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D eutscher Bundestag

47. Sitzung

Bonn, den 9. November 1962

Inhalt:

Begrüßung des Präsidenten und einer Dele Dr. Schmid (Frankfurt) (SPD) . . . 2079 A
gation des Parlaments von Brasilien Döring (Düsseldorf) (FDP) . . . 2079 B
Präsident D. Dr. Gerstenmaier . . . 2071 A Metzger (SPD) 2079 D
Rehs (SPD) 2080 A, B
Ergänzung der Tagesordnung
Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . 2080 C
Rasner (CDU/CSU) . . . 2071 C, 2073 B
Frau Strobel (SPD) 2071 D Frage des Abg. Dr. Mommer:
Präsident D. Dr. Gerstenmaier . . 2072 C, D, Kenntnisnahme des Bundesverteidi-
2073 A, D, 2074 B gungsministers von dem Verfahren ge-
Dr. Mommer (SPD) 2072 D, 2073 C, 2074 A gen den „Spiegel"
Dr. Mende (FDP) 2073 A Strauß, Bundesminister . . . . . 2080 D,
2081 A, C, D, 2082 A, C, 2083 A, B, D,
Dr. Schmid (Frankfurt) (SPD) . . 2073 A,
2084 B, C
2074 A
Dr. Mommer (SPD) 2081 A, B
Fragestunde (Drucksachen IV/ 698, IV/ 708, Wacher (CDU/CSU) . . . . . 2081 C
IV/ 709)
Präsident D. Dr. Gerstenmaier . . 2080 D,
Präsident D. Dr. Gerstenmaier . . . 2075 B 2082 A, 2083 A, C, 2084 A, B
Dr. Koch (SPD) . . . . . . . . 2081 D
Frage des Abg. Dr. Mommer:
Ritzel (SPD) 2082 C, D
Weiterleitung des Gutachtens über den
„Spiegel"-Artikel Dr. h. c. Güde (CDU/CSU) . 2083 A, B
Strauß, Bundesminister . . . . 2075 C, D, Wittrock (SPD) . . . . . . . 2083 C
2076 A, C, 2077 A, C, 2078 A, C, D, - Erler (SPD) 2083 C, 2084 A
2079 A, B, 2080 A, B, C
Spies (CDU/CSU) . . . . . . 2084 D
Dr. Mommer (SPD) 2075 C, D
Präsident D. Dr. Gerstenmaier . . 2076 A, Frage des Abg. Dr. Schäfer:
2080 A, B, C Abhörung von Telefongesprächen
Wittrock (SPD) . . . 2076 B, 2077 A Höcherl, Bundesminister 2085 A, B, D,
Erler (SPD) . . . . 2077 B, 2078 A 2086 A, B, C
Dr. Schäfer (SPD) 2078 C Dr. Schäfer (SPD) . . . .. 2085 A, B, D
H Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 47. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. November 1962

Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . 2085 B, C legung der Grenzabfertigung usw. (Druck


Dr. Schmid (Frankfurt) (SPD) . . . 2085 D, sache IV/ 697) — Erste Beratung — . . . 2090 C
2086 A
Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Ände-
Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 2086 A
rung des Gesetzes über die landwirt-
Dr. Mommer (SPD) 2086 B schaftliche Rentenbank (Drucksache IV/
Wittrock (SPD) 2086 C 713) — Erste Beratung —
Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) . . . 2090 D
Erklärung des Bundesministers des Innern
Höcherl 2086 D Entwurf eines Gesetzes zu dem Internatio-
nalen Übereinkommen vom 13. Dezem-
Erklärung des Bundesministers der Vertei ber 1960 über Zusammenarbeit zur Siche-
digung Strauß 2087 C rung der Luftfahrt „EUROCONTROL" . 2091 A

Erklärung gemäß § 36 GO
Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen
Dr. Mende (FDP) 2089 C vom 12. Oktober 1961 mit dem König-
reich Marokko über den Luftverkehr
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des (Drucksache IV/ 447); Schriftlicher Bericht
Beförderungsteuergesetzes (Abg. Eisen- des Verkehrsausschusses (Drucksache
mann, Ramms, Dr. Löbe u. Gen.) (Druck- IV/ 689) — Zweite und dritte Beratung — 2091 B
sache IV/ 683) — Erste Beratung — . . . 2090 B
Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkom-
Entwurf eines Gesetzes zu ,dem Abkommen men vom 5. Juli 1957 mit der Türkischen
vom 30. Januar 1962 mit dem Königreich Republik über den Luftverkehr (Druck-
Dänemark zur Vermeidung der Doppel- sache IV/ 448); Schriftlicher Bericht des
besteuerung und über gegenseitige Amts- Verkehrsausschusses (Drucksache IV/ 690)
und Rechtshilfe auf dem Gebiete der — Zweite und dritte Beratung — . . 2091 C
Steuern vom Einkommen und vom Ver-
mögen sowie der Gewerbesteuer und der Ubersicht 6 über Streitsachen vor dem
Grundsteuern (Drucksache IV/ 696) — Bundesverfassungsgericht (Drucksache
Erste Beratung — 2090 B IV/ 701) 2091 D

Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen Nächste Sitzung 2091 D


vom 16. Februar 1962 mit dem Großher-
zogtum Luxemburg über die Zusammen Anlage 2093

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47. Sitzung

Bonn, den 9. November 1962

Stenographischer Bericht Abschöpfungssätzen bei der Einfuhr von ge-


schlachteten Gänsen (Drucksachen IV/ 703,
Beginn: 9.01 Uhr IV/ 717).
Dazu Herr Abgeordneter Rasner.

Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Meine Da- Rasner (CDU/CSU) : Herr Präsident! Meine Da-
men und Herren, ,die Sitzung ist eröffnet. men und Herren! Es ist richtig, daß im Ältestenrat
Vor Eintritt in 'die Tagesordnung habe ich die vereinbart worden ist, diesen Bericht, wenn der
Freude, den Herrn Präsidenten und eine stattliche Ausschuß fertig wird, heute 'auf die Tagesordnung
Delegation des Parlaments von Brasilien in unserem zu setzen. Es ist aber auch nichtig, daß die Meinungen
Hause herzlich willkommen heißen zu können. in den beteiligten Ausschüssen sehr kontrovers ge-
wesen sind. Ich gebe auch zu, daß die Sache eilbe-
(Beifall.) dürftig ist. Aber ich glaube, wir sollten, nachdem
Herr Präsident, mein verehrter Herr Kollege, dieser die Dinge so kontrovers waren, noch einmal Ge-
Beata ]. gilt dem Präsidenten und den Mitgliedern legenheit haben, sie in den Fraktionen zu beraten.
des brasilianischen Parlaments. Aber ich bin ganz Zumindest unsere Fraktion möchte das. Die Ver-
sicher, daß sich der Beifall sogleich wiederholen schiebung bis auf den nächsten Mittwoch schadet
wird, wenn ich das Haus davon in Kenntnis setze, der Sache wohl nicht. Ich erhebe infolgedessen
daß der Präsident des brasilianischen Parlaments Fristeinrede.
soeben auf der Tagung der Interparlamentarischen
Union in Brasilia zum Präsidenten der Interparla- Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Einen Augen-
mentarischen Union gewählt worden ist. blick; darauf bin ich so früh am Morgen seelisch
(Beifall.) noch nicht vorbereitet, Herr Kollege Rasner. Was
erheben Sie, Fristeinrede?
Er ist deshalb sozusagen zwar nicht Ihr, meine
Damen und Herren, aber mein Oberpräsident. Ich (Abg. Rasner: Die Drucksache ist eben erst
habe ihn also auch in dieser Eigenschaft, als Präsi- verteilt worden, Herr Präsident!)
denten der Interparlamentarischen Union, herzlich — Nun, einstweilen brauche ich eine Besinnungs-
willkommen zu heißen. pause. Inzwischen gebe ich das Wort der Frau Ab-
Wir danken bei dieser Gelegenheit für die freund- geordneten Strobel.
liche Aufnahme, die mehreren Delegationen des
Deutschen Bundestages in den vergangenen Jahren Frau Strobel (SPD) : Herr Präsident! Meine Da-
in Brasilien widerfahren ist. Insbesondere darf ich men und Herren! Die Fristeinrede von Herrn Rasner
das für eine Delegation, die ich selber geführt habe, ist nicht berechtigt. Denn wie Sie selbst sagen, ist
sagen. Aber es gilt auch für diejenigen Mitglieder im Ältestenrat vereinbart worden, daß die Vorlage
unseres Hauses, die soeben von Brasilia zurückge- wegen ihrer Dringlichkeit, wenn die Ausschüsse
kehrt sind. Auch in ihrem Namen, verehrter Herr beraten haben und der schriftliche Bericht vorliegt,
Präsident, darf ich Ihnen den Dank dieses Hauses heute behandelt werden soll. Der schriftliche Bericht
aussprechen. Ich verbinde damit die herzlichsten lag gestern abend laut Auskunft der Antragsstelle
Wünsche für Sie, für Ihre Kollegen, die Sie beglei- vor; ich habe ihn gestern , übend bekommen.
ten, für Ihr Parlament und für Ihr schönes, großes (Abg. Rasner: Das langt auch nicht, gnädige
Land Brasilien. Frau!)
(Beifall.)
Er lag vor. Er konnte also rechtzeitig verteilt wer-
Vor Eintritt in die Tagesordnung möchte ich wei- den. Im Grunde genommen haben Sie ja selber ge-
ter 'bekanntgeben, ,daß nach einer Vereinbarung im sagt, daß Sie die Sache zurückstellen wollen, um
Ältestenrat die heutige Tagesordnung ergänzt wer- noch einmal in Ihrer Fraktion zu beraten, angeblich,
den soll um die weil die Angelegenheit kontrovers sei. Nun darf ich
Beratung des Schriftlichen Berichts des Aus- Sie auf folgendes aufmerksam machen. Es haben
schusses für Ernährung, Landwirtschaft und drei Ausschüsse — der Ernährungs-, der Außen-
Forsten über die von der Bundesregierung handels- und der Wirtschaftsausschuß — über diese
vorgelegte Verordnung über die Senkung von Sache beraten. In allen drei Ausschüssen haben die
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Frau Strobel
Vertreter der CDU und der FDP geschlossen die — Doch, Herr Schmücker, das hat etwas mit der
Regierungsvorlage abgelehnt, mit Ausnahme einer Geschäftsordnung zu tun, weil Sie aus diesem
Enthaltung im Außenhandelsausschuß. Es dürfte Grunde die Verabschiedung heute verzögern. Aber
also nicht stimmen, daß die Angelegenheit zwischen ich bin der Meinung, es schadet gar nichts, wenn die
Ihnen kontrovers ist. Richtig ist, daß sie kontrovers deutschen Verbraucher einmal an einem simplen
ist zwischen den Sozialdemokraten und den Regie- Beispiel sehr deutlich sehen, daß die Regierungs-
rungsparteien, einfach deswegen, weil die Sozial- parteien in einer Zeit, in der sie von der Preis-
demokraten der Auffassung sind, daß man unter stabilität sprechen, alles tun, um die Preise in die
allen Umständen verhindern muß, daß die Weih- Höhe zu treiben;
nachtsgänse um 1 DM das Kilo, wenn nicht um (Beifall bei der SPD)
1,50 DM, teurer werden.
und das tun sie auf diese Art und Weise.
(Beifall bei der SPD.)
(Beifall bei der SPD.)
Das ist der Gegenstand der Beratung. Sie alle wis-
sen, daß die Vorlage der Regierung bezweckt — und
zwar mit Genehmigung der Kommission —, daß die Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Frau Abge-
Abschöpfungsbeträge statt mit 1 DM nur mit 40 Pfen- ordnete Strobel, ich muß Sie leider enttäuschen.
nig erhoben werden sollen, daß also die Preisver- Was Sie gestern abend in die Hand bekommen ha-
teuerung für die Weihnachtsgänse beim Großhan- ben, ist offenbar nicht eine gedruckte Drucksache,
delspreis statt 1 DM nur 40 Pfennig betragen soll; sondern ein Vorabzug gewesen. Das ist nicht eine
wobei man das „nur" in Anführungszeichen schrei- Streitfrage des Hauses, sondern das ist eine Infor-
ben muß. mation unserer Verwaltung.
Sie wissen darüber hinaus, meine Damen und (Abg. Dr. Mommer meldet sich zum Wort.)
Herren, daß — und darum geht es bei der Frage, — Einen Augenblick, Herr Kollege Mommer, damit
ob das heute behandelt werden soll oder nicht — Sie sich seelisch darauf vorbereiten können!
die ganzen Einfuhren jetzt in den Zollaufschublagern
liegen — Sie konnten das, soweit Sie es nicht (Heiterkeit.)
wußten, gestern in den Zeitungen lesen — und daß § 77 Abs. 2 der Geschäftsordnung lautet: „Die Be-
die Ware dort jeden Tag in Kühlwagen neu beeist ratungen beginnen im allgemeinen frühestens am
werden muß und daß diese Beeisung jeden Tag dritten Tage nach Verteilung der Drucksache." Und
eine Stange Geld kostet, die zum Schluß die Ver- in § 124 steht noch: „Bei Fristen wird der Tag der
braucher bezahlen müssen. Die Weihnachtsgänse Verteilung der Drucksache nicht eingerechnet." Aber
werden also nicht nur wegen der erhöhten Ab- vielleicht können Sie mir eine bessere Rechnung
schöpfung teurer, die Sie wollen — Sie verweigern vorlegen. Einstweilen ist der Kollege Rasner mit
ja die Ermäßigung der Abschöpfung —, sondern sie seiner Rechnung in der Vorderhand. — Bitte sehr!
werden auch deshalb teurer, weil Sie die Verab-
schiedung der Verordnung hier heute verzögern.
Dr. Mommer (SPD) : Herr Präsident, was Sie
Das ist das Entscheidende dabei. Sie wollen also
gesagt haben, wäre absolut logisch und zwingend,
den deutschen Hausfrauen billigere Weihnachts-
wenn nicht durch eine Vereinbarung im Ältesten-
gänse vorenthalten.
rat der Fristeinwand konsumiert wäre.
(Abg. Rasner: Wir wollen noch einmal nach
(Sehr gut! bei der SPD.)
denken!)
— Sie lachen darüber. Ich glaube nicht, daß die deut- Insofern liegt eine Drucksache vor, die, ohne daß
schen Hausfrauen diese Angelegenheit so lächerlich es möglich wäre, den Fristeinwand zu erheben, be-
finden wie Sie. raten werden kann.
- (Abg. Rasner: Das Plenum, Herr Mommer,
(Beifall bei der SPD. — Abg. Rasner: Wir
wollen nur noch einmal nachdenken!) entscheidet doch! — Weitere Zurufe.)
Darf ich schnell noch, damit Sie vielleicht doch
Ihre Entscheidung revidieren, darauf aufmerksam Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Meine Da-
machen, daß der Großhandelspreis für die Weih- men und Herren, das Florettfechten mit der Ge-
nachtsgänse im vorigen Jahr 3,10 DM war, daß er schäftsordnung, das sind die besseren Sachen im
in diesem Jahr 4,04 DM sein wird Parlament!
(Heiterkeit.)
(Hört! Hört! bei der SPD)
Herr Kollege Mommer, ich würde vor Ihrer Weis-
und daß darauf dann noch die Einzelhandelsspannen heit kapitulieren, wenn es nicht einen § 14 Abs. 2
kommen. Wenn die Hausfrauen also in diesem Jahr gäbe. Wissen Sie, was da steht? Da steht: „Bei be-
für das Kilo Weihnachtsgans mehr als 3,50 DM absichtigten Abweichungen von dem im Ältestenrat
bezahlen müssen, dann verdanken sie das Ihnen, vereinbarten Geschäftsplan des Bundestages sind
und wenn das noch teurer wird, dann verdanken sie der Präsident und die Fraktionen möglichst vorher
das Ihrer Entscheidung, daß Sie heute nicht bereit zu verständigen." Zugegeben; das ist ein Kautschuk-
sind, das zu entscheiden. paragraph, — wenn man überhaupt etwas so Un-
(Abg. Schmücker: Ihre Rede ist gut, aber ehrerbietiges von der Geschäftsordnung sagen darf.
mit der Geschäftsordnung hat sie nichts zu Das „möglichst" ist nicht gut. Meine Damen und
tun!) Herren, mir wäre es am liebsten, Sie einigten sich
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Präsident D. Dr. Gerstenmaier
I gutwillig; dann brauchte der Präsident keine bittere recht. Auf der anderen ,Seite ist bisher immer unbe-
Entscheidung zu fällen. stritten gewesen, , daß nach Vorliegen von Entschei-
Herr Abgeordneter Dr. Mende zur Geschäftsord- dungen den Fraktionen noch einmal das Recht zum
nung. Nachdenken eingeräumt werden muß.
(Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)
Dr. Mende (FDP) : Herr Präsident, ich möchte der Herr Präsident, diesmal handelt es sich um eine
Auffassung widersprechen, daß durch Vereinbarun-
— in der Tat, Frau Strobel — an sich interessante
gen im Ältestenrat Rechte der Abgeordneten dieses
Materie. Die SPD steht auf seiten der 'Regierung,
Hauses konsumiert werden könnten.
und die Koalitionsfraktionen sind anderer Meinung
(Sehr richtig! in der Mitte. — Abg. Weh als die Regierung.
ner: Sie sogar durch Koalitionsausschuß! — (Heiterkeit.)
Weitere Zurufe.)
Großartig! Da nun so 'entschieden ist, aber erst
gestern nachmittag im Ausschuß, und die Sache
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zur Ge- noch nicht hier ist, darf man wohl in den Fraktionen
schäftsordnung der Herr Abgeordnete Professor legitimerweise über diese Situation noch einmal
Dr. Schmid. nachdenken und debattieren. Dagegen ist doch
(Heiterkeit.) • nichts einzuwenden.
Einen Augenblick, Herr Kollege! Meine Damen und (Beifall bei der CDU/CSU.)
Herren, woran Sie jetzt mitwirken, sind Überlegun-
gen, wie sie der Ältestenrat jede Woche in saurer
Mühe im Interesse des Hauses anstellen muß. Ein- Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Herr Dr.
mal müssen wir das eben auch hier machen. — Bitte Mommer!
sehr, Herr Professor Schmid!
Dr. Mommer (SPD) : Herr Präsident! Das, was
Dr. Schmid (Frankfurt) (SPD) : Meine Damen und Herr Rasner gesagt 'hat, ist auch unanfechtbar.
Herren, Herr Rasner weiß schon, was ich sagen Selbstverständlich können die Fraktionen noch ein-
werde. .Er würde es an meiner Stelle auch sagen. mal darüber nachdenken, und es ist völlig legitim,
wenn Herr Rasner den Antrag stellt, den Punkt wie-
(Heiterkeit.) der von der Tagesordnung abzusetzen. Der Streit
Sie haben vollkommen recht, Herr Kollege Mende. geht darum, ob ,er draufsteht. Wenn der Fristein-
Natürlich ist dieses Haus souverän. wand möglich ist, dann steht er nicht drauf.
(Sehr richtig! bei der CDU/CSU.) (Abg. Rasner: Doch, er steht drauf!)
Es kann in seinen vier Wänden alles. Es gibt keine Es geht hier um die Absetzung des Punktes von
Instanz, die von diesem Haus abhängig und die die- der Tagesordnung. Darüber muß abgestimmt wer-
ses Haus beherrschen könnte, sei es der Ältestenrat den. Wegen 'der Dringlichkeit der Sache und wegen
oder sei es sonst ein Gremium. Das ist keine Frage. der Bedeutung 'für unsere Hausfrauen möchten wir,
Eine andere Frage ist, ob dieses Haus nicht in sich daß der Punkt heute verabschiedet wird. Die Weih-
selber vereinbart hat, die Vereinbarungen im Äl- nachtsgänse sollen eben nicht teurer werden!
testenrat als für sich verbindlich zu behandeln. Das
ist geschehen. Seit zwölf Jahren machen wir das, .(Beifall bei der SPD.)
und wir sind dabei noch nie angefochten worden.
Die Vereinbarung, von der hier gesprochen worden Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Meine Da-
ist, ist im Ältestenrat getroffen worden. Bisher ha- men und Herren, jetzt ist Schluß mit der Geschäfts-
ben es sich die Fraktionen zur Ehre angerechnet, ordnungsdebatte. — Einen Augenblick, Herr Abge-
-
solche Vereinbarungen zu honorieren. Wie sollen ordneter Dr. Mommer. Steht denn die Sache über-
wir denn im Ältestenrat überhaupt noch weiter- haupt auf der Tagesordnung? —
kommen können, wenn wir uns nicht darauf verlas-
sen können, daß das, was die Vertrauensleute der (Heiterkeit. — Zurufe von der Mitte. —
Fraktionen im Ältestenrat miteinander vereinbaren, Abg. Majonica: Das war keine Gans, son
von den Fraktionen nachher honoriert wird? Das dern eine Ente! — Abg. Mommer begibt
gehört mit zur Demokratie, und das wird auch von sich zum Präsidenten.)
dem Stolz auf die Souveränität dieses Hauses um- Meine Damen unid Herren, der Beschluß im Älte-
faßt, Herr Dr. Mende. stenrat 'heißt, daß die Tagesordnung ergänzt werden
(Beifall bei der SPD.) soil. Die heutige Tagesordnung soll ergänzt werden.
Daraus schließe ich doch, daß — —
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Noch einmal (Abg. Dr. Schmid [Frankfurt] : Der Ältesten
zur Geschäftsordnung erteile ich 'dem Herrn Abge- rat hat das vereinbart!)
ordneten Rasner das Wort.
— Ja, aber es ,gibt dann die Möglichkeit der Ein-
rede des Hauses, Herr Kollege Schmid. Wenn wir
Rasner (CDU/CSU) : Herr Präsident! Meine Da- im Ältestenrat etwas beschließen, s o geschieht das
men unid Herren! Herr Professor Schmid hat mit der doch natürlich unter dem Vorbehalt, daß das Haus
DarstelungdAbimÄtesnravölg 'dagegen keinen Einspruch erhebt. — Bitte!
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Dr. Schmid (Frankfurt) (SPD) : Herr Präsident! zu Lasten der Fragestunde. Aber ehe wir in die
Es handelt sich doch darum, ob der Punkt auf die Fragestunde eintreten, muß ich mir noch eine kurze
Tagesordnung gesetzt werden muß oder abgesetzt Bemerkung erlauben.
werden muß, mit anderen Worten: welche Gruppe Gestern abend wurde ich der unschuldige Zeuge
das Benefizium der (Stimmengleichheit haben soll. der Wiedergabe der gestrigen Fragestunde im Radio.
Ich muß sagen, das hat mich doch wieder unan-
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Ergänzt genehm an meine Amtspflichten erinnert,
werden verstehe ich so, daß der Punkt auf die (Hört! Hört! bei der SPD)
Tagesordnung gesetzt werden muß. Etwas anderes
kann ich nicht sehen. Wenn wir im Ältestenrat be- und zwar an einen lapidaren Satz in § 7 der Ge-
schließen, daß die Tagesordnung ergänzt werden soll, schäftsordnung. Der § 7 der Geschäftsordnung ist
dann bedeutet das, daß der Punkt den anderen auf einer ganzen Reihe von Kollegen wohl bekannt. Da
der Tagesordnung befindlichen Punkten neu hinzu- steht z. B. in Abs. 1 Satz 2:
gefügt werden soll. Er
(Abg. Dr. Schmid [Frankfurt] : Hinzugefügt — der Präsident —
ist ! — Zurufe von der CDU/CSU.)
wahrt die Würde und die Rechte des Bundes-
— Nein; vorbehaltlich doch der Zustimmung des tages, fördert seine Arbeiten, leitet die Ver-
dsHaßue.gSiwolnPk,t handlungen gerecht und unparteiisch und wahrt
absetzen kann? — Bitte, Herr Dr. Mommer! die Ordnung im Hause.
Was ich nun gestern gehört habe, hat mir nicht
Dr. Mommer (SPD) : Herr Präsident! Auf Grund
ganz gefallen, und ich habe mich als erster dafür
der Vereinbarungen im Ältestenrat wird dem Hause
verantwortlich zu fühlen. Vielleicht war ich schon in
ja auch eine gedruckte Tagesordnung vorgelegt,
der ersten Fragestunde in dieser Woche etwas zu
ohne daß vorher die Fraktionen befragt worden
konziliant.
sind, ob sie damit einverstanden sind, daß alle diese
Punkte auf der Tagesordnung erscheinen. Diesmal Es gibt noch einen § 44 der Geschäftsordnung. Von
haben wir nur eines nicht getan: den Punkt nicht in ihm Gebrauch zu machen, würde mir sehr leid tun.
die gedruckte Tagesordnung aufgenommen, weil der Aber ich lese ihn einmal vor. Da heißt es:
Ausschußbericht noch nicht vorlag. Aber wir waren Wenn im Bundestag störende Unruhe entsteht,
uns darüber einig, daß das so gelten soll, als sei es die den Fortgang der Verhandlungen in Frage
gedruckt, wenn 'der Bericht zeitig kommt. stellt, ..
— Ein scharfsinniger Geist könnte nachher kommen
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Schön. Meine
und sagen: der Fortgang der Verhandlungen war ja
Damen und Herren, ob Absetzung oder Aufsetzung,
höchstens in Frage gestellt, aber er war nicht un-
— hier ist eine Fristeinrede geltend gemacht wor-
möglich. Nun, die Geschäftsordnung ist hier ziemlich
den. Ich kann über die Fristeinrede nicht hinweg,
streng. Auch wenn der Fortgang der Verhandlungen
weder nach § 77 noch nach § 124 der Geschäfts-
nur in Frage gestellt ist, kann der Präsident die Sit-
ordnung. Über die Fristeinrede könnte ich nur hin-
zung schon auf unbestimmte Zeit aussetzen, sagen
weg, wenn eine Zweidrittelmehrheit dafür wäre.
wir einmal, auf Freitag nachmittag um 16 Uhr.
Wollen Sie das beantragen? — Nicht. Also die Frist-
einrede ist geltend gemacht. Spätestens an der Frist- (Heiterkeit.)
einrede bleibt die Sache hängen. Damit kann sie Das wäre eine mir ganz unsympathische Zeit, kann
heute nicht behandelt werden. ich Ihnen verraten. Vielleicht würde sie Ihnen bes-
Auch damit, meine Damen und Herren, kommen- ser passen als mir. Mir würde sie sehr schlecht
wir noch nicht zur Tagesordnung, sondern ich habe passen. Ich wäre also sehr gestraft damit. Aber der
hier noch eine lange Liste von 'sogenannten unstrit- Präsident kann außerdem, wenn es nicht mehr an-
tigen Sachen, die eigentlich in der kommenden ders geht, die Sitzung auch ganz aufheben.
Woche auf die Tagesordnung gesetzt werden soll- (Abg. Dr. Schmid [Frankfurt] : Das ist Nöti
ten, jedenfalls nach einer Besprechung im Ältesten- gung!)
rat. Ich frage das Haus, ob diese unstrittigen Sachen — Herr Kollege Schmid, stellen Sie sich vor, welche
im Interesse der schnelleren Befassung der Aus- Möglichkeiten Sie da als amtierender Präsident
schüsse vorgezogen werden können? haben!
(Abg. Rasner: Ja!) Meine Damen und Herren, ich möchte mich, wenn
Es sind samt und sonders Gegenstände, von denen, ich wieder Radio höre, weder an den § 7 der Ge-
wie gesagt, auch im Ältestenrat festgestellt worden schäftsordnung erinnert fühlen, noch möchte ich von
ist, daß sie unstrittig sind. Ist das Haus damit ein- § 44 der Geschäftsordnung Gebrauch machen, schon
verstanden, daß sie auf die Tagesordnung kommen? im eigenen Interesse nicht.
(Zustimmung.) Aber noch ein anderes, was mir gestern aufge-
fallen ist und was im Radio noch viel härter wirkt,
— Dann werde ich sie nachher aufrufen. als wenn man hier im Saal sozusagen mitwirkt, ist,
Damit sind wir endlich bei der Tagesordnung. Was daß eigentlich der Kern oder , das Wesen der Frage-
wir bis jetzt verhandelt haben, geht natürlich nicht stunde verbogen wird in eine nicht sehr geglückte
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 47. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. November 1962 2075
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Debatte. Die Fragestunde ist keine Ersatzdebatte, Wann wunde das Gutachten vom Bundesverteidigungsministe-
rium dem Bundesjustizministerium zur Weiterleitung an die
kann es gar nicht sein. Die Fragestunde ist dazu da, Bundesanwaltschaft zugestellt?
harte Tatbestände möglichst energisch und klar in
Ich kann aus meiner Vorlage nicht erkennen, ob die
ihrem Kern aufzuklären.
Frage schon beantwortet ist.
(Beifall bei der SPD. — Zuruf des Abg.
Wittrock.)
Strauß, Bundesminister der Verteidigung: Mei-
— Ich danke für die seelische Unterstützung, Herr nes Wissens, Herr Präsident, ist diese Frage gestern
Kollege Wittrock. Aber. bis jetzt habe ich noch nie- schon beantwortet worden.
manden angeklagt. Ich beabsichtige das auch gar
nicht zu tun. Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Eine Se-
Etwas anderes möchte ich Ihnen dazu noch sagen. kunde! Herr Abgeordneter Mommer, ist die Frage
beantwortet?
(Zurufe von der SPD.)
— Ach ja! Die Herren Minister sollen sich nicht Dr. Mommer (SPD) : Nein, meines Wissens nicht.
durch Zurufe provozieren lassen, sondern sollen
lediglich antworten. Das ist auch wahr. Aber die
-
Fragen sollen auch nicht verkleidete Stimmungs Strauß, Bundesminister der Verteidigung: Nach
und Meinungsmache sein, sondern sie sollen Fragen meiner Erinnerung habe ich gestern gesagt, daß das
nach dem Kern eines Tatbestandes sein. Gutachten am 9. Oktober angefordert und nach ein-
maliger Mahnung am 19. Oktober abgeliefert wor-
(Beifall bei den Regierungsparteien.) den ist.
Schließlich und endlich — darüber reden wir uns
nun schon seit einigen Jahren die Zunge wund — Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zusatzfrage?
ist der deutsche Parlamentarismus doch nun aus den
Kinderschuhen heraus. Infolgedessen könnte er Dr. Mommer (SPD) : Herr Minister, darf ich an
eigentlich ,etwas für seinen Stil tun, und das geht Sie die Frage richten, die ich dem Inhalt nach schon
z. B. jetzt die Fragestunde an. Ich vermag nicht ein- an den Herrn Innenminister Höcherl, der den Herrn
zusehen, daß zur Fragestunde ,das gehört, was offen- Justizminister vertreten hat, gerichtet habe: Wann
bar zur deutschen Parlamentsdebatte nun einmal hat nach Weiterleitung des Gutachtens des Vertei-
gehört, nämlich Beifalls- und Mißfallenskundgebun- digungsministeriums und vor der Durchführung von
gen. Weder Beifallklatschen noch Mißfallenskund Fahndungs- und Untersuchungsmaßnahmen im Bun-
gebungen sollten in der Fragestunde einen Raum desverteidigungsministerium eine Besprechung über
haben. Ich will gar nicht sagen, daß das Haus in der diese Maßnahmen stattgefunden, an der außer den
Debatte darauf verzichten sollte, aber aus der Staatssekretären Hopf und Dr. Strauß auch Sie teil-
Fragestunde sollte das verschwinden. genommen haben?
Meine Damen und Herren, das Haus kämpft doch
darum, daß das Instrumentarium der Fragestunde Strauß, Bundesminister der Verteidigung: Ich
schnittig bleibt. Ich appelliere an Sie, mir dabei zu bin nach Rückkehr aus meinem Urlaub am 16. Ok-
helfen. Ich befinde mich dabei in keiner anderen tober 1962 von dem Gutachtenersuchen der Dienst-
Position als z. B. ein Verkehrsschutzmann an einem stelle des Generalbundesanwalts und den Gründen
stürmischen und besonders heiteren Feiertag, wo informiert worden.
alles, was einen fahrbaren Untersatz hat, auf die
Straße drängt. Wenn dann irgendwo etwas nicht
schnell genug geht, wird der Verkehrsschutzmann Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Noch eine
beschimpft. Das hat doch keinen Zweck. Ich appel- -
Zusatzfrage.
liere deshalb an die Vernünftigen unter meinen
Kollegen, den „Verkehrsschutzmann" hier oben da- Dr. Mommer (SPD) : Herr Minister, wann haben
bei zu unterstützen, ihm das Handwerk leichter zu Sie eine Absprache mit Ihrem Staatssekretär über
machen und nicht schwerer. die personelle Behandlung des Komplexes „Spiegel"
Meine Damen und Herren, das alles geht nicht zu getroffen, und glauben Sie, daß die Übertragung
Lasten der Fragestunde. Die Fragestunde beginnt von Aufgaben an den Staatssekretär die politische
jetzt und endet — sagen wir — gegen 10.30 Uhr, so Verantwortung des Ministers berührt?
daß niemand sagen kann, sein Fragerecht sei be-
schnitten worden. Strauß, Bundesminister der Verteidigung: Diese
Frage gehört zu der gleichen Kategorie wie die
Wir kommen zu dem Tagesordnungspunkt: Frage, die gestern gestellt worden ist: keine An-
zeigepflichtverletzung, Anzeige-Racheakt,
Fragestunde (Drucksachen IV/ 698, IV/ 708,
IV/ 709). (Sehr gut! in der Mitte)

Wir sind bei der Frage III/3 auf Drucksache IV/ 708 wie ich gestern erzählte. Ich möchte deshalb etwas
-- des Herrn Abgeordneten Dr. Mommer —, einer zur Klärung der Hintergründe beitragen, an denen
Frage an den Herrn Bundesminister der Verteidi- Sie interessiert sind.
gung stehengeblieben: (Zurufe von der SPD. — Unruhe.)
2076 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 47. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. November 1962

Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Einen Augen- Es heißt in der Geschäftsordnung:


blick, Herr Minister! Ich würde vorschlagen, daß Sie Zusatzfragen müssen in einem unmittelbaren
Ihre Konzilianz nicht so weit ausdehnen, daß wir mit Zusammenhang mit der Hauptfrage stehen.
dem Stil der Fragestunde in Verlegenheit kommen.
Ich habe volles Verständnis für das, was Sie zu (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)
sagen wünschen, wenn Sie es hier in der Aussprache Ich will nicht in Abrede stellen, daß Ihre Zusatz-
sagen würden. Aber ich glaube, es ist besser, wir frage irgendwohin gehört, Herr Kollege Wittrock.
beschränken uns auf Frage — Antwort, Frage — Ich vermag nur nicht zu erkennen, daß sie im Sinne
Antwort. der Geschäftsordnung in einem unmittelbaren Zu-
(Beifall bei der SPD.) samenhang mit dieser Hauptfrage steht.
(Abg. Dr. Schmid [Frankfurt] : Mit der Ant
Strauß Bundesminister der Verteidigung: Ich wort! — Abg. Wittrock: Mit dem bishe
habe am 15. oder 16. Oktober meine Amtsgeschäfte rigen Frage-Antwort-Ablauf! Ich akzeptiere
wieder aufgenommen. Wie ich gestern bereits mit- selbstverständlich die Entscheidung des
teilte, hat die Dienststelle des Generalbundesan- Präsidenten, das ist ganz klar!)
walts das Bundesverteidigungsministerium am
9. Oktober um ein Gutachten ersucht. Nach der Ge- — Herr Kollege Wittrock, die Sache ist die: Der
schäftsordnung der Bundesregierung ist der Staats- Präsident ist unmöglich in der Lage, -immer scharf
sekretär, abgesehen von gewissen Gegenzeich- zu erkennen, inwiefern eine Sache in unmittelbarem
nungsfragen, der Vertreter des Ministers in allen Zusammenhang mit einer anderen steht. Es mag
seinen Rechten und Pflichten. Wenn also Staats- sein, daß er einem Fragesteller Unrecht tut, wenn
sekretär Hopf am 9. Oktober dieses Gutachtenersu- er ihn dann unterbricht. Aber man sollte das zubilli-
chen entgegengenommen und die daraus sich erge- gen, weil der Präsident nicht in der Weise in der
benden Amtspflichten gehandhabt hat, ist das eine Sache steht wie der Fragende. Ich unterstelle also,
völlig natürliche Angelegenheit. Ich habe am daß Ihre Frage in einem Zusammenhang mit der
16. Oktober, gerade als es offen war, welche weite- Hauptfrage steht. Wenn der Herr Verteidigungs-
ren Konsequenzen sich ergeben würden, Herrn minister das akzeptiert, wenn er darauf antworten
Hopf gebeten, daß er die weitere Behandlung die- will, habe ich nichts dagegen.
ser Angelegenheit übernehme, und zwar genau aus
demselben Motiv heraus, das ich gestern erklärt Strauß, Bundesminister der Verteidigung: Ich
habe: um jeden Anschein zu vermeiden, daß ich habe nicht den leisesten Grund, darauf nicht zu ant-
durch ein persönliches Eingreifen irgendwie, sei es worten, obwohl ich die Bedenken des Herrn Präsi-
1) durch Bestellung des Gutachters, sei es durch Ein- denten teile, daß hier eine Auslegung vorliegt,
flußnahme auf den Inhalt des Gutachtens, den Gang die über den schriftlich niedergelegten Rahmen der
der Dinge zu steuern versuche. Aber damit ja kein Fragestunde und der parlamentarischen Anfragen
Zweifel besteht: für das, was Herr Hopf getan hat, hinausgeht.
übernehme ich selbstverständlich die politische Ver- (Unruhe bei der SPD.)
antwortung. Nur habe ich dabei keine Amtspflichten
Der Art. 65 des Grundgesetzes kann selbstver-
ausgeübt.
ständlich nicht zur Disposition gestellt werden. Aber
(Beifall bei der CDU/CSU.)
in Abwesenheit des Ministers übernimmt der Staats-
sekretär ohnehin, abgesehen von gewissen Ein-
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zusatzfrage schränkungen, die Ihnen wohl bekannt sind, alle
des Herrn Abgeordneten Wittrock! Rechte und Pflichten seines Ministers. Das war in
diesem Falle sowieso vom 9. Oktober bis zum 15.
Wittrock (SPD) : Herr Minister, darf ich die Frage Oktober der Fall. Am 16. Oktober bin ich vom Ersu-
stellen, ob Art. 65 Satz 2 des Grundgesetzes, der da- chen 'des Generalbundesanwalts informiert worden,
lautet: daß ein Gutachten eingereicht werden soll. Ich habe
daraufhin den Staatssekretär beauftragt, alle Amts-
Innerhalb dieser handlungen, die vom Verteidigungsministerium
— vom Bundeskanzler zu bestimmenden — wahrzunehmen sind, auszuüben. Es ist mein gutes
Recht, auch das Recht eines Ministers, ohne jede
Richtlinien leitet jeder Bundesminister seinen Einschränkung des Art. 65, der vom Minister gar
Geschäftsbereich selbständig und unter eigener . nicht zur Disposition gestellt werden kann, einen
Verantwoug Staatssekretär mit der Behandlung einer bestimmten
— und das heißt: unter Verantwortung gegenüber Angelegenheit zu beauftragen. Ich habe ja vorher
dem Parlament —, nach Ihrer Auffassung in irgend- hinzugefügt, daß ich selbstverständlich, wenn Staats-
einer Weise zur Entscheidungsdisposition eines sekretär Hopf falsch gehandelt haben sollte, dafür
Ministers steht? die politische Verantwortung im Rahmen der durch
das Grundgesetz eingeschränkten parlamentarischen
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Einen Augen- Verantwortung des Bundesministers übernehme.
blick! Die Frage heißt: (Zurufe von der SPD: Also müßten Sie
Wann wurde das Gutachten vom Bundesvertei- gehen! — Warum mußte e r dann gehen?)
digungsministerium dem Justizministerium zur
Weiterleitung an die Bundesanwaltschaft zuge- Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zweite Zu-
stellt? satzfrage des Herrn Abgeordneten Wittrock!
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 47. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. November 1962 2077

Wittrock (SPD) : Herr Minister, wäre es auf Strauß, Bundesminister der Verteidigung: Abge-
Grund des Prinzips der kontinuierlichen und auch sehen davon, daß auch hier der Zusammenhang mit
im Zeitpunkt der zu treffenden Entscheidung stets der eigentlich gestellten Frage nicht mehr zu er
und ständig zu tragenden Verantwortlichkeit nicht kennen ist,
zweckmäßig und sinnvoll und allein den Prinzi- (Zustimmung bei der CDU/CSU)
pien der parlamentarischen Verantwortlichkeit ent-
sprechend gewesen, wenn Sie die Verantwortung steckt in dieser Frage eine Feststellung, deren Rich-
auf einen anderen Bundesminister übertragen bzw. tigkeit oder Unrichtigkeit ich nicht überprüfen kann.
sich selbst insoweit zurückgezogen hätten mit der Ich habe gestern den Vorgang dargestellt. Ich habe
Maßgabe, daß ein anderer Bundesminister die Ver- die Gründe dargestellt, die zu diesem Vorgang ge-
antwortung trägt? Denn nur er kann sie gegenüber führt haben.
dem Parlament tragen. (Zuruf von der SPD: Was soll denn das?)
(Zurufe von der CDU/CSU: Fragestunde!) Wenn Sie die Frage so weit ausdehnen, darf ich
auch die Gründe hier noch einmal anführen.
Strauß, Bundesminister der Verteidigung: Jetzt In der Nacht zwischen 1 und 2 Uhr hat die Siche-
weiß ich eigentlich nicht mehr, was Sie mit dieser rungsgruppe des Bundeskriminalamtes das Vertei-
Frage anstreben. Einerseits halten Sie es für mög- digungsministerium, nicht mich, verständigt, daß der
lich, daß durch diese Handlungsweise der Art. 65 Versuch, Herrn Ahlers auf Grund eines höchstrich-
zur Disposition gestellt worden sei. Andererseits terlichen Haftbefehls festzunehmen, erfolglos ge-
sagen Sie, ich hätte selbst alle Amtshandlungen wesen sei. Herr Ahlers halte sich entweder in Spa-
vollführen müssen. Ich bin fest überzeugt: wäre dem nien oder in Tanger auf. Im übrigen sei der deut-
so gewesen, dann würden die Fragen hier zwar an- sche Militärattaché unterrichtet. Es kann auch, da
ders lauten, aber eine Zielrichtung ganz bestimmter darüber ja keine Niederschriften oder Tonbänder
Art damit verbunden sein. Ich kenne ja doch die vorliegen, die Formulierung so gewesen sein: der
Terminologie, die damit gemeint ist. Ich kann gar deutsche Militärattaché habe mit dieser Reise ja
keinen anderen Minister mit meiner Stellvertretung etwas zu tun.
beauftragen außer in den Fällen, die in besonderen Wenn die Sicherungsgruppe, die bei keiner ande-
Vorschriften niedergelegt sind. Das ist z. B. die ren Festnahme das Verteidigungsministerium ver-
Stimmabgabe im Kabinett unter bestimmten Um- ständigt hat, diese Mitteilung macht, dann steckt
ständen in Vertretung des Ministers, wo Staatssekre- darin ja ein ganz bestimmter Sinn: Wir suchen je-
täre nicht stimmberechtigt sind. Das ist die Gegen- manden, der auf Grund richterlichen Haftbefehls
zeichnung unter Urkunden. festgenommen werden soll im Zusammenhang mit
dem Verdacht des Landesverrats, und das Vertei-
Über die Stellvertretung des Verteidigungsmini-
digungsministerium, eine Stelle oder eine Persön-
sters hat eine Sitzung des Verteidigungsausschus-
lichkeit aus diesem Bereich weiß über diese Reise ja
ses im Zusammenhang mit der Frage stattgefunden,
Bescheid. Damit war für uns die Notwendigkeit der
wer in Abwesenheit des Verteidigungsministers die
Amtshilfe gegeben; denn Herr Ahlers ist der Ver-
Befehls- und Kommandogewalt über die Bundes-
fasser des Artikels, der im Mittelpunkt des Ermitt-
wehr ausübt. Es war die übereinstimmende Mei-
lungsverfahrens steht. Herr Ahlers muß am besten
nung sämtlicher Mitglieder des Ausschusses, an der
wissen, wer die Informanten aus dem Dienstbereich
Spitze gerade der Mitglieder der Sozialdemokrati-
des Verteidigungsministeriums sind, nicht zuletzt
schen Partei, daß der Staatssekretär in Abwesenheit
deshalb, weil er aus seiner früheren amtlichen Tätig-
des Ministers oder in Stellvertretung des Ministers
keit sicherlich noch eine Reihe von persönlichen Ver-
alle seine Funktionen, seine Rechte und Pflichten
bindungen hat.
ausüben kann. Ich stelle hier noch einmal fest, daß
für das, was Staatssekretär Hopf veranlaßt hat, ich - Aus der Mitteilung der Sicherungsgruppe war zu
selbst die politisch-parlamentarische Verantwortung, entnehmen, daß sie an der Festnahme von Ahlers
wie sie im Grundgesetz niedergelegt ist, übernehme. gerade wegen der Aufklärung der undichten Stellen
in Bonn ein besonderes Interesse habe. Wenn nun
ein Herr des Verteidigungsministeriums von der
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zusatzfrage Reise weiß, diese Reise vielleicht organisiert oder
des Herrn Abgeordneten Erler! vermittelt habe, dann würde der Verdacht schwer
abweisbar sein, daß man, um die Informanten aus
dem eigenen Dienstbereich zu schonen, einem Herrn
Erler (SPD) : Hat nach der Weitergabe des Gut- die Ausreise ermöglicht habe.
achtens vom Bundesverteidigungsministerium an
das Bundesjustizministerium bzw. an die Bundes- Aus diesem Grunde ist nachts der Anruf der Siche-
anwaltschaft nun im Sinne der Ausführungen des rungsgruppe erfolgt. Da der Militärattaché — ich
Herrn Ministers Herr Staatssekretär Hopf, der Herr weiche dem nicht aus, das wäre eine völlig falsche
Verteidigungsminister selbst oder wer sonst mit Annahme oder Unterstellung — bei Anruf den Sach-
dem Militärattaché in Madrid, Oster, telefoniert verhalt nicht kennen wollte, sondern sagte: „Ich
und durch dieses Telefongespräch den ersten An- kenne nur die Stimme des Ministers", bin auch ich
stoß zur vorläufigen Festnahme des Ehepaars Ah- mit ihm verbunden worden und habe ihm das wie-
lers durch die spanischen Behörden unter Einschal- derholt, was vorlag:
tung von Herrn Oster gegeben? (Zurufe von der SPD: Aha.)
2078 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 47. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. November 1962
Bundesverteidigungsminister Strauß
Sicherungsgruppe des Bundeskriminalamts ruft an Dr. Schäfer (SPD) : Herr Minister, wir haben jetzt
und behauptet, daß Oberst Oster von dieser Reise gehört, daß Sie mit dem Militärattaché telefoniert
Bescheid wisse, der Herr Ahlers wird gesucht wegen haben.
des Tatverdachts des Landesverrats, gegen ihn liegt (Zurufe von der CDU/CSU: Frage!)
ein höchstrichterlicher Haftbefehl vor, er ist begrün- Wie sind Sie am Schluß des Telefongesprächs ver-
det mit Fluchtgefahr und Verdunkelungsgefahr, was blieben? Welche Anordnung haben Sie dem Militär-
geht hier vor? attaché gegeben?
Das ist eine Angelegenheit, bei der wir zur Amts-
hilfe verpflichtet waren, wenn man uns nicht den Strauß, Bundesminister der Verteidigung: Ich
unterschwelligen oder offenen Vorwurf machen habe alles, was dazu zu sagen war, gesagt nämlich
sollte, daß die Ausreise des Ahlers für einige Zeit daß es auch nach meiner Auffassung und nach mei-
organisiert worden sei, damit die undichten Stellen ner überreichten Mitteilung die Aufgabe einer jeden
aus dem eigenen Hause dadurch nicht aufgeklärt Amtsperson ist, wenn sie erstens in Kenntnis ge-
werden können. setzt wird, daß ein Haftbefehl wegen eines ver-
muteten Verbrechens vorliegt, wenn sie zweitens
(Sehr richtig! bei der SPD.) den Aufenthaltsort des Gesuchten kennt, davon die
Behörde in dem betreffenden Land zu verständigen.
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zu einer Dazu .war Herr Oster verpflichtet; das ist ihm auch
zweiten Zusatzfrage Herr Abgeordneter Erler. gesagt worden. Im übrigen ist hinzugefügt worden,
daß auf dem Polizeiwege die Übermittlung des Haft-
befehls erfolgt. Das Weitere bitte ich den Herrn
Erler (SPD) : Ist dem Militärattaché in Madrid in Innenminister zu fragen.
diesem Telefongespräch ausdrücklich gesagt wor-
den, daß er nunmehr die spanischen Behörden in Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Weitere Zu-
dem Sinne in Kenntnis zu setzen habe, daß das satzfrage!
Ehepaar Ahlers vorläufig festzusetzen sei?
Dr. Schäfer (SPD) : Also haben Sie — —
Strauß, Bundesminister der Verteidigung: Von (Zurufe von der CDU/CSU: Frage!)
einem Ehepaar Ahlers ist überhaupt keine Rede.
Auch hier steckt in der Frage wieder eine Unter- — Ich frage doch! — Haben Sie also den Herrn
stellung, die mit der Wirklichkeit überhaupt nichts Oster angewiesen, die spanischen Behörden zu in-
gemeinsam hat. formieren, und haben Sie daraufhin die Weisung
gegeben, daß das Bundeskriminalamt den Haftbe-
(Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe von fehl an die Botschaft übermittelt? Haben Sie das
der SPD. — Gegenruf von der CDU/CSU: selbst getan?
Unerhört so was!)
Gestern hat der Herr Innenminister erklärt, daß in Strauß, Bundesminister der Verteidigung: Bei
der ganzen Angelegenheit Frau Ahlers überhaupt einer so gründlichen Kenntnis der Behördenorgani-
keine Rolle spiele. . sation, wie ich sie bei Ihnen voraussetzen darf,
(Anhaltende Zurufe von der SPD.) dürfte doch bekannt sein, daß ich kein Recht habe,
dem Bundeskriminalamt irgendwelche Anweisungen
Darum ist die Fragestellung, ob irgendeine Verstän- zu geben. Ich habe eben ausgeführt, daß vom Bun-
digung spanischer Stellen erfolgt sei, daß das Ehe- deskriminalamt — Sicherungsgruppe — bekannt
paar Ahlers festgenommen werden soll, eben eine war, daß der Haftbefehl nach Spanien auf dem Poli-
Unwahrheit, die in Frageform gekleidet ist. zeiwege übermittelt werden wird. Durch wen das
Von der Sicherungsgruppe wurde den Dienststel- geschehen ist, wann, ob fernmündlich, telegrafisch,
len des Verteidigungsministeriums in der Nacht be- das ist mir bekannt. Darum konnte ich mich nicht
kannt, daß der Haftbefehl auf .dem polizeilichen kümmern, und das geht mich auch nichts an.
Wege nach Spanien übersandt werden solle. Da Aber ich darf sagen: nachdem Herr Oster von der
allein Herr Oster den Aufenthaltsort wußte und im Sicherungsgruppe genannt worden war als der
übrigen auch wußte, daß unter Umständen schon in Mann, der über die Reise Bescheid wisse, war Ver-
den nächsten Stunden eine Ausreise nach Marokko anlassung gegeben, um jeden Verdacht einer Ver-
erfolge, hat Herr Oster das getan, wozu er als nebelung oder Verdunkelung durch das Verteidi-
Bundesbediensteter verpflichtet war und was ihm gungsministerium au verhindern, Herrn Oster zu
ausdrücklich gesagt worden ist —, spanische Stellen den spanischen Behörden gehen au lassen und dort
zu verständigen, damit hier nicht unter Umständen den Sachverhalt mitteilen zu lassen. Hätte ich an-
durch eine Ausreise die Aufdeckung des Sachver- ders gehandelt, würden Sie mir mit Recht schwere
halts und damit die Klärung eines Sachverhalts, der Vorwürfe machen, nur andere, als Sie sie jetzt er-
immerhin im Strafgesetzbuch 'unter dem Rubrum des heben.
Verbrechens steht, verhindert werden kann.
(Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe von
(Beifall bei 'der CDU/CSU.) der SPD.)

Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zu einer Zu- Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zusatzfrage


satzfrage Herr Abgeordneter Dr. Schäfer. des Herrn Abgeordneten Professor Schmid!
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 47. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. November 1962 2079

Dr. Schmid (Frankfurt) (SPD) : Herr Präsident, als sich herausstellte, daß er in Ungarn sein sollte,
ich habe eine ganz einfache Frage an den Herrn wurde das Verteidigungsministerium auch nicht ver-
Minister. Herr 'Minister, was der Militärattaché ge- ständigt, weil dafür kein Grund vorgelegen hätte.
tan hat, war Tätigkeit eines Hilfsbeamten der Staats- Aber bei der versuchten Festnahme des Herrn
anwaltschaft. Glauben Sie das Recht zu haben, einen Ahlers ist der Sicherungsgruppe des Bundeskrimi-
Militärattaché zu einem Hilfsbeamten der Staats- nalamtes — sei es durch Auffinden eines Zettels, sei
anwaltschaft zu machen? es durch mündliche Mitteilung einer in der Woh-
nung angetroffenen Person — gesagt worden:
Strauß, Bundesminister der Verteidigung: Ich Warum sucht ihr Herrn Ahlers hier? Er ist in Tan-
kann mit Ihnen in Rechtsfragen schwer konkurrie- ger — es kann auch Marokko geheißen haben —,
ren. Aber nach Art. 35 des Grundgesetzes sind alle und im übrigen weiß das Verteidigungsministerium
Behörden des Bundes unid der Länder zur Amtshilfe oder der Militärattaché in Madrid darüber Bescheid!
verpflichtet. Bei der Durchführung aller vom Ge- Wenn uns gesagt worden wäre: Herr Ahlers ist
neralbundesanwalt ,getroffenen Maßnahmen, ange- nicht da, und sonst nichts, welchen Grund hätten
fangen von der Erstattung eines Gutachtens, waren wir gehabt, irgend jemanden zu verständigen?
auch Dienststellen des Verteidigungsministeriums Wenn gesagt worden wäre: Herr Ahlers ist in
im Sinne der Amtshilfe für den Generalbundesan- Urlaub in Spanien, hätte auch das nichts weiter
walt und für das Bundeskriminalamt tati.g. Sie wer- ausgelöst. Spanien ist groß, und er kann überall
den damit noch lange nicht Hilfsorgane der Staats- sein; das geht uns nichts an. Aber hier ist erstens
anwaltschaft. gesagt worden: Wir haben versucht, ihn festzu-
nehmen, zweitens: Er ist in Spanien oder Ma-
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zweite Zu- rokko, und drittens: Warum dringen wir hier ein
satzfrage! und versuchen erfolglos, ihn festzunehmen, wäh-
rend das Verteidigungsministerium Bescheid weiß?"
Dr. Schmid (Frankfurt) (SPD) : Ich habe eine In diesem Zusammenhang ist das Wort Militär-
zweite Frage, etwas anderes betreffend. Es wurde attaché in Madrid gefallen. So habe ich es in mei-
hier mit Entrüstung quittiert, daß vom „Ehepaar" nen wenigen Notizen vorgefunden. Daraufhin wurde
Ahlers gesprochen wird. Wollen Sie bestreiten, Herr Oster verständigt. Es würde sich doch ein
Herr Bundesminister, 'daß Frau Ahlers festgenom- außerordentlich merkwürdiges Zwielicht ergeben,
men worden ist? Herr Kollege Döring, wenn die Sicherungsgruppe
bei dem Versuch, ihn festzunehmen, auf der einen
Strauß, Bundesminister der Verteidigung: Das Seite erfährt, daß er in Spanien oder Marokko ist,
zu b estätigen oder zu bestreiten ist nicht meine An- und auf der anderen Seite erfährt, daß eine Dienst-
gelegenheit. Ich weiß nur, daß ausschließlich von stelle des Ministeriums darüber Bescheid weiß.
der Person die Rede war, gegen die ein höchst- Bei der Rückfrage in Madrid hat sich ergeben, daß
richterlicher Haftbefehl vorlag, sonst von nieman- Herr Ahlers auf der Durchreise zwei Stunden bei
dem. Herrn Oster gewesen ist, daß Herr Oster über den
(Zuruf von der CDU/CSU: 'Die reinste spa Unterkunftsraum Bescheid wußte, aber nicht Be-
nische Inquisition! — Heiterkeit. — Gegen scheid wußte, ob er bereits nach Tanger weiter-
rufe von der SPD.) gereist sei. Bei diesem Sachverhalt war gar keine
andere Handlungsweise möglich, als die spanischen
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zusatzfrage Behörden davon zu verständigen. Wäre das nicht
des Herrn Abgeordneten Döring! geschehen, hätten wir uns mit Recht dem Vorwurf
der Begünstigung einer Ausreise ausgesetzt, an der
Döring (Düsseldorf) (FDP) : Herr Minister, mußte wir deshalb hätten interessiert sein können, um die
man Ihre Ausführungen über den Oberst Oster da Informanten aus dem eigenen Hause zu decken. Da
-
hin verstehen, daß der Verdacht bestand, der Oberst wir, wie ich gestern betonte, nicht Interesse haben
Oster könnte möglicherweise Herrn Ahlers zur an Redakteuren — alle persönlichen Vermutungen
Flucht verhelfen? in Verbindung damit möchte ich einmal als eine
diffamierende Unterstellung bezeichnen —, sondern
Strauß, Bundesminister der Verteidigung: Ich ein Interesse haben, herauszufinden, welche Perso-
glaube, daß diese 'Formulierung nicht berechtigt ist. nen denn laufend Informationen geheimen Charak-
Aber 'die Sicherungsgruppe des Bundeskriminal- ters an Außenstehende geben, war so zu verfahren,
amts, die in dieser Nacht einige Festnahmen durch- wie verfahren worden ist.
geführt und einige Festnahmen ohne Erfolg ver-
sucht hat, hat bei keiner Aktion das Verteidigungs- (Beifall bei der CDU/CSU.)
ministerium verständigt. Es lag auch gar kein Grund
vor. Als z. B. Herr Augstein festgenommen werden Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zusatzfrage
solteundafürichendrPso des Herrn Abgeordneten Metzger!
vorübergehend festgestellt 'wurde, wurde das Ver-
teidigungsministerium nicht .verständigt, weil es Metzger (SPD) : Herr Minister, wenn Sie die, wie
nichts damit zu tun hat. Genauso war eis auch bei ich glaube, richtige Auffassung vertreten, daß Sie
den übrigen. Als Herr Schmelz, der andere militär- für alle Handlungen Ihres Staatssekretärs parlamen-
politische Redakteur, der in diesem Zusammenhang tarisch verantwortlich sind, warum mußte dann der
in Betracht kommen konnte, nicht angetroffen wurde, Staatssekretär gehen?
2080 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 47. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. November 1962

Strauß, Bundesminister der Verteidigung: Ich Strauß, Bundesminister der Verteidigung: Mir ist
glaube, Sie sind über die politischen Entscheidun davon nichts bekannt.
gen — —

Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zusatzfrage


Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Einen Augen- des Herrn Abgeordneten Schmitt Vockenhausen.
-

blick, Herr Kollege Metzger. Das kann ich nicht auch


noch zulassen; denn diese Frage ergibt sich nicht Schmitt Vockenhausen (SPD) : Halten Sie es
-

aus der Antwort des Ministers. Sie steht auch nicht für richtig, Herr Minister, auch heute wieder die
in einem Zusammenhang mit der Frage: Wann Sache Zind zur Sprache zu bringen, obwohl es sich
wurde das Gutachten zugestellt? Nein, diese Frage bei Zind um einen rechtskräftig verurteilten Mann
lasse ich nicht zu. gehandelt hat, der zur Strafverbüßung gesucht
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Rehs! wurde,
(Zuruf von der Mitte: Haftbefehl lag auch
Rehs (SPD) : Herr Verteidigungsminister, hat das da vor!)
Verteidigungsministerium dem Bundeskriminalamt und obwohl ganz andere rechtliche Bestimmungen
nahegelegt, hat es angeregt, veranlaßt, dem Militär- dafür maßgebend sind?
attaché in Madrid telegrafisch den Text des gegen
Ahlers ergangenen richterlichen Haftbefehls zu (Zuruf von der Mitte: Ist die Frage auch
übermitteln, der sonst ja nur auf dem Polizeiwege noch zulässig? — Weitere Zurufe.)
an die spanische Polizei gelangt wäre?
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Einen Augen-
Strauß, Bundesminister der Verteidigung: Ich bin blick — —
über die internen Maßnahmen des Bundeskriminal- (Weitere Zurufe.)
amts und über seine Praxis bzw. über die Praxis der Einen Augenblick, Herr Abgeordneter Schmitt-
Sicherungsgruppe nicht unterrichtet. Ich weiß nur Vockenhausen! Ich bezweifle, daß diese Frage nach
aus diesem Verfahren, daß es üblich zu sein scheint, der Geschäftsordnung zulässig ist.
einen solchen Haftbefehl einmal an die Botschaft (Sehr richtig in der Mitte.)
zu geben, in diesem Fall zu Händen des Militär-
attachés, in anderen Fällen auf dem Wege des Feststellungen oder Wertungen dürfen die Zusatz-
Polizeifunks unmittelbar an die zuständigen poli- fragen nicht enthalten. Es sind gestern schon Wert-
zeilichen Stellen dieses Landes. In einem Fall, bei fragen gestellt worden. Das ist absolut verboten und
dem die Verhältnisse rechtlich offensichtlich wesent- ausgeschlossen durch die Geschäftsordnung, d. h.
lich schwieriger liegen, nämlich bei dem Fall Zind, durch die Richtlinien für die Fragestunde Ziffer 14
ist genauso verfahren worden. Darum würde ich bit- Abs. 3.
ten, daß der Herr Innenminister diese Antwort über- Jetzt gehe ich weiter zur nächsten Frage — Herr
nimmt, weil ich nicht aus der internen Praxis des Abgeordneter Dr. Mommer, das ist Ihre Frage III/4
Bundeskriminalamts hier über die Einzelheiten be- — aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers
richten kann. der Verteidigung:
Wann hat der Herr Bundesverteidigungsminister erstmals von
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Einen Augen- dem gegen den „Spiegel" eingeleiteten Vertahren Kenntnis er-
blick, Herr Minister. Das kann ich gar nicht zulassen. halten?

Jetzt sind wir beim Geschäftsbereich des Bundes- Herr Bundesminister der Verteidigung, Sie sind
ministers für Verteidigung. Die Einteilung der Ant- gefragt mit der Frage III/ 4 des Herrn Abgeordneten
worten liegt völlig in der Hand der Regierung. Die Dr. Mommer.
Regierung entscheidet, wer welche Frage beantwor-
tet. Aber ich muß mich hierbei an die Ordnung -
halten. Wenn wir es anders machen, Herr Minister, Strauß, Bundesminister der Verteidigung: Die
geraten wir natürlich in eine immer weitere Aus- Frage III/ 4 — Herr Präsident, erlauben Sie mir die
wucherung der Debatte, und das ist nicht der Sinn Bemerkung — beantworte ich zum dritten oder zum
der Fragestunde. vierten Male.
(Zurufe von der SPD.)
Strauß, Bundesminister der Verteidigung: Ich
habe dafür volles Verständnis. Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Herr Frage
steller, — —

Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Ich muß den


Ablauf der Fragestunde jetzt zusammenhalten. — Strauß, Bundesminister der Verteidigung: Die
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Rehs. Frage heißt: Wann hat der Herr Bundesverteidi-
gungsminister — —

Rehs (SPD) : Meine Zusatzfrage, Herr Minister,


besteht in einer Wiederholung der Frage, da Sie Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Einen Augen-
sie nicht beantwortet haben: Hat das Verteidigungs- blick, Herr Minister, das ist möglich, wenn sie schon
ministerium die Übermittlung des Haftbefehls an der Substanz nach in Zusatzfragen wiedergekehrt
Oster beim Bundeskriminalamt veranlaßt, nahege- ist. Dann steht es Ihnen frei zu sagen, daß Sie sie
legt, oder hat es dies nicht? schon beantwortet haben; dann ist die Sache aus.
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 47. Sitzung. ¡Bonn, Freitag, den 9. November 1962 2081
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Aber wenn Sie feststellen, daß Sie sie jetzt zum wirkt haben, es also nicht möglich ist, zu sagen, daß
vierten Male beantworten wollen, dann will ich Sie Sie mit dem Verfahren nichts, gar nichts zu tun
daran nicht hindern, bitte sehr. hatten?

Strauß, Bundesminister der Verteidigung: Ich Strauß, Bundesminister der Verteidigung: Herr
glaube, es ist im Interesse des Hauses, sich dann die Kollege Mommer, auch diese Fragestellung ist in
Zeit zu ersparen. dieser Form unzutreffend,
(Zurufe von der SPD)
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Gut, ausge- und zwar unzutreffend, weil sie eine Behauptung
zeichnet! Zusatzfrage, Herr Dr. Mommer! enthält, die unzutreffend ist. Ich habe mit der In-
gangsetzung des Verfahrens und mit den Amtshand-
Dr. Mommer (SPD) : Herr Minister, glauben Sie, lungen des Verteidigungsministeriums bis zur Durch-
daß Sie nach dem, was Sie uns heute über Ihre führung der staatsanwaltschaftlichen Maßnahmen,
Information und über Ihre Mitwirkung in dieser die in der Nacht bereits vom Rundfunk mitgeteilt
Sache gesagt haben, noch die Behauptung aufrecht- worden sind, bevor ich telefonisch verständigt wor-
erhalten können, die Sie in der Öffentlichkeit auf- den bin, nichts zu tun. Denn meines Wissens ist
gestellt haben, daß Sie nämlich mit diesem ganzen bereits um 12 Uhr nachts oder kurz darauf eine
Verfahren nichts, gar nichts zu tun hatten? Rundfunkmeldung erfolgt.
(Sehr gut! bei der SPD.)
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Eine Zusatz-
frage des Herrn Abgeordneten Wacher!
Strauß, Bundesminister der Verteidigung: Ich
darf nur die Fakten noch einmal aufzählen und dann
daraus gewisse, auf der Hand liegende Schlußfolge- Wacher (CDU/CSU) : Darf ich, nachdem Herr Mi-
rungen ziehen. nister Höcherl gestern weitere Auskünfte über die
(Zurufe von der SPD.) Verhaftung von Herrn Ahlers in Aussicht gestellt
hat, die Regierung fragen, ob sie heute bereit ist,
Der Generalbundesanwalt hat am 9. Oktober das
durchenMsImiterdAus-
Verteidigungsministerium um ein Gutachten ersucht, künfte zu erteilen?
oder richtiger ausgedrückt, darum ersucht, daß ein
Gutachter ein Gutachten erstattet. Ich habe davon
nichts gewußt. Bis zum 16. Oktober war ich mit Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Herr Abge-
1 Ausnahme eines Tages, an dem ich die Amtsge- ordneter Wacher, das lasse ich nicht zu. Ich halte
schäfte noch nicht übernommen hatte, sondern nur mich hier an dieses Schema, an das ich mich halten
der außenpolitischen Debatte beiwohnte und an- muß. Wo kommen wir sonst hin! Wir befinden uns
schließend zu einem Parteikongreß fuhr, in Urlaub. jetzt beim Geschäftsbereich des Bundesministers der
Ich habe am 15. Oktober die Amtsgeschäfte wieder Verteidigung. Anschließend kommt der Geschäfts-
aufgenommen, bin am 16. Oktober von dem Er- bereich des Bundesministers für ,das Post- und Fern-
suchen um ein Gutachten informiert worden und meldewesen. Wenn Sie eine Frage haben, müssen
habe meinen Staatssekretär beauftragt, die dem Ver- Sie sehen, daß Sie sie in einem ursächlichen Zusam-
teidigungsministerium eventuell zufallenden Amts- menhang mit der Hauptfrage als Zusatzfrage plazie-
handlungen zu übernehmen. So ist es geblieben bis ren können. Können Sie das, dann bekommen Sie
zu der Nacht von Freitag auf Samstag, als ich davon dazu das Wort. Geht ,das nicht, dann kann ich Ihnen
verständigt wurde, daß Herr Ahlers angeblich mit das Wort nicht geben.
Wissen des deutschen Militärattachés seine Reise Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Koch!
in das Ausland unternommen habe.
-
Dr. Koch (SPD) : Herr Minister, war Ihnen, als
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zusatzfrage! Ihr Staatssekretär in Überschreitung seiner Befug-
nisse seinen Kollegen Dr. Strauß bewog, den Herrn
Dr. Mommer (SPD) : Herr Minister, würden Sie Justizminister von dem Anlaufen der Verhaftungs-
mir dann widersprechen, wenn ich feststelle, daß Sie aktion gegen den „Spiegel" nicht zu informieren,
für die Tätigkeit des Ministeriums insgesamt in die- etwas davon bekannt, daß Ihr Staatssekretär inso-
ser Sache — — fern seine Befugnisse überschritt?
(Zurufe von der CDU/CSU: Kein Zusam
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Halt, halt, menhang!)
Herr Kollege Mommer! Zusatzfragen dürfen keine
Feststellungen oder Wertungen enthalten, — steht Strauß, Bundesminister der Verteidigung: Mir ist
hier in Ziffer 14 Abs. 3. nichts davon bekannt, daß der Herr Staatssekretär
seine Befugnisse überschritten hat. Aber ich darf
Dr. Mommer (SPD) : Ist es richtig, daß Sie die in diesem Zusammenhang — und ich bitte den
politische Verantwortung für die Gesamteinschal- Herrn Präsidenten, diese Bemerkung zu verstehen
tung des Ministeriums hatten und daß Sie im übri- — erwidern, daß mir hier der Zusammenhang mit
gen auch persönlich — ob zu Recht oder Unrecht, dem Text der Frage auch bei bestem Willen nicht
jedenfalls tatsächlich — in dem Verfahren mitge- erkennbar erscheint. Ich darf weiter bemerken — —
2082 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 47. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. November 1962

Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Einen Augen- meinen, es sei unverzichtbar, daß Sie das dem
blick, Herr Minister! Sie haben zwar recht, aber ich Hause mitteilen.
hätte diese Feststellung soeben lieber selber ge- (Zuruf des Bundesinnenministers Höcherl:
troffen. Ich werde mich anschließend melden!)
— Ja, .aber ich mache 'darauf aufmerksam: wenn Sie
Strauß, Bundesminister der Verteidigung: Ich es tun, dann schließt sich daran eine Aussprache an,
möchte auch nicht das System der Arbeitsteilung -wenn das Haus das will. Ich kann nicht a nders, als
hier empfehlen, Herr Präsident, aber mir trotzdem die Geschäftsordnung 'halten. Überlegen Sie sich das
den Hinweis erlauben, daß heute Fragen im Zu- zunächst einmal!
sammenhang mit der Festnahme des Herrn Ahlers
gestellt, nicht beanstandet und beantwortet worden Zu einer Zusatzfrage Herr Ritzel.
sind, ohne daß sie mit dem Text der heute vorlie-
genden Fragen das geringste zu tun haben. Ritzel (SPD) : Herr Bundesverteidigungsminister,
in Erinnerung an Ihre gestrige oder vorgestrige Mit-
teilung, daß ,Sie mit der Angelegenheit nichts zu tun
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Das ist ganz hätten, darf ich mir die Frage gestatten: Wie erklä-
gewiß. ren Sie diesen Widerspruch gegenüber Ihrer heuti-
gen Mitteilung, daß Sie mit dem Herrn Oster tele-
Strauß, Bundesminister der Verteidigung: Darum foniert haben und daß ihm vom Verteidigungs-
glaube ich, daß auch der Herr Innenminister das ministerium aus entsprechende Weisungen — wohl
Recht haben sollte, in Fortsetzung dessen, was ich durch iSie selbst — gegeben worden seien, auf die
gesagt habe, seine Auskunft zu geben. Verhaftung ,hinzuwirken?
(Beifall bei der FDP. — Abg. Dr. Schäfer: Strauß, Bundesminister der Verteidigung: Ich
Das ist Sache des Präsidenten!) habe die Frage eines Journalisten, ob ich mit der
In,g angsetzung des Verfahrens und mit den weite-
.

Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Bei dieser ren Maßnahmen, insbesondere mit der Durchfüh-
Gelegenheit exerzieren wir unsere gesamte Ge- rung oder mit der Entscheidung über die Einleitung
schäftsordnung von hinten bis vorn durch. — Ab bundesanwaltschafticher Maßnahmen irgendetwas
und zu muß auch der Präsident etwas sagen, Herr zu tun habe, verneint, weil ich vom 9. Oktober, wo
Kollege. Deshalb müssen Sie, Herr Dr. Güde, sich das Ministerium zum erstenmal davon erfahren habe,
noch ein bißchen gedulden. — E s sind noch ein paar bis zum 15. Oktober überhaupt nicht anwesend war.
I andere Fragesteller vor Ihnen dran. Ich wußte, habe ich weiterhin erklärt, daß ein Gut-
achten angefordert wird. Das habe ich auch hier er-
Herr Bundesverteidigungsminister, die Regierung klärt. Am 16. Oktober bin ich von dem Gutachten-
hat enstens das große Vorrecht, die Antwort zu ersuchen informiert worden. Weiter bin ich in dieser
geben, die ihr richtig erscheint. Sie kann die Ant- Angelegenheit nicht mehr befaßt worden, bis die
wort auch verweigern. Zweitens hat die Regierung Mitteilung kam, daß die Reise eines der Haupt-
das 'verfassungsmäßig verbriefte Recht, jederzeit beschuldigten durch das Verteidigungsministerium
das Wort zu nehmen. Das ist zwar nicht immer ganz organisiert worden sei. Damit ist die Auskunft, daß
sinnvoll; das haben wir auch schon erlebt. ich mit Ingangsetzung des Verfahrens und mit den
Maßnahmen, die der Generalbundesanwalt, seiner
(Heiterkeit.) Amtspflicht folgend, für notwendig gehalten hat,
persönlich nichts zu tun habe, zutreffend. Wenn es
Aber dais Recht haben Sie, und das steht selbstver- anders wäre, wäre es auch unvereinbar mit der Ab-
ständlich auch dem Herrn Bundesminister des In- grenzung der Kompetenzen.
nern, auch in 'diesem Zusammenhang, zu, wenn er
das für richtig und notwendig hält. Nur, Herr Bun- (Beifall 'bei der CDU/CSU.)
desminister des Innern, wenn Sie jetzt in diesem
Sinne das Wort verlangen und ,sich auf die Verfas- Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zweite Zu-
sung 'berufen — ich glaube, es ist Art. 43 —, dann satzfrage des Her rin Abgeordneten Ritzel.
sprengt das die Fragestunde. Ich hatte vorgestern
schon den Fall, daß ein Herr aus 'dem Bundesrat Ritzel (SPD) : Herr Minister, da Ihnen die Zu-
gern eine Erklärung abgegeben hätte. Ich verstehe, sammenarbeit zwischen den Herren Ahlers und
daß diese Erklärung zu der Sache, die hier zur De- Oster aus der Zeit des Amtes Blank bekannt ist, da
batte stand, gehörte. Ich mußte ihn trotzdem darauf SieauchsrlHnAepsöichkatn
aufmerksam machen, daß ich ihm, wenn er darauf und Herrn Oster persönlich kennen, darf ich mir die
bestehe, das Wort geben müsse — denn in der Ver- Frage gestatten: Kamen Sie im Verteidigungsmini-
fassung heißt es ausdrücklich „jederzeit" —, daß sterium nicht auf den Gedanken, angesichts dieser
aber dann die Fragestunde gesprengt würde; denn persönlichen Kenntnis eines bis dahin unbescholte-
dann kann anschließend eine allgemeine Aussprache nen Mannes, eben des Herrn Ahlers, zunächst ein-
im' Hause beginnen. Das ist klar. Ich bitte Sie also, mal 'über den befreundeten Herrn Oster den Ver-
mir nicht die ;ganze , Geschichte noch dadurch zu kom- such zu machen, den Herrn Ahlers, der sich seiner
plizieren. Lassen Sie uns in diesem Fahrplan weiter- Verantwortung sicherlich nicht entzogen haben
fahren. Vielleicht gibt es dann nachher eine Mög- würde, 'zur freiwilligen Rückkehr zu bewegen?
lichkeit, Herr Bundesminister des Innern, wenn Sie (Lachen bei der CDU/CSU.)
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 47. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. November 1962 2083

Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Herr Abge- Wittrock (SPD) : Gestützt auf den Sachzusammen-
ordneter Ritzel, ich vermag hier den Zusammen- hang Ihrer Antwort auf die Frage des Abgeord-
hang mit der Hauptfrage überhaupt nicht mehr zu neten Dr. Koch frage ich: Herr Minister, wenn der
erkennen. Die Frage kann ich nicht zulassen. Staatssekretär Hopf im Rahmen seiner Befugnisse
gehandelt hat, warum erfolgte dann gegen ihn eine
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Güde.
politische Maßregelung?
(Zuruf von der CDU/CSU: Frage 4! — Wei
Dr. h. C. Güde (CDU/CSU) : Herr Bundesminister, tere Zurufe.)
weil das mit der letzten Zusatzfrage des Herrn
Kollegen Dr. Mommer noch einmal in Zweifel ge- Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Herr Kollege
stellt worden ist, darf ich Sie fragen: Ist es so, daß Wittrock, ich kann die Frage nicht zulassen. Wann
das Bundesverteidigungsministerium, also sowohl hat der Herr Bundesverteidigungsminister von dem
Sie selbst, Herr Minister, als das Ministerium, auf Spiegel-Verfahren Kenntnis erhalten? — Das ist
die Einleitung des Verfahrens überhaupt keinen das Thema.
Einfluß genommen haben und daß die Entscheidung (Zurufe.)
über die Einleitung und Durchführung des Verfah-
rens ebenso nicht vom Bundesverteidigungsministe- — Nein, ,ich kann eine Zusatzfrage vielleicht noch
rium beeinflußt worden ist? zulassen, wenn in der Antwort des Verteidigungs-
ministers oder eines anderen Ministers Ansätze für
diese Zusatzfragen gegeben sind; wenn sie aber
Strauß, Bundesminister der Verteidigung: Ich überhaupt und soweit vom Thema der Hauptfrage
habe gestern bereits erklärt und wiederhole es, daß ab liegt, kann ich sie nicht mehr zulassen. Wir
das Verteidigungsministerium in keiner Form, Herr drehen uns sonst im Kreise. Ich habe den Ehrgeiz,
Kollege Güde, Anzeige erstattet hat. Daraus ergibt mit diesen Fragen heute fertig zu werden. Darum
sich aber die selbstverständliche Frage: „Warum müssen wir uns jetzt ein wenig ranhalten. In 20
hat es nicht Anzeige erstattet? Liegt hier nicht eine Minuten ist es vorbei.
mögliche Amtspflichtverletzung vor?" Auf diese
Frage habe ich auch gestern und in der Öffentlich- Herr Abgeordneter Erler, Zusatzfrage!
keit festgestellt, daß durch den Anruf eines Beam-
ten, eines Bundesanwalts, bei einem führenden Ab- Erler (SPD) : Herr Präsident, nur eine Bemerkung
wehr-Offizier am 9. Oktober und ferner durch die zur Technik der Fragestunde. Natürlich wäre es
am gleichen Tage noch erfolgte Anforderung eines dann auch erwünscht, daß die Antworten der Mini-
Gutachtens bekanntgeworden ist, daß der General- ster sich präzise an die Fragen hielten, um nicht
bundesanwalt ex officio ein Ermittlungsverfahren Raum für weitere Nebendebatten zu geben.
wegen Landesverrats eingeleitet hat. Damit steht (Zurufe von der CDU/CSU: Frage! — Wei
erstens fest, daß keine Anzeige erstattet ist und tere Zurufe.)
erstattet zu werden brauchte, und damit steht zwei- — Das war eine Bemerkung zur Geschäftsordnung.
tens fest, daß das Ministerium, nachdem der Gene-
ralbundesanwalt ex officio eingeschritten war, ein Nun kommt meine Frage: Hat nach dem 16. Ok-
Ermittlungsverfahren eingeleitet hatte, davon durch tober und vor dem 28. Oktober im Verteidigungs-
den eben geschilderten Vorgang unterrichtet wor- ministerium eine Besprechung über die weiteren
den ist. Maßnahmen im Zuge des eingeleiteten Ermittlungs-
verfahrens stattgefunden, an , der außer Herrn
Staatssekretär Hopf und Herrn Staatssekretär Strauß
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zweite Zu- auch der Herr Verteidigungsminister selbst teilge-
satzfrage des Abgeordneten Dr. Güde. nommen hat?
(Zuruf von der CDU/CSU: Ist doch schon
Dr. h. c. Güde (CDU/CSU) : Herr Minister, darf - beantwortet!)
ich fragen: Das entspricht doch wohl auch der Er- — Nein, tut mir leid, ist nicht beantwortet!
fahrung, die Sie in anderen Fällen gemacht haben?
Daß die Bundesanwaltschaft in solchen Fällen ex Strauß, Bundesminister der Verteidigung: Ich
officio einschreitet, das ist keine Anomalität in möchte eine grundsätzliche Bemerkung machen.
diesem Verfahren, oder doch? (Zurufe von der SPD: Aha! Schon wieder!
— Weitere Zurufe.)
Strauß, Bundesminister der Verteidigung: Mir
sind die Einzelheiten der Einleitung anderer Ver- Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Einen Augen-
fahren in fast keinem Falle bekanntgeworden. Ich blick! Herr Minister, Sie dürfen die Antwort ver-
weiß z. B. bis heute nicht, ob das Einschreiten ge- weigern.
gen den Leitenden Regierungsdirektor Fuhrmann
von den Dienststellen meines Hauses veranlaßt Strauß, Bundesminister der Verteidigung: Ich
worden ist oder ob auf kriminalpolizeilischem Wege denke nicht daran, die Antwort zu verweigern.
die Dienststelle des Generalbundesanwalts von sich Wenn ich aber sage, ich möchte zuerst eine grund-
aus eingeschritten ist und uns um Amtshilfe ersucht sätzliche und dann eine spezielle Bemerkung ma-
hat. chen, und daraufhin in der Weise unterbrochen
werde, kann ich auch auf die Antwort verzichten.
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zusatzfrage (Zurufe und Gegenrufe von der CDU/CSU
des Herrn Abgeordneten Wittrock. und der SPD. — Unruhe.)
20$4 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 47. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. November 1962

Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Aber, meine Präsident D. Dr. Gerstenmaler: Einen Augen-
Herren, regen Sie sich nicht auf! Der Widerspruch blick! Ich habe den Zwischenruf nicht verstanden.
kam von dieser Seite des Hauses. Ich verstehe, (Abg. Rasner: Keine Reden halten! ist
daß von diesem Frage-und-Antwort-Spiel die Ner- gerufen worden! — Weitere Zurufe.)
ven allmählich angespannt sind. Aber wir werden
damit zu Ende kommen. — Meine Damen und Herren, ich appelliere an Sie,
(Erneute Zurufe.) so viel Ruhe zu bewahren, daß auch die Beant-
wortung in aller Ruhe möglich ist.
Wir werden damit zu Ende kommen, und wir wer-
den aus dieser Sache viel lernen. Bitte sehr, Herr Verteidigungsminister.
Jetzt gehen die Zwischenfragen weiter. — Herr
Abgeordneter Erler, noch eine zweite Zusatzfrage. Strauß, Bundesminister der Verteidigung: Wenn
ich vorher erklärt habe, daß ich die Frage nicht
Erler (SPD) : Herr Bundestagspräsident, ich wie- mehr beantworte, so nicht deshalb, weil ich ihr aus-
derhole meine ganz simple Frage, ob eine solche weiche, sondern weil ich in den ersten drei Worten
Besprechung in dieser Zeit — ich habe bestimmte einer versuchten Antwort schon unterbrochen und
Termine angegeben — stattgefunden hat oder nicht.. sozusagen korrigiert worden bin. Wenn ich die Ant-
Die Frage kann doch ohne Rede beantwortet wer- wort einer Frage mit der Bemerkung einleite, ich
den. Ja oder nein? möchte zuerst etwas Allgemeines und dann etwas
Besonderes sagen, und dann in der Weise bereits
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Herr Abge- unterbrochen werde, so ist das ein Vorgang, der
ordneter Erler, sie kann 'beantwortet werden, aber sich, auch im Zusammenhang mit der Fragestunde,
der Minister braucht sie nicht zu beantworten; ich angesichts der hier gegebenen Verhältnisse nicht
mache ergebenst darauf aufmerksam. rechtfertigen läßt.
(Zurufe von der SPD.) (Sehr richtig! in der Mitte.)
— Aber, meine Damen und Herren, was ich Ihnen Ich darf eine grundsätzliche Bemerkung machen.
hier sage, ist doch eine rein geschäftsordnungs- Fragen, die sich über den internen Ablauf bestimm-
mäßige Feststellung. ter Amtsvorgänge eines Ministeriums ergeben, kön-
(Zurufe von der CDU/CSU und der SPD.) nen nicht Gegenstand dieser Fragestunde oder zu-
mindest nicht Gegenstand einer konkreten Auskunft
— Der Herr Verteidigungsminister wünscht darauf der Regierung sein.
nicht zu antworten.
(Zustimmung in der Mitte. — Zurufe von
Strauß, Bundesminister der Verteidigung: So ist der SPD.)
das nicht, Herr Präsident! Ich darf aber zweitens noch einmal bemerken, daß
ich am 16. Oktober informiert worden bin, weil
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Möchten Sie einige Herren meines Ministeriums, darunter Herr
darauf antworten? Staatssekretär Hopf, bei mir erschienen sind und mir
von den Vorgängen vom 9. bis zum 16. Oktober
Strauß, Bundesminister der Verteidigung: Ich Mitteilung gemacht haben. In der Zeit vom 16. Ok-
hatte ja begonnen, eine Antwort zu geben, und tober bis zum 26. Oktober — ich sage: 26. Oktober,
wurde dabei unterbrochen. Herr Kollege Erler — habe ich an keiner Bespre-
(Zurufe von der SPD.) chung teilgenommen. Aber selbstverständlich bin ich
von den zuständigen Herren meines Hauses darauf
Ich habe keinen Grund, dieser Frage auszuweichen. hingewiesen worden, daß diese Angelegenheit im
-
Laufen sei. Mehr wußte ich nicht. Ich wußte nicht,
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Bitte sehr! was kommt; ich wußte nicht, wann es kommt; ich
wußte nicht, gegen wen es kommt, usw.
Strauß, Bundesminister der Verteidigung: Aber
ich habe das Recht, in Ruhe sprechen zu können und Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Eine Zusatz-
mich nicht dauernd unterbrechen zu lassen. frage des Herrn Abgeordneten Spies.
(Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe von
der SPD.) Spies (CDU/CSU) : Herr Bundesminister, sind Sie
bereit, Fragen, die Sie bereits zehnmal und öfter
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Herr Mini- fast mit dem gleichen Wortlaut beantwortet haben,
ster, das Recht wird Ihnen verbürgt. Das ist die auf Tonband zu geben, damit interessierte Mitglie-
Pflicht des Präsidenten des Hauses, Ihnen dieses der dieses Hauses außerhalb der Fragestunde die
Recht nicht nur zu verbürgen, sondern auch wirklich Antworten sich anhören können.
zu schaffen. Sie haben dieses Recht.
(Heiterkeit und Beifall in der Mitte. Unruhe.)
Strauß, Bundesminister der Verteidigung: Ich
bitte dann nur, sich darüber im klaren zu sein — — Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Die Frage
(Abg. Michels: Keine Reden halten! — Ge III/5 — des Herrn Abgeordneten Schmitt-Vocken-
genrufe von der CDU/CSU.) hausen — wird zurückgezogen.
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 47. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. November 1962 2085
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Wir kommen zu der Frage aus dem Geschäftsbe- schäftsbereich des Bundesministers für das Post-
reich des Bundesministers für das Post- und Fern- und Fernmeldewesen gefragt. Um zu vermeiden, daß
meldwesen, der Frage des Herrn Abgeordneten Dr. die Fragestunde auffliegt, möchte ich lediglich fra-
Schäfer: gen, ob der Herr Bundeskanzler zu diesem Ge-
Wird die Bundesregierung untersuchen, ob Meldungen zutref- schäftsbereich das Wort nehmen will.
fen, daß im Zusammenhang mit der Aktion gegen den „Spiegel"
entgegen der Vorschrift des Artikels 10 GG Telefongespräche
abgehört oder unterbrochen wurden? Dr. Adenauer, Bundeskanzler: Zu dem Post-
Zur Beantwortung der Herr Minister. und Fernmeldewesen und der Anfrage will ich etwas
erklären.
Höcherl, Bundesminister des Innern: Der Herr
Bundespostminister ist leider verhindert, heute zu Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Gut, bitte
erscheinen. Er hat mich gebeten, die Frage zu be- sehr.
antworten. Nachdem ich schon eine ganze Reihe von
Fragen der anderen Kollegen beantwortet habe, bin Dr. Adenauer, Bundeskanzler: Seit einiger Zeit
ich sehr gern bereit, auch diese Antwort zu geben. wage ich nicht mehr, vertrauliche Sachen — geheime
In Vertretung des verhinderten Herrn Bundespost- Sachen kommen nicht in Frage — über meinen Fern
ministers darf ich Ihnen mitteilen: Es ist eine um- sprecher von Rhöndorf nach Bonn zu sprechen,
fassende Untersuchung bereits eingeleitet. (Hört! Hört! bei der SPD)
(Lachen bei der SPD. — Anhaltende Unruhe.) weil offenbar ständig andere damit verbunden sind.
(Hört! Hört! bei der SPD.)
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Eine Zusatz-
frage des Herrn Abgeordneten Dr. Schäfer! Ich habe den Herrn Postminister — —
(Abg. Wehner: Da sind wir ja Leidens
Dr. Schäfer (SPD) : Ich trage die Bundesregie- genossen! — Heiterkeit.)
rung, ob sie in der Lage ist, auf Grund ihrer durch- — Ja eben.
geführten Dienstaufsicht — — (Anhaltende Heiterkeit.)
(Abg. Schmücker: Keine Zusatzfrage! Sie Ich habe den Herrn Postminister gebeten, doch ge-
haben Ihre Frage vorher formuliert, also rade diesen Fall auch genau zu untersuchen. Er hat
kann es keine Zusatzfrage sein!) mir gestern hier im Saale erklärt, daß er einen be-
— Sie wissen ja noch gar nicht, was kommt. sonderen Untersuchungstrupp aus München kommen
lasse, der diese Verhältnisse des Mithörens unter-
(Abg. Schmücker: Sie haben doch vorher
suchen werde.
formuliert; Sie haben doch den Zettel in der
Hand!) (Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe von
der SPD.)
— Herr Präsident, ich bitte dafür zu sorgen, daß ich
nicht unterbrochen werde.
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zweite Zu-
satzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Schäfer!
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Einen Augen-
blick! — Sie haben das Wort. Bitte fragen Sie.
Dr. Schäfer (SPD) : Ist die Bundesregierung be-
Dr. Schäfer (SPD) : Ich frage die Bundesregie- reit, Anzeigen, wie sie eben auch der Herr Bundes-
rung, ob auf Grund der durchgeführten Dienstauf- kanzler vorgebracht hat, als Strafanzeigen zu be-
sicht Vorsorge dafür getroffen ist, daß das Grund- handeln und durch Staatsanwaltschaft und Polizei
recht des Art. 10 des Grundgesetzes, wonach das - unter Mitarbeit der Bundespost zu verfolgen?
Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldege-
heimnis unverletzlich sind, in vollem Umfang, so- Höcherl, Bundesminister des Innern: Herr Kol-
weit die deutsche Zuständigkeit dafür gegeben ist, lege Schäfer, die Bundesregierung ist keine Polizei-
gewahrt ist. behörde. Aber ich bin gern bereit, wenn Sie absolut
wollen, solche Anzeigen an die zuständigen Behör-
Höcherl, Bundesminister des Innern: Ich kann den weiterzuleiten.
die Frage mit Ja beantworten.
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zusatzfrage
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Weitere Zu- des Herrn Abgeordneten Professor Schmid.
satzfragen? — Herr Abgeordneter Wittrock! —
Einen Augenblick! Herr Bundeskanzler, wollen Sie Dr. Schmid (Frankfurt) (SPD) : Herr Innenmini-
eine Frage beantworten? ster, ich befrage Sie in Ihrer Eigenschaft als Substitut
des Postministers: Werden diese Untersuchungen,
Dr. Adenauer, Bundeskanzler: Zu dieser Frage, die der Herr Postminister vornehmen lassen will,
ja. nur für die Leitungen nach und von Rhöndorf durch-
geführt werden
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Herr Bundes- (Heiterkeit)
kanzler, entschuldigen Sie, hier ist nach dem Ge oder auch für den Anschluß Bonn 2 50 22?
2086 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 47. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. November 1962

Höcherl, Bundesminister des Innern: Ich kenne Höcherl, Bundesminister des Innern: Selbstver
diesen Anschluß nicht. Vielleicht ist es Ihr Anschluß? ständlich.
(Abg. Dr. Schmid [Frankfurt] : Es ist meiner!
— Heiterkeit.) Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Eine Zusatz-
frage, Herr Abgeordneter Wittrock!
— Ich bin sehr gern bereit, beim Herrn Bundespost-
minister für einen verstärkten Trupp zur Unter-
suchung dieser Leitung zu sorgen. Wittrock (SPD) : Herr Bundesminister, werden Sie
veranlassen, daß über das Ergebnis der Unter-
suchungen, die eingeleitet worden sind, dem Hause
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Eine zweite unter Bezugnahme auf die Erörterungen in dieser
Zusatzfrage! Fragestunde ein schriftlicher Bericht unterbreitet
wird, damit wir das Ergebnis dieser so wichtigen
Dr. Schmid (Frankfurt) (SPD) : Würden Sie, Herr Untersuchungen kennenlernen?
Minister, vielleicht die Mithörenden veranlassen,
sich am Mikrophon nicht so laut zu unterhalten, wie Höcherl, Bundesminister des Innern: Ich nehme
sie es zuzeiten in der Verbindung tun? an, daß der Staatssekretär des Postministeriums
(Heiterkeit.) seinem Minister schon einen roten Strich an diese
Protokolle machen wird. Wenn aber gewünscht
wird, ich solle darüber hinaus noch durch einen
Höcherl, Bundesminister des Innern: Ich habe Brief etwas tun, bin ich gern dazu bereit.
keine Disziplinargewalt hier in diesem Hause.
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Wir fahren in
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zusatzfrage der Fragestunde fort.
des Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen.
(Bundesinnenminister Höcherl: Ich wollte
eine Erklärung abgeben!)
Schmitt Vockenhausen (SPD) : Ich frage, Herr
-

Minister, warum die Bundesregierung, nachdem sie — Eine Erklärung?


bereits 1958 einen Gesetzentwurf zur Ablösung des (Bundesinnenminister Höcherl: Je!)
alliierten Vorbehaltes betreffend den Schutz des — Das können Sie tun. Dann ist die Fragestunde zu
Post- und Fernmeldegeheimnisses angekündigt Ende.
hatte, diesen Entwurf in vier Jahren nicht hat vor-
legen können. Das Wort zu einer Erklärung nach Art. 43 Abs. 2
Satz 2 des Grundgesetzes hat , der Herr Innen-
min i ster.
Höcherl, Bundesminister des Innern: Herr
Schmitt-Vockenhausen, Sie befinden sich in einem
großen Irrtum. Die Notstandsverfassung ist die Ab- Höcherl, Bundesminister des Innern: Herr Prä-
lösung, und Sie werden sehr bald Gelegenheit sident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
haben, sie rasch abzufertigen. Ich bitte 'Sie um Entschuldigung dafür, daß ich Ihre
Geduld noch in Anspruch nehmen muß. Wir haben
(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU.) uns ja in den letzten Tagen gegenseitig reichlich
strapaziert, so daß ich glaube, Ihre Nachsicht zu
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zweite Zu- haben.
satzfrage, Herr Abgeordneter Schmitt-Vockenhau- Ich wollte einige Dinge von ;gestern klarstellen.
sen. Im Rahmen der Fragen und .Zusatzfragen wurde von
- mir auch .der Fall Zind angesprochen. Ich habe im
Schmitt Vockenhausen (SPD) : Herr Minister,
- Hinblick auf die Auslieferungsbestimmungen, die
ich frage: Ist Ihnen nicht der Unterschied zwischen zwischen den Ländern sehr verschieden sind, er-
Art. 5 und Art. 10 des Grundgesetzes bekannt? klärt, `daß wir uns im Fall Zind einig waren und daß
das ganze Haus, Sie, die Bundesregierung und alle
Höcherl, Bundesminister des Innern: Er ist mir Parteien, in höchstem Maße daran 'interessiert Wa-
mindestens so gut bekannt wie Ihnen. ren, daß der Mann, der in s o unqualifizierbarer
Form jüdische Mitbürger beleidigt hat, zur Straf-
(Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Schmitt verbüßung nach Deutschland gebracht würde. Dar-
Vockenhausen: Dann hätten Sie die Ant über waren wir uns einig. Ich habe ferner erklärt,
wort nicht geben sollen!) daß kein Interpol-Antrag gestellt wurde, und zwar
deswegen nicht, weil Art. 3 des Interpol-Statuts das
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zusatzfrage nicht zuläßt, weil politische, rassische und ähnliche
des Herrn Abgeordneten Dr. Mommer! Dinge nicht auf dem Interpol-Wege verfolgt werden
dürfen. Das habe ich — weil ich mich sehr vorsichtig
Dr. Mommer (SPD) : Herr Minister, wollen Sie äußern muß und weil Sie das alles so gründlich
so freundlich sein den Herrn Postminister zu bitten, nachprüfen — gestern noch einmal nachgesehen und
daß auch untersucht wird, ob die Telefone dieses dabei folgendes festgestellt.
Hauses überprüft werden, um die Unabhängigkeit (Abg. Dr. Schmid [Frankfurt] : ,Sie haben
der Abgeordneten sicherzustellen? uns gute Mitarbeiter!)
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 47. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. November 1962 2087
Bundesinnenminister Höcherl
-Ja, und ich hoffe, es werden viele Gelegenheit handelten Fragen aus den Drucksachen IV/698 und
haben, noch gute Mitarbeit zu leisten. Ich habe die IV/709 werden schriftlich beantwortet.
Sache noch einmal nachgeprüft und festgestellt, daß Ich frage, ob nach dieser Erklärung des Herrn
der Vorgang Zind vollkommen korrekt war. Es war Bundesinnenministers eine Aussprache gewünscht
so, daß auch im Falle Zind auf der Polizeischiene wird. Dazu wäre die Unterstützung von 30 Abge-
kurzgeschaltet wurde. Man hat Zind in Italien oder ordneten erforderlich. Das ist offensichtlich nicht der
in Osterreich vermutet, und die Italiener haben ihn Fall.
festgenommen. Das Bundeskriminalamt hat einen
polizeilichen Festnahmeantrag gestellt. Es hat eine Der Herr Bundesverteidigungsminister hat das
Auslieferungsverhandlung gegeben, nachdem er Wort zu einer Erklärung ebenfalls gemäß Art. 43
sechs Wochen eingesessen war. Das italienische Ge- des Grundgesetzes.
richt hat die Auslieferung abgelehnt. So war der
Vorgang. Vollkommen korrekt, meine Damen und Strauß, Bundesminister der Verteidigung: Herr
Herren, war es, daß trotz entgegenstehender Aus- Präsident! Meine Damen und Herren! Der Kollege
lieferungsbedingungen, die nur jeweils den anderen Schmitt-Vockenhausen hat leider seine Frage zu-
Staat und nicht den ersuchenden Staat binden, ein rückgezogen. Es steht mir nicht zu, darüber ein
solches Auslieferungsverlangen nicht über Interpol, Urteil abzugeben. Es ist nur angesichts der Frage-
sondern auf der direkten Polizeischiene gestellt freudigkeit der letzten Tage eigenartig, daß gerade
wurde, wie das fortgesetzt geschieht. diese Frage zurückgezogen worden ist.
Jetzt will ich Ihnen noch etwas sagen. Wir hätten (Abg. Erler: Wegen der Zeit, Herr Minister!
uns diese ganzen zwei Tage ersparen können, wenn Wir wollten das mit dem Postgeheimnis
Sie sich — nachdem Sie auch bedeutende Juristen klären! — — Abg. Schmitt-Vockenhausen:
hier nach oben geschickt haben — auch einige Ge- Wegen des Zeitablaufs der Fragestunde
danken über den Fall Ahlers gemacht hätten. Es ist haben wir diese Frage zurückgezogen! Da
die Pflicht und nicht nur das Recht jeder deutschen mit war gesichert, daß die Frage der Verlet
Behörde, dazu beizutragen oder zu versuchen, die zung des Postgeheimnisses noch behandelt
Vollstreckung eines Haftbefehls des höchsten Ge- werden konnte.)
richtes vor allem wegen Landesverrats — ganz Wegen einer Unterstellung, die gestern in diesem
gleich, wo der Mann sich aufhält — zu ermöglichen. Hause öffentlich und auch mit einer beträchtlichen
Wir bekommen jeden Tag solche Anträge, obwohl Reaktion in der Presse erhoben worden ist, sehe ich
die Auslieferungsverträge dem entgegenstehen. Wir mich verpflichtet, zu der Frage, ob einer der ver-
erklären, da unser Recht ja noch etwas strenger ist wendeten Gutachter, einer der tätig gewordenen
als das anderer Länder: Wir können einem solchen Gutachter einen hohen Rang oder irgendeinen Rang
Auslieferungsantrag nicht stattgeben. Im Fall in der SS bekleidet hat, hier etwas zu erklären. Es
Ahlers wäre es eine Pflichtverletzung gewesen, trifft zu, daß das Bundesministerium der Verteidi-
wenn sich nicht jede deutsche Stelle um die Voll- gung die Namen der Gutachter der Öffentlichkeit
streckung des Haftbefehls bemüht hätte. Das deckt nicht von sich aus bekanntgegeben hat. Gerade durch
das Bundeskriminalamt, das deckt den Bundesan- die gestern verbreitete Gerüchtwelle, es handle sich
walt, und das deckt das Bundesverteidigungsmini- um Inhaber höherer SS-Ränge, ist diese Haltung,
sterium insgesamt. abgesehen von der gesetzlichen Seite, noch mehr
Jetzt kommt der zweite Teil. Was tut das um Aus- gerechtfertigt. Das Gutachten ist auf Anforderung
lieferung oder Verhaftung oder Abschiebung gebe- des Generalbundesanwalts für ein Ermittlungsver-
tene Land? Das kann nun tun, was es will. Das steht fahren angefordert und erstattet worden. Es unter-
in seinem eigenen Bereich, in seiner eigenen Zu- liegt der Verantwortung der für Landesverrat zu-
ständigkeit. ständigen Strafverfolgungsbehörde, die Namen von
-
Nun zu den Spaniern. Es hat einen kleinen Presse- Gutachtern der Offentlichkeit bekanntzugeben.
krieg gegeben, und es ist etwas mißverstanden Zweitens. Die Erfahrung gerade in solchen Fällen
worden. Ich darf das hier klarstellen. Ich habe bei zeigt, daß die Gutachter in erheblichem Ausmaß
meiner Darstellung zu den spanischen Vorgängen Stellungnahmen und Kritik positiver und negativer
gesagt, daß ein Irrtum insoweit vorliegen muß, als Art ausgesetzt sind. Aber nicht nur das, die Gut-
ein Beamter aus meinem Bereich persönlich genannt achter werden auch Objekt ides Interesses von Stel-
wurde. Im übrigen möchte ich auch folgendes er- len außerhalb der Bundesrepublik, die nicht die rich-
klären: daß die Spanier bei dem so schweren Ver- tigen Berater ausgerechnet in Fragen des Landes-
dacht einem pflichtgemäßen Ersuchen einer deut- verrats und des Verrats von Staatsgeheimnissen
schen Behörde nachkommen, darf ich als positiv be- sind. Auch aus diesem Grunde muß es das Bundes-
werten. ministerium der Verteidigung den dafür zuständigen
(Beifall bei der CDU/CSU.) Stellen überlassen, ob und wann diese Namen der
Öffentlichkeit bekanntgegeben werden.
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Meine Da- Dann liegt noch ein weiterer ernster Grund vor:
men und Herren! Die Fragestunde ist vorbei; das Gutachter in Verfahren des Landesverrats, wohl des
habe ich ohnehin schon gesagt. Aus der Druck- schwersten, den Bestand eines Staates gefährdenden
sache IV/ 698 sind die Fragen IV/ 1, 1V/2 und IV/ 3 Tatbestandes, sind Verleumdungen ausgesetzt, ge-
vom Fragesteller zurückgezogen, die Fragen VIII/ 1, gen die im allgemeinen der beste Schutz darin be-
X/1 und X/2 zurückgestellt. Alle anderen nicht be- steht, die Namen von solchen Gutachtern im Ver-
2088 Deutscher Bundestag -- 4. Wahlperiode — 47. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. November 1962

Bundesverteidigungsminister Strauß
L) fahren so lange nicht zu nennen, bis die Strafver- Bundesrepublik Deutschland unter dieser Regierung
folgungsbehörde sie selbst bekanntgibt. nicht mehr gestellt werden dürfen. Mein Versuch,
eine Antwort zu geben, wurde durch Zurufe und
Gestern hat leider — ich darf sagen, damit kein
durch eine allgemeine Unruhe fast unmöglich ge-
politisches Mißverständnis entsteht: in klarer
macht. Ich kann auch hier an der Bemerkung nicht
Distanzierung durch seine Fraktion — ein Abgeord-
vorbeigehen, die ich dem Protokoll entnommen
neter dieses Hohen Hauses, in dem es nur Mitglie-
habe, die ich nicht gehört habe und die hieß: „Ich'
der demokratischer und staatsbejahender Parteien
gibt, Fragen gestellt und Ansichten vertreten, die darf feststellen, daß SS-Leute über Demokraten
unserem Staate schweren Schaden zufügen können. jetzt Gutachten abgeben!" Diese Bemerkung schließt
Er hat gefragt, ob ich gewillt und in der Lage bin, ein, daß die tätig gewordenen Gutachter SS-Leute
das Gerücht zu dementieren, daß der Mann, der in gewesen sind, nicht nur, daß ein Gerücht dieser Art
meinem Hause das Gutachten erstellt hat, früher existiere.
einen hohen SS-Rang bekleidet hat. (Abg. Dr. Schmid [Frankfurt] : Gibt es denn
keine?!)
Ich möchte nur als Nebenbemerkung erwähnen,
daß die Dementierung von Gerüchten solcher Art Nach diesen, ich muß sagen, unseren Staat in der
sowohl hinsichtlich der Fragestellung wie hinsicht- Welt herabsetzenden Worten — SS-Führer höheren
lich der Antworterteilung unterhalb des Niveaus Grades hat es geheißen — war die Fragestunde
dieses Hauses liegt. beendet. Mein Versuch, den dadurch entstandenen
Schaden zu verringern oder aufzuheben, scheiterte
(Unruhe bei der SPD und FDP.)
daran, daß mir die Möglichkeit einer letzten Ant-
— Des Gerüchtes! wort nicht mehr gegeben war.
Herr Kollege Kohut hat gestern eine Erklärung Ich darf folgendes dazu bemerken. Die Gutachter,
abgegeben, die leider nicht so gefaßt war, daß sie gleichgültig, ob Offizier oder Beamter — es handelt
mich dieser Stellungnahme enthoben hat, und da- sich um zwei — sind niemals Mitglied der NSDAP,
für bitte ich um Verständnis. Er hat nämlich erklärt, auch nicht der SA, der SS oder deren Untergliede-
es gebe für ihn kein Kollektivurteil. Ich bin ihm rungen gewesen.
dankbar dafür. Aber darum geht es hier nicht. (Rufe: Hört! Hört! und Beifall bei der
Wenn hier in Form der Frage gesagt wird, ob das CDU/CSU.)
Gerücht dementiert werden kann, daß der eine Gut-
achter ein SS-Führer höheren Ranges gewesen sei, Ich bin in meinen Feststellungen noch weiter
dann ist die Richtigstellung nicht durch die Distan gegangen. Die Gutachter sind von den zuständigen
zierung von einem Kollektivurteil möglich, sondern Spruchkammern in den Jahren 1947/48 rechtskräf-
tig, der eine wegen Jugend und der andere, weil
durch eine Ehrenerklärung für die Gutachter. Denn
er sein ganzes Leben lang mit Ausnahme der zehn-
solange nichts in diesem Sinne gegen sie gesagt
jährigen Unterbrechung Berufsoffizier gewesen ist,
werden kann, darf auch nicht das Gerücht im Raum
als vom Gesetz über die Entnazifizierung nicht
bestehenbleiben, als ob einer dieser Gutachter ein
betroffen erklärt worden.
SS-Führer höheren Ranges gewesen wäre.
(Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)
(Beifall bei der CDU/CSU.)
Meine Damen und Herren, ich bin noch weiter
Ich lasse es dabei völlig offen, welche Schlußfolge- gegangen, und darin könnten Sie die Unkorrektheit
rungen allgemeiner oder besonderer Art zu ziehen sehen. Aber ich gebe nur das wieder, was die Gut-
sind. Es geht, wie ich gestern betont habe, in mei- achter mir unaufgefordert mitgeteilt haben, näm-
nem Hause nur darum, ob jemand als Offizier oder lich daß sie auch in unserem Staat niemals einer
als Beamter zugelassen ist. Von diesem Augenblick Partei angehört haben oder angehören. Ich sage das,
an muß er in der Lage sein, ohne Terrorisierung- damit ich nicht das nächste Mal ein Gerücht zu
durch bestimmte Gerüchte seinen Amtspflichten ge- dementieren brauche, es seien Parteimitglieder der
nügen zu können. CDU oder der CSU gewesen.
(Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Dr. Bar (Heiterkeit bei der CDU/CSU.)
zel: Ist die Quelle der Gerüchte bekannt?)
Ich bin es den tätig gewordenen Gutachtern schul-
Mir ist gestern nach Verlassen des Hauses von dig, daß ich sie auch nur gegen die Unterstellung
einer Reihe von Presseleuten mitgeteilt worden, und dann gegen die konkrete Behauptung, es seien
daß dadurch, daß ich keine Antwort auf die Frage SS-Führer gewesen, auch wenn ich leider durch
gegeben habe, weil ich sie mit letzter Sicherheit gar diese Erklärung Ihre Zeit in Anspruch nehmen muß,
nicht geben konnte, in der Weltpresse der Eindruck in Schutz nehme.
entstehen werde, als ob durch Verweigerung einer (Beifall bei der CDU/CSU.)
klaren Antwort eben doch das Gerücht, es handle
Die Tätigkeit dieser Gutachter ist ja nicht, wie
sich um einen SS-Führer höheren Grades a. D.,
Sie alle sehr wohl wissen, mit der Erstattung eines
eventuell zutreffend sei. Deshalb habe ich diese Be-
schriftlichen Gutachtens zu Ende. Sie müssen vor
merkung hier gemacht. der Strafverfolgungsbehörde und unter Umständen,
Als ich Verständnis für die Nichtbeantwortung wenn es zu einer Gerichtsverhandlung kommt, vor
einer solchen Frage erbat, bin ich weiter gefragt dem Bundesgerichtshof unter Eid zu der Richtigkeit
worden, ob man mich dahin verstehen dürfe, daß ihres Gutachtens stehen. Wenn auf Gutachter nun in
Fragen nach der früheren Tätigkeit in der SS in der Form einer solchen Gerüchtewelle ein terrorisieren-
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 47. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. November 1962 2089
Bundesverteidigungsminister Strauß
der Einfluß ausgeübt wird, ist die Unbefangenheit Dr. Mende (FDP) : Herr Präsident! Meine Da-
in der Durchführung ihrer weiteren Amtspflichten men und Herren! Die •Bundestagsfraktion der
nicht mehr gewährleistet. Freien Demokratischen Partei hat gestern im An-
(Beifall bei der CDU/CSU.) schluß an die Plenarsitzung die durch die Frage
des Abgeordneten Dr. Kohut entstandene Lage be-
Ich habe auch festgestellt, woher eine solche Be-
raten. Unsere Bemühungen, den Ursprung des Ge-
hauptung stammen könnte. Wir haben umfangrei-
rüchts festzustellen, daß die Gutachter oder ein Gut-
ches Material geprüft. Wir sind dabei darauf gekom-
achter einen ,SS-Rang bekleidet habe, (haben nur
men, daß eine Propagandaquelle, nämlich der Sen-
der 904, teilweise Erfolg gehabt. Sie weisen aber darauf hin,
(Hört! Hört! bei der CDU/CSU) daß solche Behauptungen erstmals im Moskauer
Rundfunk und im sowjetzonalen Deutschlandsender
vor kurzem einen anderen Gutachter, einen Oberst- erhoben wurden.
leutnant, angegriffen, ihn als SS-Führer bezeichnet
und dagegen Stellung genommen hat, daß ein sol- (Hört Hört! bei der CDU/CSU.)
cher SS-Führer als Sachverständiger vor Gerichten Offentsichtlich sind solche Gerüchte in diesem
aufgetreten sei. Hause ernster genommen worden, als sie ds ver-
(Hört! Hört! bei der CDU/CSU.) dienten, und sie haben dann zu der mißverständ-
Das scheint uns die Ursache dieser Quelle, die lichen Formulierung des Abgeordneten Kohut ge-
Ursache dieses Gerüchtes zu sein. Ich sage das des- führt.
halb, damit in Zukunft die Gerüchte auch auf ihre Der Abgeordnete Kohut hat gestern die . folgende
Quelle geprüft werden, bevor sie zum Gegenstand Erklärung zu Protokoll gegeben, die nicht nur Kol-
parlamentarischer Anfragen gemacht werden. lektivurteile ablehnt, Herr Minister Strauß, sondern
(Beifall bei der CDU/CSU.) in der Herr Kohut auch ein Bedauern zum Ausdruck
bringt und erklärt, daß ihm eine Beleidigung fern-
Ich muß auch zu diesem Fall, weil (dieser Oberst- gelegen habe. Die Erklärung hat folgenden Wort-
leutnant, der ja in einem ganz anderen Strafverfah- laut:
ren, im Strafverfahren gegen einen kommunisti-
Ich bedaure, daß aus meiner Fragestellung ge-
schen Agenten, als Sachverständiger aufgetreten ist,
genüber dem Bundesverteidigungsminister zur
der zu einer anderen Dienststelle abgeordnet ist,
Person des Gutachters der Eindruck eines Kol-
erklären, daß es sich nicht um einen höheren SS-
lektivurteils entstehen konnte. Eine Beleidi-
Führer gehandelt hat, sondern daß dieser Oberst-
gung hat mir .ferngelegen. Gemeinsam mit mei-
leutnant, dessen Namen ich aus verständlichen
nen politischen Freunden leihne ich getreu libe-
Gründen verschweige, im Kriege von Canaris per-
raler Tradition jedes Kollektivurteil ab und be-
sönlich in das Reichssicherheitshauptamt abkom-
kenne mich zur individuellen Verantwortung in
mandiert worden 'ist, nicht (SS-Angehöriger gewesen
einem Rechtsstaat. Gleichzeitig betone ich den
ist, auch nicht die SS-Uniform getragen hat. Canaris
Anspruch eines jeden Bürgers auf den Schutz
hat damals die Abordnung dieses Oberstleutnants
der Gesetze, damit ihm kein Unrecht geschieht.
angeordnet, um einen Gewährsmann, um einen In-
formanten .im Reichssicherheibshauptamt, von dem DieFraktion hat diese Erklärung des Abgeord-
aus seine Tätigkeit und seine Person bedroht war, neten Kohut zur Kenntnis genommen und sicherge-
zu halben. stellt, daß Kollege Kohut Gerüchten dieser .Art in
Ich habe diese Erklärung abgegeben, meine Da- Zukunft möglichst nicht anheimfällt.
men und Herren, in klarer Kenntnis, daß ich leider (Lachen und große Unruhe in der Mitte und
Ihre Zeit in Anispruch nehmen muß, sicherlich in bei der SPD. — Zuruf des Abg. Wehner.)
dem umbehaglichen ,Gefühl, ,daß der weitere Ablauf
der Geschäfte dadurch beeinträchtigt werden könnte. — Herr Kollege Wehner, Sie fragen mich, wie man
das sicherstellt. Man stellt es sicher, indem man — —
Aber erlauben Sie mir eine abschließende Be-
merkung. Man mag mich verleumden, ich werde da-
zu nicht mehr Klagen führen, wie ich neulich erklärt Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Einen Augen-
habe aus gutem ,Grunde, wie ich jederzeit beweisen blick! Das geht auf gar keinen Fall, meine Damen
kann. Ich kann aber auch nicht zulassen, daß Beamte und Herren, jetzt eine Debatte darüber zu führen.
unid Offiziere, die jetzt eine höchste Verantwortung Herr Abgeordneter Mende, Sie müssen sich aus-
bei diesem Verfahren tragen, das in der Öffentlich- schließlich darauf beschränken, eine Erklärung abzu-
keit mit Recht eine ungewöhnliche Beachtungfindet, geben.
unter einen Druck gesetzt werden, der ihre Unbefan-
genheit gefährdet, daß sie Gerüchten ausgeliefert Dr. Mende (FDP) : Dann erkläre ich, daß ich
sind, die die Glaubwürdigkeit ihrer Stellungnahme Herrn Kollegen Wehner sofort persönlich mitteilen
und ihres Eides unter Umständen gefährden könn- werde, wie das in kollegialer Vereinbarung und
ten. auch in Wahrung des Artikels 38 des Grundgesetzes
(Leibhafter Beifall bei der CDU/CSU.) möglich ist.
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Außerhalb (Beifall bei der FDP. — Abg. Dr. Schmid
der Tagesordnung gebe ich das Wort zu einer Er- [Frankfurt] : „Eine Zensur findet nicht statt!")
klärung nach § 36 der Geschäftsordnung dem Herrn Ich darf diese Erklärung deswegen hier vortragen,
Abgeordneten D r. Mende. weil leider bei der Übertragung gestern im Deut-
2090 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 47. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. November ,1962

Dr. Mende
schen Fernsehen zwar die Frage des Kollegen Kohut dem Abkommen vom 30. Januar 1962 zwi-
und die mißverständliche Diskussion übertragen schen der Bundesrepublik Deutschland und
wurde, dagegen nicht die Richtigstellung, obgleich dem Königreich Dänemark zur Vermeidung
sie bereits sechs Stunden der Presse bekannt war. der Doppelbesteuerung und über gegensei-
tige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiete
(Hört! Hört! in der Mitte und rechts. — der Steuern vom Einkommen und vom Ver-
Beifall bei der FDP.) mögen sowie der Gewerbesteuer und der
Grundsteuern (Drucksache IV/ 696).
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Herr Abge-
Wird das Wort dazu gewünscht? — Das ist nicht
ordneter Döring, es gibt keine Diskussion zu Erklä-
rungen nach § 36 der Geschäftsordnung; das ist der Fall.
nach der Geschäftsordnung nicht möglich. Eine Zwi- Vorgesehen ist Überweisung an den Finanzaus-
schenfrage gibt es auch nicht. Aber wollen Sie etwa schuß. — Kein Widerspruch. Es ist so beschlossen.
Debatte?
Punkt 3:
(Abg. Dr. Schmid [Frankfurt] : Eine Erklä
Erste Beratung des von der Bundesregierung
rung?)
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu
Wollen Sie eine Erklärung nach § 36 abgeben? dem Abkommen vom 16. Februar 1962 zwi-
(Abg. Döring [Düsseldorf]:: Dem Herrn Ver schen der Bundesrepublik Deutschland und
teidigungsminister eine persönliche Erklä dem Großherzogtum Luxemburg über die Zu-
rung abgeben!) sammenlegung der Grenzabfertigung und
über die Errichtung von Gemeinschafts- oder
— Was Sie tun könnten, Herr Kollege Döring, aber Betriebswechselbahnhöfen an der deutsch-
was ich nicht empfehlen würde, ist, daß Sie eine luxemburgischen Grenze (Drucksache IV/ 697).
Aussprache beantragen. Der Antrag müßte von 30
Das Wort zur Einbringung wird nicht gewünscht.
Mitgliedern unterstützt werden.
Keine Aussprache.
(Zurufe.)
Vorgeschlagen wird Überweisung an den Finanz-
— Ich sehe schon ein paar Hände, aber das sind ausschuß — federführend — sowie an den Aus-
noch keine 30. schuß für Inneres und den Ausschuß für Verkehr,
Post- und Fernmeldewesen zur Mitberatung. —
(Die Abgeordneten der SPD-Fraktion geben
Das Haus ist einverstanden; es ist so beschlossen.
Handzeichen. — Zurufe von der CDU/CSU.)
o — Meine Damen und Herren, das ist nur die Unter- Punkt 4:
stützung, aber der Antrag ist noch nicht gestellt. Erste Beratung des von der Bundesregierung
Ich gehe darüber weg. eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Geset-
zes zur Änderung des Gesetzes über die
Wir fahren in der Tagesordnung fort. Ich rufe auf Landwirtschaftliche Rentenbank (Drucksache
Punkt 1 unserer Zusatzliste: IV/ 713).
Erste Beratung des von den Abgeordneten
Das Wort zur Einbringung wird nicht gewünscht.
Eisenmann, Ramms, Dr. Löbe und Genossen
Keine Aussprache.
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur
Änderung des Beförderungsteuergesetzes Vorgeschlagen ist Überweisung an den Wirt-
(Drucksache IV/ 683). schaftsausschuß — federführend — sowie an den
Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und For-
Wird das Wort zur Einbringung gewünscht? — Das
sten zur Mitberatung. — Da ist eine Kontroverse.
ist nicht der Fall. Sie wollen dafür plädieren, daß der Ausschuß für
Ich eröffne die Aussprache. — Keine Wortmel-- Ernährung, Landwirtschaft und Forsten federfüh-
dungen. Ich schließe die Aussprache. rend ist? — Bitte!
Vorgeschlagen ist Überweisung an den Finanz-
ausschuß — federführend —, zur Mitberatung an
Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) : Das Gesetz über
den Ausschuß für Verkehr, Post- und Fernmelde- die Landwirtschaftliche Rentenbank war bisher im-
wesen und an den Wirtschaftsausschuß und gemäß mer in der Zuständigkeit des Ernährungsausschus-
§ 96 der Geschäftsordnung an den Haushaltsaus- ses, und es wäre völlig neu, die Novelle dem Wirt-
schuß. Ist das Haus mit diesen Überweisungsvor- schaftsausschuß zu überweisen. Sachlich gesehen
schlägen einverstanden? — Es ist so beschlossen. sind die ,Mittel der Rentenbank aus einer Sonder-
(Anhaltende Unruhe.) belastung der Landwirtschaft entstanden, und die
— Ich kann nicht gegen die ganze Geräuschkulisse Bank arbeitet ausschließlich für landwirtschaftliche
ansprechen. Es ist nicht nur ein protokollarischer, Interessen. Ich bitte also um Überweisung an den
sondern ein notarieller Akt, den das Haus vollzie- Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und For-
hen muß. — Herr Oberst, Sie dürfen hier nicht sten.
durchlaufen, das ist nur den Abgeordneten erlaubt!
Punkt 2 der Ergänzungsliste: Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Ist das Haus
damit einverstanden?
Erste Beratung des von der Bundesregierung
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu (Abg. Dürr: Widerspruch!)
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 47. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. November 1962 2091
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
— Dann lasse ich abstimmen. Im Ältestenrat ist ver- Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? —
einbart, daß der Wirtschaftsausschuß federführend In zweiter Lesung angenommen.
sein soll. Nach dem Gegenvorschlag, den Sie so-
eben gehört haben, soll der Ausschuß für Ernäh- Dritte Beratung.
rung, Landwirtschaft und Forsten federführend sein. Allgemeine Aussprache. Wird das Wort gewünscht?
Wer für die Federführung des Wirtschaftsausschus- — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer zustimmen
ses ist, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegen- will, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe!
probe! — Das ist die Minderheit. Das erste war die — Enthaltungen? — In dritter Lesung ebenso ein-
Mehrheit; der Wirtschaftsausschuß hat die Feder- stimmig wie in zweiter Lesung angenommen.
führung, mitberatend ist der Ausschuß für Ernäh- Ich rufe Punkt 7 auf:
rung, Landwirtschaft und Forsten. Zweite und dritte Beratung des von der Bun-
Punkt 5 der zusätzlichen Tagesordnung: desregierung eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zu dem Abkommen vom 5. Juli 1957
Zweite und dritte Beratung des von der Bun-
desregierung eingebrachten Entwurfs eines
zwischen der Bundesrepublik Deutschland und
der Türkischen Republik über den Luftverkehr
Gesetzes zu dem Internationalen Überein-
(Drucksache IV/ 448) ;
kommen vom 13. Dezember 1960 über Zu-
sammenarbeit zur Sicherung der Luftfahrt Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Ver-
„EUROCONTROL" (Drucksache IV/ 93) ; kehr, Post- und Fernmeldewesen (23. Aus-
schuß (Drucksache IV/ 690)
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Ver-
(Erste Beratung 33. Sitzung).
kehr, Post- und Fernmeldewesen (23. Aus-
schuß) (Drucksache IV/ 687) Ich frage den Herrn Berichterstatter, ob er das
Wort wünscht. — Verzichtet.
(Erste Beratung 9. Sitzung).
Ich rufe auf: Art. 1, — Art. 2, — Einleitung und
— Das ist also eine zweite und dritte Beratung.
Überschrift. — Wird das Wort gewünscht? — Wer
(Zuruf des Abg. Dr. Mommer.) zustimmen will, gebe bitte ein Handzeichen. — Ge-
— Was möchten Sie, die Absetzung beantragen? genprobe! — Enthaltungen? — Angenommen.

(Abg. Dr. Mommer: Ja, wir müßten dazu Dritte Beratung.


eine Erklärung abgeben!) Allgemeine Aussprache. Wird das Wort gewünscht?
— Das Wort wird nicht gewünscht. — Wer in drit-
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Was sagt der ter Lesung zustimmen will, den bitte ich, sich zu
) Berichterstatter dazu? Hier ist Absetzung beantragt. erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das
ist in dritter Lesung Einstimmigkeit.
(Abg. Rasner: Einverstanden!)
Punkt 8 der Tagesordnung:
— Wer ist Berichterstatter? — Einverstanden? —
Beratung der Ubersicht 6 des Rechtsausschus-
Alles ist einverstanden; der Punkt ist abgesetzt.
ses (12. Ausschuß) über die dem Deutschen
Punkt 6 der zusätzlichen Tagesordnung: Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem
Zweite und dritte Beratung des von der Bun- Bundesverfassungsgericht (Drucksache IV/ 701)
desregierung eingebrachten Entwurfs eines Ich frage den Herrn Berichterstatter bzw. den Vor-
Gesetzes zu dem Abkommen vom 12. Oktober sitzenden des Rechtsausschusses, ob er das Wort
1961 zwischen der Bundesrepublik Deutsch- wünscht. — Das Wort wird nicht gewünscht. Wird
land und dem Königreich Marokko über den das Wort sonst gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Luftverkehr (Drucksache IV/ 447) ; Der Antrag des Ausschusses auf Drucksache IV/ 701
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Ver- steht zur Abstimmung. Wer zustimmen will, gebe
kehr, Post- und Fernmeldewesen (23. Aus- bitte ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthal-
schuß) (Drucksache IV/ 689) tungen? — Einstimmig angenommen.
Meine Damen und Herren, damit sind wir am Ende
(Erste Beratung 33. Sitzung).
unserer Tagesordnung für diese Woche. Ich berufe
Wird das Wort zur Einbringung gewünscht? — die nächste Sitzung des Bundestages auf Mittwoch,
Der Herr Berichterstatter den 14. November, 9 Uhr, ein.
(Zuruf aus der Mitte: Verzichtet!) Ich mache noch einmal darauf aufmerksam, daß
verzichtet. — Keine Wortmeldung in zweiter Le- der Donnerstag ganztägig den Ausschüssen gehören
sung. soll.
Die Sitzung ist geschlossen.
Ich rufe auf Art. 1, Art. 2, Einleitung und Über-
schrift. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein (Schluß der Sitzung: 10.54 Uhr.)

Berichtigungen
Es ist zu lesen:
43. Sitzung Seite 1885 B Zeile 14 statt nachzu-
geben : nachzugehen; Seite 1897 D Zeile 12 statt
„1962": 1960.
Deutscher Bundestag - 4. Wahlperiode - 47. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. November 1962 2093

Anlage zum Stenographischen Bericht


Anlage Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich
Liste der beurlaubten Abgeordneten Hufnagel 9. 11.
Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Huys 9. 11.
Jaksch 9. 11.
Frau Albertz 30. 11. Frau Klee 9. 11.
Altmaier 12. 11. Kraus 9. 11.
Dr. Arndt (Berlin) 9. 11. Dr. Kreyssig 9. 11.
Dr. Atzenroth 9. 11. Krug 9. 11.
Auge 19. 11. Kubitza 9. 11.
Bauer (Wasserburg) 9. 11. Freiherr von Kühlmann-Stumm 9. 11.
Bauknecht 9. 11. Kühn (Bonn) 31. 12.
Dr. Besold 9. 11. Kühn (Hildesheim) 9. 11.
Biegler 10. 11. Kuntscher 31. 12.
Fürst von Bismarck 17. 11. Kurlbaum 9. 11.
Böhme (Hildesheim) 9. 11. Dr. Löbe 9. 11.
Börner 9. 11. Lohmar 9. 11.
Brese 9. 11. Dr. Löhr 9. 11.
Dr. Bucher 9. 11. Lünenstraß 9. 11.
Corterier 9. 11. Dr. Mälzig 9. 11.
Dr. Dahlgrün 9. 11. Dr. Martin 9. 11.
Deringer 9. 11. Dr. h. c. Menne (Frankfurt) 9. 11.
Dr. Dichgans 9. 11. Merten 9. 11.
Dr. Dörinkel 9. 11. Müller (Remscheid) 9. 11.
Ehnes 9. 11. Murr 9. 11.
Engelbrecht-Greve 9. 11. Neumann (Allensbach) 9. 11.
Ertl 9. 11. Frau Dr. Probst 9. 11.
Etzel 9. 11. Rademacher 9. 11.
Dr. Franz 9. 11. Ramms 9. 11.
Dr. Frede 9. 11. Richarts 16. 11.
Dr. Dr. h. c. Friedensburg 28. 11. Sänger 9. 11.
Dr. Furler 9. 11. Schultz 9. 11.
Gehring 9. 11. Schwabe 9. 11.
Gerns 9. 11. Seibert 9. 11.
Dr. Gleissner 9. 11. Seidl (München) 9. 11.
Goldhagen 11. 11. Seuffert 9. 11.
Günther 9. 11. Dr. Sinn 9. 11.
Freiherr zu Guttenberg 9. 11. Dr. Stoltenberg 9. 11.
Haage (München) 9. 11. Storch 15. 11.
Hahn (Bielefeld) 9. 11. Dr. Freiherr von Vittinghoff-Schell 9. 11.
Hammersen 9. 11. Dr. Wahl 15. 11.
Dr. Harm 1. 12. Walter 9. 11.
Höhmann (Hessisch Lichtenau) 9. 11. Weinkamm 9. 11.
Hörnemann (Gescher) 9. 11. Wendelborn 9. 11.

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