehlkopfes roepiglotticus) spielen beim Verschluss des


Aditus laryngis nur eine untergeordnete Rolle.
Über das Zungenbein ist der Kehlkopf durch die
oberen Zungenbeinmuskeln am Unterkiefer und • Stellung der Stimmritze (Abb. 4.115)
an der Schädelbasis beweglich verankert. Nach
• Atmung. Die Stimmritze ist geöffnet, Respira-
unten ist er durch Luft- und Speiseröhre mit dem
tionsstellung. Ihre Weite wird durch die Intensi-
Mediastinum elastisch verbunden. Die unteren
tät der Atmung bestimmt.
Zungenbeinmuskeln verändern den Abstand zwi-
• Stimmbildung. Die Stimmritze ist weitgehend
schen Zungenbein und Kehlkopf einerseits sowie
geschlossen, Phonationsstellung. Durch den
Kehlkopf und Sternum andererseits und beeinflus-
Exspirationsstrom werden die gespannten
sen so die Länge des Resonanzrohres.
Stimmbänder auseinandergedrängt, um dann
zurückzuschnellen. Dieser Vorgang wiederholt
4.16.10 Leistungen des Kehlkopfes sich, so dass durch die laufenden Unterbrechun-
gen der Luftstrom im Kehlkopf in Schwingung
• Durch Einstellung der Stimmritze kann die versetzt wird. Die Plicae vocales schwingen
Weite des Luftweges verändert werden. Neben dabei in horizontaler Richtung gegeneinan-
der Stimmbildung ist die Stimmritze auch für der. Die Klangfarbe wird durch die Form des
den Schutz der Luftwege verantwortlich. Ansatzrohres (Rachen, Nase, Mund) bestimmt.
• Verschluss des Kehlkopfeinganges: 1. Beim Die Höhe der einzelnen Töne hängt ab von der
Schluckakt wird u.a. einerseits der Zungengrund Länge, Dicke und Spannung der Stimmbänder.
nach hinten unten verlagert und andererseits Kürzere Bänder (Frauen, Kinder) erzeugen
der Kehlkopf durch Anheben des Zungenbei- höhere Töne. Bei Dickenzunahme der Stimm-
nes nach vorne oben unter den Zungengrund bänder ergibt sich eine Abnahme, bei Span-
gezogen. Dieser drückt dabei den Kehldeckel nungserhöhung eine Steigerung der Tonhöhe.
über den Kehlkopfeingang (Zungengrund-
Durch die enge Verknüpfung von M. vocalis und Stimm-
Kehldeckelmechanismus) 2. Gleichzeitig wird
band und die feine Innervation wird die Modulationsfä-
der Kehlkopf (durch Kontraktion der Mm. higkeit der menschlichen Stimme ermöglicht. Der M. vo-
thyrohyoidei) an das Zungenbein herangezogen. calis regelt die Feineinstellung und die Feinspannung des
Das Corpus adiposum praeepiglotticum (ein im Stimmbandes. Er kann die Stimmlippe zu einer dicken,
Bindegewebsraum zwischen Kehldeckel, Mem- mäßig gespannten Saite abrunden (tiefe Töne) oder
brana thyrohyoidea und Lig. hyoepiglotticum zu einer dünnen, straff gespannten Saite verschmälern
liegender Fettkörper) (Abb. 4.114) weicht nach (hohe Töne). Möglicherweise beruht die Fähigkeit zur
dorsal aus und verlagert den Kehldeckel kaudal- Stimmbildung des Menschen auf dem Vorkommen von
sog. langsamen tonischen Muskelfasern im M. vocalis.
wärts (Fettkörper-Kehldeckel-Mechanismus).
Diese Fasern zeigen einzigartige Kontraktionseigen-
Durch beide Mechanismen wird der Aditus
schaften und wurden bisher nur in Muskelspindeln und
laryngis verschlossen. Die Eigenmuskeln des wenigen anderen Muskeln (ζ. B. äußere Augenmuskeln)
Kehlkopfeinganges (M. aryepiglotticus, M. thy- nachgewiesen.

4.17 Schilddrüse, Glandula thyroidea


sus um, der zwischen Haut und Halseingeweiden
Lernziele: Gestalt, Lage, Feinbau, Topographie,
vorwächst. Das distale Ende teilt sich in 2 Lappen.
Gefäße und Nerven, Bedeutung des Organs
Teile der ultimobranchialen Körper werden in die
Entwicklung einbezogen; sie liefern die C-Zellen.

4.17.1 Embryologie Klinik: Akzessorisches Schilddrüsengewebe


findet man im ursprünglichen Verlauf des Ductus
Die Schilddrüse entwickelt sich in der 3. EW aus
thyroglossus als Lobus pyramidalis oder als ver-
dem Entoderm des Zungengrundes als Epithel-
sprengte Zellgruppen (Zungengrundkropj).
strang. Dieser formt sich zum Ductus thyroglos-

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338 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

4.17.2 Funktion Gefaßästen Septen in die Tiefe und unterteilt


die Drüse in Läppchen, Lobuli. Eine äußere
Die Schilddrüse spielt eine wichtige Rolle im aus mehreren Lamellen bestehende Hülle, die
Inkretsystem des Menschen. Capsula fibrosa, heftet die Drüse am Kehlkopf
und der Luftröhre an. Stärkere bandartige Züge
• Thyroglobulinsekretion (PAS-positives Glyko-
ziehen vom Isthmus und angrenzenden Bereich
protein) in das Follikellumen
der Schilddrüse zum Ringkknorpel. Auch das
• Schilddrüsenhormone. Tetraiodthyronin (T4,
perivaskuläre Bindegewebe der einstrahlenden
Thyroxin) und Triiodthyronin (T,) werden in
Gefäße verstärkt die Capsula fibrosa. Mit der
das Gefäßsystem abgegeben
Umgebung ist sie durch lockeres Verschiebege-
• C-Zellen sezenerieren Calcitonin webe verbunden. Zwischen den beiden Kapseln
(Abb. 4.117) verlaufen die größeren Schilddrü-
4.17.3 Gestalt, Hüllen, Größe sengefaße und dort liegen die Epithelkörper-
chen.
• Gestalt. Die Schilddrüse ist eine rotbraune, Die feste Verbindung mit dem Anfangteil der
leicht höckerige, innersekretorische Drüse. Luftröhre und die lockere mit der Umgebung
2 seitliche, birnenförmige Lappen, Lobus erklärt, dass die Drüse allen Bewegungen des
dexter und sinister, sind durch ein schmales Kehlkopfes folgt.
Querstück, den Isthmus, miteinander verbun- • Größe. Nur wenige Organe sind so großen
den. Vom Isthmus oder einem der Lappen steigt Gewichts- und Volumenschwankungen unter-
häufig ein schmaler Fortsatz, Lobus pyramida- worfen wie die Schilddrüse, was natürlich die
lis, vor dem Kehlkopf aufwärts und ist mit einem Lageverhältnisse zwangsläufig beeinflussen
Bindegewebsstreifen am Zungenbein befestigt. muss.
In seltenen Fällen kann er bis zum Zungengrund
reichen (Rest des Ductus thyroglossus). Klinik: 1. Normale Schilddrüsen sind am
• Hüllen. Die Drüse wird von einer dünnen Lebenden kaum sieht- und tastbar. Stärkere
Organkapsel eingehüllt. Sie schickt mit den Vergrößerungen (Blähhals, Kröpf, Struma, in

Fascia cervicalis
V. jugularis
Lamina Lamina
externa anterior Spatium suprasternal praetrachealis superficialis
I -Platysma
Glandula thyroidea - ^

. M. sternohyoideus
Trachea- ^

— M. sternothyroideus

Schilddrüsengefäße·

- Μ . sternocleidoma-
stoideus
Capsula fibrosa
- M. omohyoideus
(Venter inferior)
Organkapsel
— V. jugularis interna
Glandula - •
parathyroidea
- A. carotis communis

Truncus sympathicus
" N . vagus

Lamina
.. praevertebralis
prävertebrale Muskulatur Oesophagus, Nn. laryngei recurrentes Vertebra fasciae cervicalis

Abb. 117: Topografie der Schilddrüse. Schematischer Querschnitt durch den Hals
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4.17 Schilddrüse, Glandula thyroidea 339

• C-Zellen. Sie sind größer als die Follikelzellen


manchen Gegenden endemisch) verdrängen die
und im Parenchym verstreut. Funktionell gehö-
Nachbargebilde (Gefäß-Nervenstrang), kompri-
ren sie zum APUD-System.
mieren die Luftröhre (Säbelscheidentrachea),
ziehen die unteren Zungenbeinmuskeln papier-
Klinik: 1. Überfunktion (Hyperthyreose) und
dünn aus. 2. Steht dabei die Schilddrüse beson-
Unterfunktion (Hypothyreose, Myxödem) führen
ders tief, so spricht man von retrosternalem oder
zu einer Steigerung bzw. Senkung der Stoff-
Tauchkropf, der entsprechend der Raum-Enge
wechselprozesse. Die häufigsten Ursachen einer
frühzeitig Kompressionsbeschwerden macht.
Hyperthyreose sind der Morbus Basedow, eine
Autoimmunerkrankung, oder eine funktionelle
Autonomie. 2. In Folge eines intrathyroidalen
4.17.4 Histologie Iodmangels werden lokale wachstumsregulie-
rende Faktoren aktiviert, so dass es zu einer
• Drüsenepithel. Es ist in Form von Follikeln Hyperplasie von Schilddrüsenepithelzellen
angeordnet. Es handelt sich um zystenförmige kommt: Durch eine erhöhte hypophysäre Frei-
Gebilde, deren Lumen mit einer gelatinösen, setzung von TSH wird eine Hypertrophie der
homogenen Substanz gefüllt ist {Kolloid). Zwi- Schilddrüsenepithelzellen bedingt. Schilddrü-
schen den Follikeln findet man Bindegewebe senhyperplasie und -hypertrophic führen zum
mit Gefäßen und Nerven. Bild des Iodmangelkropfes.
• Follikelepithel. Der Funktionszustand bestimmt
die Zellform. Plattes bis kubisches Epithel:
Phase relativer Ruhe; hochprismatisches Epi-
thel: hohe synthetische Aktivität.

N. laryngeus superior, , V jugularis mternna, N. accessorius


V. jugularis externa N.
' A. carotis communis
A. laryngea superior,
• Mm. sternocleidomastoideus, sterno-
R. int. n. laryng. sup \
y * hyoideus, omohyoideus
Ν vagus N
χ M. thyrohyoideus, A. thyroidea superior
Truncus sympathicus -
^ - Ν. vagus
R. externus n. laryngei superioris.
„ - Truncus sympathicus
M. levator scapulae - ^ N. cardiacus cervicalis superior

Ν. cardiacus cervicalis superior - - R. cardiacus superior, Μ stemothyroideus

M. cricothyroideus, Ramus muscularis , Α. cervicalis ascendens


, Ganglion cervicale medium,
M. trapezius - A. thyroidea inferior

Plexus brachials __ -jA. cervicalis superficialis)

Glandula thyroidea • .Plexus brachialis,


Ductus thoracicus
N. phrenicus,
- A. transversa colli
M. scalenus anterior
N. suprascapular^ „ Clavicula.
Α , V. suprascapular'^
Ansa thyroidea
Truncus thyrocervical — M . scalenus anterior

M. subclavius
vagus, A. vertebraiis
Plexus brachialis'
-Costal
Α.. V. subclavia
Α. thoracica interna
Ganglion cervicothoracicum

! ^
Ansa subclavia
A. carotis communis Truncus brachioce- N. laryngeus recurrens Trachea, N. laryngeus V. brachiocephalica
phalicus, dexter, recurrens sinister, IM. phrenicus
Plexus cardiacus V. thyroidea inferior A. carotis comm. (Varietät; s. tiefe Lage,)
Abb. 118: Topografie der Eingeweide und der tiefen Nerven und Gefäße des Halses von vorn.
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340 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

4.17.5 Topographie sich meist in 2 Äste und verzweigen sich an der


Dorsalfläche.
• Die Schilddrüse umfasst in Form eines Halbrin- [> In 10 % der Fälle tritt eine unpaare A. thyroidea
ges die Luftröhre (Abb. 4.117), wobei der Isth- ima aus dem Truncus brachiocephalicus oder
mus vor dem 2. bis 4. Trachealring liegt. Die dem Aortenbogen von unten her an den Isth-
spitzen oberen Pole reichen bis in den unteren mus heran. Schließlich senken sich noch feine
Winkel des Trigonum caroticum. Äste aus den Unterzungenbeinmuskeln und den
• Die Seitenlappen bedecken seitlich den Schild- benachbarten Kehlkopf-, Luft- und Speiseröh-
knorpel bis zur Linea obliqua, den Ringknorpel rengefäßen in die Drüse.
und die 6 oberen Luftröhrenringe. t> Die 4 großen Schilddrüsenarterien gehen unter-
• Vorn und seitlich wird die Schilddrüse vom einander Anastomosen ein, die durch den Isth-
mittleren Blatt der Halsfaszie und den in diese mus verlaufen. Sie besitzen große Reservelän-
eingelagerten Unterzungenbeinmuskeln, lateral gen, die das Auf- und Absteigen ermöglichen. Je
vom M. sternocleidomastoideus bedeckt. Diese nach dem Stand der Drüse sind die oberen oder
Wand stellt eine elastisch-muskulöse Gurtung unteren gestreckt oder S-förmig gekrümmt.
dar, die die Schilddrüse tragen hilft. Diese
Gurtung setzt einer krankhaften Vergrößerung Klinik: Unterbindung der 4 großen Arterien
der Drüse einen Widerstand entgegen, der sich fuhrt nur sehr selten zur Nekrose des Organs, da
zunächst in einem Spannungsgefuhl äußert. die Nebenäste zur Versorgung ausreichen.
Die Schilddrüse sucht nach hinten und unten
auszuweichen. Beim Kröpf können Luft- und
Speiseröhre von der Seite her stark komprimiert Venen
werden. Wird die Gurtung überdehnt, so ver- 0 Vv. thyroideae superiores. Sie begleiten die
ringert sich der Druck auf die Schilddrüse und gleichnamige Arterie und münden in die V. jugu-
damit auch die geschilderten Kompressionsbe- laris interna.
schwerden; der Kröpf wölbt sich stärker vor. > Vv. thyroideae mediae (ohne begleitende Arte-
rien) verlaufen lateral, überkreuzen die A. caro-
tis communis und fließen in Ringknorpelhöhe in
4.17.6 Gefäße und Nerven die V. jugular is interna ab.
(Abb. 4.118) D> Vv. thyroideae inferiores. Sie beginnen am
Isthmus und den unteren Polen und bilden
Arterien. Das blutreiche Organ wird von 4 Arte-
zumeist vor der Luftröhre ein stärkeres Geflecht,
rien versorgt:
aus dem mehrere Stämme zu den Vv. brachio-
[> Aa. thyroideae superiores (aus der A. carotis cephalicae, seltener zur V. jugularis interna
externa) treten an den oberen Pol und breiten ziehen.
sich vorwiegend auf der ventralen Fläche aus.
Lymphbahnen. Sie verlaufen zum größten Teil zu
[> Aa. thyroideae inferiores (aus dem Truncus
den Nil. cervicales profundi superiores und infe-
thyrocervicalis). Sie steigen lateral von der
riores, einige ziehen vor der Luftröhre abwärts zu
A. carotis communis senkrecht aufwärts bis
den NU. tracheales.
zum 6. Halswirbel, biegen hier scharf nach
medial um, verlaufen dabei hinter der A. carotis Nerven (aus N. vagus und Truncus sympathicus,
communis und vor der A. vertebralis und errei- eventuell auch N. glossopharyngeus) bilden auf der
chen den unteren Pol der Drüse. Hier gabeln sie Organoberfläche ein reiches Netzwerk.

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4.19 Topografische und angewandte Anatomie des Kopfes und des Halses - ausgewählte Kapitel 341

4.18 Beischilddrüsen (Nebenschilddrüsen),


Epithelkörperchen, Glandulae parathyroideae

Lernziele: Gestalt, Lage. Feinbau, Gefäße und 4.18.4 Histologie


Nerven, Bedeutung des Organs
• Helle und dunkle Hauptzellen repräsentieren
unterschiedliche Funktionszustände ein und
4.18.1 Embryologie desselben Zelltyps. Dunkle Hauptzellen sind die
aktive Form. Sie sind miteinander verzahnt und
Sie sind Abkömmling der dorsalen Abschnitte der durch Desmosomen verbunden.
3. und 4. Schiundtasche (s. Kap. 4.1.1.2, S. 181). • Oxyphile Zellen. Kommen nur in geringer Zahl
vor. Ihre Funktion ist unbekannt.
• Altersgang. Mit dem Alter werden die Paren-
4.18.2 Funktion chymzellen durch Fettzellen ersetzt.
Die Beischilddrüsen gehören zum Inkretsystem, sie
Klinik: 1. Ein Hypoparathyroidismus führt
produzieren Parathormon, welches die Kalzium-
aufgrund der Verringerung der Kalzium-
konzentration im Blut steigert.
ionenkonzentration im Blut zu einer erhöhten
Erregbarkeit des Nervensystems. Dabei können
4.18.3 Gestalt und Lage spastische Kontraktionen der Skelettmusku-
latur (hypokalzämische Tetanie) auftreten. 2.
Sie sind linsengroße, gelbliche Körperchen, die an Überproduktion von Parathormon (primärer
der Rückfläche der Schilddrüsenlappen zwischen Hyperparathyroidismus) führt über eine erhöhte
der dünnen Organkapsel und der kräftigeren Cap- Freisetzung von Kalzium aus den Knochen zu
sula fibrosa liegen. Zumeist findet man 2 obere einer Zunahme des Blut-Kalziumspiegels. Dies
(am Übergang des Pharynx in den Oeseophagus) geht einher mit einer Entkalkung der Knochen,
und 2 untere (nahe den unteren Schilddrüsenpo- der Entstehung von Knochenzysten (v. Reckling-
len) in der Nähe der A. thyroidea inferior. Das eine hausen-Krankheit) und mit Kalkablagerungen in
oder andere Epithelkörperchen kann auch fehlen. verschiedenen Organen und in der Muskulatur.
Am frischen Präparat heben sie sich durch ihre
gelbliche Farbe recht deutlich von der braunroten
Schilddrüse ab. Häufig sind sie in die Schilddrü- 4.18.5 Gefäße und Nerven
sensubstanz eingebettet. Sie sind dabei aber immer
durch die Organkapsel vom Schilddrüsengewebe Wie die Schilddrüse, s. Kapitel 4.17, S. 337.
getrennt.

4.19 Topografische und angewandte Anatomie des Kopfes und des Halses -
ausgewählte Kapitel

4.19.1 Kopfregionen 4.19.1.1 Topografische Anatomie


der Schädeldecke
Lernziele: Topografische Anatomie von Schä-
deldecke und Gesicht; Begrenzung und Inhalt Knöcherne Grundlage. Sie umfasst die Bestand-
der einzelnen Regionen teile des Neurokraniums: Os frontale, Os sphenoi-
dale (Ala major ossis sphenoidalis), Os temporale,
Os parietale und Os occipitale. Der Zusammenhalt
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342 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

dieser Knochen erfolgt über die Suturae corona- seter um das Corpus mandibulae beim Übergang
lis, sagittalis und lambdoidea. Als sehnenartiger auf das Gesicht dient als Pulsmessstelle (Abb.
Überzug stellt die Galea aponeurotica eine Verbin- 4.36). Sie geht im weiteren Verlauf am Mundwin-
dung zwischen dem Venter occipitalis und Venter kel vorbei und anastomosiert als A. angularis im
frontalis des M. occipitofrontalis dar, welche die Nasen-Augenwinkel mit der A. dorsalis nasi der Α.
gleichnamigen Regionen überdecken. Seitlich ophthalmica. Die Arterie entlässt viele kleine Äste
strahlt der M. auricularis superior in die Galea apo- und unterhält Anastomosen mit den Gefäßen der
neurotica ein. Auf der Galea liegt Haut, darunter Gegenseite und der A. transversa facei (A. tempo-
subaponeurotisches Bindegewebe. Vor dem Ohr ralis superficialis).
liegt die oberflächliche A. temporalis superficialis.
Weitere arterielle Zuflüsse kommen aus
Arterien der Kopfschwarte. Sie entstammen der
Ο der Α. ophthalmica (A. carotis interna) für Stirn,
A. carotis externa und interna. Wir finden zahlrei-
Augenlider und Außenseite der Nase
che Anastomosen.
ϊ> der A. infraorbitalis (A. maxillaris) für die Haut
Vorn: A. supraorbitalis (A. carotis interna) Seitlich: der Wange und das untere Augenlid
A. temporalis superficialis (Endast der A. carotis D> der A. mentalis (A. maxillaris) für die Kinnge-
externa) Hinten: A. occipitalis und A. auricularis gend
posterior (A. carotis externa) t> der A. temporalis superficialis (A. carotis
externa), die vor dem Ohr aufsteigt.
Klinik: 1. Aufgrund der reichlichen Vas-
Venen. Die V. facialis verläuft hinter der A. facialis
kularisation besitzt die Kopfschwarte gute
vom medialen Augenwinkel zum Trigonum sub-
Heilungstendenzen. 2. Da die Arterien fest im
mandibulare und mündet hier in die V. jugularis
Unterhautbindegewebe verankert sind, können
interna. Eine wichtige Anastomose besteht zwi-
sie sich schwer zusammenziehen und bluten bei
schen der V. facialis und der V. ophthalmica supe-
Verletzungen daher stark. 3. Die digitale Kom-
rior (—• Sinus cavernosus, s. Kap. 5.3.4.4, S. 454).
pression der A. occipitalis erfolgt durch Druck
hinter dem Proc. mastoideus. Lymphgefäße. Die wichtigsten tastbaren Lymph-
knoten des Gesichtes im Falle einer Infektion sind
Venen. Sie bilden ein Netz, aus welchem das Blut in die Nil. submandibulares (unterhalb und seitlich
die V. jugularis interna und externa abfliesst. Durch der Mandibula) zur Entsorgung des Gesichts,
Vv. emissariae stehen sie mit den Vv. diploicae und die Nil. parotidei superficiales (vor dem äußeren
den Sinus durae matris in Verbindung. Die V. supra- Gehörgang) zur Entsorgung von Wange, Parotis
orbitalis steht über die V. ophthalmica superior mit und Augenlidern. Eine weitere Entsorgung der
dem Sinus cavernosus und die Vv. temporales Regio faciei erfolgt durch die Nil. buccales.
superficiales über die V. retromandibularis mit dem
Nerven. Die sensible Innervation erfolgt durch
Plexus pterygoideus in Verbindung.
Äste des N. trigeminus und des Plexus cervicalis
Lymphgefäße. Diese sammeln sich vor dem Ohr in (Abb. 4.70).
den Nil. parotidei superficiales und profundi; hinter
dem Ohr in den Nil. mastoidei, auf dem Ursprung Am Gesicht spielen die Anästhesien der Tri-
des M. trapezius in den Nil. occipitales. geminusäste eine entscheidende Rolle, welche
zumeist an den Austrittstellen des Gesichtsschä-
Nerven. Sensibel wird die Kopfschwarte vom
dels durchgeführt werden. Dabei kann der N. su-
Plexus cervicalis sowie vom R. dorsalis des 2. Zer-
praorbitalis in der Mitte des Orbitaoberrandes,
vikalnerven innerviert; die motorische Innervation
der N. infraorbitalis ca. 1 cm unter der Mitte des
der Muskulatur erfolgt durch Äste des N. facialis.
Orbitaunterrandes und der N. mentalis zwischen
dem 1. und 2. Prämolar in der Mitte des Unter-
4.19.1.2 Topografische Anatomie kieferastes subkutan anästhesiert werden. Die
des Gesichtes motorische Innervation der mimischen Musku-
latur erfolgt durch den N. facialis.
Arterien. Der gewundene Verlauf der A. facialis
in Höhe des vorderen Unterrandes des M. mas-
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4.19 Topografische und angewandte Anatomie des Kopfes und des Halses - ausgewählte Kapitel 343

4.19.2 Halsregionen Entsprechend den in der Tiefe gelegenen Gebilden


unterteilen wir diese in 2 Regionen.
4.19.2.1 Relief und Einteilung in Regionen
1. Trigonum submandibulare (Abb. 4.119).
Bei geradeaus gerichtetem Blick und leicht Begrenzung. Unterkieferrand, Venter anterior des
erhobenem Kinn verlaufen die flachen Wülste M. digastricus und dessen Venter posterior mit dem
der Mm. sternocleidomastoidei vom Brustbein- M. stylohyoideus (Abb. 4.53). Der Boden wird vom
Schlüsselbeingelenk kranial- und dorsalwärts M. mylohyoideus, M. hyoglossus und hinten vom
bis hinter das Ohr und fassen zwischen sich M. styloglossus und stylopharyngeus gebildet.
ein Dreieck, dessen Spitze gegen das Brust-
Inhalt. Es enthält die Unterkieferdrüse, Glandula
bein und dessen Basis gegen den Unterrand
submandibular is, und Leitungsbahnen für Zunge,
des Unterkiefers weist. Wir bezeichnen dieses
Gaumen, Gaumenmandeln und Gesicht.
dreieckige Feld als vordere Halsgegend, Regio
colli anterior. Der Bindegewebs räum wird vom oberflächlichen
Blatt der Halsfaszie gebildet. Ihre tiefe dünne
Der hintere Rand des M. sternocleidomastoi-
Lamelle bedeckt den Boden. Ihre stärkere ober-
deus, der obere Rand des Schlüsselbeins und der
flächliche Lamelle setzt am Kieferrand an. Sie wird
vordere Rand des M. trapezius begrenzen die
beim Kauen, Schlucken, Heben des Kopfes und
seitliche Halsgegend, die Regio colli lateralis.
Senken des Zungenbeins gespannt.
Unten ist ihre Begrenzung recht deutlich, nach
oben verwischt sie sich.
Klinik: 1. Bei der Tastuntersuchung entspannt
Das zwischen Regio colli anterior und Regio man die Faszie durch Neigen des Kopfes nach
colli lateralis gelegene, schmale, vom M. sterno- vorne. Gleichzeitiges Abtasten von der Regio
cleidomastoideus eingenommene Feld bezeich- sublingualis und der Mundhöhle aus erleichtert
nen wir als Regio sternocleidomastoidea. die Untersuchung (Fremdkörper, Speichelsteine
usw.). 2. Eine besonders derbe Bindegewebs-
Haut des Halses. Sie ist dünn, gut verschieblich, platte dichtet den Bindegewebsraum nach
lässt sich leicht in Längsfalten abheben und gut für hinten gegen die Parotisloge ab. Dieser Tractus
plastische Operationen verwenden. Kontraktion angularis verankert die oberflächliche Lamina
des Platysma erzeugt senkrechte, zur Brust hin der Halsfaszie am Kieferwinkel. Entlang den
divergierende Hautfalten. Bei mageren älteren Gefäß- und Nervenstraßen hat der einheitliche
Menschen beobachten wir schon in der Ruhestel- Bindegewebs- und Erkrankungsraum wichtige
lung konstante Längsfalten der Haut, wobei die Verbindungen zur Regio sublingualis (Mundbo-
durch die vorderen Ränder des Platysma erzeugten denphlegmone), zur tiefen Gesichtsgegend, zur
besonders typisch sind. oberflächlichen Gesichtsgegend, zum Trigonum
caroticum. 3. Bei der operativen Unterbindung
Hautvenen. Wird bei körperlichen Anstrengungen der A. facialis am Unterkieferrand ist der Ramus
(Laufen, Heben, Ringen, Schreien, Singen usw.) marginalis mandibulae möglichst zu schonen.
der Rückfluss des Blutes zeitweise erschwert, so Da er zum Mundwinkel und zur Unterlippe zie-
schwellen die Hautvenen des Halses und Kopfes hende Muskeln versorgt, ergibt seine Durchtren-
an. Am deutlichsten erscheint dann die V. jugula- nung einen Hochstand des Mundwinkels.
ris externa, die zunächst am vorderen Rande des
M. stemocleidomastoideus verläuft, ihn in der
Nach der Durchtrennung des Platysma finden wir
Mitte schräg abwärts ziehend überkreuzt und in die
neben kleinen Gefäßen auf der Faszie den Ramus
seitliche Halsgegend gelangt (Abb. 4.69).
marginalis mandibulae und den Ramus colli n.
facialis, der mit dem sensiblen Ramus superior des
Ν. transversus colli zumeist eine Verbindung ein-
4.19.2.2 Regio colli anterior
geht (früher Ansa cervicalis superficialis).
Sie enthält median den Eingeweideschlauch, seit- Unter der Faszie verläuft am oberflächlichsten die
lich davon den Gefäß-Nervenstrang und unterhalb V. facialis. Sie betritt am Unterkieferrand, hinter
des Unterkiefers die Glandula submandibulars. der A. facialis, das Dreieck, nimmt dann von dorsal
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344 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

N. lingualis, Ganglion submandibulare Α., V. facialis, M. masseter Ramus marginalis mandibulae n. facialis, M. depressor anguli oris
Ν
Ν \
\
A. palatina ascendens, s
\
Μ. styloglossus

Glandula parotidea (Rest),


A. submentalis
M. stylohyoideus %
N. mylohyoideus

M. digastricus
_ - M. mylohyoideus
(Venter posterior)

N. glossopharyngeus, _ _ _ Glandula et Ductus


M. stylopharyngeus submandibulars
. _ Ν. hypoglossus,
A. carotis interna,^
N. bypoglossus V. comitans η. XII

— M. stylohyoideus (Rest)
M. sternocleidomastoideus- et os hyoideum
~ • M. hyoglossus, A. lingualis
A. carotis externa, V. facialis-
~~ " Ramus et m. thyrohyoideus
V. jugularis interna
- - Α., Ν. laryng. superior
(R. internus)
Radix superior
ansae cervicalis R. externus n. laryngei superioris

A. carotis communis A. thyroidea superior Μ omohyoideus (Venter superior) Μ sternohyoideus

Abb. 4.119: Trigonum submandibulare (tief) und Trigonum caroticum. Glandula parotidea und Glandula subman-
dibulars sind größtenteils entfernt. Die Mm. digastricus und stylohyoideus wurden teilweise reseziert, um den
Verlauf der Gefäße und Nerven besser darzustellen

die V. retromandibularis auf und strebt über die Arterien. Die A. facialis betritt, verdeckt vom
Außenfläche des Venter posterior des M. digas- Venter posterior des M. digastricus, das Dreieck,
tricus (in seltenen Fällen von ihm verdeckt) der windet sich mit mehreren starken Biegungen unter
V. jugularis interna zu. Entlang dem Kieferrand oder durch die Drüse (gibt hier an sie Äste ab) und
finden wir 3 - 6 Nil. submandibulares. Sie nehmen gelangt am vorderen Rande des M. masseter über
die Lymphe von der Zunge, der Mundhöhle, dem den Unterkieferrand ins Gesicht. Vorher gibt sie
Zahnfleisch des Unterkiefers, den Lippen und der noch die kleine A. palatina ascendens zwischen
äußeren Nase auf (Abb. 4.79). In der Hälfte der M. styloglossus und Μ stylopharyngeus zur Gau-
Fälle findet man auch noch in der Unterkieferdrüse menmandel und zum weichen Gaumen sowie die
vereinzelte Lymphknoten. stärkere A. submentalis auf die Unterfläche des
M. mylohoideus ab. Die letztere verläuft neben
Glandula submandibularis. Sie liegt in einer dem N. mylohyoideus zum Kinn. Durch den
bindegewebigen Loge, die sich am Hinterrand des Muskel hindurch steht sie mit der A. sublingualis
M. mylohyoideus gegen die Regio sublingualis in Verbindung.
öffnet. Hier gelangt die Drüse mit einem schma-
len Fortsatz und ihrem Ausfuhrungsgang, Ductus Klinik: 1. Bei besonders starken Windungen
submandibularis, hakenförmig um den Hinterrand nähert sich die A. facialis der Außenfläche der
des M. mylohyoideus auf die orale Fläche des Mus- Gaumenmandel. Starke arterielle Blutungen
kels. Der Ausfuhrungsgang zieht neben der Zunge, bei Tonsillektomie sind wohl auf Verletzungen
unterhalb der Glandula sublingualis, nach vorn und dieses Gefäßes zurückzufuhren. 2. Die starke
medial, um unter der Zungenspitze, neben dem Schlängelung der A. facialis ist zur Anpassung
zarten Zungenbändchen, Frenulum linguae, auf der an die Bewegungen des Kopfes und des Unter-
Caruncula sublingualis auszumünden (Abb. 4.81). kiefers erforderlich.

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4.19 Topografische und angewandte Anatomie des Kopfes und des Halses - ausgewählte Kapitel 345

Die A. lingualis durchzieht ungefähr in gleicher des M. sternocleidomastoideus, medial vom Venter
Richtung wie die A. facialis, aber weiter ventral, superior des Μ. omohyoideus (Abb. 4.53).
das Dreieck. Um an die Arterie zu gelangen,
Inhalt. Es stellt sich am Lebenden nur als eine
müssen wir die Drüse unterkieferwärts verlagern.
seichte Grube dar, in der man die Pulsation der
Nach Wegnahme der Drüse ist der Grund des
A. carotis communis fühlen, evtl. sehen kann.
Dreiecks, der senkrecht aufsteigende M. hyoglos-
Unter dem Platysma und auf der Faszie trifft man
sus und der von hinten oben nach vorn und unten
die Verbindung zwischen N. transversus colli und
verlaufende M. mylohyoideus, gut zu übersehen.
R. colli n. facialis an. Nach der Durchtrennung der
Nerven. Auf dem Grunde des Dreiecks finden
oberflächlichen Lamina der Halsfaszie treten (Abb.
wir die tiefen Nerven. Der N. hypoglossus betritt,
4.53) die begrenzenden Muskeln (M. sternocleido-
verdeckt vom Venter posterior des M. digastricus,
mastoideus, Venter posterior des M. digastricus mit
das Dreieck, um nach kurzem Verlauf oberhalb
dem M. stylohoideus und der Venter superior des
des M. mylohyoideus zu verschwinden. Der dünne
Μ. omohyoideus) deutlich zutage. Vor dem Gefäß-
N. mylohoideus zweigt sich am Foramen mandibu-
Nervenstrang des Halses verlaufen die Vv. facialis,
lae vom N. alveolaris inferior ab, verläuft an der
lingualis, thyroidea superior. Sie vereinigen sich
Innenfläche des Unterkiefers im Sulcus mylohyoi-
in variabler Weise und münden in die V. jugularis
deus, gelangt neben die A. submentalis und zerfällt
interna.
hier in seine Äste für den M. mylohyoideus und den
Venter anterior des M. digastricus. Der N. lingualis Der Gefäß-Nervenstrang betritt das Dreieck im
ragt nur mit einem kurzen, nach unten konvexen unteren Winkel, am Vorderrand des M. sternocle-
Bogen in das Unterkieferdreieck, um dann mit dem idomastoideus. Hier liegt die V. jugularis interna
Ductus submandibularis in die Unterzungengegend lateral und vor der A. carotis communis. Im weite-
einzutreten. In ihr unterkreuzt er den Gang, um die ren Verlaufe gelangt die Vene an die dorsolateral
vorderen zwei Drittel der Zungenschleimhaut mit Seite der Arterie. Die Lage zum M. sternocleido-
sensiblen und Geschmacksfasern zu versorgen. mastoideus ändert sich mit der Kopfhaltung. Dorsal
Vorher schickt er noch 2 - 3 Rami communicantes grenzt der Gefaß-Nervenstrang an das tiefe Blatt
zum parasympathischen Ganglion submandibulare. der Halsfaszie, die prävertebralen Muskeln und die
Die sympathischen Fasern erreichen die Drüse Querfortsätze der Halswirbel, medial an den Pha-
über das sympathische Geflecht der A. facialis. rynx. Eine derbe bindegewebige Scheide ermög-
Die parasympathischen Fasern gelangen über die licht die Übertragung des Pulsdruckes der Arterie
Chorda tympani in den N. lingualis. Sie schalten auf die dünnwandige Vene. Da diese Scheide nur
im Ganglion um. Vom Ganglion submandibulare an der mittleren Lamina der Halsfaszie verankert
ziehen 1. mehrere Rami glanduläres zur Glandula ist, ist der Strang gut verschieblich.
submandibularis, 2. rückläufige Äste zum N. lingu-
alis, um in ihm zu den Zungendrüsen zu gelangen. Der Gefaß-Nervenstrang enthält: 1. medial,
zwischen Arterie und Vene, den N. vagus,
Im hinteren, oberen Winkel des Dreiecks suchen
2. medial, an der Arterie, den dünnen Ramus
wir den N. glossopharyngeus auf. Beim Vordringen
cardiacus n. vagi, 3. lateral, auf der Arterie, die
in die Tiefe, gegen den Pharynx hin, ist er nicht zu
Radix superior (R. descendens n. hypoglossi),
verfehlen, wenn man sich an seinen Leitmuskel,
4. hinter der Vene oder zwischen Arterie und
den M. stylopharyngeus, hält. Der Nerv zieht an der
Vene, die Radix inferior (N. cervicalis descen-
lateralen Fläche des Muskels abwärts, überkreuzt
dens). Radix superior und inferior vereinigen
ihn ventral und gelangt zwischen M. stylopharyn-
sich vor den Gefäßen zur Ansa cervicalis
geus und M. styloglossus zur Schleimhaut des hin-
(n. hypoglossi), die mit ihren Ästen die Unter-
teren Drittels der Zunge. Vorher gibt er noch einen
zungenbeinmuskeln mit Ausnahme des M. thy-
feinen Ast zum M. stylopharyngeus ab.
rohyoideus versorgt.

Der N. hypoglossus betritt unterhalb des Venter


2. Trigonum caroticum (Abb. 4.119)
posterior des M. digastricus, zwischen V. jugu-
Begrenzung. Es wird begrenzt oben vom Venter laris interna und A. carotis interna das Dreieck,
posterior m. digastrici, lateral vom vorderen Rande überkreuzt in nach unten konvexem Bogen die A.

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346 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

carotis interna, die A. carotis externa sowie ihre Die zumeist starke A. thyroidea superior entspringt
Äste und verläuft mit der V. comitans n. hypoglossi aus der A. carotis externa, selten aus der A. carotis
auf der Außenfläche des M. hyoglossus zur Zun- communis. Sie wendet sich im Bogen abwärts zum
genmuskulatur. In seinem Verlauf gibt er außer der oberen Pol und zur Vorderfläche der Schilddrüse.
Radix superior noch den kleinen R. thyrohyoideus In ihrem Verlauf gibt sie oft die kleine A. laryngea
ab. superior ab, die mit dem R. internus des N. laryn-
geus superior durch die Membrana thyrohyoidea
Teilungsstelle der A. carotis communis. Sie
in das Innere des Kehlkopfes zieht. Unmittelbar
liegt in verschiedener Höhe, oft am Oberrand des
kranial vom sieht- und tastbaren großen Zungen-
4. Halswirbels. Die Lagebeziehung zum oberen
beinhorn geht aus der A. carotis externa die kräf-
Schildknorpelrand ist nicht konstant, weil der
tige A. lingualis nach ventral ab, verschwindet aber
Kehlkopf während der Jugend einen Descensus
bald unter dem M. hyoglossus. Sie wird am Hinter-
erfahrt. Die A. carotis communis ist beim Erwach-
rand dieses Muskels im Trigonum submandibulare
senen vor ihrer Teilung zum Sinus caroticus erwei-
unterbunden. In diesem Falle drängt man die Fasern
tert. Diese Ausweitung kann sich auch auf die A.
des M. hyoglossus auseinander, nachdem man
carotis interna, seltener auf die A. carotis externa
vorher die Glandula submandibularis nach oben
fortsetzen.
und den Venter posterior m. digastrici nach unten
Im Teilungswinkel (Abb. 4.52) liegt das reiskorn- gezogen hat. Die A. facialis entspringt häufig mit
große Glomus caroticum. der A. lingualis aus einem gemeinsamen Stamm,
Truncus linguofacialis, meist aber weiter kranial.
Die Lage der A. carotis externa zur A. carotis Sie wendet sich ebenfalls ventralwärts, verschwin-
interna ist fur den Chirurgen von besonderem det bald unter dem Venter posterior m. digastrici in
Interesse. In etwa 50 % steigt die A. carotis die Tiefe des Trigonum submandibulare.
externa zunächst vor und medial von der A. ca-
Drängen wir die V. jugularis interna und die
rotis interna senkrecht aufwärts, wendet sich
A. carotis communis auseinander, so finden wir in
dann, vom M. digastricus verdeckt, schräg nach
der Tiefe zwischen ihnen den N. vagus. Der N. la-
oben und außen zur Regio retromandibularis.
ryngeus superior, ein weiter kranial abgehender Ast
Die A. carotis interna zieht mit der V. jugula-
des N. vagus, schickt seinen zarten R. externus mit
ris interna und dem N. vagus leicht S-förmig
der A. thyroidea superior abwärts zum M. crico-
gekrümmt aufwärts zur Schädelbasis.
thyroideus und M. constrictor pharyngis inferior
und durchbohrt mit seinem R. internus (zusammen
Klinik: 1. Die A. carotis interna kann unterhalb mit der A. laryngea superior) die Membrana thy-
der Schädelbasis eine Schlinge bilden (Tortu- rohyoidea, um die Schleimhaut des Kehlkopfes
ositas), die die Pharynxwand vorbuchten kann bis zur Stimmritze zu versorgen. Verdeckt vom
(Achtung bei Operationen im Pharynxbereich!). Gefaß-Nervenstrang finden wir in der Tiefe noch
Da die Lage der Aa. carotides zueinander sehr den Grenzstrang des Sympathicus. Dünner als der
variiert - nach A. Faller verläuft die A. carotis N. vagus, liegt er etwas weiter medial in der tiefen
interna in 21 % dorsal, in 18% dorsomedial, Lamina der Halsfaszie. Außerdem ist er an seinem
in 5 % medial und in 9 % ventromedial von länglichen, platten Ganglion cervicale superius zu
der A. carotis externa - , beachte man bei der erkennen. Schließlich suchen wir im oberen spitzen
operativen Unterbindung, dass die A. carotis Winkel des Dreiecks, hinter der V. jugularis interna,
interna in der Regel astlos ist, die A. carotis noch den N. accessorius auf (Abb. 4.53).
externa dagegen dicht nebeneinander eine Reihe
Die kleineren Venen des Dreiecks verlaufen sehr
von Ästen abgibt. Man lege deshalb einige
variabel. I -2 Vv. thyroideae superiores ziehen
Äste (Aa. thyroidea superior, lingualis, facialis)
quer über die A. carotis communis zur V. jugularis
frei, um die A. carotis externa einwandfrei zu
interna. Oberflächlich, am Rande des M. sternoclei-
bestimmen. 2. Bei der Karotisunterbindung sind
domastoideus, treffen wir die V. jugularis externa
nach dem Spalten der bindegewebigen Scheide
an. Über die Arterien hinweg verläuft noch die
die dünnwandige V. jugularis interna und die
V. facialis, die zumeist die V. lingualis aufnimmt,
Nerven des Gefaß-Nervenstranges vorsichtig zu
zur V. jugularis interna.
isolieren und zu schonen.
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4.19 Topografische und angewandte Anatomie des Kopfes und des Halses - ausgewählte Kapitel 347

Zahlreiche Lymphknoten, Nil. cervicales profundi, körper und Ansatz der Unterzungenbeinmuskeln
begleiten das Gefäß-Nervenbündel. findet sich die Bursa subhyoidea.
3. Regio colli mediana. Sie wird oben vom
• Regio laryngea
Unterkiefer, unten vom Oberrande des Brustbeins,
seitlich von Senkrechten, die vom Sternoklavikular- Sie entspricht der Ausdehnung des Kehlkopfes und
gelenk zum Unterkiefer gezogen werden, begrenzt. liegt in Ruhestellung vor dem 5. und 6. Halswirbel-
Sie enthält den Halsteil des Luft- und Speiseweges, körper. Im Alter reicht sie etwas mehr nach unten,
die Schilddrüse und die Epithelkörperchen. Die bei Kindern liegt sie höher.
Organe liegen in einem Gleitraum, dem Spatium
viscerale colli, der vorn von den Unterzungenbein- • Regio thyroidea
muskeln und dem mittleren Blatt der Halsfaszie,
Sie entspricht der Ausdehnung der Schilddrüse.
seitlich vom Gefäß-Nervenstrang, hinten vom
tiefen Blatt der Halsfaszie begrenzt wird. In diesem
• Regio trachealis
Gleitraum können die Halseingeweide als einheit-
licher Gleitkörper beim Schlucken, Sprechen und Entspricht der Ausdehnung der Trachea.
Singen auf- und abwärtsgleiten. Wir unterteilen die
mittlere Halsgegend in 6 Regionen. In der Regio colli mediana ist außer der Drossel-
grube besonders der vorspringende Schildknorpel
leicht zu erkennen, sein Aufwärtsrücken beim
• Regio submentalis
Schlucken, Sprechen und Singen gut zu beobachten
In der Unterkinngegend, die vom Unterkiefer bis (Abb. 4.118). Beim Mann springt er kielartig vor
zum Zungenbein reicht, finden wir zwischen den und wird „Adamsapfel" genannt. Das Zungenbein
Vorderbäuchen des rechten und linken M. digas- liegt etwa 3 Querfinger unterhalb des Kinnvor-
tricus auf dem M. mylohyoideus einige kleine sprunges, an der Stelle, wo sich die Unterkinn-
Lymphknoten. Diese Nil. submentales nehmen die gegend in einem Winkel gegen den übrigen Hals
Lymphe von den Schneidezähnen und dem Zahn- absetzt. Sein Körper und die beiden großen Horner
fleisch, der Unterlippe, der Haut des Kinnes und der lassen sich gut zwischen Daumen und Zeigefinger
Zungenspitze auf und fließen in die Nil. submandi- abtasten. Unterhalb des Schildknorpels lässt sich
bulares ab (Erkrankung bei Karzinom der Unter- der Ringknorpel tasten. Nach kaudal folgt die
lippe, Schwellung bei Herpes labialis usw.!). In der Luftröhre, vor deren kranialen Knorpelringen der
Mittellinie erkennen wir die vom Zungenbein zur Isthmus der Schilddrüse liegt. Die Seitenlappen der
Spina mentalis ziehende Raphe m. mylohyoidei. Drüse sind durch die untere Zungenbeinmuskula-
tur verdeckt. Bei normaler Größe sind sie nicht zu
• Regio hyoidea erkennen. Doch schon leichte Vergrößerungen der
Drüse wölben die Gegend vor (Blähhals, Kröpf)·
Sie entspricht der Ausdehnung des Zungenbeins, Da die Drüse an Luftröhre und Kehlkopf fest
welches sich bei Ruhestellung des Kehlkopfes und angeheftet ist, nimmt sie an allen Bewegungen
normaler Kopfhaltung vor dem 4. Halswirbelkör- derselben teil.
per befindet. Körper und großes Horn lassen sich
beim Lebenden gut abtasten.
Klinik: Nottracheotomie. Zwischen Unterrand
des Schildknorpels und Oberrand des Ring-
• Regio subhyoidea
knorpels tastet man in der Medianebene eine
Sie liegt zwischen Zungenbein und Oberrand des seichte Grube. In der Tiefe verbindet hier das
Schildknorpels und entspricht der Ausdehnung der Lig. cricothyroideum die beiden Knorpel. Bei
Membrana thyrohyoidea, die von der A. laryngea Erstickungsgefahr kann dieses Band quer durch-
superior und dem R. internus des N. laryngeus trennt werden (Koniotomie).
superior durchbohrt wird. Zwischen Zungenbein-

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348 4 Kopf, Cranium, und Hals, Collum

__ — Μ sternocleidomastoideus
Α., V. o c c i p i t a l i s '

. - V. jugularis externa

Ν. occipitalis major

.. N. auricularis magnus
Ν. occipitalis m i n o r

. N. transversus [cutaneus) colli


Μ splenitis capitis - /
/
/ , Nn. supraclaviculares
x
M . trapezius / ^ (abgeschnitten)
/
x
N. phrenicus
M . levator scapulae / A cervicalis ascendens
/
. A transversa colli
N. accessorius - 7
(R. superficialis)

Plexus brachialis
N. dorsalis scapulae

y M . omohyoideus (abgeschnitten)
R. muscularis [trapezius] — / (Venter inferior),
M . scalenus anterior
N. thoracicus longus,
Μ scalenus merlins

/
y // / / ι
Nn. supraclaviculares M . scalenus posterior, A. trans- Ν., Α.. V Α., V. subclavia Nn. supraclaviculares mediales
laterales versa colli (R. profundus) suprascapularis

Abb. 4.120: Regio colli lateralis. Die Lamina superficialis der Halsfaszie, ein Teil der Clavicula und die Nn. supra-
claviculares sind entfernt

4.19.2.3 Regio colli lateralis fen wir den kaudalen Teil das Platysma. Unter dem
Platysma verlaufen die Hautnerven und -venen.
Die Regio colli lateralis besteht aus dem Trigonum Nach Wegnahme der Lamina superfacialis fasciae
omoclaviculare und dem Spatium scalenoverte- cervicalis erscheinen als Boden des Dreiecks der
brale. M. splenius capitis, der M. levator scapulae und die
Mm. scaleni.
Begrenzung. Von der Clavicula, vom Hinterrand
des Μ. sternocleidomatoideus und vom Vorderrand Die Haut sinkt oberhalb der Clavicula individuell
des M. trapezius (Abb. 4.120). Unter der Haut tref- verschieden tief zur Fossa supraclaviculars major

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4.19 Topografische und angewandte Anatomie des Kopfes und des Halses - ausgewählte Kapitel 349

ein (Abb. 4.46). In ihr kann man bei mageren Men- a. transversae colli (als Variation: A. cervicalis
schen, besonders wenn man den Kopf zur Gegen- superficialis) und die A. suprascapularis kommen
seite neigt, den unteren Bauch des M. omohyoideus aus dem Truncus thyrocervicalis, verlaufen ventral
als schräg nach medial aufsteigenden, schmalen vom M. scalenus anterior. Die A. suprascapularis
Wulst erkennen. In dieser Stellung lassen sich in verschwindet bald hinter der Clavicula, ist nur bei
der Grube auch die Nerven des Plexus brachialis stark herabgezogener Schulter weiter zu verfolgen
als derbe, von oben medial nach unten lateral und gelangt mit dem N. suprascapularis zum Margo
verlaufende Stränge durchtasten. Schiebt man in superior scapulae, wo sie in der Regel oberhalb des
der medialen, unteren Ecke der Grube den Finger Lig. transversum scapulae (der Nerv unterhalb) zu
in die Tiefe, so fühlt man deutlich den Puls der den Mm. supraspinatus und infraspinatus gelangt.
A. subclavia. Der R. superficialis der A. transversa colli zieht,
zumeist etwas ansteigend, oberflächlich durch
Auf dem M. levator scapulae zieht der N. accesso- die seitliche Halsgegend. Der R. profundus dieser
rius abwärts zum M. trapezius. Er wird meist vom Arterie entspringt oft direkt im Bereich der hinte-
gleich verlaufenden kleineren R. muscularis (aus ren Skalenuslücke aus der A. subclavia, durchbohrt
dem Plexus cervicalis) begleitet. In der Rinne zwi- meist den Plexus brachialis und teilt sich in einen
schen M. levator scapulae und Μ. scalenus medius am Hals aufsteigenden und einen am Margo medi-
zieht der N. dorsalis scapulae (aus dem Plexus alis scapulae absteigenden Ast.
brachialis) abwärts zum M. levator scapulae und
Μ. rhomboideus. Der N. thoracicus longus verläuft Über Plexusanästhesie nach Kuhlenkampff und
oft auf dem M. scalenus medius, häufig vom übri- Interskalenusblock s. Kap. 9.1.3.4.1, S. 729.
gen Plexus brachialis verdeckt. Der N. suprascapu-
2. Spatium scalenovertebrale
laris zieht zum Oberrand des Scapula.
Begrenzung. Es ist ein schmaler, dreieckiger
1. Trigonum omoclaviculare
Raum, der lateral von dem M. scalenus anterior
Begrenzung. Der untere Bauch des M. omohyoi- und medial von den Körpern der unteren Hals- und
deus begrenzt mit der Clavicula und mit dem Hin- oberen Brustwirbel, dem Oesophagus und der Tra-
terrand des M. sternocleidomastoideus eine kleine chea begrenzt wird. Dorsal reicht es bis zur Lamina
Teilregion, das Trigonum omoclaviculare. praevertebralis der Halsfaszie. Ventral ist er von der
A. carotis communis, der V. jugularis interna, den
Inhalt. Unter der Lamina superficialis der Halsfas-
unteren Zungenbeinmuskeln und dem M. sterno-
zie liegt zunächst eine stärkere Fettgewebsschicht,
cleidomastoideus bedeckt.
in der zahlreiche Lymphknoten eingebettet sind.
Nach der Entfernung des Fettes erscheint die hier Inhalt. In ihm finden wir den Anfangsteil der A.
derbe Lamina praetrachealis der Halsfaszie. Tiefer, und V. subclavia, den Truncus thyrocervicalis, die
auf den Mm. scaleni, liegt schließlich die Lamina Λ. vertebralis, die A. thoracica interna, den Trun-
praevertebralis der Halsfaszie. Nach der Durchtren- cus costocervicalis, den N. vagus, den N. laryngeus
nung der Faszie finden wir zwischen M. scalenus recurrens und den Truncus sympathicus. Links
anterior und medius (hintere Skalenuslücke) die gelangt zwischen A. carotis communis und A. sub-
starken Stämme des Plexus brachialis und ventro- clavia der Ductus thoracicus in die Region und
kaudal von ihnen dieA. subclavia. Das begleitende wendet sich dann im Bogen über die A. vertebralis
Bindegewebe geht von der Lamina praevertebralis und A. thyroidea inferior, um im Venenwinkel in
aus. In der vorderen Skalenuslücke (zwischen die venöse Blutbahn zu münden (s. Kap. 10.7.6.2,
M. scalenus anterior, M. sternocleidomastoideus S. 896).
und Clavicula) verläuft die starke V. subclavia, die
Die A. subclavia (s. Kap. 10.7.2.1.1, S. 877) liegt
am dorsalen Rande des M. sternocleidomastoideus
rechts oberflächlicher, entspringt aus dem Trun-
die V. jugularis externa aufnimmt. Das Bindege-
cus brachiocephalicus und steigt in einem flachen
webe der Lücke steht mit dem mittleren und tiefen
Bogen aufwärts. Die linke Arterie entspringt weiter
Blatt der Halsfaszie in Verbindung.
dorsal, direkt aus dem Aortenbogen. Sie liegt des-
Die kleineren Arterien des seitlichen Halsdrei- halb tiefer und steigt steil bis zur Skalenuslücke
ecks zeigen eine große Variabilität und ersetzen kranialwärts. Der N. vagus liegt rechts ventral
sich vielfach gegenseitig. Der R. superficialis von der A. subclavia, um die er den N. laryngeus
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350 4 Kopf, Cranium, u n d Hals, Collum

recurrens dorsomedianwärts zur Rinne zwischen Sternum an der inneren Brustwand abwärts. Etwas
Oesophagus und Trachea schickt; links hält er lateral von der A. thoracica interna entspringt der
sich an die ventral liegende A. carotis communis, kleine Truncus costocervicalis (A. cervicalis pro-
mit der er zum Arcus aortae gelangt. Der Truncus funda zur Nackengegend und A. intercostalis sup-
sympathicus umfasst mit einem starken dorsalen rema für den 1. und 2. Zwischenrippenraum).
und einem schwachen ventralen Stamm die A.
Links ist noch besonders auf den Ductus thoracicus
subclavia (Ansa subclavia). Die A. vertebralis
zu achten (s. Kap. 10.7.6, S. 896). Nachdem er im
entspringt als erster Ast an der Konvexität der A.
Brustraum vor dem 4. Brustwirbel die Speiseröhre
subclavia und steigt zum Foramen transversarium
dorsal gekreuzt hat, steigt er zunächst links von
des 6. Halswirbels auf. Sie wird von der A. thyroi-
ihr aufwärts, um am Hals in nach oben konvexem
dea inferior überkreuzt und von der starken gleich-
Bogen zum linken Venenwinkel zu gelangen, wo er
namigen Vene begleitet. Links wird sie noch vom
meist in die V. subclavia einmündet. Er verläuft am
Ductus thoracicus überkreuzt.
Hals dorsal vom Gefäß-Nervenbündel und ventral
von den Ästen der A. subclavia, vom Sympathicus
Klinik: 1. Dysphagia lusoria. Selten entspringt
und N. phrenicus. Er hat hier die Stärke eines Gän-
die A. subclavia dextra direkt aus der Aorta.
sefederkieles. Vielfach spaltet er sich in mehrere
Sie verläuft dann hinter der Speiseröhre nach
Gänge, was das Aufsuchen sehr erschwert.
rechts, engt diese von dorsal ein und verursacht
Schlingbeschwerden (Dysphagie). 2. Wegen
ihrer tiefen Lage ist die A. vertebralis in ihrem
Anfangsteil schwer zu unterbinden. Leichter 4.19.2.4 Regio sternocleidomastoidea
kann sie in ihrem weiteren Verlauf (zwischen
den Foramina transversaria, vom lateralen Begrenzung. Sie entspricht der Ausdehnung des
Rande des Kopfnickers aus oder zwischen Atlas M. sternocleidomastoideus, reicht vom Warzen-
und Hinterhauptsbein) freigelegt werden. Sie ist fortsatz bis zum Manubrium sterni sowie zum ster-
stets doppelt zu unterbinden (Kollateralkreislauf nalen Teil der Clavicula und trennt die Regio colli
durch den Circulus arteriosus cerebri, s. Kap. anterior von der Regio colli lateralis.
5.3.4.1, S. 443).
Inhalt. In den unteren Zweidritteln wird der
Muskel vom Platysma bedeckt. Unter dem Pla-
Der Truncus thyrocervicalis entspringt am media-
tysma verlaufen auf der oberflächlichen Lamina der
len Rand des M. scalenus anterior aus der A. sub-
Halsfaszie die V. jugularis externa, der N. trans-
clavia und zerfällt bald in seine Äste: A. cervicalis
versus colli und der N. auricularis magnus. Die
ascendens, A. transversa colli, A. suprascapularis,
Lamina superficialis der Halsfaszie umscheidet den
A. thyroidea inferior. Die letztere steigt lateral von
M. sternocleidomastoideus und liefert für ihn eine
der A. vertebralis bis zum Proccessus transversus
Führungsröhre. Zwischen dem sternalen und klavi-
des 6. Halswirbels kranialwärts, biegt hier nahezu
kulären Kopf des Muskels finden wir meist eine in
rechtwinklig nach medial um, überkreuzt die
der Größe variable Lücke, die sich am Lebenden
A. vertebralis, unterkreuzt die A. carotis commu-
als Fossa supraclavicularis minor abzeichnet.
nis und erreicht den unteren Schilddrüsenpol. Der
Truncus sympathicus kann dorsal oder ventral an Der M. sternocleidomastoideus bedeckt in den
ihr vorbeiziehen oder eine Schlinge (Ansa thyro- unteren Zweidritteln das gesamte Gefäß-Nerven-
idea) um sie bilden. Der N. laryngeus recurrens bündel (A. carotis communis, V. jugularis interna,
kann dorsal (65 %), ventral (26 %) oder zwischen N. vagus), den M. scalenus anterior, den N. phre-
ihren Ästen (9 %) verlaufen. Diese Variationen nicus, die Äste des Truncus thyrocervicalis und
müssen bei Unterbindungen der A. thyroidea infe- das Spatium scalenovertebrale (s. o.). Im oberen
rior beachtet werden. Drittel, wo die A. carotis communis bereits in das
Trigonum caroticum eingetreten ist, bedeckt der
DiQA. thoracica interna (s. Kap. 10.7.2.1.2, S. 881)
Muskel die Äste des Plexus cervicalis, den N. ac-
entspringt gegenüber dem Truncus thyrocervicalis
cessor ius und zum Teil die V. jugularis interna.
an der Konkavität der A. subclavia. Sie zieht neben
dem N. phrenicus über die Pleurakuppel median- Gefäß-Nervenstrang des Halses. Die A. carotis
und abwärts und steigt fingerbreit neben dem communis dextra entspringt hinter dem Sternokla-
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4.19 Topografische und angewandte Anatomie des Kopfes und des Halses - ausgewählte Kapitel 351

vikulargelenk aus dem Truncus brachiocephalicus.


keine Verbindungen zum Rückenmark (keine
In ihrem kaudalen Drittel ist sie von den unteren
Rr. communicantes albi), steht vielmehr nur
Zungenbeinmuskeln und vom sternalen Kopf des
durch das Ganglion stellatum mit dem Rücken-
Kopfwenders bedeckt. Sie liegt hier oberflächlicher
mark in Verbindung. Er entsendet lediglich
als die A. carotis communis sinistra, die weiter
Rami communicantes grisei aus den Ganglien in
dorsal, direkt aus dem Aortenbogen entspringt. Im
die Spinalnerven des Halses.
mittleren Drittel grenzen beide Karotiden an die
Schilddrüse und werden teilweise von ihr bedeckt.
In seinem Verlauf gibt der Halsgrenzstrang Nn.
Im oberen Drittel treten sie in das Trigonum caro-
cardiaci cervicales (superior, medius, inferior) ab.
ticum ein. Dorsolateral wird die A. carotis commu-
Die A. subclavia umfasst er schlingenförmig (Ansa
nis von der V. jugularis interna begleitet, die sich
subclavia, Vieusseni), wobei der stärkere Ast dorsal
hinter dem Sternoklavikulargelenk mit der vor dem
von der Arterie verläuft.
M. scalenus anterior verlaufenden V. subclavia zur
V. brachiocephalica vereinigt. Der N. vagus verläuft Ventrolateral zieht auf der A. carotis communis
tief in der Rinne zwischen V. jugularis interna und die Radix superior abwärts, um sich früher oder
A. carotis communis, gibt in seinem Verlaufe Rr. später mit der Radix inferior zur Ansa cervicalis
cardiaci ab und betritt zwischen A. und V. subcla- zu verbinden.
via den Brustraum. Vorher gibt der rechte N. vagus
noch um die A. subclavia den N. laryngeus recur- Der N. phrenicus aus dem Plexus cervicalis steigt
rens dexter ab. Der Truncus sympathicus steigt in neben der kleinen A. cervicalis ascendens auf der
der Lamina praevertebralis der Halsfaszie medial Vorderfläche des M. scalenus anterior abwärts,
vom N. vagus, dorsal von der A. carotis communis, gelangt an die mediale Seite des Muskels und
abwärts. Er hatte ursprünglich für jedes Segment betritt zwischen A. und V. subclavia den Brust-
ein Ganglion. Doch sind die 4 oberen zu dem läng- raum. Der Nerv liegt unter oder in der Faszie des
lichen, hinter der A. carotis interna gelegenen Gan- M. scalenus anterior (wichtig fur die Aufsuchung
glion cervicale superius, die beiden folgenden zu des N. phrenicus!). Ein Nebenphrenikus benutzt
dem inkonstanten, in Höhe der Umbiegungsstelle häufig die Bahn des N. phrenicus, die er kaudal
der A. thyroidea inferior gelegenen Ganglion cer- wieder verlässt. Er kann vor oder hinter der V. sub-
vicale medium, die beiden unteren meist mit dem clavia verlaufen, um die Vene eine Schlinge bilden
1. und 2. Brustganglion zu dem vor dem Hals der und sich anderen Nerven anschließen. Spätestens
1. Rippe, hinter dem Ursprung der A. vertebralis kranial vom Lungenhilus vereinigt er sich immer
gelegenen Ganglion cervicothoracicum (stellatum) mit dem Hauptphrenikus.
verschmolzen. Auf der Vorderfläche des M. scalenus anterior
finden wir noch 3 Äste des Truncus thyrocervicalis:
Klinik: 1. Bei einem Kröpf werden die Karoti- die A. cervicalis ascendens, die A. transversa colli
den verlagert. 2. Stellatumblockade. Der Hals- (R. superficialis) und die A. suprascapularis.
teil des Sympathicus kann durch Injektion in
Der N. laryngeus recurrens ist in der Rinne zwi-
das Ganglion stellatum temporär ausgeschaltet
schen Oesophagus und Trachea nicht zu verfehlen.
werden. Bei gelungenem Eingriff wird das
Horner-Syndrom (Miosis, Ptosis, Enophthal-
mus) hervorgerufen (s. Kap. 6.1.3, S. 567).
3. Von praktischem Interesse ist die Lage des 4.19.3 Spatium lateropharyngeum
Grenzstranges zur A. thyroidea inferior. Er kann
dorsal oder ventral von ihr verlaufen oder um
sie eine Schlinge bilden. Unterbindet man mög- Lernziele: Begrenzung des Spatium lateropha-
ryngeum, Inhalt. Verbindungen
lichst lateral, um den N. laryngeus recurrens zu
schonen, so gefährdet man den Sympathicus.
Durchtrennung des Grenzstranges ergibt krani- Es ist ein seitlich vom Pharynx gelegener, zum
alwärts einen vollständigen Sympathikusausfall, Teil von Bindegewebssepten ausgekleideter
das Horner-Syndrom und Gefaßerweiterung. Raum, in dem zahlreiche wichtige Gefäße und
Der Halssympathikus hat nämlich im Halsgebiet Nerven zusammengedrängt sind.

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352 4 Kopf, Cranium, u n d Hals, Collum

•M. buccinator

Mündung des Ductus parotideus — - Raphe pterygomandibular

Arcus et M. palatoglossus — _ Μ. masseter, Ramus mandibulae

Μ. pterygoideus medialis
Tonsilla palatina
Spatium lateropharyngeum (Pars praestyloidea)
Fascia buccopharvngea - -
Proc. styloideus mit Stylomuskeln
M. paiatopharyngeus •
Fascia parotidea (oberflächliches Blatt)
Pharynx • —
Aponeurosis stylopharyngea —
Spatium retropharyngeum, — A. carotis externa, Glandula parotidea
M. constrictor pharyngis
Lamina praevertebralis' ~ V. retromandibularis, N. facialis
Septum sagittale
- N . vagus, V. jugularis interna
Spatium lateropharyngeum,,'
(Pars retrostyloidea) A. carotis int. ~ Venter posterior m. digastrici

Truncus sympathicus, κ ~ M . stemocleidomastoideus


Lamina praevertebralis
- M . longissimus capitis
Atlas, A. vertebralis '
Fascia parotidea (tiefes Blatt)

Abb. 4.121: S c h e m a t i s c h e r Querschnitt d u r c h d a s S p a t i u m l a t e r o p h a r y n g e u m u n d die Parotisloge

(Abb. 4.121) und lateral die Glandula parotidea mit


Seine Grenzen (Abb. 4.121) bilden medial der
ihrer schwachen inneren Faszie.
Pharynx, lateral der M. pterygoideus medialis,
der Processus styloideus und die Stylomuskeln,
Gefäße und Nerven des Lateropharyngeal-
ferner die hier dünne Faszie der Gl. parotidea.
raumes: im hinteren Teil (Pars posterior, Pars
Dorsolateral grenzt er an die am Processus mas-
retrostyloidea) liegen die V. jugularis interna,
toideus ansetzenden bzw. entspringenden Mus-
die A. carotis interna, der N. vagus, der N. glos-
keln und dorsal an die Lamina praevertebralis
sopharyngeus, der N. accessorius, der N. hypo-
der Halsfaszie.
glossus und der Halsteil des Sympathicus.
Eine derbe, vom Processus styloideus und vom
M. stylopharyngeus zur seitlichen Pharynxwand Die V. jugularis interna verlässt durch das Fora-
ziehende Bindegewebsplatte {Aponeurosis sty- men jugulare den Schädel, die A. carotis interna
lopharyngea) teilt den Lateropharyngealraum in tritt unmittelbar davor in den Canalis caroticus der
2 voneinander getrennte Abschnitte. Schädelbasis ein. Die Arterie liegt deshalb im kra-
nialen Teil der Region (unterhalb der Schädelbasis)
Vorderer Teil (Pars anterior s. praestyloidea). Er
vor der Vene. Weiter kaudal lagert sich die Vene
wird vom M. pterygoideus medialis von lateral
der Arterie mehr von lateral und dorsal an. Der
her stark eingeengt und beinhaltet, von kleineren
N. vagus verlässt den Schädel im Foramen jugu-
Gefäßen und Nerven abgesehen, den M. stylohyoi-
lare, liegt zunächst dorsal der A. carotis interna,
deus, den M. styloglossus und vor allem fettreiches
legt sich weiter kaudal dieser an und liegt zwischen
Bindegewebe.
ihr und der V. jugularis interna. Der N. accesso-
Hinterer Teil (Pars posterior s. retrosyloidea). Hier rius tritt ebenfalls durch das Foramen jugulare
liegen relativ dicht nebeneinander, aber stets in durch, liegt zunächst vor der V. jugularis interna,
einem deutlichen Abstand von der Pharynxwand, wendet sich aber bald nach dorsal, um unter dem
die Gefäße und Nerven des Lateropharyngealrau- M. stemocleidomastoideus zu verschwinden.
mes. Die Grenzen dieses Teils bilden ventral des Der N. hypoglossus verlässt den Schädel durch
Proc. styloideus, seine Muskeln und die Aponeu- den Canalis n. hypoglossi. Dieser liegt medial
rosis stylopharyngea, dorsal die Lamina praeverte- und etwas dorsal vom Foramen jugulare. Daraus
bralis der Halsfaszie, medial das Septum sagittale ergibt sich die anfänglich mediale Lage des 12.
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4.19 Topografische und angewandte Anatomie des Kopfes und des Halses - ausgewählte Kapitel 353

Hirnnerven zu den oben beschriebenen Nerven, Als Lungenspitze bzw. Pleurakuppel bezeichnen
insbesondere zum N. vagus. Alsbald lagert er sich wir jenen Teil der Lunge bzw. der Pleura, der den
dem N. vagus dorsal an, um im weiteren Verlauf oberen Rand des Brustbeins und der Schlüsselbeine
auf dessen laterale Seite zu kommen. Der N. überragt. Die Lungenspitze liegt sowohl bei Ein-
glossopharyngeus hat seinen Durchtritt durch das atmung als auch bei Ausatmung der Pleurakuppel
Foramen jugulare am weitesten ventral. Er liegt an.
deshalb zunächst vor dem N. vagus und hinter der
Die Pleura reicht dorsal bis zum 7. Halswirbel,
A. carotis interna. Zwischen V. jugularis interna
ventral überragt sie den Oberrand der Clavicula um
und A. carotis interna gelangt er in eine oberflächli-
2-3, den Sternalansatz der 1. Rippe um etwa 4 cm.
chere Schicht und schließt sich unter Überkreuzung
Diese Zahlen schwanken bei der In- und Exspira-
der genannten Arterie seinem Leitmuskel, dem M.
tion und bei den verschiedenen Körperbautypen.
stylopharyngeus, an. Der Truncus sympathicus
mit seinem Ganglion cei-vicale superius liegt im
Lungenspitze und Pleurakuppel grenzen late-
Spatium lateropharyngeum am tiefesten, nämlich
ral an den Muskelkegel der Mm. scaleni, medial
im Bereich der Lamina praevertebralis der Fascia
an die großen Gefaßstämme, dorsal an den Hals
cervicalis.
der 1. Rippe und das ventral von ihm gelegene
Verbindungen des Spatium lateropharyngeum Ganglion cervicothoracium. Über die mediale
Fläche zieht die A. subclavia zur hinteren Ska-
Nach ventral hat der Raum entlang der Fascia
lenuslücke.
buccopharyngea (sie überzieht den Pharynx und
setzt sich auf die Außenfläche des M. buccinator
Über die Vorderfläche der Pleurakuppel verlaufen
fort, Abb. 4.73, 121) Verbindung mit dem Binde-
der N. phrenicus, die Vasa thoracica interna und
gewebe zur Außenfläche des M. buccinator. Nach
die A. vertebralis. Kranial lagert sich der Plexus
lateral besteht eine fast direkte Verbindung mit der
brachialis an. In einigem Abstand verlaufen ventral
Parotisloge, weil hier die Parotisfaszie sehr dünn
von der Lungenspitze noch die V. subclavia und der
ist. Nach unten hat der Lateropharyngealraum
M. sternocleidomastoideus.
Verbindung mit dem Trigonum caroticum und dem
Bindegewebsraum unter dem M. sternocleidomas-
Klinik: Ventral und lateral nur von Weichteilen
toideus. Nach medial wird er durch einen zwischen
bedeckt, ist die Lungenspitze hier Stichverlet-
Pharynxwand und tiefem Blatt der Halsfaszie
zungen leicht ausgesetzt, die zumeist mit Gefäß-
ausgespannten Bindegewebszug (Septum sagit-
und Plexusverletzungen verbunden sind.
tate, Abb. 4.121) vom Spatium retropharyngeum
getrennt.
Die Pleurakuppel ist bei der Atmung starkem Zug
Klinik: 1. Entzündungen im lateropharyngealen ausgesetzt. Da ihr eine feste Unterlage fehlt, ist
Raum können zu lebensbedrohlichen Komplika- die ihr außen anliegende Fascia endothoracica
tionen fuhren. Sie können sich in die Parotisloge zur kräftigen Membrana suprapleuralis (Gibson-
unter Einschmelzung des Septum sagittale im Faszie) verstärkt. Unter dem Zug der Lungen bilden
Retropharyngealraum ausbreiten oder in den sich in variabler Weise bandartige Verstärkungen
Halsbereich senken. 2. Es können aber auch aus (Zuckerkandl-Bänder), die von den Wirbel-
von den Tonsillen aus (durch die Pharynxwand körpern und den Rippen zur Pleurakuppel ziehen
hindurch) oder von der Parotis aus Eiterungen und ihre Form und Lage erhalten. In etwa 50 %
in diesen Raum durchbrechen. strahlt ein M. scalenus minimus (s. Kap. 4.8.2.2.3,
S. 238) vom Querfortsatz des 7. Halswirbels in die
Pleurakuppel aus. Schließlich unterstützt noch der
4.19.4 Beziehungen des Halses Zusammenhang mit dem Bindegewebe der großen
mit der Lungenspitze Gefäße und Nerven und der Skalenusfaszie die
und der Pleurakuppel Fixation der Pleurakuppel.
Lernziele: Topografie der Lungenspitzeund
Pleurakuppel, Rolle der Mm. scaleni, Gefäße
und Nerven, Fascia endothoracica

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