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Vorbemerkung .................................................................................................2
Einleitung.........................................................................................................2
1 Anwendungsbereich ................................................................................2
2 Normative Verweise ..................................................................................2
3 Formelzeichen ...........................................................................................3
4 Bezeichnungen .........................................................................................3
4.1 Schwingungsisolierung ......................................................................3
4.2 Systemkomponenten..........................................................................4
5 Konzepte und Aufgaben der aktiven Schwingungsisolierung .............5
5.1 Anwendungsbereiche der aktiven Schwingungsisolierung................5
5.2 Strukturdynamische Wirkungsprinzipien der aktiven
Schwingungsisolierung ......................................................................5
5.3 Systemtheoretische Realisierungen der aktiven
Schwingungsisolierung für einen Freiheitsgrad.................................6
5.4 Aktive Schwingungsisolierung für mehrere Freiheitsgrade..............9
6 Kenngrößen der Komponenten aktiver Schwingungsisolierungen .....9
6.1 Allgemeines .......................................................................................9
6.2 Aktoren ..............................................................................................9
6.3 Sensoren...........................................................................................12
6.4 Signalverarbeitungseinheit...............................................................12
7 Hinweise zur Spezifikation aktiver Schwingungsisolierungen ...........13
7.1 Allgemeines .....................................................................................13
7.2 Komponenten...................................................................................13
7.3 Systembetrachtungen .......................................................................13
7.4 Integriertes System ..........................................................................16
7.5 Hinweise zu Messmethoden ............................................................18
Anhang Technische Realisierungen und Anwendungsbeispiele .20
A1 Anwendungsbeispiel 1 .....................................................................20
A2 Anwendungsbeispiel 2 .....................................................................21
Schrifttum ......................................................................................................26
VDI-Handbuch Schwingungstechnik
–2– VDI 2064 Entwurf
1 Anwendungsbereich
Die vorliegende Richtlinie ist auf aktive Schwin-
gungsisolierungen anzuwenden. Sie gilt nicht für
passive oder semiaktive Schwingungsisolierungen.
Elemente der aktiven Schwingungsisolierung kön-
nen für spezielle Aufgaben die bekannten passiven
Allen, die ehrenamtlich an der Erarbeitung dieser Elemente zur Schwingungsisolierung ergänzen.
VDI-Richtlinie mitgewirkt haben, sei gedankt. Ein Schwingungsisolierungssystem mit aktiver
Schwingungsisolierung enthält daher in der Regel
auch passiv wirkende Komponenten. Entsprechend
Einleitung
beschreibt DIN EN 1299 die erforderlichen Min-
Durch die Schwingungsisolierung soll entweder destangaben für die Auswahl einer Schwingungs-
eine Übertragung periodischer, stoßförmiger oder isolierung (Abschnitt 6) und den grundsätzlichen
stochastischer Kräfte von einer Schwingungsquelle Leitfaden für die Nachprüfung der Wirksamkeit
(beispielsweise einer Maschine) in angrenzende der Isolierung (Abschnitt 7). Die vorliegende
Strukturen vermindert werden (Quellenisolierung, Richtlinie ergänzt den in der genannten DIN
Schutz gegen Schwingungsemissionen), oder es EN 1299 gegebenen Leitfaden bezüglich spezifi-
sollen Menschen und empfindliche Maschinen, scher Anforderungen für aktive Schwingungsiso-
Geräte oder Gebäude vor Schwingungen aus der lierungen.
Umgebung geschützt werden (Empfängerisolie-
rung, Schutz vor Schwingungsimmissionen). Beide 2 Normative Verweise
Aufgabenstellungen können durch den Einsatz von
Die folgenden zitierten Dokumente sind für die
Schwingungsisolierungen gelöst werden. Auf diese
Anwendung dieser Richtlinie erforderlich:
Weise entsteht ein System, dessen dynamisches
Verhalten von den Eigenschaften der Schwin- Richtlinie 98/37/EG des Europäischen Parlaments
gungsquelle, den dynamischen Eigenschaften der und des Rates vom 22. Juni 1998 zur Anglei-
quellen- und empfängerseitigen Strukturen und den chung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften
Eigenschaften der Elemente der Schwingungsiso- der Mitgliedstaaten für Maschinen, ABl EG,
lierung entscheidend beeinflusst wird. Die optima- 1998, Nr. L 207, S. 1–46
le Auslegung des Systems hinsichtlich der jeweili- DIN EN 1299:1997-05 Mechanische Schwingun-
gen Anforderungen an den Schwingungsschutz gen und Stöße; Schwingungsisolierung von Ma-
erfordert die umfassende und detaillierte Kenntnis schinen; Angaben für den Einsatz von Quellen-
aller Faktoren, die die resultierenden Eigenschaften isolierungen; Deutsche Fassung EN 1299:1997.
und den nutzbringenden Einsatz einer Schwin- Berlin: Beuth Verlag
gungsisolierung für eine bestimmte Maschine oder DIN EN ISO 12100-1:2004-04 Sicherheit von
Anlage beeinflussen. Maschinen; Grundbegriffe, allgemeine Gestal-
Zur Unterstützung stehen bezüglich passiver tungsleitsätze; Teil 1: Grundsätzliche Termino-
Schwingungsisolierungen mit Massen, Federn und logie, Methodologie (ISO 12100-1:2003); Deut-
Dämpfern sowohl normative Dokumente (DIN sche Fassung EN ISO 12100-1:2003. Berlin:
EN 1299) wie auch Richtlinien (VDI 2062 Blatt 1 Beuth Verlag
und VDI 2062 Blatt 2) zur Verfügung. Eine aktive DIN EN ISO 12100-2 Ausgabedatum 2004-04
Schwingungsisolierung ist bei diesen Dokumenten Sicherheit von Maschinen; Grundbegriffe, all-
jedoch explizit ausgenommen (siehe DIN gemeine Gestaltungsleitsätze; Teil 2: Technische
EN 1299, Anhang A.4). Leitsätze (ISO 12100-2:2003); Deutsche Fassung
Die vorliegende Richtlinie soll ähnlich den ge- EN ISO 12100-2:2003. Berlin: Beuth Verlag
nannten Dokumenten ein Grundverständnis sowie
den begrifflichen Rahmen für die aktive Schwin-
gungsisolierung herstellen. Sie soll praktische
Hinweise für die Auslegung und die wesentlichen
Entwurf VDI 2064 –3–
5 Konzepte und Aufgaben der aktiven Die aktive Schwingungsisolierung wirkt somit als
Schwingungsisolierung eine Erhöhung der mechanischen Impedanz an der
empfängerseitigen Kopplungsstelle. Bei vollstän-
5.1 Anwendungsbereiche der aktiven
Schwingungsisolierung
diger Kraftkompensation wird die aktiv realisierte
Impedanz unendlich, da jede eingeleitete dynami-
Die aktive Schwingungsisolierung kann sowohl sche Kraft durch eine entsprechende Gegenkraft
zur Quellen- als auch zur Empfängerisolierung bei kompensiert und die mechanische Bewegung da-
periodischen, stochastischen oder stoßförmigen mit verhindert wird. Die Gegenkraft führt zu einer
Schwingungen eingesetzt werden. versteiften bzw. im theoretischen Grenzfall zu
Da eine aktive Schwingungsisolierung einen ein- einer unendlich steifen Struktur.
geschränkten Arbeitsfrequenzbereich aufweist, Diese Veränderung der mechanischen Impedanz
wird sie in der Regel durch eine passive Schwin- kann, insbesondere bei der Quellenisolierung, zu
gungsisolierung ergänzt. einem veränderten dynamischen Verhalten des
Eine aktive Schwingungsisolierung kann mit wei- mechanischen Gesamtsystems führen.
teren Funktionen, beispielsweise einer Positions- Bei drehenden Systemen werden die Kräfte sinn-
regelung, kombiniert werden. Derartige ergänzen- gemäß durch Drehmomente und die Geschwindig-
de Funktionen sind nicht Bestandteil dieser Richt- keiten durch Drehgeschwindigkeiten ersetzt.
linie.
Anmerkung: Die mechanische Impedanz ist in DIN 1311-2,
5.2 Strukturdynamische Wirkungsprinzipien Abschnitt 7.5.3 als der Quotient des Fourier-Spektrums einer
der aktiven Schwingungsisolierung erregenden Kraft zum Fourier-Spektrum der resultierenden
Schwinggeschwindigkeit (Kehrwert der Admittanz) definiert.
5.2.1 Aktive Schwingungsisolierung durch
Kraftkompensation bzw. Erhöhung der 5.2.2 Aktive Schwingungsisolierung durch
mechanischen Impedanz der empfän- Wegkompensation bzw. Verringerung
gerseitigen Struktur der mechanischen Impedanz der emp-
Die aktive Schwingungsisolierung durch Kraft- fängerseitigen Struktur
kompensation beruht auf der Erzeugung einer dy- Die aktive Schwingungsisolierung durch Weg-
namischen Gegenkraft, die der auf die empfänger- kompensation beruht auf der Erzeugung eines dy-
seitige Struktur einwirkenden Erregerkraft mög- namischen Wegausgleichs in einem innerhalb der
lichst betragsgleich, parallel und momentenfrei Isolierung in Reihe angeordneten Isolierelement.
entgegenwirkt. Damit befinden sich bei der Quel- Dieser Wegausgleich muss – soweit möglich – den
lenisolierung die empfängerseitige Struktur bzw. negativ gleichen Momentanwert wie die Anregung
bei der Empfängerisolierung die zu schützende aufweisen. Damit befinden sich bei der Quelleniso-
Struktur idealerweise im dynamischen Kräfte- lierung die empfängerseitige Struktur bzw. bei der
gleichgewicht, erfahren also keinerlei Anregung. Empfängerisolierung die zu schützende Struktur
–6– VDI 2064 Entwurf
idealerweise in Ruhe, erfahren also keine Kraftan- Als Eingangsgrößen der Signalverarbeitungsein-
regung. heit werden bevorzugt die Signale des Referenz-
Die aktive Schwingungsisolierung wirkt dabei als sensors verwendet, da diese Vorab-Informationen
Verringerung der mechanischen Impedanz an der (a priori) über die zu isolierende Schwingung ent-
Kopplungsstelle. Bei vollständiger Wegkompensa- halten. Aus regelungstechnischer Sicht wird damit
tion wird die aktiv realisierte Impedanz Null, da eine Steuerung realisiert. In vielen Fällen (beson-
jede Schwingungsamplitude „kraftfrei“ durch ei- ders bei der Empfängerisolierung) stehen keine
nen Wegausgleich kompensiert und damit das geeigneten Referenzsignale zur Verfügung, sodass
Aufbringen einer Kraft verhindert wird. Das aktive für die Ermittlung des Ansteuersignals nur das
Schwingungsisoliersystem stellt theoretisch eine Signal des Fehlersensors herangezogen werden
unendlich weiche Feder dar. kann. Dann wirkt die aktive Schwingungsisolie-
rung als geschlossener Rückkopplungs-Regelkreis.
Die Durchführung dieser Quellenisolierung führt
In der Praxis wird oft mit einer Kombination ver-
zu einem veränderten dynamischen Verhalten der
schiedener Regelkonzepte gearbeitet.
quellenseitigen Struktur. Bei drehenden Systemen
werden die Wege sinngemäß durch Winkelampli- 5.3.1 Einfacher Regelkreis
tuden ersetzt. Aktive Schwingungsisolierungen können als einfa-
5.3 Systemtheoretische Realisierungen der che Regelkreise aufgebaut werden (Bild 2). In
aktiven Schwingungsisolierung für einen diesem Fall wird das Signal eines Fehlersensors
Freiheitsgrad (regelungstechnisch die Störgröße) so über einen
Aus systemtheoretischer Sicht lässt sich die aktive Regler an den Aktor zurückgeführt, dass das Feh-
Schwingungsisolierung als Kopplung zwischen lersensorsignal unter Berücksichtigung der Regel-
einer quellenseitigen und einer empfängerseitigen strecke (Übertragungsfunktion Aktor-Fehlersensor)
mechanischen Struktur betrachten. minimal wird.
Die quellenseitige Struktur ist Ausgangspunkt für Dies ist die typische Aufgabe einer Schwingungs-
die Übertragung von Schwingungserregungen über isolierung und entspricht aus regelungstechnischer
die aktive Schwingungsisolierung auf die empfän- Sicht einer konstanten Führungsgröße von Null für
gerseitige Struktur. Ziel der aktiven Schwingungs- den dynamischen Signalanteil.
isolierung ist es, den Betrag der an die empfänger- Der Entwurf und die Realisierung eines solchen
seitige Struktur abgegebenen Schwingungserre- Reglers sind Aufgaben der klassischen Regelungs-
gungen im gewünschten Maße zu verringern. technik. Beim Reglerentwurf liegt der Schwer-
Die wesentlichen Komponenten einer aktiven punkt entsprechend der Aufgabenstellung weniger
Schwingungsisolierung sind Referenzsensor, Feh- beim Führungsgrößenverhalten als bei der Stör-
lersensor, Signalverarbeitungseinheit und Aktor größenunterdrückung.
(bestehend aus Energiesteller und Energiewandler, Einfache Regelkreise arbeiten in der Regel breit-
Bild 1). Der Referenzsensor liefert Informationen bandig, wobei der Arbeitsfrequenzbereich durch
über die Schwingung der quellenseitigen Struktur. den Reglerentwurf bestimmt wird. Erfahrungsge-
Der Fehlersensor registriert die verbleibende mäß resultiert der Arbeitsbereich meist aus der
Schwingung der empfängerseitigen Struktur. Aus Forderung nach Stabilität, aus den Phasenverschie-
diesen Messsignalen wird in der Signalverarbei- bungen bzw. den Laufzeiten der beteiligten Kom-
tungseinheit das Ansteuersignal für den Aktor er- ponenten sowie aus der benötigten Schleifenver-
mittelt. stärkung, um eine bestimmte Isolierwirkung zu
Dieses von der Signalverarbeitungseinheit bereit- erreichen. Um die Phasenverschiebung bzw. Lauf-
gestellte Ansteuersignal für den Aktor verwendet zeit des Reglers gering zu halten, empfiehlt sich
der Energiesteller zur Bereitstellung eines Leis- für einfache Regelkreise die Umsetzung in Analog-
tungssignals für den Energiewandler, der dieses technik.
dann in die benötigte mechanische Stellgröße um- In Abhängigkeit von der Aufgabenstellung der
setzt. Bei richtiger Auslegung der aktiven Schwin- aktiven Schwingungsisolierung, der physikalischen
gungsisolierung mindern die derart aufgebrachten Messgröße des Fehlersensors und den Einbauorten
(sekundären) mechanischen Stellgrößen die insge- und -arten von Sensor und Aktor lassen sich mit
samt in die empfängerseitige Struktur übertragenen einfachen Regelkreisen aus schwingungstechni-
Zustandsgrößen. scher Sicht verschiedenartige Systeme realisieren.
Entwurf VDI 2064 –7–
5.3.1.1 Schwinggeschwindigkeits-
Kraft-Rückkopplung
Wird die Schwinggeschwindigkeit des zu isolie-
renden Objekts, beispielsweise bei der Empfänger-
isolierung, über eine Verstärkung zur Ansteuerung
einer zur passiven Schwingungsisolierung parallel
angeordneten Kraftquelle genutzt, so wirkt diese
wie eine zusätzliche „Dämpfungskraft“. Diese ist
jedoch nicht zu der Schwinggeschwindigkeitsdiffe-
renz ober- und unterhalb der Lagerung, sondern zu
der absoluten Schwinggeschwindigkeit des zu
isolierenden Objektes proportional.
Dieser Ansatz heißt im englischen Sprachraum
skyhook damping und wird im Deutschen mitunter Bild 4. Schema eines passiv gedämpften Einmas-
als absolute Dämpfung (im Gegensatz zu der zur senschwingers mit relativer Dämpfung (passiver
Schwinggeschwindigkeitsdifferenz proportionalen viskoser Dämpfer) bei einer Empfängerisolierung
relativen Dämpfung) bezeichnet. Bild 3 zeigt die
schematische Anordnung mit absoluter Dämpfung, Aus strukturdynamischer Sicht führt die Schwing-
Bild 4 im Vergleich dazu jene mit relativer geschwindigkeits-Kraft-Rückkopplung zu einer
Dämpfung. aktiven Schwingungsisolierung durch Erhöhung
der mechanischen Impedanz, da die von der Erre-
Bei einer absoluten Dämpfung nimmt der Betrag gerseite aufzubringende Kraft, bezogen auf die
der komplexen Übertragungsfunktion (Verhältnis Schwinggeschwindigkeit, größer wird. Die fre-
der komplexen Antwortamplitude zur Erregungs- quenzabhängige, realisierte Impedanz hängt von
amplitude bei der Empfängerisolierung) für hohe der Schleifenverstärkung v (Bild 3) ab und geht
Frequenzen mit 40 dB/Dekade (statt 20 dB/Dekade nur für großes v gegen unendlich.
bei relativer Dämpfung, vgl. VDI 2062 Blatt 1) ab.
Das Einsatzgebiet der Schwinggeschwindigkeits-
Kraft-Rückkopplung liegt vorwiegend in der Un-
terdrückung der Resonanzüberhöhung bei der
Empfängerisolierung.
5.3.1.2 Kraft-Weg-Rückkopplung
Wird die dynamische Kraft, die die quellenseitige
auf die empfängerseitige Struktur ausübt, über eine
Verstärkung zur Ansteuerung eines zur passiven
Schwingungsisolierung in Reihe liegenden Weg-
elementes genutzt, so wirkt dies wie eine Feder mit
einer von der Verstärkung abhängigen Nachgie-
bigkeit.
Aus strukturdynamischer Sicht führt die Kraft-
Bild 3. Schema eines aktiv gedämpften Einmas- Weg-Rückkopplung zu einer aktiven Schwin-
senschwingers mit absoluter Dämpfung durch gungsisolierung durch Verringerung der mechani-
Schwinggeschwindigkeitsrückkopplung bei einer schen Impedanz, da die von der Erregerseite auf-
Empfängerisolierung gebrachte Kraft zu einem größeren erregerseitigen
Schwingweg führt. Die frequenzabhängige reali-
sierte Impedanz hängt von der Schleifenverstär-
kung v ab und geht nur für großes v gegen Null.
–8– VDI 2064 Entwurf
Das Einsatzgebiet der Kraft-Weg-Rückkopplung eine andere geeignete Referenzgröße sowie der
liegt vorwiegend in der Quellenisolierung. Durch Ausbreitungsweg bekannt sind.
die Kraftmessung entfällt im Vergleich zur Be- Bei dem Entwurf der Steuerung ist die Rückwir-
schleunigungsmessung der Einfluss der dynami- kungsfreiheit des Aktors auf das Referenzsignal zu
schen Eigenschaften der empfängerseitigen Struk- beachten. Ist diese nicht gegeben, so ist für die
tur, was besonders bei größeren oder relativ wei- Rückwirkung ein Modell zu bestimmen und in die
chen Strukturen (z. B. in der Luft- und Raumfahrt) Steuerung zu integrieren.
von Vorteil ist.
Die Anforderungen an das für die Steuerung ver-
5.3.2 Steuerung/Störgrößenaufschaltung wendete Modell der Störgrößenausbreitung hängen
Aktive Schwingungsisolierungen können auch als wesentlich von der Störgröße ab. Für periodische
einfache Steuerung realisiert werden (Bild 5). Störgrößen, beispielsweise von rotierenden Ma-
schinen, genügt eine genaue Modellierung bei den
In diesem Fall wird das Signal eines Referenzsen-
Signalfrequenzen (Drehfrequenz und gegebenen-
sors so über eine Steuerung an den Aktor geführt,
falls deren Vielfache), da dann die zeitliche Kausa-
dass die Schwingungen in einem zu definierenden
lität keine harte Systemgrenze darstellt. Bei sto-
Sinne minimal werden. Die fehlende Rückkopp-
chastischen Störgrößen sind eine breitbandige Mo-
lung muss dann durch hinreichende Informationen
dellierung im Arbeitsfrequenzbereich sowie ein
über den zukünftigen Verlauf der Störgröße ausge-
strenges Einhalten der zeitlichen Kausalität erfor-
glichen werden.
derlich.
Deshalb liegt diesem Ansatz die Annahme zugrun-
de, dass die zu isolierende Schwingung wesentlich 5.3.3 Adaptive regelungstechnische Systeme
durch eine vom Referenzsensor erfassbare Störung Die Wirksamkeit der aktiven Schwingungsisolie-
verursacht wird. Die Steuerungseinheit bildet dann rung wird wesentlich durch die Genauigkeit der
deren Ausbreitung nach, ergänzt um ein inverses phaseninversen Nachbildung der Erregerkraft
Modell des Aktors und der inversen Übertragungs- durch die Kompensationskraft bestimmt. Die in
strecke vom Aktor zur Zielgröße. Abhängigkeit von der Frequenz erzielbare Pegel-
Entscheidend für die Qualität der Schwingungsiso- abnahme ergibt sich zu:
lierung ist die Wahl eines geeigneten Referenzsi- + + FˆKomp ( + FˆKomp ( (&
2
) & cos %- ! , )
gnals. Für den Fall eines linearen Steuerungssys- %L $ 10 lg)1 , 2) & (2)
tems stellt die Kohärenzfunktion xy2(f) zwischen ) ) FˆE & ) FˆE & &&
* * ' * ' '
dem Referenzsignal ux und dem Zielsignal uy ein
Maß für die Eignung des Referenzsignals dar, das Dabei ist
die Abschätzung der maximal möglichen Pegelab-
F̂E Erregerkraftamplitude
nahme durch eine Steuerung gemäß folgender
Gleichung erlaubt: F̂ Komp Kompensationskraftamplitude
%L f ! $ #10 lg 1 # " 2
xy !
f! (1) %- Phasenwinkeldifferenz zwischen beiden
Darüber hinaus ist die zeitliche Kausalität zu be- Kräften
achten, die sich in der Kohärenz nicht nieder- Aus dieser Beziehung lässt sich ablesen, dass
schlägt, aber aufgrund der ausschließlichen Reali- schon bei einem Amplitudenfehler von 10 % und
sierbarkeit kausaler Systeme eine unumgehbare einem Phasenfehler von 10° die maximale Pegel-
Einschränkung für die erreichbare Pegelabnahme minderung nur noch 13,6 dB beträgt. Bei gleichem
darstellt. Amplitudenverhältnis und einem Phasenfehler von
Dieser Ansatz eignet sich daher vor allem für eine 20° verbleiben nur noch maximal 8,5 dB.
aktive Quellenisolierung sowie im Einzelfall für
eine Empfängerisolierung, wenn die Quelle oder
Um die für eine nennenswerte Pegelreduktion er- Aktoransteuerung ist dann die entsprechende
forderliche hohe Nachbildungsgenauigkeit auch Rücktransformation erforderlich.
bei zeitvarianten Primär- und Regelstrecken sowie
Störsignalen zu gewährleisten, können adaptive 6 Kenngrößen der Komponenten aktiver
Regelungskonzepte eingesetzt werden. Schwingungsisolierungen
Adaptive Regelungskonzepte basieren auf einem
6.1 Allgemeines
Algorithmus, mit dem Reglerübertragungsfunktio-
nen oder Störgrößenmodelle automatisch so opti- Jede aktive Schwingungsisolierung umfasst ein
miert werden, dass ein die Fehlersignale minimie- System aus Sensoren, Aktoren und zugehöriger
rendes Kriterium möglichst gut erfüllt wird. Signalverarbeitungseinheit. Diese Komponenten
bedürfen der technischen Realisierung.
In der Praxis werden zur Modellbildung meist
sogenannte adaptive Filter eingesetzt. Als Optimie- Der folgende Abschnitt beschreibt mögliche tech-
rungsvorschrift wird häufig der LMS-Algorithmus nische Ausführungen dieser Komponenten mit
(Least Mean Squares) verwendet, der ein stochasti- ihren typischen Eigenschaften. Dabei wird auf
sches Gradientenverfahren zur Minimierung der besonders zu beachtende Punkte bei Auswahl und
Fehlersignalenergie darstellt. Entwurf hingewiesen.
Als Komponenten für aktive Schwingungsisolie- Für einfache Regelkreise weisen Analogregler den
rungen werden je nach Aufgabenstellung und ent- entscheidenden Vorteil einer sehr geringen Lauf-
sprechend den benötigten physikalischen Signalen zeit bzw. Phasenverschiebung auf. Damit sind sie
unterschiedliche Sensoren eingesetzt. zum Einsatz in breitbandigen Regelkreisen bei
entsprechendem Reglerentwurf gut geeignet.
Steuerungsbasierte aktive Schwingungsisolierun-
gen erfordern angepasste Sensoren zur Bereitstel- Analog arbeitende Signalverarbeitungseinheiten
lung des Störgrößensignals. Bei der Schwingungs- sind in ihrer Komplexität meist eingeschränkt und
isolierung von rotierenden Maschinen können bei- weisen nur eine begrenzte Langzeitstabilität auf.
spielsweise alle Arten von Drehzahlerfassungen Adaptive Systeme werden praktisch nicht in Ana-
verwendet werden. logtechnik gebaut.
Regelungsbasierte aktive Schwingungsisolierungen Systeme mit mehreren Freiheitsgraden gestalten
wie auch adaptive Systeme erfordern Sensoren zur sich analog sehr aufwendig, wenn sie nicht auf-
Erfassung des Schwingungszustands. Sofern phy- grund der gewählten Sensor- und Aktoranordnung
sikalisch notwendig, werden Kraftsensoren mit der als entkoppelte Einzelsysteme realisiert werden
mechanischen Lagerung in Reihe geschaltet. Meist können.
finden jedoch Beschleunigungs- oder Schwingge- 6.4.3 Digitale Signalverarbeitungseinheit
schwindigkeitsaufnehmer Verwendung.
Digital arbeitende Signalverarbeitungseinheiten
Adaptive Systeme können im Einzelfall auch ande- erlauben eine große Komplexität und bilden damit
re Sensoren zur Gewinnung eines Fehlersignals beispielsweise die Grundlage für adaptive Syste-
enthalten, z. B. Mikrofone zur Erfassung des abge- me. Sie erfordern jedoch vor der Analog-Digital-
strahlten Sekundärluftschalls. Wandlung (Eingangsseite) und nach der Digital-
Schwingungsaufnehmer für aktive Schwingungs- Analog-Wandlung (Ausgangsseite) analoge Tief-
isolierungen werden bevorzugt als Beschleuni- passfilter oder alternativ den Einsatz von Wandlern
gungsaufnehmer ausgeführt, während Schwingge- mit integrierter Tiefpassfunktionalität (Sigma-
schwindigkeitsaufnehmer nur in Sonderfällen Delta-Wandler). Diese Tiefpassfilter führen zu-
Verwendung finden. sammen mit der taktweise ablaufenden Verarbei-
Allerdings ist bei tiefen Frequenzen zu beachten, tung der Signale zu einer Verlängerung der Signal-
dass selbst bei großen Schwingwegen und laufzeit, die den Frequenzbereich digital arbeiten-
-geschwindigkeiten oft nur geringe Beschleuni- der Regelkreise nach oben begrenzt.
gungen auftreten, die unter der Rauschgrenze von
Entwurf VDI 2064 – 13 –
Auch bei der Betrachtung der zeitlichen Kausalität zielt erfüllt werden (beispielsweise ein verteilter
für steuerungsbasierte Schwingungsisoliersysteme Einbau zum Schutz der Regelungseinheit vor wid-
ist die Signallaufzeit zu beachten. rigen Umgebungsbedingungen).
Bezüglich der komponentenspezifischen Eigen-
7 Hinweise zur Spezifikation aktiver schaften wird auf die einschlägigen Regelwerke
Schwingungsisolierungen verwiesen.
7.1 Allgemeines 7.3 Systembetrachtungen
Die Spezifikation und Beschreibung einer aktiven 7.3.1 Mechanische Anbindung
Schwingungsisolierung erfolgt auf drei Ebenen:
Die Beschreibung auf der Systemebene soll unab-
Komponentenebene hängig von der Umgebung sein, in der das System
Systemebene eingesetzt werden soll. Um die Darstellung von
Ebene des integrierten Systems den realen Einbausituationen entsprechend abstra-
hieren zu können, wird daher eine vereinfachte
Für den Nutzer ist zunächst die Ebene des inte- mechanische Anbindung angenommen:
grierten Systems wichtig. Dessen Eigenschaften
hängen sowohl von der aktiven Schwingungsiso- Bei Quellenisolierung: Beschreibung der Quelle
lierung als auch von der Umgebung ab, in die das als Starrkörper der Masse m und Kraftanregung
System integriert ist. auf die Schwingungsisolierung, Beschreibung
der empfängerseitigen Struktur als unendlich
Eine Beschreibung auf Systemebene ist unabhän-
steif (unendliche mechanische Impedanz).
gig von der konkreten Umgebung, in der das Sys-
tem genutzt werden soll. Deshalb soll ihr eine ver- Bei Empfängerisolierung: Beschreibung der
einfachte Anordnung zugrunde gelegt werden, bei quellenseitigen Struktur als Schwinggeschwin-
der alle umgebungsbezogenen Angaben weggelas- digkeitsquelle hoher Impedanz, Beschreibung
sen werden. der empfängerseitigen Struktur als Starrkörper
der Masse m.
Die Eigenschaften auf Systemebene werden wiede-
rum wesentlich von den Eigenschaften auf Kom- Bei der Spezifikation auf Systemebene muss die
ponentenebene bestimmt. Beiderlei Merkmale verwendete vereinfachte mechanische Anbindung
dürfen jedoch nicht verwechselt werden. angegeben werden.
Die Komponenten einer aktiven Schwingungsiso- 7.3.2 Amplitudenbereich und Dynamik der
lierung können innerhalb einer Anlage verteilt Schwingung
angeordnet sein. Damit können sich für die einzel- Aufgrund ihres konzeptionellen Aufbaus aus Akto-
nen Komponenten unterschiedliche Umgebungsan- ren, Sensoren und Signalverarbeitungseinheit stellt
forderungen (Temperaturbereiche, Medien usw.) eine aktive Schwingungsisolierung bestenfalls in
ergeben. Deshalb müssen diesbezügliche Anforde- einem begrenzten Arbeitsbereich ein lineares Sys-
rungen auf Komponentenebene angegeben werden. tem dar. So sind beispielsweise die von den Akto-
Eine aktive Schwingungsisolierung ist meist Teil ren erzeugbaren mechanischen Feldgrößen be-
einer Maschine und unterliegt somit den Regelun- schränkt, sodass stärkere Schwingungen nicht
gen der Maschinenrichtlinie (98/37/EG und DIN mehr effektiv isoliert werden können. Durch das
EN 12100). Auch die Vorschriften zum Schutz von Eigenrauschen des Systems und der Komponenten
Menschen sind zu berücksichtigen. ist auch die Isolierwirkung bei kleinen Störsignal-
Bezüglich aller grundlegenden Angaben für die amplituden begrenzt. So kann beispielsweise
Auswahl wie auch zur Beschreibung einer unterhalb der Empfindlichkeitsschwelle der Senso-
Schwingungsisolierung wird auf Abschnitt 6 der ren keine aktive Isolierwirkung erzielt werden.
DIN EN 1299 verwiesen. Es wird ausdrücklich Bei der Systemspezifikation einer aktiven Schwin-
angemerkt, dass sich die hier gegebenen Hinweise gungsisolierung sind daher die maximale und die
nur ergänzend auf die spezifischen Eigenschaften minimale Schwingungsamplitude (gegebenenfalls
einer aktiven Schwingungsisolierung beziehen. als Funktion der Frequenz) anzugeben, für die die
Schwingungsisolierung wirksam ist. Weiterhin ist
7.2 Komponenten der Dynamikbereich, also der Bereich zwischen
Alle relevanten Komponenten sind hinsichtlich der maximalen und der minimalen Schwingungs-
ihrer komponentenspezifischen Eigenschaften amplitude, für den die aktive Schwingungsisolie-
vollständig zu beschreiben. Dadurch können rung wirksam ist, anzugeben.
Schwierigkeiten bei der Systemintegration erkannt
und komponentenspezifische Anforderungen ge-
– 14 – VDI 2064 Entwurf
Ob als Schwingungsamplitude die Kraftamplitude, Bei der Spezifikation eines Systems zur aktiven
die Schwinggeschwindigkeitsamplitude oder eine Schwingungsisolierung ist unbedingt anzugeben,
andere geeignete Größe angeben wird, hängt von auf welche charakteristischen Zeitverläufe der
den vereinfachten mechanischen Randbedingungen Schwingung sich die Angabe bezieht. Gegebenen-
ab. falls sind die Angaben für mehrere charakteristi-
Erfolgt die Angabe frequenzabhängig, so ist zu- sche Zeitverläufe zu kombinieren (z. B. „Isolier-
sätzlich anzugeben, ob sie sich auf eine einzelne wirkungsgrad von -30 dB für periodische Schwin-
monofrequente Schwingung oder ein Rauschspek- gung bei der Drehfrequenz von 48 Hz sowie von
trum bezieht. Zusätzlich sollte angegeben werden, -10 dB für stochastische Schwingungen im Fre-
wie die Angabe auf mehrere monofrequente, sto- quenzbereich von 1 Hz bis 100 Hz“).
chastische oder stoßartige Schwingungen zu bezie- 7.3.4 Betrachtung im Zeit- und
hen ist. Frequenzbereich
7.3.3 Zeitverlauf der Schwingung Der konkrete Aufbau eines aktiven Schwingungs-
Ein System zur aktiven Schwingungsisolierung isoliersystems legt den spezifischen Arbeitsfre-
kann sehr unterschiedlich aufgebaut sein und darü- quenzbereich und somit auch das Zeitverhalten für
ber hinaus auch unterschiedliche Konzepte zur das jeweilige System fest. Dies ermöglicht in der
Regelung oder Steuerung nutzen, die wiederum zu Praxis die gezielte Abstimmung eines Systems für
großen Unterschieden bei der Isolierwirkung füh- eine gegebene Aufgabenstellung. Allerdings erfor-
ren können. Bei der konkreten Festlegung auf ein dert es auch eine eindeutige Spezifikation der ent-
bestimmtes Regelungs- oder Steuerungskonzept sprechenden Eigenschaften.
muss insbesondere das zeitliche Verhalten der Für Schwingungen, für die eine Frequenzbereichs-
auftretenden Signale berücksichtigt werden. Im beschreibung angemessen ist (also periodische und
Hinblick auf die Auslegung aktiver Schwin- stochastische Schwingungen), ist der Arbeitsfre-
gungsisolierungen sind drei charakteristische Zeit- quenzbereich des Systems anzugeben.
verläufe zu unterscheiden: Für Schwingungen, für die eine Zeitbereichsbe-
Periodische Schwingungen schreibung angemessen ist (also vor allem stoß-
Typische Schwingungsquellen, die periodische förmige Schwingungen), ist entsprechend das Zeit-
Signale erzeugen, sind rotierende Maschinen verhalten des Systems anzugeben (z. B. minimale
wie Verbrennungskraftmaschinen, Kolbenpum- Laufzeit für Störgrößenaufschaltung, maximale
pen, elektrische Maschinen oder Lüfter. Perio- Steigung der erzeugten Kraft usw.)
dische Schwingungen können durch ihr Ampli- Für im Wesentlichen periodische oder stochasti-
tudenspektrum dargestellt werden. sche Schwingungen, die zeitliche Änderungen
ihres Signalverhaltens aufweisen (z. B. bei Ma-
Stochastische Schwingungen
schinendrehzahländerungen), sind Angaben zum
Schwingungen, die aus der inkohärenten Über- Adaptionsverhalten und zur Folgefähigkeit der
lagerung vieler Quellen entstehen, sind typi- aktiven Schwingungsisolierung zu machen. Dies
scherweise stochastisch und werden angemes- gilt insbesondere, wenn adaptive Verfahren zur
sen durch ihre Leistungsdichtespektren be- Regelung oder Steuerung eingesetzt werden.
schrieben. Zu den stochastischen Schwingun-
gen zählen beispielsweise Gebäudeschwingun- 7.3.5 Isolierwirkung
gen und durch Verkehr erzeugte Schwingungen. Die Isolierwirkung einer Schwingungsisolierung
Auch ausgesprochen schmalbandige Signale entspricht dem Betrag der Übertragungsfunktion
sind oft als stochastisch zu betrachten, sofern zwischen den Schwingungsgrößen der erregenden
sie in Phase und Amplitude (unvorhersehbaren) und der zu schützenden Struktur. Sie wird in Über-
Schwankungen unterliegen. einstimmung mit DIN 1311-2 durch den dimen-
Stoßförmige Schwingungen sionslosen Amplitudenfrequenzgang (f) zwischen
den Schwingungsgrößen der erregenden und der zu
Stoßförmige Schwingungen entstehen typi-
schützenden Struktur oder durch den Isolierwir-
scherweise durch impulsartige Quellen. Dazu
kungsgrad I(f) = 1 – (f) beschrieben.
gehören Werkzeugmaschinen für stoßförmige
Verformungsprozesse (z. B. Pressen). Auch Da aktive Schwingungsisolierungen häufig mit
Schalt-, Anfahr-, Brems- und Anschlagvorgän- passiven Schwingungsisolierungen kombiniert
ge erzeugen stoßförmige Schwingungen. Stoß- werden, ist neben der Isolierwirkung der aktiven
förmige Vorgänge lassen sich angemessen mit Schwingungsisolierung zum Vergleich auch die
ihrem Zeitsignalverlauf beschreiben. Isolierwirkung bei abgeschaltetem aktivem System
Entwurf VDI 2064 – 15 –
anzugeben. Wird ein aktives Schwingungsisolier- läufe der Signale oder für einen großen Dynamik-
system nur zusammen mit einer bestimmten passi- bereich eingesetzt wird, soll die Isolierwirkung für
ven Schwingungsisolierung angeboten, kann die die verschiedenen Signalarten und -amplituden
Angabe der Isolierwirkung des Gesamtsystems bzw. Betragsmaximalwerte separat beschrieben
genügen, sofern darauf gesondert hingewiesen werden. In jedem Falle ist die Übertragungsfunk-
wird. Die empfängerseitigen Schwingungen beim tion nur für den in Abschnitt 7.3.2 beschriebenen
Betrieb der aktiven Schwingungsisolierung werden Amplituden- bzw. Dynamikbereich gültig.
als Restschwingungen bezeichnet. Wird die Isolierwirkung im Frequenzbereich ange-
Im Bild 6 sind beispielhaft die Kurven der emp- geben, so soll die Angabe bis zum fünffachen,
fängerseitigen Schwingungen ohne und mit aktiver muss jedoch mindestens bis zum dreifachen der
Schwingungsisolierung dargestellt. Im Frequenz- Obergrenze des Arbeitsfrequenzbereiches erfolgen.
bereich bis 500 Hz sind die empfängerseitigen In der Regel wird die Isolierwirkung als Funktion
Schwingungen mit aktiver Schwingungsisolierung der Frequenz angegeben. Insbesondere bei stoß-
(Restschwingungen) kleiner als die empfängersei- förmigen Signalen ist jedoch eine Betrachtung im
tigen Schwingungen ohne aktive Schwingungsiso- Zeitbereich sinnvoller, denn dann lassen sich Re-
lierung. Oberhalb von 500 Hz sind die Rest- aktionszeiten des aktiven Systems sowie Ein-
schwingungen wegen des Systemeigenrauschens schwingverhalten und Ausschwingzeiten praxisnah
und des Phasenfehlers der Regelung jedoch größer beurteilen.
als die empfängerseitigen Schwingungen bei rein
Bei adaptiven Systemen sind Angaben zur Isolier-
passiver Schwingungsisolierung.
wirkung nur eingeschränkt möglich, da solche
Für aktive Systeme muss das quellenseitige Systeme zeitvariante Übertragungseigenschaften
Schwingungssignal, mit dem die Isolierwirkung besitzen und somit ihr Antwortverhalten stark von
bestimmt wird, in geeigneter Weise eindeutig be- der „Signalvorgeschichte“ beeinflusst ist. In der
schrieben werden. Die Art dieser Beschreibung Regel wird jedoch ein reproduzierbares Verhalten
hängt von dem charakteristischen Zeitverlauf des nach geeigneter Adaptionszeit erreicht. Daher ist
Signals (periodisch, stochastisch, stoßartig) ab. Zur für adaptive Systeme bei der Angabe der Isolier-
Beschreibung gehört mindestens die Angabe der wirkung auch der Adaptionsvorgang (Adaptionssi-
Amplitude bzw. des Betragsmaximalwertes. gnal, Dauer and Ablauf der Adaption) zu beschrei-
Wenn ein System zur aktiven Schwingungsisolie- ben.
rung für unterschiedliche charakteristische Zeitver-
Bild 6. Gegenüberstellung der empfängerseitigen Schwingungen ohne und mit (Restschwingungen) aktiver
Schwingungsisolierung
– 16 – VDI 2064 Entwurf
die Last einer detaillierten Spezifikation des in ihrer Charakteristik (Zeitcharakteristik des Si-
Systems und der Nutzer die Verantwortung für gnals, Amplitude, Frequenz usw.) möglichst an die
die Integration. nachzubildende Schwingung angelehnt sein.
Systemanbieter und Nutzer verständigen sich Werden Restschwingungen über den Arbeitsfre-
auf die Anwendung des in DIN EN 1299 be- quenzbereich einer aktiven Schwingungsisolierung
schriebenen Verfahrens, in dem der Nutzer dem hinaus gemessen, so ist zu berücksichtigen, dass
Systemanbieter detaillierte Informationen über die Anzahl der relevanten dynamischen Freiheits-
die Integrationsumgebung zugänglich macht grade des empfängerseitigen Systems in der Regel
und der Systemanbieter dafür die verbleibenden höher sein wird als die Anzahl der Freiheitsgrade
Restschwingpegel garantiert. In diesem Fall der aktiven Schwingungsisolierung. Daher sind die
trägt der Nutzer die Last der detaillierten In- empfängerseitigen Schwingungen nach Möglich-
formation und Spezifikation der Einsatzbedin- keit in allen im Frequenzbereich relevanten Frei-
gungen, der Systemanbieter dagegen die Ver- heitsgraden getrennt zu messen, zumindest aber
antwortung für die Einhaltung des Rest- Sensorpositionen und -ausrichtungen für Ver-
schwingpegels. gleichszwecke genau zu dokumentieren.
7.5 Hinweise zu Messmethoden 7.5.3 Systemeigenrauschen
7.5.1 Isolierwirkung Das Systemeigenrauschen einer aktiven Schwin-
gungsisolierung ist einer direkten Messung in der
Für die Beurteilung von aktiven Schwingungsiso-
Regel nicht zugänglich.
lierungen ist es sinnvoll, gleichzeitig sowohl
quellenseitige als auch empfängerseitige Schwin- Eine korrelationsbasierte Trennung der Rest-
gungen zu erfassen. Durch Bildung des Betrags der schwingungen in einen übertragenen und einen als
Übertragungsfunktion der Schwingungen kann die Systemeigenrauschen interpretierbaren Anteil ist
Isolierwirkung ermittelt werden. Gleichzeitig ist aufgrund der Übertragung des Systemeigenrau-
die Kohärenzfunktion als Maß für die Messunsi- schens auf die messbaren quellenseitigen Schwin-
cherheit anzugeben. gungen nicht möglich.
Bei mehrachsigen Systemen ist bei der Bildung des Eine Methode zur Ermittlung des Systemeigenrau-
Amplitudenverhältnisses eine saubere Trennung schens mit vertretbarem Aufwand ergibt sich aus
der Freiheitsgrade von großer Bedeutung. So darf dem Vergleich der gemessenen Isolierwirkung
beispielsweise die Beurteilung der Isolierwirkung einer aktiven Schwingungsisolierung bei verschie-
in vertikaler Richtung nicht durch Signalanteile aus denen quellenseitigen Schwingungsamplituden
Rotations- oder Horizontalbewegungen beeinflusst (Messungen A und B). Die Methode geht davon
werden. aus, dass sich das gesamte elektromechanische
System linear verhält, das Systemeigenrauschen
Praktisch kann die Trennung der Freiheitsgrade für
für verschiedene Signalpegel gleich ist und dass
Empfängerisolierungen durch die Nutzung von
autonome empfängerseitige Schwingungen gegen-
Schwingtischen zur räumlich definierten Anregung
über dem Systemeigenrauschen vernachlässigbar
erreicht werden. Diese Messung kann jedoch nur
sind.
auf Systemebene korrekte Angaben erzeugen.
In diesem Fall gilt für die bei den beiden Messun-
Im integrierten System sind Messungen oft nur mit
gen erhaltenen Amplitudenspektren im Frequenz-
großen Einschränkungen zu realisieren.
bereich:
7.5.2 Restschwingungen U 2A ( f ) # H ( f ) " U1A ( f ) ! R( f ) (3)
Die Messmethode für die Restschwingungen defi-
und
niert sich aus der Anwendung.
Es ist darauf zu achten, dass das Zeitintervall der U 2B ( f ) # H ( f ) " U1B ( f ) ! R( f ) (4)
Messung für die Art der auftretenden Schwingun- Dabei ist
gen hinreichend repräsentativ ist. H(f) Betrag der frequenzabhängigen Übertra-
Für den Fall, dass ein hinreichend repräsentatives gungsfunktion der aktiven Schwingungs-
Zeitintervall aufgrund des stochastischen Auftre- isolierung
tens der relevanten Schwingung (Schwingung tritt U1A(f); U1B(f)
nur mit großen Zeitabständen und in unregelmäßi- Amplitudenspektren der Schwingungen
gen Zeitintervallen auf) nicht definiert werden u1A und u1B der erregenden Struktur bei
kann, wird ersatzweise eine künstliche Anregungs- den Messungen A und B
quelle verwendet. Die Ersatzanregungsquelle sollte
Entwurf VDI 2064 – 19 –
Anhang Technische Realisierungen und In die Isoliereinheiten sind Sensoren und Aktoren
Anwendungsbeispiele zur aktiven Schwingungsisolierung eingebaut. Die
A1 Anwendungsbeispiel 1 Sensoren und Aktoren sind, wie in Bild A1a
Aktives Schwingungsisoliersystem als
skizziert, paarweise koaxial angeordnet. Der Sen-
Laborarbeitsplatz sor ist fest mit der isolierten Platte verbunden und
als Beschleunigungsaufnehmer mit einer Träg-
Der vorgestellte Laborarbeitsplatz ist ein aktiv heitsmasse m und einer Piezo-Scheibe ausgebildet.
schwingungsisolierter Labortisch, der schwin- Die von dieser Scheibe generierte elektrische La-
gungsempfindliche Versuchsaufbauten und Mess- dung ist proportional der Beschleunigung der iso-
apparaturen isoliert. lierten Platte. Eine analoge elektronische Schaltung
Im Einzelnen besteht dieser Arbeitsplatz aus einem verstärkt die Ladung und führt eine Zeitintegration
geschweißten Stahlgestell, zwei Isoliereinheiten aus, womit das resultierende Signal proportional
und einer Stahlwabenkernplatte. Die Isoliereinhei- zur absoluten Geschwindigkeit der isolierten Platte
ten stützen sich auf dem Gestell ab und tragen ist. Die Resonanz der Sensoren bei ca. 300 Hz wird
ihrerseits über Stahlfedern die Platte. Der experi- mit einer Bandsperre unterdrückt. Ab ca. 100 Hz
mentelle Aufbau ist, wie in Bild A1b dargestellt, leistet die passive Feder-Masse-Anordnung den
auf dieser Platte montiert. Die Funktion des wesentlichen Beitrag zur Isolierung. Nach einer
Schwingungsisoliersystems ist weitgehend vom amplitudenabhängigen Verstärkung werden die
Aufbau unabhängig, da die Stahlwabenkernplatte Sensorsignale phasengedreht über eine Pulsweiten-
und der Aufbau im interessierenden Frequenzbe- modulierte Endstufe (PWM) den elektrodynami-
reich als ein einziger Starrkörper betrachtet werden schen Aktoren zugeführt. Die Taktfrequenz der
können. PWM-Endstufe liegt mit 120 kHz sowohl weit
oberhalb der Eigenfrequenzen der Starrkörpermo-
den als auch der ersten elastischen Mode des Ge-
stells und der Stahlwabenkernplatte. Der Einfluss
höherer Moden der Stahlwabenkernplatte wird
durch die Verwendung visko-elastischer Dämp-
fungsbeläge reduziert. Die Aktoren bauen über die
stromdurchflossene Spule im Magnetfeld eine
Kraft in Richtung der Wirkungslinien auf (siehe
a) Bild A1c), welche über einen Stößel an das Ge-
stell weitergegeben wird und somit der Bewegung
der isolierten Platte entgegenwirkt.
In jeder der oben genannten Isoliereinheiten sind
vier Sensor/Aktor-Paare eingebaut, sodass jeweils
zwei Paare in vertikaler Richtung und die beiden
anderen Paare in horizontaler Richtung wirken.
Mit dieser Konfiguration können die sechs Starr-
körper-Freiheitsgrade der isolierten Platte aktiv
isoliert werden.
Der Nachweis der Isolierwirkung des Systems
b) erfolgt durch die Bestimmung des Amplitudenfre-
quenzgangs (f). Hierzu wird das System unter
Laborbedingungen auf einem Schwingtisch aufge-
stellt. Der Schwingtisch ermöglicht die Beauf-
schlagung des aktiven Schwingungsisoliersystems
mit einem definierten Anregungssignal in einem
festgelegten Freiheitsgrad. In Bild A2a ist der
Amplitudenfrequenzgang (f) für die vertikale und
c) horizontale Richtung bei einer harmonischen An-
Bild A1. Aktiv schwingungsisolierter Versuchsauf- regung mit konstanter Schwinggeschwindigkeits-
bau mit Lichtmikroskop und angebauten Mikroma- amplitude von 100 µm/s dargestellt, wobei die
nipulatoren Anregungsfrequenz als Gleitsinus variiert wurde.
a) Skizze vom Gestell mit Federn und Wirkungslinien
b) Foto vom Versuchsaufbau
Die Kurven zeigen im Frequenzbereich zwischen
c) Skizze von Sensor, Aktor und Regelung
Entwurf VDI 2064 – 21 –
1 Hz und 10 Hz eine Abnahme des Amplitudenfre- zu sehen. Aus ihnen kann abgelesen werden, dass
quenzgangs um nahezu 40 dB. die Isolierwirkung in den Schwingungsmaxima bei
Aufgrund der Bedienung der experimentellen La- 14 Hz und 21 Hz besonders groß ist.
boraufbauten werden zeitweise Kraftstöße (Impul-
se) auf die schwingungsisolierte Platte ausgeübt.
Aus diesem Grund ist die Ausschwingzeit des
Schwingungsisoliersystems von Bedeutung. In
Bild A2b ist das Ausschwingverhalten im Ver-
gleich zwischen passiver und aktiver Schwin-
gungsisolierung infolge eines Kraftstoßes von 1 N
skizziert. Die Kurven zeigen eine Verkürzung der
Ausschwingzeit sowie eine Reduzierung der ma-
ximalen Schwinggeschwindigkeitsamplitude durch
die aktive Schwingungsisolierung.
u1
Störüber- + u2
Störgrößen- tragungs-
aufschaltung verhalten
+
- +
Rück- F
Sollwert 0 kopplungs- Regelstrecke
+ regler +
3 FG 6 FG
u1
6 FG Trans-
Regler
formation F
6 FG Trans- 6 FG 6 FG
u2
formation
8 Kraft-
aktoren
Bild A6. Realisierung der aktiven Schwingungsisolierung mit Angabe der Anzahl der Freiheitsgrade (FG)
Bild A7. Anordnung von vier Schwingungsisolatoren und Aufnehmern für Bodenschwingungen zur aktiven
Schwingungsisolierung
– 24 – VDI 2064 Entwurf
F1z
F1v 2
7
3
5
4
Bild A8. Aufbau z. B. des Schwingungsisolators 1
1 Kopfplatte 4 Schraubendruckfeder
2 horizontale Richtung der Messgröße und Kraft- 5 Bodenplatte
quelle 6 Linearaktor – vertikale Wirkrichtung (F1z)
3 vertikale Richtung der Messgröße und Kraftquelle 7 Linearaktor – horizontale Wirkrichtung (F1y)
20log ! in dB
Frequenz f in Hz
a) b)
Bild A10. a) Typischer Amplitudenfrequenzgang des Tragrahmens b) Typischer Amplitudenfrequenzgang
des Mikroskopkörpers
Bild A11 zeigt die Beiträge der passiven Stahlfe- Verbesserung der Isolierwirkung gegenüber der
derisolierung, des Rückkopplungsreglers und des passiven Luftfederisolierung. Diese Messergebnis-
Rückkopplungsreglers mit Störgrößenaufschaltung se beschränken sich aus Platzgründen auf die ver-
zur Gesamtisolierwirkung. Bild A12 zeigt die tikale Richtung.
20 log
20 log
Bild A12. Vergleich der Schwingungsisolierwirkung in vertikaler Richtung mit und ohne aktive Schwingungs-
isolierung
Kurve 1: mit aktiver und passiver Schwingungsisolierung
Kurve 2: ohne aktive (nur mit passiver) Schwingungsisolierung
– 26 – VDI 2064 Entwurf
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