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D eutscher Bundestag

30. Sitzung

Bonn, Mittwoch, den 18. Februar 1970

Inhalt:

Überweisung des Jahresgutachtens 1969 des Frage des Abg. Leicht:


Sachverständigenrats zur Begutachtung Befreiung des dritten Sohnes einer
der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung Familie vom Wehrdienst
und des Jahreswirtschaftsberichts 1970 an
die zuständigen Ausschüsse 1335 A Berkhan, Parlamentarischer
Staatssekretär 1338 A, C, D
Fragestunde (Drucksache VI/381) Leicht (CDU/CSU) 1338 B, C

Fragen des Abg. Dr. Haack:


Frage des Abg. Pawelczyk:
Information über die Entwicklung in
der DDR Bewerbung von Unteroffizieren für die
Offizierslaufbahn
Herold, Parlamentarischer
Staatssekretär 1335 B, D, 1336 A, C Berkhan, Parlamentarischer
Staatssekretär 1338 D
Dr. Haack (SPD) 1335 D, 1336 B

Frage des Abg. Lemmrich: Frage des Abg. Susset:


Tiefflugübungen von Düsenflugzeugen Anträge auf vermögenswirksame An-
der Luftwaffe über der Sahara lage von Teilen der Dienstbezüge der
Soldaten auf Zeit
Berkhan, Parlamentarischer
Staatssekretär 1336 C, D, 1337 A Berkhan, Parlamentarischer
Staatssekretär 1339 A, B, C
Lemmrich (CDU/CSU) 1336 D, 1337 A
Susset (CDU/CSU) 1339 B
Fragen des Abg. Schultz (Gau-Bischofs-
heim) : Frage des Abg. Pieroth:
Trennungsgeld für nicht umzugswillige Besuch des Bundesverteidigungsmini-
Arbeitnehmer der Bundeswehr sters in Baumholder
Berkhan, Parlamentarischer Berkhan, Parlamentarischer
Staatssekretär 1337 A, C, D Staatssekretär 1339 D, 1340 A, B
Schultz (Gau-Bischofsheim) (FDP) 1337 C, D Pieroth (CDU/CSU) 1340 A, B
II Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Februar 1970

Fragen der Abg. Frau Griesinger: Fragen des Abg. Cramer:


Zuteilung von Obst im Rahmen der Errichtung von Werbeflächen an Bun-
Truppenverpflegung desstraßen
-
Berkhan, Parlamentarischer Leber, Bundesminister 1347 D, 1348 A
Staatssekretär 1340 C, D, 1341 A, C Cramer (SPD) 1348 A
Frau Griesinger (CDU/CSU) 1340 D, 1341 A
1341 A Frage des Abg. Peters (Poppenbüll) :
Josten (CDU/CSU)
Jung (FDP) 1341 B Statistik über Verkehrsunfälle von Fuß-
gängern in Landgemeinden
Moersch (FDP) 1341 C
Leber, Bundesminister 1348 B
Frage des Abg. Buchstaller: Entwurf eines Gesetzes über die Feststel-
Versagung der vorzeitigen Entlassung lung des Bundeshaushalts für das Rech-
bzw. Beurlaubung als besondere Härte nungsjahr 1970 (Haushaltsgesetz 1970)
(Drucksache VI/300) — Erste Beratung —
Berkhan, Parlamentarischer
1341 D, 1342 A, B, D, in Verbindung mit
Staatssekretär
1343 B
Beratung des Finanzplans des Bundes 1969
Buchstaller (SPD) 1342 A bis 1973 (Drucksache V1/301)
Schultz (Gau-Bischofsheim) (FDP) 1342 B Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller,
Dr. Schmude (SPD) 1342 C Bundesminister 1348 C

Haase (Kellinghusen) (SPD) 1342 D Entwurf eines Verwaltungskostengesetzes


Biehle (CDU/CSU) 1343 A (Drucksache VI/330) — Erste Beratung — 1361 A

Fragen der Abg. Rasner und Dr. Schober: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von
Kostenermächtigungen, sozialversiche-
Beteiligung der Bundesrepublik an der rungsrechtlichen und anderen Vorschrif-
Entwicklung des Raumtransporter ten (Kostenermächtigungs-Änderungsge-
systems setz) (Drucksache VI/329) — Erste Bera-
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer tung — 1361 B
Staatssekretär 1343 C, 1344 A, B, C, D,
1345 A, B, C Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Ände-
Rasner (CDU/CSU) 1344 A rung des Bundes-Seuchengesetzes (SPD,
FDP) (Drucksache VI/387) — Erste Bera-
Dr. Schober (CDU/CSU) 1344 C, 1345 A, B tung — 1361 C
Raffert (SPD) 1344 C, 1345 C
Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD,
Moersch (FDP) 1344 D
FDP betr. Mitglieder und Stellvertreter
des Verwaltungsrats der Filmförderungs-
Fragen des Abg. Moersch: anstalt (Drucksache VI/369) 1361 C
Betriebswirtschaftliche und organisato-
rische Prüfungen im Kernforschungs- Nächste Sitzung 1361 D
zentrum Karlsruhe
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer
Anlagen
Staatssekretär 1345 D, 1346 B, C, D
Moersch (FDP) 1346 B, C Anlage 1
Liste der beurlaubten Abgeordneten 1363 A
Frage des Abg. Richter:
Europäisches Raumforschungsprogramm Anlage 2
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Schriftliche Antwort auf die Mündliche
Staatssekretär 1346 D, 1347 B Frage des Abg. Schirmer betr. Folgerun-
gen aus dem Untersuchungsbericht des
Richter (SPD) 1347 B
Instituts für Kreislaufforschung und Sport-
medizin 1363 B
Frage des Abg. Wurbs:
Benachteiligung von Absolventen des Anlage 3
Wehrdienstes bei der Immatrikulation Schriftliche Antwort auf die Mündliche
an Universitäten Frage des Abg. Dr. Kreutzmann betr. Er-
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer werb der mittleren Reife durch Berufs-
Staatssekretär 1347 B unteroffiziere während der Dienstzeit 1363 C
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30. Sitzung

Bonn, den 18. Februar 1970

Stenographischer Bericht 1. Zusammenarbeit mit Presse, Funk, Fernsehen


und Film über die aktuelle Unterrichtung hinaus,
Beginn: 14.00 Uhr insbesondere durch Versorgung mit Arbeitsunter-
lagen sowie mit dokumentarischem Material;
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:- 2. Zusammenarbeit mit den verschiedensten Orga-
Die Sitzung ist eröffnet. nisationen, Verbänden und Bildungsstätten, auch und
Meine Damen und Herren, vor Eintritt in die gerade mit Jugend-, Studenten- und Schülerorgani-
Fragestunde haben wir noch Überweisungen von sationen, insbesondere durch Förderung politischer
Vorlagen vorzunehmen. Das Jahresgutachten 1969 Bildungstagungen, Seminare und Vortragsveranstal-
des Sachverständigenrates zur Begutachtung der ge- tungen;
samtwirtschaftlichen Entwicklung — Drucksache 3. weitere Informationen durch Ausstellungen,
VI/100 — und der Jahreswirtschaftsbericht 1970 der Filmveranstaltungen und Dokumentationen für Lehr-
Bundesregierung — Drucksache VI/281 — sind zwecke;
gestern im Hohen Hause debattiert, aber am Schluß
4. Förderung und Herausgabe von Publikationen,
der Sitzung nicht mehr an die Ausschüsse überwie-
insbesondere Dokumentationen, Analysen, Informa-
sen worden. Der Ältestenrat schlägt vor, die beiden
tionsschriften und Merkblättern;
Vorlagen an den Ausschuß für Wirtschaft — feder-
führend und an den Finanzausschuß zur Mitbe- 5. Förderung von Studienfahrten nach Berlin und
ratung zu überweisen. Erhebt sich Widerspruch? — an die Demarkationslinie;
Das ist nicht der Fall; dann ist so beschlossen. 6. Förderung innerdeutscher Begegnungen auf
allen Ebenen.
Ich rufe Punkt 1 auf:
Ich darf betonen, daß die Bundesregierung dabei
Fragestunde
ist, ihre Arbeit auf dem Gebiet der Informations-
Drucksache VI/381 — und Offentlichkeitsarbeit sowie der politischen Bil-
dung gerade im Hinblik auf die Kenntnisse über
Die Frage des Kollegen Josten aus dem Ge- die Entwicklung in der DDR weiter zu verstärken
schäftsbereich des Bundesministers für wirtschaft- und vor allem in der Qualität noch mehr anzuheben.
liche Zusammenarbeit wird vom Bundesminister der
Finanzen beantwortet.
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
-

Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäfts- Herr Kollege Dr. Haack zu einer Zusatzfrage.
bereich des Bundesministers für innerdeutsche Be-
ziehungen. Zunächst rufe ich die Frage 2 des Abge-
ordneten Dr. Haack auf: Dr. Haack (SPD) : Herr Staatssekretär, darf ich
Welche weiteren Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, die aus Ihrer Antwort schließen, daß Sie mit mir darin
Kenntnisse in der Bundesrepublik Deutschland über die Ent- übereinstimmen, ,daß die Information über die Ent-
wicklung in der DDR zu erweitern?
wicklung in der DDR bei uns in der Bundesrepublik
Zur Beantwortung steht der Herr Parlamentarische bisher unzureichend gewesen ist?
Staatssekretär Herold zur Verfügung. Bitte schön!
Herold, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Herold, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen: Herr
Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen: Herr Kollege Dr. Haack, wir müssen sie dringend weiter-
Präsident! Ich darf die Frage wie folgt beantworten. entwickeln und verbessern.
Die Bundesregierung sieht in der Erweiterung der
Kenntnisse durch objektive Unterrichtung unserer
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
-
Bevölkerung über die Entwicklung in der DDR eine
Ich rufe die Frage 3 des Herrn Kollegen Dr. Haack
wichtige und dringende Aufgabe. Die dem Bundes-
auf:
minister für innerdeutsche Beziehungen zur Verfü- Wird die Bundesregierung darauf hinwirken, daß in der
gung stehenden Möglichkeiten erstrecken sich, kurz politischen Bildungsarbeit — vor allem in der Schule — die
Information über die Entwicklung in der DDR einen wichtigen
zusammengefaßt, auf folgende Bereiche: Platz erhält und an den Hochschulen der Bundesrepublik
1336 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Februar 1970

Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen


Deutschland Lehrstühle für DDR-Forschung in den verschiedenen
Disziplinen geschaffen werden?
Herold, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen:
Bitte schön, Herr Staatssekretär! Selbstverständlich.
-

Herold, Parlamentarischer Staatssekretär beim Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -

Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen: Die Keine weiteren Zusatzfragen.


Information über die Entwicklung in der DDR wird
auch im Rahmen der politischen Bildungsarbeit von Ich rufe die Fragen aus dem Geschäftsbereich des
der Bundesregierung mit Nachdruck gefördert. Be- Bundesministers der Verteidigung auf. Für die Ant-
sonders in den beiden letzten Jahren ist das Infor- worten steht der Parlamentarische Staatssekretär
mationsbedürfnis stark angestiegen. Dies gilt be- Berkhan zur Verfügung.
sonders für unsere junge Generation.
Die Frage 129 des Kollegen Wurbs wird vom
Darüber hinaus darf ich darauf hinweisen, daß Bundesminister für Bildung und Wissenschaft beant-
neben der außerschulischen politischen Bildungs- wortet und bei seinem Geschäftsbereich aufgerufen.
arbeit zur Deutschlandfrage in meinem Haus zur
Zeit verschiedene Projekte entwickelt werden, die Ich rufe die Frage 130 des Kollegen Lemmrich auf:
vor allem das Informationsbedürfnis an den Schulen Wie beurteilt die Bundesregierung den Vorschlag, Tieflug
befriedigen und die Kenntnisse der Schüler auch übungen von Düsenflugzeugen der Deutschen Luftwaffe nicht übel
dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, sondern über der
über die Entwicklung in der DDR erweitern sollen. Sahara durchzuführen?
Ein Gespräch mit den Kultusministern der Länder
Der Herr Kollege ist im Saal. Bitte schön, Herr
über diesen Bereich unserer Arbeit wird in Kürze
Staatssekretär!
stattfinden; es ist in Vorbereitung.
Hervorzuheben ist im Zusammenhang mit der Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Informations- und politischen Bildungsarbeit das, Bundesminister der Verteidigung: Herr Präsident!
wie ich schon sagte, zunehmend starke Interesse Meine Damen und Herren! Ich beantworte die Frage
der Schüler und Jugendlichen an den Deutschland folgendermaßen. In einem Einsatzfall müssen die
Häusern und Informationszentren, die von uns neu Flugzeuge unserer Luftwaffe tief fliegen, um der
entwickelt und deren Einrichtungen und Maßnahmen feindlichen Abwehr zu entgehen. Tiefflug muß in
von meinem Hause in den letzten Jahren in meh- dem Gebiet geübt werden, in dem möglicherweise
reren Orten gefördert wurden. ein Einsatz durchgeführt werden muß. Da einerseits
Was die Schaffung von Lehrstühlen für DDR-For- Landschaftscharakter und Wetterbedingungen in der
schung anbelangt, so ist die Bundesregierung für Sahara völlig anders sind als in der Bundesrepublik
diese Anregung sehr dankbar. Sie wird diesen Kom- Deutschland, andererseits ein eventueller Einsatz
plex mit den beteiligten Ressorts eingehend erör- der Luftwaffe mit hoher Wahrscheinlichkeit über
tern; denn jede Bemühung in dieser Richtung bringt der Bundesrepublik Deutschland oder sonst in Mit-
beachtliche Kosten mit sich. Vom Bundesministerium teleuropa erfolgen wird, ist Tiefflugausbildung in
für innerdeutsche Beziehungen wird schon seit län- der Sahara für unsere Luftwaffe wenig sinnvoll.
gerem eine Initiative zur systematischen Förderung
der vergleichenden Untersuchung der wirtschaft- Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -

lichen, soziologischen, rechtlichen, politischen und Eine Zusatzfrage des Kollegen Lemmrich.
verfassungsmäßigen Entwicklung in den beiden
Teilen Deutschlands vorbereitet. Lemmrich (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, da
Diese Initiativen werden im Einvernehmen mit dieser Vorschlag nicht von mir, sondern von Herrn
den Ländern sicherlich auch zur Einrichtung von Bundes wohnungsbauminister Lauritzen stammt, der
Lehrstühlen ich darf aber hier einschränken: am 4. September 1969 in einer SPD-Versammlung in
allerdings nicht nur für DDR-Forschung, sondern Nördlingen auf Fragen von Bürgern, die sehr unter
auch für vergleichende Deutschlandforschung — auf dem Lärm von Tieffliegern leiden, erklärte, die Dü-
den angesprochenen Gebieten führen. Bisheriges senjäger sollten doch in der Sahara trainieren, denn
Ergebnis der Überlegungen ist jedoch, daß die für solche schnellen Flugzeuge sei das kein weiter
Hauptform einer stark vom Bund mitgetragenen Weg, möchte ich Sie fragen, Herr Staatssekretär,
Förderung solcher Forschung nicht die bloße Eta- ob der Herr Bundeswohnungsbauminister dieses
blierung von Lehrstühlen, sondern die Förderung Problem und diesen seinen Vorschlag Ihrem Hause
von interdisziplinären Forschungsgruppen an ein- schon einmal unterbreitet hat.
zelnen Universitäten sein könnte.
Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: - Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege
Herr Kollege, haben Sie eine Frage? Lemmrich, ich bin nicht in der Lage, hier mit Ja oder
Nein zu antworten. Ich werde meinen Kollegen Lau-
ritzen befragen und Ihnen danach einen Brief schrei-
Dr. Haack (SPD) : Ist die Bundesregierung der ben. Im Moment bin ich überfragt.
Auffassung, daß die Verbesserung der Information
über die DDR gerade in der jetzigen Phase der
Deutschlandpolitik von ganz entscheidender Bedeu- Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -

tung ist?• Bitte, Herr Kollege Lemmrich!


Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Februar 1970 1337

Lemmrich (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, sein, weil bei der Erlaßregelung von 1959 auf Grund
wären Sie also bereit, Ihren Kollegen Lauritzen der damaligen Rechtslage von diesem Erfordernis
aufzuklären, damit er in Zukunft nicht mehr solche abgesehen werden konnte.
-
falschen Hoffnungen auf politischen Versammlungen
erweckt? Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
-

Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Schultz.


Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege Schultz (Gau-Bischofsheim) (FDP) : Herr Staats-
Lemmrich, Aufklärung fällt in das Gebiet von Frau sekretär, ist Ihnen bekannt, daß über diese Frage
Strobel. ein Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht in Würzburg
(Heiterkeit.) schwebt?
Aber ich bin gern bereit, Herrn Lauritzen zu infor-
mieren und mich mit ihm zu unterhalten. Sachlich Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim
kann ich mit der Äußerung, sofern sie wirklich so Bundesminister der Verteidigung: Das ist mir be-
gefallen sein sollte, nicht übereinstimmen. Ich bleibe kannt, Herr Kollege Schultz.
bei der Antwort, die ich konkret auf Ihre Frage ge-
geben habe. Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
-

Eine weitere Zusatzfrage.


Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:-

Ich rufe die nächste Frage, die Frage 131 des Kol Schultz (Gau-Bischofsheim) (FDP) : Herr Staats-
legen Schirmer, auf. Ist der Herr Kollege im sekretär, sind Sie nicht auch der Meinung, daß das,
Saal?- Das ist nicht der Fall. Dann wird die Frage was Sie hier eben in der Fragestunde gesagt haben,
schriftlich beantwortet. dein Fragesteller, der sich schrittlich an Ihr Haus
gewandt hat, von Ihrem Hause hätte mitgeteilt wer-
Ich rufe die Frage 132 des Kollegen Schultz auf: den können, und daß es nicht genügt, wenn man
Unter welchen Voraussetzungen können Arbeitnehmer bei ab- dem Abgeordneten antwortet: Hier schwebt ein
gelegenen Dienststellen der Bundeswehr auch dann Trennungs-
geld erhalten, wenn sie nicht umzugswillig sind? Rechtsstreit, und wir wollen keine Stellungnahme
abgeben, bevor dieser Rechtsstreit abgeschlossen
Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim ist?
Bundesminister der Verteidigung: Herr Präsident, Herr Staatssekretär, stimmen Sie mit mir in der
ist es möglich, daß ich die Fragen 132 und 133 ge- Auffassung überein, daß die Meinung Ihres Hauses
meinsam beantworte? doch bekanntgegeben werden sollte, unabhängig
davon, was bei dem Rechtsstreit herauskommt?
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:-

Herr Staatssekretär, das liegt beim Fragesteller. — Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Er ist offensichtlich einverstanden. Dann rufe ich Bundesminister der Verteidigung: Die Meinung der
auch die Frage 133 auf: Regierung, Herr Kollege Schultz, habe ich hier eben
Welche Bedeutung hat in diesem Zusammenhang die Besitz- bekanntgegeben, und diese Meinung gilt auch.
standsregelung zugunsten der Arbeitnehmer vorn Dezember 1968?
Nichtsdestoweniger ist es, glaube ich, nicht zweck-
Bitte schön! mäßig, die Einzelpersonalia bis in die Fragestunde
des Bundestages zu verfolgen.
Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Ich stimme mit der Abteilung des Hauses über-
Bundesminister der Verteidigung: Arbeitnehmern ein, die Ihnen in einem Brief mitgeteilt hat, daß
darf nach der Trennungsgeldverordnung Trennungs- Ihnen nach Entscheid des Rechtsstreits mitgeteilt
geld nur gewährt werden, wenn sie umzugswillig, wird, wie das Urteil ausfällt. Ein Gericht könnte auf
aber wegen Wohnungsmangel gehindert sind, an die Idee kommen, daß eine vorzeitige Festlegung
den Dienstort umzuziehen. Sie sind verpflichtet, sich vor dem Parlament eine Einmischung in ein schwe-
fortgesetzt um eine Wohnung zu bemühen und jede bendes Verfahren bedeuten könnte.
gebotene Gelegenheit zur Erlangung einer ange-
messenen Wohnung auszunutzen. Arbeitnehmer bei Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
-

einer abgelegenen Dienststelle der Bundeswehr kön- Eine weitere Zusatzfrage des Kollegen Schultz.
nen daher ohne Umzugswilligkeit kein Trennungs-
geld erhalten.
Schultz (Gau-Bischofsheim) (FDP) : Darf ich aus
Zur zweiten Frage antworte ich folgendermaßen, dieser Antwort, Herr Staatssekretär, schließen, daß
Herr Kollege Schultz. Nach der Besitzstandsregelung das Haus nicht befugt ist, die Meinung, die Sie eben
vom Dezember 1968 erhalten Arbeitnehmer, die vertreten haben, dem Abgeordneten gleich schriftlich
am 31. 12. 1966 einen arbeitsvertraglichen Anspruch mitzuteilen? Dann hätte ich mir ja die Frage hier
auf Fahrtkostenersatz und Verpflegungszuschuß nach erspart. Glauben Sie nicht, daß Ihre Antwort, die
Erlaß vom 4. 2. und 10. 6. 1959 hatten, diese Lei- Sie jetzt hier gegeben haben, dann ebenfalls so aus-
stungen weiter. Dies setzt voraus, daß die tatsäch- gelegt werden kann?
lichen Verhältnisse, die am 31. 12. 1966 im Einzel-
fall bestanden haben, weiterhin vorliegen. Insoweit Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim
braucht der Arbeitnehmer nicht umzugswillig zu Bundesminister der Verteidigung: Da sind Sie völlig
1338 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Februar 1970

Parlamentarischer Staatssekretär Berkhan


richtig informiert. Ich teile Ihre Auffassung, Herr gen, daß ein anderer tauglicher Wehrpflichtiger, der
Kollege Schultz, und bitte nur um etwas Verständ- nicht eingezogen wird, an die Stelle eines solchen
nis dafür, daß der Parlamentarische Staatssekretär Mannes tritt.
-
ganz gern weiß, was zwischen dem Bundesverteidi-
gungsministerium aus den einzelnen Abteilungen Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim
und Referaten heraus mit den einzelnen Abgeord- Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege
neten schriftlich vereinbart und festgelegt wird. Das Leicht, ich kann Ihre Frage und auch die Motivation
ist der Grund dafür, daß ich Ihnen lieber hier ant- dieser Frage durchaus verstehen. Aber ich darf Sie
worte oder aber solche Briefe in der Mehrzahl der daran erinnern, daß Sie aus den Antworten in der
Fälle auch selbst unterschreibe, obgleich das eine Fragestunde — und vielleicht ist der Kollege
erhebliche Tätigkeit am Schreibtisch erfordert. Mursch so liebenswürdig und zeigt Ihnen den lan-
gen Brief, den ich an ihn geschrieben habe - ent-
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: - nehmen können, daß heute nur etwa 6,5 % der
Keine weitere Zusatzfrage. tauglichen. Wehrpflichtigen aus solchen Härtefällen
nicht herangezogen werden. Wir sind nicht mehr
Ich rufe dann die Frage 134 des Kollegen Leicht in der Situation, daß wir — darf ich das so salopp
auf: sagen — aus einem vollen Topf Tauglicher schöpfen
Ist der Bundesminister der Verteidigung in Zukunft bereit,
den dritten Sohn einer Familie, deren beide älteren Söhne schon können, sondern wir sind an der Grenze der Mög-
den vollen Wehrdienst abgeleistet haben — wie z. B. in dem
von der Presse veröffentlichten Fall des 21jährigen H. Heiden-
lichkeiten angelangt. Daher muß schärfer ausge-
blut aus Billingheim-Ingenheim, Landkreis Landau -, sofort nach schöpft werden als in den Jahren, auf die Sie sich
Ableistung des Grundwehrdienstes zu entlassen oder ganz vom
Wehrdienst zu befreien? anscheinend beziehen.
Der Fragesteller ist im Saal. Bitte, Herr Staats-
sekretär! Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -

Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Kollegen


Leicht.
Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege
Leicht, ich beantworte Ihre Frage folgendermaßen. Leicht (CDU/CSU) : Glauben Sie nicht, Herr Kol-
Auf die Einberufung eines Wehrpflichtigen kann lege Berkhan, daß — und ich kenne die gesetzlichen
nicht deshalb verzichtet werden, weil bereits meh- Bestimmungen — durch verwaltungsinterne Ver-
rere Brüder Wehrdienst geleistet haben. Ein solcher fahren doch die Möglichkeit geschaffen sein müßte,
Verzicht würde auf eine Befreiung vom Wehrdienst daß in solchen Fällen, solange und wenn auch nur
hinauslaufen. Die Befreiungstatbestände sind jedoch 6 % Tauglicher nicht eingezogen werden, geholfen
im Gesetz abschließend geregelt. Es besteht nicht die werden kann?
Absicht, eine diese Tatbestände erweiternde Ge-
setzesänderung vorzunehmen. Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Bundesminister der Verteidigung: Die Möglichkeit
Der Verzicht auf die Einberufung in derartigen
ist gegeben, wenn eine besondere Härte vorliegt. In
Fällen würde im übrigen auch dem erklärten Ziel diesem konkreten Fall ist das mehrfach geprüft.
der Bundesregierung zuwiderlaufen, möglichst alle Die verantwortlichen Beamten sind im Bereich
tauglichen Wehrpflichtigen zum Wehrdienst oder ihrer Ermessensentscheidung nicht zu dem Ergebnis
einem vergleichbaren anderen Dienst heranzuziehen. gekommen, daß eine besondere Härte vorliegt.
(Abg. Winkelheide: Sehr richtig!)
Wie die Praxis der Wehrersatzbehörden zeigt, wird Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -

in Einzelfällen durch die Zurückstellung vom Wehr- Ich rufe die Frage 135 des Kollegen Kreutzmann
dienst geholfen, wenn Gründe vorhanden sind, die auf. — Ich sehe ihn nicht im Saal, obwohl ich ihn
die Einberufung als besondere Härte im Sinne der noch unmittelbar vor Beginn der Plenarsitzung im
Vorschriften des Wehrpflichtgesetzes erscheinen Innenausschuß gesehen habe. Die Frage wird
lassen. Die Tatsache allein, daß bereits mehrere Brü- schriftlich beantwortet.
der eines Wehrpflichtigen gedient haben, reicht für
eine Zurückstellung nicht aus. Der Soldat, den Sie in Ich rufe die Frage 136 des Kollegen Pawelczyk
Ihrem Brief genannt haben und dessen Fall von auf:
Ist die Bundesregierung bereit, Unteroffizieren der Bundeswehr
Ihnen angesprochen ist, kann deshalb auch nicht das Recht einzuräumen, sich für die Laufbahngruppe der Offi-
vorzeitig, wie Sie, Herr Kollege, wohl meinen, aus ziere zu bewerben?

dem Wehrdienst entlassen werden. Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär.

Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -


Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Eine Zusatzfrage des Herrn Kollegen Leicht. Bundesminister der Verteidigung: Herr Präsident,
ich beantworte die Frage folgendermaßen. Jeder
Leicht (CDU/CSU): Herr Kollege Berkhan, bevor Soldat hat heute schon grundsätzlich das Recht, den
das Ziel in der Bundesregierung erreicht ist, daß Zugang zu einer bestimmten Laufbahn zu beantra-
alle tauglichen Wehrpflichtigen zum Wehrdienst gen, wenn er die hierfür vorgeschriebene Laufbahn-
einberufen werden können, müßte es doch möglich voraussetzung nach der Soldatenlaufbahnverordnung
sein, in solchen Fällen, in denen sich in der Regel und den ergänzenden Bestimmungen des Bundes-
auch noch Überschneidungen ergeben, dafür zu sor ministers der Verteidigung erfüllt. Dies gilt auch für
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Februar 1970 1339
Parlamentarischer Staatssekretär Berkhan
den Aufstieg von Unteroffizieren in die Laufbahn- am 20. Dezember vermögenswirksame Leistungen
gruppe der Offiziere. Die Richtlinien für die Zulas- erhalten, und deshalb meine Frage: Sehen Sie es
sung von Unteroffizieren zur Laufbahn der Offi- nicht gerade im Zusammenhang mit der so viel
ziere des Truppendienstes gehen davon aus, daß die angesprochenen Wehrgerechtigkeit als eine Unge-
geeigneten Unteroffiziere von ihren Disziplinarvor- rechtigkeit an, .daß man in den in meiner Frage
gesetzten zur Zulassung vorgeschlagen werden. aufgeworfenen Fällen doch nicht ausreichend ver-
Dies schließt jedoch nicht aus, daß auch sucht, Möglichkeiten zu finden, diese vermögens-
jeder Unteroffizier selbst die Zulassung beantragen wirksamen Leistungen zu gewähren.
kann. Eine Klarstellung dieses Sachverhalts durch
einen entsprechenden Hinweis an die Truppe ist Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim
bereits veranlaßt. Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege Sus-
set, es steht mir nicht an, hier Zensuren zu erteilen.
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: - Aber bitte, vermischen Sie nicht die Frage der
Ist Ihre Frage damit beantwortet? — Wehrgerechtigkeit mit der Frage der Vermögens-
bildung. Hier muß sich die Bundesregierung be-
Ich rufe die Frage 137 des Kollegen Susset auf: mühen, für den öffentlichen Dienst möglichst die
Entspricht es den Bemühungen nach weitgehendster Wehr-
gerechtigkeit, wenn Wehrpflichtige — z. B. Abiturienten, die vor
gleichen Voraussetzungen wie für die anderen
der Einberufung in keinem Arbeitsverhältnis stehen konnten —, Staatsbürger zu schaffen. Wir werden uns bemühen
die zum 1. Oktober eines Jahres zur Ableistung ihres Wehr-
dienstes einberufen werden, sich dann im November/Dezember und ich hoffe, daß in diesem Zusammenhang auch
verpflichten und zum Soldaten auf Zeit ernannt werden, dadurch der Zeitraum für die Verwaltungsarbeiten etwas
finanzielle Nachteile erleiden, daß der Bund als Arbeitgeber
unter Berufung auf Antragsstellungsfristen es ablehnt, auf ent- verkürzt wird. Ich habe eine Bitte an Sie: Machen
sprechende Anträge z. B. von Zeitsoldaten noch im November
oder Dezember Teile von deren Verdienst als vermögenswirk-
Sie die Gesetze so einfach, daß unsere Beamten
same Leistung auf abgeschlossene Bausparverträge oder prämien- auch einfach mit ihnen hantieren können.
begünstigte Sparverträge zu überweisen?

Ist der Kollege im Saal? — Zur Beantwortung der


Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:-

Herr Staatssekretär. Der Herr Kollege Dröscher hat seine Frage 138 zu-
rückgezogen.
Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Bundesminister der Verteidigung: Anträge auf ver- Ich rufe Frage 139 des Kollegen Pieroth auf:
mögenswirksame Anlage von Teilen der Dienst- Wie ist der Widerspruch zu erklären zwischen der dem Ab-
bezüge werden wie sonstige Änderungen in den geordneten Pieroth durch den Parlamentarischen Staatssekretär
im Bundesministerium der Verteidigung am 21. Januar 1970 er-
persönlichen und dienstlichen Verhältnissen bear- teilten Auskunft, der Bundesverteidigungsminister könne wegen
Terminüberlastung nicht nach Baumholder kommen, und der vom
beitet. Die Soldaten auf Zeit sind dabei den Berufs- Bundesminister der Verteidigung dem Abgeordneten Dröscher
soldaten und den Beamten völlig gleichgestellt. Dem schon einige Tage vorher erteilten Zusage, er werde doch nach
Baumholder kommen, und darf nun damit gerechnet werden,
Arbeitgeber muß eine angemessene Zeit zur Prü- daß der Minister bestimmt diesem Wunsch der Bevölkerung
fung und buchhalterischen Bearbeitung der Anträge entsprechend persönlich nach Baumholder kommen wird?

eingeräumt werden. Da außerdem die Dienstbezüge Bitte schön!


monatlich im voraus gezahlt werden, könnten Teile (Abg. Maucher: Ich habe eine Zusatzfrage!)
der Dezember-Bezüge 1969 nur dann vermögens-
wirksam angelegt werden, wenn die Anträge his — Herr Kollege, ich wünsche, daß in der Frage-
spätestens 3. November bei dem zuständigen Wehr- stunde möglichst viele Fragesteller ihre Frage
bereichsgebührnisamt gestellt wurden. mündlich beantwortet erhalten. Ich rufe die Frage
des Kollegen Pieroth auf.
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -
(Abg. Maucher: Ich habe mich gemeldet!)
Eine Zusatzfrage des Kollegen Susset. — Nein, Herr Kollege, Sie hatten sich leider nicht
rechtzeitig gemeldet. — Bitte!
Susset (CDU/CSU) : Sehen Sie keine Möglichkeit,
in besonders gelagerten Fällen hier einen kürzeren Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Zeitraum zu ermöglichen? Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege
Pieroth, zunächst darf ich einmal darauf hinweisen,
Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim daß es dem Herrn Bundesminister der Verteidigung
Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege Sus- aus Termingründen zur Zeit leider nicht möglich ist,
set, es ist für mich sehr schwer zu antworten. Als dem Truppenübungsplatz Baumholder einen länge-
Abgeordneter würde ich sagen, ich sehe eine Mög- ren Besuch abzustatten, bei dem an Ort und Stelle
lichkeit; aber als ein Mann, der jetzt ein paar alle zu erörternden Fragen besprochen werden
Wochen Einblick in eine schwer arbeitende Verwal- könnten. Dem Abgeordneten Dröscher hatte der
tung hat, muß ich Ihnen sagen: vom 3. November Bundesminister der Verteidigung am 16. Januar 1970
bis zum Ende des Jahres ist keine allzu lange Zeit, lediglich mitgeteilt, er sei „grundsätzlich gern be-
um so komplizierte Verwaltungsvorgänge vorneh- reit", für das kommende Frühjahr einen Truppen-
men zu können. besuch bei der Artillerieschule Idar-Oberstein mit
Abstecher nach Baumholder einzuplanen.
Susset (CDU/CSU): Wenn jemand in einem Wie Sie aus dieser Formulierung ersehen wollen,
Privatbetrieb beschäftigt ist, kann er unter Um- steht der bisher zeitlich noch nicht verbindlich fest-
ständen — auch in einem größeren Betrieb — noch gelegte Truppenbesuch in Idar-Oberstein im Vorder-
1340 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Februar 1970

Parlamentarischer Staatssekretär Berkhan


grund. Dabei wird der Bundesminister der Verteidi- von amtierenden Bundesministern durch die Frage-
gung die Zeit für einen Besuch in Baumholder zu stunde herbeigeführt oder beschleunigt werden. Ich
finden versuchen, um den Wünschen der dortigen wünsche dem Hohen Haus dabei guten Erfolg.
Bevölkerung entsprechen zu können. (Heiterkeit und Beifall.)

Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:


-
Die nächste Frage stellt Frau Kollegin Griesinger.
Herr Kollege, eine Zusatzfrage. Bitte schön!
Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Pieroth (CDU/CSU) : Heißt „grundsätzlich bereit" Bundesminister der Verteidigung: Herr Präsident!
also „höchstwahrscheinlich nein", obwohl in der Frau Kollegin, darf ich die Fragen 140 und 141 im
Presse in Baumholder dieses „grundsätzlich nein" Zusammenhang beantworten?
von meinem Kollegen Dröscher als ein volles Ja
interpretiert worden ist, und ist mit dieser Ihrer
Auskunft das Vertrauen, das ich in Ihre Auskünfte Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -

Sie sind einverstanden. — Dann rufe ich die Fragen


hier im Deutschen Bundestag haben kann, wieder-
gemeinsam auf:
hergestellt, obwohl es mir, weil Sie ja die nachfol-
Trifft es zu, daß die Angehörigen der Bundeswehr im Rahmen
gende Antwort mit dem Nein gegeben haben, we- der Truppenverpflegung vorwiegend ausländisches Obst, wie
sentlich lieber wäre, es würde in diesem Fall die Citrusfrüchte, Bananen ect., zugeteilt bekommen?
erste Antwort, die des Ministers, gelten, daß der Sieht die Bundesregierung Möglichkeiten, den Angehörigen der
Bundeswehr im Rahmen der Truppenverpflegung hochwertiges
Minister nämlich tatsächlich kommt? deutsches Obst in verstärktem Umfang zukommen zu lassen, um
damit auch zum Abbau des Überangebots an einheimischen Früch-
ten, insbesondere an Äpfeln, beizutragen?
Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bitte, Herr Staatssekretär!
Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege,
„grundsätzlich bereit" heißt ja nicht „grundsätzlich
nein". Ich habe gestern mit dem Minister Schmidt Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim
über diesen Fall noch einmal gesprochen; er wird Bundesminister der Verteidigung: Zur ersten Frage:
sich bemühen, die Wünsche der Bevölkerung und Nein, die Standortverwaltungen beschaffen überwie-
auch Ihre Wünsche, Herr Kollege, zu erfüllen. Ich gend deutsches Obst.
bin nicht sicher, daß es gelingen wird, alle Stand-
Zur zweiten Frage! Die Bundeswehr trägt im Rah-
orte der Bundeswehr besuchen zu können und mit
men ihrer Möglichkeiten zum Abbau von Über-
allen Kreisen der Bevölkerung, die sich durch die
angeboten an deutschem Obst bei. Während einer
Bundeswehr erfreut oder beschwert fühlen, sprechen
Apfelschwemme beispielsweise decken die Standort-
zu können, aber man wird sich im Bundesministe-
verwaltungen den Obst- und Südfrüchteanteil an der
rium der Verteidigung Mühe geben.
Truppenverpflegung vermehrt durch den Ankauf
von Äpfeln. Es darf aber nicht übersehen werden,
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
-
daß die Bundeswehr mit ihren rund 360 000 Ver-
Herr Kollege Pieroth, eine letzte Zusatzfrage. pflegungsteilnehmern, die auf mehrere hundert
Standorte verteilt sind, kaum als Großverbraucher
Pieroth (CDU/CSU) : Da der Bevölkerung in auf dem Lebensmittelmarkt angesehen werden kann.
Baumholder — und um die geht es uns jetzt — Der Anteil, den die Standorte am Abbau von Über-
infolge des wirtschaftlichen Rückstandes, der dort angeboten haben, ist dementsprechend gering.
aufzuholen ist, auch durch einen Besuch des Mini-
sters von vielleicht nur zwei Stunden viel Auftrieb
und den dortigen Behörden neue Impulse gegeben Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -

werden können, möchte ich fragen: Würden auch Eine Zusatzfrage der Frau Kollegin Griesinger.
Sie, Herr Staatssekretär, Ihre Antwort, die Sie mir
in der Fragestunde klar mit Nein geben mußten, Frau Griesinger (CDU/CSU) : Herr Staatssekre-
jetzt eventuell etwas anders interpretieren und tär, sind Sie in der Lage, mir eine Antwort darauf
unseren Wunsch doch sehr unterstützen können? zu geben, wieso Sie mir eine so kurze Antwort auf
die erste Frage geben konnten — nämlich „nein" —
Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim nachdem ich in Erfahrung bringen konnte, daß einige
Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege, Sie Standortverwaltungen bzw. Kasernen tatsächlich
machen mir das Leben leicht. Ich werde meine Ant- vorwiegend ausländisches Obst an ihre Soldaten
wort modifizieren. Ich sage Ihnen: ich werde den zum Nachtisch ausgegeben haben?
Minister auf die Dringlichkeit seines Besuches in
Idar-Oberstein und Baumholder hinweisen. Ich ver-
spreche Ihnen, daß ich den Terminkalender so ver- Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Bundesminister der Verteidigung: Gnädige Frau, ich
folgen werde, daß ich bei einer Möglichkeit für die-
kann aus dem Schriftwechsel, den Sie mit dem Mi-
sen Besuch darauf aufmerksam mache.
nisterium geführt haben, nicht entnehmen, wo diese
(Heiterkeit.) Standorte sind. Wenn Sie sie mir angeben, werde ich
durch die Verwaltung nachprüfen lassen, ob die An-
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
- gaben, die hier gemacht werden, den Tatsachen
Meine Damen und Herren, ich sehe ungeahnte Mög- entsprechen, und es werden Änderungen vorgenom-
lichkeiten für die Fragestunde, wenn die Besuche men.
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Februar 1970 1341

Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim


Eine weitere Zusatzfrage der Frau Kollegin. Bundesminister der Verteidigung: Glücklicher Kol-
lege Jung! Ich war so an den Schreibtisch gefesselt,
-
Frau Griesinger (CDU/CSU) : Darf ich Sie fra- daß ich nur einmal einen Apfel in einem Standort
gen, ob Sie bereit sind, im baden-württembergischen essen konnte; aber der gehörte auch zur Truppen-
Raum und vor allem im badischen Raum die dort verpflegung.
stationierten Bundeswehrsoldaten zu befragen, ob (Erneute Heiterkeit.)
es dort nicht in der Hauptsache zutrifft, weil das
gerade die Gegenden sind, wo vornehmlich ein- Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:-

heimisches Obst angefallen ist und der Transport in Eine letzte Zusatzfrage des Kollegen Moersch.
die Küchen sehr kurz und billig gewesen wäre?
Moersch (FDP) : Herr Kollege Berkhan, halten
Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Sie es nicht für denkbar, daß gerade im Badischen,
Bundesminister der Verteidigung: Frau Kollegin, das der Frau Kollegin Griesinger aus jetzt nahelie-
ich halte den Weg, die Soldaten zu befragen, nicht genden Gründen sehr am Herzen liegt, etwa die
für zweckmäßig. Das ist eine Frage, die mit der Einnahme von Obst in Form von Zwetschgenwasser
Verwaltung geklärt werden kann. oder Kirschwasser stattfindet?
(Abg. Frau Griesinger: Ich meine die Ver (Große Heiterkeit.)
waltung!)
Meine Bereitschaft dazu liegt vor. Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
-
Moersch, die Bundeswehr besteht zu einem großen
Herr Kollege Josten, Sie haben sich zu einer weite- Teil aus Kraftfahrern.
ren Zusatzfrage gemeldet.
(Heiterkeit.)

Josten (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, sind Sie Daher muß ich Ihre Frage verneinen, obgleich ich
bereit, in Ihrem Hause überprüfen zu lassen, inwie- ein Liebhaber baden-württembergischen Zwetsch-
weit besonders in der Erntezeit mehr Obst als bis- genwassers und Birnenschnapses bin.
her bei der Truppenverpflegung angeboten wird? (Erneute Heiterkeit und Beifall.)

Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:-

Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege Meine Damen und Herren, wir kommen zur letzten
Josten, als Handwerksmeister wissen Sie, daß Trup- Frage aus dem Geschäftsbereich des Bundesmini-
pendienst und körperliche Arbeiten eine bestimmte sters der Verteidigung, und zwar zur Frage 142
Ernährungsweise erfordern, die nicht ausschließlich des Abgeordneten Buchstaller:
— wie bei korpulenten Kollegen des Hauses auf
Wird hei Wehrpflichtigen, die im Februar März 1970 ein In-
Obst abgestellt werden kann. geniurschltdmbenwo,iEzlfageprüt.obdi
Versagung der vorzeitigen Entlassung bzw. Beurlaubung eine
(Heiterkeit.) besondere Härte wäre, nachdem die Bundesregierung in der
Fragestunde am 28. Januar 1970 auf die Frage des Abgeordneten
Die jungen Soldaten können zu Recht erwarten, Dr. Schmude eine generelle Entlassung oder Beurlaubung aller
in Betracht kommenden Wehrpflichtigen als nicht möglich be-
daß sie eine normale, gängige Familienkost erhal- zeichnet hat?
ten. Bei Ihren Truppenbesuchen haben Sie ja selbst Herr Staatssekretär, Sie haben das Wort.
festgestellt, daß wir uns bemühen, nach der Haupt-
mahlzeit, nach der Mittagsmahlzeit jedem Soldaten
einen Apfel, eine Banane, eine Apfelsine oder eine Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Birne oder aber Tagesobst, welches gerade zur Ver- Bundesminister der Verteidigung: Herr Präsident,
fügung steht, zur Verpflegung anzubieten. Herr Kollege, selbstverständlich ist in jedem Ein-
zelfall zu prüfen — hoffentlich wird das auch
Ich möchte davor warnen, die Soldaten dazu miß-
getan —, ob eine besondere Härte für den Wehr-
brauchen zu wollen, eine Überproduktion in dieser
pflichtigen vorliegt. Diese Prüfung ist durch Gesetz
oder jener Sparte verkonsumieren zu müssen.
und Verordnung vorgeschrieben.
(Beifall.)
Die Frage des Kollegen Dr. Schmude vom
28. Januar 1970 ging dahin, ob ausnahmlos alle
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
-
Wehrpflichtigen, die im Februar 1970 ein Ingenieur-
Herr Kollege Jung, eine Zusatzfrage, bitte schön. schulstudium aufnehmen möchten, schon allein aus
diesem Grunde vorzeitig entlassen oder beurlaubt
Jung (FDP) : Herr Staatssekretär, ist es für Sie werden könnten. Diese Frage habe ich damals
bei der Beantwortung der Frage von Frau Kollegin — und dazu stehe ich auch heute noch — mit Nein
Griesinger hilfreich, wenn ich Ihnen sage, daß ich bei beantwortet. Selbstverständlich war damit nicht die
einer Kurzwehrübung in der vergangenen Woche bei Verpflichtung der für die Entscheidung zuständigen
fünf Truppenverpflegungen viermal deutsches Obst, Kommandeure und Stellen zur individuellen Prü-
und zwar Äpfel und Birnen, als Nachtisch bekommen fung, ob über die beabsichtigte Aufnahme des
habe? Ingenieurschulstudiums hinaus weitere Härtegründe
(Heiterkeit.) vorliegen, in Frage gestellt.
1342 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Februar 1970

Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: Nichtsdestoweniger wissen Sie genausogut wie


Sie haben eine Zusatzfrage, Herr Kollege. Bitte ich, daß in bestimmten Einheiten eine vorzeitige
schön! Beurlaubung mit der Maßgabe des Nachdienstes
zwar eine zeitliche Gleichheit schafft, daß aber die
Buchstaller (SPD) : Herr Staatssekretär, Sie Einsatzbereitschaft der Truppe, insbesondere bei
haben in Ihrer Antwort bemerkt: Hoffentlich er- kleinen Gruppen, die auch als Einzelgruppen kämp-
folgt auch eine solche Überprüfung. Worauf be- fen müssen, nicht mehr gewährleistet ist. Wenn der
ziehen Sie diese Ihre Bemerkung, und könnte Kommandant eines Panzers ausfällt, weil er den
nicht veranlaßt werden, daß solche Überprüfungen lobenswerten Entschluß gefaßt hat, an einer Inge-
auch tatsächlich vorgenommen werden? nieurschule Hoch- oder Tiefbau zu studieren, ist es
nicht ohne weiteres möglich, den Panzer mit einem
anderen Wehrpflichtigen zu besetzen, der eben nicht
Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim als Panzerkommandant ausgebildet ist.
Bundesminister der Verteidigung: Meine Bemerkung
bezog sich darauf, daß die Aussagen in der Frage-
stunde, die ja sehr kurz und präzise sein sollen, Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
-

nach Mitteilungen, die mir zugegangen sind, miß- Herr Kollege Schmude, hatten Sie Ihre Zusatzfrage
verstanden worden sind. Aus diesem Grund ist zurückgezogen?
in einem Befehl, der an alle Bataillone gegangen (Abg. Dr. Schmude: Vorhin! Aber jetzt habe
ist, klargestellt worden, daß solche Prüfungen nach ich eine Zusatzfrage!)
§ 8 Abs. 3 der Soldatenurlaubsverordnung durch
die Batallionskommandeure bzw. Divisionsgenerale — Ich hatte Ihre Meldung zuerst notiert. Bitte
schön!
vorzunehmen sind.

Dr. Schmude (SPD) : Herr Staatssekretär, ver-


Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
-
stehe ich Sie richtig, daß die Tatsache, daß ein Stu-
Herr Kollege, bitte schön! Sie haben eine zweite dent ein oder zwei Semester verliert, allein nicht
Zusatzfrage. als ausreichende Härte angesehen wird, und darf
ich fragen, welche Gesichtspunkte denn sonst noch
Buchstaller (SPD) : Herr Staatssekretär, man darf für eine solche Beurlaubungsentscheidung in Be-
also davon ausgehen, daß dieses Mißverständnis tracht kommen?
in der Truppe nun ausgeräumt ist?
Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege
Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege Schmude, zwei Semester Verlust würde ich als eine
Buchstaller, ich gehe davon aus. Ob Sie das dürfen, besondere Härte ansehen. Ein Semester Verlust
liegt nicht in meiner Entscheidung. muß nach der allgemein gültigen Rechtsprechung
hingenommen werden. Nur um es ganz klar zu
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
-
machen: Eine besondere Härte geht über die allge-
Eine Zusatzfrage des Kollegen Schultz. mein zumutbaren und stets mit der Ableistung der
Wehrpflicht verbundenen Erschwernisse erheblich
hinaus. Sie kann sich, wie schon das Gesetz bei-
Schultz (Gau-Bischofsheim) (FDP) : Herr Staats- spielhaft sagt, aus persönlichen, insbesondere häus-
sekretär, wären Sie bereit, zu überprüfen, ob nicht lichen, beruflichen oder wirtschaftlichen Gründen er-
gesetzliche Vorschriften oder Rechtsverordnungen geben. Wenn beispielsweise eine bestimmte Fakul-
dahingehend geändert werden können, daß eine tät nur einmal im Jahr beginnt, erhebt sich, wenn
vorzeitige Entlassung in den hier angesprochenen sich der Termin um acht oder neun Monate ver-
Fällen unter der Voraussetzung möglich ist, daß schiebt, immer die Frage, ob nicht eine besondere
das, was zunächst von der Dienstzeit erlassen wor- Härte vorliegt. Das ist zu prüfen.
den ist, später in Reserveübungen nachgeholt wer-
den muß, wobei auf das Wort „muß" Wert zu legen
ist? Es scheint nämlich unmöglich zu sein, eine Ab- Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
-

stimmung zwischen der Kultusministerkonferenz Herr Kollege Haase!


und der Bundesregierung herbeizuführen, um solche
Unzuträglichkeiten, mit denen wir uns jetzt schon Haase (Kellinghusen) (SPD) : Herr Staatssekretär,
mehrere Jahre beschäftigen, auszuräumen. trifft es zu, daß an vielen Fachschulen, Fachhoch-
schulen und Hochschulen auch noch bis zu vier
Wochen nach Semesterbeginn das Studium aufge-
Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim nommen werden kann? Wenn ja: sind die Kom-
Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege
mandeure vom Ministerium angewiesen, im Einzel-
Schultz, diese Unzuträglichkeiten liegen hauptsäch-
fall der Antragstellung das auch zu überprüfen und
lich darin, daß die Ingenieurschulen in den ein-
die Soldaten entsprechend zu bescheiden?
zelnen Bundesländern zu sehr unterschiedlichen Zei-
ten mit dem Unterricht beginnen. Wir werden auch
weiterhin bemüht sein, die Termine zu vereinheit- Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim
lichen, um die Entlassungstermine der Bundeswehr Bundesminister der Verteidigung: Die Komman-
besser darauf abstellen zu können. deure müssen nicht angewiesen werden, Herr Kol-
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Februar 1970 1343
Parlamentarischer Staatssekretär Berkhan
lege Haase. Die Kommandeure haben nach der Sol- aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für
datenurlaubsverordnung § 8 Abs. 3 die Pflicht, das Bildung und Wissenschaft aufrufe, Zur Beantwor-
zu prüfen; und sie sind so ausgebildet und so ge- tung steht der Parlamentarische Staatssekretär von
bildet, daß sie über ihre Pflichten genau Bescheid Dohnanyi zur Verfügung.
wissen. Da aber Zweifel entstanden sind, ist ein
besonderes Fernschreiben hinausgegangen, in dem Frage 143 des Abgeordneten Rasner:
es heißt - ich zitiere wörtlich -: Wird der Bundeskanzler, gegebenenfalls unter Einsatz der
Richtlinienkompetenz, dafür Sorge tragen, daß die Bundesre-
Um Mißverständnisse auszuschließen, weise ich gierung das Angebot der USA auf 10%ige Beteiligung an der
Entwicklung des Raumtransportersystems („space shuffle") — ein
auf folgendes hin. Vorhaben, das natürlich den Etat des Wissenschaftsministeriums
sprengt — annimmt?
1. Der Erlaß BMVtdg-FüS I 2 - FS Msg Nr. 3414
vom 30. 1. 1970 entbindet die Entscheidung zu- In der zweiten Frage — ich sehe, sie ist zuge-
ständiger Stellen nicht von der Pflicht, in jedem lassen — liegt eine Wertung; aber bitte schön,
Falle zu prüfen, ob eine besondere Härte nach Frage 144 des Abgeordneten Rasner:
§ 8 Abs. 3 Soldatenurlaubsverordnung vorliegt. Ist sich die Bundesregierung über die politische, wissenschaft-
liche und wirtschaftliche Bedeutung dieser Offerte unseres wich-
2. Das Bundesverwaltungsgericht hat in stän- tigsten und größten Bündnispartners im klaren — eines An-
gebots, dessen Ablehnung unwiderrufliche Nachteile für die
diger Rechtsprechung entschieden, daß der Ver- Bundesrepublik Deutschland mit sich bringen würde?
lust eines Semesters über die Wehrdienstzeit
hinaus allein keine besondere Härte ist.
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staats-
Ich glaube, meine Antworten auf die Zusatzfragen sekretär beim Bundesminister für Bildung und Wis-
stehen im Gleichlauf mit dieser amtlichen Mittei- senschaft: Herr Präsident! Ein gesondertes Angebot,
lung, die den Kommandeuren bis zu den Battaillons- Herr Kollege Rasner, der USA, wonach sich die
kommandeuren geworden ist. Bundesrepublik an der Entwicklung des Raum-
transportersystems („space shuttle") in Höhe von
Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: 10 % der Entwicklungskosten beteiligen soll, liegt
Zur letzten Zusatzfrage zu diesem Komplex Herr nicht vor. Tatsache ist vielmehr, daß die USA im ver-
Kollege Biehle. gangenen Oktober der Europäischen Weltraum-
konferenz und den darin zusammengeschlossenen
Staaten sowie bisher auch Kanada, Australien und
Biehle (CDU/CSU): Herr Staatssekretär, darf ich
Japan eine Beteiligung am sogenannten Post-
aus Ihren Ausführungen entnehmen, daß im Einzel-
Apollo-Programm angeboten haben. Die Beteilig-
fall eine vorzeitige Entlassung möglich ist, und sind
ten denken hierbei in erster Linie an eine multi-
Sie unter Umständen bereit, wenn durch die Kom-
laterale Zusammenarbeit. Die Vorschläge für das
mandeure eine Ablehnung erfolgt ist, das auch beim
Post-Apollo-Programm gehen dahin, innerhalb der
Ministerium zu überprüfen und es dabei unter Um-
nächsten 10 bis 15 Jahre neuartige, wiederverwend-
ständen als Härte anzusehen, wenn ein Semester
bare Raumtransportersysteme zu schaffen, und zwar
verlorengehen würde, obwohl es sich um nur drei
Fahrzeuge mit nuklearem Antrieb zu entwickeln,
Wochen handelt?
Raumstationen in der Erdumlaufbahn zu errichten
und mit Hilfe dieser Mittel Nutzsatellitensysteme
Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim z. B. für Zwecke des Fernmeldeverkehrs, des Fern-
Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege, es sehens, der Flug- und Schiffsnavigation, der Wetter-
handelt sich nicht um Entlassungen, es handelt sich voraussage, der Erforschung von Bodenschätzen etc.
um Beurlaubungen. Die jungen Männer bleiben Sol- aufzubauen sowie die damit verbundenen wissen-
daten. Sie werden also nur beurlaubt. Aber ich habe schaftlichen Missionen durchzuführen.
Ihnen soeben klarzumachen versucht, daß auch nach
richterlicher Auffassung der Verlust eines Semesters Die Kosten für die Durchführung der „billigsten"
keine besondere Härte ist, und ich bin nicht bereit, Option des Programms wurden von Sachverstän-
wie in den vergangenen Jahren über das Ministe- digen der USA auf jährlich durchschnittlich etwa
rium generelle Anweisungen zu geben, weil ich die 5 Milliarden Dollar geschätzt.
Kommandeure von ihrer Fürsorgepflicht, zu prüfen, Der Herr Bundeskanzler hat in der Regierungs-
nicht entbinden will. Es muß an Ort und Stelle in erklärung am 28. Oktober bereits mitgeteilt, daß die
Verhandlungen mit dem betreffenden Soldaten ge- Bundesregierung diesen Vorschlag aufgreifen werde.
prüft werden, ob eine besondere Harte vorliegt oder Die Bundesregierung prüft daher zur Zeit gemein-
nicht. Es darf nicht generell ein Ausweg geschaffen sam mit ihren europäischen Partnern, also mit der
werden, der dann von jedem, der vorgibt, ein sol- Europäischen Weltraumkonferenz, die Möglichkeit
ches Studium aufzunehmen, in Anspruch genommen einer Beteiligung am Post-Apollo-Programm. Ge-
wird. Generelle Erlasse ermöglichen nur generelle spräche mit Vertretern der USA sind in diesem Rah-
Prüfungen. Wir wünschen aber die Prüfung im Ein- men bereits geführt worden und werden fortgesetzt.
zelfall. Die weiteren Sondierungen werden dann zeigen, ob
und in welchem Umfang eine partnerschaftliche
Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: Zusammenarbeit zwischen Europa und den USA
Meine Damen und Herren, ich habe im Hinblick auf heim Post-Apollo-Programm möglich ist.
die Bedeutung dieser Frage für viele junge Men- Ich möchte an dieser Stelle betonen, daß die zu
schen mehrere Zusatzfragen zugelassen. Ich bitte Anfang dieses Monats in der „Welt" geäußerten
um Verständnis dafür, daß ich nunmehr die Fragen Befürchtungen jeder Grundlage entbehren. Die Bun-
1344 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Februar 1970

Parlamentarischer Staatssekretär Dr. von Dohnanyi


desregierung nimmt diese Frage sehr ernst. Ein Ein- Dr. Schober (CDU/CSU): Herr Staatssekretär,
satz der Richtlinienkompetenz des Herrn Bundes- stimmen Sie mit mir darin überein, daß die Unter-
kanzlers ist daher in dieser Sache nicht erforderlich.
- suchung über die konkreten wissenschaftlichen und
wirtschaftlichen Auswirkungen einer solchen Betei-
ligung äußerst dringlich ist und auch mit Rück-
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -

Eine Zusatzfrage des Herrn Kollegen Rasner. sicht auf die Beschäftigungslage bestimmter Indu-
striezweige, aber auch bestimmter Institute in der
Bundesrepublik vorgenommen werden sollte?
Rasner (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, stim-
men Sie mit mir darin überein, daß der Bezug auf
die Richtlinienkompetenz des Bundeskanzlers in mei- Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staats-
ner Frage am Platze war, weil die Größenordnung sekretär beim Bundesminister für Bildung und Wis-
des hier zur Debatte stehenden Projekts unzweifel- senschaft: Herr Kollege Schober, die ganze Frage-
haft den gegenwärtigen Haushaltsrahmen Ihres stellung ist natürlich dringlich, und die Untersuchun-
Hauses sprengen würde? gen werden deswegen im Augenblick schon durch-
geführt. Ich würde allerdings die Frage der Beschäf-
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staats- tigungsgrundlage in bestimmten Industriezweigen
sekretär beim Bundesminister für Bildung und Wis- nicht zu einem Mittelpunkt der Untersuchung ma-
senschaft: Herr Kollege Rasner: ob ein bestimm- chen, da es sich hier um ein langfristiges Programm,
tes Projekt den gegenwärtigen Haushaltsrahmen un- das sich über 10 bis 15 Jahre erstreckt, handelt.
seres Hauses sprengt, sagt ja noch nichts über die
Zuständigkeitsprobleme in der Bundesregierung aus. Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
-

Eine Zusatzfrage des Kollegen Raffert.


Rasner (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, sind Sie
bereit, zur Kenntnis zu nehmen, daß die Form
Raffert (SPD) : Herr Staatssekretär, läßt sich nach
meiner Frage Ihrem Haus lediglich die Hilfe des den bisherigen Erfahrungen i n der Zusammenarbeit
Bundeskanzlers sichern sollte? mit den USA im Weltraumbereich sagen, ob eine
deutsche oder europäische Beteiligung an einem
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staats- Post-Apollo-Programm neben der Möglichkeit der
sekretär beim Bundesminister für Bildung und Wis- wissenschaftlichen Nutzung auch die Möglichkeit
senschaft: Herr Kollege Rasner, unser Haus hat die der wirtschaftlichen Nutzung mit sich bringen
Hilfe des Bundeskanzlers in allen wichtigen Fragen. könnte?

Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: - Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staats-


Damit sind die beiden Fragen des Kollegen Rasner sekretär beim Bundesminister für Bildung und Wis-
beantwortet. senschaft: Herr Kollege Raffert, der ganze Komplex
muß natürlich im Zusammenhang gesehen werden.
Ich rufe die Frage 145 des Kollegen Dr. Schober Er hat nicht nur wissenschaftliche, sondern auch
auf: wirtschaftliche Implikationen. Die Bundesregierung
Wie beurteilt die Bundesregierung die wissenschaftliche und
wirtschaftliche Tragweite des Angebots der NASA, sich mit ist gerade deswegen so daran interessiert, hier eine
10 % der Kosten an der Entwicklung eines Raumtransporter
systems zu beteiligen?
sorgfältige Prüfung vorzunehmen. Ich darf vielleicht
in dem Zusammenhang anfügen, daß die NASA ge-
Bitte, Herr Staatssekretär! rade in den letzten Tagen sehr deutlich hat verste-
hen lassen, daß hinsichtlich der Entscheidung kein
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staats- Zeitdruck besteht.
sekretär beim Bundesminister für Bildung und Wis-
senschaft: Wie ich eben in der Antwort auf die Fra- Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
-

gen des Herrn Abgeordneten Rasner ausgeführt Eine Zusatzfrage des Kollegen Moersch.
habe, beinhaltet das Angebot der USA keine kon-
kreten Vorstellungen über einen bestimmten Betei-
ligungsschlüssel. Das Angebot ist auch nicht auf eine Moersch (FDP): Herr Staatssekretär, wird bei der
Zusammenarbeit speziell bei der Entwicklung eines Prüfung auch die Frage berücksichtigt, wieweit
Raumtransportersystems beschränkt, sondern gil t diese Zusammenarbeit nicht nur der Bundesrepu-
ganz allgemein für den gesamten Umfang des Post- blik, sondern einer Gruppe westeuropäischer Staa-
Apollo-Programms in der nächsten Dekade. Art und ten mit der NASA möglich oder sinnvoll sein wird?
Umfang des Programms sind von großer wissen-
schaftlicher, technischer, wirtschaftlicher und auch Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staats-
politischer Tragweite. Die Bundesregierung prüft sekretär beim Bundesminister für Bildung und Wis-
daher gemeinsam mit ihren europäischen Partnern senschaft: Herr Kollege Moersch, das ist die Frage-
sorgfältig, welche Beteiligungsmöglichkeiten hier für stellung der Amerikaner an die Europäische Welt-
Europa bestehen. raumkonferenz gewesen, und das ist das Ziel der
Sondierungen und Gespräche, die die Bundesregie-
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: - rung gegenwärtig mit den europäischen Partnern
Eine Zusatzfrage. führt.
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Februar 1970 1345

Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: in den kommenden Jahren zu entscheiden sind.


Ich rufe die Frage 146 des Abgeordneten Dr. Scho- Selbstverständlich ist die Bundesregierung ihrer-
ber auf: seits daran interessiert, von den wissenschaftlichen
Hat die Bundesregierung alle Verhandlungsmöglichkeiten aus- und wirtschaftlichen Möglichkeiten Gebrauch zu
geschöpft, sich auch unterhalb des in Presserneldungen genannten
Betrages von 200 bis 300 Millionen DM jährlich zu beteiligen? machen. Wir hoffen, daß die Vorschläge, die von
der Bundesregierung gemeinsam mit den euro-
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staats- päischen Partnern gemacht werden, auch die Zu-
sekretär beim Bundesminister für Bildung und Wis- stimmung dieses Hohen Hauses finden werden.
senschaft: Die Frage der Beteiligungsmöglichkeiten
am Post-Apollo-Programm bedarf, wie ich bereits Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:-

gesagt habe, weiterer vorbereitender Gespräche in- Herr Kollege Raffert, eine Zusatzfrage.
nerhalb Europas und mit den USA. Es ist deshalb
heute weder möglich, noch — möchte ich betonen —
wäre es wohl zweckmäßig, eine Aussage über Raffert (SPD) : Herr Staatssekretär, angesichts
Maximal- oder Minimalbeiträge und -forderungen des offensichtlich bestehenden amerikanischen
an dieser Stelle zu machen. Die eigentlichen Ver- Interesses, beim Post-Apollo-Programm durch
handlungen mit den USA über den Umfang der Be- europäische oder deutsche Mitarbeit auch finanziell
teiligung und den zu leistenden finanziellen Bei- entlastet zu werden, frage ich: ist die Bundes-
trag können zweckmäßigerweise erst nach Abschluß regierung bereit, bei den augenblicklich laufenden
der Expertengespräche aufgenommen werden. Verhandlungen zur Änderung des Intelsat-Abkom-
mens darauf zu drängen, daß künftig amerikanische
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -
Trägerfahrzeuge für deutsche oder europäische
Herr Kollege Schober, Sie haben eine Zwischen- Nutzsatelliten zur Verfügung gestellt werden und
frage. Bitte schön! dadurch auch eine Entlastung im europäischen Be-
reich eintreten kann?
Dr. Schober (CDU/CSU): Herr Staatssekretär,
würden Sie sagen, daß die Größenordnungen, die Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staats-
in diesem Zusammenhang in Pressemeldungen auf- sekretär beim Bundesminister für Bildung und Wis-
getaucht sind, falsch waren? senschaft: Herr Kollege Raffert, ich sagte vorhin
bereits, die Fragen müssen alle im Zusammenhang
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staats- gesehen werden. Selbstverständlich wird auch die
sekretär beim Bundesminister für Bildung und Wis- Frage der Trägerraketen hei den Gesamtüberlegun-
senschaft: Es gab in der Presse unterschiedliche Mel- gen, die hier anzustellen sind, eine Rolle spielen,
dungen. Es gab unter anderem auch eine Verwechs- unter anderem auch aus Gründen der Kosten.
lung zwischen Milliarden Dollar und Milliarden D-
Mark, was in vielen Fällen sehr gefährlich sein Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:-

kann, wie Sie wissen, Herr Kollege. Aber im Prin- Ich rufe die Frage 147 des Kollegen Moersch auf:
zip sind die Zahlen jetzt, glaube ich, klargestellt. Es
welche betriebswirtschaftlichen und organisatorischen Prü-
handelt sich um ein Programm über etwa zehn bis fungen sind von der früheren Bundesregierung im Kernfor-
fünfzehn Jahre, das in den Vereinigten Staaten auf schungszentrum Karlsruhe veranlaßt worden?
insgesamt 200 his 300 Milliarden DM geschätzt wird.
Bisher bestehen keine Forderungen oder Absichten, Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staats-
hier von einer bestimmten Beteiligung auszugehen, sekretär beim Bundesminister für Bildung und Wis-
so daß sich ein deutscher, oder sagen wir: euro- senschaft: Herr Kollege Moersch, bei der Gesell-
päischer Beitrag zu diesem Zeitpunkt nicht errech- schaft für Kernforschung in Karlsruhe werden in
nen ließe. jedem Jahr vom Jahresabschlußprüfer, der Treu-
arbeit, betriebswirtschaftliche Prüfungen vorge-
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -
nommen, die sich auch mit organisatorischen Fragen
Herr Kollege, eine weitere Zusatzfrage. befassen. Auch der Bundesrechnungshof hat in den
letzten Jahren eingehende Prüfungen vorgenom-
Dr. Schober (CDU/CSU): Herr Staatssekretär, men, bei denen das Schwergewicht auf organisato-
meinen Sie, die jetzigen Verhandlungen bergen rischen Bereichen lag. Darüber hinaus wurden in
Grund zu Hoffnungen in sich, daß die Belastung, die den Vorjahren weitergehende Prüfungen zu be-
die Bundesrepublik zu tragen haben wird, vielleicht stimmten Teilbereichen veranlaßt. So wurden z. B.
im Verein mit anderen europäischen Nationen in untersucht die Fragen der Bauinvestitionen, der
den kommenden Jahren und Jahrzehnten tragbar Leistungssteigerung des Forschungsreaktors II, der
sein werden? organisatorischen Gliederung der Gesellschaft und
der Datenverarbeitung im Verwaltungsbereich.
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staats- Außerdem wurde 1967 von einer Gutachterkom-
sekretär heim Bundesminister für Bildung und Wis- mission unter Leitung von Professor Heisenberg ein
senschaft: Herr Kollege Schober, das ist schwer zu Gutachten zur Verstärkung der Koordinierung der
beantworten, weil natürlich dieses Hohe Haus Forschungsarbeiten in den Kernforschungszentren
darüber zu entscheiden haben wird, was tragbar Jülich und Karlsruhe erstattet, das sich auch wieder-
ist, d. h. wie die Prioritäten der Haushaltsführung um mit organisatorischen Fragen befaßte.
1346 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Februar 1970

Parlamentarischer Staatssekretär Dr. von Dohnanyi


Die Bundesregierung ist intensiv bemüht, die Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staats-
Effizienz der Großforschungseinrichtungen, so auch sekretär beim Bundesminister für Bildung und Wis-
des Kernforschungszentrums Karlsruhe, zu überprü-
- senschaft: Die Ergebnisse dieser Prüfungen haben
fen und wenn irgend möglich und wo immer möglich dazu geführt, daß unter anderem die Wirtschafts-
zu heben. So werden zur Zeit für das Kernfor- führung der Kernforschungsgesellschaft transparen-
schungszentrum Karlsruhe Überlegungen angestellt, ter geworden ist und in einigen wesentlichen Punk-
der gegenwärtig dominierenden Institutsstruktur ten rationalisiert werden konnte, unter anderem
eine nach Projekten gegliederte Struktur zur Seite auch auf den Gebieten der Planung und der Ab-
zu stellen. Erstes Beispiel dafür ist das Großprojekt rechnung der von der öffentlichen Hand zur Ver-
„Schneller Brüter", für das der Aufsichtsrat des fügung gestellten Mittel. Hier konnten erhebliche
Kernforschungszentrums im November 1969 eine Fortschritte erzielt werden. Diese Prüfungen haben
neue Projektordnung beschlossen hat. schließlich auch dazu beigetragen, daß das für die
Darüber hinaus, Herr Kollege Moersch, hat der wissenschaftliche Tätigkeit des Kernforschungs-
Bundesminister für Bildung und Wissenschaft An- zentrums besonders wichtige Forschungs- und Ent-
fang dieses Jahres, unter anderem auch beim Kern- wicklungsprogramm übersichtlicher und aussage-
forschungszentrum Karlsruhe, begonnen, Struktur- fähiger gestaltet wurde und nun in den Wirtschafts-
und Organisationsfragen der Zentren in eingehen- plan integriert werden konnte.
den Gesprächen mit allen beteiligten Gruppen, ins-
besondere auch mit den wissenschaftlichen Mitarbei- Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
-

tern, zu erörtern. Bei diesen Strukturfragen fördert Eine Zusatzfrage.


der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft
die Bestrebungen der wissenschaftlichen Mitarbeiter Moersch (FDP) : Herr Staatssekretär, sind Sie
nach Mitverantwortung und Mitentscheidung. bereit, im Rahmen der jetzt beginnenden Haushalts-
Im Zusammenhang mit der hier gestellten Frage beratungen dem zuständigen Fachausschuß die bis-
nach der Effizienz ist dabei zu bemerken, daß hier- her erarbeiteten Unterlagen etwa betriebswirtschaft-
durch, nämlich durch eine solche Mitverantwortung licher Art zuzuleiten und etwa auch Vergleiche an-
und Mitentscheidung, unter anderem auch eine zustellen hinsichtlich der Kosten beim Bezug teurer
Steigerung der Produktivität erwartet werden kann. Apparate von draußen und der möglichen Ein-
sparung von Kosten durch Selbstfertigung im
Im übrigen ist das Ministerium, was die innere Zentrum?
Organisation der Forschungseinrichtungen und da-
mit auch des Kernforschungszentrums Karlsruhe an
geht, der Meinung, daß diesem Zentrum, wie an- Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staats-
deren Forschungseinrichtungen dieser Art, vom sekretär beim Bundesminister für Bildung und Wis-
Staat ein größeres Maß an Eigenverantwortung und senschaft: Herr Kollege Moersch, der heutige Bun-
freier Entfaltung zugestanden werden muß. desminister für Bildung und Wissenschaft steht auf
dem Standpunkt, daß in all diesen Fragen die kri-
tische Debatte gar nicht öffentlich genug sein kann.
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -
Wir sind deswegen selbstverständlich bereit, Ihnen
Herr Kollege Moersch, Zusatzfragen? — Bitte schön!
all diese Unterlagen zur Verfügung zu stellen und
damit natürlich auch der entsprechenden Arbeits-
Moersch (FDP) : Herr Staatssekretär, wenn es gruppe im Haushaltsausschuß.
zutrifft was nach meinen Informationen der Fall
ist —, daß eine Reihe von Apparaten, die recht Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
-

teuer gewesen sind, nur völlig unzureichend genützt Danke schön. Dann die Frage 149 des Kollegen
wird, kann das nicht z. B. damit zusammenhängen, Richter:
daß die Modalitäten der Anforderung von Haus- Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung bereits ergriffen,
haltsmitteln in früherer Zeit und bisher für den um im Sinne der Empfehlung 190 der Versammlung der WEU
vom 9. Dezember 1969 ein wirksames europäisches Raumfor-
Bereich der Wissenschaft völlig unzureichend ge- schungsprogramm aufzustellen, das sowohl den Anforderungen
wesen sind, und welche Feststellungen sind darüber der 80er Jahre entspricht wie jede Monopolisierung der welt-
weiten Nachrichtenverbindungen verhindert?
etwa in dem Bericht des Rechnungshofes enthalten?
Das Wort hat der Herr Staatssekretär.
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staats-
sekretär beim Bundesminister für Bildung und Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staats-
Wissenschaft: Herr Kollege Moersch, würden Sie sekretär beim Bundesminister für Bildung und Wis-
mir gestatten, daß ich diese Frage im Zusammen- senschaft: In den von der Dritten Europäischen
hang mit der Beantwortung Ihrer zweiten Frage Weltraumkonferenz eingesetzten Ausschüssen wer-
aufnehme, weil sie sich dort mit von selbst ergibt? den zur Zeit Vorschläge für ein umfassendes mehr-
jähriges europäisches Weltraumprogramm ausge-
arbeitet. Danach ist neben einem ausgewogenen
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -
wissenschaftlichen Programm die Entwicklung eines
Herr Kollege Moersch, sind Sie einverstanden, wenn
der Herr Staatssekretär jetzt Ihre zweite Frage be- regionalen europäischen Fernmeldesatellitensystems
antwortet? — Bitte schön, dann rufe ich die Frage vorgesehen, das mit Hilfe europäischer Trägerrake-
ten errichtet werden soll. Über das Programm, das
148 des Herrn Abgeordneten Moersch auf:
darüber hinaus auch noch Vorschläge für die in Zu-
Falls solche Prüfungen veranlaßt worden sind, welche Er-
gebnisse haben sie erbracht? sammenarbeit mit den Vereinigten Staaten zu ent-
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Februar 1970 1347
Parlamentarischer Staatssekretär Dr. von Dohnanyi
wickelnden Navigationssatelliten für den Flugver- den einzelnen Fächern anerkennen und daß wir be-
kehr und für Wettersatelliten enthält, soll auf einer reit sind, wo wir so etwas erfahren, entsprechende
für Mitte des Jahres vorgesehenen Ministerkonfe- Schritte zu unternehmen, soweit es in unseren Mög-
renz entschieden werden. Das Ergebnis der - Ent- lichkeiten liegt.
scheidungen wird wesentlich davon beeinflußt wer- Es kann aber nicht geschlossen werden, daß Ab-
den, Herr Kollege, ob es zu einer partnerschaftlichen solventen des Wehrdienstes bei der Immatrikula-
Zusammenarbeit bei den von den USA angebotenen tion an den Hochschulen gegenüber anderen Abitu-
Beteiligungen am Post-Apollo-Programm kommen rienten grundsätzlich benachteiligt würden. Aus der
wird. Darauf habe ich bei einer vorangegangenen gegenwärtigen Praxis bei der Zulassung in Fächern
Frage bereits hingewiesen. Dieser Zusammenhang mit Numerus clausus folgt vielmehr, daß nicht alle
wird übrigens auch in der Empfehlung Nr. 190 aus- Fakultäten den Absolventen des Wehrdienstes die
drücklich angesprochen. bei der Bundeswehr verbrachte Zeit als Wartezeit
Die in der WEU-Empfehlung ebenfalls angespro- anrechnen, durch die sich dann die Punktzahl dieser
chenen Verhandlungen über das künftige Intelsat Bewerber erhöht.
Abkommen, die zur Zeit in Washington stattfinden, In den kürzlich vorgelegten Thesen zu einem
werden von den europäischen und anderen Staaten, Hochschulrahmengesetz, Herr Kollege Wurbs, hat
die den europäischen Standpunkt teilen, weiterhin der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft
mit dem Ziel geführt, Herr Kollege, eine weltweite Vorschläge unterbreitet, wie in einem solchen Ge-
Organisation zu gründen, die die Interessen aller setz eine gerechtere Lösung für die Zulassung aller
Mitgliedsstaaten berücksichtigt und nicht von einem Bewerber gefunden werden kann, insbesondere na-
Staat oder einer kleinen Gruppe von Staaten be- türlich derjenigen, die den Wehrdienst oder einen
herrscht werden kann oder könnte. Zu diesen Be- entsprechenden Ersatzdienst abgeleistet haben.
strebungen gehört es u. a., die Errichtung unabhän-
giger und regionaler Nutzsatellitensysteme zuzu-
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -
lassen, die Stimmrechte in den Entscheidungsorganen Danke schön.
neu zu regeln und das Management, das zur Zeit
der USA-Gesellschaft Comsat übertragen ist, eben- Ich rufe die Fragen aus dem Geschäftsbereich des
falls im Sinne der Bestrebungen zu internationali- Bundesministers für Verkehr und für das Post- und
sieren, die ich soeben umrissen habe. Fernmeldewesen auf. Zur Beantwortung steht Herr
Bundesminister Leber zur Verfügung:
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -
Zunächst die Frage 4 des Herrn Abgeordneten
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Richter. Cramer:
Nach welcher gesetzlichen Vorschrift wird die Errichtung von
Werbeflächen an Bundesstraßen im Bereich einer Ortsdurchfahrt
Richter (SPD) : Herr Staatssekretär, darf ich Sie genehmigt bzw. abgelehnt?
fragen, ob Sie von der gegenwärtigen Intelsat-Kon- Bitte schön, Herr Minister!
ferenz in Washington Ergebnisse in der Art erwarten,
daß Sie sagen können, der deutsche, der europäische
Einfluß und das Mitspracherecht bei Intelsat könnten Leber, Bundesminister für Verkehr und für das
gesteigert werden? Post- und Fernmeldewesen: Herr Präsident, ich bitte,
die Fragen 4 und 5 gemeinsam beantworten zu dür-
fen, wenn Herr Kollege Cramer einverstanden ist.
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staats-
sekretär beim Bundesminister für Bildung und Wis-
senschaft: Das, Herr Kollege, ist das Ziel dieser Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -

Verhandlungen. Wir werden dieses Ziel verfolgen. Sie sind damit einverstanden? — Ich rufe dann noch
Ob es bei den jetzt anstehenden Verhandlungen die Frage 5 des Herrn Abgeordneten Cramer auf:
bereits erreicht werden kann, kann heute noch nicht Gilt § 9 Abs. 1 und 2 des Bundesfernstraßengesetzes oder
§ 42 der Straßenverkehrs-Ordnung?
gesagt werden.
Bitte schön, Herr Minister!
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -

Ich rufe die Frage 129 des Kollegen Wurbs auf: Leber, Bundesminister für Verkehr und für das
Ist der Bundesregierung bekannt, daß Absolventen des Wehr- Post- und Fernmeldewesen: Weder das Bundesfern-
dienstes bei der Immatrikulation an den Universitäten gegenüber
Abiturienten benachteiligt werden, und was gedenkt die Bundes-
straßengesetz noch die Straßenverkehrsordnung ent-
regierung zu unternehmen, damit dem Grundsatz der Gleich- halten Vorschriften für die Errichtung von Werbe-
behandlung gegenüber beiden Gruppen entsprochen wird?
flächen an Bundesstraßen im Bereich einer Orts-
Herr Staatssekretär! durchfahrt. Das Bundesfernstraßengesetz stellt zwar
die Außenwerbung den Hochbauten und Bauanlagen
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staats- des § 9 Abs. 1 und 2 des Bundesfernstraßengesetzes
sekretär beim Bundesminister für Bildung und Wis- gleich; aus § 9 Abs. 7 dieses Gesetzes ergibt sich
senschaft: Der erste Teil Ihrer Frage, Herr Kollege jedoch, daß diese Vorschriften, die die Einhaltung
Wurbs, ist wohl im wesentlichen durch meine bestimmter Abstände vom befestigten Fahrbahn-
schriftliche Antwort vom 16. Januar 1970 bereits be- rand vorschreiben, nicht für Ortsdurchfahrten gel-
antwortet worden. Hier hat die Bundesregierung ja ten. Auch § 42 der Straßenverkehrsordnung bezieht
zu erkennen gegeben, daß nicht alle Fakultäten den sich lediglich auf die Werbung außerhalb geschlos-
abgeleisteten Wehrdienst bei der Zulassung zu sener Ortschaften. Unabhängig davon sind Werbe-
1348 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Februar 1970

Bundesminister Leber
anlagen nach den Landesbauordnungen genehmi- Dr. h. c. Dr. Ing. E. h. Möller, Bundesminister
-

gungs- und anzeigepflichtig, wenn sie eine be- der Finanzen: Herr Präsident! Meine Damen und
stimmte Größe überschreiten. Zuständig sind in die- Herren! Als Bundesfinanzminister habe ich die Ehre,
sem Fall die Bauordnungsbehörden. dem Hohen Hause heute den Entwurf des Bundes-
haushaltsplans 1970/71 und den mehrjährigen Finanz-
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: plan für den Planungszeitraum 1969 bis 1973 vorzu-
-

Eine Zusatzfrage! legen.


Trotz der aus der Vergangenheit herrührenden
Cramer (SPD) : Herr Minister, ich kann Ihrer hohen Vorbelastungen ist es der Bundesregierung
Antwort nicht entnehmen, ob innerhalb der Orts- gelungen, einen Haushaltsplan aufzustellen, der die
durchfahrten, d. h. von ihrem Beginn bis zum Orts- konjunktur- und finanzpolitischen Ansprüche aus-
schild, solche Werbeflächen aufgestellt werden kön- reichend miteinander verbindet und der es der Bun-
nen. desregierung ermöglicht, die inneren Reformen für
die siebziger Jahre in Angriff zu nehmen. Die Ver-
wirklichung dieser Reformen ist nur durchführbar
Leber, Bundesminister für Verkehr und für das bei konsolidierten Bundesfinanzen und bei einer Poli-
Post- und Fernmeldewesen: Das ist jedenfalls bun- tik der Stabilität des Geldwertes sowie des Wachs-
desrechtlich nicht zu ordnen. tums der Wirtschaft und des Wohlstandes.
Lassen Sie mich daher zunächst drei Elemente
Cramer (SPD) : Danke. nennen, die unsere Konzeption zwangsläufig beein-
flußten:
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -
Erstens. Es ist der erste Etat, der erste Finanzplan,
Keine weitere Zusatzfrage. den ein sozialdemokratischer Bundesfinanzminister
als Mitglied einer Bundesregierung vorlegt, die erst-
Dann rufe ich als letzte Frage der heutigen Frage-
mals von der Sozialdemokratischen Partei Deutsch-
stunde die Frage 6 des Abgeordneten Peters (Pop-
penbüll) auf: lands und der Freien Demokratischen Partei gebildet
wird. Mit diesem Haushaltsentwurf fungiert die
Liegt der Bundesregierung eine Statistik über Verkehrsunfalle
in Landgemeinden vor, und wie ist darin die Entwicklung von jetzige Bundesregierung nicht einfach als finanzpoli-
Unfällen mit Fußgängern verzeichnet? tische Vollstreckerin früherer Entscheidungen, son-
Herr Minister! dern sie konkretisiert bereits ihre eigenen vor-
rangigen politischen Vorstellungen: Wiedergewin-
nung einer gesunden gesamtwirtschaftlichen Ent-
Leber, Bundesminister für Verkehr und für das
wicklung und Einleitung innerer Reformen. In Auf-
Post- und Fernmeldewesen: Die jährliche amtliche
bau und Gestaltung von Haushalt und Finanzplan
Straßenverkehrsunfallstatistik des Statistischen Bun-
werden positive Wirkungen der Vergangenheit
desamts weist die Unfälle nicht in einer Unterteilung
durchaus sichtbar, ebenso aber auch hinterlassene
nach Kreisen und Gemeinden aus. Ergebnisse für die
Hypotheken. Entscheidend ist, daß für die Absichten
einzelnen Bundesländer werden in tieferer regio-
und Ziele eines vier Jahre umfassenden Regierungs-
naler bzw. sachlicher Gliederung in den statistischen
programms der Beginn mit diesem Haushalt ge-
Berichten der Statistischen Landesämter veröffent-
sichert wird.
licht. Die Statistischen Landesämter können nähere
Angaben über Fußgängerunfälle in den Gemeinden Zweitens. Es ist der erste Haushaltsentwurf des
statistisch aufbereiten. Bundes, der nach Inkrafttreten der Gesetze zur Haus-
haltsrechtsreform Bundestag und Bundesrat gleich-
zeitig zugeleitet wurde. Durch die Änderung des
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -
Artikels 110 des Grundgesetzes ist das Budgetrecht
Eine Zusatzfrage wird nicht gestellt. Danke schön, des Parlaments stärker als in der Vergangenheit be-
Herr Minister. tont. Der Deutche Bundestag hat den politischen und
Damit ist die Fragestunde abgelaufen. verfassungsrechtlichen Anspruch, durch die Haus-
haltsrede unmittelbar und ausführlich über den
Ich rufe Punkt 2 der heutigen Tagesordnung auf: Haushalt und den mehrjährigen Finanzplan unter-
a) Erste Beratung des von der Bundesregierung richtet zu werden.
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Daß ich Sie bereits heute unterrichten kann, ist das
die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für Ergebnis der schnellen Regierungsbildung und der
das Rechnungsjahr 1970 (Haushaltsgesetz Arbeitsintensität in dieser Bundesregierung.
1970)
(Beifall bei den Regierungsparteien.)
- Drucksache VI/300 —
Eine weitere Beschleunigung wurde durch eine Ab-
b) Beratung des von der Bundesregierung vor- sprache zwischen den Haushalts- und Finanzexper-
gelegten Finanzplans des Bundes 1969 bis ten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und mir über
1973 die Änderung des § 94 der Geschäftsordnung des
— Drucksache VI/301 - Deutschen Bundestages ermöglicht, welche die Koali-
tionsfraktionen gebilligt haben. Der Bundesrat hat
Das Wort hat der Herr Bundesfinanzminister. sich mit der Änderung des Verfahrens dankenswer-
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Februar 1970 1349
Bundesminister Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller
terweise einverstanden erklärt. Ich konnte auf Grund mal aus gesetzlichen Verpflichtungen, die vor der
dieser Absprachen am 14. November 1969 einen Zeit- VI. Legislaturperiode dieses Deutschen Bundestages
plan aufstellen und ihn den Koalitionsfraktionen so- entstanden, nämlich aus den EWG-Marktordnungs-
- daß
wie der Opposition zuleiten. Ich darf feststellen, ausgaben ein Mehr von 1,2 Milliarden DM, durch
dieser Zeitplan bis zum heutigen Tage präzise ein- das Lohnfortzahlungsgesetz ein Mehr in Höhe von
gehalten worden ist. 200 Millionen DM, für Spar- und Wohnungsbauprä-
mien auf Grund des geltenden Rechts ein Mehrauf-
(Beifall bei den Regierungsparteien.)
wand von 500 Millionen DM, aus dem Steuerände-
Ich weiß, daß die Arbeit der Bediensteten der Bun- rungsgesetz 1969 und der Novelle zum Zweiten Ver-
desverwaltung und der Mitarbeiter im Bundesfinanz- mögensbildungsgesetz ein Mehr von 50 Millio-
ministerium eine der Voraussetzungen für diesen nen DM.
Erfolg war. Ich möchte allen Beteiligten dafür an Internationale Verträge und Zusagen hatten einen
dieser Stelle ausdrücklich danken. weiteren Mehrbedarf zur Folge, insbesondere die
(Beifall bei den Regierungsparteien und bei mit den Vereinigten Staaten und Großbritannien ge-
Abgeordneten der CDU/CSU.) schlossenen Abkommen über den Devisenausgleich
in Höhe von 800 Millionen DM und die Maßnahmen
Drittens. Die Einhaltung des Zeitplans war darum
im Verteidigungsbereich, die unter der Bezeichnung
schwierig, weil die Aufstellung des Haushaltsent-
„Brüsseler Paket" zusammengefaßt sind; hier muß-
wurfs und die gleichzeitige Vorlage des neuen Fi-
ten weitere 600 Millionen DM angesetzt werden.
nanzplans eine grundlegende finanzpolitische Be-
standsaufnahme durch die Bundesregierung erfor- Außerdem waren Ausgaben zur Sicherung aus-
derlich machte. Daß die Haushaltslage keineswegs ländischer Bezugsquellen für die deutsche Erdöl-
so günstig beurteilt werden konnte, wie sie bis zur industrie in Höhe von 100 Millionen DM vorzu-
Regierungsbildung dargestellt worden war, deuteten sehen.
schon Darlegungen des Herrn Kollegen Strauß an,
Alle diese Mehrausgaben von mehr als 3,5 Mil-
der auf einer Pressekonferenz am 17. Oktober 1969
liarden DM sind im alten Finanzplan nicht ent-
die Lage der Bundesfinanzen behandelte und dabei
halten gewesen. Mein Herr Amtsvorgänger hat in
eine ganze Reihe von Risiken gegenüber der alten
der Pressekonferenz am 17. Oktober 1969 lediglich
Finanzplanung erwähnte. Über diese Pressekonfe-
einige dieser Bereiche als Risiken gegenüber seinem
renz wurde in den „Finanznachrichten" vom 17. Ok-
Finanzplan für das Rechnungsjahr 1970 bezeichnet
tober 1969 ausführlich berichtet. Es heißt dort, daß
und sie auch nur mit 1,9 Milliarden DM beziffert.
die neue Bundesregierung bei der Fortschreibung
der Finanzplanung bis 1973 von einer soliden fi- (Abg. Wehner: Hört! Hört!)
nanziellen Grundlage ausgehen könne.
Es ist deshalb, vorsichtig ausgedrückt, unrichtig,
Die Überprüfung der tatsächlichen Verhältnisse wenn der bayerische Teil der Opposition, wie in
zeigte aber wenig später, daß mein Herr Amtsvor- dem Flugblatt der CSU-Landesleitung „Argu-
gänger bei weitem nicht alle durch Beschlüsse des mente 27", Folgendes behauptet — ich zitiere wört
Deutschen Bundestages bereits vorbestimmten Be- lich —:

lastungen und die übrigen Risiken auf der Ein- Auch die von der Großen Koalition noch be-
nahmen- und der Ausgabenseite erfaßt hatte. schlossenen Mehrausgaben für 1970 in Höhe
(Hört! Hört! bei der SPD.) von 1,9 Milliarden DM („Devisenausgleich,
Verteidigungshaushalt, Lohnfortzahlung u. ä.")
Die Bundesregierung mußte deshalb schon in ihrer waren im Rahmen der mittelfristigen Finanz-
Regierungserklärung vom 28. Oktober 1969 Folgen- planung berücksichtigt und die dafür notwen-
des feststellen: digen Mittel bereitgestellt.
Solidität wird die Richtschnur unserer Finanz-
Diese Mehrbelastungen, meine Damen und Her-
politik sein. Wir dürfen allerdings nicht ver-
ren, sind keineswegs die einzigen Aufwendungen,
schweigen, daß die Situation weniger günstig
die auf der Ausgabenseite den Haushaltsentwurf
ist, als sie von bestimmter Seite dargestellt
1970 vorbelasten und im Finanzplan 1968 bis 1972
wurde.
nicht ausgewiesen waren.
Meine Damen und Herren, ich will das Fehlen
Im Jahre 1969 haben Regierung und Parlament
einer Fortschreibung der mittelfristigen Finanzpla-
keine Wahlgeschenke verteilt. Das ist eine Tat-
nung keineswegs meinem Herrn Amtsvorgänger
sache, allerdings eine Tatsache mit doppeltem
zum Vorwurf machen, da die Finanzplanung immer
Boden. Notwendige Gesetzesvorlagen sind weder
dem in Zahlen auszudrückenden Regierungspro-
eingebracht noch verabschiedet worden. Damit wur-
gramm entsprechen muß und Herr Kollege Strauß
den aber die drängenden Aufgaben nicht gelöst.
der neuen Bundesregierung selbstverständlich nicht Man hat sie einfach dem neuen Bundestag zuge-
vorgreifen wollte. Erforderlich wäre aber auf jeden schoben. Die Vertagung war nicht ohne Bindung.
Fall gewesen, den Finanzplan intern fortzuschrei- Wenn ich Bindung sage, dann meine ich damit die
ben. Das hätte Herrn Strauß am 17. Oktober 1969 sachliche und moralische Notwendigkeit, bestimmte
in die Lage versetzt, wirklichkeitsnahe Zahlen zu Dinge zu tun. Diese Notwendigkeit hatte auch der
nennen. V. Deutsche Bundestag anerkannt und z. B. ein-
Mehrbelastungen für den Bundeshaushalt gegen- stimmig eine fühlbare Erhöhung der Leistungen
über dem Finanzplan 1968 bis 1972 ergaben sich ein der Kriegsopferversorgung ab 1. Januar 1970 ver-
1350 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Februar 1970

Bundesminister Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller


langt. Er forcierte weiter eine Erhöhung
ursachten des Kinder-
Mehrkosten von 134 Millionen DM tat
geldes bereits für die Zeit vor 1972, und alle Frak-
-sächlich aus den im Bundeshaushalt 1969 bewillig-
tionen dieses Hohen Hauses sprachen sich für die ten Personalkosten ohne jede Schwierigkeit gedeckt
-
Erhöhung der Bezüge im öffentlichen Dienst aus. werden konnten, sondern darüber hinaus vor der
Bei keiner dieser drei Maßnahmen ist die Not- Bundestagswahl auch noch die Mehrkosten für eine
wendigkeit umstritten. Dennoch waren im Strauß einmalige Zahlung von 300 DM für jeden Ange-
schen Finanzplan nur völlig unzureichende Beträge hörigen des öffentlichen Dienstes, die allein für
und Termine vorgesehen; so etwa für die Kriegs- den Bundeshaushalt - einschließlich Anteil der
opferversorgung erst ab 1971 zusätzlich 200 Mil- Deutschen Bundesbahn - rund 350 Millionen DM
lionen DM, ausmachten. Inwieweit, meine Damen und Herren
(Hört! Hört! bei der SPD) von der Opposition, haben Sie sich 1969 und in den
früheren Jahren in diesem Zusammenhang an den
obwohl bereits eine lineare Erhöhung von 10 v. H. Besoldungsrückstand erinnert, den Ihre Regierun-
ab 1. Januar 1970 500 Millionen DM gekostet hätte. gen haben entstehen lassen und den die derzeitige
(Abg. Krammig: Wer hat denn das be Bundesregierung nun wirklich nicht zu verantwor-
schlossen?) ten hat?
Jeder, der dem 5. Deutschen Bundestag angehört hat, (Beifall bei den Regierungsparteien.)
wußte schon damals, daß eine zehnprozentige Er- Wenn es gelungen ist, im neuen Bundeshaushalt
höhung der Kriegsopferversorgung unzureichend eine Erhöhung der Kriegsopferrenten ab 1. Januar
sein würde. 1970 um 16 v. H. und der Witwenrente sogar um
(Abg. Wehner: Sehr wahr!) rund 25 v. H. mit einer weiteren finanziellen Aus-
Für die, die es nicht wissen, will ich hier ein- wirkung von 938 Millionen DM sicherzustellen,
schalten, daß ein Finanzplan nur von einer Bundes- wenn es ferner gelungen ist, für die Erhöhung des
regierung beschlossen und dem Hohen Hause zur Kindergeldes ab 1. Oktober 1970 95 Millionen DM
Kenntnis gebracht werden kann. Über den Finanz- vorzusehen, und wenn es gelungen ist, mit den
plan selbst hat der Deutsche Bundestag nicht zu Gewerkschaften und Beamtenverbänden für die
befinden. Regelung der Bezüge im öffentlichen Dienst ab
1. Januar 1970 rund 1,4 Milliarden DM zu ver-
(Abg. Dr. Stoltenberg: Aber' die Regierung einbaren und diese Beträge im Bundeshaushalt ein-
mit ihren Ministern!) zustellen, dann sind allein in diesen drei Bereichen
Die Regierung mit ihren Ministern, selbstver- insgesamt 1,7 Milliarden DM mehr auf der Aus-
ständlich; die Mehrheitsverhältnisse von damals gabenseite ausgewiesen, als in der Strauß'schen
sind bekannt. Finanzplanung vorgesehen waren. Um so seltsamer
(Beifall bei den Regierungsparteien. Abg. mußten daher z. B. die Versuche der Opposition
Dr. Stoltenberg: Einstimmige Beschlüsse!) wirken, in letzter Stunde jeweils während der
laufenden Verhandlungen noch höhere Leistungen
Für das Kindergeld waren zusätzliche Mittel erst des Bundes zu fordern.
ab 1972 eingeplant, und zwar im Betrage von
(Beifall bei den Regierungsparteien.)
200 Millionen DM ab 1. Juli 1972. Für den öffent-
lichen Dienst hatte man ab 1970 lediglich 720 Mil- Ich habe mich, als ich davon hörte, gefragt — und
lionen DM bereitgestellt, obwohl 1 v. H. Besol- mit mir haben sich Millionen Bürgerinnen und Bür-
dungserhöhung schon 130 Millionen DM ausmacht. ger wohl dieselbe Frage gestellt —, warum Sie,
meine Damen und Herren von der Opposition, nicht
Von meinem Herrn Amtsvorgänger wurden diese
in den Jahren, in denen Sie die Minister dieser Res-
Bereiche in seiner Pressekonferenz am 17. Oktober
sorts gestellt und damit die Verantwortung in die-
1969 nur als nicht bezifferbare „zusätzliche Aus-
sen Bereichen getragen haben, all das durchsetzen
gaberisiken von besonderer Bedeutung" erwähnt,
konnten, was Ihnen nunmehr und ganz plötzlich un-
und das, Herr Kollege Stoltenberg, ist sicherlich
abweisbar erscheint.
nicht auf einen Kabinettsbeschluß zurückzuführen.
(Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)
(Abg. Leicht: Na und?)
Warum haben Sie, meine Herren Kollegen Strauß
Darf ich daran erinnern, was in diesem Hause am und Benda, nicht von sich aus im Jahre 1969 die
28. Februar 1969, als das Zweite Besoldungsneurege- Voraussetzung für eine ausreichende Erhöhung der
lungsgesetz zur Beratung anstand, vor sich gegan- Bezüge im öffentlichen Dienst spätestens zum 1. Ja-
gen ist? Damals ging der Streit lediglich um ein nuar 1970 geschaffen? Wir haben Sie doch nicht
Vorziehen der Besoldungserhöhung — nicht wahr, daran gehindert! Warum hat nicht Herr Kollege
Herr Heck, Sie wissen es genau, weil Sie damals Katzer mit dem Herrn Kollegen Strauß die für not-
eine Pressekampagne entwickelt hatten — um zwei wendig erachteten Beträge für die Erhöhung der
Monate vom 1. Juni auf den 1. April. Nur durch Kriegsopferrenten ab 1. Januar 1970 in den Finanz-
ein gemeinsames Vorgehen der SPD und der FDP plan eingesetzt? Warum hat nicht Frau Kollegin
war es möglich, zu erreichen, daß diese Besoldungs- Brauksiepe zusammen mit Herrn Kollegen Strauß
erhöhung bereits ab 1. April 1969 in Kraft treten die Erhöhung des Kindergeldes zu einem früheren
konnte. Zeitpunkt als 1972 verabredet und finanzpolitisch
Die Entwicklung der Personalausgaben im Haus- eingeplant? Das ist doch alles Aufgabe derer ge-
haltsjahr 1969 hat gezeigt, daß nicht nur die durch wesen, die seit 119 Tagen eine Bundesregierung, die
das Vorziehen des Gesetzes um zwei Monate ver auf der Basis der Solidarität Finanzpolitik zu betrei-
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Februar 1970 1351
Bundesminister Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller
ben sich bemüht, durch ständig neue Forderungen dar. Das ist die Ausgansposition, und das ist ein
zu überbieten und zu übertrumpfen versuchen. Wort zur Sache.
(Beifall bei den Regierungsparteien. - Zu-- (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zu
rufe von der CDU/CSU.) rufe von der CDU/CSU.)
Auch was ich im Bereich der Landwirtschaft vor- Nun hat Herr Kollege Dr. Stoltenberg —
fand, war alles andere als erfreulich. (Abg. Rösing: Sie waren doch in der Re
(Abg. Dr. Stoltenberg: Nur bei den SPD- gierung! Oder waren Sie nicht dabei?)
Ministern war alles prima!) — Ja, wir waren dabei, aber leider nicht in der
Nach dem alten Finanzplan sollte vor allem wegen Mehrheit!
des Auslaufens des EWG-Anpassungsgesetzes zum (Abg. Dr. Stoltenberg: Alle Beschlüsse sind
Ende des Jahres 1969 weniger Geld für wichtige einstimmig gefaßt worden, Herr Möller!
Anpassungsmaßnahmen, z. B. für die Strukturver- Alles einstimmige Beschlüsse!)
besserung in der Landwirtschaft, zur Verfügung ste- — Das entbindet Sie nicht von dieser Verantwor-
hen, im Jahre 1970 500 Millionen DM weniger als tung,
im Vorjahr. Nun, jeder weiß, was eine solche Ein- (Abg. Dr. Stoltenberg: Sie auch nicht!)
schränkung der Maßnahmen zur Verbesserung der
Agrarstruktur bedeutet hätte, besonders im Hin- und das entbindet mich nicht von der Verpflichtung,
blick auf die Verschärfung der Anpassungsschwie- eine solche Eröffnungsbilanz aufzumachen,
rigkeiten in der deutschen Landwirtschaft. Herr Kol- (Beifall bei den Regierungsparteien)
lege Strauß hatte deshalb auch vor dem Deutschen
Bundestag die Absicht geäußert, sich für die Bereit- damit jeder weiß, woran er ist. Und, Herr Kollege
stellung ausreichender Mittel zur Durchführung des Dr. Stoltenberg, Sie sollten sich auch in Ihrer neuen
Agrarstrukturprogramms der Bundesregierung ein- Position angewöhnen, zuhören zu können. Das ge-
zusetzen. Am 17. Oktober 1969 bezeichnete er auch hört nämlich zur Demokratie!
diese doch unumgänglichen Maßnahmen lediglich als (Beifall bei der SPD. — Abg. Lemmrich:
ein zusätzliches Risiko, ebenso wie die höheren Vielleicht empfehlen Sie das mal Herrn
Marktordnungsausgaben, die absolut sicher waren. Wehner! Dem fällt's besonders schwer!)
Wenn ich das alles zusammenzähle, komme ich Herr Kollege Dr. Stoltenberg hat gestern be-
zu folgendem Ergebnis: hauptet, die Bundesregierung habe in ihrer Ant-
wort auf die Kleine Anfrage der Fraktionen der
Die neue Bundesregierung fand aus diesen nicht
SPD und FDP über finanzwirksame Anträge und
im alten Finanzplan berücksichtigten Ausgaben von
Forderungen der Opposition einen „elementaren
vornherein eine Hypothek von mehr als 5 Milliar-
Verstoß gegen die Pflicht der Bundesregierung,
den DM vor.
sorgfältig zu berichten", begangen.
In diesem Betrag ist der Einkommensausgleich
(Abg. Dr. Stoltenberg: Sehr wahr! — Zuruf
für die deutsche Landwirtschaft infolge der D-Mark
von der CDU/CSU: Sehr gut!)
Aufwertung noch nicht enthalten. Auch hier bestand
Übereinstimmung bei allen Bundestagsfraktionen, Diese Behauptung, Herr Kollege Dr. Stoltenberg, ist
daß im Falle einer Aufwertung ein Einkommensaus- unbegründet. Noch am 28. Januar 1970 habe ich
gleich an die Landwirtschaft geleistet werden muß. ' in einem Brief an Herrn Kollegen Leicht zu der
Faktisch wurde dazu am Tage nach der Wahl durch Kritik, die Sie in Ihrer Pressekonferenz desselben
den Beschluß der alten Bundesregierung, die Wech- Tages erhoben haben, im einzelnen Stellung ge-
selkurse freizugeben, eine Vorentscheidung getrof- nommen und den Vorwurf der Manipulation zu-
fen. ungunsten der Opposition zurückgewiesen. Daß
(Zustimmung bei der SPD.) ich das an demselben Tage getan habe, beweist
Ihnen, daß ich solche Vorwürfe durchaus ernst
Eine Rückkehr zu den alten Wechselkursen, meine
nehme und mich sofort an die Prüfung solcher Vor-
Damen und Herren, wäre doch einer Abwertung
würfe mache, um ihre Berechtigung festzustellen. —
gleichgekommen, und das hat doch niemand von
Herr Kollege Leicht hat auf diesen meinen Brief
Ihnen beabsichtigt.
bereits am 29. Januar 1970 seine Gegenargumente
(Abg. Dr. Müller-Hermann: Aber bei den dargelegt. Ich bin davon ausgegangen, daß er eine
anderen Kabinettsbeschlüssen waren Sie Fortsetzung des Schriftwechsels in dieser Ange-
nicht dabei!) legenheit nicht erwartete.
Am 17. Oktober vorigen Jahres hat mein Herr Amts- (Abg. Dr. Stoltenberg: Das werden wir mor
vorgänger die möglichen Erlöseinbußen für die gen hier machen!)
Landwirte auf 150 bis 200 Millionen DM für jedes Ich kann mich deshalb darauf beschränken, ein-
Prozent Aufwertung geschätzt. deutig festzustellen, daß von einem Verstoß gegen
(Zuruf von der CDU / CSU: Zur Sache! — die parlamentarische Berichtspflicht nun wirklich
Abg. Baron von Wrangel: Das ist doch keine Rede sein kann.
keine Haushaltrede!) (Abg. Leicht: Selbstverständlich! Bei der
So, meine Damen und Herren, stellte sich die finanz Beamtenbesoldung auf alle Fälle! Nach
wirtschaftliche Lage für die neue Bundesregierung weisbar!)
1352 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Februar 1970

Bundesminister Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller


— Dann werden wir uns anhören, was Sie im ein- kann man folglich nicht als ein Ergebnis gezielter
zelnen noch zu beanstanden haben, und darauf in Entscheidungen der vorigen Bundesregierung be-
der morgigen Debatte eingehen. zeichnen. Diese Bundesregierung hat dafür Sorge
-
getragen, daß die Sperren im Haushalt 1970 voll
(Zuruf des Abg. Leicht. — Zuruf von der
wirksam werden.
CDU/CSU: Genau!)
Die Sperre darf ferner, wenn dieses Hohe Haus un-
Nun, meine Damen und Herren, zur Einnahme-
serem Vorschlag folgt, nur dann durch einen Be-
seite. Ich war einige Wochen im Amt, als ich aus
schluß der Bundesregierung aufgehoben werden,
Vorlagen ersah, daß sich beim Aufkommen an In-
wenn es zur Abwehr einer die Ziele des § 1 des
vestitionssteuer aus der Besteuerung des Selbst-
Stabilitätsgesetzes gefährdenden Abschwächung der
verbrauchs im Rahmen des Umsatzsteuergesetzes
allgemeinen Wirtschaftsentwicklung erforderlich ist.
Einnahmeausfälle in Milliardenhöhe abzeichneten.
Damit wird die von der Konjunktur her erforder-
Da über diese Frage im Laufe der letzten Wochen
liche Wirkung dieser Sperre sichergestellt.
in der Öffentlichkeit ausführlich diskutiert worden
ist, will ich an dieser Stelle lediglich noch einmal Zweitens. Die Bundesregierung wird nach § 15
folgendes festhalten: Der Steuerausfall hat für den des Stabilitäts- und Wachstumsgesetzes mit Zustim-
Bund wegen der fehlenden Einbeziehung nicht selb- mung des Bundesrates eine Verordnung erlassen,
ständig bewertbarer Wirtschaftsgüter, die durch die Bund und Länder bis zum 30. Juni 1970 ver-
den Einführungserlaß des Bundesfinanzministeriums pflichtet, bei der Deutschen Bundesbank Konjunktur-
vom 30. Januar 1968 möglich wurde, unter Berück- ausgleichsrücklagen in Höhe von 2,5 Milliarden DM,
sichtigung der ersten Schätzung allein für die Jahre davon der Bund 1,5 Milliarden DM und die Länder
1968 und 1969 rund 4 Milliarden DM betragen. 1,0 Milliarden DM, zu bilden. Durch diese von
Das alles bezeichne ich als die Erblast, welche die Herrn Kollegen Professor Schiller vorgeschlagene
jetzige Bundesregierung zu tragen hat. Diese Erblast obligatorische Konjunkturausgleichsrücklage wird
engt zweifellos den finanziellen Spielraum ein. Des- die restriktive Haushaltsführung wirksam unter-
wegen mußte darüber gesprochen werden. stützt.
Im Gegensatz zur Regelung des Vorjahres ist
Ich habe bereits erklärt, daß der Bundeshaushalt dabei nicht vorgesehen, daß die Tilgung ohnehin
1970 der Wiedergewinnung einer gesunden gesamt-
fällig werdender Schuldtitel auf die Konjunktur-
wirtschaftlichen Entwicklung zu dienen hat. Nach
ausgleichsrücklage angerechnet werden kann. Sie
der Debatte am gestrigen Tag kann ich darauf
wird voll den Kassenmitteln des Bundes und der
verzichten, noch einmal auf die Konjunkturlage ein- Länder entnommen.
zugehen. Ich muß jedoch hervorheben, daß die Bun-
desregierung mit diesem Entwurf des Bundeshaus- Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang eine
-halts 1970 ihre Verpflichtungen nach dem Stabilitäts notwendige Bemerkung zur Konjunkturausgleichs-
und Wachstumsgesetz erfüllt. rücklage des Jahres 1969 machen. Der Bund sollte
dieser Rücklage aus den erwarteten Steuermehr-
(Abg. Dr. Müller-Hermann: Das ist sehr zu
einnahmen rund 2,4 Milliarden DM zuführen. Wie
bestreiten!)
Sie wissen, hat der Bund im Jahre 1969 eine Kon-
Diese Feststellung treffe ich mit besonderem Nach- junkturausgleichsrücklage tatsächlich nicht gebildet.
druck und verweise auf folgende Maßnahmen: Die Verpflichtung des Bundes aus der Verordnung
Erstens. Die Bundesregierung hat vorgeschlagen, über die Bildung von Konjunkturausgleichsrück-
einen Bundeshaushalt mit einem Gesamtausgabe lagen ist ausschließlich durch Tilgung von U-Schät-
volumen von formal rund 91,4 Milliarden DM zu zen und Kassenobligationen erfüllt worden. Hierzu
verabschieden. Dieses Ausgabevolumen ist für die darf ich auf das Jahresgutachten des Sachverstän-
gegenwärtige Konjunktursituation zu groß. Sie hat digenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaft-
deshalb für ausgewählte binnenwirksame Einzel- lichen Entwicklung, Ziffer 126, verweisen und
ansätze eine Sperre von insgesamt 2,7 Milliarden zitieren:
DM vorgesehen. Die Ausgabenansätze umfassen Die Verwendung von Steuermehreinnahmen
dann nur noch 88,75 Milliarden DM. Gegenüber den zur Tilgung kurzfristiger Schulden außerhalb
voraussichtlichen Ist-Ausgaben des vergangenen des Zentralbanksystems ist kein Beitrag zur
Jahres von rund 81,58 Milliarden DM würden wir Konjunkturdämpfung.
damit das Ausgabenwachstum auf 8,78 v. H. be-
Ich habe dem nichts hinzuzufügen.
schränken, während das Bruttosozialprodukt vor-
aussichtlich eine Zuwachsrate von nominal 9 bis Übrigens muß auch der Herr Vorsitzende der
10 v. H. erreichen wird. CDU/CSU-Bundestagsfraktion überrascht davon
sein, daß mein Herr Amtsvorgänger nicht eine
Anders als im Jahre 1969 wird die Konjunktur-
sperre 1970 tatsächlich eine restriktive Wirkung aus- D-Mark in die Konjunkturausgleichsrücklage ge-
üben, und zwar nicht nur wegen ihres größeren zahlt hat. Um die Jahreswende hat der Herr Vor-
Volumens; denn im vergangenen Jahre waren nicht sitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion in seinen
Einzelansätze gesperrt, sondern Globalsummen für Ausführungen zur Konjunkturpolitik im Bayerischen
den Gesamtetat eines Ministeriums, Deshalb ent- Rundfunk nämlich erklärt, daß der frühere Bundes-
standen zum Jahresende im wesentlichen dort Min- finanzminister eine Konjunkturausgleichsrücklage
derausgaben, wo das Geld ohnehin nicht hätte aus- angesammelt habe.
gegeben werden können. Die Minderausgaben 1969 (Lachen und Hört! Hört! bei der SPD.)
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode - 30. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Februar 1970 1353
Bundesminister Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller
Drittens. Bis zur Verabschiedung des Haushalts- Dabei haben die Erfahrungen der früheren Jahre
gesetzes 1970 wird der Vollzug des Haushalts durch eine entscheidende Rolle gespielt. Ich erinnere Sie,
die von mir gegenüber dem Vorjahr erheblich ver- meine Damen und Herren, an die Überraschung in
schärften Bestimmungen über die „vorläufige Haus- der Rezession, als wir plötzlich überlegen und uns
haltsführung" restriktiv gehandhabt. Diese Maß- fragen mußten: Was ist im Bundeshaushalt über-
nahmen werden die Bundesausgaben im ersten haupt noch beweglich und wo bestehen nicht schon
Halbjahr nur mäßig steigen lassen, etwa um 4 v. H. rechtliche Verpflichtungen für spätere Jahre, die die
Wenn die Einnahmeentwicklung den Ansätzen ent- Entscheidungen wesentlich beeinflussen?
spricht, ergibt sich in diesem Zeitraum voraussicht- Auf Grund dieser Erfahrungen heraus ist man
lich ein Finanzierungsüberschuß. Eine gegenüber von Bindungsermächtigungen zu Verpflichtungser-
diesem Ergebnis expansivere Wirkung tritt auch mächtigungen übergegangen. Das heißt, das ganze
nicht durch die Verpflichtungsermächtigungen ein. Projekt wird nicht nur in dem Betrag ausgewiesen,
Herr Kollege Dr. Stoltenberg hat es als einen der für das betreffende erste Haushaltsjahr in
„im höchsten Grade beunruhigenden Tatbestand" Frage kommt, sondern wir erfassen jetzt die
bezeichnet, daß das Gesamtvolumen der Verpflich- Gesamtbeträge für alle Jahre. Deswegen finden Sie
tungsermächtigungen 1970 im Vergleich zum Ge- z. B. im Verteidigungshaushalt für das Jahr 1969
samtrahmen der Bindungsermächtigungen 1969 von 704 Millionen DM und für das Jahr 1970 15,6 Mil-
8 auf 17 Milliarden DM steigen soll. Herr Kollege liarden DM Bindungsermächtigungen. Der letztere
Dr. Stoltenberg, ich muß Sie enttäuschen: Es sind Betrag umfaßt aber einen viel größeren, sich auf
nicht 17 Milliarden DM, sondern sogar 25,6 Mil- mehrere Jahre erstreckenden Zeitraum. Beim Haus-
liarden DM, die für Verpflichtungsermächtigungen halt des Bundesministeriums für Bildung und Wis-
im Haushaltsentwurf 1970 insgesamt veranschlagt senschaft waren es im vorigen Jahr, Herr Kollege
wurden. Eine Übersicht finden Sie im Haushalts- Dr. Stoltenberg, 406 Millionen DM; jetzt sind es
gesetz 1970, Seite 34. Dieser Umstand ist jedoch rund 2 Milliarden DM. Wir erfassen also die Pro-
keineswegs beunruhigend, denn im Gegensatz zur jekte, die im Jahre 1970 in Angriff genommen
alten Reichshaushaltsordnung, nach der wir bisher werden sollen, nun voll für den ganzen Zeitraum.
verfahren sind, müssen nach der neuen, ab 1970 Ich bin daher der Meinung, daß diese Regelung, die
geltenden Bundeshaushaltsordnung alle benötigten die neue Bundeshaushaltsordnung vorsieht, durch-
Verpflichtungsermächtigungen im Haushaltsplan aus begrüßenswert ist.
enthalten sein. Dies — und nur dies — ist der (Beifall bei den Regierungsparteien.)
Grund für den Anstieg der Verpflichtungsermäch-
tigungen im neuen Haushaltsjahr. Ein Vergleich Viertens. Die Bundesregierung hat wegen der
mit dem Bundeshaushalt 1969 kann deswegen nicht Konjunktursituation den Vorschlag gemacht, die be-
angestellt werden. absichtigte Verdoppelung des Arbeitnehmerfreibe-
(Abg. Dr. Stoltenberg: Das müßte möglich trages bei der Lohnsteuer und den Abbau der Er-
sein, Herr Kollege Möller!) gänzungsabgabe zeitlich hinauszuschieben.
Ich will es noch deutlicher sagen: Was früher an Fünftens. Die Bundesregierung begrüßt es, daß
Neuverpflichtungen neben dem Haushalt herlief, Länder und Gemeinden im Konjunkturrat und im
muß nach dem neuen Haushaltsrecht in den Haus- Finanzplanungsrat ihre Bereitschaft erklärt haben,
haltsplan aufgenommen werden. Es gibt keine die Bemühungen um eine binnenwirtschaftliche Sta-
Bezugnahme auf ein Vorjahr und daher auch keinen bilisierung durch eine antizyklische Haushaltsge-
Vergleich. staltung zu unterstützen. Die Länder sind bemüht,
(Abg. Leicht: Selbstverständlich! Der zusätzlich zu der bereits erwähnten Zuführung zur
Finanzminister müßte sie geben! Das muß Konjunkturausgleichsrücklage in Höhe von 1 Mil-
doch feststellbar sein!) liarde DM einen mindestens ebenso hohen Aus-
gabebetrag zu sperren. Die Vertreter der kommu-
Ein „im höchsten Grade beunruhigender Tatbestand" nalen Spitzenverbände haben zugesichert, im ge-
liegt also nicht vor. meindlichen Bereich darauf hinzuwirken, daß Aus-
(Abg. Dr. Stoltenberg: Ein Vergleich müßte gaben gesperrt und Steuermehreinnahmen zur Ver-
möglich sein! — Abg. Leicht: Ein Vergleich minderung des Nettokreditbedarfs oder zur ver-
ist doch möglich!) stärkten Rücklagenbildung verwendet werden, so-
lange es die konjunkturelle Lage erfordert.
Ich darf dazu noch folgendes sagen: Bisher war
es üblich, daß im Haushalt mit Bindungsermächti- Lassen Sie mich hier eine Bemerkung einfügen,
gungen gearbeitet wurde. Diese Bindungsermächti- die sich auf die Länder und die Maßnahmen be-
gungen bedeuteten, daß der Haushaltsansatz einen zieht, die von den Ländern getroffen werden, um
ersten Betrag für ein Projekt vorsah, und nur den diese Sperre durchzuführen oder einen Beitrag zur
Erläuterungen konnten Sie entnehmen, welche Be- Konjunkturausgleichsrücklage zu leisten.
träge in etwa in späteren Jahren erforderlich sein Ich habe den Eindruck, daß aus dem Verhalten der
würden. Von diesen Bindungsermächtigungen sind Länder falsche Schlußfolgerungen gezogen werden.
wir abgekommen, und zwar auf Wunsch aller Es handelt sich hier um Maßnahmen, die sich ,nicht
Fraktionen des Hohen Hauses, die den Bundeshaus- aus der Konjunktursituation ergeben, sondern aus
halt transparenter machen wollten und sich mit der Situation, wie sie durch die Finanzreform ent-
diesen Ausweisen nicht zufriedengeben konnten. standen ist. Das bedeutet, daß bei den finanzstarken
(Zuruf des Abg. Dr. Burgbacher.) Ländern die Zuwachsrate ganz von selbst geringer
1354 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Februar 1970

Bundesminister Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller


ist, weil nunmehr Einnahmen von den finanzstarken spät" gehandelt habe und „auch heute noch nicht ge-
auf die finanzschwachen Länder verlagert werden. nügend geschieht".
Darüber gibt es eine Statistik. Sie erweist die Rich-
- Herr Kollege Dr. Müller-Hermann, Sie haben
tigkeit dieser Feststellung, wie man überhaupt wohl
offenbar übersehen, daß die schon am 4. Dezember
einmal in Kürze dem Hohen Hause darüber berichten
1969 angeordnete „vorläufige Haushaltsführung" bis
muß, welche Auswirkungen die Finanzreform nicht zur Verabschiedung des Bundeshaushalts 1970, d. h.
nur innerhalb der Länder hat, sondern auch im Ver- voraussichtlich bis mindestens Ende Mai 1970, die
hältnis vom Bund zu den Ländern und von den restriktive Wirkung des Haushaltsvollzugs gewähr-
Ländern zu den Gemeinden. Der andere Anteil, der leistet. Die Einzelheiten kann ich als bekannt vor-
z. B. für den Bund dadurch eingetreten ist, daß er aussetzen.
die Länder ab 1. Januar 1970 an der Mehrwert-
steuer zu beteiligen hat, bringt natürlich auch Ver- Wegen des Zusammenhangs und des Wunsches
schiebungen in den Steuereinnahmen bei Bund und von Herrn Kollegen Dr. Stoltenberg verweise auch
Ländern. Beispielsweise wird der Bund durch die ich — wie gestern Herr Kollege Schiller — auf den
Finanzreform im Januar dieses Jahres Minderein- Monatsbericht der Deutschen Bundesbank, Seite 9,
nahmen von rund 700 Millionen DM haben. und zitiere:

Sechstens. Bis zur Aufhebung der Sperre ist beim Die hier durch die Bundesregierung und die
Bund für 1970 keine Nettokreditaufnahme vorgese- zuständigen Koordinierungsorgane (Konjunk-
hen. Auch bei den Ländern insgesamt erfolgt in die- turrat und Finanzplanungsrat) gefaßten Be-
sem Jahr keine Nettokreditaufnahme. Die bei den schlüsse und Empfehlungen, gewisse Ausgaben
Gemeinden zu erwartende Nettokreditaufnahme in in den Haushalten für 1970 vorerst zu sperren
und Konjunkturausgleichsrücklagen bei der
Höhe von 1,5 bis 2 Milliarden DM wird durch erheb-
liche Überschüsse bei den Trägern der Sozialver- Bundesbank zu bilden, verhindern nicht nur eine
prozyklische Haushaltsgestaltung, sondern dürf-
sicherungen überkompensiert werden. Damit dürfte
ten dazu beitragen, die Finanzierungsüber-
der gesamte öffentliche Sektor im Jahre 1970 mit
schüsse der öffentlichen Haushalte zu erhöhen,
einem kontraktiv wirkenden Finanzierungsüber-
also antizyklisch zu wirken.
schuß von rund 3 Milliarden DM abschließen.
(Abg. Dr. Stoltenberg: Den davorstehenden
An dieser Stelle verweise ich ausdrücklich auf den Satz müssen Sie auch einmal verlesen!)
Jahreswirtschaftsbericht, und zwar auf die Darstel-
lung des Staatskontos nach der volkswirtschaftlichen — Ich habe ihn jetzt nicht verfügbar. Auf Seite 22
Gesamtrechnung, in der die antizyklische Wirkung finden wir Ausführungen, die nicht ganz mit den
aller öffentlichen Haushalte festgelegt wird. Ausführungen auf Seite 9 übereinstimmen.
(Abg. Dr. Stoltenberg: Sehr wahr!)
(Abg. Dr. Stoltenberg: Die Bundesbank hat
etwas anderes gesagt, Herr Möller. Wer Aber die Vorschläge auf Seite 22 enthalten eine
den Sie auch das noch behandeln?) weitere Überlegung und eine weitere Empfehlung.
Von mir aus bestehen keine Bedenken, daß sich das
— Ja, ich komme gern darauf zurück.
Hohe Haus und insbesondere der Haushaltsaus-
Das Ganze ist das Programm einer der heutigen schuß mit diesen Überlegungen sehr ernsthaft be-
Konjunktursituation entsprechenden Haushalts- und schäftigen. Denn hier wird zum Ausdruck gebracht,
Finanzpolitik. Was ich Ihnen bis jetzt vorgetragen daß man sich nicht mit der Konjunktursperre und
habe, betrifft ein in sich ausgewogenes System von der Konjunkturausgleichsrücklage begnügen, son-
Maßnahmen, die eine Erfüllung und bessere Aus- dern einen Teil der Gelder in der Weise einfrieren
gestaltung der Staatsaufgaben ermöglichen und die sollte, daß man eine Beschneidung der Ausgaben
dennoch konjunkturgerecht, also zunächst mit einem beschließt oder wenigstens durch langfristige Kre-
Bremseffekt, wirken. Ich bin gespannt auf die Vor- dite sicherstellt, daß diese Beträge nicht schon in
stellungen der Opposition zum Haushalt. Es wird den nächsten Monaten durch Aufhebung der Kon-
mich sehr interessieren, in welchem Zusammenhang junktursperre oder später durch Auflösung der
Erhöhungs- und weitere Ausgabenwünsche mit der Konjunkturausgleichsrücklage wieder wirksam wer-
geforderten Herabsetzung der Steigerungsrate des den. Das ist eine neue zusätzliche Überlegung, die
Haushalts stehen. aber mit der eigentlichen Feststellung, was wir jetzt
(Beifall bei der SPD.) hinsichtlich der Haushaltsführung an Maßnahmen
beschlossen haben, nichts zu tun hat, sondern die
- Das interessiert mich deswegen, weil ich das zum Ausdruck bringen will, daß es noch besser
Geschäft ja jetzt ein paar Monate mit einigen An- wäre, wenn noch mehr getan würde. Diese Frage
strengungen gemacht habe und weil es doch durch- muß man von seiten der Deutschen Bundesbank
aus möglich ist, daß ich von Ihrer Seite eine wert- natürlich so sehen, weil die Deutsche Bundesbank
volle Unterstützung erhalte mit dem Ziel, noch eine nicht das zu berücksichtigen hat, was hier im Bun-
vertretbare Senkung der Steigerungsrate zu errei- destag politisch zu entscheiden ist.
chen.
(Beifall bei den Regierungsparteien.) Herr Kollege Dr. Müller-Hermann hat in seiner
Rede erklärt, noch im Dezember 1969 seien in er-
Herr Kollege Dr. Müller-Hermann behauptet, daß heblichem Umfang liquide Mittel aus den öffent-
die Bundesregierung hinsichtlich einer gezielten und lichen Haushalten ausgegeben worden. Hierzu habe
bewußten antizyklischen Haushaltspolitik „viel zu ich, soweit es den Bundeshaushalt betrifft, bereits
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Februar 1970 1355
Bundesminister Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller
am 26. Januar 1970 auf eine Kleine Anfrage der tik, wie sie Notenbank und der neue Bundes-
Abgeordneten Dr. Strauß, Dr. Althammer, Dr. Kreile finanzminister versuchen, zu unterstützen. Des-
und Genossen Stellung genommen. Aus zeitlichen wegen haben wir auch kein Verständnis für das
-
Gründen wiederhole ich nur den letzten Absatz Verhalten der Opposition, die Koalition in den
meiner Antwort: Ausgabefragen zu übertrumpfen.
Ein echter Vergleich ist nur durch eine Gegen- (Beifall bei der SPD.)
überstellung der Steigerungsrate des Monats Wenn starke Kreise der CDU Katastrophen-
Dezember 1969 zu der des Monats Dezember politik betreiben wollen, dann ohne die Wirt-
1968 möglich. Die Ausgabesteigerung im De- schaft.
zember 1969 betrug im Vergleich zum Dezember
1968 26,7 v. H. und die des Monats Dezember (Heiterkeit und Beifall bei den Regierungs
1968 gegenüber Dezember 1967 25,2 v. H. Diese parteien.)
Steigerungsrate von 1,5 v. H. ist durch die Er- Das sagt kein Sozialdemokrat, sondern der Vorsit-
höhung des Haushaltsvolumens 1969 gegenüber zende der Arbeitsgemeinschaft Selbständiger Un-
dem des Jahres 1968 und durch die erwähnten ternehmer in einem Mitgliederbrief, den er Ende
Mehrausgaben bedingt. Januar 1970 veröffentlicht hat.
Meine Damen und Herren, nun zu der Vorstel- (Abg. Dr. Stoltenberg: Da hat er die richti
lung desselben Kollegen, „daß die Steuereinnah- gen Zahlen noch nicht gekannt, Herr
men im Jahre 1969 um 18 % angestiegen sind" und Möller!)
daß deshalb die Konjunkturausgleichsrücklage 1970
lediglich „als ein Griff in die Westentasche" zu be- — O doch, ich würde dem Vorsitzenden der Ar-
zeichnen sei. Wie sieht diese „Westentasche" aus? beitsgemeinschaft Selbständiger Unternehmer nicht
Die Steuermehreinnahmen im Jahre 1969 belaufen unterstellen, daß er im Zeitpunkt der Abfassung
sich auf über 4 Milliarden DM. Aber nur dadurch dieses Briefes und dieses Appells die Zahlen nicht
war es möglich, nicht nur auf die vorgesehene Net- gekannt habe. Ich gehe davon aus, daß ein Mann,
tokreditaufnahme von 3,8 Milliarden DM ganz zu der eine solche Arbeitsgemeinschaft Selbständiger
verzichten, sondern darüber hinaus noch 1,8 Mil- Unternehmer leitet, sich schon auf Grund seiner
liarden DM Schulden endgültig zu tilgen. Außer- Wirtschaftserfahrungen vor Aufstellen einer Be-
dem sind zwangsläufige Mehrausgaben in Höhe hauptung — vor allem einer, wie ich zugebe, so
von 2,131 Milliarden DM entstanden. Weiter muß- schwerwiegenden Behauptung — sehr genau mit
ten im Dezember 1969 - wie in allen Vorjahren — den Zahlen vertraut macht.
Personalausgaben, Renten, Kindergeld usw. in (Beifall bei den Regierungsparteien.)
Höhe von über 2 Milliarden DM gezahlt werden,
die zu Lasten des Bundeshaushalts 1970 gehen. Es Meine Damen und Herren, in dem Ihnen vorge-
gab daher am Jahresende keinen Überschuß, der es legten Entwurf des Bundeshaushalts 1970 und im
der Bundesregierung ermöglicht hätte, Beträge Finanzplan hat die Bundesregierung Schwerpunkte
einer Konjunkturausgleichsrücklage zuzuführen. gesetzt, um die im Regierungsprogramm als wichtig
bezeichneten Maßnahmen einzuleiten — Verzei-
Völlig unverständlich ist mir, insbesondere we- hung, Herr Kollege Becker, hatten Sie etwas gegen
gen der leidvollen Erfahrungen früherer Jahre, mich? Ich habe Sie nicht verstanden.
z. B. der Jahre der Rezession 1966/67, die Behaup-
tung des Herrn Kollegen Dr. Müller-Hermann, die (Abg. Dr. Stoltenberg: Er hat nur gesagt,
Bundesregierung wolle die Konjunktursteuerung daß der Vorsitzende, den Sie hier zitieren,
allein der Bundesbank überlassen. Gerade hier un- Mitglied der FDP, also Ihres Koalitions
terscheidet sich die Politik dieser Bundesregierung partners war.)
für jeden, der nicht blind ist, augenfällig von der
- Aber Herr Kollege Stoltenberg, ich halte die
Haltung früherer Regierungen.
Selbständigen Unternehmer nun wirklich für selb-
(Beifall bei den Regierungsparteien.) ständig. Warum sollen sie denn nicht auch einmal
politisch selbständig, unabhängig von Ihnen, den-
Sie werden in der Vergangenheit vergeblich ein
Beispiel suchen, in dem es eine so enge Abstim- ken können?
mung von Finanz- und Geldpolitik gegeben hat wie (Lebhafter Beifall bei den Regierungs
jetzt. parteien.)
(Zuruf von der CDU/CSU: Na, na, na!)
Der Herr Bundeskanzler hat in der Regierungser-
Lassen Sie mich diesen Abschnitt meiner Ausfüh- klärung die Priorität im Bereich von Bildung und
rungen mit einem Zitat aus dem Mitgliederbrief des Ausbildung, Wissenschaft und Forschung hervorge-
Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft Selbständi- hoben. Für den Haushalt Bildung und Wissenschaft
ger Unternehmer vom Januar 1970 abschließen, eine haben wir daher eine Steigerung der Ansätze die-
gewiß unverdächtige Quelle. Ich darf die Opposi- ses Jahres um 36 v. H. auf nunmehr insgesamt
tion insbesondere auf die folgende Stelle aufmerk- 3 Milliarden DM vorgesehen.
sam machen:
(Abg. Dr. Stoltenberg: Statt 44 %?!)
Für uns Unternehmer gibt es auch im eigenen
Interesse nur eine Haltung: Mit allen Kräften — Herr Kollege Dr. Stoltenberg, ich möchte den
und durch eigenes Handeln die Stabilitätspoli Streit um diese Zahlen hier nicht wiederholen. Ich
1356 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Februar 1970

Bundesminister Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller


meine, auch wenn es 25 v. H. wären, hätten wir hier seien wir ehrlich: der Wiederaufbau im Bildungs-
einen Anfang gemacht. wesen war allzu bescheiden und dazu auch noch
(Abg. Dr. Stoltenberg: Keinen Anfang, eine restaurativ.
Fortsetzung! Eine gute Fortsetzung!) (Beifall bei den Regierungsparteien.)

— Bitte, eine gute Fortsetzung. Meine Damen und Herren, dadurch sind völlig fal-
sche Vorstellungen über die absoluten Größen ent-
Ein großer Teil dieser Mittel ist im Rahmen der standen. Eine aus Vorurteilen herrührende Angst
Bildungs- und allgemeinen Wissenschaftsförderung vor Planung hat verhindert, ein Instrumentarium
für den Ausbau und Neubau von wissenschaftlichen zu entwickeln, das wir schon seit Jahren haben müß-
Hochschulen und wissenschaftlichen Einrichtungen ten.
bestimmt, damit möglichst schnell genügend Studien-
Wissenschaftsminister und Finanzminister sind
plätze für die Studierenden an den wissenschaft-
sich bewußt, daß wir mit den bisher gewohnten
lichen Hochschulen finanziert werden können.
„klassischen" Methoden diesen Kraftakt, der prak-
Ich will aber keineswegs den Eindruck erwecken, tisch eine Verdoppelung des Anteils für Bildung und
daß das Gebiet der Bildung und Wissenschaft im Wissenschaft am Bruttosozialprodukt bedeutet, nicht
Bundeshaushalt 1970 oder in der Finanzplanung bis vollbringen können. Durch sogenannte Umschichtun-
1973 schon ausreichend berücksichtigt wäre. Wir alle gen in den Haushalten des Bundes und der Länder
kennen die Größenordnung dieser vordringlichen ist das notwendige Finanzvolumen ebensowenig
Aufgabe. Es ist bekannt, daß Herr Kollege Leussink freizusetzen. Wir müssen uns schon etwas Neues,
eine Steigerung der Aufwendungen für Bildung und sogar vielerlei Neues einfallen lassen, sowohl bei
Wissenschaft bis 1980, die von Bund, Ländern und der Finanzierung als auch bei deren Aufteilung
Gemeinden aufzubringen sind, von jetzt rund 25 zwischen Bund und Ländern. Die Bundesregierung
Milliarden DM im Jahr auf mindestens 50 Milliarden hofft, bald Lösungsvorschläge machen zu können.
DM im Jahr — nach heutigen Preisen; diese Ein- Dabei wird man sich immer wieder vor Augen zu
schränkung muß man hinzufügen — für notwendig halten haben, daß Jahrzehnte die gemäßen Zeit-
erachtet. Die in neuester Zeit bekanntgewordenen räume für die Planung in der Bildungspolitik sind.
Schätzungen des Deutschen Bildungsrates und des Auch das Zusammenfügen dieser langfristigen Pläne
Wissenschaftsrates gehen noch darüber hinaus. mit den mittelfristigen Finanzplänen des Bundes und
der Länder erfordert Denken in neuen Kategorien.
Gegenwärtig trägt der Bund einen Anteil von Ein Anfang ist nach meiner Meinung damit bei-
etwa 13 v. H. Wenn der Anteil des Bundes an der spielsweise im Fernstraßenbau gemacht worden.
Finanzierung dieser Aufgabe so gering bliebe,
würde das eine Zunahme bis 1980 auf etwa 7 Mil- Ein weiterer Schwerpunkt der Regierungsarbeit
liarden DM im Jahr bedeuten; das entspräche einem wird die Strukturpolitik sein. Durch eine ausge-
mittleren jährlichen Wachstum von etwa 8 v. H. Im glichene regionale Wirtschaftsstruktur muß die
Vergleich dazu kann sich der Zuwachs von 1969 auf Gleichheit der Chancen und Lebensverhältnisse für
1970 von rund 36 v. H. durchaus sehen lassen. Hier die Bürger in allen Teilen des Bundesgebietes wenig-
haben wir ein deutliches Signal gesetzt, aber auch stens annähernd erreicht werden. Das liegt auch im
nicht mehr. Interesse eines stetigen und angemessenen Wirt-
schaftswachstums, weil auf diese Weise Produktions-
Man kann wohl kaum davon. ausgehen, daß die reserven zu mobilisieren sind.
Verteilung der Aufwendungen für Bildung und Wis-
Die schon in den vergangenen Jahren erhöhten
senschaft zwischen dem Bund einerseits und den
Ländern und Gemeinden andererseits so bleiben Haushaltsansätze für die regionale Strukturpolitik,
insbesondere für die Förderung ländlicher Gebiete,
wird wie heute. Ich verweise als Beispiel auf die
von allen Seiten gewünschte Mitfinanzierung des wurden im Haushaltsentwurf 1970 beim Regional-
fonds noch einmal um nahezu die Hälfte auf rund
Bundes bei den Investitionen für die Pädagogischen
249 Millionen DM verstärkt. Dazu kommen noch die
Hochschulen und die Fachhochschulen.
1970 erstmals veranschlagten Ausgabeansätze für
Der vorgelegte Haushaltsplan mußte notgedrun- die Verbesserung der Wirtschaftsstruktur im Saar-
gen -- schon aus zeitlichen Gründen — vom bisheri- land und in der Westpfalz.
gen Verteilungssystem ausgehen. Innerhalb dieses
Die sektorale Strukturpolitik der Bundesregierung
Systems war keine andere Vorlage möglich, will
zugunsten einzelner Wirtschaftszweige ist insbeson-
man den Anspruch auf Solidität aufrechterhalten.
dere auf die Gesundung des Steinkohlenbergbaus
Ich bin mir aber bewußt, daß Bund und Länder, gerichtet. Trotz der gegenwärtigen günstigen Absatz-
also gemeinsam, recht bald aus dem vorgesehenen lage auf dem Kohlenmarkt erfordert der angestrebte
Gesamtbildungsplan ein Gesamtbildungsbudget ent- langfristige Strukturwandel weiterhin erhebliche
wickeln müssen. Bundesmittel. Im Haushaltsentwurf 1970 sind für
(Beifall bei der SPD.) Absatz- und Rationalisierungshilfen insgesamt 434
Millionen DM vorgesehen.
Erst dann ist eine vernünftige Fortschreibung des
Finanzplans des Bundes für diesen Bereich möglich. Zur Sicherung und Verbesserung der importab-
In den früheren Plänen wurden die vor uns stehen- hängigen Erdölförderung, vor allem zum Erwerb und
den Aufgaben der Bildungspolitik einfach verkannt. zur Erschließung von Erdölfeldern im Ausland durch
Wir hatten in den vergangenen 20 Jahren gewiß die deutsche Erdölindustrie, wird der Bund bis 1974
großartige Aufbauleistungen vorzuweisen; aber insgesamt 575 Millionen DM, davon 115 Millionen
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Februar 1970 1357
Bundesminister Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller
DM im Jahre 1970, bereitstellen. Weitere Bundes- ausgaben aufgewendet. Für die entsprechenden Lei-
mittel sind zur Steigerung der internationalen Wett- stungen im Jahre 1970 ist ein Betrag von 4,3 Mil-
bewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft u. a. auf liarden DM erforderlich. Diese hohen Förderungs-
dem Gebiet der Luftfahrt und der elektronischen- beträge müssen künftig vermögenspolitisch wirk-
Datenverarbeitung eingeplant. samer eingesetzt werden als bisher.
Für die Infrastruktur unseres Landes und für Um die Vermögensbildung dort zu aktivieren, wo
weiteres Wachstum der Wirtschaft ist der Ausbau sie besonders dringend ist, nämlich in den ein-
des Verkehrswesens von entscheidender Bedeutung. kommensschwachen Schichten, will die Bundes-
Die Bundesregierung wird deshalb das „Verkehrs- regierung das Zweite Vermögensbildungsgesetz
politische Programm" fortführen und im Bundes- schnellstens umgestalten und verbessern. Dadurch
haushalt 1970 für Verkehrsausgaben insgesamt 10,1 soll die Politik zur Förderung der Vermögens-
Milliarden DM bereitstellen. Hierzu kommen noch bildung wirksamer und gerechter werden. Das ur-
Kreditmittel in Höhe von 480 Millionen DM, für die sprüngliche Ziel des Gesetzes, vermögenswirksame
der Bund den Kapitaldienst übernimmt. Allein für Zuwendungen der Arbeitgeber zu veranlassen, ließe
die Finanzierung des Fernstraßenbaus sind 1970 sich damit endlich erreichen. In diesem Zusammen-
Aufwendungen von rund 4,4 Milliarden DM vorge- hang kommt den Tarifverträgen im öffentlichen
sehen, dazu Kredite der Öffa von 320 Millionen DM. Dienst, in denen erstmals vermögenswirksame Zu-
Für Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrs- wendungen vereinbart wurden, beispielgebende Be-
verhältnisse in den Gemeinden sind insgesamt 910 deutung zu.
Millionen DM veranschlagt.
Auch die Einrichtungen für den Luftverkehr, ins- Die Bundesregierung wird einen Gesetzentwurf
besondere die Flugsicherung, werden weiter aus- zur wirtschaftlichen Sicherung eines bedarfsgerecht
gebaut. Dafür sind 305 Millionen DM gegenüber gegliederten Systems leistungsfähiger Kranken-
204 Millionen DM im Vorjahr vorgesehen. häuser vorlegen. Der Bund soll sich an den Inve-
stitionen für Krankenhäuser durch Übernahme eines
Eine systematische Vorausschau und Planung in Teils des Schuldendienstes beteiligen. Von 1971 bis
der Raumordnung, im Städtebau und im Wohnungs- 1973 sind dafür insgesamt 118 Millionen DM vor-
wesen sind zwingende Aufgaben der siebziger Jahre. gesehen. Damit kann der Schuldendienst für Inve-
Deshalb wurde der Regierungsentwurf eines Städte- stitionskosten von über 1 Mrd. DM finanziert
bauförderungsgesetzes den gesetzgebenden Körper- werden.
schaften bereits vorgelegt. Die Bundesregierung
hofft, daß dieses Gesetz noch 1970 in Kraft treten Von den übrigen Maßnahmen der Gesundheits-
und Maßnahmen zur Städtesanierung und Dorfer- politik, für die in den Haushalt und in den Finanz-
neuerung ab 1971 möglich machen wird. Im Finanz- plan erhebliche Beträge eingestellt wurden, nenne
plan sind für die Jahre 1971 bis 1973 zunächst einmal ich den Bereich der medizinischen Forschung, ins-
insgesamt 275 Millionen DM veranschlagt; nimmt besondere der Krebsforschung.
man die Verpflichtungsermächtigungen hinzu, so er-
höht sich dieser Betrag auf 450 Millionen DM. Für zentrale Sportförderungsmaßnahmen sind die
Mittel gegenüber dem Vorjahr erheblich erhöht
Gezielte Vermögensbildungspolitik wird ein wei- worden. Auch für den Ausbau von Stadien für die
terer Schwerpunkt der Arbeit dieser Bundesregie- Fußball-Weltmeisterschaft 1974 haben wir Bundes-
rung sein. Trotz der Debatte zu diesem Punkt am mittel vorgesehen.
gestrigen Tage lassen Sie mich hervorheben: Die
Bundesregierung vertritt die Auffassung, daß die Eine Erhöhung der Aufwendungen für die Olym-
Vermögensbildung in breiten Schichten unzurei- pischen Sommerspiele 1972 ist wegen der inzwi-
chend ist. Dies gilt vor allem für die Vermögens- schen eingetretenen Kostensteigerungen nicht zu
bildung in Arbeitnehmerhand. Die Feststellung in vermeiden. Nach eingehender Prüfung hat die Bun-
Art. 20 Abs. 1 des Grundgesetzes „Die Bundesre- desregierung — unter dem ausdrücklichen Vor-
publik Deutschland ist ein demokratischer und so- behalt der parlamentarischen Zustimmung — eine
zialer Bundesstaat" verpflichtet uns, wirksamere Steigerung des ursprünglich vorgesehenen Kosten-
Maßnahmen als bisher zu treffen. anteils des Bundes von einem Drittel auf die Hälfte
der Investitionskosten in Aussicht gestellt, soweit
Die Vermögensbildung wird zwar schon seit vielen sie nicht durch Sonderfinanzierung gedeckt werden
Jahren unter Einsatz erheblicher öffentlicher Mittel können.
gefördert. Diese Mittel sind jedoch in zu starkem
Maße Schichten mit hohem Einkommen zugute ge- Die Sozialleistungen des Bundes stellen den
kommen. größten Ausgabenblock im Bundeshaushalt 1970
(Beifall bei der SPD.) dar.
Bund und Länder gemeinsam haben in den Jahren Für die Kriegsopferversorgung sind — wie ich
1950 bis 1969 für die Vermögensbildung im enge- schon an anderer Stelle erwähnt habe — 1970 zu-
ren Sinne — d. h. ohne steuerliche Begünstigung sätzlich 938 Millionen DM vorgesehen. Hinzu kom-
nach § 7 b des Einkommensteuergesetzes, ohne die men in den folgenden Jahren die Mehrleistungen
Leistung für Lebensversicherungen und ohne die wegen der vom Deutschen Bundestag einstimmig
Grundsteuervergünstigungen nach dem 1. und beschlossenen Dynamisierung der Kriegsopfer
2. Wohnungsbaugesetz — 23,8 Milliarden DM in renten. Sie sind im Finanzplan berücksichtigt. Die
Form von Steuermindereinnahmen oder Haushalts Ausgaben für die Kriegsopfer werden 1970 rund
1358 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Februar 1970

Bundesminister Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller


! 7,2 Milliarden DM betragen und bis 1973 auf rund Die am integrierten Verteidigungsprogramm
8,2 Milliarden DM steigen. der NATO beteiligten Verbündeten hielten es
übereinstimmend für äußerst wichtig, daß wäh-
Im Bereich des Lastenausgleichs ist in diesem rend einer Zeit der Verhandlungen das Vertei-
Jahr beabsichtigt, die Unterhaltshilfe an die wirt- digungspotential der Allianz nicht geschwächt
schaftliche Entwicklung anzupassen. und keine verfrühten Erwartungen einer Bei-
Einen weiteren bedeutsamen Posten bilden die legung offener Fragen ausgelöst werden dürfen.
Leistungen für die Träger der gesetzlichen Renten- Die Aufrechterhaltung einer wirksamen Vertei-
versicherungen. Von 1972 an werden die Kürzungen digung ist ein stabilisierender Faktor und not-
der Bundeszuschüsse an die Rentenversicherungen, wendige Voraussetzung für eine wirksame Ent-
die durch das Finanzänderungsgesetz 1967 vor- spannungspolitik.
genommen wurden, im wesentlichen wegfallen. Die Diese Erklärung entspricht auch meiner Auffassung.
Zuschüsse entsprechen dann wieder der Entwicklung
der Löhne. 1970 und 1971 werden sie 7,16 und Zur Erhöhung des Verteidigungshaushalts darf
7,68 Milliarden DM betragen; sie steigen 172 auf ich deshalb noch folgendes bemerken:
9,6 und 1973 auf 10,36 Milliarden DM. Erstens. Die Planung der NATO, der wir — wie
die anderen Partner auch — zugestimmt haben, geht
Schließlich leistet der Bund einen wesentlichen
finanziellen Beitrag zur Lohnfortzahlung an Arbei- von der Annahme aus, daß die Verteidigungsaus-
ter im Krankheitsfalle. Um die Gleichstellung der gaben in den Jahren 1971 his 1975 allgemein maß-
Arbeiter mit den Angestellten auch in mittelstän- voll steigen.
dischen Unternehmen zu gewährleisten, ist bis 1973 Zweitens: Unser Voranschlag für 1970 berück-
eine Übergangshilfe von 525 Millionen DM vor- sichtigt die von der vorigen Bundesregierung einge-
gesehen. gangenen und von uns zu respektierenden Ver-
pflichtungen.
Entgegen der Absicht der Regierung der ehe-
maligen Großen Koalition, die Erhöhung der Kinder- Drittens. Mit den für 1970 vorgesehenen Beträgen
geldleistungen erst zum 1. Juli 1972 vorzunehmen, ist es möglich, Kostensteigerungen aufzufangen.
soll dies nunmehr bereits zum 1. Oktober 1970 Die kritische Bestandsaufnahme, die Herr Kollege
geschehen. Schmidt durchführt, wird innerhalb des Verteidi-
gungshaushalts später sicher noch einige Verschie-
Für das am 1. Juli 1970 in Kraft tretende Ausbil- bungen erfordern, vor allem zugunsten der Trup-
dungsförderungsgesetz sind im Haushaltsentwurf penfürsorge.
rund 200 Millionen DM veranschlagt.
Angesichts der Vergrößerung des Verteidigungs-
Im Finanzplan bis 1973 ist — mit einem Gesamt- haushalts auf eine Vergrößerung der Bundeswehr
ansatz von 2,5 Milliarden DM — der für 1971 ange- schließen zu wollen, wäre falsch. Die gesteigerten
kündigte weitere Ausbau der Ausbildungsförderung Aufwendungen sind erforderlich, um die erreichte
im Rahmen des finanziell Möglichen berücksichtigt. Verteidigungskraft der Bundeswehr zu bewahren.
Da innere Reformen nur verwirklicht werden kön- Diese Tatsache zu sehen, ist notwendig, um ge-
nen, wenn die äußere Sicherheit unseres Landes wissen Tendenzen in den Vereingten Staaten, Trup-
gewährleistet ist, wird die Bundesregierung auch pen aus Europa abzuziehen, entgegenzuwirken. Ich
künftig ihren Beitrag zu den gemeinsamen Sicher- bedauere, daß einige öffentliche Stellungnahmen
heitsanstrengungen der Mitgliedstaaten des Bünd- aus Kreisen, die nicht zur Regierungskoalition ge-
nisses leisten. hören, in den USA leider den irreführenden Ein-
druck erweckt haben, als besäßen wir einen Duka-
Lassen Sie mich zum Verteidigungshaushalt an die
tenesel.
Regierungserklärung vom 28. Oktober 1969 erinnern,
(Abg. Wehner: Hört! Hört!)
in der es heißt:
Man darf nicht unverantwortliche Andeutungen
Wir werden deshalb in und gegenüber dem machen, die bei anderen unerfüllbare Hoffnungen
Bündnis die bisherige Politik fortsetzen und er- erwecken.
warten dies auch von unseren Bündnispartnern
(Beifall hei den Regierungsparteien. — Sehr
und von ihren Beiträgen zur gemeinsamen
richtig! bei der CDU/CSU.)
Sicherheitspolitik und zu den vereinbarten ge-
meinsamen Sicherheitsanstrengungen. Wir wollen unsere Verpflichtungen gegenüber der
NATO erfüllen. Unseren Beitrag zur gemeinsamen
Die Bundesregierung ist der Überzeugung, daß die
Verteidigung zu reduzieren, hätte sehr uner-
Bundesrepublik Deutschland mit dem vorliegenden
wünschte Folgen. Sie könnten nicht zuletzt die
Verteidigungshaushalt in Höhe von 20,35 Milliarden
Politik, eine ausgewogene Truppenreduzierung in
DM diesen Beitrag in angemessenem Umfang leistet.
Ost und West zu erreichen, beeinträchtigen.
Er geht um 6,8 v. H. über den vergleichbaren Ansatz
im Bundeshaushalt 1969 — unter Berücksichtigung Die Sicherung der Lebensfähigkeit Berlins gehört
der methodischen Umrechnung hinaus, bleibt aber zu den selbverständlichen Verpflichtungen jeder
unter der allgemeinen Zuwachsrate. Der Vertei- Bundesregierung. Der Bund wird — wie in der
digungshaushalt wird dem Beschluß der Außen- Vergangenheit — auch weiterhin Finanzhilfen zur
und Verteidigungsminister vom April 1969 voll ge- Verfügung stellen und ständig bemüht bleiben,
recht, aus dem ich zitieren möchte: seine Verbundenheit gegenüber einer Bevölke-
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Februar 1970 1359
Bundesminister Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller
rung unter Beweis zu stellen, die unter schwie- ses konnte das deutsche Verhandlungsziel erreicht
rigsten Bedingungen Lebensmut, Freiheitswillen werden.
und Zuversicht bekundet. - Meine Damen und Herren, Europa hat seinen
(Beifall bei den Regierungsparteien.) Preis; das wissen wir. Diese Feststellung findet auch
ihren Niederschlag im Bundeshaushalt.
Zahlen allein drücken nicht aus, was wir Berlin
wirklich schulden. Am Anfang der Brüsseler Verhandlungen stand
die Agrarfinanzierung im Vordergrund. Europa ist
(Sehr gut! bei der CDU/CSU.) aber mehr als eine Agrargemeinschaft. Daher wurde
Eine Zusammenarbeit mit den Staaten Afrikas, die neue Finanzverfassung der europäischen Ge-
Lateinamerikas und Asiens ist unverzichtbarer Be- meinschaften beschlossen, für die jedes Mitglieds-
standteil der Friedenspolitik der Bundesrepublik land unter Berücksichtigung aller vorhandenen
Deutschland. Der Entwicklungshilfe kommt hierbei Interessen seinen angemessenen Beitrag zu leisten
eine besondere Bedeutung zu. hat.
Wir haben dabei Begrenzungen der Belastung
Im Haushaltsentwurf 1970 sind die Ansätze für
durchsetzen können, die sicherstellen, daß unser Ge-
Entwicklungsprojekte auf 2,54 Milliarden DM er-
samtbeitrag im Durchschnitt der Jahre 1970 bis
höht. Darüber hinaus soll die vorgesehene Er-
höhung der Verpflichtungsermächtigungen auf einschließlich 1974 32 v. H. nicht überschreitet.
1,41 Milliarden DM bei der Kapitalhilfe und auf Die im Jahre 1970 erforderlichen Ratifizierungs-
330 Millionen DM bei der Technischen Hilfe eine verfahren werden dem Deutschen Bundestag Gele-
sachgerechte Planung für die kommenden Haus- genheit geben, die Verhandlungsergebnisse zu de-
haltsjahre erleichtern. battieren. und darüber zu beschließen.
Diesen Leistungen muß man neben den Ausgaben Lassen Sie mich schon jetzt einige Resultate nen-
der Bundesländer auch die Gewährleistungen hin- nen, die besondere Bedeutung für den Bundeshaus-
zurechnen, die im Außenwirtschaftsverkehr überwie- halt haben.
gend Entwicklungsländer begünstigen.
Erstens. Daß Finanzbeiträge der Mitgliedstaaten
Nun noch ein notwendiges Wort zur EWG. durch eigene Einnahmen der Gemeinschaften von
Nach langwierigen Verhandlungen hat der Mini- 1971 an ersetzt werden sollen, entspricht dem deut-
sterrat am 7. Februar in Brüssel Beschlüsse zur schen Wunsch, die europäischen Gemeinschaften
Vollendung der Europäischen Gemeinschaft gefaßt. finanziell auf eigene Füße zu stellen. Sie sollen nicht
Damit wird der Weg frei für Verhandlungen mit länger „Kostgänger" der Mitgliedstaaten bleiben.
j beitrittsbereiten Ländern. Der Übergang zur Finanzierung allein durch eigene
Einnahmen wird sich bis 1975 in drei Etappen voll-
In Brüssel ging es um das immer schwierige Aus- ziehen.
pendeln gewichtiger finanzieller und wirtschaftlicher
nationaler Interessen. Zweitens. Mit der Übertragung eigener Einnah-
men werden die Haushaltsbefugnisse des Euro-
Die französische Regierung wollte die Finanzie- päischen Parlaments verstärkt. In der Endphase soll
rung der gemeinsamen Agrarpolitik auf Dauer dann das Europäische Parlament das „letzte Wort"
sichergestellt sehen. Sie konnte sich dabei auf Art. 2 im Haushaltsverfahren sprechen.
der Verordnung 25 berufen, in dem bereits im Jahre Drittens. Die Finanzierung der gemeinsamen
1962 der Grundsatz der gemeinsamen finanziellen Agrarpolitik hat den Bundeshaushalt in der Ver-
Verantwortung für die EWG-Agrarpolitik festgelegt gangenheit erheblich belastet und wird — darüber
worden war. sollte man sich keine Illusionen machen — auch in
Die italienische Regierung bestand auf gleich- Zukunft erhebliche finanzielle Leistungen von uns
zeitiger Beschlußfassung über eine Marktorgani- verlangen. Man hat in den letzten Monaten oft da-
sation für Rohtabak und Wein, deren Einführung von gesprochen, daß die Bundesregierung bei der
der Ministerrat was in der Diskussion der letzten Neuregelung der EWG-Agrarfinanzierung eine
Wochen übersehen worden ist — bereits am grundsätzliche Änderung durchsetzen müsse. Wer
10./11. Mai 1966 einstimmig beschlossen hatte. das fordert, übersieht, daß bereits 1962 die Weichen
gestellt wurden, als der EWG-Ministerrat in der
(Abg. Krammig: Mit Monopol!)
Finanzverordnung Nr. 25 den Grundsatz der gemein-
-- Mit Monopol, ja; Sie müssen aber auch unsere schaftlichen Finanzierung der EWG-Agrarmarktord-
Stellung berücksichtigen und an das Branntwein- nungen beschloß.
monopol sowie an die Betriebe denken, gerade die Eine Begrenzung der Kosten der EWG-Agrar-
kleinen und mittleren, die von diesem Branntwein- politik — auch das muß klar herausgestellt wer-
monopol berührt sind. Daß wir deshalb in der Mo- den - kann nicht allein durch Finanzverordnungen
nopolfrage sehr vorsichtig operieren mußten, wer- erreicht werden. Die Begrenzung hat vielmehr dort
den Sie mir zugestehen. anzusetzen, wo die kostenverursachenden Tatbe-
Die Bundesregierung wollte die finanziellen Be- stände geschaffen wurden, also im Agrarmarktord-
lastungen der Bundesrepublik in Grenzen halten und nungsrecht. Hier muß man sich mit Nachdruck um
gemeinsam mit den Benelux-Ländern die Haushalts- eine Sanierung der Agrarmärkte in der Gemein-
befugnisse des Europäischen Parlaments gestärkt schaft bemühen. Dazu haben sich die Regierungen
sehen. Im Rahmen eines ausgewogenen Kompromis im Kommuniqué der Gipfelkonferenz von Den Haag
1360 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Februar 1970

Bundesminister Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller


und durch den Beschluß vom 6. Februar 1970 im Staat sich scheut, seine Infrastrukturinvestitionen
Ministerrat ausdrücklich bekannt. Die Bundesregie- mit Krediten zu finanzieren — wie es bei gleich-
rung weiß, daß ausgewogene Lösungen- dieses bleibender Steuerquote allein möglich und im übri-
schwierigen Problems nur allmählich heranreifen gen auch sinnvoll ist?
können und daß die Interessen der deutschen Land- (Beifall bei der SPD.)
wirtschaft in ausreichendem Maße zu berücksichtigen Die Bundesregierung weiß selbstverständlich, daß
sind. hinsichtlich der Staatsverschuldung Grenzen beste-
Wo bei den Verhandlungen noch Spielraum war, hen. Diese Grenzen hat sie im Finanzplan in den
haben wir unsere Möglichkeiten genutzt. So ist die Kreditansätzen eingehalten. Die Neuverschuldung
EWGauchkünftigrdeKo ungr steht in Übereinstimmung mit der mittelfristigen
Agrarstrukturpolitik zuständig. Dieses Prinzip wurde Geldvermögensrechnung. In dieser Rechnung sind
im Verordnungstext eindeutig anerkannt. Daher wir davon ausgegangen, daß die Sparfähigkeit brei-
bleibt der Haushaltsansatz der Gemeinschaft auf ter Bevölkerungsschichten durch die allgemeine
den bisher gültigen Betrag von 285 Millionen Rech- Einkommensentwicklung sowie durch Maßnahmen
nungseinheiten — gleich 1043 Millionen DM — be- einer verstärkten Vermögensbildung weiter ver-
grenzt. Wir haben mit großer Hartnäckigkeit, aber bessert wird und sich das Angebot an den Kredit-
auch mit Erfolg diesen Plafond weiterhin gesichert. märkten dadurch erhöht.
Ich kann das deswegen mit Genugtuung hervor- Die vorgesehene verstärkte Kreditfinanzierung
heben, weil ich an den Schlußverhandlungen nicht der Bundesausgaben ist auch aus der Sicht der Zins-
beteiligt war und weil es daher mit ein Verdienst belastung des Bundeshaushalts vertretbar. Sie wird
von Herrn Staatssekretär Dr. Emde ist, daß wir ein bis 1973 nicht über 3,7 v. H. der Gesamtausgaben
solches Ergebnis vorweisen können. steigen und somit zu keiner wesentlichen Einen-
gung der Budgetgestaltungsmöglichkeiten führen,
(Beifall bei den Regierungsparteien.)
jedenfalls sicherlich nicht zu jener krisenhaften Zu-
Meine Damen und Herren, damit habe ich die spitzung, in die uns eine ungeplante Finanzpolitik
Schwerpunkte des Bundeshaushalts 1970 und des in der ersten Hälfte der 60er Jahre geführt hat,
Finanzplans für die Jahre 1969 bis 1973 dargelegt. eine Politik, die in der Entwicklung einer angemes-
Lassen Sie mich nun zum Schluß einige wenige senen Infrastruktur die Zukunft nicht zu meistern
Bemerkungen zur Finanzierungsseite machen. Die im vermocht hat.
Finanzplan vorgesehenen Bundesausgaben werden (Beifall bei der SPD.)
sich ohne Erhöhung der volkswirtschaftlichen Steuer- Noch ein Wort zu der Forderung, die Struktur
quote finanzieren lassen. Dies ist allerdings nur des Bundeshaushalts so zu ändern, daß der Anteil
dann möglich, wenn Bundesausgaben stärker aus der Investitionsausgaben zunimmt. Nach den An-
Krediten finanziert werden. sätzen im Finanzplan werden die investiven Ausga-
ben von rund 12,1 Milliarden DM in 1969, das sind
Die Bundesregierung hält mittelfristig eine Kredit-
knapp 15 v. H. des Haushaltsvolumens, auf rund
aufnahme des Bundes für notwendig und vertretbar,
16 Milliarden DM im Jahre 1973 steigen, also um
die höher ist, als im alten Finanzplan vorgesehen.
durchschnittlich jährlich 7 v. H. Dabei ist zu berück-
Die Neuverschuldung des Bundes wird 1971 rund
sichtigen, daß die Struktur des Bundeshaushalts
4 Milliarden DM, 1972 rund 5,5 Milliarden DM und
weitgehend von der Aufgabenverteilung zwischen
1973 rund 8 Milliarden DM betragen. Nur 1970 wird
Bund, Ländern und Gemeinden bestimmt wird. Der
der Bund, solange die Sperre besteht, keine neuen
größte Teil der öffentlichen Investitionen entfällt
Kredite aufnehmen.
auf die Länder und 'insbesondere auf die Gemein-
Schon vor Jahren haben wir uns von den alten den. Dieser Tatsache hat auch die Finanzreform
Grundsätzen einer objektbezogenen Schuldenpolitik Rechnung getragen. Demgegenüber sind fast die
gelöst. Der Gesetzgeber hat diese Wandlung im Hälfte der Ausgaben des Bundes ökonomisch „Ein-
Rahmen der Haushaltsrechtsreform des Jahres 1969 kommensübertragungen". Die Umstrukturierung des
— und zwar mit Verfassungsrang in Art. 115 des Bundeshaushalts hat also zwangsläufig Grenzen.
Grundgesetzes — deutlich bestätigt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich
Wann und wieviel der Staat Kredit aufnimmt komme zum Schluß. Ich habe mich bei meinen Aus-
oder tilgt, wird nicht mehr nur von seinem Finanz- führungen auf die Darstellung der wesentlichen
bedarf, sondern auch von den Notwendigkeiten der Überlegungen der Bundesregierung für die Aufstel-
Wirtschaftspolitik bestimmt. Grundsätzlich müssen lung des Entwurfs des Haushaltsplanes 1970/71 und
dem Staat die volkswirtschaftlichen Kapitalquellen des Finanzplans bis 1973 beschränkt. Ich wollte Sie
ebenso zur Verfügung stehen wie den privaten Un- nicht mit Detailzahlen belasten. Das Zahlenmaterial
ternehmen, denn öffentliche Investitionen sind zwar finden Sie in den Haushaltsplänen der Ressorts, im
anderer Art, aber nicht weniger bedeutsam als pri- Finanzplan und im Finanzbericht 1970.
vate und außerdem gesamtwirtschaftlich notwendig.
Bei der teilweise überraschenden „Erblast", welche
Der Bedarf an verbesserter Infrastruktur ist heute die Bundesregierung vorfand, war es nicht möglich,
nicht Folge, sondern Voraussetzung des Wirt- schon jetzt alle politischen Ziele, die in der Regie-
schaftswachstums. rungserklärung vom 28. Oktober 1969 genannt sind,
(Beifall bei der SPD.) ausreichend zu berücksichtigen. Ich bin aber der
Sollen etwa die privaten Unternehmen in ihrer In festen Überzeugung, daß es gelungen ist, mit dem
vestitionsbereitschaft gehemmt sein, nur weil der Entwurf des Bundeshaushalts 1970 den Erfordernis-
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Februar 1970 1361
Bundesminister Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller
sen der Stabilität und des Wachstums der Wirt- — Es wird beantragt, den Ausschuß für Arbeit und
chaft zu entsprechen. Gleichzeitig bedeutet dieses Sozialordnung als mitberatenden Ausschuß zu be-
Budget das Startzeichen für die inneren Reformen,
- teiligen. Ist das Haus einverstanden? — Kein Wider-
die sich diese Bundesregierung vorgenommen hat. spruch; es ist so beschlossen.
Das Hohe Haus möge sich kritisch mit dem Haus-
haltsentwurf und mit dem Finanzplan beschäftigen. Wir kommen zu Punkt 5:
Die Bundesregierung ist jedem Vorschlag gegenüber
aufgeschlossen, der ohne Gefährdung der finanzwirt- Erste Beratung des von den Fraktionen der
schaftlichen Solidarität den dargestellten Zielen der SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Zwei-
wirtschaftlichen Stabilität und des gesellschaftlichen ten Gesetzes zur Änderung des Bundes-Seu-
Fortschritts noch besser dienen würde. chengesetzes
(Anhaltender lebhafter Beifall bei den Re — Drucksache VI/387 -
gierungsparteien.)
Auch hier wird das Wort nicht gewünscht. Der
Ältestenrat schlägt Überweisung an den Ausschuß
Vizepräsident Dr. Schmid: Meine Damen und für Jugend, Familie und Gesundheit als federführen-
Herren! Das Haushaltsgesetz 1970 und der Finanz-
den Ausschuß und an den Ausschuß für Arbeit und
plan des Bundes 1969 bis 1973 sind eingebracht.
Sozialordnung zur Mitberatung vor. — Kein wei-
Nach der Vereinbarung der Fraktionen, die vom terer Antrag? — Kein Widerspruch? — Dann ist so
Ältestenrat gutgeheißen wurde, soll die Aussprache
beschlossen.
morgen um 9 Uhr beginnen. Bis dahin wird die Bera-
tung zu Punkt 2 ausgesetzt.
Ich rufe Punkt 6 der Tagesordnung auf:
Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf: Beratung des Antrags der Fraktionen der
Erste Beratung des von der Bundesregierung CDU/CSU, SPD, FDP
eingebrachten Entwurfs eines Verwaltungs- betr. Mitglieder und Stellvertreter des Ver-
kostengesetzes (VwKostG) waltungsrats der Filmförderungsanstalt
— Drucksache VI/330 — — Drucksache VI/369 —
Das Wort wird weder von der Bundesregierung
noch aus dem Hause gewünscht. Der Ältestenrat Meine Damen und Herren, ich muß hier um Ihre
schlägt Überweisung an den Innenausschuß vor. Ist Aufmerksamkeit bitten, denn Sie haben jetzt einen
das Haus einverstanden? — Ich höre keinen Wider- Wahlakt vorzunehmen. Vorgeschlagen sind von der
spruch; es ist so beschlossen. CDU/CSU Dr. Wörner und Dr. Huys als ordentliche
Mitglieder, Wohlrabe und Frau Geisendörfer als
Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf: Stellvertreter, von der SPD Dr. Meinecke (Hamburg)
und Raffert als ordentliche Mitglieder sowie Len-
Erste Beratung des von der Bundesregierung
ders und Schulte (Unna) als Stellvertreter und von
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur
der FDP als ordentliches Mitglied Dorn, als Stell-
Änderung von Kostenermächtigungen, sozial-
vertreter Moersch. Keine weiteren Anträge? —
versicherungsrechtlichen und anderen Vor-
Keine Änderungsanträge? — Erhebt sich Wider-
schriften (Kostenermächtigungs-Änderungsge-
spruch? — Enthaltungen? — Ich stelle einmütige
setz)
Annahme des Vorschlages fest.
— Drucksache VI/329 —
Damit ist die Tagesordnung erschöpft. Ich berufe
Das Wort wird nicht gewünscht. Der Ältestenrat den Bundestag auf morgen, Donnerstag, 19. Februar,
schlägt Überweisung an den Innenausschuß als feder- 9 Uhr, ein.
führenden Ausschuß und an den Rechtsausschuß vor.
Die Sitzung ist geschlossen.
(Abg. Ruf: Zur Mitberatung auch an den
Arbeits- und Sozialausschuß!) (Schluß der Sitzung: 16.26 Uhr.)
Deutscher Bundestag - 6. Wahlperiode - 30. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Februar 1970 1363

Anlagen zum Stenographischen Bericht


- 1
Anlage dung in verschiedenen Formen des Dauerlauf
- und Circuittrainings besonderes Gewicht zu ge-
Liste der beurlaubten Abgeordneten ben. Dabei sind methodische und sportmedizi-
nische Erkenntnisse zu beachten. Dadurch werden
Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich die Voraussetzungen geschaffen, diese Trainings-
methoden in der Sportausbildung bei der Truppe
Beurlaubungen durchführen zu können.
Adorno 20. 2.
20. 2. 2. Durchführung einer Sportstunde täglich im ersten
Dr. Barzel
28. 2. Monat der Allgemeinen Grundausbildung, wenn
Dr. Bayerl
28. 2. es die dienstlichen oder organisatorischen Mög-
Berlin
28. 2. lichkeiten bei der Ausbildungseinheit zulassen
Biechele
31. 3. (sonst 3 x 90 Minuten Sportausbildung in der
Burgemeister
Dr. Dittrich * 20. 2. Woche).
Dohmann 31. 3.
3. Aufnahmt von Trainingsprogrammen über Dauer-
Dröscher * 19. 2.
lauf- und Circuittraining in der Neufassung der
Frehsee 28. 2.
ZDV 3/10, mit deren Bearbeitung die Sportschule
Geldner 6. 3.
der Bundeswehr beauftragt ist.
Freiherr von und zu Guttenberg 20. 2.
von Hassel 28. 2. Erfahrungsberichte liegen bis jetzt noch nicht vor.
Hauck 28. 2.
Jacobi (Köln/Iserlohn) 28. 2.
Kater 20. 2.
Kleinert 18. 2.
Kriedemann * 19. 2. Anlage 3
Lucke (Bensberg) 28. 2.
Memmel * 20. 2. Schriftliche Antwort
Müller (Aachen-Land) * 20. 2.
Müller (Remscheid) 18. 2. des Parlamentarischen Staatssekretärs Berkhan vorn
Frau Dr. Orth 19. 2. 18. Februar 1970 auf die Mündliche Frage des Ab-
Dr. Pohle 28. 2. geordneten Dr. Kreutzmann (Drucksache VI/381
Dr. Prassler 20. 2. Frage A 135) :
Kicharts * 19. 2 Welche Möglichkeit sieht die Bundesregierung für Berufsunter-
Schröder (Sellstedt) 6. 3. offiziere, während ihrer Dienstzeit die mittlere Reite nachzuholen,
um so die Möglichkeit zu haben, in die Lautbahn der Offiziere
Stücklen 18. 2. des militärfachlichen Dienstes aufsteigen zu kunnen?
Dr. Freiherr von Weizsäcker 20. 2.
Die Laufbahnbestimmungen verlangen vor der
Zulassung zu der dreijährigen Ausbildung für die
*Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Euro-
päischen Parlaments
Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes
den Nachweis der mittleren Reife oder eines ent-
sprechenden Bildungsstandes. Es ist selbstverständ-
lich, daß auch Unteroffiziere mit Volksschulbildung
der Zugang zur Laufbahn des militärfachlichen Dien-
Anlage 2 stes nicht verschlossen sein darf. Im Bundesministe-
rium der Verteidigung wird deshalb die Einrichtung
Schriftliche Antwort von Bildungslehrgängen geplant, die allen geeigne-
ten Unteroffizieren die mittlere Reife oder einen
des Parlamentarischen Staatssekretärs Berkhan vom entsprechenden Bildungsstand vermitteln. Dabei sol-
18. Februar 1970 auf die mündliche Frage des Abge len alle bisherigen Bildungsmaßnahmen wie Volks-
ordneten Schirmer (Drucksache VI/381, Frage A131): schule, Lehre eines Berufs, Berufsschule, militärische
Welche Folgerungen wurden aus dem für das Bundesverteidi- Verwendungslehrgänge mit fachlich bestimmten all-
gungsministerium erarbeiteten Untersuchungsbericht des Institutes
lür Kreislaufforschung und Sportmedizin über Möglichkeiten zur gemeinbildenden Akzenten, z. B. naturwissenschaft-
Steigerung des körperlichen Leistungsvermögens von Rekruten liche Fächer in der technischen Spezialausbildung
gezogen und welche Erfahrungen gewonnen?
oder Fremdsprachenausbildung, Lehrgänge zur Aus-
Die Untersuchungen der Institute für Sportmedi- bildung zum Unterführer und Teilnahme an dienst-
zin Münster, Köln und Freiburg hatten ergeben, daß lichen Weiterbildungsmaßnahmen zu einem ein-
im Kompaniesport der Bundeswehr Kreislauf- und heitlichen, durch einen allgemeinbildenden Lehr-
Muskeltraining in Form des Dauerlauf- und Cir- gang ergänzten und durch eine Prüfung abgeschlos-
cuittrainings beachten werden müssen. senen Bildungsgang zusammengefaßt werden. Im
Einzelfall besteht die Möglichkeit, bei Vorliegen
Als Folgerung der Untersuchungsergebnisse einer dienstlichen Notwendigkeit Berufsunteroffi-
wurde angeordnet: ziere zu Lehrgängen der Bundeswehrfachschule zu
1. In den Lehrgängen bei der Sportschule der Bun- kommandieren, wenn dort Lehrgangsplätze vorhan
deswehr (Sportleiterlehrgänge) ist der Ausbil den sind. Das ist bisher immer der Fall gewesen.

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