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30. Sitzung
Inhalt:
Fragen der Abg. Rasner und Dr. Schober: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von
Kostenermächtigungen, sozialversiche-
Beteiligung der Bundesrepublik an der rungsrechtlichen und anderen Vorschrif-
Entwicklung des Raumtransporter ten (Kostenermächtigungs-Änderungsge-
systems setz) (Drucksache VI/329) — Erste Bera-
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer tung — 1361 B
Staatssekretär 1343 C, 1344 A, B, C, D,
1345 A, B, C Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Ände-
Rasner (CDU/CSU) 1344 A rung des Bundes-Seuchengesetzes (SPD,
FDP) (Drucksache VI/387) — Erste Bera-
Dr. Schober (CDU/CSU) 1344 C, 1345 A, B tung — 1361 C
Raffert (SPD) 1344 C, 1345 C
Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD,
Moersch (FDP) 1344 D
FDP betr. Mitglieder und Stellvertreter
des Verwaltungsrats der Filmförderungs-
Fragen des Abg. Moersch: anstalt (Drucksache VI/369) 1361 C
Betriebswirtschaftliche und organisato-
rische Prüfungen im Kernforschungs- Nächste Sitzung 1361 D
zentrum Karlsruhe
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer
Anlagen
Staatssekretär 1345 D, 1346 B, C, D
Moersch (FDP) 1346 B, C Anlage 1
Liste der beurlaubten Abgeordneten 1363 A
Frage des Abg. Richter:
Europäisches Raumforschungsprogramm Anlage 2
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Schriftliche Antwort auf die Mündliche
Staatssekretär 1346 D, 1347 B Frage des Abg. Schirmer betr. Folgerun-
gen aus dem Untersuchungsbericht des
Richter (SPD) 1347 B
Instituts für Kreislaufforschung und Sport-
medizin 1363 B
Frage des Abg. Wurbs:
Benachteiligung von Absolventen des Anlage 3
Wehrdienstes bei der Immatrikulation Schriftliche Antwort auf die Mündliche
an Universitäten Frage des Abg. Dr. Kreutzmann betr. Er-
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer werb der mittleren Reife durch Berufs-
Staatssekretär 1347 B unteroffiziere während der Dienstzeit 1363 C
Deutscher Bundestag -- 6. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Februar 1970 1335
30. Sitzung
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäfts- Herr Kollege Dr. Haack zu einer Zusatzfrage.
bereich des Bundesministers für innerdeutsche Be-
ziehungen. Zunächst rufe ich die Frage 2 des Abge-
ordneten Dr. Haack auf: Dr. Haack (SPD) : Herr Staatssekretär, darf ich
Welche weiteren Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, die aus Ihrer Antwort schließen, daß Sie mit mir darin
Kenntnisse in der Bundesrepublik Deutschland über die Ent- übereinstimmen, ,daß die Information über die Ent-
wicklung in der DDR zu erweitern?
wicklung in der DDR bei uns in der Bundesrepublik
Zur Beantwortung steht der Herr Parlamentarische bisher unzureichend gewesen ist?
Staatssekretär Herold zur Verfügung. Bitte schön!
Herold, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Herold, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen: Herr
Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen: Herr Kollege Dr. Haack, wir müssen sie dringend weiter-
Präsident! Ich darf die Frage wie folgt beantworten. entwickeln und verbessern.
Die Bundesregierung sieht in der Erweiterung der
Kenntnisse durch objektive Unterrichtung unserer
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
-
Bevölkerung über die Entwicklung in der DDR eine
Ich rufe die Frage 3 des Herrn Kollegen Dr. Haack
wichtige und dringende Aufgabe. Die dem Bundes-
auf:
minister für innerdeutsche Beziehungen zur Verfü- Wird die Bundesregierung darauf hinwirken, daß in der
gung stehenden Möglichkeiten erstrecken sich, kurz politischen Bildungsarbeit — vor allem in der Schule — die
Information über die Entwicklung in der DDR einen wichtigen
zusammengefaßt, auf folgende Bereiche: Platz erhält und an den Hochschulen der Bundesrepublik
1336 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Februar 1970
lichen, soziologischen, rechtlichen, politischen und Eine Zusatzfrage des Kollegen Lemmrich.
verfassungsmäßigen Entwicklung in den beiden
Teilen Deutschlands vorbereitet. Lemmrich (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, da
Diese Initiativen werden im Einvernehmen mit dieser Vorschlag nicht von mir, sondern von Herrn
den Ländern sicherlich auch zur Einrichtung von Bundes wohnungsbauminister Lauritzen stammt, der
Lehrstühlen ich darf aber hier einschränken: am 4. September 1969 in einer SPD-Versammlung in
allerdings nicht nur für DDR-Forschung, sondern Nördlingen auf Fragen von Bürgern, die sehr unter
auch für vergleichende Deutschlandforschung — auf dem Lärm von Tieffliegern leiden, erklärte, die Dü-
den angesprochenen Gebieten führen. Bisheriges senjäger sollten doch in der Sahara trainieren, denn
Ergebnis der Überlegungen ist jedoch, daß die für solche schnellen Flugzeuge sei das kein weiter
Hauptform einer stark vom Bund mitgetragenen Weg, möchte ich Sie fragen, Herr Staatssekretär,
Förderung solcher Forschung nicht die bloße Eta- ob der Herr Bundeswohnungsbauminister dieses
blierung von Lehrstühlen, sondern die Förderung Problem und diesen seinen Vorschlag Ihrem Hause
von interdisziplinären Forschungsgruppen an ein- schon einmal unterbreitet hat.
zelnen Universitäten sein könnte.
Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: - Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege
Herr Kollege, haben Sie eine Frage? Lemmrich, ich bin nicht in der Lage, hier mit Ja oder
Nein zu antworten. Ich werde meinen Kollegen Lau-
ritzen befragen und Ihnen danach einen Brief schrei-
Dr. Haack (SPD) : Ist die Bundesregierung der ben. Im Moment bin ich überfragt.
Auffassung, daß die Verbesserung der Information
über die DDR gerade in der jetzigen Phase der
Deutschlandpolitik von ganz entscheidender Bedeu- Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -
Lemmrich (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, sein, weil bei der Erlaßregelung von 1959 auf Grund
wären Sie also bereit, Ihren Kollegen Lauritzen der damaligen Rechtslage von diesem Erfordernis
aufzuklären, damit er in Zukunft nicht mehr solche abgesehen werden konnte.
-
falschen Hoffnungen auf politischen Versammlungen
erweckt? Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
-
Ich rufe die nächste Frage, die Frage 131 des Kol Schultz (Gau-Bischofsheim) (FDP) : Herr Staats-
legen Schirmer, auf. Ist der Herr Kollege im sekretär, sind Sie nicht auch der Meinung, daß das,
Saal?- Das ist nicht der Fall. Dann wird die Frage was Sie hier eben in der Fragestunde gesagt haben,
schriftlich beantwortet. dein Fragesteller, der sich schrittlich an Ihr Haus
gewandt hat, von Ihrem Hause hätte mitgeteilt wer-
Ich rufe die Frage 132 des Kollegen Schultz auf: den können, und daß es nicht genügt, wenn man
Unter welchen Voraussetzungen können Arbeitnehmer bei ab- dem Abgeordneten antwortet: Hier schwebt ein
gelegenen Dienststellen der Bundeswehr auch dann Trennungs-
geld erhalten, wenn sie nicht umzugswillig sind? Rechtsstreit, und wir wollen keine Stellungnahme
abgeben, bevor dieser Rechtsstreit abgeschlossen
Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim ist?
Bundesminister der Verteidigung: Herr Präsident, Herr Staatssekretär, stimmen Sie mit mir in der
ist es möglich, daß ich die Fragen 132 und 133 ge- Auffassung überein, daß die Meinung Ihres Hauses
meinsam beantworte? doch bekanntgegeben werden sollte, unabhängig
davon, was bei dem Rechtsstreit herauskommt?
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:-
Herr Staatssekretär, das liegt beim Fragesteller. — Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Er ist offensichtlich einverstanden. Dann rufe ich Bundesminister der Verteidigung: Die Meinung der
auch die Frage 133 auf: Regierung, Herr Kollege Schultz, habe ich hier eben
Welche Bedeutung hat in diesem Zusammenhang die Besitz- bekanntgegeben, und diese Meinung gilt auch.
standsregelung zugunsten der Arbeitnehmer vorn Dezember 1968?
Nichtsdestoweniger ist es, glaube ich, nicht zweck-
Bitte schön! mäßig, die Einzelpersonalia bis in die Fragestunde
des Bundestages zu verfolgen.
Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Ich stimme mit der Abteilung des Hauses über-
Bundesminister der Verteidigung: Arbeitnehmern ein, die Ihnen in einem Brief mitgeteilt hat, daß
darf nach der Trennungsgeldverordnung Trennungs- Ihnen nach Entscheid des Rechtsstreits mitgeteilt
geld nur gewährt werden, wenn sie umzugswillig, wird, wie das Urteil ausfällt. Ein Gericht könnte auf
aber wegen Wohnungsmangel gehindert sind, an die Idee kommen, daß eine vorzeitige Festlegung
den Dienstort umzuziehen. Sie sind verpflichtet, sich vor dem Parlament eine Einmischung in ein schwe-
fortgesetzt um eine Wohnung zu bemühen und jede bendes Verfahren bedeuten könnte.
gebotene Gelegenheit zur Erlangung einer ange-
messenen Wohnung auszunutzen. Arbeitnehmer bei Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
-
einer abgelegenen Dienststelle der Bundeswehr kön- Eine weitere Zusatzfrage des Kollegen Schultz.
nen daher ohne Umzugswilligkeit kein Trennungs-
geld erhalten.
Schultz (Gau-Bischofsheim) (FDP) : Darf ich aus
Zur zweiten Frage antworte ich folgendermaßen, dieser Antwort, Herr Staatssekretär, schließen, daß
Herr Kollege Schultz. Nach der Besitzstandsregelung das Haus nicht befugt ist, die Meinung, die Sie eben
vom Dezember 1968 erhalten Arbeitnehmer, die vertreten haben, dem Abgeordneten gleich schriftlich
am 31. 12. 1966 einen arbeitsvertraglichen Anspruch mitzuteilen? Dann hätte ich mir ja die Frage hier
auf Fahrtkostenersatz und Verpflegungszuschuß nach erspart. Glauben Sie nicht, daß Ihre Antwort, die
Erlaß vom 4. 2. und 10. 6. 1959 hatten, diese Lei- Sie jetzt hier gegeben haben, dann ebenfalls so aus-
stungen weiter. Dies setzt voraus, daß die tatsäch- gelegt werden kann?
lichen Verhältnisse, die am 31. 12. 1966 im Einzel-
fall bestanden haben, weiterhin vorliegen. Insoweit Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim
braucht der Arbeitnehmer nicht umzugswillig zu Bundesminister der Verteidigung: Da sind Sie völlig
1338 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Februar 1970
in Einzelfällen durch die Zurückstellung vom Wehr- Ich rufe die Frage 135 des Kollegen Kreutzmann
dienst geholfen, wenn Gründe vorhanden sind, die auf. — Ich sehe ihn nicht im Saal, obwohl ich ihn
die Einberufung als besondere Härte im Sinne der noch unmittelbar vor Beginn der Plenarsitzung im
Vorschriften des Wehrpflichtgesetzes erscheinen Innenausschuß gesehen habe. Die Frage wird
lassen. Die Tatsache allein, daß bereits mehrere Brü- schriftlich beantwortet.
der eines Wehrpflichtigen gedient haben, reicht für
eine Zurückstellung nicht aus. Der Soldat, den Sie in Ich rufe die Frage 136 des Kollegen Pawelczyk
Ihrem Brief genannt haben und dessen Fall von auf:
Ist die Bundesregierung bereit, Unteroffizieren der Bundeswehr
Ihnen angesprochen ist, kann deshalb auch nicht das Recht einzuräumen, sich für die Laufbahngruppe der Offi-
vorzeitig, wie Sie, Herr Kollege, wohl meinen, aus ziere zu bewerben?
Herr Staatssekretär. Der Herr Kollege Dröscher hat seine Frage 138 zu-
rückgezogen.
Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Bundesminister der Verteidigung: Anträge auf ver- Ich rufe Frage 139 des Kollegen Pieroth auf:
mögenswirksame Anlage von Teilen der Dienst- Wie ist der Widerspruch zu erklären zwischen der dem Ab-
bezüge werden wie sonstige Änderungen in den geordneten Pieroth durch den Parlamentarischen Staatssekretär
im Bundesministerium der Verteidigung am 21. Januar 1970 er-
persönlichen und dienstlichen Verhältnissen bear- teilten Auskunft, der Bundesverteidigungsminister könne wegen
Terminüberlastung nicht nach Baumholder kommen, und der vom
beitet. Die Soldaten auf Zeit sind dabei den Berufs- Bundesminister der Verteidigung dem Abgeordneten Dröscher
soldaten und den Beamten völlig gleichgestellt. Dem schon einige Tage vorher erteilten Zusage, er werde doch nach
Baumholder kommen, und darf nun damit gerechnet werden,
Arbeitgeber muß eine angemessene Zeit zur Prü- daß der Minister bestimmt diesem Wunsch der Bevölkerung
fung und buchhalterischen Bearbeitung der Anträge entsprechend persönlich nach Baumholder kommen wird?
werden können, möchte ich fragen: Würden auch Eine Zusatzfrage der Frau Kollegin Griesinger.
Sie, Herr Staatssekretär, Ihre Antwort, die Sie mir
in der Fragestunde klar mit Nein geben mußten, Frau Griesinger (CDU/CSU) : Herr Staatssekre-
jetzt eventuell etwas anders interpretieren und tär, sind Sie in der Lage, mir eine Antwort darauf
unseren Wunsch doch sehr unterstützen können? zu geben, wieso Sie mir eine so kurze Antwort auf
die erste Frage geben konnten — nämlich „nein" —
Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim nachdem ich in Erfahrung bringen konnte, daß einige
Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege, Sie Standortverwaltungen bzw. Kasernen tatsächlich
machen mir das Leben leicht. Ich werde meine Ant- vorwiegend ausländisches Obst an ihre Soldaten
wort modifizieren. Ich sage Ihnen: ich werde den zum Nachtisch ausgegeben haben?
Minister auf die Dringlichkeit seines Besuches in
Idar-Oberstein und Baumholder hinweisen. Ich ver-
spreche Ihnen, daß ich den Terminkalender so ver- Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Bundesminister der Verteidigung: Gnädige Frau, ich
folgen werde, daß ich bei einer Möglichkeit für die-
kann aus dem Schriftwechsel, den Sie mit dem Mi-
sen Besuch darauf aufmerksam mache.
nisterium geführt haben, nicht entnehmen, wo diese
(Heiterkeit.) Standorte sind. Wenn Sie sie mir angeben, werde ich
durch die Verwaltung nachprüfen lassen, ob die An-
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
- gaben, die hier gemacht werden, den Tatsachen
Meine Damen und Herren, ich sehe ungeahnte Mög- entsprechen, und es werden Änderungen vorgenom-
lichkeiten für die Fragestunde, wenn die Besuche men.
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Februar 1970 1341
heimisches Obst angefallen ist und der Transport in Eine letzte Zusatzfrage des Kollegen Moersch.
die Küchen sehr kurz und billig gewesen wäre?
Moersch (FDP) : Herr Kollege Berkhan, halten
Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Sie es nicht für denkbar, daß gerade im Badischen,
Bundesminister der Verteidigung: Frau Kollegin, das der Frau Kollegin Griesinger aus jetzt nahelie-
ich halte den Weg, die Soldaten zu befragen, nicht genden Gründen sehr am Herzen liegt, etwa die
für zweckmäßig. Das ist eine Frage, die mit der Einnahme von Obst in Form von Zwetschgenwasser
Verwaltung geklärt werden kann. oder Kirschwasser stattfindet?
(Abg. Frau Griesinger: Ich meine die Ver (Große Heiterkeit.)
waltung!)
Meine Bereitschaft dazu liegt vor. Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
-
Moersch, die Bundeswehr besteht zu einem großen
Herr Kollege Josten, Sie haben sich zu einer weite- Teil aus Kraftfahrern.
ren Zusatzfrage gemeldet.
(Heiterkeit.)
Josten (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, sind Sie Daher muß ich Ihre Frage verneinen, obgleich ich
bereit, in Ihrem Hause überprüfen zu lassen, inwie- ein Liebhaber baden-württembergischen Zwetsch-
weit besonders in der Erntezeit mehr Obst als bis- genwassers und Birnenschnapses bin.
her bei der Truppenverpflegung angeboten wird? (Erneute Heiterkeit und Beifall.)
Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege Meine Damen und Herren, wir kommen zur letzten
Josten, als Handwerksmeister wissen Sie, daß Trup- Frage aus dem Geschäftsbereich des Bundesmini-
pendienst und körperliche Arbeiten eine bestimmte sters der Verteidigung, und zwar zur Frage 142
Ernährungsweise erfordern, die nicht ausschließlich des Abgeordneten Buchstaller:
— wie bei korpulenten Kollegen des Hauses auf
Wird hei Wehrpflichtigen, die im Februar März 1970 ein In-
Obst abgestellt werden kann. geniurschltdmbenwo,iEzlfageprüt.obdi
Versagung der vorzeitigen Entlassung bzw. Beurlaubung eine
(Heiterkeit.) besondere Härte wäre, nachdem die Bundesregierung in der
Fragestunde am 28. Januar 1970 auf die Frage des Abgeordneten
Die jungen Soldaten können zu Recht erwarten, Dr. Schmude eine generelle Entlassung oder Beurlaubung aller
in Betracht kommenden Wehrpflichtigen als nicht möglich be-
daß sie eine normale, gängige Familienkost erhal- zeichnet hat?
ten. Bei Ihren Truppenbesuchen haben Sie ja selbst Herr Staatssekretär, Sie haben das Wort.
festgestellt, daß wir uns bemühen, nach der Haupt-
mahlzeit, nach der Mittagsmahlzeit jedem Soldaten
einen Apfel, eine Banane, eine Apfelsine oder eine Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Birne oder aber Tagesobst, welches gerade zur Ver- Bundesminister der Verteidigung: Herr Präsident,
fügung steht, zur Verpflegung anzubieten. Herr Kollege, selbstverständlich ist in jedem Ein-
zelfall zu prüfen — hoffentlich wird das auch
Ich möchte davor warnen, die Soldaten dazu miß-
getan —, ob eine besondere Härte für den Wehr-
brauchen zu wollen, eine Überproduktion in dieser
pflichtigen vorliegt. Diese Prüfung ist durch Gesetz
oder jener Sparte verkonsumieren zu müssen.
und Verordnung vorgeschrieben.
(Beifall.)
Die Frage des Kollegen Dr. Schmude vom
28. Januar 1970 ging dahin, ob ausnahmlos alle
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
-
Wehrpflichtigen, die im Februar 1970 ein Ingenieur-
Herr Kollege Jung, eine Zusatzfrage, bitte schön. schulstudium aufnehmen möchten, schon allein aus
diesem Grunde vorzeitig entlassen oder beurlaubt
Jung (FDP) : Herr Staatssekretär, ist es für Sie werden könnten. Diese Frage habe ich damals
bei der Beantwortung der Frage von Frau Kollegin — und dazu stehe ich auch heute noch — mit Nein
Griesinger hilfreich, wenn ich Ihnen sage, daß ich bei beantwortet. Selbstverständlich war damit nicht die
einer Kurzwehrübung in der vergangenen Woche bei Verpflichtung der für die Entscheidung zuständigen
fünf Truppenverpflegungen viermal deutsches Obst, Kommandeure und Stellen zur individuellen Prü-
und zwar Äpfel und Birnen, als Nachtisch bekommen fung, ob über die beabsichtigte Aufnahme des
habe? Ingenieurschulstudiums hinaus weitere Härtegründe
(Heiterkeit.) vorliegen, in Frage gestellt.
1342 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Februar 1970
nach Mitteilungen, die mir zugegangen sind, miß- Herr Kollege Schmude, hatten Sie Ihre Zusatzfrage
verstanden worden sind. Aus diesem Grund ist zurückgezogen?
in einem Befehl, der an alle Bataillone gegangen (Abg. Dr. Schmude: Vorhin! Aber jetzt habe
ist, klargestellt worden, daß solche Prüfungen nach ich eine Zusatzfrage!)
§ 8 Abs. 3 der Soldatenurlaubsverordnung durch
die Batallionskommandeure bzw. Divisionsgenerale — Ich hatte Ihre Meldung zuerst notiert. Bitte
schön!
vorzunehmen sind.
Eine Zusatzfrage des Herrn Kollegen Rasner. sicht auf die Beschäftigungslage bestimmter Indu-
striezweige, aber auch bestimmter Institute in der
Bundesrepublik vorgenommen werden sollte?
Rasner (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, stim-
men Sie mit mir darin überein, daß der Bezug auf
die Richtlinienkompetenz des Bundeskanzlers in mei- Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staats-
ner Frage am Platze war, weil die Größenordnung sekretär beim Bundesminister für Bildung und Wis-
des hier zur Debatte stehenden Projekts unzweifel- senschaft: Herr Kollege Schober, die ganze Frage-
haft den gegenwärtigen Haushaltsrahmen Ihres stellung ist natürlich dringlich, und die Untersuchun-
Hauses sprengen würde? gen werden deswegen im Augenblick schon durch-
geführt. Ich würde allerdings die Frage der Beschäf-
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staats- tigungsgrundlage in bestimmten Industriezweigen
sekretär beim Bundesminister für Bildung und Wis- nicht zu einem Mittelpunkt der Untersuchung ma-
senschaft: Herr Kollege Rasner: ob ein bestimm- chen, da es sich hier um ein langfristiges Programm,
tes Projekt den gegenwärtigen Haushaltsrahmen un- das sich über 10 bis 15 Jahre erstreckt, handelt.
seres Hauses sprengt, sagt ja noch nichts über die
Zuständigkeitsprobleme in der Bundesregierung aus. Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
-
gen des Herrn Abgeordneten Rasner ausgeführt Eine Zusatzfrage des Kollegen Moersch.
habe, beinhaltet das Angebot der USA keine kon-
kreten Vorstellungen über einen bestimmten Betei-
ligungsschlüssel. Das Angebot ist auch nicht auf eine Moersch (FDP): Herr Staatssekretär, wird bei der
Zusammenarbeit speziell bei der Entwicklung eines Prüfung auch die Frage berücksichtigt, wieweit
Raumtransportersystems beschränkt, sondern gil t diese Zusammenarbeit nicht nur der Bundesrepu-
ganz allgemein für den gesamten Umfang des Post- blik, sondern einer Gruppe westeuropäischer Staa-
Apollo-Programms in der nächsten Dekade. Art und ten mit der NASA möglich oder sinnvoll sein wird?
Umfang des Programms sind von großer wissen-
schaftlicher, technischer, wirtschaftlicher und auch Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staats-
politischer Tragweite. Die Bundesregierung prüft sekretär beim Bundesminister für Bildung und Wis-
daher gemeinsam mit ihren europäischen Partnern senschaft: Herr Kollege Moersch, das ist die Frage-
sorgfältig, welche Beteiligungsmöglichkeiten hier für stellung der Amerikaner an die Europäische Welt-
Europa bestehen. raumkonferenz gewesen, und das ist das Ziel der
Sondierungen und Gespräche, die die Bundesregie-
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: - rung gegenwärtig mit den europäischen Partnern
Eine Zusatzfrage. führt.
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Februar 1970 1345
gesagt habe, weiterer vorbereitender Gespräche in- Herr Kollege Raffert, eine Zusatzfrage.
nerhalb Europas und mit den USA. Es ist deshalb
heute weder möglich, noch — möchte ich betonen —
wäre es wohl zweckmäßig, eine Aussage über Raffert (SPD) : Herr Staatssekretär, angesichts
Maximal- oder Minimalbeiträge und -forderungen des offensichtlich bestehenden amerikanischen
an dieser Stelle zu machen. Die eigentlichen Ver- Interesses, beim Post-Apollo-Programm durch
handlungen mit den USA über den Umfang der Be- europäische oder deutsche Mitarbeit auch finanziell
teiligung und den zu leistenden finanziellen Bei- entlastet zu werden, frage ich: ist die Bundes-
trag können zweckmäßigerweise erst nach Abschluß regierung bereit, bei den augenblicklich laufenden
der Expertengespräche aufgenommen werden. Verhandlungen zur Änderung des Intelsat-Abkom-
mens darauf zu drängen, daß künftig amerikanische
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -
Trägerfahrzeuge für deutsche oder europäische
Herr Kollege Schober, Sie haben eine Zwischen- Nutzsatelliten zur Verfügung gestellt werden und
frage. Bitte schön! dadurch auch eine Entlastung im europäischen Be-
reich eintreten kann?
Dr. Schober (CDU/CSU): Herr Staatssekretär,
würden Sie sagen, daß die Größenordnungen, die Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staats-
in diesem Zusammenhang in Pressemeldungen auf- sekretär beim Bundesminister für Bildung und Wis-
getaucht sind, falsch waren? senschaft: Herr Kollege Raffert, ich sagte vorhin
bereits, die Fragen müssen alle im Zusammenhang
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staats- gesehen werden. Selbstverständlich wird auch die
sekretär beim Bundesminister für Bildung und Wis- Frage der Trägerraketen hei den Gesamtüberlegun-
senschaft: Es gab in der Presse unterschiedliche Mel- gen, die hier anzustellen sind, eine Rolle spielen,
dungen. Es gab unter anderem auch eine Verwechs- unter anderem auch aus Gründen der Kosten.
lung zwischen Milliarden Dollar und Milliarden D-
Mark, was in vielen Fällen sehr gefährlich sein Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:-
kann, wie Sie wissen, Herr Kollege. Aber im Prin- Ich rufe die Frage 147 des Kollegen Moersch auf:
zip sind die Zahlen jetzt, glaube ich, klargestellt. Es
welche betriebswirtschaftlichen und organisatorischen Prü-
handelt sich um ein Programm über etwa zehn bis fungen sind von der früheren Bundesregierung im Kernfor-
fünfzehn Jahre, das in den Vereinigten Staaten auf schungszentrum Karlsruhe veranlaßt worden?
insgesamt 200 his 300 Milliarden DM geschätzt wird.
Bisher bestehen keine Forderungen oder Absichten, Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staats-
hier von einer bestimmten Beteiligung auszugehen, sekretär beim Bundesminister für Bildung und Wis-
so daß sich ein deutscher, oder sagen wir: euro- senschaft: Herr Kollege Moersch, bei der Gesell-
päischer Beitrag zu diesem Zeitpunkt nicht errech- schaft für Kernforschung in Karlsruhe werden in
nen ließe. jedem Jahr vom Jahresabschlußprüfer, der Treu-
arbeit, betriebswirtschaftliche Prüfungen vorge-
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -
nommen, die sich auch mit organisatorischen Fragen
Herr Kollege, eine weitere Zusatzfrage. befassen. Auch der Bundesrechnungshof hat in den
letzten Jahren eingehende Prüfungen vorgenom-
Dr. Schober (CDU/CSU): Herr Staatssekretär, men, bei denen das Schwergewicht auf organisato-
meinen Sie, die jetzigen Verhandlungen bergen rischen Bereichen lag. Darüber hinaus wurden in
Grund zu Hoffnungen in sich, daß die Belastung, die den Vorjahren weitergehende Prüfungen zu be-
die Bundesrepublik zu tragen haben wird, vielleicht stimmten Teilbereichen veranlaßt. So wurden z. B.
im Verein mit anderen europäischen Nationen in untersucht die Fragen der Bauinvestitionen, der
den kommenden Jahren und Jahrzehnten tragbar Leistungssteigerung des Forschungsreaktors II, der
sein werden? organisatorischen Gliederung der Gesellschaft und
der Datenverarbeitung im Verwaltungsbereich.
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staats- Außerdem wurde 1967 von einer Gutachterkom-
sekretär heim Bundesminister für Bildung und Wis- mission unter Leitung von Professor Heisenberg ein
senschaft: Herr Kollege Schober, das ist schwer zu Gutachten zur Verstärkung der Koordinierung der
beantworten, weil natürlich dieses Hohe Haus Forschungsarbeiten in den Kernforschungszentren
darüber zu entscheiden haben wird, was tragbar Jülich und Karlsruhe erstattet, das sich auch wieder-
ist, d. h. wie die Prioritäten der Haushaltsführung um mit organisatorischen Fragen befaßte.
1346 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Februar 1970
teuer gewesen sind, nur völlig unzureichend genützt Danke schön. Dann die Frage 149 des Kollegen
wird, kann das nicht z. B. damit zusammenhängen, Richter:
daß die Modalitäten der Anforderung von Haus- Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung bereits ergriffen,
haltsmitteln in früherer Zeit und bisher für den um im Sinne der Empfehlung 190 der Versammlung der WEU
vom 9. Dezember 1969 ein wirksames europäisches Raumfor-
Bereich der Wissenschaft völlig unzureichend ge- schungsprogramm aufzustellen, das sowohl den Anforderungen
wesen sind, und welche Feststellungen sind darüber der 80er Jahre entspricht wie jede Monopolisierung der welt-
weiten Nachrichtenverbindungen verhindert?
etwa in dem Bericht des Rechnungshofes enthalten?
Das Wort hat der Herr Staatssekretär.
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staats-
sekretär beim Bundesminister für Bildung und Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staats-
Wissenschaft: Herr Kollege Moersch, würden Sie sekretär beim Bundesminister für Bildung und Wis-
mir gestatten, daß ich diese Frage im Zusammen- senschaft: In den von der Dritten Europäischen
hang mit der Beantwortung Ihrer zweiten Frage Weltraumkonferenz eingesetzten Ausschüssen wer-
aufnehme, weil sie sich dort mit von selbst ergibt? den zur Zeit Vorschläge für ein umfassendes mehr-
jähriges europäisches Weltraumprogramm ausge-
arbeitet. Danach ist neben einem ausgewogenen
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -
wissenschaftlichen Programm die Entwicklung eines
Herr Kollege Moersch, sind Sie einverstanden, wenn
der Herr Staatssekretär jetzt Ihre zweite Frage be- regionalen europäischen Fernmeldesatellitensystems
antwortet? — Bitte schön, dann rufe ich die Frage vorgesehen, das mit Hilfe europäischer Trägerrake-
ten errichtet werden soll. Über das Programm, das
148 des Herrn Abgeordneten Moersch auf:
darüber hinaus auch noch Vorschläge für die in Zu-
Falls solche Prüfungen veranlaßt worden sind, welche Er-
gebnisse haben sie erbracht? sammenarbeit mit den Vereinigten Staaten zu ent-
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Februar 1970 1347
Parlamentarischer Staatssekretär Dr. von Dohnanyi
wickelnden Navigationssatelliten für den Flugver- den einzelnen Fächern anerkennen und daß wir be-
kehr und für Wettersatelliten enthält, soll auf einer reit sind, wo wir so etwas erfahren, entsprechende
für Mitte des Jahres vorgesehenen Ministerkonfe- Schritte zu unternehmen, soweit es in unseren Mög-
renz entschieden werden. Das Ergebnis der - Ent- lichkeiten liegt.
scheidungen wird wesentlich davon beeinflußt wer- Es kann aber nicht geschlossen werden, daß Ab-
den, Herr Kollege, ob es zu einer partnerschaftlichen solventen des Wehrdienstes bei der Immatrikula-
Zusammenarbeit bei den von den USA angebotenen tion an den Hochschulen gegenüber anderen Abitu-
Beteiligungen am Post-Apollo-Programm kommen rienten grundsätzlich benachteiligt würden. Aus der
wird. Darauf habe ich bei einer vorangegangenen gegenwärtigen Praxis bei der Zulassung in Fächern
Frage bereits hingewiesen. Dieser Zusammenhang mit Numerus clausus folgt vielmehr, daß nicht alle
wird übrigens auch in der Empfehlung Nr. 190 aus- Fakultäten den Absolventen des Wehrdienstes die
drücklich angesprochen. bei der Bundeswehr verbrachte Zeit als Wartezeit
Die in der WEU-Empfehlung ebenfalls angespro- anrechnen, durch die sich dann die Punktzahl dieser
chenen Verhandlungen über das künftige Intelsat Bewerber erhöht.
Abkommen, die zur Zeit in Washington stattfinden, In den kürzlich vorgelegten Thesen zu einem
werden von den europäischen und anderen Staaten, Hochschulrahmengesetz, Herr Kollege Wurbs, hat
die den europäischen Standpunkt teilen, weiterhin der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft
mit dem Ziel geführt, Herr Kollege, eine weltweite Vorschläge unterbreitet, wie in einem solchen Ge-
Organisation zu gründen, die die Interessen aller setz eine gerechtere Lösung für die Zulassung aller
Mitgliedsstaaten berücksichtigt und nicht von einem Bewerber gefunden werden kann, insbesondere na-
Staat oder einer kleinen Gruppe von Staaten be- türlich derjenigen, die den Wehrdienst oder einen
herrscht werden kann oder könnte. Zu diesen Be- entsprechenden Ersatzdienst abgeleistet haben.
strebungen gehört es u. a., die Errichtung unabhän-
giger und regionaler Nutzsatellitensysteme zuzu-
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -
lassen, die Stimmrechte in den Entscheidungsorganen Danke schön.
neu zu regeln und das Management, das zur Zeit
der USA-Gesellschaft Comsat übertragen ist, eben- Ich rufe die Fragen aus dem Geschäftsbereich des
falls im Sinne der Bestrebungen zu internationali- Bundesministers für Verkehr und für das Post- und
sieren, die ich soeben umrissen habe. Fernmeldewesen auf. Zur Beantwortung steht Herr
Bundesminister Leber zur Verfügung:
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -
Zunächst die Frage 4 des Herrn Abgeordneten
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Richter. Cramer:
Nach welcher gesetzlichen Vorschrift wird die Errichtung von
Werbeflächen an Bundesstraßen im Bereich einer Ortsdurchfahrt
Richter (SPD) : Herr Staatssekretär, darf ich Sie genehmigt bzw. abgelehnt?
fragen, ob Sie von der gegenwärtigen Intelsat-Kon- Bitte schön, Herr Minister!
ferenz in Washington Ergebnisse in der Art erwarten,
daß Sie sagen können, der deutsche, der europäische
Einfluß und das Mitspracherecht bei Intelsat könnten Leber, Bundesminister für Verkehr und für das
gesteigert werden? Post- und Fernmeldewesen: Herr Präsident, ich bitte,
die Fragen 4 und 5 gemeinsam beantworten zu dür-
fen, wenn Herr Kollege Cramer einverstanden ist.
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staats-
sekretär beim Bundesminister für Bildung und Wis-
senschaft: Das, Herr Kollege, ist das Ziel dieser Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -
Verhandlungen. Wir werden dieses Ziel verfolgen. Sie sind damit einverstanden? — Ich rufe dann noch
Ob es bei den jetzt anstehenden Verhandlungen die Frage 5 des Herrn Abgeordneten Cramer auf:
bereits erreicht werden kann, kann heute noch nicht Gilt § 9 Abs. 1 und 2 des Bundesfernstraßengesetzes oder
§ 42 der Straßenverkehrs-Ordnung?
gesagt werden.
Bitte schön, Herr Minister!
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -
Ich rufe die Frage 129 des Kollegen Wurbs auf: Leber, Bundesminister für Verkehr und für das
Ist der Bundesregierung bekannt, daß Absolventen des Wehr- Post- und Fernmeldewesen: Weder das Bundesfern-
dienstes bei der Immatrikulation an den Universitäten gegenüber
Abiturienten benachteiligt werden, und was gedenkt die Bundes-
straßengesetz noch die Straßenverkehrsordnung ent-
regierung zu unternehmen, damit dem Grundsatz der Gleich- halten Vorschriften für die Errichtung von Werbe-
behandlung gegenüber beiden Gruppen entsprochen wird?
flächen an Bundesstraßen im Bereich einer Orts-
Herr Staatssekretär! durchfahrt. Das Bundesfernstraßengesetz stellt zwar
die Außenwerbung den Hochbauten und Bauanlagen
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staats- des § 9 Abs. 1 und 2 des Bundesfernstraßengesetzes
sekretär beim Bundesminister für Bildung und Wis- gleich; aus § 9 Abs. 7 dieses Gesetzes ergibt sich
senschaft: Der erste Teil Ihrer Frage, Herr Kollege jedoch, daß diese Vorschriften, die die Einhaltung
Wurbs, ist wohl im wesentlichen durch meine bestimmter Abstände vom befestigten Fahrbahn-
schriftliche Antwort vom 16. Januar 1970 bereits be- rand vorschreiben, nicht für Ortsdurchfahrten gel-
antwortet worden. Hier hat die Bundesregierung ja ten. Auch § 42 der Straßenverkehrsordnung bezieht
zu erkennen gegeben, daß nicht alle Fakultäten den sich lediglich auf die Werbung außerhalb geschlos-
abgeleisteten Wehrdienst bei der Zulassung zu sener Ortschaften. Unabhängig davon sind Werbe-
1348 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Februar 1970
Bundesminister Leber
anlagen nach den Landesbauordnungen genehmi- Dr. h. c. Dr. Ing. E. h. Möller, Bundesminister
-
gungs- und anzeigepflichtig, wenn sie eine be- der Finanzen: Herr Präsident! Meine Damen und
stimmte Größe überschreiten. Zuständig sind in die- Herren! Als Bundesfinanzminister habe ich die Ehre,
sem Fall die Bauordnungsbehörden. dem Hohen Hause heute den Entwurf des Bundes-
haushaltsplans 1970/71 und den mehrjährigen Finanz-
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: plan für den Planungszeitraum 1969 bis 1973 vorzu-
-
lastungen und die übrigen Risiken auf der Ein- Auch die von der Großen Koalition noch be-
nahmen- und der Ausgabenseite erfaßt hatte. schlossenen Mehrausgaben für 1970 in Höhe
(Hört! Hört! bei der SPD.) von 1,9 Milliarden DM („Devisenausgleich,
Verteidigungshaushalt, Lohnfortzahlung u. ä.")
Die Bundesregierung mußte deshalb schon in ihrer waren im Rahmen der mittelfristigen Finanz-
Regierungserklärung vom 28. Oktober 1969 Folgen- planung berücksichtigt und die dafür notwen-
des feststellen: digen Mittel bereitgestellt.
Solidität wird die Richtschnur unserer Finanz-
Diese Mehrbelastungen, meine Damen und Her-
politik sein. Wir dürfen allerdings nicht ver-
ren, sind keineswegs die einzigen Aufwendungen,
schweigen, daß die Situation weniger günstig
die auf der Ausgabenseite den Haushaltsentwurf
ist, als sie von bestimmter Seite dargestellt
1970 vorbelasten und im Finanzplan 1968 bis 1972
wurde.
nicht ausgewiesen waren.
Meine Damen und Herren, ich will das Fehlen
Im Jahre 1969 haben Regierung und Parlament
einer Fortschreibung der mittelfristigen Finanzpla-
keine Wahlgeschenke verteilt. Das ist eine Tat-
nung keineswegs meinem Herrn Amtsvorgänger
sache, allerdings eine Tatsache mit doppeltem
zum Vorwurf machen, da die Finanzplanung immer
Boden. Notwendige Gesetzesvorlagen sind weder
dem in Zahlen auszudrückenden Regierungspro-
eingebracht noch verabschiedet worden. Damit wur-
gramm entsprechen muß und Herr Kollege Strauß
den aber die drängenden Aufgaben nicht gelöst.
der neuen Bundesregierung selbstverständlich nicht Man hat sie einfach dem neuen Bundestag zuge-
vorgreifen wollte. Erforderlich wäre aber auf jeden schoben. Die Vertagung war nicht ohne Bindung.
Fall gewesen, den Finanzplan intern fortzuschrei- Wenn ich Bindung sage, dann meine ich damit die
ben. Das hätte Herrn Strauß am 17. Oktober 1969 sachliche und moralische Notwendigkeit, bestimmte
in die Lage versetzt, wirklichkeitsnahe Zahlen zu Dinge zu tun. Diese Notwendigkeit hatte auch der
nennen. V. Deutsche Bundestag anerkannt und z. B. ein-
Mehrbelastungen für den Bundeshaushalt gegen- stimmig eine fühlbare Erhöhung der Leistungen
über dem Finanzplan 1968 bis 1972 ergaben sich ein der Kriegsopferversorgung ab 1. Januar 1970 ver-
1350 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Februar 1970
Sechstens. Bis zur Aufhebung der Sperre ist beim Die hier durch die Bundesregierung und die
Bund für 1970 keine Nettokreditaufnahme vorgese- zuständigen Koordinierungsorgane (Konjunk-
hen. Auch bei den Ländern insgesamt erfolgt in die- turrat und Finanzplanungsrat) gefaßten Be-
sem Jahr keine Nettokreditaufnahme. Die bei den schlüsse und Empfehlungen, gewisse Ausgaben
Gemeinden zu erwartende Nettokreditaufnahme in in den Haushalten für 1970 vorerst zu sperren
und Konjunkturausgleichsrücklagen bei der
Höhe von 1,5 bis 2 Milliarden DM wird durch erheb-
liche Überschüsse bei den Trägern der Sozialver- Bundesbank zu bilden, verhindern nicht nur eine
prozyklische Haushaltsgestaltung, sondern dürf-
sicherungen überkompensiert werden. Damit dürfte
ten dazu beitragen, die Finanzierungsüber-
der gesamte öffentliche Sektor im Jahre 1970 mit
schüsse der öffentlichen Haushalte zu erhöhen,
einem kontraktiv wirkenden Finanzierungsüber-
also antizyklisch zu wirken.
schuß von rund 3 Milliarden DM abschließen.
(Abg. Dr. Stoltenberg: Den davorstehenden
An dieser Stelle verweise ich ausdrücklich auf den Satz müssen Sie auch einmal verlesen!)
Jahreswirtschaftsbericht, und zwar auf die Darstel-
lung des Staatskontos nach der volkswirtschaftlichen — Ich habe ihn jetzt nicht verfügbar. Auf Seite 22
Gesamtrechnung, in der die antizyklische Wirkung finden wir Ausführungen, die nicht ganz mit den
aller öffentlichen Haushalte festgelegt wird. Ausführungen auf Seite 9 übereinstimmen.
(Abg. Dr. Stoltenberg: Sehr wahr!)
(Abg. Dr. Stoltenberg: Die Bundesbank hat
etwas anderes gesagt, Herr Möller. Wer Aber die Vorschläge auf Seite 22 enthalten eine
den Sie auch das noch behandeln?) weitere Überlegung und eine weitere Empfehlung.
Von mir aus bestehen keine Bedenken, daß sich das
— Ja, ich komme gern darauf zurück.
Hohe Haus und insbesondere der Haushaltsaus-
Das Ganze ist das Programm einer der heutigen schuß mit diesen Überlegungen sehr ernsthaft be-
Konjunktursituation entsprechenden Haushalts- und schäftigen. Denn hier wird zum Ausdruck gebracht,
Finanzpolitik. Was ich Ihnen bis jetzt vorgetragen daß man sich nicht mit der Konjunktursperre und
habe, betrifft ein in sich ausgewogenes System von der Konjunkturausgleichsrücklage begnügen, son-
Maßnahmen, die eine Erfüllung und bessere Aus- dern einen Teil der Gelder in der Weise einfrieren
gestaltung der Staatsaufgaben ermöglichen und die sollte, daß man eine Beschneidung der Ausgaben
dennoch konjunkturgerecht, also zunächst mit einem beschließt oder wenigstens durch langfristige Kre-
Bremseffekt, wirken. Ich bin gespannt auf die Vor- dite sicherstellt, daß diese Beträge nicht schon in
stellungen der Opposition zum Haushalt. Es wird den nächsten Monaten durch Aufhebung der Kon-
mich sehr interessieren, in welchem Zusammenhang junktursperre oder später durch Auflösung der
Erhöhungs- und weitere Ausgabenwünsche mit der Konjunkturausgleichsrücklage wieder wirksam wer-
geforderten Herabsetzung der Steigerungsrate des den. Das ist eine neue zusätzliche Überlegung, die
Haushalts stehen. aber mit der eigentlichen Feststellung, was wir jetzt
(Beifall bei der SPD.) hinsichtlich der Haushaltsführung an Maßnahmen
beschlossen haben, nichts zu tun hat, sondern die
- Das interessiert mich deswegen, weil ich das zum Ausdruck bringen will, daß es noch besser
Geschäft ja jetzt ein paar Monate mit einigen An- wäre, wenn noch mehr getan würde. Diese Frage
strengungen gemacht habe und weil es doch durch- muß man von seiten der Deutschen Bundesbank
aus möglich ist, daß ich von Ihrer Seite eine wert- natürlich so sehen, weil die Deutsche Bundesbank
volle Unterstützung erhalte mit dem Ziel, noch eine nicht das zu berücksichtigen hat, was hier im Bun-
vertretbare Senkung der Steigerungsrate zu errei- destag politisch zu entscheiden ist.
chen.
(Beifall bei den Regierungsparteien.) Herr Kollege Dr. Müller-Hermann hat in seiner
Rede erklärt, noch im Dezember 1969 seien in er-
Herr Kollege Dr. Müller-Hermann behauptet, daß heblichem Umfang liquide Mittel aus den öffent-
die Bundesregierung hinsichtlich einer gezielten und lichen Haushalten ausgegeben worden. Hierzu habe
bewußten antizyklischen Haushaltspolitik „viel zu ich, soweit es den Bundeshaushalt betrifft, bereits
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Februar 1970 1355
Bundesminister Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller
am 26. Januar 1970 auf eine Kleine Anfrage der tik, wie sie Notenbank und der neue Bundes-
Abgeordneten Dr. Strauß, Dr. Althammer, Dr. Kreile finanzminister versuchen, zu unterstützen. Des-
und Genossen Stellung genommen. Aus zeitlichen wegen haben wir auch kein Verständnis für das
-
Gründen wiederhole ich nur den letzten Absatz Verhalten der Opposition, die Koalition in den
meiner Antwort: Ausgabefragen zu übertrumpfen.
Ein echter Vergleich ist nur durch eine Gegen- (Beifall bei der SPD.)
überstellung der Steigerungsrate des Monats Wenn starke Kreise der CDU Katastrophen-
Dezember 1969 zu der des Monats Dezember politik betreiben wollen, dann ohne die Wirt-
1968 möglich. Die Ausgabesteigerung im De- schaft.
zember 1969 betrug im Vergleich zum Dezember
1968 26,7 v. H. und die des Monats Dezember (Heiterkeit und Beifall bei den Regierungs
1968 gegenüber Dezember 1967 25,2 v. H. Diese parteien.)
Steigerungsrate von 1,5 v. H. ist durch die Er- Das sagt kein Sozialdemokrat, sondern der Vorsit-
höhung des Haushaltsvolumens 1969 gegenüber zende der Arbeitsgemeinschaft Selbständiger Un-
dem des Jahres 1968 und durch die erwähnten ternehmer in einem Mitgliederbrief, den er Ende
Mehrausgaben bedingt. Januar 1970 veröffentlicht hat.
Meine Damen und Herren, nun zu der Vorstel- (Abg. Dr. Stoltenberg: Da hat er die richti
lung desselben Kollegen, „daß die Steuereinnah- gen Zahlen noch nicht gekannt, Herr
men im Jahre 1969 um 18 % angestiegen sind" und Möller!)
daß deshalb die Konjunkturausgleichsrücklage 1970
lediglich „als ein Griff in die Westentasche" zu be- — O doch, ich würde dem Vorsitzenden der Ar-
zeichnen sei. Wie sieht diese „Westentasche" aus? beitsgemeinschaft Selbständiger Unternehmer nicht
Die Steuermehreinnahmen im Jahre 1969 belaufen unterstellen, daß er im Zeitpunkt der Abfassung
sich auf über 4 Milliarden DM. Aber nur dadurch dieses Briefes und dieses Appells die Zahlen nicht
war es möglich, nicht nur auf die vorgesehene Net- gekannt habe. Ich gehe davon aus, daß ein Mann,
tokreditaufnahme von 3,8 Milliarden DM ganz zu der eine solche Arbeitsgemeinschaft Selbständiger
verzichten, sondern darüber hinaus noch 1,8 Mil- Unternehmer leitet, sich schon auf Grund seiner
liarden DM Schulden endgültig zu tilgen. Außer- Wirtschaftserfahrungen vor Aufstellen einer Be-
dem sind zwangsläufige Mehrausgaben in Höhe hauptung — vor allem einer, wie ich zugebe, so
von 2,131 Milliarden DM entstanden. Weiter muß- schwerwiegenden Behauptung — sehr genau mit
ten im Dezember 1969 - wie in allen Vorjahren — den Zahlen vertraut macht.
Personalausgaben, Renten, Kindergeld usw. in (Beifall bei den Regierungsparteien.)
Höhe von über 2 Milliarden DM gezahlt werden,
die zu Lasten des Bundeshaushalts 1970 gehen. Es Meine Damen und Herren, in dem Ihnen vorge-
gab daher am Jahresende keinen Überschuß, der es legten Entwurf des Bundeshaushalts 1970 und im
der Bundesregierung ermöglicht hätte, Beträge Finanzplan hat die Bundesregierung Schwerpunkte
einer Konjunkturausgleichsrücklage zuzuführen. gesetzt, um die im Regierungsprogramm als wichtig
bezeichneten Maßnahmen einzuleiten — Verzei-
Völlig unverständlich ist mir, insbesondere we- hung, Herr Kollege Becker, hatten Sie etwas gegen
gen der leidvollen Erfahrungen früherer Jahre, mich? Ich habe Sie nicht verstanden.
z. B. der Jahre der Rezession 1966/67, die Behaup-
tung des Herrn Kollegen Dr. Müller-Hermann, die (Abg. Dr. Stoltenberg: Er hat nur gesagt,
Bundesregierung wolle die Konjunktursteuerung daß der Vorsitzende, den Sie hier zitieren,
allein der Bundesbank überlassen. Gerade hier un- Mitglied der FDP, also Ihres Koalitions
terscheidet sich die Politik dieser Bundesregierung partners war.)
für jeden, der nicht blind ist, augenfällig von der
- Aber Herr Kollege Stoltenberg, ich halte die
Haltung früherer Regierungen.
Selbständigen Unternehmer nun wirklich für selb-
(Beifall bei den Regierungsparteien.) ständig. Warum sollen sie denn nicht auch einmal
politisch selbständig, unabhängig von Ihnen, den-
Sie werden in der Vergangenheit vergeblich ein
Beispiel suchen, in dem es eine so enge Abstim- ken können?
mung von Finanz- und Geldpolitik gegeben hat wie (Lebhafter Beifall bei den Regierungs
jetzt. parteien.)
(Zuruf von der CDU/CSU: Na, na, na!)
Der Herr Bundeskanzler hat in der Regierungser-
Lassen Sie mich diesen Abschnitt meiner Ausfüh- klärung die Priorität im Bereich von Bildung und
rungen mit einem Zitat aus dem Mitgliederbrief des Ausbildung, Wissenschaft und Forschung hervorge-
Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft Selbständi- hoben. Für den Haushalt Bildung und Wissenschaft
ger Unternehmer vom Januar 1970 abschließen, eine haben wir daher eine Steigerung der Ansätze die-
gewiß unverdächtige Quelle. Ich darf die Opposi- ses Jahres um 36 v. H. auf nunmehr insgesamt
tion insbesondere auf die folgende Stelle aufmerk- 3 Milliarden DM vorgesehen.
sam machen:
(Abg. Dr. Stoltenberg: Statt 44 %?!)
Für uns Unternehmer gibt es auch im eigenen
Interesse nur eine Haltung: Mit allen Kräften — Herr Kollege Dr. Stoltenberg, ich möchte den
und durch eigenes Handeln die Stabilitätspoli Streit um diese Zahlen hier nicht wiederholen. Ich
1356 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Februar 1970
— Bitte, eine gute Fortsetzung. Meine Damen und Herren, dadurch sind völlig fal-
sche Vorstellungen über die absoluten Größen ent-
Ein großer Teil dieser Mittel ist im Rahmen der standen. Eine aus Vorurteilen herrührende Angst
Bildungs- und allgemeinen Wissenschaftsförderung vor Planung hat verhindert, ein Instrumentarium
für den Ausbau und Neubau von wissenschaftlichen zu entwickeln, das wir schon seit Jahren haben müß-
Hochschulen und wissenschaftlichen Einrichtungen ten.
bestimmt, damit möglichst schnell genügend Studien-
Wissenschaftsminister und Finanzminister sind
plätze für die Studierenden an den wissenschaft-
sich bewußt, daß wir mit den bisher gewohnten
lichen Hochschulen finanziert werden können.
„klassischen" Methoden diesen Kraftakt, der prak-
Ich will aber keineswegs den Eindruck erwecken, tisch eine Verdoppelung des Anteils für Bildung und
daß das Gebiet der Bildung und Wissenschaft im Wissenschaft am Bruttosozialprodukt bedeutet, nicht
Bundeshaushalt 1970 oder in der Finanzplanung bis vollbringen können. Durch sogenannte Umschichtun-
1973 schon ausreichend berücksichtigt wäre. Wir alle gen in den Haushalten des Bundes und der Länder
kennen die Größenordnung dieser vordringlichen ist das notwendige Finanzvolumen ebensowenig
Aufgabe. Es ist bekannt, daß Herr Kollege Leussink freizusetzen. Wir müssen uns schon etwas Neues,
eine Steigerung der Aufwendungen für Bildung und sogar vielerlei Neues einfallen lassen, sowohl bei
Wissenschaft bis 1980, die von Bund, Ländern und der Finanzierung als auch bei deren Aufteilung
Gemeinden aufzubringen sind, von jetzt rund 25 zwischen Bund und Ländern. Die Bundesregierung
Milliarden DM im Jahr auf mindestens 50 Milliarden hofft, bald Lösungsvorschläge machen zu können.
DM im Jahr — nach heutigen Preisen; diese Ein- Dabei wird man sich immer wieder vor Augen zu
schränkung muß man hinzufügen — für notwendig halten haben, daß Jahrzehnte die gemäßen Zeit-
erachtet. Die in neuester Zeit bekanntgewordenen räume für die Planung in der Bildungspolitik sind.
Schätzungen des Deutschen Bildungsrates und des Auch das Zusammenfügen dieser langfristigen Pläne
Wissenschaftsrates gehen noch darüber hinaus. mit den mittelfristigen Finanzplänen des Bundes und
der Länder erfordert Denken in neuen Kategorien.
Gegenwärtig trägt der Bund einen Anteil von Ein Anfang ist nach meiner Meinung damit bei-
etwa 13 v. H. Wenn der Anteil des Bundes an der spielsweise im Fernstraßenbau gemacht worden.
Finanzierung dieser Aufgabe so gering bliebe,
würde das eine Zunahme bis 1980 auf etwa 7 Mil- Ein weiterer Schwerpunkt der Regierungsarbeit
liarden DM im Jahr bedeuten; das entspräche einem wird die Strukturpolitik sein. Durch eine ausge-
mittleren jährlichen Wachstum von etwa 8 v. H. Im glichene regionale Wirtschaftsstruktur muß die
Vergleich dazu kann sich der Zuwachs von 1969 auf Gleichheit der Chancen und Lebensverhältnisse für
1970 von rund 36 v. H. durchaus sehen lassen. Hier die Bürger in allen Teilen des Bundesgebietes wenig-
haben wir ein deutliches Signal gesetzt, aber auch stens annähernd erreicht werden. Das liegt auch im
nicht mehr. Interesse eines stetigen und angemessenen Wirt-
schaftswachstums, weil auf diese Weise Produktions-
Man kann wohl kaum davon. ausgehen, daß die reserven zu mobilisieren sind.
Verteilung der Aufwendungen für Bildung und Wis-
Die schon in den vergangenen Jahren erhöhten
senschaft zwischen dem Bund einerseits und den
Ländern und Gemeinden andererseits so bleiben Haushaltsansätze für die regionale Strukturpolitik,
insbesondere für die Förderung ländlicher Gebiete,
wird wie heute. Ich verweise als Beispiel auf die
von allen Seiten gewünschte Mitfinanzierung des wurden im Haushaltsentwurf 1970 beim Regional-
fonds noch einmal um nahezu die Hälfte auf rund
Bundes bei den Investitionen für die Pädagogischen
249 Millionen DM verstärkt. Dazu kommen noch die
Hochschulen und die Fachhochschulen.
1970 erstmals veranschlagten Ausgabeansätze für
Der vorgelegte Haushaltsplan mußte notgedrun- die Verbesserung der Wirtschaftsstruktur im Saar-
gen -- schon aus zeitlichen Gründen — vom bisheri- land und in der Westpfalz.
gen Verteilungssystem ausgehen. Innerhalb dieses
Die sektorale Strukturpolitik der Bundesregierung
Systems war keine andere Vorlage möglich, will
zugunsten einzelner Wirtschaftszweige ist insbeson-
man den Anspruch auf Solidität aufrechterhalten.
dere auf die Gesundung des Steinkohlenbergbaus
Ich bin mir aber bewußt, daß Bund und Länder, gerichtet. Trotz der gegenwärtigen günstigen Absatz-
also gemeinsam, recht bald aus dem vorgesehenen lage auf dem Kohlenmarkt erfordert der angestrebte
Gesamtbildungsplan ein Gesamtbildungsbudget ent- langfristige Strukturwandel weiterhin erhebliche
wickeln müssen. Bundesmittel. Im Haushaltsentwurf 1970 sind für
(Beifall bei der SPD.) Absatz- und Rationalisierungshilfen insgesamt 434
Millionen DM vorgesehen.
Erst dann ist eine vernünftige Fortschreibung des
Finanzplans des Bundes für diesen Bereich möglich. Zur Sicherung und Verbesserung der importab-
In den früheren Plänen wurden die vor uns stehen- hängigen Erdölförderung, vor allem zum Erwerb und
den Aufgaben der Bildungspolitik einfach verkannt. zur Erschließung von Erdölfeldern im Ausland durch
Wir hatten in den vergangenen 20 Jahren gewiß die deutsche Erdölindustrie, wird der Bund bis 1974
großartige Aufbauleistungen vorzuweisen; aber insgesamt 575 Millionen DM, davon 115 Millionen
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Februar 1970 1357
Bundesminister Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller
DM im Jahre 1970, bereitstellen. Weitere Bundes- ausgaben aufgewendet. Für die entsprechenden Lei-
mittel sind zur Steigerung der internationalen Wett- stungen im Jahre 1970 ist ein Betrag von 4,3 Mil-
bewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft u. a. auf liarden DM erforderlich. Diese hohen Förderungs-
dem Gebiet der Luftfahrt und der elektronischen- beträge müssen künftig vermögenspolitisch wirk-
Datenverarbeitung eingeplant. samer eingesetzt werden als bisher.
Für die Infrastruktur unseres Landes und für Um die Vermögensbildung dort zu aktivieren, wo
weiteres Wachstum der Wirtschaft ist der Ausbau sie besonders dringend ist, nämlich in den ein-
des Verkehrswesens von entscheidender Bedeutung. kommensschwachen Schichten, will die Bundes-
Die Bundesregierung wird deshalb das „Verkehrs- regierung das Zweite Vermögensbildungsgesetz
politische Programm" fortführen und im Bundes- schnellstens umgestalten und verbessern. Dadurch
haushalt 1970 für Verkehrsausgaben insgesamt 10,1 soll die Politik zur Förderung der Vermögens-
Milliarden DM bereitstellen. Hierzu kommen noch bildung wirksamer und gerechter werden. Das ur-
Kreditmittel in Höhe von 480 Millionen DM, für die sprüngliche Ziel des Gesetzes, vermögenswirksame
der Bund den Kapitaldienst übernimmt. Allein für Zuwendungen der Arbeitgeber zu veranlassen, ließe
die Finanzierung des Fernstraßenbaus sind 1970 sich damit endlich erreichen. In diesem Zusammen-
Aufwendungen von rund 4,4 Milliarden DM vorge- hang kommt den Tarifverträgen im öffentlichen
sehen, dazu Kredite der Öffa von 320 Millionen DM. Dienst, in denen erstmals vermögenswirksame Zu-
Für Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrs- wendungen vereinbart wurden, beispielgebende Be-
verhältnisse in den Gemeinden sind insgesamt 910 deutung zu.
Millionen DM veranschlagt.
Auch die Einrichtungen für den Luftverkehr, ins- Die Bundesregierung wird einen Gesetzentwurf
besondere die Flugsicherung, werden weiter aus- zur wirtschaftlichen Sicherung eines bedarfsgerecht
gebaut. Dafür sind 305 Millionen DM gegenüber gegliederten Systems leistungsfähiger Kranken-
204 Millionen DM im Vorjahr vorgesehen. häuser vorlegen. Der Bund soll sich an den Inve-
stitionen für Krankenhäuser durch Übernahme eines
Eine systematische Vorausschau und Planung in Teils des Schuldendienstes beteiligen. Von 1971 bis
der Raumordnung, im Städtebau und im Wohnungs- 1973 sind dafür insgesamt 118 Millionen DM vor-
wesen sind zwingende Aufgaben der siebziger Jahre. gesehen. Damit kann der Schuldendienst für Inve-
Deshalb wurde der Regierungsentwurf eines Städte- stitionskosten von über 1 Mrd. DM finanziert
bauförderungsgesetzes den gesetzgebenden Körper- werden.
schaften bereits vorgelegt. Die Bundesregierung
hofft, daß dieses Gesetz noch 1970 in Kraft treten Von den übrigen Maßnahmen der Gesundheits-
und Maßnahmen zur Städtesanierung und Dorfer- politik, für die in den Haushalt und in den Finanz-
neuerung ab 1971 möglich machen wird. Im Finanz- plan erhebliche Beträge eingestellt wurden, nenne
plan sind für die Jahre 1971 bis 1973 zunächst einmal ich den Bereich der medizinischen Forschung, ins-
insgesamt 275 Millionen DM veranschlagt; nimmt besondere der Krebsforschung.
man die Verpflichtungsermächtigungen hinzu, so er-
höht sich dieser Betrag auf 450 Millionen DM. Für zentrale Sportförderungsmaßnahmen sind die
Mittel gegenüber dem Vorjahr erheblich erhöht
Gezielte Vermögensbildungspolitik wird ein wei- worden. Auch für den Ausbau von Stadien für die
terer Schwerpunkt der Arbeit dieser Bundesregie- Fußball-Weltmeisterschaft 1974 haben wir Bundes-
rung sein. Trotz der Debatte zu diesem Punkt am mittel vorgesehen.
gestrigen Tage lassen Sie mich hervorheben: Die
Bundesregierung vertritt die Auffassung, daß die Eine Erhöhung der Aufwendungen für die Olym-
Vermögensbildung in breiten Schichten unzurei- pischen Sommerspiele 1972 ist wegen der inzwi-
chend ist. Dies gilt vor allem für die Vermögens- schen eingetretenen Kostensteigerungen nicht zu
bildung in Arbeitnehmerhand. Die Feststellung in vermeiden. Nach eingehender Prüfung hat die Bun-
Art. 20 Abs. 1 des Grundgesetzes „Die Bundesre- desregierung — unter dem ausdrücklichen Vor-
publik Deutschland ist ein demokratischer und so- behalt der parlamentarischen Zustimmung — eine
zialer Bundesstaat" verpflichtet uns, wirksamere Steigerung des ursprünglich vorgesehenen Kosten-
Maßnahmen als bisher zu treffen. anteils des Bundes von einem Drittel auf die Hälfte
der Investitionskosten in Aussicht gestellt, soweit
Die Vermögensbildung wird zwar schon seit vielen sie nicht durch Sonderfinanzierung gedeckt werden
Jahren unter Einsatz erheblicher öffentlicher Mittel können.
gefördert. Diese Mittel sind jedoch in zu starkem
Maße Schichten mit hohem Einkommen zugute ge- Die Sozialleistungen des Bundes stellen den
kommen. größten Ausgabenblock im Bundeshaushalt 1970
(Beifall bei der SPD.) dar.
Bund und Länder gemeinsam haben in den Jahren Für die Kriegsopferversorgung sind — wie ich
1950 bis 1969 für die Vermögensbildung im enge- schon an anderer Stelle erwähnt habe — 1970 zu-
ren Sinne — d. h. ohne steuerliche Begünstigung sätzlich 938 Millionen DM vorgesehen. Hinzu kom-
nach § 7 b des Einkommensteuergesetzes, ohne die men in den folgenden Jahren die Mehrleistungen
Leistung für Lebensversicherungen und ohne die wegen der vom Deutschen Bundestag einstimmig
Grundsteuervergünstigungen nach dem 1. und beschlossenen Dynamisierung der Kriegsopfer
2. Wohnungsbaugesetz — 23,8 Milliarden DM in renten. Sie sind im Finanzplan berücksichtigt. Die
Form von Steuermindereinnahmen oder Haushalts Ausgaben für die Kriegsopfer werden 1970 rund
1358 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Februar 1970