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1.

Autökologie: Umweltbeziehungen des Einzelorganismus


2. Ökologie inter-organismischer Beziehungen
2.1 Populationsökologie (intraspezifische Beziehungen)
2.2 Synökologie (interspezifische Beziehungen)
 
2.1 Populationsökologie
2.1.1 Populationsbegriff
2.1.2 Struktur der Populationen
Geschlechterdifferenzierung, Altersaufbau,
Individuenverteilung im Raum
 2.1.2 Dynamik der Populationen
Abundanzschwankungen, Regulationsmechanismen (z. B.
durch Konkurrenz)
2.1.4 Metapopulationen
2.1.5 Arten
Zum Artbegriff; Entstehung, Veränderung und
Aussterben von Arten
2.6 „Populationen als Superorganismen“
2.7 Areale
 „Vielfalt des Lebens“ Ergebnis dreier Prozesse:
 
Anagenese
= Veränderung von Eigenschaften der
Organismen innerhalb jeder evolutionären
Linie

Kladogenese
= Aufspaltung (Fusion) der evolutionären Linien

Aussterben dieser Linien


ENTSTEHUNG VON ARTEN
 
Wenn mit „Art“ keine durch Merkmalsübereinstimmung
definierte Klasse (oder Typ),
sondern eine Biospezies gemeint ist:

dann muß die Art


entstehen (sich verändern) und wieder verschwinden
(denn sie ist ein Individuum)
Im folgenden geht es nur um Entstehung
(sowie Veränderung und Aussterben)
von Biospezies

Bezogen auf Art als Klasse ist


Artentstehung triviale
und willkürlich zu lösende Frage
„Lebensdauer“ der Art (Artbildungszeit) sehr
unterschiedlich

„Lebensdauer“ = Zeit von der Aufspaltung der Stammart

zur „Auflösung“ in einer erneuten Aufspaltung oder


Aussterben

häufige Werte:
Muscheln (Bivalvia) 4,6 – 7,7 Millionen Jahre
sehr lang:

Populus (Pappeln): fruchtbare Hybride bei


Entwicklungslinien,
die schon seit mindestens 12 Millionen Jahren getrennt

sehr kurz:

Viktoriasee (0,5 – 0,75 Millionen Jahre alt):


von einer einzigen Vorfahrenart ausgehend 170
Buntbarsch-Arten (Cichliden)

Nagugabo-See: einige Buntbarsch-Arten in nur 4000 Jahren


entstanden
(auch Zahlen von nur 200 Jahren werden für diese
Mechanismen der Artbildung (und
-veränderung):
 
Artbildung durch Aufspaltung und Fusion

 
 
An Artbildung (und Artveränderung) sind beteiligt:

Selektion (ökologische und sexuelle) und Zufallsprozesse


(genetische Drift)
Biogeographisch: Isolation kann sich entwickeln in

-getrennten Gebieten (allopatrisch)

-aneinandergrenzenden Gebieten (parapatrisch)

-einem gemeinsamen Gebiet (sympatrisch)

Weitgehende Einigkeit, daß all diese Mechanismen


/Kräfte/Situationen zur Speziation führen können,
Uneinigkeit über relative Bedeutung
Aber:
Schwierig, von einem einzigen Artenpaar anzugeben,
durch welche Mechanismen Trennung erfolgt ist
Isolationsmechanismen
 
- präzygotische

- postzygotische
 
Präzygotische Isolationsmechanismen:
- auf Sexualverhalten beruhende (z. B.
Partnererkennung)
-Ökologische (z. B. verschiedene Wirtspflanzen)

Geographische Isolation gehört nicht dazu:


nach wie vor potentielle Fortpflanzungsgemeinschaft
 
Erfolgreiche Paarung muß durch durch
Organismeneigenschaften verhindert werden
unterschiedliche Paarungszeiten, unterschiedliche
Nahrungs- und Biotopansprüche beruhen auf
Organismeneigenschaften,
Isolation hat innere Ursachen
Dagegen: Verhinderung der Paarung durch
Postzygotische Isolationsmechanismen
 
Hybriden aus beiden Arten
oder
Nachkommen aus Rückkreuzung mit Elternarten:
nicht lebensfähig oder steril
 
Oder aber nur Fitnessnachteil
aus der anderen Art eingedrungene Gene
(durch Hybridisierung und Rückkreuzung)
verschwinden nach einigen Generationen wieder
 
Ursache reduzierter Fitness der Hybriden:
Gene einer jeden Art aneinander angepaßt
(koadaptiert),
d. h. Gen funktioniert in dieser
Kombination gut,
nicht aber in anderer
Hybridisierung
 
Allel A in Kombination ABC
funktionsfähig

 
Hybridisierung mit abc AbC ...
 
Allel A in Kombination AbC nicht
funktionsfähig
 

Ist Folge von Epistasis:


 
An Ausbildung einer Eigenschaft
Artbildung durch Fusion
 
Artbildung durch Fusion nur dann möglich, wenn Hybriden
lebens- und fortpflanzungsfähig
 
Schwierigkeit überwinden, daß Genbestände nicht
koadaptiert
 
Selbst wenn Hybriden lebensfähig, so doch geringe Fitness
Hybridpopulation müßte „adaptives Tal“ durchschreiten,
d. h. sich zunächst gegen Selektionsdruck entwickeln

Zugleich erforderlich:
Fortpflanzungsschranke gegen Ausgangspopulationen
errichten
 
Möglichkeit sowohl der Vermeidung eines „adaptiven Tals“ als
auch der Isolation gegen Ausgangspopulationen:
Artbildung durch Polyploidie: wiederholbar

Angehörige einer solchen Biospezies können


immer wieder entstehen und sich der schon
bestehenden Biospezies „anschließen“
Problem mit der Auffassung der
Biospezies als Individuum!
 
Solche Artbildungen künstlich wiederholbar:
 
Hohlzahn Galeopsis tetrahit (2n = 32) konnte
man „nachbauen“ durch Kreuzung von
G. speciosa (n = 16) und G. pubescens (n = 16)
Artbildung durch Aufspaltung
 
Evolution der Isolationsmechanismen durch

5) Umweltselektion (ökologische Selektion, „natürliche“


Selektion)
6) sexuelle Selektion
3) genetische Drift
 
Zu (1) Umweltselektion
 
Vermutlich wichtigste Ursachenkomponente der
Speziation

Zahl der direkten Nachweise ihrer Wirksamkeit aber


gering
Laborexperimente mit Drosophila:
Simulation erster Schritte der Artbildung
Ist Aufteilung in verschiedene Biospezies direkte Folge der
Notwendigkeit,
diskontinuierliche Umweltbedingungen zu nutzen?

D. h. ist Artbildung prinzipiell einfach


ökologisch zu erklären?

 
Klassische Auffassung: Nein
Ohne reproduktive Isolation verwischt Genfluß durch
Umweltapassung entstandene Unterschiede wieder

Frage muß zuerst sein: wie entsteht reproduktive Isolation

Kann sie allein aufgrund der unterschiedlichen


Umweltbedingungen entstehen?
Problem sympatrische Speziation
Zu (2) Sexuelle Selektion
  
Sexuelle Selektion: Auswahl der/durch den Paarungspartner
Wer keinen bekommt, kann sich gar nicht fortpflanzen,
nicht nur etwas schlechter sehr wirksam

Sexuelle Selektion muß nichts mit Angepaßtheit an Umwelt


zu tun haben: Schauorgane können wichtiger sein als
Körperkraft
Sexuelle Selektion kann unabhängig von Umweltselektion
für
Artbildung wichtig sein

Darwin: besonders entwickelte sekundäre


Geschlechtsmerkmale (Partnererkennung) vor allem
in Gruppen mit hohem Artenreichtum
Beispiel Paradiesvögel Neuguineas
Vermutung: Artbildung aufgrund sexueller Selektion
Zu (3) Genetische Drift
Genetische Zusammensetzung einer Population
ändert sich nicht nur durch Umweltselektion,
sondern auch durch Zufall

Ernst Mayr (1942, 1967):


  Foto

Artbildung vor allem in kleinen, isolierten


Gründerpopulationen
(durch Kolonisation, gleiche Wirkung:
Flaschenhalseffekt durch Zerstückelung)

 
àgenetische Drift:
genetische Zusammensetzung stark vom
Ernst Mayr, ca.
1995
Gründereffekt:

Je kleiner Populationen,
desto weniger ähnelt Genbestand in dieser
„Stichprobe“ dem der Ausgangspopulation

 
Manche Allele in viel größeren Anteilen vorhanden,
andere, vor allem seltene, fehlen zufällig völlig

Falls Population nicht sehr rasch anwächst,


weitere zufällige Verluste wegen geringer Allel-Anzahl
z. B. durch Umweltschwankungen
Weil bestimmte Gene fehlen:
Charakter eines koadaptierten Systems von
zusammenwirkenden Genen wird teilweise aufgehoben

stabilisierende Tendenzen („genetische


Homöostase“) fallen weg,
die in großen Populationen gegeben

Worin bestehen stabilisierende Tendenzen?


Hohe Fitness ist an koadaptierte Genkombination
gebunden
Material dazu in großen Populationen immer vorhanden

Selektion begünstigt Genotypen mit koadaptierten


Kombinationen von Genen:
Genotypen mit nicht zusammenpassende Kombinationen
werden eliminiert
Stabilisierung des vorhandenen Genbestands
 
Dagegen Gründerpopulation:
sehr schnelle Veränderung („genetische Revolution“)
Denn: 
Viele Gene haben nicht mehr ihren alten Selektionswert,
weil ihre alten „Partner-Gene“ nicht mehr da

Auch wenn Umweltfaktoren der Gründerpopulation


gegenüber Ausgangspopulation gar nicht verändert :

Entwicklung geht doch in andere Richtung,


denn genetische Basis ist eine andere
und
Isolation (zunächst nur geographisch)
verhindert Angleichung an Ausgangspopulation
Abb. 21: Verlust und allmähliche Wiedergewinnung genetischer
Variation in einer Gründerpopulation. Die Gründer (B) haben nur
einen Bruchteil der genetischen Variation der Elternpopulation (A),
und weitere Gene werden während der nachfolgenden genetischen
Revolution verloren (B-C). Die Variation wir allmählich
wiedergewonnen (D), wenn die Population eine geeignete Nische
findet, bis ein neues Niveau (E) erreicht worden ist. Aus Mayr 1967.
Phänomene, die als Beleg für Gründerpopulationen-
Theorie anführt

Inselgruppen oder entsprechende verinselte Habitate:


adaptive Radiationen

Klassische Beispiele für Gründerprozesse:

- Darwinfinken auf Galapagos


-zahlreiche endemische Drosophila-Arten auf Hawaii-Inseln

 
Auf Hawaii über die Hälfte der bekannten über 1000
Drosophila-Arten (endemisch)

Alle stammen von einer Art (oder zwei) ab,


die vor zwei bis drei Millionen Jahren auf eine der Inseln
gelangte

Population bildet sich


von dieser aus andere Inseln besiedelt,
vermutlich mit sehr kleiner Gründerpopulation
(vom Wind verfrachtetes befruchtetes Weibchen)

Wegen Gründereffekt: rasche Entwicklung von


Isolationsmechanismen

Spätere Einwanderungen und Rückwanderungen führten


zu immer neuen Artbildungen

Rascher Formwandel nachgewiesen


Abb.30: Ausbreitungsereignisse von Drosophila im Hawaii-Archipel,
angenommen aufgrund von Verwandtschaftsbeziehungen. Die
Dichte der Pfeile ist proportional zur Zahl der
Ausbreitungsereignisse, Anzahl auf jeder Insel bzw. Inselgruppe in
Klammern. Nach Carr et al. 1989 aus Cox & Moore 2000, verändert.
Gründereffekt-Relevanz heute umstritten

In letzten zwei Jahrzehnten tendierte man dazu,


genetischer Drift und „Flaschenhalseffekt“, zu
dem „Gründung“ führt, weniger große Bedeutung
zuzuschreiben
 

Argument:

Isolierte Inseln haben auch bei gleichen abiotischen


Umweltbedingungen untereinander und von denen des
Festlandes stark abweichende Floren und Faunen

Populationen dort also unter sehr unterschiedlichen


biotischen Umwelten

Kaum möglich, Wirkungen von Umweltselektion und


Gründereffekt in diesen Fällen auseinanderzuhalten
Wiederholung
Merkmal dient bei Biospezies dem Erkennen der Biospezies,
nicht dazu, sie zu definieren
Merkmalsgleichheit allenfalls (!) Indiz für die Zugehörigkeit zur
gleichen Art,
nicht Kriterium
Die Biospezies ist wandelbar, muß sich aber nicht wandeln
Entstehung der biologischen Art ist ein plötzliches Ereignis nicht
durch Wechsel zu einem andern Typus (mit anderen Merkmalen),
sondern durch Entstehen einer Grenze

Wenn Biospeziesbegriff abgelehnt, dann meist


-aus Praktikabilitätsgründen
-aus Gründen der (traditionsbedingten) Plausibilität
Biospeziesbegriff auf Pflanzen nicht anwendbar?
Biospeziesbegriff auf uniparentale Organismen nicht anwendbar
Artbegriff der Logik ist allgemeines Ordnungsprinzip,
Biospeziesbegriff dagegen ist kein Ordnungsprinzip
Für Biparentale ist Biospezies aber auch zum Zwecke der Klassifikaktion
verwendbar!
Wiederholung

Artentstehung

Entstehung von Biospezies - Bezogen auf Art als Klasse


ist Artentstehung triviale und willkürlich zu lösende Frage
„Lebensdauer“ der Art (Artbildungszeit)
Mechanismen/Triebkräfte der Artbildung
- Isolationsmechanismen: präzygotische,
postzygotische
- Artbildung durch Fusion und durch Spaltung
- Selektion (ökologische und sexuelle) und
Zufallsprozesse (genetische Drift)
- Zufallsprozesse: Gründereffekt
Biogeographie der Artbildung
 
Wie muß Verhältnis der beiden
Verbreitungsgebiete bei Beginn der Artbildung
sein,
damit sich reproduktive Isolation entwickeln
kann?
 
Müssen sie z. B. biogeographisch getrennt
sein?
 
Welche geographischen Situationen
begünstigen Speziation?
Entstehung innerer Reproduktionsschranke
biogeographisch
auf drei verschiedene Weisen denkmöglich:
 
4) Zwei Populationen einer Art haben getrennte
Verbreitungsgebiete und entwickeln sich darin in
verschiedene Richtung, bis sie schließlich auch
potentiell nicht mehr kreuzungsfähig sind
(allopatrische Artbildung)

7) Im Grenzbereich benachbarter Arten entstehen


Hybride, deren Population selbständige Entwicklung
nimmt
(parapatrische Artbildung)

3) Innerhalb einer Population entwickelt ein Teil


reproduktive Isolation gegenüber dem Rest, so daß
Allopatrische Artbildung
 
= klassische Auffassung

 
Nach Entstehung der neodarwinistischen
Theorie:
In weiten Kreisen setzte sich Meinung durch:
(Fast) nur allopatrisch ist Artbildung
möglich
 

Erst im Nachhinein
können die zu Biospezies gewordenen beiden
Populationen sympatrisch werden
Mechanismus allopatrischer Artbildung:

1) Unterschiedliche Umweltbedingungen in getrennten


Verbreitungsgebieten
Populationen werden allmählich in verschiedener Hinsicht
unähnlicher

2) Gene einer jeden Population koadaptiert


Gene getrennter Populationen werden gegenüber denen
der anderen Population mehr und mehr inkompatibel

Nach längerer Zeit treffen Populationen wieder


aufeinander und sind noch paarungsfähig:

Wegen der inkompatiblen Gene sind Hybride von reduzierter


Fitness, steril oder gar nicht mehr lebensfähig
Reproduktive Isolation
Reproduktive Isolation ist unvermeidlich, lediglich genügend
Zeit ist erforderlich

Bei geographischer Isolation keine Kräfte, die reproduktive


Verträglichkeit fördern (wie koadaptierten Genpool)
Jede evolutionäre Kraft führt zu immer weiterem Divergieren
(nicht nur Selektion, auch genetische Drift)

Allopatrie muß also nach einiger Zeit zu reproduktiver


Isolation führen

Isolationsmechanismen entstehen bei allopatrischer


Speziation als Nebenprodukt
der Anpassung an unterschiedliche Bedingungen und der
genetischen Drift
 
Bei erneutem Aufeinandertreffen:

Wieder Kreuzung bereits weitgehend reproduktiv isolierter


Populationen

Hybriden aber (normalerweise) schlechter angepaßt,


den Elternarten unterlegen

= (unvollständige) postzygotische Isolation

 
Selektion „versucht“, Hybridisierung von vornherein zu
verhindern:
 
Entwicklung präzygotischer Isolationsmechanismen
kein vergeblicher Aufwand bei Paarung
Präzygotische Isolationsmechanismen meist
über sexuelle Selektion vermittelt

Merkmale, die Erkennung von Artgenossen bei


Paarung dienen,
werden verstärkt

Es ist die Funktion der so entstandenen Eigenschaften/


Verhaltensweisen,
Paarung zu verhindern
 
Dagegen:
Postzygotische Mechanismen, die Fitness der Hybriden
erniedrigen:
nur Nebenprodukt der Anpassung an unterschiedliche
Theorie allopatrischer Speziation durch
Beobachtung von „Kontrastverstärkung“ in
Überlappungszone der Areale bestätigt:
 
Eng verwandte Arten unterschieden sich meist in
Merkmalen,
die der Partnererkennung dienen

Unterschiede aber in Gebieten,


in denenbeide Arten gemeinsam vorkommen,
stärker als bei getrennten Populationen dieser
Beispiele Kontrastverstärkung:

3)Trauerfliegenschnäpper (Ficedula
hypoleuca) (N und NW Europas) (Ficedula
albicollis) (südöstlich davon)

4)Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wanderte


Heringsmöwe (Larus fuscus) im
Nordseegebiet in Bereich ein, der bereits von
der Silbermöwe (Larus argentatus) besiedelt.
Hybridisierungenin größerem Ausmaß
Seither diese viel seltener geworden
Als Ergebnis eines Kontrast-
Abb. 31: Verlauf der Bastardzone der Raben- und Nebelkrähe
(Corvus c. corone und Corvus c. cornix) in Westeuropa. Zu
beachten die Enge und ungleiche Breite der Zone. Nach Meise
1928 aus Mayr 1967.
Zwei Extremfälle allopatrischer
Speziation:

- Peripatrische Speziation

- Vikarianz-Speziation
(dichopatrische Speziation)
Allopatrische Speziation sicher
bei weitem wichtigster Weg der Artbildung

 
Günstige geographische Speziationsbedingungen:
vor allem räumliche Trennung von Populationen

Erklärung für steilen Anstieg der Artenzahl mariner


Organismen nach Ausrottung Ende des Erdaltertums:
Pangäa teilte sich in mehrere Kontinente
Für Speziation besonders förderlich:
geographische Situation, die Kolonisierung begünstigt
(Gründer-Theorie)

Wird z. B. möglich, wenn besiedelbarer Raum neu


entsteht

Er muß, damit Kolonisierung mit kleinen Populationen


beginnt, durch Ausbreitungsbarrieren getrennt sein (z.
B. neue Vulkaninsel)

Aber auch schon bestehende Kontinente, Inseln und vor


allem Inselgruppen können neu besiedelt werden
„Inseln“ können auch Habitatinseln sein

Was ein Habitat ist, hängt von Ansprüchen und Fähigkeiten


der Organismen ab

Regel:
Je enger spezialisiert, desto kleiner ist Fläche ihrer Habitate
und desto mehr sind diese verinselt
Vermutung, daß Gebirgspässe in Tropen aus Perspektive
der Arten höher als weiter nördlich, da Arten stärker
spezialisiert
tropische Gebiete: biogeographische Ähnlichkeit mit
Inselgruppen

Kann Teil der Erklärung für ihren großen Artenreichtum


sein

Arten höherer Breiten weniger spezialisiert,


Erklärung:
klimatische Schwankungen meist größer
Parapatrische Artbildung
 
Artbildung setzt voraus, daß in einem Teil der Population
genetische Unterschiede gegenüber anderem Teil entstehen

Sollte dadurch begünstigt werden, daß überhaupt genetische


Variabilität entsteht (Individuen genetisch sehr
unterschiedlich)
 
Besonders viel genetische Variabilität entsteht,
wenn die sich kreuzenden Organismen sehr unterschiedlich
sind,
d. h. bei der Hybridisierung

Sind geographische Situationen, die Hybridisierung


begünstigen, günstig für Artbildung?
Aber Theorie zeigt:
große Schwierigkeiten zu überwinden
- Verringerte Fitneß der Hybriden
- Rückkreuzung mit Elternpopulationen

kontrovers, ob parapatrische Speziation


überhaupt nennenswerte Rolle spielt
Parapatrische Speziation auf jeden Fall über
allopolyploide Hybride möglich

Speziation über diploide Hybride:


 
Schwierig:
- Fitneßnachteil und Sterilität
- Rückkreuzung mit Elternpopulationen
 
 
Möglichkeiten der Überwindung:
 
-Uniparentale Fortpflanzung der Hybriden, dann
Rückkehr zu biparentaler
 
- Geographische Isolation der Hybriden, dann
Wiedervereinigung
Sympatrische Artbildung
 
Bisher
für unmöglich gehalten
Ausnahmen: plötzliche Speziation durch chromosomale
Veränderungen

Sympatrische Mechanismen nur


Verstärkung bereits allopatrisch entstandener
Isolationsmechanismen
(Entwicklung präzygotischer Isolation)
 
Sympatrische Artbildung in zwei Formen vorstellbar:
12) Ausgehend von Hybriden zweier im gleichen Gebiet
lebender Arten (entspricht parapatrischer Speziation)
13) Gruppe von Organismen kann sich umweltbedingt
innerhalb einer Population in eine andere Richtung
entwickeln als der Rest, bis zur reproduktiven
Isolation
Zu (2)

Neue Entwicklungslinie müßte sich gleichzeitig


ökologisch so verändern,
(1) daß sie unter Konkurrenz der
Ausgangspopulationen bestehen kann (oder ihr
nicht ausgesetzt ist)
(3) daß sie reproduktiv isoliert ist

 
Keinesfalls ist bereits starke innere Differenzierung einer
Population in regionale/ lokale Rassen
als Vorstufe ihrer Aufspaltung in Arten zu betrachten

(früher, vor Aufkommen der Theorien geographischer


Artbildung, häufiger gedacht)
Früher geglaubt, daß Selektionsdruck
immer so schwach,
daß Genfluß beginnende Differenzierung
bald wieder beendet

Heute:

Es gibt doch bestimmte Konstellationen,


in denen sich reproduktive Isolation zwischen
divergierenden Gruppen entwickeln kann,
ohne daß vorher äußere (geographische)
Umstände eine Isolation herbeigeführt haben
Schon früh Modelle entwickelt, die zeigten,
wie sympatrische Speziation vor sich gehen könnte

Jedoch lange geglaubt, daß Bedingungen, die in den


Modellen angenommen,
in Realität nie gegeben:
Extrem hoher Selektionsdruck

Sympatrische Speziation scheint nun unter bestimmten


Bedingungen doch möglich:
8) Über uniparentale Linie
9) Stark diskontinuierliche Habitate
10) Auftreten neuer Wirtsarten
11) „Mikrogeographische“ Verhältnisse, die allopatrische
Speziationbegünstigenden geographischen
Situationen (Inselgruppen) ähneln
Zu (1)
Möglichkeit sympatrischer Artbildung über
Entstehung einer uniparentalen Linie (z. B.
vegetative Fortpflanzung)
(nie bestritten, aber für sehr selten erachtet):
 
àVeränderung der uniparentalen Linie unter
abweichenden Selektionsbedingungen
 
àRückkehr zur biparentalen Fortpflanzung,
reproduktive Isolation
 
Zu (2) Sympatrische Speziationdurch stark
diskontinuierliche Habitate
Drosophila: beginnende reproduktive Isolation durch
starken Selektionsdruck experimentell erzeugt

Mehr oder weniger allgemein als Beispiel sympatrischer


Artbildung in Natur akzeptiert:
 
Auf schwermetallhaltigen Böden (vor allem
Bergwerkshalden, auch natürliche Serpentinstandorte)
haben sich eigene Pflanzenarten herausgebildet:
Selektionsdruck besonders groß
Eine Rolle spielt aber vermutlich auch:
Böden trockener,
Pflanzen reagieren auf Trockenheit oft mit
vorverlegter Blütezeit
Zu (3) Auftreten neuer Wirtsarten

Nordamerikanische Kirschfliegen-Art
Rhagoletis pomonella

Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts nur auf


Weißdorn

Dann auf in Nordamerika eingeführten


Apfelbäumen
Darauf lebende Tiere in wenigen Jahrzehnten
weitgehend reproduktiv isolierte Wirtsrasse

Fliegen legen Eier in Früchte und paaren sich auf


Ursache reproduktiver Isolation vermutlich vor allem:

Präferenz zur Paarung mit Mitgliedern der eigenen


Wirtsrasse
an Präferenz für bestimmtes Habitat /Ressource gebunden

Wenn Selektion auf bessere Anpassung an Wirtspflanze,


wird zugleich Paarungspräferenz mit eigener Rasse
(assortative Paarung) begünstigt

Wäre assortative Paarung einzige Wirkung eines bestimmten


Genkomplexes, würde beginnende genetische Differenzierung
unter sympatrischen Verhältnissen durch Genfluß leicht
wieder beseitigt

Enge Koppelung von Genen,


die Nutzung spezieller Ressource fördern,
mit Genen, die Paarung mit eben den Individuen fördern,
die ebenfalls diese Ressource nutzen:
als allgemeine Bedingung für sympatrische Speziation
Zu (4) „Mikrogeographische“ Verhältnisse, die
geographischen
Situationen ähneln, die allopatrische Speziation
begünstigen
(Inselgruppen)

Unterschied zwischen allopatrischer und


sympatrischerSpeziation verschwimmt

Beispiel ostafrikanischer Buntbarsche

Manche der zahlreichen Aufspaltungen dieser


Tiergruppe durch echte geographische Isolation
erklärbar:

Wasserstandsschwankungen
flache Seen für längere Zeit in mehrere kleine
Gewässer aufgeteilt, die sich später wieder
Wenn keine solche Trennung:

Fischarten oft endemisch in kleinen Bereichen mit


besonderen Umweltbedingungen innerhalb eines Sees

Erklärungsmöglichkeit:
Malawi-See große Zahl von felsbewohnender Cichliden-
Arten auf zahlreichen im See verstreuten Riffen
Wasserstandsschwankungen:
immer wieder andere Felsen in geeigneter Wassertiefe
Kolonisation so selten, daß die einzelnen Riffpopulationen
hinreichend vor Genfluß geschützt Beginn eigener
Evolution

Ob allopatrische Speziation oder sympatrische, ist


nicht eindeutig zu entscheiden:
Deutung als allopatrische Speziation:

Populationen auf verschiedenen Riffen sind geographisch


isoliert,
also durch äußere Zwänge getrennt
Entfernung hinreichend unüberwindlich

könnten sich erfolgreich paaren, wenn man sie


zusammenbrächte: nach wie vor eine Art

Dann:
Isolationsmechanismen entstehen allmählich durch die
verschiedenen Selektionsbedingungen

Werden nach erneuter Sympatrie durch Ausbildung


präzygotischer Isolation verstärkt
Deutung als sympatrische Speziation:

Verbleiben beim Riff ist nur Habitatbevorzugung


Buntbarsche können ja zwischen den Riffen migrieren,
tun es nur zu selten

Bereits wenn Habitatpräferenz ausgebildet: reproduktive


Isolation 2 Arten
Denn Ursachen für Isolation gegenüber anderen
Riffpopulationen wären innere

Populationen sind präzygotisch isoliert, denn sie können sich


wegen ihrer Habitatbindung nicht paaren

Demgegenüber nach Deutung als allopatrische Speziation


erst dann (im wesentlichen postzygotisch) isoliert,
wenn keine hinreichend angepaßten Hybriden mehr möglich
1.Autökologie: Umweltbeziehungen des Einzelorganismus
2. Ökologie inter-organismischer Beziehungen
2.1 Populationsökologie (intraspezifische Beziehungen)
2.2 Synökologie (interspezifische Beziehungen)
 
2.1 Populationsökologie
2.1.1 Populationsbegriff
2.1.2 Struktur der Populationen
Geschlechterdifferenzierung, Altersaufbau,
Individuenverteilung im Raum
 2.1.2 Dynamik der Populationen
Abundanzschwankungen, Regulationsmechanismen (z. B.
durch Konkurrenz)
2.1.4 Metapopulationen
2.1.5 Arten
Zum Artbegriff; Entstehung, Veränderung und
Aussterben von Arten
2.6 „Populationen als Superorganismen“
2.7 Areale
Artveränderung
 
2 extreme Möglichkeiten:
 
1) Artbildung ohne Veränderung
Dann Artveränderung
Dann wieder Artbildung ohne Veränderung

2) Artbildung mit Veränderung


Art bleibt dann unverändert
Dann wieder Artbildung mit Veränderung
= „punktualistische Evolutionstheorie“,
(Eldredge & Gould)

Bei (1): kontinuierliche Veränderung


Bei (2): ruckartige Veränderung, wie bei
„hoffnungsvolle Monstren“
Abb. 56: Formen der Selektion. Ungünstiger (↓) und
günstiger (↑) Selektionsdruck. Ordinaten: Häufigkeit der
Individuen in der Population, Abszissen: Phänotypische
Variation. Nach Wilson & Bossert 1971.
Bedeutung des Phänomens der Speziation überhaupt
für Veränderungen der Organismen:
 
Welches Ausmaß könnten Veränderungen in
den evolutionären Linien haben,
wenn es keine Biospezies-Bildung gäbe?
 

Uniparentale Organismen:
Möglichkeit, sich sehr genau an lokale Bedingungen
anzupassen
 
Biparentale Organismen :
Genfluß von Populationen her, die an andere lokale
Bedingungen angepaßt Verwischung der Unterschiede
 
Aber
Genfluß auf Biospezies begrenzt
diese Einheit kann sich unabhängig
entwickeln

Vorzug gegenüber uniparentalen


Entwicklungslinien:
Rekombination hohe genetische Variabilität
 
Gäbe es biparentale Fortpflanzung ohne
reproduktive Isolation, würde
Nivellierungsprozeß ganz anderes Ausmaß
haben

Erst wenn sich eine Population isoliert hat


(Artbildung),
Ausmaß der Veränderungen bei reproduktiver
Isolation

Zwischen eng verwandten Arten sehr unterschiedlich


Unterschiede im Genbestand manchmal groß,
manchmal äußerst gering

Sehr gering trotz großer ökologischer, ethologischer,


morphologischer Unterschiede:
ostafrikanische Buntbarsche

Unterschied hinsichtlich morphologischer (...)


Eigenschaften manchmal groß, manchmal äußerst gering
(Geschwisterarten)
Unterschiede innerhalb der biologischen Art:

diachron:
Einerseits „lebende Fossilien“
Kiemenfuß Triops cancriformis
von Formen aus der Trias (vor über 200 Millionen
Jahren) nicht zu unterscheiden

Andererseits:
Ohne Aufspaltung so große Veränderungen, daß man
typologisch mehrere Arten unterschieden hat
(„Chronospezies“)
Z. B. Homo erectus und H.
sapiens
synchron:
Manche Arten sehr variabel (Landschnecken); Haushunde

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