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Airwaymanagement

Dr. med. Heidrun Schwager


Anästhesie, Intensivmedizin, Notfallmedizin

Institut für Notfallmedizin an der Universität Witten-Herdecke


Indikationen zur invasiven Atemwegssicherung
Akute Erkrankungen: 80 % Traumapatienten: 10-20 %

Sofortige Intervention:
• anhaltender Atemstillstand bei Her-Kreislaufstillstand ( häufigste Indikation!)

Dringliche Intervention:
• Starke Atemnot
• Bewusstseinsverlust
• rasch zunehmende Schwellung
• Verletzungen der Thoraxwand

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Endotracheale Intubation

Prüfe Notwendigkeit einer Intubation bei:

• Reduziertem Bewusstseinszustand (GCS < 9)

• Zeichen einer drohenden Atemwegsverlegung, z.B. intraorale Blutung, Trachealtrauma

• Respiratorische Insuffizienz, nicht V.a. Thoraxtrauma!

• Verbrennungstrauma der oberen Ate3mwege

• Aspirationsgefahr

• Schwellung der oberen Atemwege

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Atemwegsmanagement

Die Auswahl der richtigen Intervention hängt ab von:


• der Situation auf der Station/ i. Schockraum ( Notfall vs. Geplant )
• der Erfahrung und den Fertigkeiten des Anwenders
• Begleitverletzungen

➢Zuerst einfache Maßnahmen und Hilfsmittel anwenden

➢Rückfallebene bereithalten

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Ziel:

✓ freier und sichere Atemweg

✓ adäquate Oxygenierung

✓ Adäquate Ventilation

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Besonderheiten des Notfallpatienten

• normalerweise nicht nüchtern


• nur grob orientierende Voruntersuchung
• schwierige Intubationsbedingungen werden spät erkannt ( Zeitmangel )
• kollegiale Hilfe steht im Dienst nur begrenzt zur Verfügung

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Atemwegsmanagement
Möglichkeiten

• Modifizierter Esmarch-Handgriff (Jaw Thrust, Chin Lift)

• Freimachen der Atemwege

• Naso-/oropharyngeale Tuben, Güdeltubus ( oropharyngeal), Wendel -Tubus ( nasopharyngeal)

• Supraglottische Atemwegshilfen

• Endotracheale Intubation

• Perkutane Punktionstechniken

• Chirurgischer Atemweg

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Freie Atemwege
Verlegung der Atemwege

• Rückfall der Zunge


bei Bewusstseinsstörung u./o. herabgesetzter Muskeltonus

• Fremdkörper
Nahrung, Zähne, Blut, Erbrochenes

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Erstmaßnahme:

• Überstreckung des Kopfes


• Lösung des Zungengrundes von der Rachenhinterwand

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Esmarchscher Handgriff

• Esmarchscher Handgriff
➢Aktiver Zug am Unterkiefer nach ventral und kranial

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Atmet der Patient?
Luftstrom aus Mund / Nase fühlbar?

Atemsynchrone Thoraxbewegungen
• Sichtbar ?
• Nach Auflegen der Hände fühlbar ?

Zyanose sichtbar ?
• erst ab Sauerstoffsättigung von 80% !

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Fremdkörper

• sichtbare Fremdkörper digital oder mit Magillzange fassen

• Tiefere Fremdkörper evtl. Laryngoskop / Magillzange verwenden

• Flüssigkeiten oral absaugen

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Fremdkörperentfernung

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Guedeltubus
• Oropharyngealtubus
• Harter Kunststoff
• Verschiedene Größen
• Abstand Mundwinkel / Ohrläppchen
• Einführung unter 180-Drehung
• Lösung der Zunge von der Rachenhinterwand
• KEIN Aspirationsschutz !
• Tiefe Bewusstlosigkeit nötig ( Cave: Würgen, Erbrechen)

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Güdeltubus

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Maskenbeatmung

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Endotracheale Intubation

„Gold – Standard“

• Sicherer Aspirationsschutz
• Tracheale Beatmung möglich
• Bronchialtoilette

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Endotracheale Intubation
Kontrolle der Vollständigkeit und der Funktionsfähigkeit des benötigten Material:
• Laryngoskop, Videolaryngoskop
• Handgriff, passender Spatel
• Endotrachealtubus, benachbarte Größe in Reserve
• Führungsstab
• Blockerspritze, Fixierung Beatmungsbeutel, Sauerstoff, Reservoir oder Demandventil
• leistungsstarke Absaugpumpe
• optimale Patientenlagerung
• Informierte/r Assistentin
• Magillzange
• Medikamente

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Intubationsbereitstellungsfolie

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Endotrachealtuben

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Endotrachealtuben

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Intubation

• verbesserte Jackson-Position
Intubation
• Laryngoskop in die linke Hand, Einführung vom rechten Mundwinkel

• Vorschieben unter Sicht bis in die glosso-epiglottische Falte, dabei Verdrängung der Zunge nach links

• Zug am Laryngoskop Richtung Griff

• Durch Zug Aufrichtung der Epiglottis, dadurch Blick auf / in die Stimmritze

• Einführung des Tubus unter Sicht Tiefe bei Erwachsenen: ca. 22 cm / Mundwinkel Tubus sichern / festhalten

• Führungsstab zurückziehen beim passieren der Stimmritze, Cuff VORSICHTIG blocken

• Tubuslage kontrollieren : tracheal, bronchial, ösophageal

• Korrigieren oder fixieren, Kontrolle wiederholen

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Intubation

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Intubation

Subglottische Betonung des Laryngoskopspatel

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Intubation
vorsichtig blocken
Fixierung des Tubus
Endotracheale Intubation

sichere Kriterien:
➢ Endtidales CO2
• Kapnographie
• Kapnometrie (quantitativ)

unsichere Kriterien:
➢Beidseitiges Beatmungsgeräusch ( Auskultation)
➢Symmetrische Thoraxexkursion
➢Veränderung der Hautfarbe
➢Herzfrequenz
➢Pulsoxymetrie
Narkosegerät mit Kapnometrie im Schockraum
Monitoreinheit Corpuls C 3 mit Kapnographie

Kapnographiekurve

CO2 37 mmHg
Kapnometrie / Kapnographie

➢ etCO2 zwischen 30 - 40 mm Hg halten

➢ Niedrige Werte bei Hypotonie + schlechter Perfusion

➢ Vermeidung ungewollter Hyperventilation

➢ Einsatz möglich bei:


• Spontan atmenden Patienten
• Beutel-Masken-Beatmung
• Supraglottischen Atemwegshilfen
• Endotrachealtubus

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Intubation
nach erfolgreicher Intubation :

• Beatmung

• Spontanatmung beim intubierter Patienten ineffektiv

• bei Bedarf: Analgosedierung


Intubation
• grundsätzlich im Notfall orotracheale Intubation

• Nasotracheale Intubation: technisch schwieriger

• Gefahren: Massive Blutungen


„via falsa“
Via falsa
Intubationsprobleme

• mangelnde Routine
• nicht-optimale Lagerung und Narkosetiefe
• Gesichtsverletzungen, Schwellungen

• Außergewöhnliche Situation: COVID-19

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Intubationsprobleme

• Häufigste Ursachen ausschließen:


• Lagerungsfehler
• Mangelnde Narkosetiefe

• 2. Versuch

• Bei weiterbestehendem Problem: Rückfallebene

• Maskenbeatmung
• Larynxtubus/ - maske

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Cave: Fehllagen

Erfolgsrate: 88-96%

Bei endotrachealer Intubation präklinisch, max. 2 Versuche

nicht erkannt: 6,7% ösophagale Fehllagen


10,7% endobronchiale Fehllagen

Timmermann et al ( 2007)
Difficult airways
Potentielle Gründe für eine erschwerte Intubation

• Zervikale Immobilisation

• Eingeschränkte Möglichkeit der Präoxygenierung

• ggf. unvollständige Sedierung und/oder Muskelrelaxierung

• Limitierte Anzahl an alternativen Atemwegshilfen

• Keine Kollegen/innen im Hintergrund mit weiterer Expertise im Atemwegsmanagement

• stressgeladene Gesamtsituation

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5 unabhängige Faktoren der schwierigen Maskenbeatmung

▪ Alter > 55 J.
▪ Body Mass Index > 26 kg/m2
▪ Bartträger
▪ fehlende Zähne
▪ Schnarcher

Bei 2 Faktoren ist mit schwieriger Maskenbeatmung zu rechnen!


Langeron O et al., Anesthesiology 2000:92:1229-36)
Endotracheale Intubation

➢ Rückfallebene bei Versagen

Plan B
Respiratorische Insuffizienz? + erfolgreich
- erfolglos

nein ja
Sauerstoffgabe Intubation? Videolaryngoskopie?
InvasiveMaßnahme

+ -

Maskenbeatmung

Larynxmaske, Larynxtubus

+ -
Modifizierter Algorithmus für den Notfall Koniotomie
Management bei unerwarteter schwieriger Intubation

• Lageoptimierung: verbesserte Jackson-Position (Schnüffelposition), Cave: HWS-Verletzung

• Mund-, Larynx- und Pharynxachse auf einer Linie

• BURP- Manöver nach Knill( backward, upward, right-sided pressure )

• Wechsel des Laryngoskoptypus: falls vorher nicht eingesetzt Videolaryngoskopie

• Anwendung verschiedener Führungsstäbe ( z.B. Cook-Stab)

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Indirekte Laryngoskopie
• Videolaryngoskop McGrath
• Videolaryngoskop C-MAC
• Glide Scope
• Airtraq
• Airwayscope
• Flexibles Bronchoskop

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Videolaryngoskop C-MAC

Für unerfahrene Anwender deutlich höhere Erfolgsrate!


Videolaryngoskopie beim 1. Intubationsversuch?

First-Pass Intubation Success kann die Morbidität und die Mortalität senken

>2 oder mehr Intubationsversuche:


Rate an Komplikationen wie Hypoxie, Aspiration, Herzkreislaufstillstand
steigt um den Faktor 4 - 7

181 Pat. Video-Laryngoskopie - 115 Pat. direkte Laryngoskopie


First pass Success Rate 12,6 % höher bei Videolaryngoskopie
Air Med J.Sept-Oct, 38 356-358, C. Eberlein, S.Luther, T. Carpenter, L. Ramirez

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Videolaryngoskop C-MAC

Film Videobronchoskopie
GlideScope
Mc Grath
Videolaryngoskopie

AIRTRAQR
Tubuseinführungshilfe Guide mit O2 Konnektor
Endotracheale Intubation ist nicht möglich

➢ Rückfallebene bei Versagen

Plan B
Supraglottische Atemwegshilfen

▪ „Blindes“ Einführen möglich

▪ Einfacher als endotracheale Intubation

▪ Nur bei fehlendem Würgereflex anwenden

▪ Zahlreiche Variationen und Größen verfügbar

▪ Verschließen den Ösophagus und verringern Gefahr der Regurgitation

▪ z.B. Larynxtubus, Larynxmaske, I-gel

➢CAVE: fehlender Aspirationsschutz

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Empfehlung:

Der Einsatz von extraglottischen Atemwegen soll als primäre


Strategie erfolgen, wenn den Anwendern keine ausreichende
Erfahrung in der endotrachealen Intubation vorliegt oder andere
Gründe die ETI erheblich erschweren und als sekundäre Strategie,
wenn eine endotracheale Intubation auch bei erfahrenen Anwendern
misslingt.

Prähospitales Atemwegsmangement
S1 Leitlinie 26.02.2019

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EGA: Larynxmaskentyp ( LMA)
Aufblasbarer oder fester Cuff
I-GEL-Larynxmaske
• Fester Cuff
Larynxmaske

Vorteile:

- einfach zu erlernende Methode

- geringer Zeitaufwand zum Einlegen der LMA

- keine Muskelrelaxierung notwendig

Nachteile:

- fehlender Aspirationsschutz

- Deflektion der Epiglottis bzw. deren Verletzung möglich


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Larynx-Tubus, ösophagaler Verschlusstubus
• Größe 0 (< 5 kg) bis Größe 5 ( größer als 180 cm)

• Blinde Positionierung

• Beatmung nur möglich bei Lage im Ösophagus

• Überprüfung der Lage durch Auskultation ( falls kein Atemgeräusch


zu auskultieren erneute Plazierung)

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Größen von Larynxtuben

Größe: 0 1 2 3 4 5
Farbe: transparent weiß grün gelb rot violett

Zielgruppe
Neugeborene
• < 5 kg Babys ( transparent)
• 5 - 12 kg Kinder ( weiß)
• 12 - 25 kg Kinder ( grün)
• 25 kg u, < 155 cm Erwachsene ( gelb)
• 155 - 180 cm Erwachsene ( rot)
• 180 cm Erwachsene ( violett)

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Larynxtubus Film
Komplikationen: ES FEHLEN präklinische DATEN

• Atemwegsobstruktion?
• Zungenschwellung?
• Perfusionsstörungen der Zunge?
• Mageninsufflationen?
• Endotracheale Fehllagen?

Endgültige Atemwegssicherung schwierig? chirurgischer Atemweg notwendig?

Cuffdruck < 60 cm H2O!

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Notfall - Krikothyreotomie ( Koniotomie )

Chirurgisch:
mediane Längsinzision der Haut, stumpfe Präparation, quere Stichinzision der Membrana
cricothyreoidea zwisch. Ringknorpel und Unterrand des Schildknorpels

Seldingertechnik:
Punktion der Membrana cricothyreoidea mit Spezialset und vorschieben der Trachealkanüle über
Dilatationsschleuse oder über modifizierten
Seldingerdraht, je nach Set.

Eröffnung des Ligamentum conicum

z.B. Minitach II, Tracheoquick oder Nu-Trake


Eröffnung des Ligamentum conicum
Melker Koniotomie Set
Catheter-over-needle technique-Quick-trach
Endotracheale Intubation Goldstandard ?
• ETI soll sicher beherrscht werden:
➢ Wenigstens 100 ETI am Patienten und nachfolgend 10 ETI/ Jahr

• Präklinisch max. 2 Versuche, jeweils nicht länger als 30 sec.

• Gescheiterte ETI oder bei Fehlen der Voraussetzungen extraglottische Atemwegssicherung ( EGA ) mit
Drainagekanal
➢ > 45 EGA am Patienten unter Aufsicht

• Großzügiger Einsatz des Videolaryngoskopie


➢ > 50 Anwendungen am Patienten, nachfolgend 5/ Jahr

Prähospitales Atemwegsmangement
S1 Leitlinie 26.02.2019
Zusammenfassung
• Endotracheale Intubation –„Gold Standard“

• für wen ??? Alternative: z.B. C-MAC ( wer?, wo?, wie?, warum? )

• Larynxtubus/ Larynxmaske – bei Reanimation gleichwertig? (AHA)

• Atemwegsverlegung -vitale Bedrohung höchster Priorität

• oft mit Basismaßnahmen zu behandeln

➢Plan „B“
Besonderheiten bei COVID 19
Intubation ist Hochrisikoprozedur

• Maximierung des First-Pass-Success


➢( Rasche Intubation im ersten Versuch, RSI)

• Intubation durch erfahrenstes Teammitglied


mit ausreichendem Personal (Minimum im Zimmer + Außenspringer)


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Besonderheiten bei COVID 19

• Vermeidung von Hustenstößen oder sonstigen Aerosolen

• Frühzeitige Planung um Hektik bei einer Notfallintubation zu vermeiden

• Intubationskarte: ( Größe, Gewicht,Allergien, Airwayassesment wie Tubusgröße


und Medikamentendosierung)

• Besprechung der Intubationsstrategie ABCD, benötigtes Equipment besprechen

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Besonderheiten bei COVID 19
Vorbereitung am Patienten

• Präoxygenierung mit dicht sitzender Maske möglichst Full-Face-Maske oder NIV-Helm


• Zusätzliche Schutzmaßnahmen ( Folie, Schutzwand )
• Laufende Absaugung & Katecholamine einsatzbereit

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Besonderheiten bei COVID 19
Rapid Sequence Induktion

• mit schnellwirksamen Medikamenten, immer Voll-Relaxierung:


• primär Videolaryngoskop mit separatem Bildschirm
• Keine Zwischenbeatmung
• Falls doch nötig: Zwischenbeatmung primär mit SGA
• Sofort geschlossenes System etablieren, Tubus blocken & konnektieren
• Lagekontrolle & Kapnographie, Auskultation durch PSA erschwert (Sono erwägen)

• Sorgfältiges Ablegen der PSA unter Beobachtung, um Kontamination zu vermeiden.


• Bei notwendigen Diskonnektionen Tubus immer abklemmen

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Besonderheiten bei COVID 19
• Video konventionelle Intubation Videolaryngoskopie

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