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Februar 1999

Industrielle Systeme, Anlagen und Ausrüstungen und Industrieprodukte,


Beiblatt 2
Strukturierungsprinzipien und Referenzkennzeichnung
Betrachtungen von Begriffen und deren Zusammenhänge zu
(IEC 61346-4 : 1998)
DIN EN 61346
ICS 01.040.01; 01.110

Deskriptoren: Industrieprodukt, Industrieanlage, Strukturierung, Kennzeichnung, Begriffe

Industrial systems, installations and equipment and industrial products — Structuring principles and
reference designations — Discussion of concepts (IEC 61346-4 : 1998)
Systèmes industriels, installations et appareils et produits industriels — Principes de structuration
et désignation de référence — Examen des concepts (CEI 61346-4 : 1998)

Dieses Beiblatt enthält Informationen zu DIN EN 61346,


jedoch keine zusätzlich genormten Festlegungen.

Nationales Vorwort
Dieses Beiblatt enthält die deutsche Übersetzung von IEC 61346-4 „Industrial systems, installations and equipment and
industrial products — Structuring principles and reference designations — Part 4: Discussion of concepts“, deren Inhalt
als Entwurf DIN IEC 3 B/150/CDV : 1996-05 veröffentlicht war.
Es enthält Erläuterungen anhand von Beispielen, die nicht als Darstellung von allgemeingültigen Vorgehensweisen und
Regeln zu verstehen sind. Andere Vorgehensweisen im Rahmen der Normenreihe DIN EN 61346 sind durchaus
möglich.
Am Entstehen von IEC 61346-4 war in Deutschland der Gemeinschaftsausschuß Kennzeichnungssystematik (GA KS)
beteiligt, in dem Vertreter aus den Normenausschüssen/-stellen DKE, FNCA, NAM, NSM, NE, NSMT, NÜA und NATG
mitarbeiten. Ziel dieses Gemeinschaftsausschusses ist die Erarbeitung einer anpassungsfähigen, fach- und anwen-
dungsneutralen Kennzeichnungssystematik für technische Produkte, die den Anforderungen auf allen Fachgebieten
und in allen Lebensphasen des Produkts gerecht wird. Die Arbeiten des GA KS (Normen der Reihe DIN 6779) sind in
die internationale Beratung eingebracht und sollen nach Abschluß der internationalen Beratung als weitere Teile von
IEC 61346 veröffentlicht werden.
Für den Fall einer undatierten Verweisung im normativen Text (Verweisung auf eine Norm ohne Angabe des Ausgabe-
datums und ohne Hinweis auf eine Abschnittsnummer, eine Tabelle, ein Bild usw.) bezieht sich die Verweisung auf die
letzte Ausgabe der in Bezug genommenen Norm.
Für den Fall einer datierten Verweisung im normativen Text bezieht sich die Verweisung immer auf die in Bezug genom-
mene Ausgabe der Norm.
Der Zusammenhang der in IEC 61346-4 erwähnten Normen mit den entsprechenden Deutschen Normen ist nach-
stehend wiedergegeben.

Fortsetzung Seite 2 bis 13

Normenausschuß Technische Grundlagen (NATG) — Technische Produktdokumentation — im DIN


Deutsches Institut für Normung e.V.
Deutsche Elektrotechnische Kommission im DIN und VDE (DKE)
Normenausschuß Chemischer Apparatebau (FNCA) im DIN
Normenausschuß Maschinenbau (NAM) im DIN
Normenausschuß Sachmerkmale (NSM) im DIN
Normenstelle Elektrotechnik (NE) im DIN
Normenstelle Schiffs- und Meerestechnik (NSMT) im DIN
Normenausschuß Überwachungsbedürftige Anlagen (NÜA) im DIN
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DIN EN 61346 Bbl 2 : 1999-02

Internationale Norm Deutsche Norm

IEC 60750 : 1983 DIN 40719-2 : 1978

IEC 60113-2 : 1971 —

IEC 61346-1 : 1996 DIN EN 61346-1 : 1997

IEC 61346-2 : 199x —

Nationaler Anhang NA (informativ)


Literaturhinweise
DIN 6779-1
Kennzeichnungssystematik für technische Produkte und technische Produktdokumentation — Teil 1: Grundlagen
DIN 6779-2
Kennzeichnungssystematik für technische Produkte und technische Produktdokumentation — Teil 2: Kennbuchstaben
DIN 40719-2
Schaltungsunterlagen — Kennzeichnung von elektrischen Betriebsmitteln
DIN EN 61082-1
Dokumente der Elektrotechnik — Teil 1: Allgemeine Regeln (IEC 61082-1 : 1991 + Corr. 11.93); Deutsche Fassung
EN 61082-1 : 1993
DIN EN 61175
Kennzeichnung für Signale und Verbindungen (IEC 61175 : 1993); Deutsche Fassung EN 61175 : 1993
DIN EN 61346-1
Industrielle Systeme, Anlagen und Ausrüstungen und Industrieprodukte — Strukturierungsprinzipien und Referenz-
kennzeichnung — Teil 1: Allgemeine Regeln (IEC 61346-1 : 1996); Deutsche Fassung EN 61346-1 : 1996

Inhalt
Seite Seite
1 Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 5.14 Alternativer Motortyp und Hersteller bei
Austausch CT1, PS2 (P) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
2 Verweisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 5.15 Prozeßanpassung (R) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
3 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 5.16 Ortsbezogene Erweiterung (S) . . . . . . . . . . . . . . . 6
3.1 Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 5.17 Nachfolgende Phasen (T) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
3.2 IEC 60113-2 : 1971 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 5.18 Außerbetriebnahme (U) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
3.3 IEC 60750 : 1983 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 5.19 Rückbau (V) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
3.4 IEC 61346-1 : 1996 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 5.20 Ende des Lebenszyklus (X) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
6 Betrachtung des Begriffs „Objekt“ . . . . ..... 7
4 Lebensszyklus-Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 6.1 Unterschiedliche Bedeutungen von „Motor“ . . . . . 7
5 Lebenszyklus eines „Objekts“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 6.2 Definition von „Objekt“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
5.1 Funktionsaspekt und funktionsbezogenes 7 Betrachtung unterschiedlicher Lebenszyklen . 8
Referenzkennzeichen (A) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
5.2 Spezifikation der Funktionsanforderung FR1 (B) . 4 8 Betrachtung des Begriffs „Aspekt“ . . . . . . . . . . . . 8
5.3 Ortsaspekt und ortsbezogenes Referenz- 9 Behandlung von Zerlegung und Strukturierung . 9
kennzeichen (C) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
9.1 Zerlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
5.4 Teiletyp — Spezifikation CT1 (D) . . . . . . . . . . . . . . . . 5
9.2 Zusammenfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
5.5 Funktionsbezogene Teilelisten für die Anlagen-
planung PL1 und ortsbezogene Teilelisten für 10 Behandlung der Merkmale von
die Entwurfsplanung PL2 (E) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Referenzkennzeichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
5.6 Produktspezifikation PS1 (F) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
11 Behandlung von Referenzkennzeichen-
5.7 Produktbezogene Teileliste für die Installation
Sätzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
PL3 (G) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
11.1 Vorkommen im Gegensatz zu Beschreibung
5.8 Transport-Spezifikation (H) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
eines Objekts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
5.9 Installation (J) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11.2 Bestandteil-von-Beziehungen im Gegensatz
5.10 Inbetriebnahme (K) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
zu Gruppierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
5.11 Abnahme, individuelles Protokoll IL1 (L) . . . . . . . . 6
11.3 Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
5.12 Betrieb (M) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
5.13 Alternative Motor-Individuen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 12 Betrachtung von Übergängen . . . . . . . . . . . . . . . . 12
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1 Anwendungsbereich die Durchnumerierung unpraktisch ist, beinhaltete


IEC 60113-2 die Möglichkeit, dem Teilecode hierarchi-
Dieser Fachbericht behandelt die in DIN EN 61346-1 sche Kennzeichen voranzufügen. Man erhielt auf diese
— Strukturierungsprinzipien und Referenzkennzeichnun- Weise eine einfache Form der Strukturierung.
gen — angewendeten Begriffe anhand der Geschichte
des Lebenslaufs eines „Objekts“. Information war zu dieser Zeit nur in Dokumenten enthal-
ten. Der Zweck der Betriebsmittelkennzeichnung war,
gegenseitige Hinweisbildung innerhalb und zwischen
Dokumenten zu ermöglichen, insbesondere vom Strom-
laufplan zu Teilelisten und zu Anschlußplänen.
2 Verweisungen Die Blickrichtung hinsichtlich des Lebenslaufs war
IEC 61346-1 : 1996 beschränkt. Der unmittelbare Zweck war, Dokumente zur
Industrial systems, installations and equipment and Herstellung von Einrichtungen und für deren Inbetriebset-
industrial products — Structuring principles and refe- zung zu erstellen.
rence designations — Part 1: Basic rules Die Möglichkeiten der Datenverarbeitung waren zu dieser
IEC 61346-2 : 199x Zeit begrenzt. Es war notwendig, mit Speicherbedarf
Industrial systems, installations and equipment and hauszuhalten. Die Verarbeitung war, zumindest gedank-
industrial products — Structuring principles and refe- lich, immer noch an der „Lochkartentechnologie“ orien-
rence designations — Part 2: Classification of objects tiert, d. h., feste Datenformate und die geschickte Nutzung
and codes for classes*) vorhandener Formate und von Speicherplatz waren sehr
ISO/IEC JTC 1/SC 18/WG 1 N 1632 Working draft: wichtig.
Technical report on Multimedia and Hypermedia:
Model and Framework 3.3 IEC 60750 : 1983
Mit IEC 60750 wurde berücksichtigt, daß eine hierarchi-
sche Strukturierung nicht lediglich als Ergänzung zu den
Kennbuchstaben für die Taile anzusehen war, sondern als
3 Allgemeines Basiswerkzeug für die Verwaltung der Dokumentation
3.1 Hintergrund größerer Einrichtungen. Es ist wohl gerechtfertigt, hier von
einer Änderung der Sichtweise zu sprechen, bei der die
IEC 61346-1 hat zwei Vorläufer: IEC 60750 : 1983 und Strukturierung gegenüber der Kodierung der Teile größe-
davor IEC 60113-2 : 1971. Die Tabelle 1 mit Kennbuch- res Gewicht erhielt.
staben in IEC 60750 : 1983 stammt im wesentlichen aus
IEC 60113-2 : 1971. Der Anwendungsbereich dieser Infolgedessen wurden Betriebsmittelkennzeichnungen
Normen hat sich im Laufe der Zeit erheblich ausgeweitet. weitgehend auch in anderen Dokumenten als im Strom-
laufplan mit seinen Zusätzen angewendet. Dokumente
Obwohl man darüber diskutieren kann, wo genau die wurden jedoch allgemein weiterhin als bedeutendster
Grenzen sein sollten, ist es möglich, grob aufzuzeigen, wo Träger von Informationen angesehen.
Zielrichtung und Anwendungsbereich der drei Dokumente
liegen, siehe Bild 1. Die Möglichkeit der Datenverarbeitung wurden verbes-
sert, die „Lochkartentechnologie“ wurde durch „relational
orientierte Technologie“ abgelöst.

3.2 IEC 60113-2 : 1971


3.4 IEC 61346-1 : 1996
Betriebsmittelkennzeichen (es handelt sich hier um die
entsprechend IEC 60113-2 angewendeten Benennungen) Heute nun, mit der Überarbeitung der IEC 60750, wurde
waren bei ihrem ersten Auftreten lediglich eine Klassifi- die Anwendung der Betriebsmittel/Referenzkennzeich-
zierung/Kodierung diskreter Teile mit einer angefügten
Zählnummer zur Unterscheidung von Teilen innerhalb
derselben Klasse. Da in größeren Anwendungen *) Z. Z. in Druck.

Bild 1: Anwendungsbereich der Normen für Referenzkennzeichen


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nung weiter ausgedehnt. Man hat erkannt, daß die Refe- 5 Lebenszyklus eines „Objekts“
renzkennzeichnung als mächtiges Werkzeug für das
Informationsmanagement angewendet werden kann. In der folgenden Beschreibung werden mehrere mögliche
Die Informationen sind nunmehr nicht notwendigerweise Situationen behandelt, die während eines Lebenszyklus
in fertigen Dokumenten enthalten, sondern können „frag- des Objekts auftreten können. Die Geschichte ist in zwei
mentiert“ und in Datenbanken eingebracht werden, aus parallele Teile getrennt, einer in Umgangssprache, wäh-
denen Dokumente nach Bedarf (einschließlich graphi- rend der andere (kursiv gedruckt) diesen kommentiert.
scher Darstellungen) zusammengesetzt werden können. Siehe auch Bild 2.
Diese können als „Fenster“ in die Datenbank hinein Die Abschnitte 5.1 bis 5.20 beschreiben die verschiede-
betrachtet werden. Nun ist es notwendig, in einer solchen nen Phasen im Lebenszyklus. In Übereinstimmung mit
Umgebung das Referenzkennzeichnungssystem als Bild 2 sind die Phasen mit den Buchstaben A bis X
„Navigationsmittel“ anzuwenden. gekennzeichnet.
Es gibt ebenso eine dringende Notwendigkeit, die Anwen-
dung auf andere Einrichtungen als elektrotechnische, auf 5.1 Funktionsaspekt und funktionsbezogenes
Prozeßeinrichtungen, auf Software usw. auszuweiten.
Referenzkennzeichen (A)
Die Möglichkeiten der Datenverarbeitung haben sich dra-
matisch ausgeweitet. Es wurde erkannt, daß die „relational Während der Entwurfsarbeit am Prozeß und am Gesamt-
orientierte Technologie“ nicht alle Probleme lösen kann system entsteht erstmals die Idee, daß ein Fluß gesteuert
und die „objektorientierte Technologie“ an Bedeutung werden muß und daß infolgedessen eine Pumpe und
gewinnt. somit ein Motor erforderlich ist.
ANMERKUNG: Die Anwendung des Begriffs Objekt in An dieser Stelle wird das Objekt geschaffen. Es gehört
„objektorientierter Systementwurf“ und „objektorien- zur Objektklasse „Antrieb“. Damit ist noch nicht
tierte Programmierung“ ist mit der Anwendung des zwangsläufig etwas darüber ausgesagt, ob es sich um
Begriffs im vorliegenden Kontext verwandt, aber nicht einen Elektromotor, einen Dieselmotor oder einen
identisch. Motor eines anderen Typs handelt
Anstelle von geschickter Einsparung von Rechnerleistung Um das Objekt von anderen, ähnlichen Objekten
ist es nunmehr von größter Bedeutung, Dinge logisch und unterscheiden zu können, muß es identifiziert wer-
geradlinig zu beschreiben, um die Funktionalität, die Aus- den. Für diesen Zweck eignet sich ein funktionsbezo-
tauschbarkeit und die Kommunikation zu verbessern. genes Referenzkennzeichen, da an dieser Stelle nur
der Funktionsaspekt relevant ist.
Als eine andere sehr bedeutende Anforderung wurde her-
vorgehoben, daß Refenzkennzeichen im gesamten Der Prozeßentwurf ist anfangs höchstwahrscheinlich
Lebenszyklus der „Objekte“ anwendbar sein müssen. nicht sehr stabil. Beispielsweise könnte der Fall eintre-
Natürlich ist es einfach zu sagen: Man kann sie doch wäh- ten, daß sich der Bedarf an einer Pumpe zwischen den
rend der gesamten Lebenszeit anwenden, wieso denn verschiedenen Prozeßabschnitten verschiebt. Dies
nicht? könnte dazu führen, daß das funktionsbezogene Refe-
renzkennzeichen geändert werden muß.
Aber dadurch wird tatsächlich eine Anzahl von Eigen-
schaften und Merkmalen betont, die für Referenzkennzei-
chen notwendig sind. Daher ist es hilfreich, den Lebens- 5.2 Spezifikation der
zyklus eines „Objekts“ einmal zu betrachten. Funktionsanforderung FR1 (B)
Im Prozeßentwurf wird die erforderliche Leistung für die
Pumpe und damit die Leistung für den Antrieb aus der
4 Lebenszyklus-Entwicklung Sicht des Prozesses festgelegt. Hier wurde auch festge-
legt, daß ein Elektromotor angewendet werden soll. Dies
Um die Geschichte eines konkreten Lebenszyklus zu
führt zu einer Spezifikation der Funktionsanforderung
schreiben, ist es erforderlich, sich für ein spezifisches
(Functional Requirements) in ihrer ersten Version.
Anwendungsgebiet zu entscheiden. Hier wurde ein Motor
in einem Industriebetrieb gewählt. Zur Bezugnahme innerhalb dieses Texts nennen wir
diese die Spezifikation FR1.
Dies darf aber keinesfalls so aufgefaßt werden, daß die in
der Geschichte beschriebenen Sachverhalte nur für die- ANMERKUNG: Diese und die anderen im folgenden
sen Bereich gelten. Es wäre ebenso möglich gewesen, aufgeführten Spezifikationsarten dürfen aus einem
einen Leiterplattenentwurf oder irgend etwas anderes zu Dokument bestehen, Teil eines Dokuments sein
wählen. Die Sachverhalte treten in jedem Anwendungsge- oder mehrere Dokumente umfassen. Hier ist die
biet auf, nur mit unterschiedlicher Betonung. Das heißt, logische Gliederung mehr von Interesse als die tat-
wenn das folgende nicht „Ihr Gebiet“ ist, lesen Sie es bitte sächliche Umsetzung in Dokumentenform.
mit Kreativität. Das Objekt kann zusätzlich zur Textspezifikation auch
Die Lebenszyklus-Entwicklung bezieht sich auf den durch ein oder mehrere graphische Symbole darge-
Antriebsmotor für eine Wasserpumpe in irgendeinem stellt sein, z. B. in einem Übersichtsplan, in dem durch
industriellen Prozeß, zum Beispiel: Papierfabrik, Wasser- das Referenzkennzeichen darauf Bezug genommen
werk oder ähnlichem. Der Einfachheit halber setzten wir wird.
voraus, daß diese Anlage von einer einzigen Firma ent-
worfen, geplant und in Betrieb genommen wird, daß aber
5.3 Ortsaspekt und ortsbezogenes
alle Teile von anderen Firmen bezogen werden. Die
Anlage wird direkt zum Endkunden geliefert. Die planende Referenzkennzeichen (C)
Firma liefert alle Anwenderinformationen als Auszug aus Die weitere Entwurfsarbeit am Gesamtsystem legt fest,
ihrer Datenbank, und der Käufer gibt diese in sein eigenes welche Versorgungsspannungen in der Anlage zur Verfü-
System ein, um die Anlage warten zu können. Prinzipiell gung stehen werden. Prozeß- und Bauplanung legen wei-
ist dies eine Vereinfachung, damit wir uns nicht zu sehr tere Anforderungen hinsichtlich Umgebungsbedingungen,
um verschiedene Dokumentenarten kümmern müssen. Maßen, Einschränkungen usw. fest. Die Spezifikation der
Falls gewünscht, kann eine Erörterung dieser Thematik Funktionsanforderungen wird allmählich vollständiger,
leicht auf das folgende aufgesetzt werden. und es sei angenommen, daß in dieser Phase die end-
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gültige Version erreicht wird. Ebenso sei angenommen, Zur Bezugnahme innerhalb dieses Textes nennen wir
daß ein Kennzeichnungssystem für die Orte festgelegt diese die Spezifikation PS1.
wurde. Grundsätzlich muß hierauf vom Objekt her mit Herstel-
Da das Kennzeichnungssystem für die Orte nun fest- lername und Produktnummer aus dem Herstellerkata-
gelegt ist, ist es nun möglich, das Objekt hinsichtlich log (Teilenummer, Artikelnummer, Bestellnummer usw.,
des Ortsaspekts mit einem ortsbezogenen Refe- d. h. mit einer Nummer, durch die es im Herstellerun-
renzkennzeichen zu adressieren. ternehmen eindeutig identifiziert ist) Bezug genom-
men werden. Gelegentlich (bei Sondermotoren) muß
5.4 Teiletyp — Spezifikation CT1 (D) vom Hersteller ein spezifischer Satz von Informationen
(Dokument) mitgeliefert werden.
Da die Anlage sehr viele Motoren enthält, muß die Vielfalt
Aus praktischen Gründen werden üblicherweise
der unterschiedlichen Motoren optimiert werden, um die
bestimmte Teile der hierin enthaltenen Information in
Zahl der Ersatzteile zu begrenzen. Dies führt dazu, daß
die zuvor erwähnten Teilelisten PL1 und PL2 über-
der für den Einsatz gewählte Motor nicht der Spezifikation
nommen. Dies führt jedoch zu Redundanzen, die spä-
FR1 entspricht, sondern daß ein „größerer“ Motor aus
ter Probleme verursachen können.
einem begrenzten Sortiment von Standardgrößen gewählt
werden muß. Dieser Motor wird in einer Teiletyp-Spezifi- Das Objekt ist nun durch ein Produkt implementiert,
kation (Component Type) festgelegt, die für den Einkauf und wir haben zum ersten Mal eine Verbindung zu
angewendet wird. einem realen physischen Objekt. Man beachte jedoch,
daß dies im Prinzip nur bedeutet, daß wir eine Refe-
Zur Bezugnahme innerhalb dieses Textes nennen wir
renz eingeführt haben, die aus zwei Daten besteht:
diese die Spezifikation CT1.
Herstellername und Produktnummer.
Die Spezifikation CT1 insgesamt ist nicht Teil des
betrachteten Objekts. Sie definiert einen Motortyp und
es muß auf sie verwiesen werden, da sie gleichzeitig 5.7 Produktbezogene Teileliste für die
für eine größere Zahl von Motoren in der Anlage gültig Installation PL3 (G)
ist. Pumpe und Motor sollen gemeinsam in einer speziellen
Auch wenn keine Notwendigkeit für eine Teiletyp-Spe- mechanischen Einheit installiert werden, die auf der Bau-
zifikation, gültig für mehrere Objekte, besteht, ist es stelle zusammengebaut wird. Die Herstellungsplanung
aber meistens unerläßlich, die Funktionsanforderungs- (Engineering für den Zusammenbau) erstellt daher Infor-
Spezifikation an verfügbare Standardgrößen anzupas- mationen für diesen Zusammenbau. Der Motor wird
sen, was bedeutet, daß grundsätzlich eine CT1 vor- anschließend auf einer Zusammenbauzeichnung bildlich
handen ist, auch wenn es nur ein Objekt jedes Typs dargestellt und in der Teileliste für die Installation als
gibt. Bestandteil aufgeführt.
Zur Bezugnahme innerhalb dieses Textes nennen wir
5.5 Funktionsbezogene Teilelisten für die diese die Teileliste PL3. Man beachte, daß die auf der
Anlagenplanung PL1 und ortsbezogene ortsbezogenen Struktur basierende Teileliste PL2 zwar
Teilelisten für die Entwurfsplanung PL2 (E) eventuell bei ihrer Erstellung als Grundlage dienen
kann, aber keineswegs damit identisch ist.
Die Detailplanung läuft, und der Motor erscheint nun auch
Hier muß das Objekt mit der produktbezogenen Struk-
in den Stromlaufplänen, Teilelisten (= Gerätelisten, Ausrü-
tur der Einheit in Beziehung gesetzt werden. In dieser
stungslisten usw., hier sind zahlreiche Namen gebräuch-
Dokumentation wird daher in erster Linie mit einem
lich), Anschlußtabellen oder -diagrammen. Zur Steuerung
produktbezogenen Referenzkennzeichen darauf
des Motors wird dieser auch im Prozeßrechner berück-
Bezug genommen. Die anderen Referenzkennzeichen
sichtigt (woraus sich einige interessante Strukturierungs-
dürfen als Zusatzinformation hinzugefügt werden, sind
und Kennzeichnungsprobleme ergeben, die wir hier aber
aber nicht zwingend erforderlich.
nicht ausführen wollen).
Es werden sowohl das funktionsbezogene als auch
das ortsbezogene Referenzkennzeichen angewendet. 5.8 Transport-Spezifikation (H)
Das ortsbezogene Kennzeichen kann angewendet Alle Teile, einschließlich des Motors, werden zur Baustelle
werden, um das CAD-System bei der Erzeugung von transportiert und dort zwischengelagert.
Anschluß- und Kabeltabellen zu steuern. Hierbei sind tatsächlich zahlreiche andere Kennzeich-
Zur Bezugnahme innerhalb dieses Textes verweisen nungen hinsichtlich Versand, Verpackung, Baustellen-
wir auf eine Teileliste, in der das funktionsbezogene logistik usw. erforderlich; dies wird hier aber zur Ver-
Referenzkennzeichen für die Auswahl von Objekten kürzung der Schilderung außer acht gelassen.
und für die Sortierung angewendet wird (und in der
das ortsbezogene Referenzkennzeichen als Zusatzin- 5.9 Installation (J)
formation dient), als Teileliste PL1.
Pumpe und Motor werden auf der Baustelle zusammen-
Wir verweisen auf eine Teileliste, in der das ortsbezo-
gebaut, in Übereinstimmung mit hauptsächlich in Pha-
gene Referenzkennzeichen für die Auswahl von
se G erzeugten Informationen. Die Dokumentation wird
Objekten und für die Sortierung angewendet wird (und
gegebenenfalls aktualisiert.
in der das funktionsbezogene Referenzkennzeichen
als Zusatzinformation dient), als Teileliste PL2. Die funktions- und/oder ortsbezogenen Referenz-
kennzeichen für das Objekt werden in der Anlage auf
einem Bezeichnungsschild vermerkt. Dieses Bezeich-
5.6 Produktspezifikation PS1 (F) nungsschild sollte vorzugsweise in der Nähe des
Ein Motorenhersteller wird ausgewählt. Dies bedeutet physischen Motors, aber nicht auf diesem selbst ange-
häufig, daß die Eigenschaften der tatsächlich eingesetz- bracht werden. Es stellt eine Art von Vor-Ort-Doku-
ten Einheit von der spezifizierten leicht abweichen. Wir mentation darüber dar, wo ein Motor des angegebe-
erhalten somit eine Produktspezifikation (Product Specifi- nen Typs einzusetzen ist. Dabei spielt es aber im
cation) vom Hersteller, die für den tatsächlich eingesetz- Regelfall keine Rolle, um welches physische Exemplar
ten Motor gültig ist. eines solchen Motortyps es sich handelt.
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5.10 Inbetriebnahme (K) Betriebsprotokoll dokumentierten Erfahrungen wurden


Pumpe und Motor werden in Betrieb genommen, in Über- durchgesehen, und es wurde eine neue Spezifikation
einstimmung mit hauptsächlich in den Phasen A bis F erstellt, auf deren Grundlage Motoren von einem neuen
erzeugten Informationen. Die Dokumentation wird gege- Hersteller eingekauft wurden.
benenfalls aktualisiert. Wir nennen die neue Bauteiletyp-Spezifikation Spezi-
Die Anwenderdokumentation/-information für die fikation CT2 und die Produktspezifikation für den tat-
Anlage wird anschließend vom Hersteller an den sächlich eingekauften Motortyp Spezifikation PS2.
Käufer übergeben. Das Objekt wird nun im Wartungs- Infolgedessen muß das Objekt nicht nur auf eine neue
informationssystem des Käufers verwaltet. Inventarnummer, sondern auch auf einen anderen
Herstellernamen und eine andere Produktnummer
Bezug nehmen.

5.11 Abnahme, individuelles Protokoll IL1 (L)


Abnahmetests werden durchgeführt, und der gesamte 5.15 Prozeßanpassung (R)
Prozeß wird in den Normalbetrieb genommen. Nach einer weiteren Betriebszeit wird eine Entscheidung
Sofern dies nicht bereits früher erfolgt ist, muß späte- zur Optimierung des Prozesses getroffen. Dies hat unter
stens jetzt auch dokumentiert werden, welcher kon- anderem zur Folge, daß in dem hier betrachteten Prozeß-
krete physische Motor angewendet wird, um die abschnitt eine weitere Pumpe in Strömungsrichtung vor
Aufgabe des konkreten Objekts zu übernehmen. Dies der betrachteten Pumpe eingefügt wird. Infolgedessen
kann anhand der Seriennummer des Herstellers ändern sich die Betriebsbedingungen für den Motor.
(sofern vorhanden) oder anhand der eigenen Inventar- Da für Objekte, die derselben Klasse angehören, häu-
nummer des Kunden erfolgen. Diese Nummer muß auf fig aufeinanderfolgende Nummern verwendet werden,
einem am Motor fest angebrachten Typenschild ange- wird sich hieraus möglicherweise die Notwendigkeit
geben werden. ergeben, das funktionsbezogene Referenzkennzei-
Im Wartungssystem der Anlage wird für jeden physi- chen des Objekts zu ändern.
schen Motor ein Satz von Informationen erstellt. Zur
Bezugnahme innerhalb dieses Textes nennen wir dies
das individuelle Protokoll IL1 (Individual Log), das durch
die Inventarnummer gekennzeichnet ist. Auf dieses muß 5.16 Ortsbezogene Erweiterung (S)
vom Objekt her Bezug genommen werden.
Das Gebäude, in dem der Prozeß abläuft, wird ebenfalls
erweitert, so daß sich das Kennzeichnungssystem für die
Orte ändert.
Dies kann dazu führen, daß auch die ortsbezogenen
Referenzkennzeichen geändert werden müssen.
5.12 Betrieb (M)
Erfahrungswerte aus dem Betrieb, z. B. bezüglich Normal-
last, Höchstlast, Betriebszeit usw., werden in einem
Betriebsprotokoll (Operation Log) gesammelt.
5.17 Nachfolgende Phasen (T)
Diese Informationen können teilweise auf das Objekt
Bezug nehmen, die meisten Daten müssen jedoch auf Hier sind alle Phasen gemeint, die den Motor bis zum
das dem physischen Motor zugeordnete individuelle Ende der Nutzung betreffen.
Protokoll Bezug nehmen.

5.18 Außerbetriebnahme (U)


Nach einigen weiteren Betriebsjahren wird die Anlage
5.13 Alternative Motor-Individuen schließlich stillgelegt.
Gemäß einer bewährten Wartungsstrategie werden die Das Betriebsprotokoll wird geschlossen.
physischen Motoren regelmäßig durch andere Motoren
desselben Typs ersetzt, und die gebrauchten Motoren
werden entweder gewartet oder verschrottet.
Dies bedeutet, daß bei einem solchen Austausch das 5.19 Rückbau (V)
Objekt auf eine andere Inventarnummer Bezug neh-
Die Prozeßanlage wird demontiert. Der Motor wird zur
men muß, die einen anderen physischen Motor identi-
Wiederverwertung der Werkstoffe zerlegt.
fiziert.
Das ist das Ende im Lebenszyklus eines physikali-
schen Motors.

5.14 Alternativer Motortyp und Hersteller


bei Austausch CT1, PS2 (P) 5.20 Ende des Lebenszyklus (X)
Trotz Wartung fällt der tatsächlich angewendete Motor Die Informationen über die Anlage, welche die Anwen-
aus. Der Motor des angewendeten Typs ist nicht mehr auf dung des betrachteten Motors einschließen, wird für
dem Markt. Den Hersteller gibt es auch nicht mehr, so daß einige weitere Jahre archiviert. Die Informationen werden
der Anlagenbetreiber einige Vorkehrungen getroffen hat. dann gelöscht (oder als Eingangsdaten für die Planung
Die Anforderungen aus den ursprünglichen Spezifikatio- einer wirtschaftlicheren Anlage angewendet).
nen FR1 und CT1 sowie die gewonnenen und im Damit ist der Lebenszyklus des Objekts beendet.
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Bild 2: Der Lebenszyklus

6 Betrachtung des Begriffs „Objekt“ Die Informationen, die dem Objekt am nächsten zugeord-
net sind, sind Anforderungsinformationen (mit Bezug auf
6.1 Unterschiedliche Bedeutungen von „Motor“ seinen Zusammenhang mit dem Prozeß), Bezug auf den
In der oben dargestellten Lebenszyklusgeschichte wurde gegenwärtig zur Erfüllung dieser Anforderungen ange-
in der normalen Beschreibung der Begriff Motor ange- wendeten Teiletyp und das individuelle Produkt (Instanz),
wendet. Im Kommentartext wurden statt dessen die Aus- ein Protokoll der Historie darüber, welche Produkttypen
drücke Objekt, Bauteiletyp, Produkt, physischer Motor und welche individuellen physischen Produkte früher
angewendet. Dadurch soll betont werden, daß der Begriff dafür angewendet wurden, sowie ein Betriebsprotokoll,
„Motor“ eigentlich mit unterschiedlichen Bedeutungen ebenfalls mit Bezug auf den Prozeßzusammenhang.
angewendet wird: (Aber auch auf diese Dinge kann verwiesen werden, falls
a) Motor = Objekt mit Spezifikation FR1, FR2 usw. dies gewünscht wird.)
b) Motor = Teiletyp mit Spezifikation CT1, CT2 usw. In Bild 2 ist die Geschichte des Lebenszyklus dargestellt.
c) Motor = Produkt mit Spezifikation PS1, PS2 usw.
d) Motor = Motor mit individuellem Protokoll IL1, IL2 usw. 6.2 Definition von „Objekt“
Welche dieser Möglichkeiten wollen wir mit dem Refe- Man könnte gegen die obige Beschreibung das Argument
renzkennzeichen identifizieren? vorbringen, sie sei nicht wirklich repräsentativ, da sie sich
d) Wir können den physischen Motor auswechseln, ohne zu sehr auf diejenigen Situationen konzentriere, in denen
das Referenzkennzeichen zu ändern, die Antwort muß Änderungen erfolgen: In der Realität besteht die Lebens-
also lauten: Nein! dauer zu über 99 % aus beständigen Situationen.
c) Die Produktspezifikation ist völlig allgemeingültig und Das ist vollkommen richtig; jedoch eine der wichtigen Pro-
gilt auch für Motoren, die an andere Käufer geliefert blemstellungen, die bei der Behandlung des Lebenszy-
werden; die Antwort muß also lauten: Nein! klus hervortreten, ist eben die der Änderungen.
b) Wenn die Teiletyp-Spezifikation für viele Motoren in Das Referenzkennzeichnungssystem muß so ausge-
der Anlage gilt, muß die Antwort lauten: Nein. Wenn legt sein, daß es Änderungen handhaben kann.
sie für nur einen Motor gilt, könnte die Antwort lauten: Man erreicht dies, indem das Referenzkennzeichnungs-
Vielleicht. system auf Konzepten aufgebaut wird, die sich möglichst
a) Ja. eng an der Realität orientieren.
Was ist dann das „Objekt“ in diesem ersten Sinne? Das Problem besteht jedoch darin, daß unsere Alltags-
Aus der Geschichte und den obigen Schlußfolgerungen sprache die Realität sehr häufig verschleiert, indem sie
läßt sich das Objekt kaum als etwas anderes beschreiben Synonyme für gleiche Begriffe und — schlimmer noch —
als ein Satz von Informationen, der von seiner Erzeugung Homonyme für unterschiedliche Begriffe anwendet. Wir
an wächst, bis zum Zeitpunkt seiner Löschung. müssen einige Zeit suchen, bis wir sie gefunden haben,
Dieser Satz von Informationen „enthält“ die gesamte und können dabei der Sprache nicht völlig vertrauen. In
Lebenszyklusgeschichte. Andere Informationssätze, die der internationalen Arbeit stellt sich dieses Problem
Informationen über „zeitweilige“ Realisierungen enthalten, natürlich noch in größerem Maße, da sich die in verschie-
sind mit ihm, vorzugsweise durch Hinweise, verbunden, denen Sprachen angewendeten Begriffe nicht genau ent-
da diese Sätze hin und wieder durch andere ersetzt wer- sprechen. Dies ist einer der Gründe dafür, daß die Model-
den. (Dabei können die alten Sätze als Historie aufge- lierung von Information bei der Planung moderner Rech-
zeichnet werden.) nersysteme so wichtig geworden ist.
Das Objekt, mit dem wir uns befassen, existiert nur in der Änderungen können dazu genutzt werden, um offenzu-
„Modellwelt“. (Eine Satz beschreibender Dokumente ist legen, wie Dinge tatsächlich voneinander abhängen.
ebenfalls ein „Modell“ in diesem allgemeinen Sinne.) Es Aus der obigen Geschichte des Lebenszyklus läßt sich
hat eine Verbindung mit dem „Objekt in der realen Welt“, sehr leicht erkennen (Bild 2), daß das Objekt „Motor“, das
diese Verbindung ist aber nicht fest. wir mit einem Referenzkennzeichen identifizieren müssen
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(siehe waagerechte Abgrenzung), nicht mit dem überein- Gleichzeitig ist der Ausdruck „Funktion“ im Regelfall (nicht
stimmt, was wir in der Alltagssprache (in einer stabilen nur in IEC 61346-1) definiert als „Zweck, der einem Objekt
Situation) „den Motor“ nennen würden (siehe senkrechte zugeordnet ist . . .“ oder „geeignete Aktivität, Art der
Abgrenzung). Aktion, durch die das Objekt seinen Zweck erfüllt“.
In IEC 61346-1 ist der Begriff Objekt definiert: Betrach- Offensichtlich bezieht sich der Begriff „Objekt“ in diesen
tungseinheit, die in einem Konstruktions-, Planungs-, Definitionen auf ein „Objekt der realen Welt“, und die
Realisierungs-, Betriebs-, Wartungs- und Demontage- Funktion, von der wir sprechen, ist dessen Funktion.
prozeß behandelt wird. (Eine Satz von Informationen kann ebenfalls Zweck,
Ähnliche Definitionen der Begriffe „Objekt“ enthält Aktion und Verhalten haben; darauf zielen wir aber mit
(ISO/IEC JTC 1/SC 18/WG 1 N 1632): den Definitionen nicht ab.)
Objekt: ein Behälter für Inhalt und Struktur; Eine der Schwierigkeiten bei der Diskussion entsteht
Struktur: eine Beschreibung, wie Informationen orga- durch eine falsche oder zumindest ungenaue Anwendung
nisiert sind. der Wörter „Funktion“, „Produkt“ und „Ort“ in Verbindung
Der Verweis auf Hypermedien ist hier wohl zutreffend, mit der Referenzkennzeichnung.
da ein System von „computerisierten Teilelisten“ (mit Man muß sich klarmachen, daß ein Objekt weder eine
einer geeigneten Schnittstelle) als eine Art von Hyper- Funktion noch ein Produkt noch ein Ort oder was auch
text angesehen werden kann. Dies war schon so, immer sein kann. Aber:
lange bevor dieser Begriff eingeführt wurde. — Ein „physisches Objekt“ kann Eigenschaften in bezug
Eine störende Beobachtung ist, daß es im Lebenszy- auf seine Funktion (d. h. Zusammenwirken mit ande-
klus sogar notwendig sein kann, die Referenzkennzei- ren aktiven physischen Objekten) benötigen oder
chen für das Objekt zu ändern. (Dies kommt nicht sehr haben, und somit enthält das Objekt Informationen
oft vor, aber es kommt vor. Daraus folgt, daß in einem hierzu;
Computersystem die Referenzkennzeichen vorzugs- — Ein „physisches Objekt“ kann Eigenschaft in bezug
weise nicht als Schlüssel angewendet werden soll- die Struktur, in die es eingebettet ist, (d. h. Zusammen-
ten. In einem solchen System ist die Anwendung inter- wirken innerhalb einer Zusammenbaugruppe) benöti-
ner Kennungen vorzuziehen, die dem Systembenutzer gen oder haben, und somit enthält das Objekt Infor-
völlig verborgen sind. Referenzkennzeichen identifi- mationen hierzu;
zieren nur nach außen hin.) Anpassungen können — Ein „physisches Objekt“ kann Eigenschaften in bezug
auch unter solchen Umständen stattfinden, bei denen auf den von ihm belegten Ort benötigen oder haben,
das Objekt durch mindestens zwei Referenzkennzei- und somit enthält das Objekt Informationen hierzu;
chen identifiziert ist und diese nacheinander angepaßt usw.
werden. Enthält ein Objekt derartige Informationen, dann ist es
unter dem entsprechenden Funktions-, Produkt- bzw.
Ortsaspekt interessant, und man kann sagen, daß es zu
7 Betrachtung unterschiedlicher einer funktionsbezogenen, produktbezogenen oder orts-
bezogenen Struktur gehört.
Lebenszyklen
Wir haben den Lebenszyklus des oben beschriebenen Ein Punkt ist sehr wichtig: Die Aspekte befassen
Objekts verfolgt. Dabei sind wir auf zwei weitere Lebens- sich mit der Frage, wie das physikalische Objekt
zyklen gestoßen, die nicht mit demjenigen des Objekts mit seiner Umgebung zusammenwirkt. Sie
vermischt werden dürfen. In bezug auf den Motor sind befassen sich nicht mit dem Objekt an sich.
diese:
— Lebenszyklus des Objekts: Er gehört in einen größe- Das bedeutet beispielsweise, daß ein Objekt unter dem
ren Zusammenhang, in dem der Bedarf an dem Objekt Produktaspekt interessant ist, nicht weil es durch ein Pro-
gefunden wurde. Der Lebenszyklus beginnt mit der dukt implementiert wird, sondern nur, weil es für eine
Idee zu einem Objekt und endet, wenn das Objekt Produktbaueinheit in einer höheren Ebene von Inter-
nicht länger von Interesse ist. esse ist.
— Lebenszyklus des Produkts: Er gehört zur Herstel- Man vergleiche G in der obigen Lebenszyklusbeschrei-
lerfirma des Motors. Der Lebenszyklus beginnt, wenn bung. Der „Motor“ ist Teil der produktbezogenen Struktur,
in der Firma erkannt wird, daß die Entwicklung einer da er in eine Baueinheit (als konstruktives Element) ein-
neuen Produktgeneration erforderlich ist, und endet, gebaut wird, nicht aber, weil er ein Produkt ist.
wenn diese Produktgeneration ausgelaufen ist. Das gleiche gilt selbstverständlich für die anderen
— Lebenszyklus eines individuellen Exemplars des Aspekte.
Motortyps: Dieser Lebenszyklus wird zwischen Liefe- Das ortsbezogene Referenzkennzeichen kann zur Identi-
rer und Anwender aufgeteilt. Er beginnt mit der Her- fizierung eines „Widerstands“ mit genau der gleichen
stellung und endet mit dem Rückbau und Wiederver- Berechtigung angewendet werden wie jedes andere
wertung. Kennzeichen, sofern der eingesetzte „Widerstand“ einen
Daraus folgt, daß wir mit einem Begriff wie „Rückbau“ als adressierbaren Ort belegt. Dies bedeutet nicht, daß „der
Phase im Lebenszyklus vorsichtig umgehen müssen, da Widerstand ein Ort ist“.
er nur auf das physische Objekt bezogen werden kann. Ein funktionsbezogenes Referenzkennzeichen kann einer
„Einstellschraube (Handbetätigungseinrichtung)“ zuge-
ordnet werden, wenn diese Schraube in dem Gerät, in
dem sie eingebaut ist, einen funktionalen Zweck erfüllt.
8 Betrachtung des Begriffs „Aspekt“ Dies bedeutet nicht, daß „die Schraube eine Funktion ist“.
Wenn wir akzeptieren, daß das Objekt ein Satz von Infor- ANMERKUNG: Mit dem Objekt „an sich“ wird sich in
mationen ist, wie können wir dann den Begriff „Aspekt“ IEC 61346-2 befaßt, unabhängig von deren strukturel-
verstehen? len Anwendungen. Siehe auch Bild 6.
In der Umgangssprache sagen wir: „Dies ist eine Funk- Eine weitere wichtige Beobachtung in der Lebenszyklus-
tion“ oder „dies ist ein Produkt“. beschreibung (siehe 5.1, 5.3, 5.5 und 5.7) besteht darin,
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daß nicht allgemeingültig ausgesagt werden kann, daß b) Man entscheide, ob diese Funktionalität mit einem
das Referenzkennzeichen in einem Aspekt, z. B. im funkti- vorhandenen oder geplanten Produkt implementiert
onsbezogenen Aspekt, identifizierend ist und die anderen werden kann oder nicht.
nur zusätzlich angegeben sind. c) Wenn sie nicht implementiert werden kann, zerlege
sie in eine Menge von Teilobjekten. Dies ist ein kreati-
Ein Referenzkennzeichen ist nur im Zusammenhang ver Prozeß, der auf Know-how basiert und vom
mit Objekten, die zu einem bestimmten Aspekt Wunsch des Entwicklers geprägt ist, möglichst einfach
gehören, identifizierend. zu implementierbaren Objekten zu gelangen.
d) Man beschreibe die funktionalen Beziehungen zwi-
Wenn wir den gesamten Lebenszyklus betrachten und
schen den Teilobjekten. Diese müssen als Gruppe
zusätzlich fordern, daß die Systematik für alle Fachberei-
genau die gleiche funktionale Schnittstelle zu ihrer
che gelten soll, können wir prinzipiell keinem Aspekt Vor-
Umgebung haben wie das ursprüngliche Objekt. Die
rang gewähren. Für den Systementwickler ist der Funkti-
Identifizierung der Teilobjekte (Vorkommen) gehört
onsaspekt am wichtigsten, für den Fertigungsingenieur ist
ebenso zu dem ursprünglichen Objekt wie die
dieser dagegen von sehr geringem Interesse und die pro-
Beschreibung der Wechselbeziehungen zwischen
duktbezogene Struktur ist wichtiger, usw.
den Objekten.
Bei den früheren Referenzkennzeichen-Normen haben
e) Man beschreibe die Funktionalität jedes der Teilob-
wir den Systementwurfsaspekten Vorrang gegeben, ohne
jekte wie unter a).
dies ausdrücklich zu sagen. Dies ist nicht akzeptabel,
wenn die Norm auch für Anwender, die anderen Fachbe- Die Zerlegung der Teilobjekte wird, falls notwendig, fortge-
reichen als dem Systementwurf (in der Elektrotechnik) führt, bis solche Teilobjekte gefunden werden, die durch
angehören, gelten und von diesen akzeptiert werden soll. geplante oder vorhandene Produkte implementiert wer-
den können.
Das Ergebnis der Zerlegung ist:
9 Behandlung von Zerlegung und — eine Menge von Objekten, die einerseits einen Funkti-
Strukturierung onsaspekt besitzen (die Blätter des Strukturbaumes),
andererseits aber auch einen Produktaspekt benöti-
9.1 Zerlegung gen, da sie alle auf irgendeine Weise zusammenge-
Die in Abschnitt 5 stattfindende Zerlegung, welche die baut oder installiert werden;
Definition des Objekts „Motor“ verursacht, ist eine nähere — eine weitere Menge von Objekten, die Gruppen sol-
Untersuchung wert. Bild 3 zeigt diesen Zerlegungsprozeß. cher Objekte oder Gruppen von Gruppen darstellen.
Im Prinzip handelt es sich um einen schrittweisen Prozeß, Diese Objekte besitzen bislang nur einen funktionsbe-
der mit einer funktionsbezogenen Zerlegung „von oben zogenen Aspekt;
nach unten“ beginnt, an die sich eine produktbezogene — eine Beschreibung der hierarchischen Beziehungen
Zusammenfügung „von unten nach oben“ anschließt. Die zwischen den definierten Objekten.
funktionale Zerlegung kann mit den folgenden 5 Schritten
beschrieben werden:
a) Man beschreibe die Funktionalität des gewünschten 9.2 Zusammenfügung
technischen Objekts, d. h., man beschreibe sein Nach der funktionsbezogenen Zerlegung müssen die
aktives Verhalten („Schnittstelle“) gegenüber seiner Produkte zu produktionsfähigen Produkten oder Bauein-
Umgebung. heiten höherer Ordnung zusammengefügt oder auf der

Bild 3: Funktionsbezogene Zerlegung


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Baustelle (welche die Baueinheit „höchster Ordnung“ dar- Die ortsbezogene Struktur ist mit räumlichen Konzep-
stellt) installiert werden. Dieser Vorgang folgt einer Proze- ten befaßt, die wichtig sind, wenn das Gebäude fertig
dur „von unten nach oben“, welche die produktbezogene ist, die produktbezogene Struktur dagegen mit bauli-
(Aufbau-)Struktur darstellt. chen Konzepten, die für die Einrichtung von Bedeu-
Die „übergeordneten“ Baueinheiten werden im Regelfall tung sind.
durch andere Objekte als die zuvor beschriebenen reprä- In der Realität laufen die funktionsbezogene Zerlegung
sentiert. Da man aber im Regelfall bemüht ist, Produkte von oben nach unten und die produktbezogene Zusam-
oder Baueinheiten zu erstellen, die genau festgelegte menfügung von unten nach oben nicht so geradlinig ab,
Funktionen haben, kann während dieser Zusammen- wie oben beschrieben. Der Prozeß ist häufig nicht plan-
fügungsprozedur durchaus der Fall eintreten, daß Bauein- mäßig und enthält die Strukturierung von oben nach unten
heiten erstellt werden, welche die funktionalen Anforde- und von unten nach oben in unterschiedlichen Kombina-
rungen früher festgelegter Gruppen „funktionsbezogener tionen.
Objekte“ erfüllen. Solche Objekte können daher zusätz- Ein sehr allgemeines Beispiel: Wenn die Strukturierung
lich zum funktionsbezogenen Aspekt einen produktbezo- der elektrotechnischen und der Steuerungseinrichtung für
genen Aspekt erhalten, obwohl sie keine „Blätter“ am eine industrielle Anlage durchgeführt wird, wurde die
funktionsbezogenen Baum sind. Das Objekt der höchsten funktionale Strukturierung des Prozesses schon einige
Stufe (die „Baueinheit höchster Ordnung“) ist jedenfalls Zeit zuvor durch den Hersteller der Prozeßanlage abge-
stets ein Objekt, das über mehrere Aspekte verfügt. Siehe schlossen. Der Entwickler der elektrischen Anlage muß
Bild 4. von der Produktstruktur der Prozeßanlage ausgehen. Die
Die vorliegende Beschreibung war auf Funktions- und Aufgabe besteht daher sehr häufig darin, die funktionsbe-
Produktaspekte konzentriert. Eine ähnliche Betrachtung zogene Struktur aus der Produktstruktur der Prozeßan-
kann hinsichtlich Orts- und Produktaspekten durchgeführt lage zu rekonstruieren, um eine Grundlage für den Ent-
werden usw. wurf der Steuerung zu erhalten.
Der Unterschied zwischen Produktaspekt und Orts- Durch die Beschreibung der Strukturierung sollte betont
aspekt könnte einer weiteren Erläuterung bedürfen. werden, daß sowohl die Zerlegungs- als auch die Zusam-
Ein offensichtliches Beispiel, das den Unterschied auf- menfügungsprozedur Objekte erforderlich machen, von
zeigt, kann im Bauwesen gefunden werden. Ähnliche denen einige nur einer Struktur angehören (nur einen
Unterschiede existieren auch auf anderen Gebieten: Aspekt besitzen) und andere mehreren Strukturen ange-
Wenn ein Architekt ein Gebäude im Hinblick auf Form, hören (mehrere Aspekte besitzen). Ebenso ist es wichtig,
Erscheinungsbild usw. entwirft, befaßt er/sie sich mit die Unterscheidung zwischen einem Objekt (seiner
der ortsbezogenen Struktur, in der die Stockwerke und Beschreibung) und dem Vorkommen dieses Objekts zu
Räume Objekte sind. treffen (das stets auf der nächsthöheren Ebene in dem
Wenn ein Bauingenieur die Konstruktion desselben betreffenden Aspekt spezifiziert ist).
Gebäudes beschreibt, befaßt er/sie sich mit der pro- Hierzu eine Erläuterung:
duktbezogenen Struktur, bei der die Tragwerke, Beim Zeichnen von Bildern zum Zwecke der Veran-
Wände, Fenster, Türen usw. Objekte sind, nicht aber schaulichung von Objekten, die in mehreren Aspekten
die Räume (diese erst beim Streichen und Tapezieren). auftreten können, und deren strukturellen Beziehun-

AF und AP bzw. BF und BP repräsentieren unterschiedliche Aspekte desselben Objekts


Bild 4: Zerlegung und Zusammenfügung
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gen, ist es erforderlich, diese nebeneinander darzu-


stellen. Nur das Vorkommen des Objekts kann inner- Bestandteil-von-Beziehungen ist das Grundprinzip,
halb (als Bestandteil) eines oder mehrerer anderer auf dem die Erzeugung von Kennzeichen in
Objekte abgebildet werden. Siehe Bilder 3 und 6. IEC 61346-1 basiert.

10 Behandlung der Merkmale von 11 Behandlung von Referenzkennzeichen-


Referenzkennzeichen Sätzen
Nach der Behandlung der Unterschiede zwischen dem 11.1 Vorkommen im Gegensatz zu
Vorkommen eines Objekts und der Beschreibung eines Beschreibung eines Objekts
Objekts ist es nun an der Zeit zu fragen, welches der bei-
den wir mit dem Referenzkennzeichen identifizieren wol- Die Trennung zwischen Vorkommen des Objekts und
len. Beschreibung des Objekts ermöglicht es, auf dasselbe
betrachtete Objekt (auf die Beschreibung des Objekts) mit
Die Antwort lautet kurz und bündig: das Vorkommen des unterschiedlichen Kennzeichen in den verschiedenen
betrachteten Objekts. Aspekten (da sie Vorkommen identifizieren) zu verweisen.
Die Erzeugung einer vollständigen Referenzkennzeich- Das betrachtete Objekt kann direkter Bestandteil ver-
nung, in einem Aspekt, ist eine Vorgehensweise in zwei schiedener Objekte sein, vorausgesetzt, diese anderen
Schritten: Objekte werden durch unterschiedliche Aspekte erreicht.
— Der erste Schritt besteht darin, die Vorkommen von Der Satz all dieser Einzelebenen-Referenzkennzeichen
Objekten im Kontext desjenigen größeren Objekts zu beschreibt Attribute zu dem Objekt (zu der Beschreibung
identifizieren, von dem sie Bestandteil sind, um das des Objekts), welche es ermöglichen zu wissen, von wel-
Einzelebenen-Referenzkennzeichen eines jeden sol- chem Aspekt her es interessiert und welchen Platz es in
chen Teilobjekts zu erzeugen. Dieser Schritt wird für den zugehörigen Strukturen einnimmt.
alle betroffenen Objekte, bis hinauf zu dem Objekt Diese Attribute ermöglichen ebenso „Übergänge“. Ein
in der nächsthöheren Ebene in dem betrachteten Übergang ist lediglich ein „Sprung“ innerhalb eines
Aspekt, wiederholt. Dem Objekt der „höchsten Ebene“ Objekts von einer Struktur zu einer möglichen anderen.
kann kein Einzelebenen-Referenzkennzeichen zuge-
ordnet werden, da es nicht Bestandteil eines anderen Die zur Kennzeichnung eines Objektes angewendete Art
Objekts ist. Es muß auf andere Weise identifiziert wer- der Struktur sagt überhaupt nichts aus über die Eigen-
den, was im Regelfall erfolgt durch z. B.: Bestellnum- schaft dieses Objekts! Sie stellt eine Adresse dar, die
mer, Projektname. einen Weg aufzeigt, es zu erreichen, nichts mehr.
Man beachte, daß die gelegentlich vorkommenden Die Eigenschaft des Objekts ist durch seine Kennbuch-
„Anlagenkennzeichen“, die für die scheinbar höchste staben (falls angewendet) beschrieben.
Ebene anzuwenden sind (üblicherweise vom Kunden
vorgegeben), als Referenzkennzeichen aufgefaßt wer-
den können, die im Kontext eines Objekts festgelegt 11.2 Bestandteil-von-Beziehungen im
sind, das alle Anlagen dieses Kunden beinhaltet. Ver- Gegensatz zu Gruppierung
gleiche Bild 6, in dem das Objekt „globales System“ Wie schon früher erwähnt, ist Bestandteil-von-Beziehun-
ein derartiges Objekt ist. gen der Mechanismus in IEC 61346-1, auf dem die Erzeu-
— Der zweite Schritt besteht darin, die Referenzkennzei- gung von Referenzkennzeichen basiert. Es wird jedoch
chen aller Vorkommen vom obersten bis hinunter zu eine Ausnahme beschrieben, und zwar in 5.6, „Identifika-
dem betrachteten Vorkommen zu verketten, um damit tion von Objekten durch Kombination nichteindeutiger
die Mehrebenen-Referenzkennzeichen innerhalb Referenzkennzeichen“. Dieser Abschnitt beschreibt ein
eines bestimmten Aspekts zu erzeugen. Verfahren, das einen Gruppierungsmechanismus anwen-
Einzelebenen-Referenzkennzeichen sind (dem Vorkom- det. Der Unterschied im Ansatz ist eventuell nicht jedem
men von) Objekten in bezug auf das Objekt, zu dem sie in ganz klar, so daß einige Anmerkungen hierzu und zu der
einem spezifischen Aspekt gehören, zugeordnet. Mehr- Anwendbarkeit des Ergebnisses gegeben werden sollen.
ebenen-Referenzkennzeichen sind Aneinanderreihungen Bild 5 illustriert die verschiedenen Methoden. Es zeigt ein
solcher Kennzeichen und werden somit aufeinanderfol- betrachtetes Objekt, das unter verschiedenen Aspekten
gende Bestandteil-von-Beziehungen beschreiben. gekennzeichnet ist: =, +, –.

Bild 5: Drei Arten von Referenzkennzeichen-Sätzen


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° In der linken Abbildung wird das betrachtete Objekt + Schweiz + Genf + rue de Varembé + 3 + 2. Stock
mit einem Referenzkennzeichen-Satz identifiziert. + Raum 15
Jedes der Elemente des Satzes kann für seine Identi- d 0041 d 022 d 900001
fizierung verwendet werden: =A1B1C1 oder –D1E1F1 .ch.abc.@asmith
oder +G1H1J1 sind jeweils gleich wirksam.
Wenn das Gruppierungsverfahren angewandt wird, kann
° In der mittleren Abbildung identifiziert nur ein Kenn- eine mögliche Bezeichnung lauten:
zeichen das betrachtete Objekt, nämlich =A1B1C1.
Die beiden anderen, –D1E1 und +G1H1, identifizieren + Schweiz + Genf + rue de Varembé
Objekte, von denen das betrachtete Objekt nur ein d 900001
Bestandteil ist; sie können also in gewisser Weise als .@asmith
Ergänzungen betrachtet werden. Diese sind für sich Solch eine Referenzkennzeichnung wäre höchstwahr-
alleine nicht geeignet für eine strukturierte Suche scheinlich eindeutig identifizierend, sie erfordert aber ein
nach dem Objekt, sie könnten aber zusammen wirk- bestimmtes Wissen, wenn man sie interpretieren möchte,
sam sein. um mit A. Smith in Verbindung zu treten. Man kann sie
° In der rechten Abbildung identifiziert keines der Kenn- nur dann für eine Suche verwenden, wenn das gesamte
zeichen das betrachtete Objekt vollständig, aber die Kennzeichnungssystem vollständig bekannt ist.
Gruppe als ganzes kann dies leisten. Wenn ein sol- Die obigen Kennzeichen können wie folgt interpretiert
cher Satz für eine Suche angewendet wird, kann das werden: Dies ist das Kennzeichen einer Person, die
Objekt nur als dasjenige gefunden werden, das in der sich in der rue de Varembé befindet, die in Genf ist,
Schnittmenge der Objekte =A1B1, –D1E1 und +G1H1 welches in der Schweiz liegt. Die exakte Adresse in
liegt. der Straße ist jedoch unbekannt. Teil ihrer E-Mail-
Im dritten Fall muß in einem Rechner stets eine umfas- Adresse ist .@asmith, aber es ist nicht bekannt, zu wel-
sende Suche über alle Objekte in der Datenbank durch- chem Land diese gehört. Der Betreffende hat auch die
geführt werden, bevor es gefunden wird, während es im Telefonnummer d900001, aber weder Ortsvorwahl
ersten Fall möglich ist, es direkt auf strukturierte Weise zu noch Ländervorwahl sind bekannt.
adressieren. Dieser Unterschied ist besonders wichtig, Das Problem besteht darin, daß keines der Teile der
wenn die Information nicht in einer einzigen Datenbank Kennzeichen ausreicht, damit Sie mit A. Smith in Ver-
gespeichert ist, sondern auf mehrere verteilt ist. Die letzte bindung treten können. Man muß selbst schließen, daß
Methode kann dann, verglichen mit der ersten, zu sehr die Telefonnummer vermutlich zu Genf gehört (es
intensiver Netzwerkkommunikation führen. könnte sich aber auch um eine Mobiltelefonnummer
handeln). Mit gewissen Kenntnissen über E-Mail-
Adressen könnte man folgern, daß das Land vermut-
lich .ch ist (sie könnte aber ebenso z. B. .com sein). Um
11.3 Beispiel sicher sein zu können, müßte man sich Zugang zum
Ein konkretes Beispiel kann den Unterschied zwischen globalen E-Mail-Verzeichnis und zumindest zum
beiden Prinzipien weiter erläutern. gesamten schweizerischen Telefonverzeichnis ver-
Eine Person sei das „betrachtete Objekt“, z. B. mit dem schaffen und die Schnittmenge aus diesen beiden bil-
Namen A. Smith. Wenn jemand mit ihr in Verbindung tre- den, um eine Person zu finden, für die auch die Orts-
ten möchte, kann dies erfolgen: adresse zutreffend ist. Leider ist es zumindest theore-
tisch möglich, daß man zwei oder mehr Personen fin-
° von Angesicht zu Angesicht im Büro;
den könnte.
° telefonisch; oder
Wegen der möglichen Nichteindeutigkeit und erhöhtem
° über E-Mail (elektronische Post). Suchaufwand ist die Bevorzugung des Verfahrens, das
Unter jedem dieser Aspekte kann A. Smith durch ein streng auf einem Bestandteil beruht, offensichtlich. Das
„Referenzkennzeichen“ repräsentiert werden. Gruppierungsverfahren wurde in IEC 61346-1, Abschnitt
Für eine persönliche Besprechung ist die physische Orts- 5.6 eingeführt, da es manchmal in der Praxis angewendet
adresse erforderlich. Solch ein Kennzeichen, wenn es in wurde. Es handelt sich um eine mögliche Anwendung der
hierarchisch absteigender Reihenfolge, wie bei Referenz- bestehenden IEC 60750, von der behauptet wird, daß sie
kennzeichen üblich, geschrieben wird, mit einem + als einfach sei, da sie zu kurzen Kennzeichen führe.
Vorzeichen, kann lauten:
° + Schweiz + Genf + rue de Varembé + 3 + 2. Stock
+ Raum 15
Für eine Kontaktaufnahme über Telefon lautet die Num- 12 Betrachtung von Übergängen
mer, mit d als Vorzeichen verwendet, um die Darstellung Die Kennzeichen, die im obigen Beispiel auf dem Grup-
ähnlich wie ein Referenzkennzeichen zu gestalten (mit pierungsverfahren basieren, können auch hintereinander
0041 statt +41 für die Ländervorwahl, um Unklarheiten zu geschrieben werden, wie folgt:
vermeiden, und 900001 als Durchwahl): ° + Schweiz + Genf + rue de Varembé d 900001
° d 0041 d 022 d 900001 .@asmith
Für eine Kontaktaufnahme über E-Mail lautet die Adresse Man sollte hier auch beachten, daß, obwohl es den
(hier in hierarchisch absteigender Reihenfolge ganz im Anschein hat, das auf der Gruppierung basierende Kenn-
Gegensatz zur üblichen Praxis — und mit . als Vorzei- zeichen KEINE Übergänge in dem Sinne, den der Begriff
chen): in IEC 61346-1 hat, enthält.
° .ch.abc.@asmith + rue de Varembé kennzeichnet kein Objekt, das auch
.ch repräsentiert das Land Schweiz und .abc ist der Kno- in bezug auf Telefonnummern unterteilt werden kann,
ten zugehörig zu der Firma, in der er arbeitet. und die Telefonnummer kennzeichnet kein Objekt, das
Diese drei Referenzkennzeichen können einen Referenz- in E-Mail-Adressen unterteilt werden kann
kennzeichen-Satz bilden, und im Prinzip kann jedes von Die Objektklassen in obigem Beispiel sind: Land, Stadt,
ihnen verwendet werden, um A. Smith auf unterschiedli- Straße, Gebäude, Stockwerk, Firma und Person. Siehe
che Weise zu erreichen. Siehe auch Bild 6: Bild 6.
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Das Einzelebenen-Referenzkennzeichen für A. Smith, das Kennzeichen einer Person, die sich in Genf befindet,
zur Objektklasse Person gehört, lautet: + Raum 15, welches in der Schweiz ist, und man kann diese Per-
d900001 und .@asmith, abhängig vom Aspekt. son über die Telefonnummer 900001 erreichen, die
Das Einzelebenen-Referenzkennzeichen für das Objekt in Genf lokal gültig ist.
Land lautet: + Schweiz, d0041 und .ch, abhängig vom Basiert genau das gleiche Kennzeichen auf Gruppie-
Aspekt. rung, ist es wie folgt zu interpretieren: Dies ist das
Das Einzelebenen-Referenzkennzeichen für das Objekt Kennzeichen einer Person, die sich in Genf befindet,
Stadt lautet: + Genf und d0022, abhängig vom Aspekt. welches in der Schweiz ist, und die eine Telefonnum-
Die Objekte Person, Land und Stadt interessieren somit mer 900001 hat. Die Vorwahl ist nicht bekannt. Es ist
unter verschiedenen Aspekten, während Straße, Gebäude nicht notwendigerweise die für Genf, sie könnte zum
und Stockwerk nur im Ortsaspekt interessieren, und Beispiel zu einer Gruppe von Mobiltelefonen gehören,
Firma, im vorliegenden Fall, nur im E-Mail Aspekt. oder zu einer firmeneigenen Telefonzentrale, die sich
in einer anderen Stadt befindet und somit eine andere
Dies bedeutet, daß Übergänge, die „Sprünge“ aus einem Vorwahl hat.
Aspekt in einen anderen darstellen, nur möglich sind für
Land und Stadt, nicht jedoch für Straße, Stockwerk oder Würde die Telefonnummer ein Mobiltelefon adressie-
Firma. (Ein Übergang für Person wäre auch möglich, wenn ren, könnte ebenfalls ein Übergang anwendbar sein. In
dieses Objekt weiter unterteilt werden müßte.) diesem Falle wäre jedoch der Übergang zum Tele-
fonaspekt nicht im Objekt „Stadt“ möglich, jedoch im
Mögliche Referenzkennzeichen unter Anwendung von Objekt „Land“, da Mobiltelefonsysteme üblicherweise
Übergängen sind daher: ganze Länder abdecken. Nimmt man an, die „Vorwahl“
— Übergang in Stadt: + Schweiz + Genf d900001 für das Mobiltelefonsystem wäre d099, würde folgen-
— Übergang in Land: +Schweiz .abc .@asmith des Kennzeichen funktionieren: + Schweiz d099
Basiert das erste Beispiel auf einem Bestandteil, kann d900001.
es nur wie folgt interpretiert werden: Dies ist das

Bild 6: Objekte und Einzelebenen-Referenzkennzeichen

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